Crusader von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Hagen ---------------- Stephane fuhr erschrocken herum, in der festen Erwartung, jemanden von Gregorés Leuten zu sehen. Stattdessen stand dort ein grauhaariger Mann, der sehr alt zu sein schien. Über sein rechtes Auge zog sich eine hauchfeine Narbe. Der Alte führte ein Pferd hinter sich her, an dessen Sattel verschiedene Lederbeutel befestigt waren und lächelte Stephane freundlich zu. Dieser jedoch blieb misstrauisch und musterte den Neuankömmling von oben bis unten. „Was wollen sie?“ Man konnte ja nie wissen. „Ich bin zu einem Freund unterwegs und habe dich gehört.“ Er deutete auf den Pfeil in Stephanes rechten Arm. „Das sieht schmerzhaft aus.“ War es auch, aber das hätte Stephane dem Fremden gegenüber niemals zugegeben. „Ich brauche eure Hilfe nicht.“, meinte er kühl. Der alte Mann schmunzelte. „Nun, wenn du den Pfeil ohne Hilfe herausziehst, wird die Spitze abbrechen und die Wunde sich entzünden. Willst du das?“ Stephane schluckte angesichts dieser Vorstellung. Mit einem unbrauchbaren Arm kam er nicht weit und noch gehörte das Land hier seinem Vater. Vielleicht hatte er ja Glück und Gregoré würde nichts unternehmen, solange Roman noch am Leben war. „Habt ihr so was schon mal gemacht?“, fragte er vorsichtig. „Einige Male.“ Die Antwort beruhigte Stephanen nicht wirklich, aber sie war besser als nichts. Und wenn er hier fort wollte, musste er die Hilfe dieses Mannes eben annehmen, ob er ihm nun traute oder nicht. Anscheinend konnte der Alte Gedanken lesen. „Hast du deine Meinung geändert?“, fragte er nach. Stephane nickte und sein Gegenüber kam, um die Wunde zu untersuchen. „Wollt ihr euer Pferd nicht anbinden?“, fragte Stephane, um sich abzulenken. „Jesim? Oh, er wird nicht abhauen. Lange Zeit war er die einzige Gesellschaft, die ich hatte und ihm geht es wahrscheinlich ebenso. Auf jeden Fall hat er noch nie den Versuch gemacht, zu flüchten.“ Stephane blickte zu dem Tier, das aus ruhigen Augen zurückschaute. Es war älter und wohl auch erfahrener als Othello und ihm gefiel de Gedanke nicht, dass es bei dem Alten und ihm genauso war. Ein kurzer, heftiger Schmerz riss ihn aus seinen Gedanken und überrascht schrie er auf. „Der saß tief.“, bemerkte der Alte und betrachtete den Pfeil. „Man sollte seinem Gegner nicht den Rücken zukehren, wenn er bewaffnet ist, sonst kann so was schnell passieren.“ „Ach was.“, knurrte Stephane gedämpft und drückte eine Hand auf die blutende Wunde. Der Mann lächelte nur. „Ich bin übrigens Hagen.“ Er hielt ihm die Hand hin. Stephane sah darüber hinweg. „Stephane Ilias.“ „Der Sprössling von Roman Ilias? Schön dich wieder zu sehen.“ Stephane stutzte und starrte Hagen an. „Wieder zu sehen? Kennen wir uns?“ „Nun, es kann sein, dass du dich nicht mehr daran erinnerst, aber ich war einmal bei deinem Vater auf der Burg. Da warst du so.“ Er hielt die Hand ungefähr auf Höhe seiner Hüfte. Verblüfft durchforstete Stephane seine Erinnerungen nach Hagen. Tatsächlich kam ihm der Name vertraut vor, aber er hätte beim besten Willen nicht sagen können woher. „Was denkst du denn, woher du den Mantel hast?“, fragte Hagen und nickte in Richtung des weißen Kleidungsstücks mit dem Tatzenkreuz darauf, dass auf Othellos Rücken lag. Fassungslos sah Stephane zu ihm. „Ihr seid einer der Templer!“ Hagen nickte gelassen, er schien durch nichts aus der Ruhe zu bringen. „In der Tat. Wie ich hörte, geht es deinem Vater nicht besonders gut?“ „Er ist krank, seit zwei Jahren schon.“ Das war auch der Grund, weshalb Sophie und Leila noch immer unverheiratet waren, Roman war einfach zu schwach, um sich um Ehemänner für sie zu kümmern. Aber jetzt, wo er bald starb, würde Gregoré das übernehmen. Seine beiden Schwestern würden ihre Freiheit nicht mehr lange genießen können. Das alles wurde Stephane erst jetzt langsam bewusst. Er war so überstürzt aufgebrochen, dass er daran gar nicht gedacht hatte. „Und was machst du dann hier?“, riss ihn Hagen aus seinen Gedanken. „Ich bin geflohen.“, antwortete Stephane ehrlich. Obwohl er Hagen nur von einer Begegnung kannte, an die er fast keine Erinnerungen besaß, vertraute er dem Templer. „Abgehauen, so so. Und wo willst du jetzt hin?“ Der Jüngere zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Eigentlich wollte ich ja ins Heilige Land.“ Hagen lachte leise. „Glaub mir, dass ist auch nicht besser als hier. Aber wenn du willst, komme ich mit.“ „Ihr wollt auch dorthin?“ „Ja, eigentlich schon, wenn auch mit einem Umweg. Falls du bereit bist, den einzuschlagen, kannst du gerne mitkommen.“ Er zwinkerte Stephane zu. „Sieh es als göttliche Fügung an.“ Die Entscheidung für Stephane war schon längst getroffen, trotzdem hatte er noch eine Frage. „Würdet ihr mich zum Templer ausbilden?“ Jetzt war es an Hagen, überrascht zu sein, aber er hatte sich schnell wieder gefasst. „Warum nicht? Wir werden eine Weile zusammen unterwegs sein, von daher haben wir viel Zeit dafür.“ „Sehr gut.“ Zufrieden machte Stephane sich daran, Othello loszubinden, als Hagen ihn noch mal aufhielt. „Willst du die Wunde nicht verbinden?“ Stephane blickte seinen Arm hinunter, er hatte die Verletzung, die inzwischen zu bluten aufgehört hatte, völlig vergessen. „Ja, das wäre wahrscheinlich besser.“, gab er zu. Hagen hatte gar nicht erst auf seine Zustimmung gewartet, sondern angefangen, sich darum zu kümmern. „Ich glaube, das erste was du lernen musst, ist, wie man Verletzungen behandelt.“, grinste er. Stephane sagte nichts dazu, sondern wartete schweigend, bis der alte Templer fertig war, bevor er auf sein Pferd stieg. Auch Hagen stieg auf Jesim. „Ich nehme an, dein Bruder war nicht sonderlich erfreut darüber, dass du einfachgegangen bist?“ „Ihr könnt daran sehen, wie froh er war.“, erwiderte Stephane schwach grinsend und deutete auf seinen Arm. „Ah, gut zu wissen. Dann bin ich vorbereitet, sollten wir ihm je begegnen.“ „Das ist nicht einmal so unwahrscheinlich.“ Schulterzuckend lenkte Stephane sein Pferd auf den Weg zurück. „Gregoré verkraftet Niederlagen nicht so gut.“ „Klingt so, als käme er nach deinem Vater.“, bemerkte Hagen. „Stimmt.“ Stephane nickte. „Sie sind sich sehr ähnlich.“ Was aber auch daran liegen konnte, dass ihre Mutter so früh gestorben war und Gregoré deshalb nur seinen Vater zum Vorbild hatte. „Nun, ich glaube trotzdem nicht, dass wir uns allzu viele Sorgen um ihn machen sollten. Ich weiß, wie man Leuten aus dem Weg geht.“ Er lächelte. „Konzentrieren wir uns lieber auf deine Ausbildung.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)