Ein Abenteuer von Larian und Lenn von _Ayame_ ================================================================================ Kapitel 1: Prolog ----------------- Wo fange ich an? Am liebsten bei denen, um die es gehen soll- Larian und Lenn. Aber das Verständnis gebietet mir an einer anderen Stelle anzufangen, an einer viel unwichtigeren Stelle, mit einem kleinen Prolog: Es beginnt in einem verarmten Dorf, das durch erhöhte Steuern, Armut und anderen negativen Einflüßen kurz vor dem Ruin steht, aber die Geschichte handelt auch nicht von dem Dorf, nicht von der näheren Umgebung in der sich ironischerweise eine blühend große Stadt befindet mit reichen Bürgern und Luxus überall, die Kette der Ereignisse beginnt aber auch nicht in einem der reichen Häuser, nicht auf dem großen Marktplatz, nicht beim Slavenhändler, der bevorzugt Waren von den Bergelfen annimmt, auch nicht an den Stadtmauern oder deren gut bewachten Toren, es beginnt viel mehr in diesem kleinen, völlig verarmten Dorf, weit entfernt jeglichen Luxus. Ja die Bauern dieses Dorfes waren so arm, dass sie das Getreide ihres Brotes mit weniger zum täglichen Verzehr geeigneten Pflanzen wie Hanf, Schlafmohn oder Roggen strecken mussten. Und eben dieses, mit drogenartigen Pflanzen gestrecktes Brot, wurde jemandem zum Verhängnis mit dem die Kette der Ereignisse ihren Anfang haben soll. Es handelt sich um einen jungen Wanderer, der, mehr vagabundierend als wandernd, bei einer verwitweten Bäuerin zum Abendbrot untergekommen ist. Und genau an diesem einen Abendbrot nahm er eine Scheibe jenes gestreckten Brotes zu sich, das ihn in jenen ohnmachtsähnlichen Zustand warf, in welchem er sich nun, halb auf der durchsessenen, abgenutzten Holzbank, halb auf dem morsch splitternden Holztisch hängend, im Haus der verwitweteten Bäuerin befand. Sein grüner Mantel fiel in langen, schlanken Falten über seinen Rücken und bedeckte seine ausgemergelte Statur. Seine Kleidung war schmutzig und zerrissen, bis auf seinen smaragdgrün schimmernden Umhang, der trotz aller Sauberkeit und Schmuckhaftigkeit keinen Wert hatte. Während die Bäuerin den Tisch abdeckte warf sie ab und an einen Blick auf ihn, doch sein Gesicht konnte sie nicht erkennen, denn sein Umhang hatte nützlicherweise noch eine Kapuze und diese trug er stets tief ins Gesicht gezogen, dass sie einen Schatten warf, der ihm bis zur Nasenspitze reichte. Während die Bäuerin also den Tisch abdeckte hörte sie von draußen Tumult. Eben wollte sie an die Tür gehen und nachsehen, als diese unter einem besonders gewaltsamen Schlag zerbarst und drei grausamen Gestalten den Eintritt gewährte: Der Erste von ihnen war trotz hohem Wachstums erstaunlich gut genährt, die anderen beiden etwas schlanker, und bei weitem nicht so imposant, doch in dem dreckigen Grinsen standen sie ihm um nichts nach. Alle drei waren sie bewaffnet, mit teilweise scharfen, teilweise abgenutzten Waffen, und mit Rüstungen, die so bunt gewürfelt war wie die der Räuber- was mehr oder weniger auch ihr Beruf war. Der Dicke voran betraten sie die Hütte, er musste der Anführer sein. Und dem Kravall nach zu urteilen der draußen herrschte hatte er abgesehen von den beiden noch mehr Räuber mitgebracht, die nun das ebenso schutzlose wie arme Dorf plünderten. Er sah sich in der erbärmlichen Hütte um und meinte höhnend, aber ohne sich umzudrehen, zu seinen beiden Begleitern: "Ebenso verarmt wie der Rest vom Dorf, hier gibt es nichts zu holen! Abgeshen vielleicht..." und er lies seien Blick langsam, wie ein wildes Tier auf Beutefang zu der Bäuerin gleiten und genüsslich an ihr hochtasten. In diesem Moment kam Regung in das Bündel von einem Wanderer, der immer noch am Tisch hing. Er stöhnte leicht auf, versuchte den Oberkörper aufzurichten, doch seine Sinne waren so geschwächt, dass er es nur fertig brachte schwankend auf der Bank sein Gleichgewicht zu suchen. So war es nicht weiter verwunderlich, dass er die Anwesenheit der Räuber noch nicht mitbekommen hatte und auch nicht, wie der Dicke Grobian von einem Anführer die Bäuerin rüde nach dem Fremden ausfragte. Genau genommen bekam er so gut wie gar nichts mit, auch nicht, wie ihn die beiden anderen Räuber grob an den Oberarmen packten, um ihn von der Holzbank zu zerrten. Auch nicht, wie die beiden ihn aus der Hütte trugen, dicht gefolgt von ihrem Anführer, der kurz darauf den Befehl zum Abrücken gab. Es war ein armes Dorf. Und die Räuber hatten es nicht besser. Durch ehrliche Arbeit konnten sie nichts verdienen, wozu auch, wenn sie alles von arglosen Menschen beziehen konnten? Doch die Dörfer, die sie plünderten waren nie sonderlich reich, hatten nicht einmal genügend Mengen an Nahrung. Und so war der Fremde den größten Besitz den sie hatten, denn sein Leben konnten sie auf dem Sklavenmarkt für Gold aufwiegen. Kapitel 2: Hilfsbereitschaft führt in die Falle ----------------------------------------------- Larian und Lenn, die beiden Elfen, dicke Freunde, die wie Brüder füreinander da waren, der etwas kleinere, dunkelhaarige Larian mit den braunen Augen, und Lenn, der größere, hellhaarige. Beide waren sie gute Kämpfer, Larian für sein Alter, obwohl Lenn ihn oftmals aus brenzligen Situationen hat ziehen müssen. Beide folgten zusammen dem Weg, dem sie schon tagelang gefolgt waren. Beide waren langes umherstreifen ohne Ziel, aber mit viel Entbehrung gewohnt. Die Sonne stand schon im Westen, scheinte jedoch noch wie an einem sanften Frühlingstag, an einem friedvollen Tag, an dem die beiden arglos ihres Weges gingen, als... "He, sieh mal, Lenn!", sagte Larian und stieß Lenn an. Ein Stück weiter vor ihnen lag etwas auf dem Weg. Lenn kniff leicht die Augen. Es war ein Bündel. Ein grünes Bündel. Doch auf den zweiten Blick entpuppte es sich ihm als einen Umhang, der über einer ausgemergelten Gestalt lag und so jenes formlose Bündel ergab, das Lenn erkannt hatte. "Auf dem Weg liegt jemand!", sagte Lenn und machte die Augen groß. "Vielleicht braucht er Hilfe!", meinte Larian und war schon losgeeilt, Lenn ihm sofort auf den Fersen. Doch als sie nur noch wenige Schritte von der am Boden liegenden Person entfernt waren sprangen aus guten Verstecken am Wegesrand mehrere wilde Gestalten hervor und stürzten sich mit Kampfschreien auf die beiden Elfen. Es geschah viel zu schnell, als das die beiden eine Chance gehabt hätten: Noch bevor sie ihre Waffen ziehen konnten merkten sie sich von kräftigen Händen gepackt und festgehalten. Sie fingen an sich zu wehren, Larian zappelte wie wild, biss einem der Wegelagerer in den Arm, Lenn trat kräftig und teilte wann immer er einen Arm freigekämpft hatte einen Schlag aus, doch gegen diese Überzahl vermochten sie nicht zu bestehen und sahen sich erschreckend früh am Ende ihrer Kraft gegen mehrere Gegner auf einmal wehren. Von geschickten Händen wurden sie entwaffnet und bekamen die Arme auf den Rücken verbunden, als eine weitere Gestalt aus einem der Verstecke hervortrat. Es war ein großer Kerl, gut genährt mit etlichen Pfunden zu viel auf den Rippen, die ihm abgerutscht waren und somit jenen Bierbauch ergaben, den auch die dicken Riemen nicht zu umspannen vermochten, die sich wie ein Brustgeschirr eines Bären um seinen Oberkörper legten. Mit geruhsamen Schritt und zufriedenem Grinsen, das auf eine unaustehliche Art so dreckig war wie der Rest seines Körpers und seiner dutzend Köpfe umfassenden Meute, schritt er auf die beiden Elfen zu. "Eine Falle.", zischte Larian. Die Räuber lachten auf. Ihr Anführer griff nach dem Bündel am Boden, genau genommen nach einem der Oberarme der am Boden liegenden Person, und zog sie grob hoch. Erst jetzt erkannten Lenn und Larian, dass die Arme der Person ebenfalls auf den Rücken gefesselt waren. "Ein weiterer Gefangener...", stellte Lenn tonlos fest. "Ganz genau", gröhlte der Räuberanführer, "Und mit dem bewährten alten Trick haben wir jetzt drei an der Zahl, gut gemacht, Frischling!" bei diesem Wort gab er der Gestalt in seinem Griff einen scherzhaften Klaps ins Gesicht, welches von einer Kapuze überspannt und von einem tiefen Schatten verorgen wurde, der bis zur Nasenspitze reichte. "Ich mache keine gemeinsame Sache mit euch...", kam die Antwort unter der Kapuze, aus dem Schatten hervor. "Och, das ist aber schaaadö!", sagte der Räuberanführer mit gespieltem Bedauern, um sich gleich darauf an sein Gefolge zu wenden: "Jetzt haben wir schon drei Gefangene; Jungs das ist doch was!" Und seine Meute lachte wieder auf, antwortete ihm mit keinem frohlockendem Lachen, sondern mit gröhlendem Gelächter voll Spott und Schadenfreude, was so grausam scheußlich klang wie die Zähne eines Skorbutkranken aussahen. Unter eben diesem, abstoßendem Gelächter verschleppten die Räuber die beiden Elfen in ihr Lager. Und sie lachten noch immer, als sie ihre gefangenen Elfen an tief in die Erde gerammte, dicke Pflöcke banden. Den dritten banden sie an einen Baum, nahe den Pflöcken, den sie hatten nur diese beiden aufgestellt. Anscheinend hatten sie nicht oft Gefangene, zumindest lies ihre Bewirtung zu wünschen übrig, die aus Luft und Missachtung bestand. Nicht, dass die beiden Elfen es gebraucht hätten, sie brauchten nur die Luft und das Wasser, aus diesen jenen Elementen nahm ihr Magiekern die Magie aus ihrer Umgebung auf, die sie zum Leben brauchten. Die Räuber veranstalteten ein richtiges Gelage, schichteten viel Holz auf, entzündeten ein Feuer, das bereits vor der Dämmerund wie ein wildes Tier um sich schlug und fauchend und knisternd in die Höhe schlug. Das Gesinde schleppte Fleisch herbei, in Fallen gefangene und grausam gemeuchelte Tiere, um sich ein Essen zu leisten, das ausnahmsweise weit über ihrem Standard lag. Doch von dem Feuer waren die Gefangenen abseits. Nur wenige Schritte vom Zelt des Häuptlings, doch von der Feuerstelle aus gut zu sehen. Das Lager selbst umfasste mehrere Zelte, die sich in einer kleinen Talsenke an die Ausläufe einer Steilwand schmiegte. Eine geeignete Mulde irgendwo in er Welt, wo sie ihr grausames Leben fristeten. Die Meute selbst umfasste jedoch mehr als nur diese dutzend Leute, die Larian und Lenn gefangen hatten. Es mussten mehrere dutzend sein, doch war ihre Anzahl nur grob zu schätzen, da sie oft außer Reichweite des Feuerscheines traten, in den Zelten aus und ein gingen und beschäftigt ihren Arbeiten nachgingen, dabei jedoch nie müde wurden sich Ungeheuerlichkeiten zuzurufen und sich mit gröhlenden Stimmen zu antworten. Lenn beobachtete das Treiben einige Zeit, versuchte die Anzahl der Räuber möglichst genau zu errechnen, doch zu oft verlor er die Übersicht, es waren einfach zu viele Gestalten, die geschäftig durch das Lager eilten, doch nie auch nur in die Nähe der Gefangenen gingen, die sich ja am Rande des Lagers befanden. Schließlich gab Lenn es auf und wandte sich an Larian, um mit ihm einen Plan zu schmieden, sich möglichst schnell aus der Situation zu winden. Doch Larian hatte seine Aufmerksamkeit woanders. Er sah hinüber zu dem Baum, an welchen die Räuber den Fremden gebunden hatten. Schon die ganze Zeit hatte er dort hinübergesehen, unverwandt auf die Gestalt geblickt, die, wie er und Lenn, mit den Händen nach hinten gebunden, auf dem Boden saß, mit halb angewinkelten Füßen. Immer noch konzentriert sah Larian auf den Fremden. Wartete auf eine Bewegung, eine Regung, einen sichtbarer Atemzug. Doch er nahm nichts wahr. Sein Gegenüber schlief aber auch nicht, das verrieten ihm seine Sinne, war auch nicht ohnmächtig, das hätte Larian ebenso bemerkt. Er musterte ihn, zum wiederholten Male, besah die abgenutzte, zerrissene, verschmutzte Kleidung, die eingelaufenen, längst wieder ausgelaufenen, schmutzverkrusteten Schuhe des Fremden, auf einen Anhaltspunkt auf seine Herkunft, musterte auch sein Gesicht, zumindest der Teil, der sichtbar war, bohrte nahezu seine Blicke durch den Schatten, der auf dem Gesicht lag, wanderte mit den Augen den Saum des grünen Umhanges entlang, der im Verhältnis zum Rest des Erscheinungsbildes sehr sauber war. Doch was auch immer Larian an diesem ihm Fremden suchte; er fand es nicht. "Larian?", Lenn stieß Larian leicht mit einem Bein an. Doch Larian reagierte gar nicht auf Lenn, taxierte stattdessen ihren Mitgefangenen noch immer mit Blicken, lies seinen Blick wieder zu dem Schatten wandern, unter dem er die Augen wusste. "Warum hast du uns verraten?" Seine Frage hing im Raum. Schwebte in der Luft zwischen ihm, seinem Freund Lenn, und dem Fremden. Verklang. Endlich ging eine Regung durch ihn, nur ein langer Atemzug, der aber den Stoff seiner Kleidung wie eine Welle langsam aufbäumen und wieder ruhen lies. "Ich habe euch nicht verraten." Seine Stimme klang brüchig, als sei er schon länger in diesem miserablen Zusand, von dem seine ausgemergelte Gestalt zeugte, und als sei er vielleicht sogar Opfer sadistisch angehauchter Spiele der brutalen Räuber geworden. "Ich habe euch nicht verraten" Die Worte hingen zwischen ihnen, hingen im Raum, verklangen. "Warum hast du dann in ihrer Falle mitgemacht?", wollte Larian wissen. Er sprach kühl, ohne emotionale Regung und der Angesprochene antwortete ihm, brüchig zwar, erschöpft, doch klar und deutlich. "Nicht freiwillig gab ich den Köder für euch, oder andere Reisende, die zur selben Zeit am selben Ort hätten sein können. Sie haben mich gefangen. Und mich niedergeschlagen, um als Köder für Arglose verwenden zu können. Ich kam erst zu mir, als es zu spät war." Larian antwortete nicht sofort. Auch Lenn antwortete nicht. Beide dachten über die Worte des Fremden nach und wägten sehr sorgfältig ab, ob sie ihm ihr Vertrauen schenken konnten, oder nicht. Schon oft waren den beiden vermeintliche Freunde in den Rücken gefallen, darum suchten sie sich Verbündete sehr sorgsam aus, schenkten ihr Vertrauen meist nur sich Gegenseitig und verliesen sich ebenso aufeinander, so wie sie sich auch jetzt aufeinander verliesen, obwohl beide gefangen in einem Räuberlager waren mit einem weiteren, den sie nicht kannten. "Was sie jetzt wohl mit uns vorhaben?", fragte Lenn laut und beobachtete für ein paar Momente die Räuber an der Feuerstelle. Sie aßen und zelebrierten ihren Fang. "Sie werden uns Morgen auf den Sklavenmarkt bringen, um uns dort zu verkaufen." Der Fremde antwortete mit ruhiger, ausdrucksloser Stimme, als sei es nicht sein Schicksal, von dem er da sprach. Weder Verzweiflung noch Hoffnung konnte Larian oder Lenn heraushören, doch Larian war es, der die nächste Frage stellte: "Habt ihr einen Namen?" Der Fremde antwortete nicht gleich. Es sollte das erste und einzige mal sein, dass sie ihn zögern sahen. Doch schließlich antwortete er auch auf diese Frage: "Lacánce" Larian nickte. "Ich heiße Larian.", sagte er und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung Lenn, "und er heißt Lenn." Lacánce nickte langsam mit dem Kopf. "Am besten schlaft ihr etwas.", sagte Lenn zu Lacánce, "Wir brauchen das nicht, wir überwachen die Nacht." Lacánce richtete den Kopf etwas auf. Doch es hatte nichts mit Lenns Worten zu tun, sie könnten ebenso gut an ihm vorbeigezogen sein. Er sah in Richtung des Feuers der Räuber. Als Larian und Lenn ebenfalls in diese Richtung sahen, merkten sie, was Lacánce's Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte: Drei der Räuber kamen auf ihre Gefangenen zu. Es waren drei windige Kerle, wie sie beim herranahen der Gestalten sehen konnten, nur leicht bewaffnet, kaum bepanzert, wohl schon sattgegessen an den Speißen, die sich die Räuber aufgetischt hatten, aber keineswegs angetrunken, denn im Gegensatz zur Gewohnheit der meisten Räuberbanden hatte diese hier ihren Fang nicht mit Alkohol gefeiert, was der Grund für ihre komplette Nüchternheit war. Wären sie betrunken gewesen hätte es die Chance auf Flucht zumindest ein wenig erhöht. Die drei waren schon heran und blieben vor ihren Gefangene stehen, sahen schief grinsend auf sie herab, ein Blitzen von gewaltätig dreckigen Gedanken war in ihren Augen zu sehen. "Der Boss meint, ihr seht noch nicht genug wie Sklaven aus.", höhnte einer und lies auch schon seine Fingerknöchel knacken. "Ts", gab sich Lenn unbeeindruckt, "Wieder mal hirnlose Räuberspielchen, mit denen sie uns beeindrucken wollen. Nicht, Larian?" Larian nickte und gab sich ebenso unbeeindruckt wie Lenn. Der Räuber knurrte und packte Lenn wüst am Kragen. "Wenn wir mit euch fertig sind", knurrte er drohend, "Dann werden euch solche Sätze schon noch vergehen!" Doch Lenn, der nicht einmal zusammengezuckt war, als der Räuber ihn gepackt hatte, setzte ebenso gelassen noch einen drauf: "Pf, die üblichen Drohungen..." Der Räuber stieß ihn von sich und richtete sich auf. Er knurrte leise und verärgert einige Drohungen, während er sich einen glänzenden Gegenstand aus der Tasche zog, ein Gegenstand von einem verbogenen Oval, geformt aus vier Kreisen, jeder sogar mit einem kleinen Stachel bespickt, und sich auf die Finger zog. Er ballte die nun bewaffnete Faust, die kleinen, gemeinen Spitzen des Schlagringes blitzten im Tanz des entfernten Feuers wie die Spieße kleiner Dämonen, und die beiden anderen Räuber zogen ebenfalls je einen Schlagring aus der Tasche und setzten ihn sich auf. "Jetzt werdet ihr lernen, was Schmerzen sind!", sagte der Eine wieder und packte Lenn noch mal am Kragen. Auch die anderen beiden packten sich ein Opfer, einer packte Larian, doch als der andere Lacánce packen wollte sagte dieser, gelassen und ruhig zwar, doch mit unüberhörbar drohendem Unterton: "Wagt es, und ihr seid diejenigen, die Schmerzen erfahren werden!" Der Satz bewirkte bei den drei Widerlingen nur vergnügt grausames Lachen. Der eine, der Lacánce packen wollte, lies sich nicht mehr daran hindern und packte ihn am Kragen des grünen Umhanges. Doch Lacánce machte seine Drohung war und rammte ihm, überraschend gelenkig, seinen Fuß ins Gesicht. Der Räuber taumelte zurück, doch Lacánce setze nach und stieß seinen Fuß hinter das Knie des Räubers, und zog ihn wieder zu sich her, um seinen Gegner zu Fall zu bringen. Er beendete den Angriff mit einem starken Tritt ins Gesicht des nun Liegenden. Für einen Moment waren die Elfen und auch die Räuber überrascht, über die erfoglreiche Gegenwehr, welche nüchtern betrachtet selbstmörderisch war. "Das wirst du bereuen!", knurrte Der Räuber, der Lenn gepackt hatte. Er und der andere ließen von den Elfen ab und gingen nun beide auf Lacánce zu. Der eine am Boden versuchte sich aufzurichten, war aber noch zu benommen von dem Tritt ins Gesicht, und wurde von seinen Miträubern unsanft beiseite gestoßen. Die beiden stellten je einen Fuß auf die Beine von Lacánce. "Du denkst also, das würden wir dir durchgehen lassen, was?", knurrte der eine wieder und holte mit der bewaffneten Faust aus. Doch Lacánce breitete plötzlich die Arme, die Seile hingen lose an seinen Handgelenken, rutschten von seinen Armen und fielen nutzlos zu Boden. Überrascht, das Lacánce sich befreien konnte starrten die Räuber ihn einige Momente an, doch er hielt nicht inne, sondern schnellte wie ein steh-auf-Männchen hoch und verpasste dem Räuber, der ausgeholt hatte, einen Stoß in die Magengegend, um anschlißend, da er den einen Fuß freihatte, dem anderen Räuber in die Seite zu treten, um auch seinen anderen Fuß wieder freizubekommen. "Na, warte Bürschchen!", sagte der Getretene, sprang auf und schlug mit der bewaffneten Faust nach Lacánce, doch dieser duckte sich und die Spitzen des Schlagringes trafen die Rinde des Baumes, an den Lacánce gefesselt gewesen war, und steckten nun fest. Lacánce nutzte auch dies, erhob sich und gab dem Räuber eine rasche Schlagfolge ins Gesicht. Der andere jedoch, der sich eben erst aufrappelte, füllte die Lungen mit Luft und rief, dass es alle Räuber im Lager hören mussten: "Gefangenenausbruch!!" Lacánce stand sofort neben ihm, drückte ihn, mit einer Hand auf den Schulterblättern, mit der andern an der Seite, zu Boden, um ihm auf halben Weg dorthin sein Knie ins Gesicht zu rammen. Zu mehr fand Lacánce keine Zeit mehr, denn schon rannten die Räuber aus dem Lager auf ihn zu. Er behielt die Zustürmenden im Blick und entfernte sich, langsam und abschätzend, rückwärts, bis ihn der Schatten der Bäume verschluckt hatte. Das Räuberpack war schon herbei, ihr Anführer war auch dabei und gab ihnen den Befehl ihren Gefangenen zurückzuholen. Sofort schwärmten seine Räuber aus. Er selbst warf einen Blick auf die beiden Elfen, würdigte sie danach nicht mehr seiner Aufmerksamkeit und ging zu den beiden niedergeschlagenen Räubern, Um ihnen heftig in die Seite zu treten und sie anzubrüllen, dass sie aufstehen sollen. Danach griff er sich den dritten, der die Gefangenen quälen wollte, packte ihn grob am Kragen und lies seine Wut an ihm aus, schrie ihn an, nach dem Grund, dass ihnen der Gefangene entwischt war, und als die Antworten ihn nicht zufrieden stellten schlug er ihn mehrfach und stieß ihn schließlich zu Boden. Er lies ihn liegen und ging zurück zu der Feuerstelle, wütend brummelnd, wie ein Bär, dem ein Stock Honig durch die Lappen gegangen war. Denn es war, dass die Räuber in der Umgebung keine Schätze, kaum genug Nahrung für sich selbst, auch in den Wäldern nicht, fanden. Und so waren ihre Gefangenen, deren Leben sie auf dem Sklavenmarkt mit Gold aufwiegen konnten, das wertvollste, was sie hatten. Nach diesem Vorfall waren die Räuber eine Spur gereizter. Ständig gingen sie in Zweier- oder Dreiergruppen in den Wald, um Lacánce aufzuspüren und wenn es sein musste mit Gewalt wieder zurückzubringen, oder die ausgeschwärmten Gruppen kamen zurück. Mit leeren Händen. Ohne Nachricht. Und sie verzogen sich rasch zwischen den wenigen Zelten, um nicht den Zorn ihres Anführers zu spüren. Doch bereits wenige Stunden nach Lacánce's Aussbruch geschah etwas beunruhigendes: Ein Geräusch an der etwas höheren Felswand, an welche sich das Räuberlager schmiegte, erregte die Aufmerksamkeit der Räuber und die ihres Anführers. Sie blickten hinauf, von wo das Geräusch kam und eine unheimliche Stille machte sich breit. Selbst das Feuer schien leiser zu prasseln. Auch Larian und Lenn sahen hinauf. Es gab ein zweites Geräusch. Eine lange Pause. Dann wiederholte sich das Geräusch. Die Ursache dafür war ein Gegenstand, der im dunklen der Nacht nicht genau auszumachen war. Doch er schlug gegen die Felswand, prallte von ihr ab, fiel, schlug wieder auf, fiel weiter und bei jedem Aufprall verursachte er dieses Geräusch. An jedem Punkt, an dem er die Felswand berührte hinterlies er dunkle Schatten, so dass es aussah, als springe ein Dämon die Felswand herab und in das Räuberlager. Der vermeintliche Dämon sprang auf das Zelt des Anführers, hinterlies auch dort einen dunklen Schatten und sprang mit einem gedämpften Geräusch wieder herunter. Er landere direkt vor dem Anführer der Räuber, zwischen ihm und dem Feuer, und das Feuer entblößte um was es sich in Wahrheit gehandelt hatte: Um den Kopf eines Räubers. Bleich starrte der Anführer und seine Bande auf den Kopf. Blut tropfte noch immerheraus und malte einen dunklen Schatten auf das Gras. Die Räuber sahen ihren Anführer an, dieser verriet keine Gemütsregung, starrte nur auf den Kopf und schließlich hob er denselben auf und hielt ihn hoch, dass ihn alle sahen. "Bringt mir den Bastard, er das getan hat! Schwärmt aus, zu viert und bringt ihn her, ob halbtot oder ganz tot. Wer sich mit uns anlegt hat nicht lange zu leben!" Gröhlend schwangen sich die Räuber auf und sofort liefen zwei Vierergruppen los, um die Befehle ihres Anführers zu befolgen. Dieser schmiss den Kopf einfach ins Gebüsch und setzte sich wieder vor das Feuer. Larian und Lenn nutzten die Zeit Lacánce's Fehlens, um sich zu beratschlagen. Die Räuberwache, die kurz nach Lacánce's Ausbruch auf sie augepasst hatte, war ebenfalls losgerannt und nun waren sie ohne Beobachtung und Zuhörer. Leise, doch rasch unterhielten sie sich über Lacánce, die Räuber, den Sklavenmarkt und das eben passierte. Sie kamen zu dem Schluß keinen Fluchtversuch zu wagen- die Patroulien der Räuber waren zu zahlreich und die Chance von ihnen gleich wieder erwischt zu werden zu groß. Sie beschloßen nichts riskantes zu wagen, doch auch sich nicht auf Lacánce zu verlassen, sondern die nächste Gelegenheit, die ihnen sicher die Flucht bot, beim Schopf zu greifen. Ungefähr eine halbe Stunde, nachdem der Kopf im Lager aufgetaucht war, gab es wieder Geräusche von der Felswand. Wieder blickten die Räuber, auch die Elfen, auf und sahen wieder, wie ein diffuser Schatten die Felswand heruntersprang, zuletzt auf dem Zelt des Anführers landete, wieder herunterrollte, und direkt neben dem Anführer landete. Es war der Kopf eines weiteren Räubers, das meiste Blut war schon herausgelaufen, das Fleisch war blass. Wütend ergriff der Anführer den Kopf, schleuderte ihn aus dem Lager und schrie nach seinen Räubern, sie sollten sofort die Patrouillien zurückpfeifen. Sofort sprangen die Räuber auf, mehrere Gruppen verliesen das Lager, doch blieben genügen zurück, um es nicht schutzlos zu lassen. Es daurte erstaunlich kurz, bis die Räuber wieder mit den Patroullien zurückkamen. Doch aus einzelnen Wort und Satzfetzen, die Larian und Lenn aufschnappten, konnten sie entnehmen, dass sie wohl ein paar Räuber nicht hatten finden können. Sie meldeten es ihrem Anführer, der bei der Nachricht zu einem übellaunigen Krawall ansetzen wollte, als es wieder ein Geräusch auf der Felswand gab. Anstatt zu toben schloß der Anführer wieder den Mund und sah, wie auch seine Räuber, die Felswand hinauf. Doch es hatte schon zwei weitere Geräusche gegeben. Und noch eines. Dann zwei gleichzeitig. Erstaunt sah das Gesindel, wie gleich vier Schatten die Felswand herunterhüpften, zuletzt das Zelt des Anführers striffen, oder daran vorbeikullerten, und vor ihm und seiner Bande liegen blieben. Es waren vier Räuberköpfe. Doch bevor der Anführer auch nur dazu kam Luft zu holen, gab es schon wieder ein Geräusch. Wieder blickten alle hinauf, verfolgten mit den Augen, wie ein weiterer, diesmal einzelner, Gegenstand die Felswand herunterfiel, aufkam, fiel, das Zeltdach des Anführers traf und zwischen ihm und den Flammen landete. Das tote Gesicht deutete nach oben, doch war es nicht zu sehen, denn ein Dolch war in die Stirn getrieben, welcher zeitgleich auch einen Zettel durchstach. Es schien ein Stück Haut zu sein, von was wusste und wollte niemand zu sagen, doch mit Blut waren Buchstaben darauf geschmiert. Wie eine teuflische Drohung schimmerten sie im Tanz der Flammen: "DU BIST DER NÄCHSTE" Diese abartige Drohung hing in der Luft wie ein Donnergrollen. Bleich geworden starrte der Räuberanführer auf die blutigen Buchstaben. Leicht verunsichert sahen seine Räuber von dem Kopf zu ihm. Doch niemand wagte etwas zu sagen, zu fragen, sich zu räuspern, zu flüstern. Sie warteten, was ihr Anführer tun würde. Dieser stand wie versteinert, starrte immer noch und starrte mehrere Minuten auf das, was da vor seinen Füßen lag und ihm mit dem Tod drohte. Schließlich fasste er sich so gut er es konnte und befahl Wachen aufzustellen, niemand sollte mehr aus dem Dorf heraus geschweige denn herein. Sofort teilte er Gruppen ein, gab ihnen Positionen und Zeiten, an denen sie Wache schieben sollten, stellte sogar Wachen vor sein eigenes Zelt, um sich kurz darauf in eben jenem zur Ruhe zu begeben, wie er sagte. Lenn und Larian hatten mehr das Gefühl, dass er sich darin verschanzen würde. Auch auf die Entfernung hatten sie die Nachricht gesehen und zogen daraus ihre eigenen Schlüße. Austauschen konnten sie sich nicht mehr, denn nun waren sie wieder von Wachen umgeben, drei an der Zahl: Zwei auf dieser Seite des Anführerzeltes, ein weiterer Räuber stand etwas abseits, nicht zu nah an der Dunkelheit des Waldes, doch in Sichtweite und nah genug, um Dummheiten der Gefangen zu unterbinden. Darum beschloßen die beiden Elfen, jeder für sich, sich ein wenig Ruhe zu gönnen. Sie schliefen nicht tief, sondern befanden sich höchstens in einem Halbschlaf, doch es reichte um ihr Kräfte zu regenieren. Einige Stunden hatten sie Ruhe, ein fahler Streifen am Horizont deutete bereits das Kommen des nächsten Morgen an, als ein weiteres Ereignis die Räuber aufschreckte: Kein dumpfes Aufschlagen, sondern ein Klappern und Krachen. Dieses Staccato von Blech und Stein riss auch Larian und Lenn aus ihrem Halbschlaf. Als sie an die Steilwand hochsahen fanden sie die Ursache des Kraches: Ein ganzer Körper fiel diesmal herunter. Doch nicht irgendeiner, dem Krach nach zu urteilen musste er in einer Rüstung stecken. Es brauchte nicht lange, als der tote Körper auf dem Boden aufschlug, leider auf der anderen Seite des Zeltes und somit nicht in Sichtweite von Lenn und Larian. Die Räuber liefen heran, besahen sich aufgeregt die Leiche und schließlich rannte einer zum Zelt des Anführers und brüllte: "Chef, Chef; es ist eine Wache!" Der Anführer war sofort auf den Beinen, kam herausgestürmt, folgte seinem Gefolgsmann und wurde blass bei Anblick der Leiche. Lenn und Larian konnten fast hören wie sich sein Puls beschleunigte und sie grinsten sich schadenfroh zu. "Nehmt die Gefangenen!", rief der Anführer, "Wir brechen sofort auf!" Das hatten die beiden Elfen weniger erwartet. Schon kamen die Räuber gelaufen, banden sie von den Pfählen los, liesen die Handgelenke der beiden aber gebunden, und schleiften sie mit. Es waren ein halbes dutzend bewaffnete Räuber, ihr Anführer kam ebenfalls mit. Doch vorsichtshalber befahl er drei weiteren sechs Mann starken Truppen Geleitschutz zu geben. Die Räuber schlugen sich in die Büsche am Wegesrand und liesen sich vor der Truppe zwar nicht mehr blicken, doch es war sicher, dass sie ständig in der Nähe blieben und die Umgebung sicherten. Larian dachte an Lacánce und erwischte sich dabei, dass er den Menschen weit weg wünschte, weg vom bösartigen Einfluss der Räuber. Doch er und Lenn hatten nun andere Probleme, um die sie sich sorgen mussten. Kapitel 3: Der Sklavenmarkt --------------------------- Die Reise dauerte nicht lange und es geschah weder etwas ungewöhnliches, außergewöhnliches noch etwas gefährliches. Die Stadtwache lies die siebenköpfige Räubertruppe nach einer zumehmend nach Routine stinkenden Bestechung in die Stadt passieren. Die Räuber schlugen sofort den kürzesten Weg zum Sklavenmarkt ein, der sich auf einem gepflasterten Platz befand. Es könnte auch eine extravagant breite Hauptstraße gewesen sein, doch dem Namen Platz stand sie um nichts nach, zumal sie an einer Stelle besonders breit gebaut war, und an dieser breiten Stelle befand sich der eigentliche Sklavenmarkt. Genau genommen war es weniger ein Markt, als nur ein einzelner Händler mit grausamen Gemüt und vielen Sklaven, die dieses Gemüt tagtäglich zu spüren bekamen. Die Sklaven befanden sich in Tonnenähnlichen Käfigen, dessen einziger Zugang, ein solides Gitter, zur Straße zeigte, von wo man selbst im Vorbeigehen einen guten Blick in die Käfige hatte. Die Käfige selbst lagen etwa zwei bis drei Meter, von soliden Pfählen gestüzt, über dem Boden und die Eingänge waren nur durch jene hölzerne Aufbaut zu erreichen, die sich gleich einem Weg mal nach links und mal nach rechts schlängelte, doch im gesamten Verlauf der Halbkreisförmigen Anordnung der Käfige folgte, und vom Boden bis zu den höchsten Käfigen ging. Vor dieser Aufbaut waren auf kleinen Gerüsten Peitschen, Ketten und andere Dinge, mit denen man Sklaven quälen und drangsalieren konnte, aufgereiht. Es gab die schlichten Eselspeitschen, aber auch welche mit lederumwickelten Griff und dreifacher Spitze, da waren auch welche mit kleinen Eisensternen an den Enden, oder kurze, die nur aus einem Stiel und mehreren, lose schlackernden, Bändern bestand, es gab aber auch ganz lange. Die Ketten waren ähnlich vielfältig: Es gab lange und kurze, welche mit großen Ringen, andere mit kleinen, ovale Glieder oder ganz runde, aus Eisen, aber auch welche aus anderen Metallen, manche waren sogar mit Schlößern versehen, andere konnte man einhaken, und manche waren mit Eisensträngen umwickelt, andere hatten eckig zugeschliffene Glieder und wiederum andere waren ganz rund und sahen fast weich aus. Zwischen diesem Sortiment von Sklavenzubehör fand sich ein hölzernes Gerüst, an das einer der Sklaven gekettet war, und als Testobjekt für die Angebotenen Dinge galt. Er war bereits übel zugerichtet: Die Kleidung zerrissen, zerschnitten und in Fetzen hängend, die darunter hervorschauende Haut zerfurcht, zerkratzt und mit Wunden übersät, manche davon immer wieder aufgerissen, andere verkrustet oder vereitert, die meisten entzündet. Er bot wirklich ein schreckliches Bild. Neben diesem ganzen Sammelsurium befand sich ein befestigtes Zelt, dass dem Sklavenhändler als Wohnstätte diente. Doch momentan lehnte er an der Aufbaut, die zu de käfigen hochführte, und sah den kommenden Räubern mit schrägen Grinsen entgegen. Es bedeutete nichts Gutes. Als die Räuber heran waren grüßte er sie frech und der Anführer der Räuber gab einen spöttischen Gruß zurück, dann begangen sie zu reden und sie klangen, als machten sie öfter Geschäfte. Es brauchte nicht lange, bis die beiden Männer einen Preis ausgehandelt hatten. Der Sklavenhändler übergab dem Räuber das Gold und dieser wies seine Jungs an die beiden Elfen in je einen Käfig zu sperren. Sie taten wie geheißen und stießen die beiden vor sich her die Aufbaut hinauf. Der Sklavenhändler folgte mit dem Schlüßel. Er öffnete zwei freie Käfige und die Räuber lösten Larians und Lenns Fesseln, um sie dann unsanft hineinzustoßen. Danach verschloß der Sklavenhändler die Käfige sorgfältig und folgte den Räubern wieder die Aufbaut hinunter, an deren Fuß der Anführer wartete. Scheinbar hatte er noch etwas zu verkaufen. Er redete den Sklavenhändler darauf an und nach ein paar Sätzen der beiden wurde den Elfen klar, was genau die Räuber noch zu verkaufen hatten. "Grr...", machte Larian, "Die verkaufen unsere Waffen!" Auch Lenn gab ein ärgerliches Geräusch von sich. "Wenn ich sie zwischen die Finger kriege mach ich Kleinholz aus denen!", sagte er. Das einzige, das ihn momentan daran hinderte war jedoch das Gitter des Käfigs in dem er saß. So mussten er und Larian tatenlos zusehen, wie ihre Waffen von den Räubern an den Händler verkauft wurden, der sie in sein Zelt trug. Die Räuber verschwanden kurz danach. "Ja, lauft nur, dreckiges Pack", murmelte Lenn halblaut, "Aber eines Tages kriegen wir euch und dann..." Doch er brach seine Drohungen ab, als der Sklavenhändler wieder aus dem Zelt kam. Die Waffen hatte er nicht mehr dabei. "Er muss sie in seinem Zelt aufbewahren", schoss es Lenn durch den Kopf. "Larian.", sagte er. "Mh?", machte dieser und blickte in Richtung Lenn. Sehen konnte er ihn nicht, denn die Wänder der Käfige waren dazwischen. "Sobald wir hier wieder raus sind", fuhr Lenn fort, "schnappen wir uns als erstes unsere Waffen und machen Hackfleisch aus dem Laden!" "Ganz meine Meinung!", sagte Larian und nickte. Er blickte hinunter zur Straße und dem Sklavenhändler, der mit einer Sorgenfalte auf der Stirn den Sklaven musterte, der sonst immer als Testobjekt für die Peitschen hinhielt. Doch die Sorge galt weniger dem Gesundheitszustand des Sklaven, als mehr der Sorge, das ihm bald das Testobjekt wegsterben würde. Er überprüfte mit routinierten Handgriffen den Gesundheitszustand des Sklaven, musste jedoch bald feststellen, dass es keinen Sinn mehr hatte. "Nichts mehr zu machen...", hörten die Elfen ihn murmeln, als ein paar Gestalten des Weges kamen. Es waren zwei Wachleute, wie sie auch vor den Toren der Stadt gestanden hatten, sie waren komplett mit einer leichten Eisenrüstung gepanzert. Je ein Langschwert baumelte an ihren amtlich aussehenden Gürteln. Doch sie waren nicht allein: Zwischen sich hatten sie eine Gestalt, und schleppten sie, an den Obearmen gepackt, die breite Straße entlang. "Sieh mal, Lenn!", sagte Larian. Am liebsten hätte er seinen Freund angestoßen, doch die Käfigwand war ihm dazu im Weg. Aber Lenn merkte auch so, was Larian meinte. "Den kennen wir doch", meinte Lenn und beobachtete die Gestalt, der die Hangelenke auf dem Rücken zusammengebunden waren, und die von den Wachen erbarmungslos weiter gezogen wurde. "Oh ja.", meinte Larian und musterte den grünen Umhang der Gestalt, ebenso wie die aufgenähte Kapuze, die einen weiten Schatten in das Gesicht warf und den ausgemergelten Körperbau. Kein Zweifel, es war Lacánce. Die Zeit allein schien ihm nicht gut getan zu haben. Er hinkte leicht und schien sehr entkräftet. Seine Kleidung hatte er noch um ein paar Schnitte und Risse erweitert und auch seine Schuhe waren schmutziger denn je. Obwohl er mehr schlecht als recht laufen konnte zogen ihn die Wachen weiter. Der Sklavenhändler, der zuvor ratlos vor seinem kaputt gegangenem Testobjekt stand, grinste nun den Wachen entgegen und rief ihnen einen Gruß entgegen: "Na, Ihr guten Leut? Hört her und lasst Euch sagen..." Die Wachen lachten und blieben stehen. Der Sklavenhändler ging ein paar Schritte auf sie zu und deutete mit einer Geißel, die er in der Hand hielt, auf Lacánce. "Wo habt Ihr denn das da her? Wächst das neuerdings auch im Wald?" Die Wachen lachten zwar über den Scherz, antworteten dann ernst: "Den haben wir auf einer Patroullie entdeckt. Hat schon angefangen sich zu wehren, als er uns nur sah. Er hat es geschafft eine Wache zu töten; und Ihr wisst, was das für eine Strafe bedeutet." Mit diesen Worten griff die Wache, die gesprochen hatte, Lacánce wieder grob am Arm und wollte ihn schon weiterzerren, als der Sklavenhändler sie noch mal aufhielt: "Das macht doch sicher ganz schöne Mühe und ein Todgeweihter ist solche Mühe nicht wert. Lasst mich Euch stattdessen einen Vorschlag machen." Er deutete mit der Geißel auf den Sklaven, der leblos an dem Gerüst vor den Sklavenkäfigen hing, "Mir ist mal wieder das... Anschauungsobjekt ausgegangen. Und weil ich nicht gerne sinnlos meine Ware opfere schlage ich vor das Notwendige mit dem Nützlichen zu verbinden und bitte Euch mir Euren Gefangenen für das Marderkreuz zu überlassen. Ich werde Euch natürlich auch angemessen entschädigen.", fügte er hinzu und klimperte verheißungsvoll mit einem Beutel voll Goldstücke. Die Wachen grinsten angsichts diese Vorschlages, er schien ihnen sehr zu gefallen. "Gut Idee, guter Mann.", ergriff diesmal die andere Wache das Wort, packte Lacánce wieder am Arm und zog ihn mit seinem Kameraden zu der Aufbaut hin. Der Sklavenhändler folgte mit dreckigem Grinsen, schnallte den ausgedienten Sklaven vom Gerüst und trat seinen leblosen Körper achtlos beiseite, um seinem neuen Spielzeug Platz zu machen. Die Wachen halfen ihm sogar Lacánce mit routinierten Handgriffen festzuketten, um anschließend ihre Entschädigung entgegenzunehmen. Bevor sie jedoch gingen macht eine Wache eine drohende Gebärde vor der Nase des Sklavenhändlers und sagte mit einem Ton, der keinen Widerspruch duldete: "Aber ich warne Euch, sollten wir mitbekommen, dass Ihr den Sklaven verkauft haben solltet... dann wird Euch auch Euer gesamtes Gold nichts mehr nutzen!" Dann zogen sie ab. Der Sklavenhändler aber lies sich von solch harten Worten nicht die Laune verderben und rieb sich die Hände anhand Lacánce gutem zustand. Seinem dreckigen Grinsen konnte man entnehmen, was seiner neuesten Errungenschaft alles bevorstehen konnte. Larian, der die ganze Szene beobachtet hatte, meine zu Lenn: "Aus irgendeinem Grund dauert mich dieser Mensch; Er wird die Folter nicht überstehen." Lenn schwieg eine Weile nachdenklich bevor er antwortete: "Warten wir ab, ob er sich dein Mitleid überhaupt verdient hat! Ich denke immer noch daran, das er es geschafft hat aus dem Räuberlager auszubüchsen." Wenn er könnte, würde er nun Larian in die Augen sehen, stattdessen blickte er auf einen Punkt der hölzernen Käfigwände, hinter denen er Larians Gesicht vermutete, "Und wir sollten schleunigst zusehen, dass wir hier wieder rauskommen!" "Ich will nicht wieder als Sklave enden...", sagte Larian und strich sich dabei traurig über eine Brandnarbe, die die rechte Hälfte seines Gesichtes verunzierte und ihm fast sein Auge gekostet hätte. Ein Relikt aus seiner Vergangenheit, in der er schon mal Sklave gewesen war, in der er gequält und grundlos geschlagen worden war. Die Verltzungen aus dieser Zeit waren geheilt, doch die Narben bestanden, und würden wohl für immer bestehen... "Hast du es geschafft einen Schlüßel zu stibizen?", fragte Lenn, der wusste, dass sich Larian zeitweise auch als Dieb über die Runden hatte bringen müssen. Larian erschrak. "N-Nein", stammelte er, "Diesmal hab ich nicht drangedacht..." Er hörte ein dumpfes klatschen. Lenn hatte sich wohl resigniert mit der Handfläche gegen die Stirn gehauen. Etwas entschuldigender meinte Larian: "Wir finden schon hier raus...", doch sein eben gefundener Optimisums wurde so schnell zerstört, wie er gekommen war. Erschreckt blickte Larian auf die Straße und sagte aufgeregt: "Lenn, sieh doch! Da kommt jemand! Ich glaube es ist ein Kunde! Lenn? Ich will nicht wieder als Sklave enden..." Auch Lenn sah auf und erkannte sofort, wen Larian meinte: Ein Mann mittleren Alters, nicht sagenhaft gekleidet, näherte sich dem Sklavenhändler und er hatte einen Blick, der Lenn gar nicht gefiel. "Verhalt dich ruhig!", gab er Larian den Rat, "Wir wollen nicht seine Aufmerksamkeit auf uns ziehen!" Doch der Fremde Mann war an etwas anderem als einem Sklavenkauf interessiert. Er schien sich mehr für das Sammelsurium der ausgelegten Zusätze zu interessieren und lies sich die einzelnen Exponate vom Sklavenhändler ganz genau erläutern. Funktionsweise, Ausrichtung, Benutzung und letzlich die Anwendung. Und schließlich kam, was kommen musste: Mit schiefem Grinsen fragte er, ob sich die Dinge vor dem Kauf nicht erst ausprobieren liesen. Der Sklavenhändler bejahte dies natürlich eifrig und drückte seinem Kunden eines der Stücke in die Hand, erklärte ihm kurz, wie es sich am effektivsten anwenden lies und forderte ihn auf, es doch gleich mal an seinem Sklaven zu versuchen. Und der Kunde legte begeistert los. Bereits nach den ersten zwei Schlägen zerschliss Lacánce's onehin ramponierte Kleidung noch weiter, was vorher kleine Löcher waren wurde zu Rissen, was vorher Risse waren weitete sich nun zu Schlitzen aus. Obwohl die nächsten paar Schläge schon seine Haut in Mitleidenschaft zogen verbiss sich Lacánce jeden Schmerzensschrei. Doch bereits nach dem nächsten halben Dutzend Schläge entfuhr ihm durch die Lippen ein kleiner Klagelaut, gefolgt vom nächsten beim nächsten Schlag, und ein lauterer beim Folgenden, bis er ein gequältes Stöhnen nicht mehr unterdrücken konnte. Wie hypnotisiert sah Larian zu, sah, wie Lacánce wieder und wieder geschlagen wurde, wie seine Kleidung weiter zerriss und sich langsam mit Blut tränkte, hörte sein Stöhnen, das Knallen der Geißel und die teilweise anfeuernden Bemerkungen des Sklavenhändlers und trotzdem drang all das nur unterschwellig in sein Bewußtsein ein. Denn er selbst schwamm in den Erinnerungen an seine eigene Sklavenzeit, wie er gequält und geschlagen, getreten und misshandelt worden war. Und was zuvor nur unterschwellige, flüchtige Erinnerungen waren, drängte mit neuer Präsenz in seine Gedanken, machte sich immer mehr breit, verdrängte die Realität um ihn herum und wurde mit jedem Schlag und jedem darauffolgendem Klagelaut Lacánce's stärker, reeler, bedrückender, bis sich Larian nur noch in seinen Erinnerungen an seine grausame Sklavenzeit befand. Es war ihm, als wurde er selbst geschlagen, es sah sich selbst, angekettet in einem dunklem Keller. Ein Verlies, extra für ungehorsame Sklaven die den Unmut des Besitzers auf sich gezogen hatten. Dort war Larian oft tagelang angekettet gewesen mit Luft und Tränen als Nahrung, mit Ratten und Dunkelheit als Gesellschaft. Wie oft hatten sich seine Wunden entzündet gehabt! Wie oft war er kurz vor dem Tod gestanden! Und wie oft hatte er es überlebt gehabt, wie knapp war er dem Tod entgangen gewesen, nur um nach seiner halblebigen Genesung wieder halb zu Tode geprügelt zu werden. Larian erinnerte sich nur zu gut, wie er das erste mal dort unten gewesen war. Sein Herr hatte ihn von seinem Oberaufseher, einem grimmigen Ork der mit Gewalt schneller als mit Worten war, dort unten anketten lassen, nur weil Larian eine Glasvitrine zu Bruch gegangen war. Es war in Wirklichkeit nicht seine Schuld gewesen, der Oberaufseher hatte ihm ein Bein gestellt gehabt und ihn so zu jenem verhängnissvollem Sturz gebracht, der ihn erst gegen die Vitrine geschleudert hatte und später in jene Zeller im Keller gebracht hatte, die während seiner Sklavenzeit fast sein zweites zu Hause geworden war. Er erinnerte sich, an das allererste mal dort unten. Wie er von dem Oberaufseher, nach Beweis der erfundenen Schuld, dort hinuntergezerrt worden war, wie er unsanft hineingestoßen und mit viel zu engen Fesseln an di eWand gekettet worden war. Doch als sei die Kälte und die Dunkelheit des Kerkers nicht genug gewesen hatte ihm der orkische Oberaufseher das Hemd heruntergerissen, seinem Herrn die Peitsche gereicht gehabt und jener gewaltliebende Kerl hatte Larian die ersten Peitschenschläge seines Lebens erteilt. Der Herr hatte ausgeholt gehabt. Der Schmerz flammte erneut durch Larian. Der Herr hatte wiederum die Peitsche erhoben gehabt. Wieder zuckte der brennende Schmerz durch Larians Rücken. Jener brennende Schmerz, der wie ein glühender Eisendraht seinen Rücken hinaufjagte, ein unangenehmes Kribbeln zurücklies, als könne seine Haut nicht mehr urteilen über heiß oder kalt, und noch bevor der erste Schmerz verklungen war, jagte ein zweiter den Rücken hinunter. Wie ein Blitz schoss ein dritter nach und Larian war sich sicher, dass sein Rücken in Feuer stand. Er schrie auf, doch seine Schreie wurden von der Dunkelheit verschluckt. Er füllte die Lungen, er schrie aus Leibeskraft. Doch seine Lunge lies sich nicht füllen; er hatte keine Kraft mehr. Ein Gefühl, als führe jemand mit einem glühenden Eisenstab seinen Rücken entlang betäube Larian. Er schrie wie in Trance, konnte Tränen nicht mehr von Schweiß unterscheiden, sein gesamter Körper bäumte sich auf und sackte wieder kraftlos in sich zusammen. Wieder fuhr ein Schmerz durch seinen Rücken und diesmal fühlte es sich an, als strich jener glühende Eisenstab über seine Wirbelsäule, als lecke die Hitze mit feuriger Zunge über seine Knochen. Sein Mund stand offen, er wusste nicht mehr, ob er schrie oder schwieg, die Dunkelheit, die zuvor nur um ihn herum gewesen war drang nun auch in ihn ein, füllte ihn, füllte seinen Körper, bemächtigte sich zuletzt seines Kopfes. Mit allerletzter Kraft wehrte sich Larian gegen diese Übernahme, er wollte schreien, rufen, doch da senkte sich bereits Dunkelheit auf seinen Geist. Kapitel 4: Überraschung gefällig? --------------------------------- "Larian!" Eine stimme durchschnitt die Dunkelheit wie ein Schwert. "Larian, verdammt, was machst du?" Etwas hatte ihn Sklavenband gepackt, dass er um seinen Hals getragen hatte und schleifte ihn umher. Nein, es war kein Sklavenband und er wurde auch nicht geschleift. Jemand hatte ihn am Kragen seines Umhanges gepackt und rüttelte an ihm. Was er zuvor für einen Holzboden gehalten hatte war in Wirklichkeit eine hölzerne Wand. "Verdammt, Larian, komm zu dir!", die Hand schüttelte ihn nun fester. Larian erkannte die Stimme. "Lenn!", stieß er aus. "Larian?" "Lenn!" "Ein Glück, du bist wieder bei dir!" Lenns Hand lies seinen Kragen los und wanderte durch die Gitterstäbe zurück. "Ich hab mir fast den Arm ausgerengt, um dich erreichen zu können!", beteuerte Lenn und lies seinen Handknöchel knacken. "Lenn, was war los?", fragte Larian und sah sich um. Um ihn her waren Holzwände, er befand sich in einer Art hölzernen Tonne mit nur einer offenen Seite; und diese war von einem Gitter versperrt. Larian konnte durch das Gitter auf eine breite Straße sehen. Ein Holzsteg wand sich von dort bis zu ihm herauf. Vor diesem Holzsteg war ein kreuzartiger Pranger, an welchem eine ihm bekannte Gestalt gekettet war und ausgepeitscht wurde. Endlich erinnerte sich Larian wieder, er war auf dem Sklavenmarkt, zusammen mit Lenn und dieser Mann war Lacánce. "Du bist ohnmächtig geworden.", erklang Lenn's Stimme in der Zelle neben ihm, "Ich hab mir schon Sorgen gemacht, was auf einmal mit dir los war!" Larian schüttelte leicht benommen den Kopf. Er versuchte zu unterdrücken, was da mit neuer Kraft in sein Bewußtsein drängte, er versuchte die Erinnerungen an seine Sklavenzeit loszuwerden, doch sie nahmen ihn immer mehr ein. Wieder drohte ihn die Dunkelheit des Kellers zu verschlucken, als Lenn's schneidende Stimme ihn hochfahren lies: "Larian!" Larian erschrak. "Was ist los?" "Ich sagte das geht zu weit!" "Bitte?", fragte Larian verwirrt. "Wie: >Bitte?<", meinte Lenn fast entrüstet, "Sag bloß nicht, du hast mir wirklich nicht zugehört!" "Nein.", gestand Larian, "Was sagtest du noch gleich?" "Ich sagte, dass er das nicht mehr lange durchsteht.", wiederholte Lenn. "Wer?", fragte Larian. "Elf, Larian, jetzt benutz mal deine Augen und sieh da runter! Und dann überleg noch mal, wen ich gemeint habe!" Der untere Teil von Lenn's Arm erschien ihn Larians Blickfeld und deutete die Straße hinunter. Larian folgte der Richtung und hatte wieder Lacánce's Marterung im Blick. "Das steht er nicht mehr lange durch...", stellte Larian fest. Von Lenns Richtung ertönte ein leises Klatschgeräusch. Er muss sich wieder die flache Hand gegen die Stirn geklatscht haben. Er murmelte etwas unverständliches, doch Larian beobachtete weiterhin, was sich ihm da bot. Lacánce wurde weiterhin gepeinigt, doch war er bereits zu erschöpft, um noch mehr als ein röchelndes Keuchen von sich zu geben. Dennoch wurde er weiter mit voller Kraft geschlagen. Larian spürte wieder, wie erkaltet geglaubte Narben auf seinem Rücken im alten Feuer zu lodern begannen, als ein besonders grausamer Schlag die Reste von Lacánce's Leinehemd zerriss. Mit Blut getränkte Stofffetzen flogen mit einzelnen Bluttropfen um die Wette. "Haltet ein, oh, haltet ein!", rief der Sklavenhändler auf einmal und kam mit bleichem Gesicht zu Lacánce angelaufen. Auch der Kunde starrte verwirrt auf Lacánce nun entblößten Oberkörper. Lacánce selbst rührte sich nicht mehr. "Helft mir ihn... das da runter!", sagte der Sklavenhändler und machte sich daran, mit Hilfe des Kunden, Lacánce loszuketten. Sein regloser Körper fiel ihnen nahezu in die Arme, als die haltenden Ketten ihn nicht mehr banden. "Dort rein.", sagte der Sklavenhändler mit einem Kopfnicken zu seinem schäbigen Zelt, und schleifte Lacánce mit Hilfe des Kunden hinein. "Was war das jetzt?", fragte sich Lenn. "Ich weis nicht genau...", sagte Larian. Er überlegte einen Augenblick und öffnete den Mund, um Lenn seine Vermutung zu äußern, doch in diesem Moment gab es ein Geräusch, als treibe man einen Feuer fauchenden Nagel in ein Holzbrett. Es folgten zwei Schreie: Ein Todesschrei und ein darauffolgender, Entsetzensschrei. Im selben Moment verfärbte sich eine Wand des Zeltes rot; rot wie ein gieriges Feuer, rot wie der Morgen nach einer grausamen Nacht, rot wie Blut... Es folgte ein dumpfer Schlag, der deutlich über den Sklavenmarkt hallte. Dann war es still. "Was zum...", wunderte sich Lenn. Auch Larian schien verwirrt. Er sah auf die rote Zeltwand, wanderte sie mit seinen Blicken hinab, bis zum Boden, wo sich langsam eine Lache des Blutes ausbreitete. "Meinst du sie haben Lacánce...", setzte Larian an, doch Lenn fiel ihm ins Wort: "Mein Gefühl sagt mir, dass..." Doch in diesem Moment kam ein weiteres Geräusch aus dem Zelt. Es klang, als sei etwas großes, schweres zu Bruch gegangen. "Das war doch das Splittern von Holz?", wunderte sich Larian. In diesem Augenblick hörte er ganz deutlich, wie jemand zu einem Ruf ansetzte, doch bevor es dazu kam stieb etwas mit so großer Wucht aus dem Eingang des Zeltes heraus, das der Stoff danach in Fetzten hing. Lenn und Larian erkannten in diesem Etwas sofort Lacánce, der sich mit neugewonnener Kraft auf den Sklavenhändler gestürzt hatte. Nun lag dieser rücklings auf dem Boden, Lacánce über ihm. "Nein!", schrie der Sklavenhändler, dass es in den nahen Seitengassen wiederhallte, "Erbar..." Sein Ruf sollte nie beendet werden; Lacánce hatte ihm bereits mit zwei geschickten Handgriffen sein Genick gebrochen. Nun nestelte er hastig am Gürtel des Sklavenhändlers. Kurz darauf sprang er auf und rannte mit einem Gegenstand, den er von dem Gürtel gelöst hatte, die Aufbaut hinauf. Es war ein Schlüßelbund. "Beeil dich, Lacánce!", rief Larian ihm aufgeregt entgegen. Er konnte es kaum erwarten herauszukommen, heraus aus diesem engen Loch, heraus an die Freiheit und endlich zu fliehen, zusammen mit Lenn. Lacánce nestelte einen Schlüßel vom Bund und fummelte ihn ins Schloß zu Larians Zelle. "Mach schneller!", drängte dieser. Endlich klickte es im Schloß und das Gitter schwang auf. Larian drängte heraus und sagte in einem fast befehlshabendem Ton: "Und jetzt Lenn!" Er war drauf und dran Lacánce die Schlüßel zu entreisen, so eilig hatte er es. Doch Lacánce lies sich die kleinen Gegenstände nicht entwenden und schloß mit eisernen Handgriffen auch Lenn's Gefängnis auf. "Endlich!", sagte Larian und zog Lenn fast heraus, so eilig hatte er es auf einmal. Doch Lacánce legte einen Beutel ab, der seit seinem Hechtsprung aus dem Zelt an seinem Arm baumelte und legte ihn vor den Waldelfen ab. "Das gehört Euch.", sagte er und öffnete den Beutel. "Unsere Waffen!", sagte Lenn triumphierend. Sofort nahmen Lenn und Larian ihr Eigentum an sich. "Jetzt sind wir wieder für Kämpfe gewappnet!", meinte Lenn. "Und da müssen wir auch.", meinte Larian und schluckte. Nicht verstehend, was er meinte, sah Lacánce ihn an, folgte dann aber seinem Blick zur Straße, wo einige Wachleute angelaufen kamen. Leise fluchte Lacánce. "Sie müssen die Schreie gehört haben.", meinte Lenn. Larian zog entschlossen einen seiner Dolche. "Dann kämpfen wir ebend für unsere Freiheit!" Auch Lenn zog sein Langschwert. "Wie immer ebend.", pflichtete er Larian bei, "Bleib am besten hier.", meinte er zu Lacánce. Doch dieser schüttelte den Kopf. "Es ist auch meine Freiheit, für die gekämpft wird...", setzte er an, doch Larian schnitt ihm das Wort ab: "Das können wir später besprechen. Komm jetzt, Lenn, diese Wachleute brauchen eine Lektion!" Er rannte, seinen Dolch fest in der Hand, die Aufbaut hinunter. Lenn war ihm dicht auf den Fersen und lies seine Waffe erwartungsvoll kreisen. Die Wachleute bremsten Am Fuß der Aufbaut ab, gaben sich einige rasche Befehle und einer lief los, um noch Verstärkung zu holen. Da waren die Elfen bereits am Fuß der Aufbaut angelangt. Lenn sprang mutig von dort ab, das Langschwert schlagbereit erhoben, und rammte sie einem der vorderen Wachmänner mit solcher Wucht auf den Schädel, das der Helm barst und Blut in alle Richtungen davon stoben. Im ersten Moment waren die Wachen davon zu betroffen, um zu reagieren; was Larian schamlos ausnutzte und dem nächstbesten seinen Dolch ins Bein rammte. Mit einem Fluchen stolperte dieser zurück und die anderen legten endlich los zu kämpfen: Zwei stürmten auf Lenn zu, doch dieser war schneller und rammte der ersten Wache sein Langschwert mitten durch das Gesicht, um sie anschließend rasch herauszuziehen, damit er fähig war den Schlag der anderen Wache zu blocken. Larian unterdessen griff blindlings hinter sich und war den Gegenstand, den er vom Folterarsenal gepackt hatte, der bisher unverletzten Wache entgegen und stürmte dann auf sie zu. Der fünfte, und auch letzte, denn es waren nur fünf Wachleute, versuchte die Wunde von Larians Dolch in seinem Bein zu verarzten, doch er musste erkennen, dass es seinen Oberschenkelmuskel erwischt hatte. Darum schleifte er sich langsam aber sicher vom Kampf weg. Lenn und Larian hatten weder die Aufmerksamkeit, noch die Zeit sich um den langsam flüchtenden zu kümmern, denn Larian hatte alle Hände voll zu tun nicht von der Wache getroffen zu werden und Lenn mühte sich eine Schlagabfolge des anderen Wachmanns abzublocken. Doch irgendwann zwischen den Schlägen fand Lenn genügend Zeit der Wache einen Faustschlag ins Gesicht zu geben. Verwirrt durch den Schlag torkelte sie und Lenn konterte mit zwei raschen Schulterschlägen durch seine Waffe und rammte diese letzendlich mit seinem gesamten Körpergewicht in den Rumpf der Wache. Da er aber den Schwertgriff nicht loslies wurde er von seinem zu Boden gehenden Gegner mitgezogen und es brauchte eine Weile, bis er es schaffte sein Langschwert herauszuziehen. In der Zwischenzeit wurde Larian von der Wache immer weiter zurückgedrängt, bis er schließlich mit dem Rücken gegen die Aufbaut stieß. Erschreckt zuckte er zusammen, die Wache nutzte seinen Moment der Unachtsamkeit und holte zum Gnadenstoß aus. Und er hätte womöglich getroffen, fuhre nicht wie aus dem Nichts der Stiel einer Peitsche übers Larians Kopf hinweg und traf die Wache zwischen den Augen. Erstaunt blickte Larian auf und sah Lacánce ins Gesicht. Bezihungsweise in den Schatten über seinem Gesicht, doch Larians Blick hing in diesem Moment auf Lacánce Lippen. Sie waren verzogen zu einem sanften Lächeln. Und es war das erste und einzige Mal, das Larian Lacánce lächelnd sehen sollte. Larian öffnete immer noch ein wenig erstaunt den Mund, um ein Wort des Dankes auszusprechen, doch in diesem Moment durchstieß ein scharfer Gegenstand von hinten den Hals der Wache. Lacánce warf reflexartig den Kopf zurück und die Spitze des Schwertes hielt nur einen Wimpernschlag von seiner Nasenspitze entfernt. Ebenso schnell wie der Gegenstand sich durch den Wachmann gebohrt hatte wurde er auch wieder zurückgezogen und der nun leblose Körper fiel seitlich weg und gab den Blick auf den Besitzer der Waffe frei: "Lenn!"; sagte Larian freudig. Lenn grinste ihn an und sah dann zu Lacánce, der die Peitsche, die er dem Wachmann ins Gesicht gerammt hatte, achtlos beiseite warf. "Wie es aussieht haben wir alle erwischt!", sagte Lenn zufrieden, ohne sich umzusehen. Doch Lacánce fixierte einen Punkt weiter hinter Lenn. "Dort hinten bewegt sich noch was.", sagt er schließlich und schritt von der Aufbaut. Im Vorbeigehen nahm er sich ein scheinbar zufälliges Stück von der Auslage und ging damit auf die fortkriechende Wache zu. Sein Schritt verriet keine Eile, denn der Wachmann war zu langsam, um erfolgreich fliehen zu können. Stattdessen nahm er den genommenen Gegenstand, einen kleinen Eisenflegel, fest in beide Hände und schritt weiter auf den Wachmann zu, in dessen Gesicht sich langsam Panik abzeichnete. Larian und Lenn sahen zu, wie Lacánce vor dem Wachmann stehen blieb und ihm mit einem gezielten Ruck die Eisenstange durch die Stirn trieb. Dann ging er wieder zu den beiden Elfen zurück. "Wir sollten endlich machen, dass wir weiterkommen!", meinte Larian. Lenn stimmte ihm mit einem Nicken zu und ebend wollten sie sich in Bewegung setzen, als hinter ihnen eine Stimme erklang: "Nein, wartet. Bitte lasst mich nicht zurück..." Die drei wandten sich um und sahen, dass es noch einen vierten Sklaven gab: Es war ein alter Greis, der ihnen bis dahin noch gar nicht aufgefallen war, so sehr war er in den Schatten seiner Zelle gedrückt. Nun kroch er hervor und sah die Elfen bittend an. "Befreit mich...", flehte er, "Bitte... nehmt mich mit!" Bevor Larian oder Lenn zu einer Antwort ansetzen konnten war Lacánce schon auf die Aufbaut gesprungen und ging auf den Alten zu. Doch Larian setzte ihm hinterher und hielt ihn vor dem Käfig zurück. "Nein, Lacánce!", sagte er, "Wir haben keine Zeit!" Aber Lacánce nestelte bereits den richtigen Schlüßel vom Bund und steckte ihn ins Schloß. Als er ihn herumdrehen wollte griff ihn Larian fest an der Hand. Ernst sah er Lacánce in den Schatten, der dauerhaft dessen Gesichtshälfte verbarg, und sagte in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete: "Nein, Lacánce! Er ist viel zu alt, als das er das überleben könnte, du musst ihn da lassen!" Lacánce stieß Larians Hand weg und sagte, leise zwar, doch sehr eindringlich: "Es liegt nicht in meiner Absicht ihn hierzulassen; Also werde ich es auch nicht tun!" Und damit schloß er das Gitter auf. Lenn, der am Fuß der Aufbaut stehen geblieben war, rief hinauf: "Beeilt Euch! Ich sehe bereits einen neuen Trupp Wachmänner anlaufen!" Larian sah Lacánce weiterhin ernst an. Als er sprach klang seine Stimme wie ein Fels, den weder die Wellen des Meeres, noch die Stürme der Dünen sprengen könnten: "Sieh ihn dir nur an! Er ist alt, außerdem hinkt er mit dem linken Bein. Er wird uns nur zur Last fallen und unsere Flucht verhindern; Lass ihn hier!" Lacánce lies sich jedoch nicht von Larians Reden beeindrucken und nahm den Greis bei der Hand, um ihn hinauszuziehen. Der Alte blinzelte ins Tageslicht und wollte wankend aufstehen, doch selbst dazu fehlte ihm die Kraft. "Lacánce...", setzte Larian noch einmal Neu an, doch Lacánce hievte sich den Greisen kurzerhand auf den Rücken und sagte mir rauer Stimme zu Larian: "Jetzt könnt ihr in den Kämpfen zwar nicht mehr auf meine Hilfe zählen, aber dafür sollte der Greis nicht euer Problem sein!" Larian wollte etwas erwidern, doch Lenn schrie hinauf: "Macht endlich! Sie kommen!" So beschränkte sich Larian nur auf ein Nicken und hastete mit Lacánce die Aufbaut hinunter. "Da sind wir", sagte er, als er ein klein wenig keuchend neben Lenn zum stehen kam. Dieser zog die Augenbrauen hoch und sah mit gerunzelter Stirn auf den Greisen, den Lacánce nun auf dem Rücken trug. "Kümmer dich nicht um ihn.", beschwichtigte ihn Larian, "Wir sollten zusehen, dass wir hier wegkommen!" Lenn nickte und endlich setzten sie sich in Bewegung. Lacánce schaffte es trotz des zusätzlichen Gewichts erstaunlich gut Schritt zu halten. Während dem Rennen warf Lenn einen Blick über die Schulter und sagte dann wieder nach vorn gewandt: "Wir sollten einen Zahn zulegen, die haben einen ziemlich raschen Schritt drauf!" "Ist gut.", sagt Larian und beschleunigte seinen Schritt. Auch Lenn wurde schneller und erst jetzt fiel Lacánce langsam aber sicher Zentimeter um Zentimeter zurück. "Eilt Euch!"; spornte Lenn ihn an. Lacánce mühte sich kein bisschen noch schneller zu rennen, sondern sagte stattdessen: "Wenn ihr mich fragt wäre es besser nicht die Hauptstraße entlang zu rennen. Lasst uns lieber durch die Seitengassen gehen!" "Gute Idee", stimmte Larian zu, "Wo ist das Tor?" "Es war dort drüben.", antwortete Lacánce mit einem Kopfnicken und schlug eine andere Richtung ein. Lenn und Larian folgten ihm zum Rand der breiten Straße und flüchteten sich mit ihm zwischen die eng stehenden Häuser. Obwohl die Sonne sehr hoch stand reichte ihr Licht kaum, um die Gassen in Tageslicht zu hüllen und so rannten sie durch einen dunklen Flimmer von Staub und abgestandener Luft. "Wie weit ist es bis zum Tor?", fragte Larian. "Die Stadtmauer müsste drei Häuser weiter sein,", vermutete Lacánce, "doch das Stadttor ist zwei Blocks weiter links. Larian tauschte mit Lenn einen erstaunten Blick anhand dieser gewagt genauen Lageeinschätzung, entgegneten jedoch nichts, sondern rannten Lacánce hinterher, der erst nach links einbog, dann ein Haus nach rechts umrundete und schließlich in eine links gelegene Gasse einbog, wo er auslief und sich in den Schatten hinter einige Kisten drückte, ohne dabei etwas bestimmtes am Ende der Gasse aus dem Blick zu lassen. Lenn und Larian trafen knapp nach ihm ein und drückten sich gegen die poröse Hauswand. Sie fixierten mit den Augen dasselbe Ziel wie Lacánce. "Da ist das Tor!", stellte Larian fest. "Die Wachen scheinen sehr ruhig, anscheinend ist die Kunde unseres Ausbruches noch nicht zu ihnen gelangt.", meinte Lacánce mit Blick auf die beiden Wachleute. "Na, dann wäre es doch schade, wenn wir diese Gelegenheit verstreichen liesen!", meinte Lenn mit siegessicherem Grinsen und lies seinen Bogen von seinen Schultern gleiten. "Wie viele Waffen schleppt ihr nur mit euch herum?", wunderte sich Lacánce. "Zwei Dolche.", sagte Larian, "Und Lenn hat zusätzlich zu seinem Langschwert noch ein Kurzschwert und seinen Bogen." "Und ich hab sogar Pfeile!", sagte Lenn und nahm einen aus dem Köcher. Vorsichtig näherte er sich der Häuserecke und nahm die Wachen ins Visier. Dann lies er doch den Bogen sinken, murmelte etwas leises und zog sich einen zweiten Pfeil aus dem Köcher, den er zusätzlich zum ersten auf die Sehne legte. "Beeil dich.", zischte Larian ihm zu, "Wer weiß, wann die Wachleute aufkreuzen?" "Nur Geduld", meinte Lenn halb abwesend und nahm Ziel. Es konzentrierte sich einige Momente, dann lies er die Sehne los. Es gab ein leises zupfen, als hätte man ein Haar in zwei gezogen, für einen Augenblick erklang ein Schwirren in der Luft, dann folgten bereits zwei Geräusche, als stieße man mit einem geraden Ast ins Wasser und schließlich sackten die beiden Wachmänner mit einem Sterbenslaut auf den Lippen in sich zusammen. "Gut gemacht, Lenn!", freute sich Larian und stand auf. "Kein Problem für mich!", sagte Lenn und schulterte seinen Bogen. "Weiter geht's.", meinte Larian zu Lacánce und folgte Lenn, der zu dem toten Wachpersonal eilte und seine Pfeile wieder einsteckte. Lacánce rückte mit einem Zucken den Alten auf seinem Rücken zurecht und folgte den beiden Elfen, die bereits das Stadttor verliesen. Die Straße führte über eine kleine, steinerne Brücke, welche sich über ein kleines Bachbett spannte, um dann zu einem losen Weg zu werden, der sich am Waldrand entlang zog. Die Elfen überkreuzten diese Strecke und am Waldrand wurden sie endlich von Lacánce eingeholt. "Wartet... einen Moment...", Lacánce Stimme klang mit einem mal so brüchig, das die Elfen erst meinten der Greis hätte gesprochen. "Jetzt anhalten? Das wäre glatter Selbstmord!", polterte Lenn los, doch Lacánce lief bereits aus. Larian verringerte ebenfalls das Tempo und blieb schließlich stehen. Lenn seufzte, drosselte letzendlich aber auch seinen Lauf und stellte sich neben Larian, während Lacánce den Greisen vorsichtig an einem Baumstamm absetzte. Den Alten schien die Flucht sehr erschöpft zu haben. Er hing am Baumstamm und war nicht mehr ansprechbar. Obwohl sein unruhiger Atem hätte zeigen müssen, das er noch lebte, überzeugte sich Lacánce davon, dass sein Herz noch schlug, indem er vorsichtig am Hals des Greisen nach der Pulsader fühlte. "Hast also doch endlich Vernunft angenommen.", sagte Larian, der vermutete, dass Lacánce den Greisen nun endlich zurücklassen würde, um selbst schneller voranzukommen. Doch dieser erhob sich nur und drehte sich zu den beiden Elfen um. Sie blickten zurück und warteten auf eine Erklärung. Doch Lacánce sagte nichts, sondern sah den Elfen nur entgegen und sie blickten zurück in jenen Schatten, der stetig seinen Blick verdeckte. Es war Larian, der das Wort ergriff: "Du hast nicht vor ihn zurückzulassen..." Lacánce nickte langsam und antwortete: "Wie ich bereits erwähnte ist das nicht meine Absicht. Zumindest nicht..." doch er hielt inne und sprach nicht weiter. "Was?", fragte Larian, "Was nicht?" Lacánce wandte das Gesicht ab, mied seinen Blick. "Nun sag schon.", drängte Larian und ging einen Schritt auf Lacánce zu, blieb dann aber doch stehen. "Du bist gar kein Mensch.", sagte er nach einer Weile. Lacánce wandte ihm wieder sein, von dem tiefen Schatten kaschiertes Gesicht zu, und nickte langsam. Auch Larian nickte langsam. "Wenn Ihr kein Mensch seid", warf Lenn mit einer Spur von Misstrauen ein, "Was seid Ihr dann?" Lacánce verharrte einen Augenblick, lies dann aber seine Hände zum Saum seiner Kapuze wandern und schlug sie zurück. Lange, glatte, Haare, die einst schwarz waren doch nun an Farbe verloren und so grau wie Spinnweben wirkten, steckten in der Kapuze und fielen unter dem Umhang, ein bleiches Gesicht starrte den beiden Elfen entgegen; ein bleiches Gesicht mit Augen, die so rot waren, wie das Blut das an diesem Tag vergossen worden war, und einem formschönen Mund, aus dem jedoch zwei weiße Fänge standen und über die Unterlippe reichten. Sie mussten bisher unter den Lippen versteckt gewesen sein, da sie niemandem aufgefallen waren, doch nun ragten sie fast bis über die Unterlippe hinaus. Was zuvor von Schatten verborgen worden war, lag nun im bleichen Licht, das durch die Blätter der Bäume auf den von halbverrotteten Blättern und kleinen Ästen bedeckten Waldboden fiel. In der Ferne war das leise Rufen von Stimmen zu hören. "Ihr seid ein Vampir.", stellte Larian fest. Lacánce nickte wieder. Doch da war noch etwas. Larian lies den Blick vom Gesicht am Saum des grünen Umhangs entlang bis zu den ausgelatschten Schuhen wandern und wieder die zerschlissene Hose hinauf bis zu dem dicken Sackleinenstoff des Oberteils, das wohl aus dem Zelt des Sklavenhändlers stammte. Und plötzlich fiel es Larian auf: Diese ausgemergelte Statur deutete nicht von schadhafter Unterernährung, sondern von... "Ihr seid gar kein Kerl!", stieß er aus. "Hast du das erwartet?", antwortete ihm Lacánce Stimme, welche nun weniger tief, weniger kerlhaft sondern auf ihn viel mehr feminin wirkte. Auch Lenn war es mittlerweile aufgefallen. "Haben sie die Schläge darum unterbrochen?", fragte er und bezog sich dabei auf Lacánce's Marterung. Sie nickte. "Es muss sie überrascht haben, dass sie auf einmal weibliche Brüste vor sich sahen.", sagte sie mit ihrer nachdenklichen Stimme, die sie mit der richtigen Maskerade wie ein Jüngling mit formschönen Lippen erschienen lies. Larian nickte. In der Ferne wurden Stimmen laut. "Sie suchen uns.", stellte Lacánce fest, ohne den Blick von den beiden abzuwenden. Auch sie betrachteten unverwandt ihr Gegenüber. Lenn nickte scheinbar beiläufig zu dem Greis. "Und den wirst du...", deutete er an. Sie warf einen Seitenblick auf den Greis, der immer noch ohne Bewußtsein am Baum lehnte, und wandte sich wieder den Elfen zu: "Nach der Folterung habe ich viel Kraft verloren. Der Kunde hat mich zwar soweit gekräftigt, dass ich fliehen konnte, doch war es nur ein Aufschub." Sie sah erst Lenn, dann Larian in die Augen. Mit ihren scharfen Sinnen konnten die Elfen bereits Schritte ausmachen. Lacánce sah die beiden tief an. "Es wäre besser Ihr geht jetzt", meinte sie schließlich. Larian nickte langsam, starrte Lacánce aber immer noch in die Augen. Lenn legte ihm eine Hand auf die Schulter und drehte ihn sanft in die andere Richtung. Larian wandte den Kopf noch einmal zu Lacánce. "Geht nun.", sagte sie, "Geht nun. Und dreht Euch nicht um. Um die Wachen braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen; Geht jetzt!" Lenn drückte Larian leicht vorwärts, um ihn zum gehen zu bewegen und endlich wandte er sich ab und setzte sich aus eigenem Antrieb in Bewegung. Die Elfen begannen zu laufen, erhöhten dann ihr Tempo und schließlich rannten sie, jagten über den Waldboden, doch so schnell sie auch gelaufen waren, sie hörten dennoch dieses Geräusch. Das Geräusch als triebe man einen vor Feuer fauchenden Nagel in ein Holzbrett. Es klang noch lange in ihren Ohren. Und so schnell sie auch liefen, das Echo dieses Geräusches begleitete noch lange ihre raschen Schritte, die sie wegtrugen; weg von Lacánce, weg von diesem Abenteuer, doch bereits ihrem Nächsten entgegen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)