High-School-Crash-Kurs von Himeka ================================================================================ Kapitel 3 --------- Und endlich sah Yashiro ihn an. Entgeistert, verblüfft, aus dem Zusammenhang gerissen. Als hätte man ihm einen Becher kaltes Wasser über den Kopf gekippt. „Du... fühlst dich zu mir hingezogen?“, wiederholte er tonlos. „Zu mir? Ausgerechnet zu MIR?“ Er starrte ihn an, seine schwarzen Augen waren kaum zu lesen, schwarz spiegelten sie nur Kojirôs leicht gerötetes Gesicht wider. „Und das sagst du mir einfach so? Ins Gesicht? Ist dir das nicht peinlich? Immerhin bin ich ein Junge... wie du auch!“ Ruhig. Sachlich. Ohne Vorwurf. Kojirô wurde noch ein bisschen röter... „Warum sollte ich um den heißen Brei herum reden? Das sind meine Gefühle und...“ Jetzt wusste er nicht mehr, was er sagen sollte. „Und?“, hakte Yashiro nach. „Und... ach ich weiß auch nicht...!“ Es war zum Verzweifeln. „Ich weiß nicht, aber ich kann dich einfach nicht zurückweisen.“ Hatte er darum vielleicht gebeten? Dass er es nicht tat? „Toll.“, murrte er. „Ich will keine Bindung.“, erklärte er etwas lauter. ,,Weder körperlich, noch geistig, noch irgendwie anders.“ Er wandte seinen Blick wieder zum Tisch. Was sollte er jetzt davon halten. Da befand er sich mit jemandem in einem Zimmer, der ihm indirekt seine Zuneigung gestanden hatte, und tat nichts dagegen. Super. „Ich glaube nicht, dass du mich magst.“, sagte er dann plötzlich, begann zu lächeln. In seine Augen trat ein irres Funkeln. „Ich bin nicht, wie du denkst. Du kennst mich nicht. Du weißt rein gar nichts von mir. Nichts. Du würdest mich sicher nicht mal mehr ansehen, wenn du ES wüsstest...“ Unbewusst strichen seine Finger über die wie immer verdeckten Narben an seinem Unterarm. Ja, Kojirô wusste gar nichts. Nichts, niente, überhaupt rein gar nichts und da behauptete der andere, dass er ihn mochte? „Du bist verrückt.“ „Warum sagst du so was? Wenn du mir nichts von dir erzählst, kann ich auch nichts über dich erfahren... Und übrigens, ich denke einfach nicht, dass ich dich irgendwann hassen oder abweisen könnte, egal wie deine Vergangenheit oder Zukunft aussieht.“ Kojirô hoffte, dass das jetzt deutlich genug war. Warum musste Yashiro nur an allem und jedem zweifeln? „Und eine andere Grundeinstellung meinerseits ist, andere Leute zu nichts zu zwingen. Wenn du mir nichts sagen magst, akzeptiere ich das.“ Kojirô hatte das Gefühl, diesen letzten Satz noch bitter zu bereuen. „Freut mich zu hören.“, erwiderte der Schwarzhaarige und sein Lächeln wurde breiter. „Glaub mir, ich würde dir auch nichts sagen. Es ist unwichtig. Völlig unnötig, dass du es erfährst.“ Ja. Das war richtig so. Stoße ihn von dir, verletze ihn, wenn es sein muss. Yashiro hob die Hand und deutete auf den Tisch. „Du wolltest Mathe lernen, also...“ Kojirô bereute diesen letzten Satz seinerseits wirklich. Aber das entsprach nun mal seiner Natur. „Ach ja, Mathe...“ Leicht verplant begab er sich auf die Suche nach seinem Buch. Er hatte sich dort einige Problemstellen angestrichen. Nachdem er alle Fächer seines Schrankes durchsucht hatte, fand er das Buch schließlich im untersten Fach. „OK, dann lass uns anfangen...“ Traurig und mit gesenktem Blick ging er auf den Tisch zu und setzte sich gegenüber Yashiro. Dieser machte keine Anstalten, etwas zum Trost zu sagen, auch wenn in ihm alles danach schrie. Er konnte es irgendwie nicht sehen, dass der andere traurig war, nicht mehr lächelte. Und trotzdem... Mit stoisch unbeteiligter Miene und einer Engelsgeduld erklärte er dem anderen die Fragen. Bis er um Elf schließlich ging. Irgendwie hatte er nicht so dass Gefühl, dass es etwas gebracht hatte. Er hatte Kojirô verletzt und ihm das Lachen vom Gesicht gewischt mit seiner direkten Art, Gleichgültigkeit zu vermitteln. Toll. Und jetzt hatte er deswegen auch noch ein schlechtes Gewissen. Besser ging es ja gar nicht! Yashiro erklärte ihm die ganze Zeit geduldig seine Fragen. Bei Kojirô rauschte allerdings alles vorbei. Als er sich fragte, was er gelernt hatte, musste er sich eingestehen, dass er Yashiro gar nicht hatte zu hören können. Alles ging an ihm vorüber. Als Yashiro dann schließlich um Elf ging, verabschiedete Kojirô ihn und ließ sich dann auf sein Bett fallen. In Gedanken ging er den Abend noch mal durch. Er hatte so schön angefangen, aber das Ende war... irgendwie unbefriedigend. Kojirô wusste auch nicht warum, aber er hatte endlich das Gefühl gehabt, etwas mehr über Yashiro erfahren zu können. Na ja, da konnte man nichts machen. Diese vielen Gedanken schwirrten in Kojirôs Kopf und er schaffte es schließlich unter dröhnenden Kopfschmerzen einzuschlafen. Am nächsten Morgen wachte er auch mit Kopfschmerzen auf, allerdings waren sie dumpfer. Er machte sich auf den Weg zum Bad, um danach in die Klasse zu gehen. Dort würde er Yashiro wieder sehen. Nach dem gestrigen Abend wusste Kojirô nicht, wie er sich ihm gegenüber verhalten sollte. Yashiro saß da wie immer, als wäre nie etwas geschehen. Er hatte beschlossen, dass es besser so war. Besser Kojirô war jetzt enttäuscht, ein wenig, als wenn er später aus allen Wolken fiel. Und ihm selbst würde es besser gehen, wenn er sich nicht band, wenn er sich nicht ständig mit Parallelen aus seiner Vergangenheit konfrontiert sah. Da hatte Kojirô nun mal die A-Karte gezogen. Allerdings... Er war heute so schlecht gelaunt, dass er im Englisch-Unterricht aufgrund einer patzigen Antwort rausflog. Es war ihm egal. So ging er an diesem Tag einfach ein bisschen früher nach Hause. Und nachdem er am Montag gar nicht erst aufgetaucht war, fiel er fast aus allen Wolken, als er sich damit konfrontiert sah, dass sie heute nach Osaka fahren wollten. Ausgerechnet! Ausgerechnet dahin! Er drehte sich um, wollte gehen, aber der Lehrer hielt ihn auf, bugsierte ihn in den Bus. Pech. Kein Entkommen... Nun war der Tag also gekommen. Die Reise nach Osaka. Unter anderen Umständen wäre Kojirô echt froh gewesen. Aber er konnte Yashiros Zurückweisung einfach nicht verdauen. Er wusste selbst nicht, warum er sich damit so schwer tat. Früher wäre so etwas niemals ein Problem für ihn geworden. Er hatte immer schnell Leute um sich, die ihn aufmunterten. Aber jetzt konnte er es einfach nicht ertragen, nicht bei Yashiro. Er verstand selbst nicht, dass er so starke Gefühle für Yashiro entwickelt zu haben schien. Er setzte sich allein in eine Reihe des Busses, in der Hoffnung, dass sich niemand neben ihn setzen würde. Das würde er jetzt nicht aushalten. Er war der letzte, der einstieg. Es waren noch genau zwei Plätze, die frei waren. Der Lehrer nahm ihm jedoch die Entscheidung ab, wohin er sich setzen sollte. Direkt hinter Kojirô, schräg, so dass er ihn im Blick hatte... Verdammt. Der Bus fuhr los, doch keine Spur von Ruhe in ihm. Er hatte Angst vor dem Wiedersehen in Osaka. Was, wenn er einem von früher begegnete. Was, wenn er IHR begegnete? Oder IHM? Was würde er tun? Wie reagieren? Würde er... wieder... Angst breitete sich wie ein Geschwür in ihm aus. Er musste hier raus! Die Fahrt dauerte knapp drei Stunden. Kojirô stellte sich die gesamte Zeit schlafend und versuchte an nichts zu denken. Er hatte keinerlei Verbindungen mit Osaka. Das einzige Mal, dass er dort gewesen war, war in den letzten Ferien. Als der Bus dann endlich anhielt, stürmten die Schüler nach draußen. Kojirô wartete, bis die größte Menge ausgestiegen war, und erhob sich von seinem Platz. Beim Hinaustreten auf den gang stieß er mit Yashiro zusammen, murmelte ein „Entschuldigung“ und blickte auf den Boden. Er konnte ihm einfach nicht in die Augen schauen. Yashiro blieb seinerseits wie angewurzelt stehen. Kojirô nutzte die Gelegenheit, ging an ihm vorbei und stieg aus. Die frische Luft tat ihm nach der Fahrt gut. Hinter ihm trat nun Yashiro aus dem Bus. Kojirô warf einen kurzen Blick auf ihn und erschrak. Yashiro sah aus wie ein Geist! Grässlich! Was hatte der Junge während der fahrt nur gemacht? Bei dem Schummerlicht im Bus war es Kojirô vorher nicht aufgefallen. In der Tat war Yashiro blass wie ein Laken. Er zitterte leicht, seine Augen irrten unstet durch die Gegend, verharrten nirgends und überall. Im Grunde wollte er nur weg von hier. Weit weg. Der Bus hatte vor dem Osaka-Schloss gehalten, das sie besichtigen wollten. Danach hätten sie dann wohl Freizeit... Zeit zum Nachdenken... Yashiro schwindelte, hielt sich an der Seite des Busses fest, um nicht auf die Knie zu fallen... Einer der Lehrer kam zu ihm, legte ihm die Hand auf die Schulter und wollte wissen, was los war, doch er schlug sie zur Seite. „Lassense mich in Ruhe!“ Seine Augen blitzten und er stieß sich von dem Bus ab. „Is ja nicht so, als wär ich krank oder so.“ Damit steckte er die Hände in die Hosentaschen und ging auf den Eingang zu. Auf seinen Lippen lag ein leises, ungutes Lächeln, das ihm eine Note kalter Unberechenbarkeit verlieh. Auf seinem Weg kam er auch an Kojirô vorbei, der ihn wie alle anderen, die sein Statement gehört hatten, anstarrte. Das Lächeln wurde etwas breiter. „Gibts ´n Problem?“ Und schon war er an ihm vorbei und verschwand im schloss von Osaka. Kojirô beobachtete die Konfrontation Yashiros mit dem Lehrer. Was war nur mit ihm los? Er war total angepiekst und als er an Kojirô vorüber ging, umspielte ein gruseliges Lächeln seinen Mund. Dann verschwand er im Schloss. Kojirô schüttelte erstaunt den Kopf und folgte ihm unauffällig. Er dachte zumindest, es sei unauffällig, aber nach ein paar Metern drehte Yashiro sich um und sah Kojirô mit einem Blick an, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. /Er scheint unter Stimmungsschwankungen zu leiden.../, dachte Kojirô bei sich. Es würde ihm wahrscheinlich besser tun, Yashiro einfach in Ruhe zu lassen, doch das konnte er jetzt einfach nicht. „Was willste von mir?“, fragte Yashiro kühl. „Ehmmm...“, Kojirô fing an zu stottern. „Äh... Also, ich wollte dich fragen, ob wir uns das Schloss nicht vielleicht zusammen anschauen wollen?“ Ein... unerwartetes... Statement. Zusammen angucken... „Brauchste ´n Fremdenführer, ja?“, antwortete der Schwarzhaarige und zuckte dann mit den Schultern. „Komm mit, wennste des willst, aber halt mich nich´ auf!“ Damit drehte er sich um und ging weiter. Seine angespannten Nerven waren voll und ganz auf seine Umgebung konzentriert, achteten auf die Menschen um sich herum, behielten auch Kojirô unter Beobachtung, der ihm trotz versteckter Warnung folgte. Im Schloss war es kühl, angenehm kühl, aber trotzdem schwitzten seine Hände, waren sie feucht und klamm. Überhaupt war ihm kalt. Doch das war ihm nach außen hin nicht anzusehen. Das Lächeln auf seinem Gesicht war wie ein Schutzschild für sein aufgewühltes Inneres. Einer der Lehrer kam plötzlich angelaufen. ,,Ihr könnt nicht einfach...“ Ein einziger kalter Blick von Yashiro brachte ihn zum Verstummen. „Sie ham mich hergebracht, jetzt lebense auch mit den Konsequenzen.“, war die abfällige Antwort, bevor er durch eine Tür ging, die sich hinter ihm und Kojirô schloss. Der Lehrer folgte ihnen nicht, wusste er doch, dass Yashiro sich hier auskannte. Außerdem konnte er die anderen Schüler nicht allein lassen. Nun war Kojirô also allein mit ihm. Dieser Junge überraschte ihn immer wieder. Schon allein der Dialekt, in den Yashiro verfallen war, seit sie hier waren. Kojirô bekam langsam das Gefühl, dass Yashiro mehr mit diesem Ort verband. Er ging schnurstracks die Gänge lang und antwortete nebenbei auf Kojirôs Fragen. Widerwillig, aber er tat es. Sie schafften es, das gesamte Museum in einer Stunde zu durchlaufen. Nun blieb nur noch das Café und der Aussichtsturm. Kojirô wollte sich beides unbedingt anschauen. Jetzt musste er nur noch Yashiro davon überzeugen, ihn zu begleiten. Allein hatte er nämlich keine Lust. „Yashiro, hast du Durst? Magst du mit ins Café kommen?“ Von Yashiros Seite kam ein Gegrummel, was nicht sehr zustimmend klang. Kojirô überhörte das, und schleifte ihn zum Café. Sobald sie sich hingesetzt hatten, kam auch schon die Bedienung. „Ein Kaffee und ein Wasser, bitte.“ Das Mädchen nickte, verbeugte sich und verschwand, nachdem sie sich alles notiert hatte. Yashiro starrte unterdessen abwesend aus dem Fenster und verwünschte die ganze Welt. Bis sie wiederkam und das gewünschte brachte. „Hier, bitte, Ihr Wasser.“, sagte sie und Yashiros Kopf fuhr herum, erkannte er doch die Stimme, die eine gärende Wut in seinem Bauch weckte, wieder. Sie war es tatsächlich! SIE! Er sprang auf, dass der Stuhl hinter ihm zu Boden ging und starrte sie an. Sprachlos. In seinen Augen blitzte und funkelte es, glomm die Wut. Der Hass. Und dann erkannte auch sie ihn. „Yashiro...“ Ihre Stimme war leise, fast ängstlich und sie machte einen Schritt zurück. Er antwortete nicht, ging im Kopf noch einmal durch, was genau er alles am liebsten mit ihr machen würde... angefangen bei Schlagen bis zu in nasses Leder wickeln und trocknen lassen. Kojirô zuckte bei dem Knall, den Yashiros fallender Stuhl verursachte, zusammen. Was war denn jetzt schon wieder los? Dieser kalte Blick aus seinen Augen... oder war es eher Wut und Hass? Kojirô blickte verwirrt zwischen der Bedienung und seinem Freund hin und her. Im nächsten Augenblick wollte Yashiro auf das Mädchen zustürmen. Kojirô war schneller, packte ihn und hielt ihn fest. Da kamen die zwei Jahre Altersunterschied zum Vorschein. Er packte ihn so an den Armen, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. „Yashiro. Hättest du die Güte, mir zu erklären, was hier gerade los ist?“ „Lass mich los!“, grollte der Schwarzhaarige und versuchte sich loszureißen, während das Mädchen immer weiter zurückwich. Aber es hatte keinen Sinn, Kojirô war stärker, größer und äußerst geschickt im Umgang mit Schwitzkästen, wie es schien. Er gab seinen Widerstand auf, begnügte sich damit, dem Mädchen hinterher zustarren. „Du kannst dich nich´ verstecken, Miwako!“, grinste er. „Ich find dich ja doch! Wirste sehen!“ Seine Selbstbeherrschung hatte sich nun endgültig abgeschaltet, aus seinen Augen sprach pure Mordlust. Kojirô konnte nicht fassen, dass diese Person wirklich Yashiro sein sollte. Er war wie ausgewechselt. Das Mädchen wich die ganze Zeit immer weiter zurück, zeigte das sie Angst hatte, doch er tyrannisierte sie weiter, bis sie in den Teil des Cafés rannte, der nur für das Personal bestimmt war. Kojirô hielt ihn noch einige Minuten im Schwitzkasten und ließ ihn dann los, in der Hoffnung, dass er nicht wie von der Tarantel gestochen, losrennen würde. Yashiro machte danach keine Anstalten, sich wieder auf seinen Platz zu setzen, also bezahlten sie und gingen nach draußen. Frische Luft wäre für Yashiro in dieser Situation wahrscheinlich das Beste. Und die ganze zeit über sagte Yashiro keinen Ton, als hätte er die Sprache verloren. Nur sein Gesicht spiegelte wider, dass er noch immer nicht beruhigt war. Allerdings wusste er auch, dass Kojirô ihn wahrscheinlich wieder einfangen würde. Yashiro warf dem Jungen neben sich einen giftigen Blick zu. „Warum haste mich aufgehalten? Ich hätt’ sie zerpflückt!“ „Weil ich nicht möchte, dass du irgendjemanden ´zerpflückst´!“ Die Laune Yashiros ging nun auch auf Kojirô über. „Du kannst doch nicht mitten in einem Café einfach über ein Mädchen herfallen! Was hast du dir denn dabei gedacht?“ „Mir doch egal, ob´s ´n Café is oder ´n Bahnhof! Sie hat´s verdient!“, fauchte er, die Augen nur noch Schlitze. „Sie hätt’ noch viel mehr verdient, als nur ne Abreibung!“ „Würdest du mir erklären, was zwischen euch beiden passiert ist? Ich versteh ja nicht mal, was da gerade im Café abgelaufen ist.“ „Musste auch nich´! Das geht dich nämlich gar nich´s an!“, schnappte Yashiro zurück, drehte sich um und stampfte von dannen. Okay, so hatte Kojirô sich das nicht vorgestellt. „Hey, jetzt warte doch mal!“ Er ging Yashiro hinterher. „Ich möchte mehr über dich erfahren. Und gerade ist ein ziemlich guter Zeitpunkt dafür!“ „Ach, findste?“ Yashiro blieb wieder stehen, sah ihn an und plötzlich wurde sein Blick überheblich. „Und du denkst, dassde mit dem fertig wirst, was ich dir sag?“ „Ja, denke ich!“ Jetzt würde Kojirô nicht kneifen. Er würde die Gelegenheit jetzt beim Schopfe packen. „Da haste Pech! Ich sag´s dir nich´!“ Und schon stapfte er weiter, immer in Richtung Innenstadt. Was interessierte es ihn, dass er vorhin nicht an sie rankam? Dann ging er halt zu ihr nach Hause und wartete da auf sie! Er würde seine Rache bekommen! Warum war dieser Kerl nur so stur? Dieser Gedanke beschäftigte Kojirô die ganze Zeit. Er lief einfach immer hinter Yashiro her. Nun sprach er seine Gedanken einfach aus: „Warum musst du so verdammt stur sein? Diese Sache beschäftigt dich! Das merkt man doch! Warum also willst du das alles unbedingt alleine durchstehen?“ „Weil´s doch eh niemand versteht!“, gab der Schwarzhaarige zurück. Das Wissen um die baldige Rache gab ihm die nötige Ruhe, aber auch Kojirôs Präsenz war in dieser Richtung hilfreich. Nur musste er sich noch etwas überlegen, um ihn im richtigen Moment loszuwerden! „Ach wirklich? Ist es nicht eher so, dass du gar nicht zulässt, dass es irgendjemand versteht?“ Yashiro blieb abrupt stehen. Da war sie wieder, seine Wut. Hallo! Freude! Glorie! „Du hast doch keine Ahnung!“, rief er. „Sie ham´s alle gewusst; was los war, sie ham alles gewusst! Und das einzige, was sie machen, is mich wegschicken, um mir Ruhe zu gönnen! Sie ham´s nich verstanden! Sie waren ja auch nich betroffen! Du auch nich!“ Das alles sprudelte fast ohne Punkt und Komma aus ihm heraus, als gäbe es kein Entrinnen. „Wie kann ich denn betroffen sein, wenn du mir nicht erzählst, was los ist?“ Langsam wurde auch Kojirô wütend. „Ich möchte dich nur dran erinnern, dass ich gar nichts weiß. Niente. Nada. Nothing. Ich kann leider noch nicht deine Gedanken lesen, also musst du schon mit mir reden.“ Es regte ihn gerade tierisch auf, dass Yashiro so tat, als wäre er ein Niemand. „Wie kannste betroffen sein, wennste nich dabei warst?“, äffte Yashiro den Tonfall des Älteren nach. „Du verstehst nich mal, dass du´s nich wissen sollst!“ „Okay, dann verstehe ich es eben nicht! Aber ich merke, wie es dir zu schaffen macht!“ Hatte er keine besseren Argumente?! „Ach verdammt, dann lass es doch bleiben!!!!!“ Nun war seine Wut vollends durchgebrochen. „Du kannst mich mal! Warum mach ich mir eigentlich Gedanken über einen Kerl wie dich? Ich hab doch ehrlich gehofft, dir helfen zu können!“ Diese Sätze konnten sogar die Leute in der nächsten Querstraße noch hören. Kojirô schrie nur so alles aus sich heraus. Danach ging es ihm deutlich besser. Yashiro empfand jetzt glatt so etwas wie Erleichterung, als der andere Kleinbei gab. „Mir kann keiner helfen.“, sagte er im Brustton der Überzeugung, als er sich umdrehte. Irgendwo hier war doch... Er fand die belebte Einkaufsstraße auf Anhieb und tauchte in der Menge unter, bevor Kojirô noch reagieren konnte. Danach machte er sich auf den Weg zum Haus der verhassten Zwillinge, wo er geduldig wartete. Schon nach einer knappen Stunde tauchte Wataru auf, doch ins Haus kam er nicht. Gerade als er durch die Tür treten wollte, sah er Yashiro an der Wand lehnen. „Wohin des Wegs?“, fragte der Schwarzhaarige. „Hallo, Wataru, erinnerste dich noch an mich?“ Der Junge mit den gebleichten Haaren blieb wie angewurzelt stehen. „Yashiro...“ „Es freut mich zu hören, dassde mich nich vergessen hast. Wie ist es, erinnerste dich auch noch an ihre Schreie oder haste die dann doch verdrängt?“ „Yashiro, was tust du hier?“ „Ob dus glaubst oder nich, ich will Gerechtigkeit!“ Er stieß sich von der Wand ab und kam auf ihn zu. „Gerechtigkeit, die man uns verwehrt hat!“ Immer näher kam er. „Sie... du hast sie umgebracht, dafür wirste leiden! 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