Die letzten Jahre von Rejah ================================================================================ Kapitel 10: Zwiespalt --------------------- Uff, soeben beendet. Ich muss sagen, manche Stellen aus diesem kapitel gefallen mir ganz gut, manche habe ich einfach nur hingeschmiert, glaube ich. Hatte zwischendurch mal so das ein oder andere Blackout *seufz* Ich musste sogar eine ganze Szene umschreiben, weil ich vergessen hatte, dass John ja inzwischen auch weiß, dass Alexis Harry ist ôO Kapitel IX : Zwiespalt Das raue Seil an seinem Bein schmerzte allmählich. Weder Richard noch Jakob hatte sich nach der Aufdeckung der Falle vom Fleck gerührt und so hing er immer noch kopfüber und starrte den Boden an. “Die anderen würden dich nicht als Anführer akzeptieren.” Jakob sprach leise und ruhig, Alexis schaute zu ihm auf, auch wenn er sich dabei etwas den Hals verrenkte. “Sie wissen, dass du viel zu temperamentvoll für den Job bist.” Er sprach ohne ein einziges Mal zu zögern. Wie machte er das, fragte Alexis sich, wo er sich doch in so einer Situation befand? Immerhin war ein Kampf mit Richard kein Zuckerschlecken - und das war es doch, worauf es inzwischen hinauslief. “Temperamentvoll?” Richard lachte leise, sodass es Alexis einen Schauer über den Rücken laufen ließ. “Natürlich, ich bin natürlich temperamentvoll. Aber was ist mit dir?” Alexis zuckte kurz zusammen. Was meinte er damit? Auf Jakobs Gesicht war währenddessen ein etwas gequälter Ausdruck erschienen. “Du weißt, dass das Vergangenheit ist. Keiner von uns wird so geboren, wie er stirbt.” Ehe Alexis sich versah, zückte Jakob sein Messer, schwang es kurz durch die Luft; plötzlich war er frei und fiel hart auf den Boden. Sofort rappelte er sich auf, seine Hände und Knie voller dunkler Erde uns grüner Flecken, sah seinen Anführer an. Doch der ignorierte ihn bloß, fixierte Richard stumm. Dieser lächelte. “Das wird dir jetzt auch nicht weiterhelfen!” grinste er und ging auf den am Boden knienden Alexis zu, der immer noch damit beschäftigt war, seine Hände von der klebrigen Erde zu befreien und durch Blicke Jakobs Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Alexis bemerkte davon nichts. Er fragte sich, was der Grund für Jakobs seltsames Benehmen war. Er konnte sich doch kaum so sehr auf Richard konzentrieren, dass er ihn gar nicht mehr wahrnahm. Oder ignorierte er ihn absichtlich? Ein Klirren, nur wenige Zentimeter von ihm entfernt, riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. Jakob war plötzlich verschwunden, ebenso wie Richard, wie er feststellen musste, als er sich umdrehte. Er fand sie nur wenige Augenblicke später einige Meter weiter. Und sie kämpften miteinander. Das Klirren, das er eben noch gehört hatte, stammte von ihren Messern, die sie gezückt hatten, ohne dass er es gesehen hatte. Das Grinsen war von Richards Gesicht verschwunden; er sah konzentriert aus, während er sich abwechselnd verteidigte und dann selber angriff. Alexis’ Körper gehorchte ihm nicht mehr. Seine Muskeln waren wie betäubt, als wäre die Kälte daran schuld, doch er wusste, dass es an seiner Angst lag. Oder jedenfalls hätte er es gewusst, wenn diese Furcht nicht auch noch seine Gedanken soweit gelähmt hätte, dass dafür kein Platz mehr blieb. Der Frost, der sich über das Moos gelegt hatte, machte den Boden nass und rutschig; Alexis konnte sehen, dass es beiden nicht leicht fiel, immer das Gleichgewicht zu behalten. Er wollte sich nach John umschauen, sehen, was dieser in der ganzen Zeit getan hatte, ob er überhaupt noch da war oder nicht schon losgerannt war um Hilfe zu holen, von wo auch immer. Doch er konnte nicht. Erstens war es inzwischen zu dunkel, um überhaupt noch viel erkennen zu können, was außerhalb der Lichtung, auf der sie sich befanden, geschah - dass er dies konnte, lag nur daran, dass der Mond über den Baumwipfeln fast voll und damit recht hell war. Zweitens traute er sich nicht, sich jetzt zu bewegen. Was, wenn er damit wieder Richards Aufmerksamkeit auf sich zog? Im Moment schien dieser ihn vergessen zu haben, und Alexis war nicht gerade erpicht darauf, diesen für ihn glücklichen Zustand in irgendeiner Weise rückgängig zu machen. Er war feige. Wie war das noch mal? Er wollte etwas erreichen? Er wollte eine neue Seite gründen? Er wollte so viel, doch hatte er in all den Monaten etwas erreicht? Ein wenig, ja, dank des Werwolfclans und vor allem wegen Jakob. Jakob war mitnichten nur noch ein Werkzeug für ihn, er war es schon lange nicht mehr. Er war Verbündeter. Er hatte ihm vieles beigebracht, körperlich wie geistig. Er war jemand, der ihm zuhörte. Er war ein Freund. Konnte er ihn im Stich lassen? Seine Glieder fühlten sich taub an, als er sich aufstützte und langsam aufstand. Nervös fasste er sich unter den Umhang, wo er seinen Zauberstab aufbewahrt hatte, fand ihn und nahm ihn. Seine Finger zitterten. Er fragte sich, wieso die beiden keine Zauberstäbe benutzten - wäre dies nicht effektiver gewesen? Dennoch war dies seine Chance; beinahe geräuschlos ging er in geduckter Haltung über das weiche Moos, ohne jegliche Deckung, denn die gab es hier nicht. Sowohl Jakob als auch glücklicherweise Richard waren so sehr in ihr Gefecht vertieft, dass sie sein Näherkommen nicht bemerkten. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er schließlich in ihrer Reichweite angelangt war und seinen Stab langsam mit ausgestreckter Hand hob. “Sectrumsempra!” In seiner Stimme war so gut wie nichts von der Angst zu hören, die er in diesem Moment verspürte; weiße Funken sprühten aus der Spitze und schossen genau auf Richard zu, der just bei seinem Ausruf herumgeschnellt war und nun mit vor Schreck geweiteten Augen auf den auf ihn zurasenden Fluch starrte. Alexis hatte die Augen zusammengekniffen. Er wusste, was der Fluch anrichten konnte und er wollte es nicht ein zweites Mal sehen, sehen, wie er blutige Wunden riss. “Alexis!” Das war Jakob. Er riss die Augen wieder auf, gerade noch rechtzeitig, denn er erkannte, dass er Richard verfehlt haben musste. Dieser rannte soeben in seine Richtung, das Messer, dass er eben noch gegen Jakob verwendet hatte, nun gegen ihn gerichtet, sein Gesicht vor offensichtlicher Wut verzerrt. Hastig sprang er zur Seite, wich der Waffe aus, doch Richard schien das erwartet zu haben; er griff nach ihm und hielt ihn fest. Durch Alexis’ Körper ging ein Ruck, er verlor das Gleichgewicht, taumelte und fasste sich wieder, schnellte herum, um dem Messer abermals auszuweichen. Es blieb keine Zeit, einen Fluch zu sprechen; Richards Angriffe waren zu schnell und präzise, er konnte nicht zielen, er musste beinahe seine gesamte Konzentration darauf verwenden, ihm immer wieder auszuweichen. Aus Jakobs Kampf war der von Alexis geworden. Dachte er zumindest, bis Richard ein Strahl aus grell grünem Licht traf. Geschockt erstarrte Alexis, blickte auf Richard, dessen Augen glasig wurden. Der Hüne sank auf die Knie, verharrte einen Moment in dieser Position, der Mund geöffnet, dann fiel er vornüber und regte sich nicht mehr. Jakob trat neben sie, auch John kam aus seinem Versteck hinter dem Bäumen hervor. “Mach das nie wieder.” Das war alles, was er sagte, dann zückte er seinen Zauberstab und ließ Richard einen Meter über den Boden schweben. Der leblose Körper hing schlaff in der Luft, seine Arme baumelten an den Seiten. Stumm wandte Jakob sich um und ging, in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Alexis starrte ihm nach, noch zu geschockt, um sich zu bewegen. John beobachtete ihn. “Ist dir bewusst, dass er dich gemeint hat?” fragte er schließlich. Dadurch aus der Trance gerissen blinzelte Alexis kurz und sah ihn dann an. John trug einen seltsamen Gesichtsausdruck, stellte er mit einem unguten Gefühl fest, eine Mischung aus Wut und Verständnis, eine Mischung, die er keinem Auslöser zuordnen konnte. “Mich? Wie meinst du das?” “Du hättest dich nicht einmischen sollen.” seufzte er und nickte mit dem Kopf zur Seite, als Zeichen dafür, dass sie ebenfalls gehen sollten. Während sie nun in einigem Abstand zu Jakob hinterherliefen, richtete John sich wieder an Alexis, der in Schweigen verfallen war. “Du weißt wirklich noch nicht viel von uns Werwölfen. Ich mach dir da keinen Vorwurf, es gibt viel, was du noch lernen musst und wir können dir nicht alles beibringen.” Er stockte und sah dann zu Richard. “Manches lernt man eben erst mit der Zeit.” “Wieso?” fragte Alexis mit leiser Stimme. Er war verwirrt. “Wieso? Das eben hätte ein Kampf zwischen Jakob und Richard werden sollen. Es ging darum, wer der Stärkere ist - deswegen haben sie auch keine Zauberstäbe benutzt, sondern nur mit ihrer eigenen Kraft.” Alexis war zu geschockt, um das leichte Zögern in Johns Stimme zu hören. “Also …” Alexis fing langsam an zu begreifen, und was ihm da klar wurde, gefiel ihm ganz und gar nicht. Schuldgefühle machten sich in ihm breit. “Ja”, bestätigte John ernst, “du hast Jakobs Ehre verletzt, als du eingegriffen hast, um ihm zu helfen. Damit hast du ihm und auch Richard gezeigt, dass du ihm keinen Sieg zutraust.” Alexis ballte die Fäuste. Er hatte helfen wollen, doch wie immer machte er nur alles schlimmer. War er wirklich so unfähig oder hatte er einfach nur Pech? Er hatte noch so viel vor, doch seine Zeit rannte ihm davon; und je länger er sie mit solchen Dingen verschwendete, desto geringer wurde seine Chance, seine Träume noch verwirklichen zu können. “Wie kann ich das wiedergutmachen?” fragte er letzten Endes leise, während er auf Jakobs geraden Rücken starrte, auf die gestrafften Schultern, als wollte jener damit Stärke andeuten. Doch John hüllte sich in Schweigen. Ohne Worte gingen sie nebeneinander her, dachten beide über dieselbe Person nach. “Ich denke …”, begann John dann endlich, “du musst ihm irgendwie beweisen, dass du ihm doch den Sieg zugetraut hast - hast du doch, oder?” fragte er mit einem Seitenblick auf Alexis. “Ich wäre dumm, wenn ich es nicht täte.” antwortete er erstmal, dann seufzte er. “Aber wie stellst du dir das vor? Soll ich mich etwa bei ihm entschuldigen?” “Quatsch!” fuhr John mir dazwischen, untypisch für ihn, wurde dann jedoch leiser, als er weiter sprach. “Das solltest du auf keinen Fall tun.” “Was dann?” Alexis bedauerte es, diesen Fehler gemacht zu haben; doch wie John bereits gesagt hatte, er wusste einfach zu wenig über Werwölfe, als dass er sich perfekt in ihr Leben und ihre Regeln eingliedern könnte. “Das musst du selbst herausfinden.” ~~~~~*~~~~~ Alexis war müde, als er, John, Jakob sowie Richard spät in der Nacht wieder in der Nische ankamen. Stumm legte Jakob Richards Körper auf dem Boden ab, ging dann in die Küche, in der nur eine Silhouette von jemandem zu sehen war. Als Alexis ihm folgte, erkannte er, dass es Ismael war. “Was ist passiert?” Keine Begrüßung, doch Jakob schien diese auch nicht zu erwarten. “Richard hat’s wieder versucht.” berichtete Jakob knapp; Alexis merkte, dass ihm nicht nach Reden zumute war. “Dachte ich’s mir doch.” Ismael blickte an dem Anführer vorbei zu Alexis, der leicht gebeugt an der Küchentür lehnte. “Und was ist mit dir?” fragte er mit hochgezogener Augenbraue. “Siehst aus, als hättest du was auf dem Herzen.” Alexis antwortete nicht, doch Jakob verließ umgehend die Küche. Nur Ismaels Blick verfolgte ihn, ebenso wie Johns, doch Alexis blickte starr auf den staubigen Boden. “Es ist nichts.” Auch er ging, um seinen Schlafplatz aufzusuchen. Stille. Jemand räusperte sich aus dem Dunkel der Diele heraus. “John?” “Ja” “Komm mal bitte her …” Den Himmel zierte weder Mond noch Sterne, kein Licht fiel in das alte Haus hinein, doch John fand seinen Weg ohne Probleme und blieb schließlich vor Ismael stehen, der, den Kopf auf eine Faust gestützt, auf keinen bestimmten Punkt starrte. “Kannst du mir sagen, was da vorgefallen ist?” Er klang so neutral, dass noch nicht einmal John feststellen konnte, ob er sich Hoffnungen machte, vielleicht sogar neugierig war, oder ob es ihm egal war, wie die Antwort ausfiel, geschweige denn, dass er überhaupt eine erwartete. “Alexis hat in einen Kampf zwischen Jakob und Richard eingegriffen.” erklärte John kurz und bündig. Doch auch wenn dieser Satz völlig nichts sagend über seine Gefühle war, auch, wenn sein Blick kühl und desinteressiert schien, so spürte Ismael dennoch das unterdrückte Zittern, das von seinen Fingerspitzen abperlte wie kaltes Wasser. “So ist das also …” murmelte Ismael in seinen Bart, der ihm in der düsteren Umgebung den Kopf vom Hals zu trennen schien. “Er hat mich gefragt, was er tun könnte.” John setzte sich auf den Tisch, an dem der andere saß. “Ich sagte, er müsste ihm seinen Respekt beweisen. Was hältst du davon?” Ismael starrte eine Weile still vor sich hin, ehe er antwortete. “Eine gute Entscheidung. Ich frage mich nur, ob es funktioniert.” ~~~~~*~~~~~ Alexis wachte auf, weil ihn etwas an der Nase kitzelte. Zuerst zuckte er nur ein wenig mit ihr, fuhr sich dann mit dem Finger darüber, als das unangenehme Gefühl nicht verschwinden wollte und fuhr zusammen, als ihn etwas in die Wange piekste und krächzende Geräusche machte. Genervt blinzelte er und ließ dann einen lauten Schrei los, als er in ein Paar große, runde, dunkle Augen blickte, die ihn glitzernd anstarrten. “Alexis?” hörte er eine Stimme und Schritte näherten sich rasch seinem Zimmer. Einige Federn lagen auf dem Boden verstreut. “Alexis?” John stand in der Tür. “Wieso hast du geschrieen?” Misstrauisch sah er sich um und riss die Augen auf, als er den Grund erkannte oder vielmehr sah: Eine weiße Eule saß munter auf der Fensterbank und putzte sich das Gefieder. “Hedwig!” rief Alexis aus, noch ehe John alles begreifen konnte. “Hedwig?” hakte er dann nach. “Ist das deine?” “Ja … Also, sie ist meine Eule, ja.” Er glaubte kaum, dass Hedwig von jemand anderem als dem Orden abgeschickt worden sein konnte, also war er auch nicht sonderlich überrascht, als er die Schrift McGonagalls auf dem Brief an dem Bein der Eule erkannte. Die Zähne zusammenbeißend riss er den Umschlag auf und entfaltete das Pergament mit den sauber in schwarzer Tinte niedergeschriebenen Zeilen. Er erstarrte. “Alexis?” John ging auf ihn zu, die Hand ausgestreckt und wollte ebenfalls in den Brief hineinschauen, doch Alexis nahm das Papier rasch hinunter, sodass es sich etwas zusammenknüllte und ging an ihm vorbei. “Ich sollte es besser Jakob zeigen.” John durfte den Brief nicht lesen, sonst würde er noch denken, er hätte Kontakt zum Orden. Seit er wusste, wer er wirklich war, war er ein wenig misstrauisch geworden. Jakob würde diesen Zwiespalt sicher verstehen, er würde nicht an Verrat denken. Doch die Nische war leer. Alexis drehte sich um, sah zu John, der ihm hinterher gegangen war. “Wo sind die anderen?” fragte er; er wusste, dass seine Stimme lauernd und ängstlich zugleich klang, doch er konnte seine Stimmung nicht ganz unterdrücken. “Sie haben zu tun.” meinte der Andere nicht sonderlich hilfreich, fügte dann jedoch noch hinzu: “Wegen Richard.” “Richard?” Alexis wandte sich ihm nun ganz zu, seine Fingerspitzen zitterten. “Was gibt es denn da noch zu tun? Er ist doch tot!” Sein Puls hatte sich kaum merklich erhöht und kalter Schweiß brach ihm aus. Er wusste selbst nicht, wieso ihn die Abwesenheit der anderen so aus der Fassung brachte und wieso er sich davor fürchtete, allein mit John zu sein. War er nicht der umgänglichste gewesen? Selbst, wenn John wusste, wer er war, so wusste er nicht den Grund für seine Anwesenheit, wieso er die Seiten gewechselt hatte. “Nein” John ging an ihm vorbei und in die Küche, setzte sich dorthin, wo in der Nacht zuvor noch Ismael auf sie gewartet hatte. “Er ist nicht tot. Nur gefangen.” Alexis stand da, die Arme an den Seiten baumelnd und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Geschockt? Das war er. Er hatte sich seelisch bereits darauf eingestellt, ein Problem weniger zu haben, fortan ohne Richard zu sein. “Was meinst du mit ‘gefangen’? Ohnmächtig?” Doch wäre dies der Fall, wäre Richard schon seit vielen Stunden ohnmächtig. Er glaubte nicht daran. “Ohnmächtig?” John lächelte leicht, doch es war kein fröhliches Lächeln. “Ja und nein. Er ist ohnmächtig, ja, doch nein, nicht so wie du denkst. Er ist auch zugleich bei Bewusstsein.” Alexis runzelte die Stirn, während er näher kam und sich neben ihm niederließ und dachte nach, wie er das gemeint haben könnte, denn er konnte sich nicht vorstellen, wie man ohnmächtig und wach zur gleichen Zeit sein konnte. “Erklär’s mir.” sagte er schließlich. “Ich wusste es.” John lehnte sich zurück, die Hände hinter seinem Kopf gefaltet, als würde er sich darauf vorbereiten eine längere Geschichte zu erzählen. Alexis nahm seine Beine hoch und zog sie an sich, während er gespannt seinen Worten lauschte. “Jakob hat dir sicher etwas über seine Vergangenheit erzählt, oder?” Als Alexis nickte, fuhr er fort. “Dachte ich es mir; man merkt, dass ihr euch mögt … Er ist sehr gut, was das Brauen von Zaubertränken angeht, ein wahrer Meister, sag ich dir. Ohne ihn und seine Künste säßen wir schon längst in Azkaban. Er hat Unzählige vergiftet, manipuliert und für seine Zwecke eingesetzt, hat Informationen aus ihnen herausgeholt ohne viel tun zu müssen.” John senkte den Blick auf die Tischkante. Auch wenn er scheinbar ohne groß nachzudenken darüber sprach, konnte Alexis unterbewusst spüren, dass John nur um den eigentlichen Punkt seiner Erläuterungen herum redete. “Er hat immer einen gewissen Vorrat an Tränken bei sich. - Und den hat er auch eingesetzt.” John sah ihn von der Seite her an, blinzelte. “Du hast keine Ahnung, wovon ich rede, oder?” fragte er dann. “Nein, sag’s endlich!” Alexis wurde zunehmend genervter, er fand nicht, dass die Situation eine zum Lachen war. “Ist ja gut …” John schien nicht beleidigt. “Dieser grüne Strahl, den du gesehen hast, war nicht der Todesfluch, wie du wahrscheinlich angenommen hast.” “Nicht?” “Jakob hat einen speziellen Trank entwickelt … er tränkt das Holz seines Zauberstabes damit.” John stand auf, reckte sich, als sei er verspannt und ging dann Richtung Türe. “Durch diesen Trank kann er andere Flüche bewirken, dafür aber keine normalen. Richards Geist ist im Moment in seinem eigenen Körper gefangen.” Es dauerte einige Sekunden, bis Alexis diese Informationen verarbeitet hatte, doch da war John schon aus der Tür hinaus und verschwunden. Noch im nächsten Moment wurde ihm bewusst, dass Jakob wahrlich ein Genie auf seinem Gebiet sein musste: Auch wenn er, Harry, nicht der belesenste war, wie er zugeben musste, so hatte er noch nie davon gehört, dass man die Eigenschaften seines Zauberstabes durch Tränke verändern konnte. Richard lebte also noch. Er kam sich schäbig vor, als er daran zurückdachte, wie schockiert er zwar gewesen war, doch wie sich gleichzeitig Erleichterung in ihm breit gemacht hatte. Es war noch nicht vorbei. Richard hasste ihn - nein, er misstraute ihm nur. Es war nichts persönliches, das war auch ihm bewusst. Alexis wünschte sich, Jakob wäre jetzt bei ihm, damit er mit ihm reden konnte, über Richard, über Remus; wie es jetzt weitergehen sollte. Er wusste zwar nicht, wie es vor seiner Anwesenheit im Clan gewesen war, ob die Werwölfe sich besser untereinander verstanden hatten, doch er hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen. War er es, der das ganze Misstrauen schürte, wenn auch ohne Absicht? Gut, John hatte gesagt, dass Richard und Jakob sich öfters bekämpften, um festzustellen, ob der andere immer noch stärker als man selbst war. Doch er hatte das Gefühl, durch ihn hasste Richard Jakob regelrecht. Sie waren ihm damals so einig erschienen, als sie sich untereinander vorgestellt hatten. Hatte er es zerstört? Deprimiert ließ Alexis den Kopf sinken. Am Rande nahm er wahr, dass der Illusionszauber aufgehört hatte zu wirken und er sich in einem fließenden Übergang wieder in Harry zurückverwandelte. Mit halb geschlossenen Augen, träge und müde, hob er eine seiner Hände, die wieder ihre natürliche, leicht gebräunte Farbe angenommen hatten. Harry Potters Hände. Hände, die er seit seiner Geburt gehabt hatte. Aber Harry war tot. Und der Rest von ihm würde es auch bald sein, in wenigen Jahren. Er konnte es noch nicht mal genau sagen. Es war erbärmlich, und er hasste diesen Gedanken, den Gedanken hilflos zu sein, eine Last für andere. Was würde er tun, wenn es soweit war? Ob Jakob sich um ihn kümmern würde, die letzten Monate, die er dann noch zu leben, nein, vor sich hin vegetieren würde? Oder würde er alleine sein müssen? Er hatte Angst davor. Angst vor dem Tod. ~~~~~*~~~~~ Er hatte sich bereits zurückverwandelt, als er leise Stimmen hörte, die sich rasch der Nische näherten. Er lauschte und stellte fest, dass zumindest eine von ihnen definitiv Richard gehörte. Wieso konnte er ausgerechnet seine unter den anderen heraushören? Er hatte wohl einfach zu viel über ihn nachgedacht. Die Tür weiter hinten im Raum öffnete sich knackend und sofort war es vorbei mit der Ruhe, die er bis eben noch mehr oder weniger genossen hatte. Laute Stimmen erfüllten den Raum. “… war einfach total verantwortungslos!” “Verdammt, was hätte ich sonst tun sollen?” Alexis wurde aufmerksam, hatte den Blick auf den Eingang gerichtet, wo sich mehrere Leute durchdrängten, die sich miteinander zu streiten schienen, jedoch sofort verstummten, als sie ihn bemerkten, wie er sie beobachtete. Es war Jakob, der ihn zuerst ansprach. “Endlich wach?” fragte er, seine Stimme war völlig neutral. Er nickte als Antwort und dem Anführer schien dies zu genügen, denn er ließ sich an dem Tisch in der Küche nieder und stützte den Kopf in die Hände. Nicht wirklich wissend, wie er reagieren würde, näherte Alexis sich ihm. Er spürte die Blicke der anderen auf seinem Rücken, insbesondere den von Richard, so glaubte er zu erkennen. Natürlich war das nur seine Einbildung, das wusste er. “Was ist?” fragte Jakob, als er eine Weile einfach nur vor ihm gestanden hatte, ohne ein Wort zu äußern. “Ich …” Alexis schluckte, seine Kehle fühlte sich trocken an. “Ich wollte dich etwas fragen.” Stille, dann: “Frag” Jakob hatte nicht aufgesehen. Sollte er wirklich? Doch jetzt gab es kein Zurück mehr, außerdem war es ein guter Weg, mit ihm allein zu sein und ihn auf Hedwig anzusprechen. “Ich möchte mit dir kämpfen. Bitte unterrichte mich weiter.” Die Worte waren ausgesprochen. Er hörte Jakob aufseufzen. “Du musst das nicht sagen.” meinte er schließlich, seine Stimme war hart und kalt wie Eis. “I-Ich-” Alexis stockte und überlegte kurz. “Ich … will das aber! Ich … ich brauche dich wirklich!” Jakob fuhr sich mit der Hand durch die strähnigen Haare. “Was ist das jetzt?” fragte er müde. Er klang, als hätte er die ganze Nacht kaum geschlafen. Hatte er wohl auch nicht, denn als er letztendlich den Kopf hob und Alexis ansah, bemerkte dieser sofort die dunklen Schatten, die unter seinen Augen lagen und durch ihre unterschiedliche Farbe einen gruseligen Effekt hervorriefen, kombiniert mit seinem intensiven Blick. “Eine Liebeserklärung?” Alexis, der so was ganz und gar nicht erwartet hatte, verschluckte sich und fing an zu husten. Jakob wartete ab und regte sich nicht, tat auch nichts, um ihm zu helfen, während der andere nach Luft rang. “Quatsch!” rief Alexis aus, als er sich wieder beruhigt hatte. “Ich …” Er sah zur Seite, denn er wusste nicht, wie Jakob darüber dachte. Außerdem wollte er sich vor den anderen nicht so gern blamieren, wenn er sich täuschte - auch wenn dies im Gegensatz zu Jakob nur geringe Bedeutung für ihn hatte. “Ich … mag dich. Das ist alles.” Er hörte, wie Unruhe hinter ihm aufkam und jemand zischend einatmete. “Du … magst mich also?” fragte Jakob, als hätte er ihn nicht verstanden. “Das habe ich gesagt.” Innerlich verkrampfte sich alles bei Alexis; das war nicht die Reaktion, die er erwartet hatte. Jakob starrte ihn weiterhin an, die Hände unter seinem Kinn gefaltet. Er schien nachzudenken. “Lass nicht zu, dass du mich zu sehr magst.” Seine Worte trafen ihn hart. Alexis fühlte, wie es ihn schmerzte und stach. “Was …?” fragte er schwach. “Wieso?” “Stell dir vor, ich würde sterben.” Erklärend zog Jakob seinen Finger über seinen Hals, breitete dann seine Hände aus. “So was kann leicht passieren.” Er sprach völlig unbefangen darüber, als interessierte es ihn nicht sonderlich, wenn er wirklich sterben würde. “Du solltest dich besser auf andere Dinge konzentrieren. Und genau deshalb werde ich deinem Wunsch nachkommen und dich unterrichten.” Er ließ seinen Blick über die anderen Werwölfe schweifen, die ihn stumm ansahen, als wüssten sie genau, worauf er hinaus wollte. “Und das nicht nur in physischen Bereichen.” ~~~~~*~~~~~ Übrigens: Bitte weist mich auf wirklich jeden Fehler hin; egal ob Rechtschreib-, Grammatik- oder Sachverhaltfehler. Ich hab keine Beta (ich will auch keine, dass sich jetzt bitte keiner meldet), also schleichen sich so einige rein u___u Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)