Station 92 von Rici-chan (RenxHoro! ~abgeschlossen~) ================================================================================ Kapitel 11: Bittere Wahrheit ---------------------------- Kapitel 11: Bittere Wahrheit >11. Sie können sich an ihre Familien wenden…< „Horohoro-kun! Wie geht’s es dir so?“ „Ah, Tamara! Jo, gut, und dir?“ Er saß wie nun so oft auf Rens Bett, während der Chinese las. Er selbst zog sich nun alle möglichen Fernsehshows rein, die er bis dato noch nicht gekannt hatte. Die rosahaarige Pflegerin war noch in der Ausbildung, schien außerdem etwas schüchtern zu sein. Der Schwarzhaarige neben ihm hob nur die Hand zum Gruß; danach widmete er sich wieder seiner Lektüre. Horo kannte diese bis heute ebenfalls nicht. Der dunkle Turm, ein Roman in sieben Bänden. Der Ainu verstand die Begeisterung mit der Ren dies las nicht, aber er lies ihm sein Tun. „M-mir geht’s auch gut… Ich hab gehört du kannst vielleicht bald wieder heim?“ Nun horchte der Chinese auf, auch wenn keiner der beiden die sprachen das mitbekam. Horo wurde leicht verlegen. „Na, wirklich nur vielleicht. Doktor Faust muss nochmals mit meinen Eltern sprechen. Theoretisch brauch ich nur die Dialyse…“ „Verstehe… ich würde dich vermissen wenn du gehen müsstest, du machst immer irgendetwas was Anna-san aufregt.“ Horo ließ den Kopf hängen. „Leider…“ Danach unterhielten sie sich lachend darüber, dass Horo Anna zur Weißglut gebracht hatte, indem er aus versehen auf der Flucht vor Ren (den er mal wieder zur Weißglut gebracht hatte) etwas umgeschmissen hatte. Ren hörte dem ganzen gar nicht mehr zu, starrte nur noch auf die Wörter vor ihm ohne richtig die Buchstaben wahr zu nehmen. Horo, vielleicht bald weg? Ren konnte sich das überhaupt nicht vorstellen. Der Blauhaarige schien hier her zu gehören, schien inzwischen zu ihm zu gehören, ließ er ihn doch keine Minute in Ruhe und klebte doch förmlich an ihn. Wieso hatte er ihm das nicht gesagt? Vielleicht standen sie sich doch nicht so nahe, wie er erst den Verdacht hatte. Er hatte sich selbst zwar eingeredet, dass sie keine Freunde waren, aber was schnürte ihm die Brust jetzt so zu…? „Ren…?“ „Mhh..?“ Er wirkte etwas aus seinen Gedanken aufgeschreckt, merkte erst danach das Horo ihn ansprach, und das die rosahaarige Pflegerin gegangen war. „Was…?“ „Ist das Buch so spannend? Ich habe dreimal deinen Namen gesagt, bis zu reagiert hast…“ Ren seufzte, legte sein Lesezeichen zwischen die Seiten und klappte das Buch zu. „Na, nicht wirklich…“ „Wollen wir da wieder zu diesem Kurs gehen? Diesmal vielleicht Seidenmalerei oder so was…“ „Geh doch alleine.“ Ren erwartete Widerworte, es kamen aber keine. „Geht’s dir wieder schlecht?“ Die Frage kam direkt und kein bisschen zögerlich. Rens Augen weiteten sich erst kurz, bevor er sich blitzschnell entschied das ganze anders zu handhaben. „Nein, wieso fragst du?“ „Letztens bist du gegangen, weil du Schmerzen hattest…“ „Woher willst du das wissen…“ „Na, ich hab dir nachgesehen als du raus gegangen bist…“ Ren funkelte ihn böse an. „Schon einmal etwas von Privatsphäre gehört?“ „Darf ich mir keine Sorgen machen?“ „Nein, schließlich hast du mir auch nicht gesagt, dass du vielleicht gehst.“ Horo sah ihn erstaunt an. Den Ton kannte er noch gar nicht von den Schwarzhaarigen. Aber nach den Worten zu urteilen, und wie er ihn ansah… war er etwa enttäuscht, weil er das nicht sagte? „Sag bloß du wolltest es wissen.“ „Stell dir vor…“ „Wer von uns beide behauptet den, dass wir keine Freunde wären?“ „Was hat das denn nun damit zu tun? Ich hätte mich nur gefreut wenn du die Güte gehabt hättest mir das persönlich zu sagen. Aus reiner Höflichkeit.“ „Seid wann legst du denn darauf wert?“ Ren antwortete nicht. Er sah den Ainu nur weiter mit seinen goldenen Augen kühl an. „Hast du jetzt nichts mehr zu sagen?!“ Ren sah ihn noch kurz an. Horo regte sich wirklich auf. Aber anstatt ihn wie sonst von der eigenen Meinung zu überzeugen stieg Ren aus dem Bett, nahm sein Buch mit und verließ einfach den Raum. Horo hampelte hinterher. „He, ich rede mit dir!“ Es war wo doch der falsche Weg gewesen, ihn so wegen ihrer nicht ausgesprochenen Freundschaft zu befragen. Er hatte schlichtweg vergessen es Ren mitzuteilen, dass er vielleicht gehen würde. So, wie er sich aber körperlich und geistig fühlte, wird das wohl aber nicht passieren. Ren ging mit stetem Schritt den Gang entlang, der sowohl aus der Station als auch zur Bibliothek führte. Horo ging ihm hinterher. Er versuchte ihn nicht zu beachten und richtete seine Aufmerksamkeit auf die halb angelehnten Türen neben sich. Er stoppte, als er durch einen eben dieser ein Meer von Blau sah. Horo hatte das nicht erwartet und prallte halb gegen den Chinesen, hielt sich dann an dessen Schulter fest um nicht nach hinten zu kippen. „Was zum-…!“ Er unterbrach sich, als Ren die Hand hob. Dann bemerkte auch er die Worte und erahnte, wer sich hinter den Türen befand. „…das hätten sie uns wirklich eher sagen müssen…“ Das war eindeutig die Stimme von Doktor Faust. „Aber wir dachten, dass es nicht so wichtig wäre…“ Die Stimme klang zu Horo vertraut; sie war weiblich. Dennoch wollte ihm nicht einfallen wer es war. Sei Gehirn schien einen Aussetzer zu haben. „Nicht wichtig?“ Doktor Fausts Stimme wurde scharf. „Hier geht es um das Leben ihres Sohnes. Wenn er angenommen ist, interessiert uns das natürlich. Besonders in Punkto Spendern…“ „Na gut… aber wir hatten auch Angst, dass er es mitbekommen würde… er ist so naiv, fast kindlich, zu kindlich für sein Alter… Meine Ehemann und ich hatten beschlossen es ihm zu sagen wenn er reifer ist…“ Horo hatte genug gehört. Und vieles ergab nun Sinn. Er ließ Rens Hand los, vergaß den kleinen Streit und schritt fast gespenstisch leise an ihm vorbei. Ren sah erst noch auf den Türspalt, dann auf den breiten Rücken des Blauhaarigen. Er konnte fühlen wie er sich fühlte. Als würden sie sich im Moment eine Seele teilen. Kurz danach musste er seine Aufmerksamkeit aber wieder der Tür zuwenden, da diese geöffnet wurde und ein gewisser Arzt hinausschaute. Was sollte er jetzt machen? Der Blauhaarige hatte sich zurückgezogen. Aber wohin sollte er gehen? In dem Zimmer hätte er sie gleich wieder getroffen. Und so fiel ihm nur ein Raum ein, wo er vielleicht kurzzeitig die Einsamkeit bekam, nachdem sein Verstand verlangte; Die Bibliothek. Hier zog sich der Chinese sonst zurück, und zum ersten Mal verstand der Ainu auch seine Beweggründe. Hier war sonst keiner, meistens, sodass man seine Ruhe hatte. Nun waren die Fenster geöffnet und eine leichte Brise kam herein, während die Ahornblätter der Bäume unbewegt dalagen. Er saß auf den etwas kühlen Boden und lehnte seinen Rücken an einem der Bücherregale an. Er konnte die Buchrücken spüren, hinter ihm schienen ein paar richtig dicke Wälzer zu sein. Wieso bekam er das erst jetzt mit? Er wusste nicht, über was er mehr erbost sein sollte. Das seine Familie, wobei das wohl nur seine Eltern waren, Pilica konnte kaum darüber bescheid wissen, ihm nicht sagte das er ihr richtiger Sohn war, oder das sie ihn für zu naiv hielten, um es ihm zu sagen. Vielleicht war er naiv gewesen, nun aber sicher nicht mehr. Er war immer noch fröhlich und lachte, klar. Aber er hatte Ren kennen gelernt und so viele andere hier, die jeden Tag bestritten, trotz Schmerzen, trotz der ständigen Angst vor dem Tod, der Allgegenwärtig war. Gegen diese Größe, die hier selbstverständlich schien, fühlte er sich klein. Er war auch teilweise neidisch gewesen. Nicht auf die Schmerzen, sondern einfach darauf wie sie mit der ganzen Sache umgingen, richtig erwachsen. So war er nicht. Noch nicht. Aber er hatte sich verändert, schon alleine das er sich damit beschäftigte, Herrgott, er hatte sich hier sekündlich verändert! Das war aber nur ein Teil dessen, was ihn wurmte. Er hatte bereits geahnt, nicht so zu sagen gewusst, dass er angenommen war. Als er als kleines Kind nicht schlafen konnte wollte er sich zu seinen Eltern stehlen und dort im Bett schlafen – seine Eltern waren zwar noch wach, schienen aber über eine ernste Angelegenheit zu reden. Dort bekam er mit – noch zu klein um es zu verstehen – das sie anscheinend nicht seine richtigen Eltern waren. Er hatte sich wieder in das eigene kleine Bett verzogen, seine Kleine Schwester, noch ein Baby, war sogar in dieser Nacht ruhig. Er hatte sich damals an sein Kuscheltier gedrückt und hatte sich einsam gefühlt, konnte er die Bedeutung dessen doch nur erahnen. Mit der Zeit verschwamm die Erinnerung – er konnte sich nicht entsinnen ob das ganze mehr ein böser Alptraum war, oder die reine Wahrheit. Nun wusste er woran er war. „Schmollst du hier?“ Horo horchte auf und fand den Chinesen neben sich. Er war etwas erleichtert nur ihn zu sehen – nicht etwa Faust oder seine Eltern. „Nein.“ Der Schwarzhaarige sah ihn weiter an, worauf der Ainu zur Seite blickte. Ren runzelte die Stirn. Er ging noch einen Schritt und setzte sich neben den Blauhaarigen. Sie saßen nun so nahe beieinander, wie sonst beim Fernsehen. „Du wirkst irgendwie nicht gerade wie jemand, der gerade erfahren hat, dass er nicht der richtige Sohn ist.“ „Wie kommst du darauf?“ „Ich dachte mir du würdest heulen, oder irgendwas kaputt machen. Stattdessen sitzt du hier und starrst Löcher in die Luft.“ „Dann hältst du mich also auch für kindisch?“ Dieser Erkenntnis schmerzte mehr als alles was er gerade erfahren hatte, schließlich war es Ren der so von ihm dachte. „Quatsch, hier ist es egal ob erwachsen oder kindisch, du reagierst wie jemand den seine Familie nicht viel zu bedeuten scheint.“ Horo weitete die Augen geschockt. „Was denkst du den für einen Schwachsinn? Natürlich mag ich meine Familie!“ „Und wieso heulst du hier nicht rum? Hat es dich nicht verletzt?“ Er schien richtig in der Wunde zu bohren. „Natürlich bin ich verletzt!“ Er wäre beinahe aufgesprungen. „Ich bin total sauer weil sie mir das die ganze Zeit verschwiegen haben! Ich mag nicht volljährig sein, das heißt aber nicht, dass ich so was nicht verstehen würde! Sie sind trotzdem meine Familie, ich hab sie lieb und sie haben sich um mich gekümmert … und … und!“ Ihm fielen die Worte, hatte er sich so reingesteigert. Er stoppte aber abrupt, als er etwas sah, fast er wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben wahrnahm. Ren lächelte. Er konnte es nicht fassen. Er lächelte. Ohne das Run hier war, nur wegen ihm, wegen seinem Gerede, wegen was auch immer. Er merkte erst jetzt, dass er den Schwarzhaarigen angestarrt hatte und wendete plötzlich den Kopf ab. Ren schien nun verwirrt, schwebte das Fragezeichen förmlich über seinen Kopf. Vor allem wurde der Ainu jetzt rot. Wie das denn? „Was ist? Du warst doch gerade so beim reden.“ „S-schon gut. Ist nichts.“ „Na, dann ist alles ja prima. Ich würde jetzt aber zu deiner Familie gehen, die wartet. Ich habe gesagt ich sehe nach dir, weil sie dir schon hinterher stürzen wollten.“ Ren stand auf und vergrub die Hände in den Hosentaschen. Horo folgte seinem Beispiel und stand dann neben ihm. „Wie hast du den geahnt, dass ich hier bin?“ Ren zuckte die Schultern. „Intuition. Viele Möglichkeiten gibt es ja hier nicht.“ Danach wand er sich zum gehen. Horo sah auf den Rücken des Schwarzhaarigen, der auf einmal viel breiter wirkte. Im Gegensatz zu seinem ersten Tag hier, wirkte er richtig beherrscht. Und dennoch so viel kleiner als er selbst. Und er hatte ihm hier geholfen, er hatte Worte aus ihm herausgelockt die er sich wahrscheinlich sonst nicht so eingestanden hätte. Er war doch zum knuddeln. Und das tat er auch. Er trat einen Schritt voran und umschlang den Chinesen mit beiden Armen fast zärtlich. Das Gesicht vergrub er in dem schwarzen Haar und drückte sich fast Hilfe suchend an den Kleineren. Vielleicht auch aus Dankbarkeit. Ren stand nur da wie eine Steinsäule. Sein Herz schmerzte auf einmal, aber mehr weil es vor Aufregung viel zu schnell pumpte. Was machte Horo da? Doch bevor er überhaupt noch einen Gedanken in seinem benebelten Hirn fassen konnte, ließ Horo schon wieder los. „Sorry. Aber danke.“ Mit diesen Worten wendete er sich von Ren ab und ging entgegengesetzt aus dem Raum hinaus. Kurze Zeit später fand sich Ren nur zwischen den Büchern wieder, die ihm in diesem Fall nicht sagen konnten warum sein Herz weiter so heftig schlug und ihm der Atem wegblieb. Er war sich aber sicher, dass der Tumor diesmal nicht seine Finger im Spiel hatte. Horo hingegen ging vollends gut gelaunt, fast glücklich den Gang zurück. Er war so glücklich, dass er sich keine Gedanken machte, nicht mal das seine Sicht verschwamm, bis sie vollends schwarz wurde. +-+-+ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)