Golden Sun von abgemeldet (The golden Age) ================================================================================ Kapitel 19: Amrod Gedan ----------------------- Amrod Gedan Wie an jedem Morgen wachte Amrod Gedan wieder auf, es war ein herrlicher Tag, die Vögel zwitscherten und aus der Ferne war das leise Plätschern des Lemuria-Brunnens zu hören. Amrod Gedan stand auf, obwohl er gerne länger liegen geblieben wäre, denn er hatte ein so weiches und großes Bett, wie es sich für einen Thronfolger gehörte. Kurz nach dem Aufstehen waren seine Bediensteten hereingekommen. Sie halfen Amrod Gedan in seine Kleidung, diese bestand aus einem ledernen Wams und einer beigen Hose. Seine roten Locken fielen wie immer locker über seine Schultern. Als seine Bediensteten fertig waren, verneigten sich diese und gingen heraus. Amrod Gedan setzte sich an seinen weißen Schreibtisch und nahm ein Blatt Papier heraus und listete viele Namen einiger Menschen auf, die er zu seiner bevorstehenden Geburttagsfeier einladen wollte, natürlich war die Liste nicht so lang, wie es für einen König üblich war, denn Lemuria hatte nicht so viele Einwohner wie es zum Beispiel bei Tolbi der Fall war. Plötzlich tippte ihm jemand von hinten auf die Schulter. Amrod Gedan drehte sich um und lächelte, doch er hatte jemand anderes erwartet, als er sich umdrehte. „Guten Morgen, Amrod!“, sagte ein junger Lemurianer. „Was willst du, Oseas? Hast du nichts Besseres zu tun, als mich zu nerven?“, fragte Amrod Gedan ihn. „Na, was ist das für eine Art seinen besten Freund zu begrüßen?“, Oseas schien empört, aber dies war natürlich nur gespielt. Sie beide liebten es den anderen zu necken. „Nun, was möchtest du von mir, Oseas?“, fragte Amrod Gedan noch einmal. „Dein Vater und mein Vater wollen, dass du und ich an einer Sondersitzung des Senats teilnehmen, diese Sitzung soll heute Nachmittag stattfinden.“ „Was ist das Thema dieser Sondersitzung?“ „Ich glaube es geht mal wieder um den Leuchtturm, der vor drei Jahren aufgetaucht ist.“ „Was ist an diesem Leuchtturm nur so besonders? Es gibt viel wichtigeres zu klären, zum Beispiel sollte Lemuria den Handel mit der Außenwelt aufnehmen oder einen neuen Kanal bauen, damit die Stadt wächst und gedeiht.“ „Sag bloß du interessierst dich überhaupt nicht für den Leuchtturm! Wo mag er wohl hergekommen sein? Es ist wie ein großes Mysterium.“, sagte Oseas. „Trotzdem muss man deshalb keine Sondersitzung einberufen, das ist vergeudete Zeit in der man auch Nützlicheres machen kann, zum Beispiel einen neuen Kanal bauen.“ „Was ist so toll an deinem Kanal, dass du ihn zweimal erwähnen musst?“ „Machst du dir keine Sorgen um das Volk? Ich könnte es nicht leiden sehen, ich will immer alles in meiner Macht stehende tun, um meinem Volk zu helfen. Das solltest du auch tun!“ „Was ist, wenn ich hier weg möchte, wenn ich alt genug bin, dann kann ich ihnen gar nicht helfen. Denn ich möchte große Abenteuer erleben, schöne Maiden kennen lernen und die Welt sehen, nicht nur Lemuria.“ „Du kannst es ja machen, ich halte dich nicht auf. Ich jedenfalls habe diese Pflicht gegenüber meinem Volk!“ „Ach, komm schon, solange du noch Prinz und nicht König bist, kannst du doch mal in die Welt hinaussegeln und deine Freiheit genießen.“ „Oseas, ich habe noch genug Zeit, um die Welt zu bereisen, obwohl mir nicht viel daran liegt. Aber mit einem guten Freund wäre vielleicht die trostlose Reise doch ganz passabel.“ Amrod Gedan erhob sich und ging hinüber zur Tür. „Nun, wir sehen uns heute Nachmittag, bis dann!“, Amrod Gedan ging aus seinem Zimmer. Oseas, der nun alleine im Zimmer seines besten Freundes war, setzte sich auf Amrod Gedans Bett. Plötzlich hörte er Schritte und dann sah er, wie sich die Tür öffnete und ein blauhaariges Mädchen eintrat. Oseas stand auf und verbeugte sich. Das Mädchen war Amrod Gedans Schwester, Aglaia Jurena. „Oseas, hast du meinen Bruder gesehen?“, fragte sie. „Ja, Prinzessin, er ist vor kurzer Zeit aufgebrochen zu seinem Unterricht, wie jeden Morgen.“ „Dabei wollte ich doch eine Nachricht von Vater überbringen!“ „Wenn es die mit der Sondersitzung ist, hat er diese schon erhalten.“ „Sehr schön, dann gibt es ja nichts mehr, was ich hier tun kann.“, Aglaia Jurena wollte gerade gehen, als Oseas sie festhielt und sagte: „Prinzessin…“ „Oseas, was ist los?“ „Nichts besonderes, Prinzessin, ich wünschte nur, dass Amrod nicht so pflichtbewusst wäre… Aber was rede ich hier? Ach, nicht so wichtig… Entschuldigen Sie mich, Prinzessin.“ Oseas verbeugte sich. Als Oseas weggehen wollte, sagte Aglaia Jurena: „Oseas…“ „Ja, Prinzessin?“ „Ähm… ich wollte nur sagen… kümmere dich gut um Gedan… glaub ich…!“ „Ja, Prinzessin… ich werde mich um ihn kümmern!“ „Immer? Oder?“ „Ja, ich werde ihm überall hin folgen und ihn beschützen!“ „Aha… das ist gut… sehr gut!“ Aglaia Jurenas Stimme wurde immer schwerer und stockender. Sie wollte Oseas ihre wahren Gefühle darbringen, aber sie konnte nicht, vielleicht lag das an ihrer schüchternen Art. Auch Oseas fiel es schwer mit Aglaia Jurena zu reden, denn er fand sie überaus anziehend. Nun guckten sich die beiden innig an, nach einiger Zeit legte sich über Aglaia Jurenas Gesicht eine sanfte Röte und sie starrte zu Boden. Oseas merkte, dass ihr etwas peinlich war und dachte, dass er am besten gehen sollte, was er dann auch, ohne Widersprüche von Aglaia Jurenas Seite, tat. Aglaia Jurena blieb demnach alleine zurück, aber nun wurde ihre Stärke wiederhergestellt, denn immer wenn sie auf Oseas traf, wurde sie plötzlich ganz schwach und leicht. Amrod Gedan war gerade auf dem Weg zum Thronsaal, der sich in der mittleren Ebene des Palastes befand, es war ein großer, kahler Raum, in dem eigentlich nichts anderes außer einem Thron und einem mystischen Spiegel stand, der Bilder aus der Vergangenheit zeigte, wie zum Beispiel eine Weltkarte von Weyard aus früheren Tagen. Gelegentlich wurden ein paar weitere Tische und Stühle hineingestellt, wenn man Feste feierte, aber es waren immer nur sehr wenige, da Lemuria kaum Einwohner hatte. Das lag daran, dass keine Maßnahmen unternommen wurden, um das Bevölkerungswachstum zu steigern, genau das war Amrod Gedans Ziel. Er und seine Schwester waren in den letzten zwanzig Jahren die einzigen Kinder, die in Lemuria geboren worden waren. Selbst sein Freund Oseas war schon über vierzig, vom Aussehen allerdings wie um die zwanzig. Die Geburtenrate hatte in den letzten zwanzig Jahren noch einmal abgenommen, da die Lemurianer lustlos geworden waren und ihre Gefühle allmählich erkaltet waren. Es wäre bei seinem Vater bestimmt nicht anders gewesen, wenn er nicht nach der Beendigung seiner Reise durch die Außenwelt auf Kay, seine Frau, gestoßen wäre, die die Frische mitgebracht hatte, denn im Gegensatz zu einigen anderen Völkern, wie den Lemurianern, war ihre Lebensspanne deutlich kürzer, deshalb sah sie schon aus wie eine alte Lemurianerin und sein Vater sah immer noch sehr jung aus. Schließlich erreichte Amrod Gedan den Thronsaal. Er sah bei seinem Vater zwei andere Gestalten, es waren ein hoch gewachsener, braunhaariger Mann und eine blondhaarige, anmutige Frau. „Amrod Gedan…“, rief sein Vater, „…da bist du endlich! Komm mal bitte hier rüber.“ Amrod Gedan beeilte sich. Nun stand er bei den beiden Unbekannten und seinem Vater. „Mein Sohn, darf ich dir meine früheren Reisekameraden vorstellen? Das sind Felix und seine Frau Cosma, sie sind gerade auf der Durchreise. Vor einer Woche waren sie noch in Izumo.“ Amrod Gedan machte vor Felix eine kleine Verbeugung, dieser tat es ihm gleich und Cosma gab er einen Handkuss. „Sehr erfreut Sie kennen zu lernen!“, sagte Amrod Gedan höflich. „Aaron, ich glaube, dass du und ich miteinander reden sollten. Es geht um das Erscheinen der vier anderen Leuchttürme und um die Schicksalskinder!“, beim Wort ‚Schicksalskinder’ guckte Felix Amrod Gedan so seltsam an, dann wandte er sich jedoch wieder Aaron zu: „Die Lage ist sehr ernst. Wenn wir nicht bald handeln, dann ist unsere Welt dem Untergang geweiht.“ „Felix, lass uns das nicht jetzt bereden, heute Nachmittag haben wir eine Sondersitzung des Senats. Auch Samius, unser neuer Prokonsulator, ist in großer Sorge, so etwas hat er noch nie erlebt. Auch der alte Lunpa, der schon längere Zeit hier lebt, hat diesen ‚Neptun-Leuchtturm’ noch nie gesehen.“ „Aaron, nicht nur in Lemuria passieren seltsame Sachen, in Izumo wurde ein junges Mädchen entführt und die Schicksalskinder haben sich auf den Weg gemacht. Sie müssten eigentlich übermorgen in Tolbi ankommen um Gilbert abzuholen.“, sagte Cosma. „Auch dein Sohn ist ein Schicksalskind, er muss also auch hieraus.“, fügte Felix den Worten seiner Frau hinzu. „Ich und Lemuria verlassen? Das könnt ihr vergessen, ich gehe niemals!“ Amrod Gedan hatte einen plötzlichen Wutausbruch. Niemand hatte das recht ihm zu sagen, was er zu tun hatte, außer seinem Vater. „Nun gut, ich gehe nun. Ihr braucht mich nicht, um über mich zu entscheiden.“ Amrod Gedan machte eine angedeutete Verbeugung und ging dann. „Tja, Aaron, Kinder sind schlimm, wenn sie stur sind, Liva ist da nicht anders.“, scherzte Felix. Amrod Gedan lief in sein Zimmer. Noch nie war er derart wütend gewesen, wie in diesem Augenblick, er fragte sich, wie sich dieser Mann eigentlich erlauben konnte, ihm, dem Königssohn und späteren Herrscher Lemurias, zu sagen, was er zu tun hatte. Die Liebe zu seinem Geburtsort und der daraus resultierende Stolz waren Gründe dafür, dass er die Stadt nie verlassen wollte. Traurig setzte sich Amrod Gedan auf sein Bett, sein schönes, weiches Bett. Nun, da er es eingehend betrachtete, begann er dass Bett schon als einen Fremdkörper zu betrachten. Seine Angst vor der Welt war immens und er wusste, dass diese so genannten ‚Schicksalskinder’ ihn holen kommen würden und ihn zwingen würden, mit auf eine Reise zu kommen, die er sich als Hölle vorstellte. Wenn dies eintreten würde, würde er sich nicht mehr um die Menschen, um sein Volk, kümmern können. „Gedan? Was tust du hier?“, fragte Aglaia Jurena, als sie mit ihren drei Begleiterinnen eintrat. „Aglaia, sieht man das nicht? Ich sitze hier und löse mich langsam auf!“, sagte Amrod Gedan, der am liebsten alleine gelassen werden wollte. Er brauchte nun wirklich niemanden, der Mitleid mit ihm hatte. „Du löst dich auf? Bist du krank?“, Aglaia Jurena machte sich Sorgen um ihren älteren Bruder, noch nie hatte sie ihn so gesehen. Seine Augen waren glanzlos und sein Gesicht war bleich. „Nein. Ich bin nicht krank, meine Schwester! Mach dir keine Sorgen.“, sagte Amrod Gedan matt. „Aber ich mache mir natürlich Sorgen, du bist doch mein Bruder. Mein einziger Bruder, ich möchte doch nicht, dass du leidest.“, Aglaia Jurena ging zu ihrem Bruder, hockte sich vor ihm hin und legte ihre Hände auf seine Knie. Doch Amrod Gedan nahm ihre Hände in seine eigenen. „Gedan, …“, begann Aglaia Jurena, doch dann merkte sie, dass ihr Bruder Tränen im Gesicht hatte. Er nahm ihre beiden Hände in eine Hand und mit der anderen wischte er die Tränen weg. Danach legte er wieder ihre Hände auf seine eigenen Knie und umarmte seine Schwester. „Aglaia, ich hoffe, dass du nie zu irgendetwas gezwungen wirst. Dass du nie leiden musst, so wie ich zurzeit.“ „Was sagst du da, zu was wirst du gezwungen?“, fragte Aglaia Jurena geschockt. „Da ist so ein Mann bei unserem Vater, er sagte, dass die ‚Schicksalskinder’ mich holen würden. Mich von meinem geliebten Reich wegzerren würden.“ „Nein, Gedan, das kann nicht wahr sein. Nein, ich will nicht, dass ihr geht. Ich dachte immer, dass wir für immer zusammen bleiben würden. Wir dürfen nicht auseinander gehen.“, Aglaia Jurena umfasste den Körper ihres Bruders und krallte sich in seinem Wams fest. „Ich möchte doch auch nicht, dass ich weggehe. Ich habe eine unglaubliche Angst davor, dass ich dich und alle anderen nie wieder sehen werde. Ausgeschlossen zu werden, aus meinem eigenen Königreich und unfähig zu sein, meinem Volk zu helfen.“ „Aber Gedan, du bist der Prinz von Lemuria, du musst einfach zurückkommen, ganz egal was passieren wird, du musst, du musst einfach zu mir zurückkehren. Ich kann nicht ohne dich leben.“ „Ich weiß, meine Schwester, aber du hast ja noch Oseas, ich habe niemanden, nicht einen, den ich kenne und dem ich vertraue.“ „Aber Oseas wird dich begleiten, egal was alle anderen sagen, er kann dich nicht alleine gehen lassen. Er wird immer bei dir sein.“ „Dann komm doch auch mit, dann brauchst du hier nicht alleine sein!“, bemerkte Amrod Gedan nebenbei. „Nein, ich muss mich einer anderen Aufgabe stellen, eine, die noch ungewiss für mich ist. Ich kann euch also nicht begleiten, so leid es mir auch tut.“ „Prinz Amrod Gedan und Prinzessin Aglaia Jurena, entschuldigt meine Störung, aber ich muss ein wichtiges Gespräch mit dem Prinzen führen und die Prinzessin soll sich zum König begeben.“, sagte die eisige Stimme von Prokonsulator Samius. Dieser war ein hoch gewachsener Mann mit eisblauen Augen. Immer wenn eine ernsthafte Situation bestand, verengten sich diese zu Schlitzen. Seine Stimme, wie auch sein Lächeln wirkten eisig und erfroren, als könnte er keine Liebe mehr verspüren. Sein Sohn, Oseas, war da ganz anders, er hatte ein wunderbares, warmes und freundliches Lächeln, seine blauen Augen strahlten eine unbegrenzte Gutmütigkeit aus und seine ganze Mimik war anders als die von seinem Vater, dies lag wahrscheinlich daran, dass Oseas eher nach seiner Mutter kam, die leider verstorben war. „Gedan, wir sehen uns später…“, Aglaia Jurena ging mit ihren drei Begleiterinnen aus seinem Zimmer, drehte sich aber noch einmal um und sagte: „Manchmal sind Veränderungen auch gut, also fürchte dich nicht so sehr.“, mit diesen Worten verließ sie den Ort und machte sich auf den Weg zu ihrem Vater. „Mein Prinz, ich möchte Euch um etwas bitten. Es geht um meinen Sohn.“ „Um Oseas? Ist was mit ihm?“, fragte Amrod Gedan nervös. „Nun, es ist so, mein Sohn möchte unbedingt auf eine große Abenteuerreise gehen. Die würde ihm sicherlich auch gut tun, damit er mehr Lebenserfahrung gewinnen und vielleicht die Prinzessin vergessen kann.“ „Warum sollte er denn Aglaia vergessen? Hat das einen bestimmten Grund?“ „Nun ja, ich weiß genau, dass er die Prinzessin zur Frau haben will, doch ihr Verlobter würde es nicht gutheißen, wenn sie noch einen anderen hätte!“ „Wartet, sagtet Ihr gerade ihr Verlobter? Wer ist dieser Verlobte?“ „Mein Prinz, Ihr steht ihm gegenüber. Ich bat Euren weisen Vater um ihre Hand. Dieser willigte natürlich ein, denn es gibt ja keinen anderen außer dem Prokonsulator, der gut genug für seine Tochter wäre!“ „Aber Ihr wisst doch, dass sie Oseas liebt! Warum tut ihr nur so etwas?“ „Nun, mein Sohn denkt nur er würde sie lieben, weil er keine anderen Frauen kennt…“, Amrod Gedan ließ ihn nicht aussprechen und fragte: „Was liebt Ihr an meiner Schwester?“ „Ich liebe einfach alles an ihr, immerhin ist sie eine wunderschöne Frau!“ „Was genau ist dieses ‚alles’?“ „Mein Prinz, das wisst Ihr doch bestimmt! Also, was ist nun mit meinem Sohn, werdet Ihr ihn mitnehmen?“ „Das kann ich nicht sagen, das muss Oseas alleine entscheiden! Aber ich hoffe er bleibt hier.“ Amrod Gedan wusste zwar, dass sein Freund nicht bleiben würde, denn schließlich ging es hierbei wahrscheinlich um ein großes Abenteuer. Außerdem hatte Aglaia Jurena gemeint, dass er ihn begleiten würde und sie hatte sich bisher noch nie geirrt. Amrod Gedan starrte in die Augen des Prokonsulators, als er dies tat, merkte er, dass die Augen des Prokonsulators wirklich keine Freundlichkeit in sich trugen, sie waren voller Hass. „Ich möchte mich nun auf die Sitzung vorbereiten. Also verlasst mein Zimmer!“, befahl der Prinz. Samius verbeugte sich und zog sich zurück. Doch als er aus dem Zimmer hinausgegangen war, sagte er: „Es wird dir noch Leid tun, dass du mich so behandelt hast. Ich werde dafür sorgen, dass du und mein Sohn nie wieder einen Fuß auf Lemurias Boden setzten werdet, wenn ihr weg seid. Nachdem ich erstmal mit Aglaia Jurena verheiratet bin und Aaron tot ist, werde ich König. Dann werde ich erstmal Lemuria umstrukturieren und den Senat auflösen.“ Im gleichen Moment öffnete Aglaia Jurena die Tür vom Thonsaal, wo sie ihr Vater schon erwartete. „Vater, Ihr habt nach mir rufen lassen?“, fragte Aglaia Jurena ihren Vater. „Ja, das habe ich. Ich habe eine freudige Nachricht für dich!“ „Eine gute Nachricht? Für mich?“, fragte Aglaia Jurena ungläubig. Vielleicht hatte Oseas mit ihrem Vater gesprochen und wollte sie zur Frau. Aber vielleicht auch etwas anderes, sie war deshalb höchst aufgeregt. Ihr Vater stand von seinem Thron auf und ging auf Aglaia Jurena zu, bis er kurz vor ihr stehen blieb. „Nun, meine Tochter, du hast großes Glück. Ein wirklich ehrenhafter, junger Mann hat um deine Hand angehalten!“ „Ich wusste, dass er das tun würde. Oh, Vater, ich bin so froh. Endlich erfüllt sich mein Traum.“ „Ich wusste gar nicht, dass du ihn so sehr magst, hättest du mir nicht früher Bescheid sagen können, dann wäret ihr schon früher zusammengekommen!“ „Ich hätte doch nicht ahnen können, was Ihr von Oseas haltet!“ „Was hat Oseas damit zu tun? Er ist immerhin nur sein Sohn. Samius ist der, den du heiraten wirst!“ „Sa-Samius?“ „Ja, Samius. Denkst du wirklich, dass ich jemand anderes akzeptiert hätte, außer meinen Prokonsulator?“ „Aber ich liebe Oseas, Vater. Ich will Samius nicht heiraten, er widert mich an.“ „Das ist meine Entscheidung und ich möchte nicht, dass du diesen Oseas heiratest, ich kann ihn nicht leiden.“ „Ihr könnt mich doch nicht zwingen Samius zu heiraten, wenn ich nicht will! Ihr seid doch nicht so ein Vater, der nicht die Wünsche seiner Kinder respektiert. Oder wollt Ihr, dass ich leide?“ Plötzlich fiel Aglaia Jurena ich Gespräch mit ihrem Bruder wieder ein, sie war in dieselbe Situation geraten wie er. „Du wirst bestimmt nicht leiden. Wenn ihr erst einmal verheiratet seid, wirst du dich nicht mehr mit Oseas abgeben und Samius eine gute Ehefrau sein, so vergisst du Oseas schnell. Das ist das Beste für dich, meine geliebte Tochter.“ „Vater, Ihr mögt vielleicht Recht haben, aber ich kann nicht seine Frau werden. Ich will es nicht!“ „Es ist entschieden und du hast kein Recht etwas dagegen, gegen meine Worte, zu sagen. Ich weiß, dass diese Hochzeit das Richtige für dich ist und dass du mit Samius glücklich werden wirst. Also lassen wir dieses Thema mit Oseas sein.“ Gegen Nachmittag sollte die Sondersitzung des Senates stattfinden und Amrod Gedan befand sich noch bis zum letzten Augenblick in seinem Zimmer. Er hatte nun wirklich keine Lust mehr zu dieser Senatssitzung zu gehen, denn heute war einfach zu viel schlimmes passiert, man wollte ihn aus seinem Reich hinauszerren, man wollte die aufkeimende Liebe seiner Schwester zu seinem besten Freund ersticken und Samius, ein Mann, den er überhaupt nicht mochte, wollte ihm seine Schwester wegnehmen. Wie konnte sein Vater nur so dumm sein, das er seine eigenen Kinder unglücklich machte? Außerdem fragte er sich, was wohl Oseas zu allem sagen würde. Doch diese Frage sollte ihm schnell beantwortet werden, denn in dem Augenblick, als er zum Senatsgebäude gehen wollte, kam ein sehr wütender Oseas auf ihn zu gerannt. „Amrod! Hast du davon gewusst?“, schrie Oseas seinen besten Freund an. „Oseas, beruhige dich! Ich habe davon nichts gewusst. Ich habe auch erst vor kurzem davon erfahren.“ „Du hast vor mir gewusst worum es geht? Du willst mein Freund sein?“ „Oseas, also erstens bin ich dein Freund und ich wünschte ich hätte es nie erfahren müssen. Zweitens hätte ich gewollt, dass Aglaia dich heiratet. Drittens bist du selber schuld, du hättest es ihr doch einfach sagen können.“, entgegnete Amrod Gedan mit seiner ernsten Stimme. „Ich glaube das hätte kaum etwas geändert. Dein Vater guckt mich immer so herabschauend an, er spricht kaum mit mir und es kommt mir wirklich so vor, als würde er mich hassen.“ „Ich denke du irrst dich. Er betrachtet dich einfach nur kritisch, schließlich könntest du nach deinem Vater der nächste Prokonsulator werden.“ „Nein, das kann nicht sein! Er hasst mich wirklich! Schon vor einem Jahr habe ich deinen Vater um die Hand deiner Schwester gebeten, aber er sagte nur, dass wir noch nicht reif genug seien. Ich fragte ihn ein halbes Jahr später noch einmal, aber dann wies er mich total zurück, indem er sagte, dass ich nicht gut genug für sie sei. Ich könne sie nicht glücklich machen.“ Oseas drehte sich von Amrod Gedan weg und schlug gegen die Wand. „Verdammt! Das ist doch wirklich Unsinn. Ich glaube niemand hätte sie so glücklich machen können wie ich, denn ich weiß, dass wir uns beide lieben und dass wir ein Paar geworden wären auf das jeder Stolz gewesen wäre. Aber nun hat das doch alles keinen Sinn mehr. Ich möchte sie nicht in den Händen von einem anderen sehen und wissen, dass sie sich jede Nacht einem anderen hingibt. Ich will einfach nur weg von hier. Da draußen müssen noch andere Frauen sein, die es sich zu lieben lohnt.“, Oseas fing an zu weinen. „Du gibst also einfach auf. Du würdest also meine Schwester in die Hände eines falschen Mannes fallen lassen und somit die Träume und Hoffnungen meiner Schwester zerstören. Du widerst mich an, Oseas.“ „Aber, Amrod, ich dachte…“, begann Oseas, aber Amrod Gedan unterbrach ihn. „Du dachest was? Dachtest du sie würde einfach so zu dir kommen und alles wäre in Ordnung? Nein, Oseas, man muss hart dafür arbeiten, um seine Träume und Hoffnungen erfüllen zu können und die Erfüllungen kommen einer schweren Prüfung gleich, durch die man sein ganzes Leben verändern kann. Doch hast du, Oseas, nicht mehr die Kraft und den Mut deine Träume und Aglaia Jurenas Träume zu verwirklichen?“ „Mir scheint es so, als hättest du Recht. Ich habe keinen Grund dazu meine Träume und Wünsche aufzugeben, ich könnte niemals zulassen, dass jemand diese gewaltvoll zerstört. Ich danke dir, Amrod, mein Freund.“ „Gut, nun verstehst du, kämpfe für deine Zukunft!“ „Ja, das werde ich tun.“ Amrod Gedan musste grinsen, denn nun erkannte er endlich seinen mutigen Freund wieder. Doch er zeigte dieses Grinsen nur einige Sekunden lang, dann wurde sein Gesicht wieder starr und ernst und er drehte sich von seinem Freund weg. „Wir müssen nun gehen, die Sondersitzung fängt gleich an und diese ist doch ‚außerordentlich’ wichtig, nicht wahr?“ „Genau, ist sie. Immerhin geht es um das Schicksal der ganzen Welt und auch um unser Schicksal!“, nach diesem Satz verstummte Oseas, er wusste, dass seine Worte seinen Freund verletzten. Amrod Gedan war immer der Schwächere von beiden gewesen, doch das wussten eigentlich nur Oseas und Aglaia Jurena, denn vor den anderen verschloss er sein Herz, tat das, was man ihm sagte und zeigte sich von seiner stärksten Seite, doch schon einige Worte konnten eine tiefe Trauer in ihm auslösen, die er aber nicht preisgab. Vielleicht, so dachte Oseas jedenfalls, würde sich das ändern, wenn Amrod Gedan endlich einmal aus Lemuria hinauskommen und eine lange Reise weitab von seinen Pflichten machen würde, er hoffte es würde ihn erstarken lassen. „Kommst du mit, Oseas? Sie warten bestimmt auf uns!“, sagte Amrod Gedan, der wieder seine Stimme und seine Haltung gefestigt hatte. „Ja, ich komme!“, antwortete Oseas freundlich, dann ging er seinem Freund, der schon losgegangen war, hinterher. Das Senatsgebäude lag links neben dem Palast von Lemuria. Dieses Gebäude war allerdings sehr klein, etwa ein Achtel von der Größe, die der Palast hatte. Drinnen standen in der Mitte ein großer, hölzerner Tisch, auf dem Fischmenschen abgebildet waren, und dazu vier Stühle auf jeder Seite, für alle Senatoren. An dem Kopf des Tisches befand sich ein größerer Stuhl für den Prokonsulator. Die Nordwand war mit drei Thronen geschmückt, die für die Königsfamilie reserviert waren, wobei Kay, obwohl sie Königin war, nicht an den Senatssitzungen teilnehmen durfte. Infolgedessen waren die drei Sitze für König Aaron, seinen Sohn Prinz Amrod Gedan und seine Tochter Prinzessin Aglaia Jurena bestimmt. Über diesen Sitzen war ein blaues Banner mit Poseidon drauf aufgehängt. Amrod Gedan betrat in Begleitung von Oseas das Senatsgebäude durch den linken Eingang, zur gleichen Zeit betraten auch Aglaia Jurena und Aaron das Gebäude. In diesem Augenblick guckten sich Aglaia Jurena und Oseas gegenseitig an. Sie beide wussten nun, dass sie nie zusammenkommen würden und dies war unerträglich für beide. Die Königsfamilie nahm Platz und die Senatoren setzten sich an den Tisch. An der einen Seite saß nur Samius als Prokonsulator alleine. „Heute ist es so weit, heute wollen wir die Lage unseres Reiches diskutieren! In meinen Augen ist der heutige Tag ein wichtiger Tag für unser Volk, denn heute werden wir das Erscheinen des Leuchtturms besprechen!“, sagte Samius, der die Senatssitzung eröffnete. „Was soll so besonders an diesem Leuchtturm sein? Na gut, er ist zwar plötzlich aufgetaucht, aber das war nun schon vor drei Jahren. In diesen drei Jahren hat sich die Lage nicht verändert, also ist es sehr unwahrscheinlich, dass noch etwas passieren wird. Wir sollten uns also nicht um den Leuchtturm kümmern, sondern um landesinterne Angelegenheiten, dies ist meiner Meinung nach viel wichtiger. Wir könnten zum Beispiel einen Kanal bauen, damit unsere Stadt wächst.“, warf Amrod Gedan Samius entgegen, doch dieser lies sich von dem Vorschlag des Prinzen nicht beeindrucken und fuhr fort: „Mein Prinz, ihr seid noch nicht alt genug, um klare Zusammenhänge zu erkennen. Natürlich ist es wichtig, dass die Stadt wächst, doch nicht in einer so gefährlichen Zeit. Aus einer sicheren Quelle weiß ich, dass die Leuchttürme außerhalb Lemurias ihr Licht verloren haben und dass sich die ‚Schicksalskinder’ aufmachen, um die Leuchtfeuer wieder zu entfachen, und Ihr seid ein solches Schicksalskind, mein Prinz. Wenn die Leuchtfeuer nicht brennen, wird unsere Welt Weyard untergehen und dann nützt es uns wirklich nichts mehr, wenn unsere Stadt wächst und gedeiht.“ „Ich stimme Samius zu. Mein Sohn hat nicht die nötige Lebenserfahrung, welche man in diesen finsteren Momenten braucht. Schon vor drei Jahren habe ich gedacht, dass eines Tages diese Versammlung wegen des Leuchtturmes einberufen werden würde, denn es verheißt nichts gutes, wenn von einem Augenblick auf den nächsten ein Leuchtturm direkt vor der Palasttür auftaucht. Für mich war dies ein Zeichen, dass sich die Welt im Wandel befindet.“, fügte König Aaron von Lemuria hinzu. „Aber was haben wir von einer intakten Welt, wenn Lemuria am Abgrund steht? Wir haben dann rein gar nichts davon.“ „Amrod Gedan, natürlich haben wir etwas davon, solange die Welt noch existiert haben wir, die Lemurianer, ein zu Hause. Wenn dies nicht so wäre, werden nicht nur wir, sondern auch alle anderen Völker der Erde sterben. Also was scheint dir nun wichtiger?“, schrie Aaron seinen Sohn an, um ihn zur Vernunft zu bringen. Dieser setzte sich auf seinen Platz und schwieg, er wusste nicht was er antworten sollte, einerseits hatte er recht andererseits auch sein Vater und Samius. „Da wir geklärt haben, dass wir uns um den Leuchtturm kümmern sollten was gedenkt Ihr zu tun?“, fragte ein Senator, der ziemlich großwüchsig war, sein Name war Agnius. „Nun, zuerst würde ich sagen, dass mein Sohn, Prinz Amrod Gedan, sich den Schicksalskindern anschließen sollte, die ihn wahrscheinlich in geraumer Zeit abholen werden. Mit ihm wird hoffentlich Samius’ Sohn reisen, oder nicht, Oseas?“ Oseas, der in der rechten Ecke vom Raum saß und bisher nur beiläufig auf die Unterhaltung geachtet hatte, da er auch als Sohn des Prokonsulators nichts sagen durfte, hob den Kopf und antwortete: „Ich werde alles tun, was Ihr mir befehlt, Majestät!“ „Das nenne ich loyal! Dann werden wir warten müssen, bis Amrod Gedan seine Aufgabe erledigt hat und der Leuchtturm wieder brennt. Das ist der ganze Plan.“ „Aber eine Sache müssen wir noch vor ihrer Abreise tun!“, verkündete Samius freudig erregt. „Welche Sache meinst du, Samius, mein Freund?“, der König schaute seinen Prokonsulator fragend an. „Natürlich die Vermählung euer Tochter mit mir! Du möchtest doch sicher auch deinen Bruder dabei haben, meine Perle?“ „Samius, Sie haben vermutlich Recht, schließlich bin ich nur eine Frau und würde nie auf solche Gedanken kommen! Ich werde einfach Ihrem Rat folgen und sagen, dass wir noch vor der Abreise meines Bruders und Ihres Sohnes heiraten sollten.“, sagte Aglaia Jurena mit einem bezaubernden Lächeln auf ihrem Mund. „Sie werden immerhin beide zu eurer Familie gehören und sollten deshalb schon auf eurer Hochzeit erscheinen. Außerdem wäre es gut, wenn ihr so schnell wie möglich heiraten würdet, man weiß ja nie wann die Schicksalskinder kommen und Amrod Gedan abholen.“ „Majestät, ich und wahrscheinlich auch meine zukünftige Frau stimmen Ihnen vollkommen zu. Am besten wir heiraten nächste Woche.“ Amrod Gedan starrte hinüber zu seiner Schwester, die immer noch grinsend dasaß, aber bei den Wörtern ‚nächste Woche’ schauderte sie kurz. Von seiner Schwester ließ er seinen Blick auf seinen besten Freund schweifen, der den Tränen nahe zusammengekauert in der Ecke saß. Wieso hatte ihnen das Schicksal nur so übel mitgespielt? Wieso sollten zwei sich innig liebende Menschen voneinander getrennt werden? Nur zu gerne würde er nun aufspringen und irgendetwas unternehmen, aber er wusste genau, dass dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt war und außerdem würde Amrod Gedan es nie wagen sich gegen seinen Vater aufzulehnen. „Nächste Woche? Was meinst du dazu, Aglaia Jurena?“, fragte Aaron seine Tochter. „Ich werde das tun, was Ihr für mich am besten haltet, ich bin doch nur eine Frau, versteht doch meine Situation Vater!“ „Schön, wenn du keine Einwände hast, dann ist eure Hochzeit auf den ersten Tag der neuen Woche festgelegt!“ „Ich danke Euch, Majestät, dass Ihr für uns einen Termin festgelegt habt.“ Die beiden, der König und sein Prokonsulator, guckten sich gegenseitig an und waren vollkommen zufrieden. Doch ihre Kinder waren weit weniger begeistert von der Hochzeitsplanung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)