Rain von Kizu8 (( Warnung: absolut darkfic )) ================================================================================ Kapitel 1: Denn da war nichts mehr ---------------------------------- ~ .. wusstest du, dass man sich in den dunklen Schatten verlieren kann, wenn man irgendwann zu schwach wird .. ~ Sein Atem glich einem unruhigen Uhrwerk. Er stieß den Sauerstoff schneller aus, als sein Körper ihn wirklich verarbeiten konnte. Das Keuchen war flach, aber schwer. Seine Kehle schon ausgedorrt. Die Kräfte gänzlich aufgebraucht. Als würde der Himmel sein Leid beweinen, regnete es, wie schon seit Wochen nicht mehr. Der Regen schlug, angetrieben vom Wind, mit brachialer Gewalt auf alles ein, was ihm im Weg war. Häuser, Bäume wie auch Lebewesen mussten mit den tosenden Naturgewalten kämpfen. Doch für ihn galt das nicht. Obwohl er dem peitschenden Regen und Wind schutzlos ausgeliefert war, befand er sich wohl mehr in seiner eigenen erdachten Welt. Sein eigens geschaffener Raum, in den niemand eindringen konnte. Für alle anderen war er verschlossen. Das war sein Privileg, sein eigener Käfig. ~ .. wie ein Panther ziehe ich meine Kreise, gehetzt von der drohenden Dunkelheit, welche ruhig in den Schatten liegt und lauert.. ~ Völlig durchnässt, zitterte er am ganzen Leib. Das Regenwasser strömte in Rinnsalen sein Gesicht hinab, die Haare klebten strähnig an seiner Haut. Und dennoch, alles was er im Moment fühlen konnte, war die wachsende Ungeduld und Wut. Seit geraumer Zeit donnerte sein Blade gegen eine alte Buche und doch gelang es ihm nicht, dem Baum jeglichen Schaden zuzufügen. Er zog immer mehr Kraft aus sich und lies sie in den Kreisel fließen, doch die Attacken wurden immer schwächer. Dranzer erschien nicht mehr. Irgendwann kam der Blade gänzlich zum Stillstand; es gab keine Kraft mehr, die er aufnehmen konnte. ~ .. so bewegen sich die Wände auf mich zu, mein Käfig .. willkommen mein Sarg .. ~ Wankend trugen ihn seine Beine nach vorne. Mit zitternder Hand hob er den Kreisel auf, das Kugellager war voller Schmutz und Schlamm. Der Bitchip glänzte nur noch matt seinem Herrn entgegen; die alte Macht war verschwunden. Erloschen – wie das Feuer, was früher oft in seinen Augen geflackert hatte. Erneut prasselte eine neue Welle Regen auf ihn nieder, aufgebracht von den kalten Böen aus dem Norden. Und plötzlich kam er sich selbst verloren vor. Da war nichts mehr.. Nur er selbst, ein seelenloser Blade, der kalte Regen und der leere Park. Da war nichts mehr.. Wie in Trance schritt er die letzten Meter auf die Buche zu, verharrte vor ihr. Seine Hand verkrampfte sich, sodass die scharfen Klingen des Kreisels ihm ins Fleisch schnitten. Blut tropfte zu Boden und vermischte sich mit dem aufgeweichten braunen Untergrund. Immer weiter trieb er das Metall, durch den Druck, in seine Hand. ~ .. und auf einmal ist da nichts mehr, nur der Regen, der durch meinen Käfig dringt und mich vergiften will .. er wird mich in der Wahrheit ertränken und nur die Schatten werden mich begleiten ... ~ Plötzlich hob er wie von Sinnen seine Hand, die er mitsamt des Blades zur Faust geballt hatte und schlug auf den Baum ein. Jeder Hieb donnerte die Klingen immer tiefer in sein Fleisch. Der Schmerz war schier grausam. Doch er schlug immer weiter, immer schneller. Das Blut floss seinen Arm hinab, tränkt nun anstatt des Regenwassers seinen Ärmel. Er hörte wie seine Handgelenke knackten, wie die Knöchel gegen die Rinde schlugen und sie vermeintlich brachen. Die Kälte des aufkommenden Windes schnitt dem vollkommen durchnässten Körper ins Mark. Obwohl der Schmerz nicht zu ertragen war, hielt er den Mund versiegelt. Wellenförmig breitete er sich in ihm aus, betäubte die Sinne. Immer stärker, immer schneller krachten seine Fäuste auf die Buche. Seine Haut war überall aufgeplatzt, bald schon traten die weißen Knochen hervor. Und er hörte nicht auf, als würde er darauf warten und hoffen, dass sie brechen würden und die Sehnen rissen oder von den Klingen durchtrennt wurden. Er biss sich auf die Unterlippe, damit mit ihm ja kein Wort entwich. Blutbefleckt war sein Kinn schon davon. Sein Gesicht verzog sich, er verlor die Kontrolle. Wollte nur noch den Schmerz spüren. Wollte, dass dieser alles andere überdeckte. Nur dieser Schmerz lies ihn vergessen. Die absolute Verzweifelung und Einsamkeit musste in den Hintergrund getrieben werden. Immer mehr Schläge, immer mehr Blut, immer mehr Schmerzen. ~ .. die einzige Möglichkeit, in meinem Käfig überleben zu können .. errettet vor dem Ertrinken, doch für wie lange noch ? .. es ist ein Kampf, den ich nie gewinnen kann .. ~ Völlig erschöpft und ausgeblutet, krachte der letzte Schlag auf die Rinde nieder. Kurz verharrte die Hand in der Position. Seine Beine knickten ein, der Körper brach zusammen. Er glitt kraftlos zu Boden, die Hände versuchten sich festzuhalten, doch rutschen ob. Holzsplitter bohrten sich in die Handflächen, der Blade fiel zu Boden. Er lehnte halb bewusstlos vor Schmerz am Baum und lies den Regen weiter auf sich prasseln. Sein Kopf hing herab, das Wasser perlte von seiner Nasenspitze. Trostlos und leer blickten die Augen gen Boden. Die Erde unter ihm war rot geworden. Blut. Sein Blut. Nun war er allem ausgesetzt. Der Kälte, dem Regen, dem Schmerz. Dies war das einzige was er fühlen konnte. Das einzige was seine sonstige Leere für den Moment ausfüllte. Das alles, was ihm durch die Nerven jagte und ruhig stellte. Denn da war nichts mehr. .. da war nichts mehr – nur er. Allein. Zitternd hob er seine zerschundenen Hände. Das Blut quoll aus sämtlichen Wunden, vereinzelt ragten Holzsplitter aus dem Fleisch. Alles war verdreckt, es würde sich infizieren. Aber das war egal. Was zählte war der betäubende Schmerz. Es war so bitter kalt, so unendlich kalt. Er fror so grausam .. ~ .. ich entkommen den Schatten einfach nicht. Aus den Ecken kriechen sie und drohen mich zu verschlingen .. ~ Seine toten Augen starrten auf seine zerfetzten Hände – sie zitterten, wie auch sein ganzer Leib. Er zitterte weil es kalt war, weil er fror. Aber er tat es auch, weil er allein war. Weil er so ungemein einsam war.. Er zitterte, da ihn die Schmerzen schüttelten, welche von seinen Händen ausgingen. Doch er zitterte auch, da es weh tat, einsam zu sein. Er zitterte, da einfach alles in ihm schreien wollte, und er dennoch stumm blieb und starr die Lippen versiegelte. Der Regen war nicht in der Lage, all das Blut hinfort zu waschen, egal wie stark er auf den entkräfteten Körper eindrosch. Vom tobenden Wind und umherfliegenden Ästen und kleinen Steinen aufgebauscht, hagelten die Tropfen wie Geschosse auf ihn ein. Er hatte keine Kraft mehr aufzustehen und vor dem Unwetter zu fliehen, was von Minute zu Minute stärker wurde. Er zitterte wie ein verängstigtes Kind, welches nur nach seinen Eltern rufen wollte. Doch da war niemand mehr.. Seine blutenden Hände lagen auf seinem Schoß. Er hatte die Hände wie Jesu. Die Stigmen erinnerten ihn vage daran. Das Leiden, mit welchem er sich identifizieren konnte. Der Wind rauschte durch die Wipfel, traurig sangen sie Lieder. Requien – für ihn erdacht. Die Schatten hatte sie ihm gewidmet. Denn sie wussten, früher oder später würde er ihnen ganz gehören. Er würde ihnen nicht entkommen können. Und nun tanzten sie bedächtig im Takt des Sturms, sie mussten nur warten. Nur warten, denn er würde ihnen schon selbst ins Netz laufen. Niemand würde ihn retten können. Da war niemand mehr, dass wussten sie selbst. Sein Zittern wurde immer stärker. Das Blut wollte einfach nicht gerinnen und bahnte sich weiter den Weg. Er hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Er wollte plötzlich aufstehen, doch gehorchten ihm seine Beine nicht mehr. Seine Hände griffen blind nach Halt am Baum, doch glitten sie an der rauen Rinde ab, was die Schmerzen noch stärker aufflammen lies. ~ .. wo niemand ist, wird dir nicht geholfen ... die Schatten werden dich holen.. stirb, stirb! .. ~ Wie ein gehetztes Tier versuchte er sich hoch zukämpfen, begann von neuem angestrengt zu keuchen, doch es war aussichtslos. Immer wieder krallte er sich mit den Fingerkuppen an der Rinde fest, was zu noch mehr Blutverlust führte. Der Regen schien ihn einzukreisen, der Wind fegte wie eine Scharr Messer über ihn hinweg. Er spürte wie alles ihn niederdrücken wollte. Er sah es schon, wie die Schatten ihn zu Boden pressten und in ihn eindrangen, um ihn einzunehmen und vollständig zu töten. Er zitterte, da er zu verlieren drohte. Sein Blick trübte sich und schon rannen Tränen über seine Wange, vermischten sich mit dem Regenwasser, welches in kleinen Rinnsalen über sein Gesicht strömte. Und letztendlich verbanden sie sich mit seinem Blut und dem Wind, der ihm alles zu nehmen schien. Er zitterte, da er weinte. Still, ohne laut. In einem leeren Park, mitten im kalten Regen. ~ .. Blut und Tränen, um den Schmerz ertragen zu können, .. um nicht im Regen ertrinken zu müssen .. doch früher oder später werde ich in meinem eignen Blut und den Tränen ertrunken sein .. ~ Er zitterte, da er wusste, dass sein Kampf umsonst war. Denn da war niemand mehr .. Nur noch die Schatten, der Wind und der Regen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)