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Magische Freundschaft

Ein großes Ereignis
von

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Nur geträumt...?

Stille. Plötzlich ein Knall, ein schrilles Pfeifen. Scheibenklirren. Panische Schreie. Menschen laufen unkoordiniert und wild durcheinander.

Ich mittendrin. Werde getroffen. Falle in Dunkelheit und sehe Lichtblitze zucken. Dann höre ich eine Stimme.

Und wache auf...
 

Die Stimme gehört meiner Mutter. Sie ist wie immer da, um mich zu wecken, damit ich nicht zu spät zur Schule komme.

Seit mein Vater sie vor sieben Jahren verließ, arbeitet meine Mutter oft bis spät in die Nacht. Dennoch steht sie jeden Morgen viel früher auf, als sie müsste. Nur wegen mir. Um mir das Frühstück zu machen, mich zu wecken. Und andere Dinge, die ich auch selbst könnte, erledigt sie. Ich möchte nicht, dass sie deswegen aufsteht. Eigentlich bräuchte sie dringend mehr Schlaf.

Sie tut mir Leid, aber ich bin auch stolz auf sie. Trotz allem Unglück ist sie so stark.

Und ich habe Angst. Angst, dass sie eines Morgens nicht mehr zu mir ins Zimmer kommt, weil ihr auf dem Heimweg etwas zugestoßen ist. Diese Angst hat Gründe, denn meine Familie ist wie vom Pech verfolgt. Seit ich geboren wurde...
 

Auf einmal fällt mir mein Traum wieder ein. In allen Einzelheiten.

Ich bin 14. Seit meinem Geburtstag träume ich ständig solche merkwürdigen Dinge, aus denen ich mir keinen Reim machen kann, die ich nicht verstehe.

Den Traum der letzten Nacht hatte ich schon oft und habe mich jedes Mal gefragt, was das Geschehen darin bedeuten soll.

Es hat eine Bedeutung, das weiß ich.

Ich glaube daran.

Ich glaube an die Macht, die ein starker und eiserner Wille hervorrufen kann.

Ich glaube an Magie...

Plötzlich reißt mich laute Musik aus meinen Gedanken. Mutter hat das Radio fast bis zum Anschlag aufgedreht. Das ist ihre Art, mir zu sagen: „Beeil dich, sonst kommst du zu spät zur Schule!“

Als ich auf die Uhr schaue, erkenne ich, dass sie recht hat: Ich bin verdammt spät dran, also klemme ich mir mein Frühstückstoast einfach zwischen die Zähne und renne hinauf in mein Zimmer. Dort angekommen, stopfe ich noch schnell Block und Federtasche in die überfüllte Schulmappe. Um mich anschließend zur Bushaltestelle aufzumachen.
 

Wider Erwarten erreiche ich den Bus noch rechtzeitig. Ich muss mich nicht einmal dafür beeilen.

Als wir gerade in voller Fahrt sind, machen wir plötzlich eine Vollbremsung. Eine rote Ampel...

Ich stolpere wegen dem Ruck – Und lande direkt auf einem gut aussehenden Typen. Dieser hat sich offenbar auch nicht festgehalten und ist durch den abrupten Halt ebenso gestürzt wie ich selbst.

„Oh, äh... So... Sorry!“, stammle ich.

„Schon okay“, antwortet der braunhaarige fremde Junge mit einem so wundervollen Lächeln, dass mein Gesicht auf der Stelle rot anläuft. Zum Glück kommen wir gerade in diesem Moment bei meiner Schule an. Ich verabschiede mich und beeile mich, den Bus zu verlassen.

Noch im Unterricht kreisen meine Gedanken um die morgendliche Begegnung. Ich denke bei mir: ‚Wie alt er wohl ist? Hm... 17? 18? Bestimmt ist er schon vergeben. Schade...’

In der nächsten Stunde bin ich nach wie vor geistig abwesend. Da flüstert mir meine Banknachbarin und Freundin, Sandy, zu: „Susan, du bist ja heute so still!“ Mit einem breiten Grinsen fügt sie hinzu: „Du bist doch wohl nicht etwa verliebt und schwelgst jetzt in Gedanken an ihn?“

Selbstverständlich leugne ich das. Ich und verliebt! Aber mein tiefstes Inneres sagt etwas Anderes: Vielleicht hat sie Recht...

Die Überraschung

Eine Woche später ändert sich etwas in meiner Familie: Meine Mutter hat einen Mann kennen gelernt und die beiden haben sich ineinander verliebt. Nun sind sie ein Paar. Sie ziehen es sogar schon in Betracht, eventuell nach einem Jahr zu heiraten.

Weitere vier Tage später nimmt meine Mutter einen Job in der Firma ihres Freundes an. Dafür kündigt sie ihre alte Arbeitsstelle. Nach dem Wechsel arbeitet sie zu „normalen Zeiten“. Ehrlich gesagt... Sie hat auf Bitten ihres geliebten Cliff die neue Stelle angenommen. „Weil die Beziehung sonst womöglich an deinen vielen Überstunden scheitern könnte.“

Fakt ist: Unser aller Leben ist viel schöner, seit er dazugehört. Er bringt gute Laune, muntert uns auf. Er hat dafür gesorgt, dass wir häufiger alle zusammen Ausflüge machen. Weil er, im Gegensatz zu Mutter, ein Auto hat.

Tja, und dann...
 

Die Sommerferien fangen gerade an. Mein Zeugnis ist in diesem Jahr nicht halb so schlecht ausgefallen wie im letzten. Meine Mutter ist sehr stolz auf mich, ebenso wie Cliff. Die beiden fahren am nächsten Tag mit mir Eis essen. In diesem Moment ahne ich noch nicht einmal, was eine Woche später auf mich zukommen wird.
 

Es ist Mittwoch. Ich sitze in meinem Zimmer, zeichne. Dabei höre ich meine Lieblings-CD. Ich bin allein. Mutter und Cliff sind arbeiten. Alle Freunde im Urlaub. Dennoch bin ich zufrieden.

An diesem Abend kommen Cliff und meine Mutter gemeinsam nach Hause. Früher als sonst. Mama kommt hinauf in mein Zimmer. Sie sagt – mit einem Lächeln, wie ich es so lange vermisst habe -: „Kommst du bitte mal mit runter? In der Küche ist eine Überraschung für dich!“ Ich erwidere: „Ja, bin gleich da!“

Drei Minuten später sehe ich nach der Überraschung. Finde sie auf dem Küchentisch - und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus:

Drei Tickets fürs FINALE DER FUßBALL WELTMEISTERSCHAFT 2006!!!

Ich renne ins Wohnzimmer. Mutter und ihr Freund sitzen auf der Couch, Arm in Arm. Flüstern und sehen dabei immer wieder zu mir hinüber. Cliff sagt grinsend, ohne den Blick von mir zu wenden, zu Mama: „Sieh dir Susans Gesicht an! Wie es scheint, war unsere Überraschung ein voller Erfolg.“ Er wendet auch sein Wort an mich: „Freust du dich?“ Wie aus der Pistole geschossen antworte ich: „Ja, natürlich!“ Stockend fahre ich fort: „... Aber wie... Ich meine... Woher...?“ Cliff möchte antworten, doch meine Mutter kommt ihm zuvor: „Ein ehemaliger Arbeitskollege und guter Freund von Cliff hat ihm die Karten zu einem Viertel des normalen Preises verkauft.“ „Was? Wieso das denn? Ich meine... Ich an seiner Stelle wäre froh, dass ich die Karten habe...“, ich schaue auf die Sitzplatznummern, „... Noch dazu, bei diesen Wahnsinns-Plätzen!“ Cliff selbst erklärt mir die Sache genauer: „Jener Freund hatte eigentlich vorgehabt, mit seiner Frau und seinem Sohn das Endspiel anzusehen. Nun hatten die beiden aber einen Unfall. Die Frau und der Junge liegen schwer verletzt im Krankenhaus, daher kann er doch nicht wie geplant hin. So kam er gestern Nachmittag zu mir und fragte, ob ich nicht jemanden habe, der mich begleiten könnte und würde. Ich habe ihm daraufhin von euch erzählt und er hat mir die Karten verkauft. Auf diese Weise kam ich dazu.“

„Ach so, ich verstehe. Du kannst deinem Kumpel bei Gelegenheit von mir ausrichten, dass ich mich echt riesig freue, seiner Frau und seinem Sohn gute Besserung wünsche, und dass mir das mit dem Unfall wirklich Leid tut“, erwidere ich daraufhin.

Den restlichen Abend schauen wir noch einen Film und gehen dann schlafen.

Bekanntschaften

Mittlerweile sind es nur noch zwei Wochen bis zum Endspiel. Ich kann es kaum mehr erwarten.
 

Heute bin ich um drei Uhr mit Sandy verabredet. Und außerdem – wer hätte das gedacht? – schon verdammt spät dran. Wir sind auf dem S-Bahnhof des Treachery-Viertels verabredet. Anschließend wollen wir ins nahe gelegene Café ANUBIS gehen.

Als ich beim vereinbarten Treffpunkt ankomme, wartet Sandy bereits auf mich. Von mir zu Hause aus braucht man fast zwei Stunden bis nach Treachery.

Nachdem wir uns begrüßt haben, flüstere ich Sandy zu: „Du, ich bin zu Hause nicht mehr dazu gekommen. Kannst du mal kurz hier warten? Ich muss mal für große Königstiger!“ Offenbar muss ich bei diesen Worten schon extrem gequält dreinschauen. Zumindest nach dem Grinsen zu urteilen, mit welchem mir meine Freundin antwortet: „Klar, kein Problem. Aber beeil dich ein Bisschen, ja?“ „Okay, okay.“ Damit stürme ich in Richtung Toiletten davon.

Ich sehe schon die Türen, als plötzlich ein großgewachsener Kerl vor mir auftaucht. Da keiner von uns den jeweils anderen kommen gesehen hat, kommt es, wie es kommen muss: Wir rennen genau ineinander. Knallrot entschuldige ich mich: „Oh, tut mir Leid! Normalerweise passe ich besser auf!“ Der Fremde erwidert grinsend: „Macht nix, is’ ja nix weiter passiert. Ich krach’ für gewöhnlich auch nich’ zweimal in ’nem Monat mit dem gleichen Mädel zusammen!“ Erst jetzt erkenne ich, wer Opfer meiner Eile geworden ist. Ich stammle: „Das... Das gibt’s doch nicht! Du... Du bist doch… Der Typ aus dem Bus! Vor drei Wochen! Oder?!“ „Jepp, genau der. Ich denke, wo uns das Schicksal schon zweimal in so kurzer Zeit hat auf’nander treffen lassen, sollten wa wenigstens wissen, wie unser Gegenüber heißt, meinste nich’ auch? ... Also, mein Name is’ Zerunath Clenston. Nenn mich aber lieber Shuichi. So nennen mich all meine Freunde. Zerunath is’ für die meisten Leute zu schwer auszusprechen.“ „O... Okay... Ich bin Susan Methiew. Aber wenn ich dich Shuichi nennen soll, musst du zu mir Makie sagen. In Ordnung?“ Zerunath ist einverstanden. „Egal, was es is’... Jeder Name is’ besser als meiner. Zerunath! Wat hamm sich meine Alten bloß dabei gedacht?!“

„Also ich finde, der Name klingt super! Obwohl Shuichi natürlich einfacher ist.“ Er mustert mich skeptisch. „Ach, das sagste doch jetzt nur so! Innerlich lachste dich doch über meinen richtigen Namen halb tot!“
 

Auf einmal fällt mir wieder ein, wieso wir überhaupt aneinander geraten sind. Und, dass Sandy immer noch wartet. Also verabschiede ich mich hastig: „Sieh meine Worte, wie du willst. Ich muss jetzt gehen, meine Freundin wartet auf mich. Vielleicht begegnen wir uns ja irgendwann noch mal. See you!“ „Ja, vielleicht...”, murmelt Shuichi. Ich bekomme gerade noch mit, wie er „Ciao!“ ruft, dann verlieren wir uns aus den Augen. Noch auf dem Rückweg denke ich: ‚Ich weiß nicht, ob du mir glaubst. Aber ich habe das vorhin ehrlich gemeint...’

Diesmal erzähle ich Sandy von Shuichi. Sie lacht auch nicht über seinen wahren Namen. Sie findet, er klingt, als wäre er der Name eines Videospiels. Wir verbringen noch eine Dreiviertelstunde im ANUBIS. Anschließend machen wir noch die örtliche Shoppingmeile unsicher. Kurz vor Sonnenuntergang fahre ich gedankenverloren nach Hause.

Bald ist es soweit

Die zwei Woche sind um. Endlich! Der große Tag ist gekommen!

Cliff, meine Mutter und ich fahren noch vor Sonnenaufgang los. Es ist ein weiter Weg von unserer Heimat bis in die deutsche Hauptstadt Berlin. Da man mit dem Auto Tage, wenn nicht Wochen oder sogar Monate unterwegs wäre, fliegen wir zum Finale der Fußball WM. Elf Uhr Dreißig Ortszeit kommen wir in Berlin an. Jeder von uns hat nur einen Rucksack mit Schlafanzug bzw. Nachthemd und seine normale Tasche dabei, da wir bei einer Chatfreundin meiner Mutter übernachten werden. Am nächsten Tag müssen wir schon wieder zurück. Ich würde gern länger bleiben. Ich wollte schon immer hierher.
 

Wir bringen unsere Sachen zu Claudy, der Freundin von Mutter. Anschließend gehen wir alle zusammen in ein Restaurant am Alexanderplatz Mittagessen. Dort schauen wir uns noch die Sehenswürdigkeiten an. Machen Erinnerungsfotos vorm Roten Rathaus und trinken Kaffee auf dem Fernsehturm. Dessen Kugel sieht aus wie ein Fußball. Extra für heute. Fürs Endspiel der Weltmeisterschaft wurden die sonst grauen Scheiben mit weißen Sechs- und roten Fünfecken verkleidet.
 

Nachdem wir eine Stunde lang die Aussicht genossen haben, müssen wir zur S-Bahn. In zwei Stunden beginnt das Spiel. Ich bin aufgeregt. Ich frage Claudy, wie viele Menschen in das Stadion passen. Sie antwortet: „Wees ick nich’ jenau. Mit Sicherheit ’ne janze Menge. Lass dir einfach überraschen!“ „Na gut...“ Ich bin etwas enttäuscht über die Größe der Information. Diese Enttäuschung verschwindet kurze Zeit später. Ich bin überwältigt von der Größe des Stadions. Die riesigen Flutlichtanlagen, die Zuschauertribünen... Selbst der Haupteingang scheint in einer anderen Dimension entstanden zu sein. Es fällt mir schwer, den Blick von diesem gigantischen Bauwerk zu wenden. Das muss ich aber, als wir endlich hineinkönnen. Cliff sagt zu Mutter: „Eine Dreiviertelstunde warten. Das mit dem Einlass ging wesentlich schneller, als ich befürchtet hatte.“ Sie erwidert: „Ja, aber das Spiel geht ja auch schon in einer halben Stunde los...“ Sie wuschelt ihrem Geliebten in den Haaren herum. „Na ja, oder vielmehr die Eröffnungsfeier.“

Wir kommen auf der Haupttribüne an. Ich sehe das Spielfeld, die bunten Zuschauerränge. Sie glitzern vom Blitzlichtgewitter. Ich bleibe wie angewurzelt stehen. Mutter und Cliff bemerken es nicht, laufen einfach weiter. Ich stehe da, als wäre ich hypnotisiert worden. Solche Menschenmassen, noch dazu so ausgelassene, habe ich noch nie gesehen...

Der Countdown läuft

Fünf Minuten bis zum Anpfiff. Die Fans grölen, als ob es kein Morgen gäbe. Ich erwache aus meinen Gedanken. Mich hat jemand angerempelt. Eigentlich sogar fast umgerannt. Ich wirbele herum und rufe dem Rowdy aufgebracht hinterher: „Hey, kannst du nicht aufpassen, wo du hinrennst?! Es ist hier weiß Gott schon chaotisch genug!!!“ Der Junge dreht sich um. Er entschuldigt sich: „Sorry, tut mir Leid! Ich such’ meinen kleinen Bruder. Hab ihn im Gedränge aus ’n Augen verlor’n. Haste zufällig ’nen zehnjährigen Jungen mit Brasilien-Trikot ge...“, er schaut mich ungläubig an, stockt, „...seh’n...? ... Das gibt’s doch nich’! M... Makie?!“ Ich habe ihn längst erkannt. „Shuichi! Ich glaub’ es ja nicht! Was machst du denn hier?!“ Er scheint sich genauso zu freuen wie ich. „Offenbar das gleiche wie du, oder? Das Spiel ansehen und genießen.“ „Ähm, ja, scheint so... Wo sitzt ihr denn?“ „Da vorn.“ Shuichi zeigt auf die dritte Reihe der Haupttribüne. Ich kann es nicht glauben. „Echt? Wir sitzen dann ja nur zwei Reihen hinter euch!“ Während ich das ausrufe, strahle ich ihn regelrecht an. Er scheint verwirrt wegen meiner überschwänglichen Freude. Ich atme tief ein und frage ihn anschließend: „Willst du dich zu uns setzen?“ Shuichi denkt kurz nach, schüttelt dann aber den Kopf. „Geht nich’, muss auf Chester aufpassen.“ Er bemerkt meinen traurigen Blick schnell. Also lächelt er mich an. Er macht mir einen Vorschlag: „Ich hab ’ne Idee! Hilf mir, ihn zu finden und setz’ dich dann einfach zu mir! Was hältste davon?“ Ich bin einverstanden, freue mich riesig. Ich gehe mit Shuichi zu meiner Mutter und Cliff. Stelle ihnen Zerunath vor und wir machen uns wieder auf die Suche nach seinem kleinen Bruder Chester.
 

Die Suche dauert so lange, dass wir die gesamte Eröffnungsfeier verpassen. Zerunath hält seinem Bruder wütend einen Vortrag, als wir auf unseren Plätzen sitzen: „Was haste dir dabei gedacht?! Ich sag’ dir, wenn ich deinetwegen ’n Anpfiff verpasst hätte...!“ Chester verteidigt sich: „Ich wollte doch nur ’nen Platz suchen, wo ich die Tore besser sehen kann!“ „Da hätteste ma vorher Bescheid sagen können, damit ich nich’ wie ’n Blöder durchs halbe Stadion rennen muss!!“ Jetzt kann ich es nicht mehr mit ansehen. „Das reicht jetzt, Shuichi! Er hat es kapiert, lass ihn jetzt! Konzentrier dich lieber aufs Spiel! Unsere Mannschaft schießt vermutlich gleich ein Tor!“ Das stimmt ihn friedlich. „Was?! JAAAA!!! SUPER!!! WEITER SO!!! JAAAA, DER GEHT REIN!!!“, brüllt er ausgelassen mit den anderen Fans. Dann die Enttäuschung. Der Ball landet am Pfosten. Shuichi ist niedergeschlagen. „Och menno! Der hätte locker drin sein können...“ Ich versuche, ihn zu trösten: „Mach dir nichts draus. Es sind doch erst dreißig Minuten um! Schau, sie greifen schon wieder an!“ Jetzt grölt Shuichi zwar wieder, dass ich mich wundere, keinen Gehörsturz zu kriegen, aber... Er ist glücklich. Genau in seinem Element. Das macht mich glücklich. Sein Lachen. Wenn ich das sehe, bin ich zufrieden...

Das Geständnis ~ Der Zwischenfall

87. Minute. Noch zweieinhalb zu spielen. Es steht Zwei zu Zwei. Shuichi und sein Bruder sind eingefleischte Brasilien-Fans. Sie wollen sich nicht unbedingt mit einem Unentschieden zufrieden geben. Wieder ist „ihre“ Mannschaft am Ball. Shuichi drückt mich vor Aufregung so fest an sich, dass mir regelrecht die Luft wegbleibt. Ich röchele unter seinem Arm: „Sh... Shuichi...! Ich finde es ja schön,... Dass du mich so knuddelst, aber...“, ich brate ihm aus Reflex eine über, „ICH KRIEG’ KEINE LUFT!!!“ „Oh, ’tschuldige! – Hey! Da...!“

Plötzlich Stille. Dann – fünf Sekunden später - Jubel auf den Rängen. Der Stadionsprecher ist völlig außer sich: „Jaaaa!!! DAS DREI ZU ZWEI FÜR BRASILIEN!!! In der 89. Minute das Tor der Entscheidung!! ... “ Wieder werde ich von Shuichi gedrückt. Diesmal hält er sich aber etwas zurück, damit er mich nicht aus Versehen erwürgt... Er freut sich wie ein kleines Kind. Obwohl ich nicht sicher bin, ob er mich bei dieser Lautstärke und seiner Aufregung zumindest akustisch versteht, frage ich ihn: „Können wir mal kurz rausgehen?! Ich muss dir dringend was sagen...“ „Och, muss das ausgerechnet jetzt sein?“ „Ja, sonst hab ich womöglich nie wieder so eine gute Gelegenheit... Es MUSS jetzt sein!“ „Na gut... Aber wer...“, er deutet mit dem Kopf auf Chester, „...passt dann auf ihn auf?“ Dieses Problem löst sich sofort, da meine Mutter und Cliff zu uns stoßen. Wir lassen den Racker bei den beiden und gehen in den Eingangs-Bereich. Von den Zuschauertribünen her dröhnen Schreie und laute Pfiffe der Fans.
 

„Also, was gibt’s denn so Wichtiges?“, fragt Shuichi. „Shuichi, ich... Seit unserer ersten Begegnung... Also...“ „Hm?“ Ich nehme all meinen Mut zusammen. Sandy HATTE Recht. Ansehen kann ich ihn nicht, während ich sage: „Ich... Ich liebe dich!!!“ Mit diesen Worten fällt die größte Last von mir. Mein Gesicht glüht vor Aufregung. „So, jetzt ist es raus.“ Shuichi weiß nicht, wie er reagieren soll. Schließlich antwortet er leise: „Ehrlich? Ich meine... Empfindeste wahre Liebe für mich, oder is’ es nur das, was die meisten Mädels meinen, wenn sie das sagen: ‚Ach, is’ der cool, so ’nen Freund will ich! Genau mein Typ’ und so was? Glaub mir, damit hab ich Erfahrung, so ’ne ‚Beziehung’ geht nich’ gut.“ Ich schüttele energisch den Kopf. „NEIN!!! So etwas ist es nicht! Ich liebe dich nicht als coolen, gut aussehenden Vorzeigetyp, sondern als normalen Junge. Als Mensch! Gut, nach unserer ersten Begegnung fand ich dich mehr oder weniger nur süß, aber nach und nach, je häufiger ich an dich dachte, wurden meine Gefühle für dich immer stärker. Deshalb... Kannst du mein Freund sein?“ Ich kann selbst nicht glauben, dass ich diese Worte herausgebracht habe. Shuichi ist gemein. Er setzt ein Pokerface auf und tut so, als denke er angestrengt über meine Frage nach. Es sieht aus, als wüsste er nicht, ob er mir glauben soll. Schließlich sagt er mit ausdruckslosem Gesicht: „Tja, wenn ich’s mir recht überleg’...“ Er macht eine lange Pause. Will mich zappeln lassen. Endlich beendet er seinen Satz: „Dagegen is’ nix einzuwenden. Ich bin eh schon zu lange Single. Also Freunde?“ Ich freue mich riesig, will gerade „ja“ sagen...
 

Da erschüttert eine gewaltige Explosion das Stadion. Shuichi und mich reißt es von den Beinen. Dann kommen sie. Panische Menschen. Hunderte, tausende stürmen in Todesangst aus dem Gebäude. Wir haben Glück, können uns in eine Ecke auf dem Gang retten, um nicht überrannt zu werden. Auf einmal rennt Shuichi auf die Ränge hinaus. Die Haupttribüne brennt. Er brüllt den Namen seines Bruders. Als ich ihn einhole, will er gerade in das Flammenmeer rennen. Ich schaffe es in letzter Sekunde, ihn aufzuhalten.

Plötzlich breche ich neben ihm zusammen. Er kniet sich neben mich. Sieht mich besorgt an und fragt, was auf einmal mit mir los ist. Ich stammele: „M... Mein Traum... Die Vision...!“ „Hä? Welcher Traum? Was für eine Vision?“, er bemerkt, dass die Flammen immer näher rücken, „Kannst du aufstehen? Wir müssen schnell raus hier!“ Ich nicke nur. Ich kann aufstehen, bin jedoch wie benebelt. Die Erinnerung en meinen ständig wiederkehrenden Albtraum lässt mich nicht mehr los. Ich habe das Gefühl, förmlich daran zu ersticken... Die Stille. Das Pfeifen der Fans. Der Knall. Die panischen Menschen. Nur das Scheibenklirren blieb aus. Ich bin sicher, es kommt noch. Spätestens, wenn das Feuer auch die Toilettenräume erreicht. Der Albtraum ist wahr geworden. Mit einem Unterschied...

Im Krankenhaus ~ Entlassungen

Ich wache im Krankenhaus auf. An meinem Bett sitzt Shuichi und hält meine Hand. Er erklärt mir, dass ich vor dem Stadion das Bewusstsein verloren habe und dass er mich hergebracht hat. Er sagt, ich habe ihm zuvor noch von meinem Traum erzählt. Da fällt mir alles wieder ein. Ängstlich und leise frage ich ihn: „Was ist mit meiner Mutter, ihrem Freund Cliff und deinem Bruder?! Sind sie verletzt?! Bitte sag, dass sie nicht umgekommen sind!!!“ Ich breche in Tränen aus. Shuichi nimmt mich tröstend in den Arm und flüstert mir zu: „Keine Sorge. Es geht ihnen verhältnismäßig gut. Mein Bruder hat Glück gehabt, er war grade auf dem Weg zur Toilette. Deine Mutter hat ihn begleitet. Sie hamm nur leichte Verletzungen in dem panischen Gedränge erlitten. Na ja und der Freund deiner Mutter hat ’n paar mittelschwere Brandverletzungen an ’n Armen, aber die Ärzte sagen, in ’n paar Wochen is’ davon nix mehr zu seh’n.“ „Na ein Glück.“ Mir fällt ein Stein vom Herzen. Dann frage ich Shuichi: „Sag mal, findest du es nicht auch wie ein Wunder, dass wir völlig unverletzt geblieben sind? Das grenzt ja schon an Magie, oder?“ Er stimmt mir zu und sagt: „Irgendwie schon. Apropos Wunder! Es is ’n Wunder, dass wa uns nich’ schon eher unter normalen Umständen kennen gelernt hamm. Der Freund deiner Mutter heißt doch Cliff, ne?“ „Äh, ja. Wieso?“ Ich verstehe nur Bahnhof. „Weißt du auch seinen Nachnamen?“ „Hmm... Ich glaube, Mutter hat ihn einmal erwähnt. Ich hab ihn mir aber nicht gemerkt. Der war irgendwie... Außergewöhnlich.“ „Ha! Natürlich!“ Ein Grinsen macht sich in Shuichis Gesicht breit. „Wie meinst du das? Ich verstehe kein Wort!“, sage ich zu ihm. „Willste wissen, wie der Typ komplett heißt?“ Er wartet meine Antwort gar nicht erst ab, redet einfach weiter: „Sein Name ist Cliff Clenston.“ Ich glaube erst, ich habe mich verhört. Fassungslos starre ich Shuichi an. „WAS???!!! CLENSTON?? Aber dann…” „Ja, genau. Der Freund deiner Mutter... Ist MEIN Vater!“ Ich habe das Gefühl, gleich wieder in Ohnmacht zu fallen. Zerunath hindert mich daran. „Ich weiß auch nich’, warum unsre Eltern uns sich gegenseitig verschwiegen hamm. Das hätt’ uns auf alle Fälle ’ne Menge Ärger erspart...“ „Allerdings...“, stimme ich ihm zu. Eine halbe Stunde später werde ich entlassen. Die Bewusstlosigkeit war nur durch die Spannung und Aufregung zustande gekommen.
 

Vor dem Krankenhaus treffen wir Claudy. Sie ist offenbar in Eile. Als sie uns bemerkt, kommt sie aufgeregt zu uns gelaufen. Sie ist Reporterin. Mir ist gleich klar, dass ihr momentaner Zustand nur von einer großen Story herrühren kann. Also frage ich sie, was sie zu berichten hätte. Sie sprudelt direkt los: „Habt ihr schon DAVON gehört? Gestern Nacht, als gerade das Endspiel zu Ende war, ist im Stadion ein enttäuschter Fan der Verlierermannschaft Amok gelaufen. Er hat sich mitsamt der Haupttribüne in die Luft gesprengt! Er war wohl...“ In diesem Moment bemerkt sie, dass Shuichi und ich einen vielsagenden Blick wechseln. Sie hält inne. Dann fällt es ihr wieder ein. Sie errötet und sagt: „Ach so, Susan! Du warst ja dabei, nicht wahr? Tut mir Leid, dass ich dir damit deine Zeit geraubt habe. Wie kann ich das wiedergutmachen?“ Ich erwidere: „Zerbrich dir darüber nicht den Kopf, da gibt es nichts wiedergut zu machen. Fahr lieber schnell in deinen Verlag – da willst du doch hin, oder? -, bevor du die heiße Story noch so vielen Leuten erzählst, dass eure Verkaufszahlen in den Keller gehen!“ Ich sehe Shuichi an, dass er sich nur mit Mühe das Lachen verkneift.

Claudy bedankt sich, wie so oft, grundlos und macht sich wieder auf den Weg.
 

Am nächsten Tag werden auch Mutter und Chester entlassen. Cliff drei Tage später. Eine weitere Woche später fliegen wir alle nach Hause.

Zerunath alias Shuichi und sein Vater ziehen zu uns.

3 Jahre später

Nächstes Jahr werde ich 18.

Shuichi und ich werden heiraten.

Obwohl unsere Eltern verheiratet sind.

Egal.

Liebe kennt keine Grenzen.

Auch keine gesetzlichen. Sie hat uns das Leben gerettet.

Im Sommer 2006. Es war Magie.

Unsere magische Freundschaft blieb uns erhalten.

Wir finden einen Weg.

Diesen werden wir gehen.

Gemeinsam.
 

Bis dass der Tod uns scheidet...
 

~~~
 

„Ich glaube daran.“

„Ich glaube an die wahre Liebe.“

„Ich glaube an Magie...“
 

++~ ENDE ~++



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