Licht ins Dunkel von abgemeldet (Kurzgeschichten verschiedener Charaktere) ================================================================================ Kapitel 7: Family Conflicts - Yasif ----------------------------------- Nächtliche Stille hatte sich über die Wüste gelegt und somit auch über die Burg der Assassinen. Die Kälte drang durch die Mauern und erreichte jeden, der nicht in seinem Bett lag. Inmitten der Dunkelheit flackerte ein schwaches Licht, das von einer einzelnen Kerze ausging. Vor der Kerze kniete eine junge Frau, die inbrünstig betete. „Allah, nimm dich meiner an...“, kam es fast lautlos von ihren Lippen Neben ihr stand ein kleiner Junge, vier oder fünf Jahre alt, der sie ratlos beobachtete. „Mama?“ Es klang hilflos. Die Frau sah auf und blickte ihren Sohn mit sanften, warmen Augen an. „Mama, was tun wir hier?“ „Wir warten...und beten.“ Sie nahm den Jungen in den Arm. „Allah wird uns helfen.“ Der Junge fröstelte und drückte sich enger an den vertrauten Körper seiner Mutter. „Wobei helfen, Mama?“ Das Gesicht seiner Mutter wurde traurig und sie strich ihm mit einer ihrer schlanken Hände eine Strähne aus der Stirn. „Ach, Yasif...du wirst es sehen.“ Große, dunkle Augen blickten sie verwirrt an, aber sie sagte nichts mehr dazu. „Allah wird uns helfen.“, wiederholte sie nur leise, als wollte sie sich selbst davon überzeugen. Yasif spürte, dass seine Mutter sich fürchtete und diese Furcht übertrug sich auf ihn. Was war bloß los? Warum hatte seine Mutter ihn mitten in der Nacht hierher gebracht? Warum betete sie so verzweifelt? Er konnte auf all das keine Antwort finden. Laute Schritte und Rufe rissen ihn aus den Gedanken. Unten an der Tür war eine hitzige Diskussion im Gange. Yasifs Mutter erhob sich und blickte die Treppe hinunter, die den Turm mit dem großen Zimmer verband, in dem die Frauen untergebracht waren. „Ihr könnt hier nicht hinein.“, empörte sich gerade Ireén, die älteste der Frauen. Der angesprochene Assassine stieß sie einfach zur Seite und trat ein. Mit einem Blick erfasste er die Umgebung und stellte fest, dass die Gesuchte nicht da war. Wütend drehte er sich zu Ireén. „Wo ist Hasial?“ Ireén sah zu Boden. „ich weiß nicht, was ihr meint, Herr.“ „Tu nicht so.“ Die Stimme des Kriegers war nun so laut, dass jeder im Raum sie hören konnte, ebenso wie Yasif und seine Mutter Hasial oben im Turm. „Hier kann keiner fort ohne deine Einwilligung. Wo ist sie?“ Ireén schwieg beharrlich. Der Zorn stand dem Araber ins Gesicht geschrieben. Er wandte sich an eine der jüngeren Frauen, fast noch ein Mädchen. „Wo ist sie?“, wiederholte er seine Frage. „Die Frau mit dem Jungen, Herr?“, kam es eingeschüchtert zurück. „Genau die.“ „Ich weiß es nicht, Herr.“ Natürlich wusste sie es, jede der Frauen hier wusste es. Der Mann sah sich noch einmal genauer um. Jede von ihnen mied seinen Blick, sah hierhin und dorthin, nur zu einer Stelle nicht. Dem Turm. „Danke für die Auskunft.“, knurrte der Assassine und gab seinen Männern einen Wink ihm zu folgen. Im Raum herrschte ängstliches Schweigen. Oben im Turm wich Hasial entsetzt an die Wand zurück und drückte Yasif schützend an sich. Mit bebenden Lippen wiederholte sie stumm ihr Gebet. „Sieh mal einer an.“ Die erbarmungslosen Augen des Assassinen ruhten auf Hasial und ihrem Sohn. „Gib mir den Jungen.“, forderte er schroff. Hasial schüttelte den Kopf und zog Yasif dichter an sich. „Du sollst mir den Jungen geben!“ Die laute Stimme ließ Yasif zusammenzucken, gleichzeitig spürte er die Tränen seiner Mutter auf seiner Haut. „Bitte, Kune...“, flüsterte sie. „Er ist auch dein Sohn.“ Verächtlich blickte Kune auf die beiden hinab. „Er ist eine Missgeburt und hat das Leben nicht verdient. Geh zur Seite.“ Sein Schwert glänzte bedrohlich, als er es zog. „Nein!“ Hasial stellte sich so, dass Kunde den Jungen nicht erreichen konnte. „Bitte...“ Flehend sah sie ihn an. „Du kannst doch deinen Sohn nicht umbringen.“ „Für wen hältst du dich?“, brauste Kune auf, in seinem Gesicht war keinerlei Mitleid. „Ich tue, was immer ich will. Diese Schande von einem Sohn wird sterben und du mit ihm!“ Mit diesen Worten stieß er sein Schwert durch den Körper der jungen Frau. „Dachtest du ernsthaft, du würdest davonkommen?“, fragte er fast mild, als Hasial zu Boden sank. Yasif stürzte zu seiner Mutter. „Mama!“ Verzweifelt rüttelte er an ihrer Schulter, ihr Blut klebte an seinen kleinen Händen. „Mama, wach doch auf.“ Tränen rannen seine Wangen hinunter und verschleierten seinen Blick. „Bitte.“ Der harte Schlag seines Vaters kam völlig unvorbereitet und traf ihn mitten ins Gesicht. „Ein Assassine weint nicht!“, herrschte Kune seinen Sohn an, der zurückgetaumelt war. Yasif schluchzte leise, aber es kamen keine Tränen mehr. Unschlüssig sah er seinen Vater an. Er verstand nicht, warum Kune Hasial umgebracht hatte. Er verstand überhaupt nichts mehr. Kune musterte den Jungen eindringlich. „Vielleicht ist es für eine Ausbildung noch nicht zu spät.“ Grob packte er Yasif an der Schulter. „Los, komm mit.“ Einen Moment lang wehrte Yasif sich, was ihm einen weiteren Schlag einhandelte. Dann folgte er seinem Vater widerwillig. Als sie an Ireén vorbeikamen, bemerkte er ihren traurigen Blick. „Hilf mir.“, wollte er schreien. „Mach, dass sie aufhören. Mach, dass Mama wieder aufwacht.“ Doch er schwieg. Soweit er sich erinnern konnte, war Ireén immer da gewesen, um ihm und seiner Mutter zur Seite zu stehen, aber irgendetwas sagte ihm, dass sie ihm jetzt nicht helfen konnte. Kune sah Ireén ungerührt an. „Mach da oben sauber.“, befahl er, bevor er mit Yasif den Raum verließ und die schwere Tür hinter ihnen ins Schloss fiel. Yasif brachte sein Pferd kurz nach den beiden anderen zum Stehen. Er hatte die Gestalt bemerkt, die im Schatten an der Mauer lehnte. Ashraf und Shareef tauschten bedeutungsvolle Blicke und wollten Yasif schon vorschlagen zu gehen, als die Gestalt ins Licht trat. „Na, Yasif, mal wieder einen Auftrag versaut?“ Yasif zeigte keine Reaktion. Er stieg von seinem Pferd und nahm ihm den Sattel ab. „Die Weichherzigkeit deiner Mutter scheint auf dich übergegangen zu sein.“, fuhr Kune fort. Er wollte Yasif dazu bringen, ihn anzugreifen. Seit er seinen Sohn damals in Ausbildung gegeben hatte, hatte er es bereut. Nicht, dass Yasif nicht gut war, trotzdem wuchs der Hass auf ihn mit jedem Tag. Er wollte Yasif in seinem eigenen Blut liegen sehen, so, wie es seine Mutter auch getan hatte. „Ich wusste schon immer, dass du ein miserabler Assassine sein würdest.“ Yasif wirbelte herum. „Warum hast du mich dann nicht einfach getötet?“, fauchte er gereizt, in seinen Augen stand purer Hass. Kune schien amüsiert. „So wie Hasial? Ich hatte es ja eigentlich vor. Keine Ahnung, warum ich mich umentschieden habe, aber es war ein fehler.“ Er bemerkte Yasifs Blick. „Was ist, willst du sie rächen? Nur zu! Aber du solltest auch wissen, dass sie selbst Schuld ist. Sie hat ihr Todesurteil selbst gesprochen, als sie beschloss, dich zur Welt zu bringen. Sie war nicht die einzige Frau, die ich geschwängert habe, sie war nur die einzige, die so dumm war, das Kind zu behalten.“ „Du elender, verdammter...!“ Hätten Ashraf und Shareef ihn nicht festgehalten, hätte Yasif sich jetzt auf seinen Vater gestürzt. „Lasst mich los.“ „Vergiss es.“ Ashraf verstärkte seinen Griff. „Tu nichts, was du später bereust.“ Shareef warf ihm einen stummen Blick zu und Ashraf verbesserte sich. „Vielleicht wirst du es nicht bereuen, aber lass es trotzdem.“ „Hör auf deine Freunde, die denken wenigstens nach.“, spottete Kune gehässig. Yasif, der sich soweit wieder unter Kontrolle hatte, befreite sich aus dem Griff der zwei Assassine. „Irgendwann...“, murmelte er. Die warme Stimme seiner Mutter...ihre leisen Gebete...ihr Blut an seinen Händen... Er wandte sich ab, um nicht erneut zu versuchen, seinen Vater anzugreifen und führte das Pferd in den Stall. „Genauso feige wie der Rest der Bande.“, grinste Kune. „Ich kann nicht glauben, dass ich so einen Schwächling in die Welt gesetzt habe.“ „Das reicht.“ Die Beleidigungen über seinen Freund wurden Ashraf langsam zu viel. Er wollte sein Schwert ziehen, doch Shareef hielt ihn zurück. „Er gehört Yasif. Nimm ihm nicht seine Möglichkeit auf Rache.“ Ashraf ließ die Hand sinken und fluchte. „Bei Allah, es wird mir schwer fallen.“, knurrte er, bevor er mit Shareef die beiden verbliebenen Reittiere in den Stall führte. „Was für ein Drecksack.“ Im Dunkeln des Stalls hatte Yasif seine Augen geschlossen und ordnete seine Gedanken. Noch konnte er seinen Vater nicht herausfordern, dass wusste er. Kune war stark und nicht umsonst Rashids Leibwache. Also würde Yasif eben trainieren müssen, bis er soweit war. Er öffnete die Augen wieder und sah in die Dunkelheit. Für einen Augenblick fühlte er sich in die Nacht zurückversetzt, als er noch ein Junge gewesen war. Unwillkürlich ballte er seine Hand zur Faust. „Ich schwöre bei Allah, ich werde ihn töten...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)