Christmas Eve... von ShuuShuu ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Seit beinahe vier Wochen lebte er nun schon bei Reiji. Und seit vier Wochen drehten sich seine Gedanken nurnoch um einen Punkt: Wie sollte er das jemals wieder gutmachen? Zurückzahlen konnte er es nicht, denn seinen Job hatte er vor kurzen verloren. Das einzige, was er tat, war zur Schule gehen, lernen und manchmal für Reiji kochen. Mehr konnte er nicht tun... War es so? Naoya lag auf dem Sofa, in eine dicke Decke gehüllt und dachte nach. Es war spät nachts, doch er konnte nicht schlafen. Dieses Gefühl, Reiji etwas zurückgeben zu müssen liess ihn nicht. Seit Nächten marterte er sein Hirn, aber kam auf nichts. Heute war der 24. Dezember, und er hatte nochnichteinmal ein Geschenk für Reiji... Die Tränen unterdrückend wälzte er sich zum hundertsten Mal in dieser Nacht herum. Das Gefühl, abhängig zu sein, dem Älteren etwas zu schulden, aber nichts geben zu können, nicht die geringste Kleinigkeit, schmerzte ihn wie es nur weniges zuvor konnte. Irgendwann aber, gewann doch die Müdigkeit überhand und er driftete in einen unruhigen Schlaf... _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ * _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ Als Naoya an diesem Nachmittag von der Schule nach Hause kam, staunte er nicht schlecht, als er einen prachtvoll geschmückten Weihnachtsbaum im Wohnzimmer vorfand. Reiji schien hingegen nicht zu Hause zu sein, die Wohnung lag im Dunkeln. Nach dem Lichtschalter tastend trat Naoya ins Wohnzimmer,um den Baum näher zu betrachten, der mitten im Raum stand und seine ausladenden Zweigen in alle Richtungen streckte. Prachtvoll. Und nur angemessen für einen Aoe. Staunend umrundete Naoya den Baum, der in silbern und blau geschmückt war, und bemerkte am Rande, dass etwas nicht stimmte. Verwirrt sah er sich um, kam aber erst nach einigem überlegen darauf: Sein Sofa war weg. Suchend sah er sich um. Nichts. Zumindest nicht sein Sofa. Was sollte das? Wollte Reiji ihm damit sagen, dass er ihn loshaben will? Laut seufzte Naoya. Was hatte er auch erwartet? Dass der Ältere ihn für immer hier wohnen lassen würde? Und doch: er hätte es ihm einfach sagen können! Halb wütend, halb traurig schnappte er sich die paar Sachen, die ihm nach dem Brand in seiner alten Wohnung geblieben war, hängte senen Schlüssel, den Reiji ihm gegeben hatte ans Schlüsselbrett. Nocheinmal liess er den Blick durch den Flur gleiten. Er hatte sich eingewöhnt, hatte es so gemocht hier zu leben. Auch Reiji war ihm ans Herz gewachsen. Aber der wollte ihn nicht hier haben. Ein unterdrücktes Schluchzen hallte durch die Räume, dann eine ins Schloss fallende Tür. Das war alles. _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ * _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ Ziellos lief Naoya umher. Es war bereits spät am Abend, doch fiel ihm kein Ort ein, an den er gehen konnte. Niemand würde ihn aufnehmen. Es war Heilig Abend und jeder feierte mit seiner Familie. Wer wollte da schon einen Strassenköter wie ihn dabei haben? Fröstelnd bog er in ein Gässchen ein, wo es ihm nicht so kalt und zugig erschien wie auf den beinahe leergefegten Strassen. Dort entdeckte er an einer Hausmauer ein Fleckchen, wo kein Schnee lag, da es ein wenig durch einen höher gelegenen Balkon des Hauses geschützt wurde. Leise seufzend liess er sich dort nieder. Zumindest halbwegs trocken war es hier. Eng zog er die Beine an den Körper und stütze die Stirn auf die Knie. Wieder entfuhr ihm ein Schluchzen. Alles hatte er verloren... Erst seine Familie, dann sein zu Hause, und als er dachte, Reiji würde ihm helfen, wenn es auch nicht für lange wäre, hatte ihn auch der fallen lassen. Wie es jeder getan hatte. Tränen rannen über seine WAngen, wärmten ihn für einen kurzen Moment, wie es all die Leute getan hatten, die ihm vorgegaukelt hatten, sie wollten ihm helfen, nur um ihn noch tiefer fallen zu lassen. Wie hatte er so dumm sein können?? Hierher gehörte er, zwischen Müll und Dreck, in einer schmuddeligen, winzigen Gasse kauernd, den Tod herbeisehnend angesichts all der Verzweiflung und Einsamkeit. Stumm weinte er. Niemand würde ihn hier bemerken. Niemand würde sich um ihn kümmern. Niemand... Die beissende Kälte kroch seinen Körper empor, liess ihn heftig erzittern. Aus der Tasche, die er in windeseile gepackt hatte, holte er mit taubgefrorenen Fingern eine zweite Jacke, wickelte sich fest darin ein. Es half nichts. Viel schlimmer als die Kälte von aussen war die Kälte, die sein Herz einschnürte, ihm die Luft zum atmen nahm. Das Gefühl als wäre er ganz alleine auf der Welt, war wie sterben. Schlimmer noch. In der Ferne hörte er einen Kirchturm läuten. Zwölf. "Alles gute zum Geburtstag, Naoya...", flüsterte er sich selbst zu. Emotionslos, so als würde er die Worte eines anderen rezitieren. Jemand, der diese Worte vor langer Zeit sagte. Seine Lider fielen herab, die Kälte nahm immer mehr seinen Körper ein. Kaum mehr spürte er, dass es wieder zu schneien begonnen hatte. _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ * _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ "Naoya!" Oh nein, er haluzinierte schon. Sollte er so früh sterben? War es wirklich so kalt? "Naoya?" War das das letzte zucken seiner durchfrorenen Muskeln, das ihn schüttelte? War das das Gesicht von Maria, die ihn den Weg zum Himmel geleitete? Musste er nun nicht mehr allein sein? "Hey! Naoya! Wach auf!!" Eine schallende Ohrfeige holte ihn zurück in die Realität. Verschwommen nahm er eine dunkle Gestalt wahr, die ihn festhielt. Aus Reflex begann er wild zu zappeln, um sich von dem Fremden loszureissen. Der jedoch hielt ihn in eisernem Griff. Naoya tobte umso wilder, als er nicht loskam. Doch urplötzlich erstarrte er, als sich sein Blick und seine Wahrnehmung etwas aufhellte. Warme Lippen lagen auf seinen, er blickte in die dunklen Augen Reijis, konnte leicht dessen Geruch wahrnehmen. Erst nach einigen weiteren Sekunden jedoch konnte er die Situation einordnen, gerade als Reiji sich von ihm löste. "Rei..." Seine Stimme versagte, das letzte, was er spürte, waren wärmende Tränen auf seinen Wangen und starke Arme, die sich unter ihn schoben, als er fiel... _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ * _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ Wunderbare Wärme umfing ihn, als er langsam wieder zu sich kam. Blinzelnd öffnete er die Augen. Das erste, was er sah, war Dampf. Er sass in einer Badewanne, in heissem Wasser, die Wände bereits beschlagen von der schwülen Hitze, die im Raum herrschte. Naoya kannte diesen Ort: Es war Reijis Badezimmer. Und eben diesen erblickte er nun. "Rei..." brachte er leise hervor. Der Ältere nickte nur und sah ihn besorgt an. Er kniete direkt neben der Badewanne auf dem Boden, nur in Jeans, Schweissperlen auf Stirn und Brust. Nur schwer konnte Naoya den matten Blick abwenden. "Reiji... Ich..." - "Pssst... Sag jetzt nichts... Komm..." Der Ältere bedeutete ihm, aus der Wanne zu steigen. Als Naoya sich gehorsam erhob, wurde ihm urplötzlich bewusst, dass er völlig nackt war. Doch hatte er keine Zeit sich dessen zu schämen, als Reiji ihm einen Bademantel hinhielt, in den der Jüngere dankbar schlüpfte. Fest zog er den weichen Stoff um sich. Dann stieg er vorsichtig über den Wannenrand und liess sich von Reiji gestützt ins Schlafzimmer führen. Hier war Naoya noch nie gewesen. Er hatte auf dem Sofa geschlafen und war immer der Meinung gewesen, dass ihn Reijis Schlafzimmer nichts anging. Der Ältere setzte sich zuerst auf die Matratze, zog den jüngeren dann an sich, der sich etwas verdutzt an Reiji gelehnt wiederfand. Errötend, aber bereitwillig liess er sich von diesem die Haare abtrocken, den Bademantel immernoch fest um sich geschlungen. "Wieso bist du weggelaufen?", vernahm er die rauchige Stimme Reijis nach einer Weile. "ich... Ich dachte, du willst mich nicht mehr hier haben... Du hast so viel für mich getan, und ich kann dir nichts zurückgeben. Also ist es auch nur verständlich, dass du mich loshaben willst...", gab er mit beinahe emotionsloser, aber dennoch schwacher Stimme zu. "Was für ein ausgemachter Unsinn... Woran machst du fest, dass ich dich loswerden will? Hab ich etwas falsches gesagt?" Heftig schüttelte Naoya den Kopf, sah auf die Bettdecke, die Reiji über ihre Beine gezogen hatte. "nein... aber... Das Sofa... war weg, und meine Sachen, lagen auf einem Stapel auf dem Esstisch, da dachte ich..." Er wusste die Worte und das Verhalten Reijis nicht einzuordnen, war sich nichteinmal sicher, ob der Kuss vorhin Traum oder Realität gewesen war. "Idiot...", flüsterte Reiji leicht kopfschüttelnd. "hast du nicht den Weihnachtsbaum gesehen?" - "Doch..." - "das Sofa hatte keinen Platz mehr neben diesem Monstrum... Also habe ich es derweil in das kleine Zimmer nebenan gestellt... Früher oder später brauchst du ohnehin ein eigenes Zimmer..." Das gab doch selbst für Naoya Sinn. Wieder sammelten sich Tränen in seinen Augen. "Reiji, das... Ich... Ich habe gedacht..." Lautes Schluchzen liess ihn abbrechen, er schlug die Hände vors Gesicht um die Tränen zu verbergen. "Pssst... Wein doch nicht... Wein nicht...", flüsterte Reiji beruhigend, und tatsächlich erebbte das Schluchzen nach einer Weile. Langsam richtete Naoya sich auf und drehte sich, auf dem Bett kniend zu Reiji um. "Reiji, ich... Hab dir soviel zu verdanken.. Bitte, ich... möchte dir etwas zurückgeben können, wenigstens ein bisschen, also wenn ich etwas tun kann, dann sag es nu..." Weiter kam er nicht. Wieder fühlte er diese weichen, süssen Lippen auf seinen, die Wärme, die sie aussandten. Doch allzu bald löste Reiji den Kuss wieder. "Es ist ok... Ist doch ganz klar, dass ich dir helfe..." Er nahm seine Hände wieder zu sich, die er in Naoyas Nacken gelegt hatte und erhob sich langsam. "schlaf jetzt... Du wirst wohl eine dicke Grippe bekommen, also ruh dich gut aus..." Mit diesen Worten deckte er Naoya gut zu und verliess den Raum, noch bevor Naoya ihn auf den Kuss ansprechen konnte. _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ * _-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_-~ø^ø~-_ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)