The Past von abgemeldet (Meine (dunkle) Vergangenheit) ================================================================================ 1. Tag ------ 1. Tag „If I tell you, will you listen, will you stay?“ Schon um fünf Uhr morgens drangen Geräusche aus dem Trainingsraum. Nicht sehr laut, es klang als würde jemand auf etwas weiches einschlagen. Dem war auch so: Arisha hatte trotz ihrer Müdigkeit kein Auge zubekommen, hatte sich deshalb angezogen und war in den Trainingsraum gegangen, wo sie jetzt auf einen Boxsack einprügelte. Ihre Bewegungen waren schnell und flüssig und sie ließ sich ihre Erschöpfung nicht anmerken. Seid einer Stunde war sie jetzt schon hier und sie hatte nicht vor das Training abzubrechen. Die ersten Söldner kamen erst gegen Sechs, solange wäre sie ungestört. Arisha fixierte den Boxsack, als wäre er ihr persönlicher Feind. Ohne Unterlass prasselten die Schläge auf ihn nieder. Das Training weckte sie auf, ließ die Müdigkeit verfliegen, und mit ihr die Angst vor den Träumen, die ihr jetzt so lächerlich erschien. Kurz vor Sechs war sie wieder in ihrem Zimmer und schlüpfte unter die Dusche. Das kalte Wasser ließ den letzten Rest der Müdigkeit verschwinden. Nachdem sie sich abgetrocknet hatte, zog sie sich an, aber andere Kleidung als die in der sie trainiert hatte. Immerhin musste man auf sein Äußeres achten, vor allem bei einer Person wie Lucrezia, die viel für die Politik tat und deswegen am laufenden Band irgendwelche Interviews gab. Arisha schnappte sich die Bürste und begann ihre Haare zu kämmen, als die Tür aufging. Erschrocken fuhr sie herum, aber es war bloß Shareef. „Morgen.“ Sie nickte ihrem Bruder zu, während sie sich die Haare zusammenband, aus praktischen Gründen. „Morgen.“, grüßte er zurück und trat ein. „Wie geht’s dir?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ganz in Ordnung.“ „Ist gestern alles gut gelaufen?“ Sie erstarrte mitten in ihrer Bewegung. Gestern. Sie hatte noch eine Weile warten wollen, bis sie mit ihm darüber redete, aber wenn er sie jetzt fragte konnte sie ihn schlecht abwimmeln. Gestern. Arisha spürte kein Mitleid mit dem Kerl, er hatte es nicht anders verdient und immerhin hatten sie jetzt die Informationen, die sie brauchten. Und die Polizei einen ungelösten Mordfall mehr. Ernst sah sie zu Shareef. „Wäre es nicht gut gegangen wäre ich wahrscheinlich nicht mehr am Leben, oder?“ Sein Gesicht bleib ausdruckslos, wie immer. In den letzten fünfzehn Jahren hatte er nur selten gelächelt und nie gelacht. Es machte sie traurig ihn so zu sehen, aber sie sprach ihn nicht darauf an. Er wusste, dass sie für ihn da war, genauso wie er für sie da war, immer wenn sie ihn brauchte. So wie jetzt. Shareef nickte. „Du hast Recht, es war eine dumme Frage. Entschuldige.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Schon ok.“ Mit einem kurzen Blick zur Uhr griff sie nach ihrem Waffengürtel. Shareef beobachtete ihre Bewegungen genau. „Lucrezia geht mal wieder an die Öffentlichkeit?“ „Ja, sie hat um Acht ein Treffen mit irgendeinem Minister.“ Mit einer schnellen Bewegung hatte sie nach ihrer Jacke gegriffen, welche sie sich jetzt überzog. Ohne ein weiteres Wort ging sie an Shareef vorbei, doch er hielt sie am Arm fest. „Du weißt, dass du mit mir reden kannst, nicht wahr?“ Er sah sie fest an, aber aus ihrem Blick ließ sich nicht erschließen, was sie dachte. „Ja, ich weiß es.“ Sie gab ihn einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Ich hab dich lieb, großer Bruder.“, sagte sie mit einem Lächeln, dann machte sie sich los, verließ den Raum und ließ Shareef allein zurück. Ja, sie wusste es. Außer Shareef gab es wahrscheinlich niemanden, mit dem sie hätte reden können. Und aus ihrer Familie war er der einzigste gewesen, der sich wirklich um sie gesorgt hatte. Sienna, ihre ältere Schwester...wie alt war sie jetzt? Vierundzwanzig? Wahrscheinlich war sie verheiratet mit einem Mann, den sie nur ein oder zweimal flüchtig gesehen hatte. Hätte man sie gefragt, hätte Arisha behauptet, Sienna tue ihr leid, aber wenn sie tief in sich hineinhörte war da nichts. Kein Mitleid, keine Gefühle für ihre Schwester, ein Teil ihrer Familie. Und auch für ihren Vater empfand sie nichts, mehr noch, sie hasste ihn, aus tiefster Seele. Er war derjenige gewesen, der ihr eingeredet hatte, dass sie Schuld am Tod ihrer Mutter war. Er hatte es geschafft, dass die Schuldgefühle an ihr nagten, bis sie gelernt hatte damit umzugehen. Sie verabscheute ihn. Er hatte sie seelisch fertig gemacht, ein fünfjähriges Mädchen, und wäre Shareef nicht gewesen, hätte sie jetzt vielleicht wirklich einen psychischen Schaden. Arisha hoffte, dass ihr Vater noch lebte. Der Tod war zu gut für ihn. Und die einzige weitere Person, die Arisha noch etwas bedeutet hatte, ihre Mutter, war schon lange tot, so lange, dass sie sich nicht einmal mehr richtig an sie erinnern konnte, weder an ihr Gesicht, noch an ihre Stimme. In Arishas Träumen war sie nur ein Schatten. Auf dem Weg zu Lucrezia dachte sie genauer darüber nach. Sie hatte sich geirrt, es gab noch jemanden. Djamila, die für sie wie eine gute Freundin gewesen war, für Shareef sogar mehr, viel mehr. Doch auch Djamila war tot. Kurz vorm „Thronsaal“ kam ihr Kemal entgegen. „Na, auf dem Weg zur Arbeit?“ Sie ignorierte ihn. „He, Sheheresade, ich rede mit dir.“ Keine Reaktion. Er zuckte mit den Schultern und ging weiter. Sie atmete langsam aus und sah stur geradeaus. Manchmal nervte das alles wirklich, doch die Devina war ihre Heimat geworden und sie wollte um nichts auf der Welt hier weg. Und Kemal gehörte ebenso hierher wie die restlichen Prieuéritter. Ohne weitere Zeit zu verlieren betrat Arisha den Raum. Lucrezia schien schon auf sie gewartet zu haben, denn sie lächelte, als Arisha eintrat, aber es war eine Maske, genauso aufgesetzt wie Arishas gleichgültige Miene. Lucrezia wusste, dass sie mit diesem Lächeln bezaubern konnte, sie war eine Schönheit, aber eine, die man lieber aus der Ferne betrachtet. Irgendwo hatte Arisha mal den Begriff „Eiskönigin“ im Bezug auf Lucrezia aufgeschnappt, sie fand ihn passend. Genauso kam sie ihr vor, wie eine Figur aus Eis. Wer ihr zu nahe kam, der starb an der Kälte. Arisha glaubte nicht, dass das alles war, sie behauptete auch nicht zu wissen, was in Lucrezia vorging. Vielleicht, nein, mit Sicherheit war sie völlig anders als sie sich nach außen hin gab. Und wer konnte schon wissen, wie ein Mensch in seinem tiefsten Innern wirklich war? Sie deutete eine Verbeugung an, als Lucrezia sich erhob und auf die Tür zuging. „Sag Simon, er soll den Wagen vorfahren lassen.“ Später am Tag, als sie wieder zurück waren, durchwanderte Arisha ruhelos die Devina und dachte über Gisbert nach. Gisbert Kordal, der Mann, den sie gestern hatte umbringen müssen, nachdem er ihr das verraten hatte, was sie wissen wollte. Sie dachte an seinen Blick, als sie mit der Waffe in der Hand vor ihm gestanden hatte. Er hatte ihr vertraut, sie ihn verraten, aber sie fühlte keine Schuld. Das Einzige, was sie beunruhigt, war das, was er gesagt hatte. Seine Worte verfolgten sie und sie spürte, dass er Recht hatte. Fast wäre sie bei ihren Überlegungen mit Shareef zusammengestoßen. „Entschuldige.“ Sie sah zu ihrem Bruder auf, er war immerhin größer als sie. Dieser schüttelte nur den Kopf. „Ist ja nichts passiert.“ Dann musterte er sie prüfend. „Du hast die letzten Nächte nicht geschlafen, was?“ Sie hätte ihn anlügen können. „Nein.“ „Ruh dich aus.“ Er machte sich Sorgen, sie hörte es aus seiner Stimme. Sie antwortete nicht, aber er verstand sie auch so. Nebeneinander gingen sie in die Richtung, in der ihr Zimmer lag. Auf dem Weg kamen sie an der Cafeteria vorbei. Irgendein Söldner stellte sich ungeschickt an, sein Teller fiel zu Boden und zerbrach. Schlagartig begann sich Arishas Herzschlag zu verschnellern, einen Augenblick lang hatte sie das Gefühl, gleich würde hier alles in die Luft fliegen. Natürlich geschah nichts. In Gedanken schimpfte Arisha mit sich selbst, während sie den Kopf drehte und aus einem Fenster sah. Der Himmel verdunkelte sich jetzt, zur späten Herbstzeit, sehr schnell, die Straßenlaternen waren schon angegangen. Vor ihrer Zimmertür verabschiedete sie sich von Shareef, nachdem sie ihm versprochen hatte, dass sie sich wirklich ausruhen würde und sich nicht wieder einen Boxsack suchte. Er hatte es also mitbekommen. Sie betrat das Zimmer und schaltete das Licht an. Dann zog sie sich das Haargummi aus den Haaren und schüttelte kurz den Kopf etwas, bis ihr die Haare wieder über die Schultern fielen, wie sie es sonst auch taten. Arisha legte sich aufs Bett, die Arme hinterm Kopf verschränkt, und starrte an die Decke. Sie wusste, was passieren würde wenn sie einschlief. Eine halbe Stunde später öffnete sich die Tür kurz. Shareef schaltete das Licht aus, nachdem er einen kurzen Blick auf seine Schwester geworfen hatte, die tief und fest schlief. „Hey, Arisha!“ Das junge Mädchen drehte sich um, dann strahlte sie auf einmal über das ganze Gesicht. „Myriam!“ Sie lief zu ihrer Freundin, die sich in den Sand gekniet hatte. Myriam hatte sich zum Schutz gegen die Hitze ein Tuch um den Kopf gebunden, sie hielt eine blaue Feder in der Hand. „Sieh mal!“ Arisha ließ sich neben ihr nieder. „Wo hast du die her?“ „Gefunden.“ Myriam grinste. „Gerade eben, als Jaila die Wäsche aufgehängt hat.“ Arisha musterte die Feder. „Von welchem Vogel ist die?“ „Keine Ahnung. Jaila konnte es mir nicht sagen. Was denkst du, weiß dein Bruder es?“ Arisha verzog das Gesicht. „Der? Vielleicht. Aber er ist in letzter Zeit ganz komisch.“ Myriam legte den Kopf schief. „Wie komisch?“ „Na, komisch halt. Er redet nur noch wenig. Und er lässt mich immer mit Sienna allein.“ Sie stand auf und klopfte sich den Sand aus der Kleidung. Auch Myriam erhob sich. Beide Mädchen waren fünf Jahre alt, sie waren praktisch gemeinsam aufgewachsen. Myriam deutete auf eine Schramme an Arishas linker Hand. „Was hast du da gemacht?“ Hastig versteckte Arisha die Hand hinter ihrem Rücken. „Nichts. Ich bin hingefallen.“ „Es war nicht Rahul?“ Rahul. Wenn sie diesen Namen schon hörte. Rahul war zehn, kam sich furchtbar wichtig vor und war der Anführer einer kleinen Gruppe, die sich häufig einen Spaß daraus machte Myriam und Arisha zu ärgern. „Nein, es war nicht Rahul.“ Myriam fing an zu kichern. „Weißt du noch, als wir ihm das Tuch aufs Gesicht gelegt haben, während er geschlafen hat? Und er ist aufgewacht und hat gedacht er sei blind?“ Auf Arishas Gesicht breitete sich ein schadenfrohes Grinsen aus und wenig später waren die beiden Mädchen lautstark am Lachen...solange, bis Sienna aus dem Haus kam. Sie war ein hübsches Kind, sieben Jahre alt, aber Arisha mochte sie nicht. Sie hatte einfach so wenig mit ihrer Schwester gemeinsam. Sie verstand nicht, was daran erstrebenswert war, stundenlang im Haus zu hocken und zu lernen wie man dieses und jenes tat. Andersherum verstand Sienna Arishas Freude an allem Neuen nicht, vor allem aber, warum Arisha so an Shareef hing. Arisha selbst wusste es nicht einmal. Vielleicht lag es daran, dass er vor einem halben Jahr begonnen hatte ihr Buchstaben beizubringen. Seitdem wich sie fast nicht mehr von seiner Seite und bettelte ständig darum, dass er ihr mehr beibrachte. Für sie war es wie ein Zaubertrick und immer wenn Shareef sich ihrer erbarmte und anfing die Buchstaben in den Sand zu malen, saß sie wie hypnotisiert daneben. „Es ist ganz einfach.“, hatte Shareef ihr erklärt. „Es ist fast wie zeichnen. Du musst es oft genug üben, dann kommen die Buchstaben praktisch von selbst und du musst sie nur noch aufschreiben.“ Anfangs war sie skeptisch gewesen, obwohl die verschlungenen Formen sie fasziniert hatten. „Was soll ich denn damit?“, hatte sie ihren Bruder gefragt. Der hatte nur gelacht. „Du kannst deine Gedanken aufschreiben, deine Gefühle, deine Träume. Und eines Tages...“ er gab ihr einen leichten Klaps auf den Kopf „...eines Tags bist du vielleicht ein Autor.“ Und er hatte ihr versprochen ihr zu ihrem sechsten Geburtstag ein Heft und einen Stift zu kaufen, damit sie üben konnte. Seitdem zählte Arisha ungeduldig die Tage. Aber all das war Sienna unverständlich. Wahrscheinlich wusste sie nicht einmal, dass es Buchstaben gab. „Mum sagt, dass du mit einkaufen sollst.“, sagte sie zu Arisha. Ihr Tonfall war gleichgültig, bei ihr ein deutliches Zeichen der Eifersucht. Arisha grinste. Sie mochte die Märkte, das bunte Treiben und die lauten Stimmen der Verkäufer, die mit Schreien und Rufen ihre Waren anpriesen. Sie drehte sich zu Myriam. „Was ist, kommst du mit?“ „Klar.“ Auch Myriam teilte ihre Begeisterung für die Märkte. Die Beiden liefen an Sienna vorbei ins Haus und griffen sich jeweils eine Hand von Arishas Mutter. Diese musste lachen. „Ihr habt es ja eilig.“ „Klar.“ Arisha sah ihre Mutter mit ihrem unschuldigsten Lächeln an. „Komm schon!“ Sie fragte gar nicht erst, warum Sienna nicht mit durfte, vielleicht spielte ihre Schwester auch einfach nur erwachsen und tat so als wolle sie gar nicht zum Markt. Arisha war es egal. Sie, Myriam und ihre Mutter gingen von einem Stand zum andern und Arisha fand es fast schade, als der Himmel sich dunkel färbte. „Komm schon, Arisha.“ Ihre Mutter drehte sich zum Gehen aber Arisha hatte plötzlich Myriams blaue Feder gesehen, die diese wohl im Trubel verloren haben musste. „Warte kurz.“ Ihre Mutter blieb stehen. Irgendwo hinter ihnen ging ein Teller zu Bruch, Arisha hörte es ganz deutlich. Dann explodierte die Welt um sie herum. Blut. Schreie. Schmerzen. Dunkelheit. Das war alles was sie wahrnahm, in einem wirren Strudel. Ihr war schwindelig, sie hörte Myriam aufschreien und ihre Mutter, die Arishas Namen rief, sie spürte die Erschütterung, als es mehrere Häuser auseinander riss und die Brocken zu Boden fielen. Es dauerte nur sehr kurz, nicht einmal eine Minute, aber der Staub hing noch lange in der Luft. Arisha hatte Schmerzen im ganzen Körper, ihre linke Schläfe pochte und als sie die Hand an die Stirn hob fühlte sie etwas Warmes, Feuchtes. Sie betrachtete ihre Hand, rotes Blut glänzte daran. Zitternd erhob sie sich, um sie herum war ein reinster Trümmerhaufen. In der rechten Hand hielt sie immer noch die Feder umklammert. Sie sah ein paar Leute, die ebenfalls aufstanden, manche lagen auf dem Boden und schrien und überall hing die Angst in der Luft. Aber es gab auch diejenigen, die nur still lagen und kein Geräusch von sich gaben. Unter einem großen Tuch sah eine Hand hervor, die Hand, die Arisha wenige Minuten zuvor noch gehalten hatte, die Hand ihrer Mutter. Sie sah sie, doch sie realisierte nicht, was es bedeutete. Weiter links erkannte sie Myriam, die leblos auf der Erde lag. ‚Sie schlafen’, dachte Arisha. ‚Sie schlafen bestimmt.’ Und dann plötzlich packte sie jemand an den Schultern und drehte sie herum. Es war Shareef, mit ein paar anderen Leuten war er hierher gekommen um nach Überlebenden zu suchen. Arisha sah die Angst und die Sorge in seinen Augen. Und den Schock, als er erkannte wer unter dem Tuch lag. Er kniete sich vor Arisha hin und strich ihr sanft das Haar aus der Stirn, um die Wunde genauer betrachten zu können. „Es ist alles in Ordnung, Arisha.“, sagte er leise. „Dir ist nichts passiert.“ Er drückte sie an sich und jetzt erst flossen bei Arisha die Tränen. Sie verstand nichts mehr. Sie verstand nicht, was all die Zerstörung sollte, warum Shareefs Stimme so gepresst klang, warum Myriam und ihre Mutter sich nicht mehr rührten. Sie verstand nicht, warum sie weinte, aber sie tat es. Und Shareef legte die Arme um sie herum und wartete, bis keine Träne mehr nachkam. Dann löste er sich von ihr und sah sie ernst an. „Was ist passiert, Arisha?“ Sie erzählte es ihm. Immer wieder stockte sie oder zögerte, aber er war geduldig, redete beruhigend auf sie ein. Dann nahm er sie hoch und trug sie zurück in nach Hause. Keiner der Geschwister sah sich um. Arishas Vater fragte, was passiert sei, vor allem wo seine Frau war und Shareef antwortete knapp, aber das bekam Arisha nur am Rande mit. Sie war in eine Art Dämmerzustand übergegangen und merkte nur noch, wie Shareef sie in ihr Bett legte. Als sie wieder aufwachte, saß er immer noch da und sie spürte etwas weiches um ihren Kopf: Er hatte ihre Wunde verbunden. Eine Weile schwieg sie. „Wo ist Mam?“ „Weg.“ Er klang zutiefst traurig. Sie verstand nicht. „Wann kommst sie wieder.“ Da sah er sie an, in seinen Augen lag nur Sorge und Mitleid, Mitleid mit ihr, weil sie so etwas hatte erleben müssen. „Sie wird nie wieder herkommen, Arisha. Auch Myriam nicht. Sie sind für immer fort.“ Arisha Blick verschwamm, die Tränen liefen ihr wieder über die Wangen. Und wieder nahm Shareef sie in den Arm und tröstete sie leise, saß einfach da und hielt sie fest. Er wusste, dass nichts was er jetzt sagen würde, ihr half, also saß er einfach an ihrem Bett und blieb bei ihr. Aber als Arisha aufsah, sah sie ihren Vater in der Tür stehen und in seinen Augen sah sie genau das, was in Shareefs gefehlt hatte: Hass und Anschuldigung. Er gab ihr die Schuld an dem Tod ihrer Mutter, weil sie sie gedrängt hatte noch zu warten. Ohne ein Wort ging er weiter und ließ Shareef und Arisha alleine. Schließlich reichte Shareef seiner Schwester die Feder. Er hatte sie gefunden, Arisha hatte sie fallen gelassen. „Erinner dich an sie.“, sagte er leise. „Vergiss sie nicht.“ Arisha umschloss die Feder mit ihrer Hand. „Das werde ich nicht.“ Sie lächelten, alle beide, aber es war ein Lächeln voller Trauer und Schmerz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)