Weltenzerstörer von Talitha2 ================================================================================ Kapitel 1: Der Fremde --------------------- Kapitel 1 Der Fremde Die Sonne verschwand als rot glühender Feuerball am Horizont. Ein heißer Wind strich über das karge Land und wirbelte an einigen Stellen kleine Staubwolken auf. Entfernt hörte man das Brüllen eines Raubtieres, dessen Weg ein unvorsichtiges Opfer gekreuzt hatte. Afrika, der schwarze Kontinent, die Wiege allen Lebens, wo seit jeher nur ein Gesetz gilt; das Gesetz des Stärkeren. Und dies wusste auch die dunkle Gestalt, die im schwindenden Licht aus dem Nichts auftauchte und den Kopf erhob, so als wittere sie eine frische Fährte. Unbeweglich stand sie da. Und als die ersten Sterne am Himmel erschienen, hatte sie gefunden wonach sie suchte und wand sich einem Berg in der Ferne zu. Zur gleichen Zeit am anderen Ende der Welt in Heatherfield "Ich hab euch so vermisst!" rief Irma und stürmte in das Zimmer von Hay Lin, um ihre Freundinnen, von denen bereits zwei dort auf sie warteten, in eine feste Umarmung zu schließen. "Wird ja auch Zeit, dass du dich mal wieder blicken lässt" lachte Will, als sie von der Wucht der Wiedersehensfreude mitsamt Irma auf das Bett geworfen wurde. "Glaub mir, ich war nicht scharf darauf, die ganzen Ferien bei Großtante Martha zu verbringen" sagte Irma und rappelte sich auf "aber du weißt doch, dass unser Haus renoviert wurde und Dad war der Meinung, ein bisschen Landluft täte den Kindern gut". Bei den letzten Worten verzog sie das Gesicht und ahmte auf passende Weise ihren Vater nach. Alle lachten und Cornelia sagte: "Wie habe ich es nur die ganze Zeit ohne deine Witze ausgehalten?". Sie neigte den Kopf zur Seite und legte die Stirn in Falten. "Aber wenn ich so darüber nachdenke, war es die erholsamste Zeit seit langem." Es war kein Geheimnis, dass Irmas ausgelassenes Gemüt des Öfteren Cornelias Nerven strapazierte, was nicht selten in gegenseitigem Anschreien endete, aber als Irma nun in ein lächelndes Gesicht blickte, sagte sie nur: "Ich hab dich auch lieb Corny." und zwinkerte ihr zu. In diesem Moment ging die Tür auf und ihre beiden anderen Freundinnen kamen beladen mit Tellern und einem Tablett voll essen in das Zimmer. "Schön dass du wieder da bist Irma" sagte Taranee mit konzentrierten Gesichtsausdruck und versuchte durch geschicktes Balancieren zu verhindern, dass das Besteck von dem Tellerturm rutschte, den sie in ihren Händen hielt. "Super, unser I ist zurück, endlich wieder komplett!" rief Hay Lin mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht und stellte das Tablett auf dem Tisch ab. Mit ihrer Bemerkung spielte sie auf den Namen W.I.T.C.H. an, den sie und ihre Freundinnen sich gegeben hatten, als sie herausfanden, dass sie die neuen Wächterinnen der Festung waren und die magischen Kräfte der Naturelemente besaßen. Will, die zugleich die Anführerin und Hüterin des Herzens von Kandrakar war, vereinte in sich die Kraft aller Elemente zur kosmischen Energie. Obwohl sie in ihrer menschlichen Gestalt eher ruhig und zurückhaltend war, besaß sie als Wächterin einen starken Willen und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Irma war in der Lage Wasser und alle anderen Flüssigkeiten zu beeinflussen. Und so wie Wasser sich rauschend, glucksend und unaufhaltsam seinen Weg bahnt, so war auch Irma, zumindest was das Reden anging. Stets hatte sie einen flotten Spruch auf Lager und ihr, manchmal gewöhnungsbedürftiger Humor blieb ihr auch als Wächterin erhalten. Taranee hatte die Kraft des Feuers, was auf den ersten Blick nicht recht zu ihr passen wollte, da sie von allen die Schüchternste war. Doch auch das Feuer ist solange ruhig, bis ein Funke überspringt und ein Flammenmeer entstehen lässt. So ist es nicht verwunderlich, dass sie eine große Selbstkontrolle besaß und die Dinge immer erst von ihrer logischen Seite aus betrachtete. Dies und ihr enormes Wissen hatten Irma dazu veranlasst, ihr den Spitznamen "Wandelndes Lexikon" zu geben. Cornelia kontrollierte die Erde und alles, was aus ihr hervorging. Sie war eine ruhige und besonnene Person, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand und erst nachdachte, bevor sie handelte. Dies bewahrte die Wächterinnen oft davor, sich unüberlegt in Gefahr zu begeben. Wer sie nicht kannte, würde behaupten, dass sie kühl und unnahbar war, da es ihr häufig schwer fiel, ihre Gefühle offen zu zeigen. Durch ihre Freundinnen jedoch hatte sie gelernt, auch diese Seite von sich zuzulassen. Hay Lin besaß die Macht der Luft und konnte als einzige der fünf in Wächterinnen-Gestalt fliegen. Genau wie ihr Element war sie häufig etwas flatterhaft und zerstreut. Deshalb hatte sie auch immer einen Stift dabei, um sich auf den Handflächen wichtige Notizen machen zu können. Im Wesen war sie wie eine warme Frühlingsbrise, nie konnte sie jemandem böse sein und versuchte in allem nur das Gute zu sehen. Jede von ihnen war anders, einzigartig auf ihre Weise. Und doch jede Teil eines großen Ganzen. "Ich bin auch froh, wieder hier zu sein" sagte Irma, als sie Taranee und Hay Lin umarmt hatte. Sie fühlte sich, so wie die anderen auch, einfach wohler, wenn sie alle zusammen waren, da ihre Kräfte sich gegenseitig ergänzten und miteinander harmonierten. "Es ist toll zu wissen, dass man nie alleine ist" dachte sie und strahlte in die Runde. Sie griff nach ihrem Rucksack und holte vier Geschenkpäckchen hervor. "Ich habe euch auch was mitgebracht" verkündete sie und drückte jedem ein Päckchen in die Hand. Nach einigen Momenten stillen Papierraschelns rief Hay Lin: "Wie cool, das wollte ich schon immer haben" und hielt ein Buch mit dem Titel "Aliens - Fiktion oder Wahrheit?" in die Höhe. "Danke Irma!" Auch Will hatte ausgepackt und kam, ihre neue Froschwärmflasche fest an sich gedrückt, zu Irma hinüber und gab ihr einen Kuss auf die Wange. "Das ist lieb von dir. Nur weil ich mal erzählt habe, dass meine kaputt gegangen ist. Danke." Taranee hielt mit glänzenden Augen eine CD mit Tanzmusik in den Händen, hauchte ein "Danke" und Irma konnte ihr förmlich ansehen, dass sie am liebsten sofort loslegen wollte. "Treffer Nummer drei" dachte sie zufrieden bei sich und sah gespannt zu Cornelia hinüber. Für sie etwas Passendes zu finden war sehr schwierig gewesen und Irma wäre daran gescheitert, wenn sie es nicht zufällig in einem Trödelladen gesehen und sofort an die Erd-Wächterin hätte denken müssen. Nun hielt Cornelia ihr Geschenk in der Hand und blickte stumm darauf. Es war ein Armband aus Bernstein. Die honiggelben Stücke versteinerten Baumharzes passten genau zu ihrer Haarfarbe. Irma ging zu ihr hinüber und setzte sie neben sie. "Gefällt´s dir?" fragte sie unsicher. Cornelia schaute auf und zu Irmas Verwunderung sah sie Tränen in den blauen Augen ihrer Freundin. Ohne ein Wort schlang Cornelia die Arme um ihren Hals und flüsterte: "Es ist wunderschön." Sie löste sich von der überraschten Irma und sah wieder auf das Armband. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, denn dank ihres Elementes konnte sie die millionen Jahre alte Kraft der Erde, die in den Bernsteinen eingeschlossen war, pulsieren fühlen. Und als sie das Armband anlegte, war es, als ob die Energie im Einklang mit ihrem eigenen Herzen schlug. "Volltreffer!" dachte Irma glücklich und fügte laut hinzu: "So, nachdem ich euch nun alle zufrieden gemacht habe, lasst uns bitte endlich essen, mir hängt der Magen schon auf den Knien!" Etwas später irgendwo in Afrika Das Wesen, welches einfach aus dem Nichts aufgetaucht war, hatte sein Ziel erreicht. Der Berg türmte sich vor ihm auf, als wolle er den Weg versperren, aber das war nicht nötig. Es hatte gefunden, wonach es suchte. Die Gestalt kniete nieder und klauenartige Hände tasteten über den Boden, bis sie an einem Punkt innehielten. Rote Augen schlossen sich und der nicht-menschlichen Kehle entwand sich ein krächzender Singsang. Die Handflächen erglühten in einem strahlenden grün, senkten sich auf den Boden nieder und - die Erde schrie auf, wand sich im Griff des Fremden, der ihre Kräfte verzehrte, sie auslaugte, verbrannte - erfolglos. In Heatherfield sank Cornelia leblos zu Boden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)