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Silent Hill - Deadscene

von

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Ein Tag wie jeder andere

Wie gewohnt liegt Nebel über der Stadt. Tagein, tagaus. Es herrscht jedes Mal dasselbe Bild. Ein unaufhörlicher Alltag, der meinem arglosen Leben eine Seele verleiht. Doch was bleibt mir, wenn all dies ein Ende nimmt? Wird es noch einen Sinn zu leben geben, wenn die Erde aufhört sich zu drehen?

Tagein, tagaus…
 

Das waren die Gedanken, die Heath Hudson jeden morgen im Kopf umherirrten, während er wie üblich darauf wartete, dass sein Wecker zu klingeln begann und ihn darauf hinwies, dass es Zeit war, sich für die Arbeit fertig zu machen.

Mittlerweile war Heath schon 37 Jahre alt und obwohl er ein im Grunde angesehener Arzt im städtischen Krankenhaus in Silent Hill – dem Alchemilla Hospital – war, glaubte er auf ein unerfülltes Leben zurückzublicken. Denn was hatte er schon großartig erreicht? Er war zwar ein guter Arzt, doch von zwischenmenschlichen Beziehungen verstand er nichts. Täglich behandelte er Menschen mit Krankheiten und er kümmerte sich einzig und allein um ihr Leid. Sie selbst waren ihm egal. Heath interessierte sich nur für das Lindern der Schmerzen – von den Gefühlen der Patienten wusste er nichts. So war es auch nicht verwunderlich, dass er trotz seines relativ hohen Alters immer noch ledig und kinderlos war.
 

Ein aufdringliches Schellen verhallte im Raum. Endlich klingelte sein Wecker und wies ihn darauf hin, dass es bereits sechs Uhr dreißig geworden war.

Ohne eine Miene zu verziehen, schaltete er den Wecker aus. Schon wieder war eine Nacht vergangen, an der er hatte einfach nicht einschlafen können. Dies geschah neuerdings öfters seit seine Eltern vor ein paar Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen waren und ihn somit allein auf dieser Welt zurückließen. Er hatte sie davor nicht wieder getroffen. Als er vor etlichen Jahren nach Silent Hill gekommen war, sollten die Jahre in Streit mit seinen Eltern wohl der letzte Abschied gewesen sein.

Obwohl Heath für normale Verhältnisse recht gut verdient, lebt er nur in einem ganz gewöhnlichen Apartment, denn als Ungläubiger hätte er ohnehin nicht das Recht auf ein großes Anwesen gehabt.
 

Direkt nach dem Aufstehen ging Heath ins Badezimmer. Er hielt äußerst viel von Hygiene und konnte es nicht ertragen ungepflegt herumzulaufen. Fein säuberlich machte er sich zurecht und erblickte danach das Resultat im Spiegel: Die etwa kinnlangen, stufig geschnittenen Haare nach hinten gekämmt, seinen Bart vollständig rasiert und sich wie üblich gewaschen. Im Großen und Ganzen konnte er zufrieden mit sich sein.

Ohne einen Blick auf den Schatten hinter sich zu werfen, wendete er sich vom Spiegel ab und schaute zu der Uhr, die im Gang hing. Die Zeiger offenbarten mittlerweile genau sieben Uhr. Nun blieben ihm also noch 15 Minuten bis er erwatet werden würde, doch dies brachte ihn nicht im Geringsten aus der Ruhe.

Im Gegensatz zur körperlichen Hygiene hielt er überhaupt nichts von einem deftigen Frühstück. Gewissermaßen aß er so gut wie gar nichts. Heath war öfters der Meinung, dass seine Arbeit wichtiger sei als alles andere auf der Welt.

Bereits nach wenigen Minuten hatte er sich fertig angekleidet – er trug eine dunkle Hose aus einem weich fließenden Stoff kombiniert mit einem schwarzen Hemd und darüber noch einen knielangen dunkelbraunen Mantel.

Wie selbstverständlich griff er nun nach seinem Autoschlüssel, der neben der Wohnungstür hing und eilte rasch hinaus in den Flur ohne auch nur noch einmal in seine Wohnung zurückzublicken. Er wusste, dass alles an seinem rechten Platz stand – schließlich war er sehr ordentlich. Doch so war ihm auch etwas Wichtiges entgangen. Hätte er zurückgeblickt, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass sich ein Riss in einem seiner Fenster gebildet hatte. Da musste jemand dagegen geschlagen haben. Es war jener Schatten, jene gesichtslose Gestalt, die ihn verfolgte. Dieses ihm allzu bekannte Fleischwesen, welches er ignorierte um es aus seinen Gedanken zu verbannen. Jenes, welches nur ihm sichtbar zu sein schien.
 

Wie jeden morgen rannte er das Treppenhaus hinab und wie gewohnt wurde er von keinem Menschen, dem er dabei begegnete gegrüßt. Es gab sogar einige, die sich vor ihm fürchteten, weil er häufig so ernst guckte. Sie fragten sich insgeheim, warum er stets alleine war; warum er nie Besuch hatte und weswegen er in einer schäbigen Wohnung wohnte, obwohl er doch Mediziner war. Andere fühlten sich auch nur beunruhigt, da er öfters mitten in der Nacht – wenn überhaupt – nach Hause kam, denn es konnte schon einmal vorkommen, dass Heath die Nächte im Krankenhaus verbrachte. Manchmal fühlte er sich dort daheim, denn da gab es niemanden, der ihn verachtete und niemanden, der sonst zu so später Stunde die Zeit totschlug ohne im Dienst zu sein. Man könnte fast meinen, er fühlte sich des Nächtens im Alchemilla Hospital geborgen. Doch letztlich wusste keiner so recht, was wirklich in Heath Hudson vorging.
 

Draußen angelangt, stieg er gleich nach dem Aufschließen seines Autos in dieses ein. Er wunderte sich längst nicht mehr darüber, dass die Menschen ihn zu meiden schienen.

Heath startete den Wagen ohne weiter darüber nachdenken zu müssen – schließlich ging das schon so seit er nach Silent Hill gezogen war.

Die wie gewöhnlich kurz werdende Fahrt hatte noch gar nicht richtig angefangen, da sah er schon wieder diese Frau. Dreizehn Jahre war das nun bereits her, seit er das erste Mal in Kontakt mit ihr getreten war und sie hatte sich kein bisschen verändert. Nun ja, wenigstens fast nicht…

Ihr Name war Helen Sinclair, mittlerweile 42 Jahre alt. Ihre grauen Haare hingen in Strähnen bis unter ihre Hüften hinab. Und dennoch war sie eine bildhübsche Frau, in deren Gesicht sich kaum eine Falte niedergelassen hatte. Tiefdunkle grau-blaue Augen – es schien als könne sie eines jeden Gedanken lesen; als könne man nichts vor ihr verbergen.

Helen Sinclair, die Mutter der Sinclair-Zwillinge – mit ihrem Erscheinen hatte sich Heaths Leben grundsätzlich verändert. Es war an jenem nebeligen Tag, an dem er sie das erste Mal traf; jener Tag, an dem ihn das Schicksal begann zu kennzeichnen. Helen hatte ihn aufgesucht, mit der Bitte, ihren Sohn Eve zu untersuchen; gewissermaßen sogar Experimente an ihm durchzuführen.
 

Und seit jenem Tag, an dem Eve starb, hatte sich alles in seinem Leben verändert.

Ach, jetzt ist es auch egal, dachte Heath, denn von alldem war ohnehin nur eine milchige, ungenaue Erinnerung zurückgeblieben. Ebenso machte es keinen Sinn über etwas während einer kurzen Autofahrt zu grübeln, über das er bereits seit den letzten dreizehn Jahren nachgedacht hatte. Ohne die Frau eines weiteren Blickes zu würdigen, beschloss er einfach weiterzufahren.

Helen hingegen kümmerte diese Geste nicht. Stattdessen bewegte sie ihre Lippen und das Flüstern ihrer rau gewordenen Stimme drang zur Außenwelt hinaus. Nur um dann wieder von einem Lächeln verschluckt zu werden. Helen freute sich auf das Ergebnis ihrer bereits vor dreizehn Jahren überlegten Tat. Noch ahnte wohl niemand etwas davon, doch schon bald würden sie es wissen.
 

Mittlerweile war Heath am Alchemilla Hospital angekommen. Schnell eilte er hinein, damit er es noch rechtzeitig schaffte. Drinnen angelangt, hörte er schon von allen Seiten, die ihn überaus freundlich begrüßenden Stimmen. „Oh, guten Morgen Dr. Hudson!“

Es war genau wie jeden Tag. Alle Angestellten versuchten so höflich wie möglich zu ihm zu sein. An manchen Tagen fand er diese Angewohnheiten seiner Angestellten regelrecht ekelhaft. Es schien alles so geheuchelt und verlogen. Er wusste doch sowieso seit langem, dass es im Leben kein echtes Vertrauen gab. Und in einer Welt wie dieser konnte man sich eben auf niemanden verlassen. Ein schlichtes „Morgen“ war das einzige, das über seine Lippen kam und gerade deswegen verstand er nicht, weswegen alle im Alchemilla Hospital ihm gegenüber weiterhin nett blieben.
 

Endlich in sein Arbeitszimmer geflüchtet, ließ er sich in seinen bequemen sesselähnlichen Drehstuhl fallen. Der Raum war wie gewohnt recht ordentlich. Alles schien am rechten Platz zu sein, nirgendwo lag unnützes Zeug herum. Ja, so liebte er seinen Arbeitsplatz.

Eine Krankenschwester kam jedoch unerwartet hinein und störte nun die angenehme Stille. „Guten Morgen, Doktor, hier sind die gewünschten Unterlagen für die heutigen Patienten. Es dürfte also nichts fehlen.“

„Wieso sollte es auch?“

„Nun ja, da ist doch erst letzte Woche diese eine Akte verschwunden…“

„Welche Akte denn?“

„Oh! Wussten sie das denn etwa noch nicht?“, die Krankenschwester machte ein verdutztes Gesicht. „Es handelte sich um diese Sinclair-Akte…“

„Was?! Und wieso weiß ich nichts davon?“

„… Ich habe es auch erst nach dem Tag des Verschwindens erfahren und ging davon aus, sie wüssten bereits davon. Es tut mir leid…“

„… Schon gut. Sie können gehen…“

Die Schwester schaute ungläubig auf ihren Vorgesetzten und verließ daraufhin den Raum – schließlich wollte sie nicht noch mehr Ärger mit ihrem Chef.

Welch Ironie, dass gerade diese Akte verschwand, dachte er. Es schien zu irrsinnig um wahr zu sein.

Heath erhob sich aus seinem Sessel und ging zum Fenster um dieses zu öffnen und den Raum somit vom angespannten Klima zu befreien. Draußen sah es noch immer aus wie sonst auch. Dichter Nebel hing über der Stadt und dicke Wolken verdunkelten die Sonnenstrahlen. Man könnte meinen, es sei derselbe Tag, an dem Helen Sinclair zum ersten Mal sein Sprechzimmer betrat.
 

Er erinnerte sich noch haargenau daran. Ihr Sohn Eve hatte hinter ihr gestanden, ganz still, ohne auch nur ein Wort von sich zu geben. Neben ihm seine Schwester, Jezabelle, mit demselben blonden Haar, welches auch ihr Bruder besaß. Beide Zwillinge schienen rein gar nichts von ihrer Mutter geerbt zu haben – schließlich hatte sie das schwärzeste Haar, das er jemals zu Gesicht bekommen hatte. Ohne dass die Zwillinge ein Wort verloren, redete Mrs. Sinclair die ganze Zeit über das Wohlergehen ihrer Kinder. Sie erklärte ihm, dass Eve wohl ein ganz besonderes Kind zu sein schien und behauptete er habe eine ganz außergewöhnliche Gabe – genauso wie dieses Mädchen… Wie war noch gleich ihr Name? Ah, richtig, sie hieß Alessa. Heath hatte es irgendwo einmal gelesen. Diese unglaubliche Geschichte von vor 30 Jahren.

Aber was soll’s – es war bereits Vergangenheit. Wie auch immer, was hätte er schon anderes tun können, als auf ihr Anliegen einzugehen? Verrückte Patienten gab es schließlich überall und er brauchte sie um sein Geld zu verdienen.

Der junge Eve Sinclair hatte von da an täglich einen Termin bei ihm. Er erinnerte sich ungern an den Jungen. Da war eine äußerst seltsame Aura, die ihn umgab. Das Gefühl, das man hatte, konnte man wohl am besten mit dem eigenen Tod beschreiben. Anders konnte er es sich nicht erklären. Dieser Junge hatte etwas so trauriges an sich – etwas das das eigene Leben so unwichtig erscheinen ließ. Wenn man ihn ansah, vermeinte man zu glauben, er sei bereits tot. Kalte, leere Augen, helle, blonde Haare, welche fast weiß schimmerten und elfenbeinblasse Haut. Er schien so zerbrechlich zu sein, wie seine Mutter gesagt hatte. Man hatte Angst ihn zu berühren – nicht davor, dass er kaputt ginge – nein, man hatte Angst davor so zu werden wie er. Dennoch fasziniert von dieser so menschenunähnlichen Gestalt begann er seine Experimente durchzuführen. Noch nie hatte er solch komplexe Werte gemessen. Noch nie hatte er einen solchen ungewöhnlich ausgeprägten Knochenbau gesehen. Er war von seiner Existenz begeistert. Konnte ein solches geradezu perfektes Wesen lebensfähig sein?

Doch schon vor der ersten Routineoperation stellte sich heraus, dass Eve ein äußerst schwaches Immunsystem besaß. Deswegen, sah er wohl auch so mitgenommen aus, wenn er ihn untersuchte. Er schien die Eingriffe nicht hundertprozentig zu vertragen. Des Weiteren entdeckte er bei ihm ein undefinierbares, geschwürähnliches Syndrom in seiner linken Herzkammer. Was immer es auch war, es musste definitiv entfernt werden. Doch der Eingriff wäre sehr riskant und er war sich nicht sicher, was er tun sollte. Seine Mutter wusste ihm ohnehin nicht anders zu helfen.

In so einer Zeit lernt man seine Patienten recht schnell kennen. Und obwohl es stets Heath war, der ein Gespräch mit dem Jungen begann und dieser kaum etwas sagte, schien es ihm so als habe er ihn sein ganzes Leben über gekannt. Es mag vielleicht verrückt klingen aber Heath glaubte bei diesem Treffen wirklich an eine schicksalhafte Beziehung – auch wenn er ein Nichtgläubiger war. Deswegen konnte er es bei seiner Krankheit nicht belassen und beschloss letztendlich doch zu operieren. Nicht nur um herauszufinden, was das Stück Fleisch in ihm wohl war, sondern auch um ihn für seine Tests weiterhin am Leben zu erhalten. War es nicht so? Die Operation fand noch in derselben Woche statt und anstelle Versuche an ihm durchzuführen, erklärte er ihm, dass er jetzt operiert werden müsse, da sonst sein Leben gefährdet wäre. Alles schien gut vorbereitet zu sein, doch bereits nach Eintreten der Narkose, musste er bemerken, dass beim Öffnen seines Torsos etwas nicht stimmte. Seine Haut glich einer eher widerstandsfähigen Substanz. Sie ließ sich schwerer öffnen als sonst. Man könnte meinen, dass sein Körper nicht von dieser Last befreit werden wollte. Nach unzähligen Einschneideversuchen hatte er es endlich geschafft tiefer in sein Fleisch einzudringen und ohne, dass er es hätte kontrollieren können, spritzte Blut in sein Gesicht. Das Blut fraß sich von seinen Fingerspitzen immer höher bis zu seinen Armen direkt in seine Haut. Es versuchte ihn zu blenden; seine Finger zu lähmen. Doch dies störte den Doktor nicht. Er wollte ihm um jeden Preis das Leben retten. War es nicht so? Aber warum spürte Heath tief in seinem Herzen ein anderes Gefühl, wenn er an diese fatale Operation dachte? War es vielleicht Schuld? Er wusste es nicht mehr. Seine Erinnerung daran war zu rissig. Es schien als ob sie zu Staub zerfallen würde, wenn er auch nur noch ein einziges Mal daran denken würde. Nur noch eines wusste er genau. Es war jene Fleischgestalt, die ihn seitdem verfolgte, die während der Operation seelenruhig neben ihm gestanden hatte. Mit demselben gesichtslosen Blick. …

Dieses menschenähnliche Etwas griff in sein Herz.

Das zeigte ihm seine Erinnerung.
 

Und es kam, wie es schließlich kommen musste. Es war fast zu vorhersehbar, dass Eve verstarb.
 

Plötzlich knarrte die Tür seines Arbeitszimmers und stieß Heath, der noch immer angelehnt am offenen Fenster Stand, gewaltsam aus seinen unangenehmen Erinnerungen, die sich tagein tagaus seit jener Zeit in seine Träume schlichen, heraus.

Ein junges Mädchen war in den Raum getreten. Ihre blonden Haare hatte sie sich zu zwei Zöpfen geflochten und noch immer kannte er ihr Gesicht haargenau. Diese eiskalten leuchtend grünen Augen. Er hatte ihr vorwurfsvolles Gesicht in zahlreichen seiner Träume ertragen müssen. Und obwohl sie erst 19 Jahre alt war, hatte sie etliche Falten und schwarze Ringe unter den Augen – was wohl höchstwahrscheinlich auf mangelndem Schlaf zurückzuführen sein musste.

Ja, es war Jezabelle Sinclair, die nun in seinem Arbeitszimmer stand. Ohne zu fragen, setzte sie sich einfach in den Patientenstuhl und fing ohne jegliche Begrüßung an zu sprechen. „Du wirst es noch früh genug bemerken. Wenn der Tod zu dir kriecht und an dein Fenster klopft. Du hast mir alles genommen! Wir sind uns ähnlich, wie?“

Mit einem etwas geistesabwesenden Blick starrte sie direkt in seine Augen - nur um daraufhin ihre Ankündigung fortzuführen. „Wir haben nichts mehr. Mit dem kleinen Unterschied, dass DU Schuld an meinem Leid bist! Irgendwann wirst du an meine Worte denken und du wirst verstehen, was dich erwartet. Du wirst es sehen, wie es sich anfühlt zu sterben! ... Bis dahin drückt sich deine Schuld immer weiter in dein Fleisch hinein, Ungläubiger…!“

Nun konnte man deutlich erkennen, dass es reine Trauer war, die sich in ihren Augen widerspiegelte.

„Was soll das nun wieder bedeuten, Jezabelle?“

„Wozu sollte ich dir das erklären? Du weißt ganz genau wovon ich rede!“, mit einem Mal huschte ein Lächeln über ihre schmalen Lippen.

„Sag schon, warum bist du hier? Du bist doch wohl nicht nur hergekommen um mir abermals Vorwürfe zu machen? Verstehst du es noch immer nicht? Es war nicht…“

„Nicht deine Schuld? Wolltest du das gerade sagen, ja? Wessen Schuld war es denn bitte dann? Oder meinst du etwa es war das Versehen deiner ‚Halluzination’?“

Ihr Blick zeigte zum Fenster und wies daraufhin, dass dort jemand stehen musste. Heath schaute sich um und er durfte es tatsächlich feststellen. Dort stand unzweifelhaft dieses menschenähnliche, gesichtslose Wesen. Dasselbe, das er damals im OP-Raum sah, dasselbe, das ihn seitdem in seinen Träumen verfolgte, dasselbe, das wohl seit der ganzen Zeit nicht ein einziges Mal von seiner Seite gewichen war. Hatte er es etwa nicht bemerkt, dass es ihn die ganze Zeit über von dort aus beobachtete? Dass es immer noch in seinen Gedanken schlummerte?
 

Heath wand seinen Blick von der bereits vertrauten Gestalt ab und schaute ernst in Jezabelles Richtung. Sie begann zu kichern und schließlich fragte er: „Woher weißt du von diesem Ding? Ich war der einzige, der es sehen konnte!“

„Ach, ein Ding nennst du es also? Ist deine Angst vor den Menschen bereits so groß geworden? Gerade du, wo du doch…“, sie brach mitten im Satz ab.

„Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun?“

Ohne darauf etwas zu antworten, stand Jezabelle wieder auf. Und ohne einen letzten Blick auf ihn zurückzuwerfen, verließ sie den Raum.

„Was sollte das denn nun wieder…?“

Nachdenklich sah er zum Fenster um daraufhin zu erkennen, dass sich die Fleischgestalt wohl längst wieder in Luft aufgelöst hatte. Es schien, dass ihm eindeutig zu wenig Schlaf zukam. Aber hatte Jezabelle es nicht auch gesehen?

Wie auch immer, es würde wohl ein anstrengender Tag werden.

Ungebetener Gast

Kapitel 2 - Ungebetener Gast
 

Wie erwartet plätscherte der anstrengende Tag seinem Ende entgegen und es drohte allmählich Nacht zu werden in der nebeligen Stadt.

Heath verweilte trotz der bereits geendeten Sprechzeit weiterhin träumend in seinem Arbeitszimmer. Jezabelles Besuch wollte ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen. Was war es nur, das sie gemeint hatte? Er verstand das alles nicht. Heath konnte nicht glauben, dass dieses Ereignis vor 13 Jahren immer noch Gegenwart war.

Der Arzt fasste sich an den Kopf und begann seine Schläfen zu massieren. Es waren unangenehme Schmerzen, die ihn plagten. So viel zu grübeln tat ihm auf die Dauer nicht gut. Doch was sollte ihn schon von seinen Gedanken ablenken können?

Es war spät; ein weiterer Tag voller Arbeit und Leblosigkeit verstrichen – ein Alltag, der für ihn keine Besonderheit mehr darstellte. Heath verspürte dennoch das Verlangen endlich einschlafen zu wollen. Er schien fast besessen davon zu sein und schließlich fielen seine Augenlider immer wieder zu, selbst wenn er krampfhaft versuchte wach zu bleiben.

In diesem Zustand werde ich wohl kaum nach Hause fahren können…, dachte er.

Deswegen beschloss er, dass diese Nacht wohl wieder eine weitere werden würde, in der er im Hospital blieb.
 

Sanft legte er seinen vor Schmerzen pochenden Kopf auf seine Arme, die zuvor schon auf seinem Arbeitstisch geruht hatten. Er wünschte sich so sehr endlich mal wieder beruhigt und ohne schwermütige Gedanken einschlafen zu können und so geschah es auch. Jedoch sollte diese Zeit des Entspannens nicht von langer Dauer sein. Bereits nach zehn Minuten schreckte er aus seiner für ihn angenehmen Schlafhaltung auf. Es war ein ohrenbetäubendes Geräusch, welches ihn aus seiner Traumwelt riss – etwas, das wie ein Hämmern geklungen hatte. So als hätte irgendjemand mit einem Knüppel gewaltsam gegen eine der Türen des Hospitals geschlagen. Aufgeschreckt blickte er hektisch im Raum, in welchem nur seine Schreibtischlampe klägliches Licht spendete, umher und man konnte pure Furcht in seinen Augen erkennen. Es war das erste Mal – wenn überhaupt - dass Heath Unbehagen fühlte, während er sich in seinem geliebten Arbeitszimmer befand. Ein solches Geräusch hatte er hier noch nie vernommen. Könnte es vielleicht möglich sein, dass er sich dies nur eingebildet hatte?

Wohl kaum, denn bereits nach der Infragestellung seines Verstandes ertönte es erneut.
 

In der Tat, es klang ganz deutlich nach einem Hämmern – fast einem Herzschlag gleichend - und wurde nun nur ab und zu von einem unangenehmen Scharren unterbrochen.

Vorsichtig stand er daraufhin aus seinem Drehstuhl auf und obwohl er bis vor kurzem noch sehr müde gewesen war, erschien es ihm fast so, als ob er des Einschlafens nicht mehr mächtig wäre. Der Gedanke, dass jemand… oder vielleicht irgendetwas an der Tür des Hospitals schlug, schien ihm den Atem zu rauben. Langsam schlich er an die Tür seines Arbeitszimmers, um einen Blick in den dahinter liegenden Gang riskieren zu können. Heath machte sie nur einen winzigen Spalt weit auf und erkannte, dass er immer noch in Dunkelheit gehüllt war. Irgendwie roch es anders als sonst. Ein fast faulig duftender Gestank strömte in sein Zimmer hinein und schließlich beschloss er endlich den finsteren Gang zu betreten, da er das Licht anschalten wollte. Umso verwunderter war er dann als er den Schalter, der sich am Ende des Ganges befand, betätigt hatte, denn selbst bei mehrmaligem probieren, musste er entsetzt feststellen, dass sich partout nichts tat. Es blieb dunkel im Flur und in der Ferne konnte er zu dem gewaltsamen Klopfen zusätzlich ein karges Rauschen vernehmen. Des Weiteren vernebelte ihm dieser ungewöhnlich abgestandene Geruch die Sinne. Plötzlich lief ihm ein eiskalter Schauer den Rücken entlang. Erst jetzt bemerkte er, dass in seinem Arbeitszimmer noch immer Licht gebrannt hatte. „Was zur Hölle…?“, entfuhr es ihm, während er schnell zurück in seinen Raum rannte. Dort angekommen, musste er es erkennen: Die Lampe brannte! Das stetige Hämmern untermalte nur noch seine Fassungslosigkeit und hinderte seinen Verstand daran all dies begreifen zu können. Ohne weiteres Nachgrübeln eilte er zu seinem Schreibtisch, um in dessen Schubladen zu wühlen. Irgendwo hatte er doch einmal eine Taschenlampe verstaut – für den Fall der Fälle. Und tatsächlich befand sie sich immer noch an derselben Stelle, an der er sie hingelegt hatte.

„Wer hätte gedacht, dass du mir mal von Nutzen sein würdest…?“, murmelte Heath vor sich hin und ließ sie für ihren Lebenszweck wieder auferstehen.
 

Mit einem sichereren Gefühl als vorher trat er erneut in den Gang hinaus, während ein schmaler Lichtstrahl den durch Finsternis verschleierten Raum durchstach. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen. Er irrte durch die ihm so bekannten Gänge und Räume bis er plötzlich erstarrte. Es war dieses seltsame Rauschen, welches er vorhin gehört hatte und nun schien es als ob es sich hinter der Tür verbarg neben der er gerade stand. Schließlich beschloss er das Zimmer, welches ein Bettraum für Patienten war, zu betreten. Heath öffnete die Tür und durchleuchtete den Raum.

„Nichts.“, flüsterte er.

Nichts, was - abgesehen vom Rauschen - merkwürdig war. Bei dem Raum handelte es sich schlichtweg um einen Ausruhraum für Patienten, welche nicht so erkrankt waren, dass sie hätten hier verbleiben müssen. Eigentlich verbrachte nie ein Patient eine Nacht im Alchemilla Hospital, denn dafür waren die Räumlichkeiten des weitaus größeren und besser ausgestatteten Brookhaven Hospitals vorgesehen.

Mit einem Mal verhallte ein letztes Schlagen um sich daraufhin der überwiegenden Stille der Örtlichkeit anzuschließen. Verwirrt blickte Heath in den schwarzen Gang hinaus. Weit weg von seinem Standpunkt aus hörte er nun ein tiefes Knarren. Es schien als ob sich die Eingangstüren des Hospitals geöffnet hätten. Woraufhin sich endgültige Stille verbreitete. Und nun wurde auch deutlich, woher das Rauschen genau kam. Er wandte sich wieder dem Raum zu und musste erkennen, dass eines der Betten, welches er eben noch als ordentlich gemacht empfunden hatte, nun ganz verwirbelt und unordentlich war. Man konnte einen deutlichen Hügel darunter erkennen und es schien fast so als ob ein Kind darunter liegen würde. Kein Zweifel, das Zischen kam eindeutig von dem Bett und daher ging er langsam zu dem Krankenbett und sagte während er die Decke beiseite ziehen wollte: „Hey, wer hat dir denn erlaubt…“

Der Satz blieb ihm im Halse stecken, denn inmitten des Bettzeugs hatte sich kein Kind befunden. Nein, es war klumpiges Fleisch, welches darin lag und die rötliche Flüssigkeit, welche sich darunter ausgebreitet hatte, schien aller Wahrscheinlichkeit nach Blut zu sein. Sie hatte sich bis tief in die Matratze gefressen und verhüllte die eigentlich weiße Farbe des Lakens. Heath konnte seinen Augen kaum glauben. Träumte er denn noch immer? All dies konnte sich doch nur um einen Alptraum handeln!
 

Er streichelte mit einem angewiderten Gesichtsausdruck den blutigen Klumpen und fühlte es darunter vibrieren. War es dieser Fleischklumpen, der dort rauschte? Ohne es selbst kontrollieren zu können, fuhr seine Hand in das Innere des Klumpens und stieß an einen harten Gegenstand darin. Übelkeit verbreitete sich in seiner Magengegend doch seine Hand hörte nicht auf zu ruhen. Seine Finger versuchten den Inhalt des Fleisches zu umschließen und zerrten daran. Mit einem matschigen Geräusch befreite seine Hand einen kleinen eckigen Gegenstand aus dem Inneren des Ekel erregenden Gebildes. Es war ein mit Blut und Hautfetzen besprenkeltes Radio, welches er in Händen hielt und nun verwundert anstarrte. Selbst jetzt noch war das statische Rauschen klar und deutlich zu vernehmen. Heath konnte kaum verstehen, was er gerade eben erlebt hatte und machte sich daran und darauf diese störende Statik auszuschalten, doch bei näherem Betrachten, musste er kläglich feststellen, dass der Hebel, welcher dafür verantwortlich gewesen wäre, gar nicht auffindbar war.

Heath fing nun ernsthaft an, an seinem Verstand zu zweifeln. Wie konnte all dies nur wahr sein? Erst dieses Hämmern und dann dieses seltsame Rauschen, welches von einem Radio kommt, das er soeben mit eigenen Händen aus einem Stück Fleisch gezogen hat. Und zu allem Überfluss musste er auch noch feststellen, dass dieses ‚Radio’ oder wie auch immer er es nun nennen sollte, keinen einzigen Schalter besaß. Man hätte fast meinen können, dass es selbst aus purem Fleisch bestünde. Ja, es wirkte wahrhaftig so als habe er soeben bei einer Geburt geholfen und nun durfte Mama Fleischklumpen endlich ihren wohl zu zäh geratenen Schützling begutachten.

Heath erschienen diese Gedanken zu widerwärtig und er wollte dieses ‚gerade geborene’ Radio einfach nur noch wegwerfen. Natürlich wusste er, dass es unmöglich aus Fleisch bestehen konnte, schließlich hielt er es gerade selbst in Händen und wusste, dass es sich dabei unweigerlich um ein Radio handelte, doch was sollte man in einer solchen bizarren Situation sonst schon denken?

Ohne sich weiter damit befassen zu wollen, warf er das Radio, welches keinen Schalter besaß auf den Boden und es kam mit einem splitternden Geräusch auf. Einige Teile bröckelten sogar ab und obwohl er nun glaubte es zerstört zu haben, rauschte es wie zum Hohn munter weiter. Verwirrten Blickes trat er heftig auf den harten Gegenstand, doch vergebens. Noch immer war das Rauschen deutlich zu vernehmen – klang fast wie Gelächter.

Er wollte es ein letztes Mal versuchen, doch noch bevor er es wagen konnte, wurden seine Sinne von etwas anderem abgelenkt. Er spürte eine Präsenz hinter seinem Rücken. Das Rauschen verhalte noch immer so kontinuierlich im Raum, wie zu dem Zeitpunkt, an dem er ihn betreten hatte. Plötzlich erklang ein tiefes Schluchzen hinter ihm und Heath wollte seinen Ohren nicht mehr trauen als er spürte wie irgendetwas in seine Richtung zu schlurfen begann und er musste unweigerlich an jene Kreatur, die ihn seit 13 Jahren heimsuchte, denken. Noch nie hatte sie versucht sich ihm derart zu nähern… oder war dies nur eine Einbildung?

Er konnte es nicht mehr aushalten und wollte sich selbst davon überzeugen, dass sich unmöglich hinter ihm etwas befinden konnte, darum beschloss er sich endlich umzudrehen. Doch was er dort im Schein seiner Taschenlampe erblickte, schien ihn ohnmächtig werden zu lassen, denn er musste entsetzt feststellen, dass es tatsächlich nicht jene ihm so vertraute Gestalt war. Es war etwas anderes und dennoch glaubte er, dass es zur selben Art gehöre. Dieses Wesen, welches zu ihm schritt, tat dies wie ein Mensch – weitere Parallelen existierten seiner Meinung nach nicht.

Verwüstete Gedanken

Kapitel 3 – Verwüstete Gedanken
 

Ein stetig andauerndes Rauschen. Es war das einzige, woran Heath noch denken konnte. Jedoch schien er nicht fähig dazu zu sein. Wie könnte er auch, wo er doch mit seinen eigenen Augen sah, was sich ihm näherte.

Das, was es darstellte, hätte man sich seines eigenen Verstandes nicht vorstellen können. Und obwohl er Wesen wie jene zu kennen glaubte – schließlich teilte er seinen stetigen Alltag mit einer Kreatur, die ebenso fleischlich war – erschien ihm dieses doch etwas zu absonderlich. Jene befremdliche Fleischgestalt stand aufrecht vor ihm und blickte gesichtslos in seine Richtung. Man hätte meinen können, dass es Heath beobachtete, obwohl es nicht einmal Augen besaß. Dort wo sein Gesicht hätte sein sollen, war wohl so etwas wie ein Tuch drüber gespannt – jedoch war dies anscheinend zu eifrig geschehen, da sich längs seines Kopfes lange Risse gebildet hatten. Unsicher torkelnd, trat es immer näher zu ihm hin. Schon bald erkannte Heath das wahre Ausmaß jener Gestalt. Im Schein der Taschenlampe schimmerte seine fleischige Haut rot-bräunlich und erst jetzt erkannte er, dass es kein Tuch sondern aufgeplatzte Haut war, die sein Gesicht repräsentierte. Aber nicht nur sein Kopf war auf diese Weise zugerichtet – über seinen gesamten unansehnlichen Körper verliefen ruppige Schnittstellen und Platzwunden, die an einigen Hautfetzen fein säuberlich zugenäht worden waren. Dort, wo man seine Arme hätte auffinden müssen, stachen kleine klumpige Stümpfe hervor, welche sich gierig nach ihm auszustrecken versuchten. Und wenn Heath jetzt nichts tun würde, bekämen die verkrüppelten Hände ihren ersehnten Fraß.

Doch was hätte er gegen einen solchen Berg lebendigen Fleisches schon ausrichten können? So zweifelte Heath an sich selbst. Hinzu kam noch das stetig andauernde Rauschen, des Radios, von welchem er glaubte, es zertrümmert zu haben. Die ganzen Jahre über hatte er sich aufgrund seiner treuen Fleischgestalt für verrückt erklärt, doch das er sich nun in einer solch unausweichlichen Lage befand, wollte und konnte er einfach nicht begreifen. Starrsinnig guckte er auf den Boden, genau auf die Stelle, wo er das Radio hatte zerschmettern lassen – nur um festzustellen, dass es komplett wahnsinnig war, was er dort sah. Die abgesplitterten Stücke des Gerätes schienen lebendig geworden zu sein – sie krochen wie Würmer dem Zentrum des Radios zu und manifestierten sich erneut in ihm.

Inzwischen stand das Monstrum direkt vor ihm und er roch den fauligen Gestank seines schmierigen Körpers. Einer seiner Stümpfe streckte sich nach ihm aus und es gelang ihm tatsächlich Heath an der Wange zu streicheln. Ein matschendes Geräusch erklang und er konnte spüren, wie sich Klumpen von Fleisch auf sein Gesicht legten. Angewidert schaute er auf den aufplatzenden Kopf und er glaubte nicht mehr daran dieser Situation entkommen zu können.
 

Heath konnte den Hautkontakt nicht länger standhalten. Der Gestank des krüppeligen Armes brachte einen angewiderten Ausdruck auf seinem Gesicht hervor. Es war ein so stechender Geruch und dennoch glaubte Heath ihn zu kennen. Nur wusste er nicht mehr woher.

Ohne der Berührung weiter standhalten zu wollen, trat Heath einige Schritte taumelnd zurück und bewirkte damit, dass die Stümpfe des sonderbaren Monstrums von seinem Gesicht getrennt wurden. Dies wäre aber keine Erleichterung für lange Zeit, denn schon bald würde er die Wand erreichen – was dann?

Erstaunlicherweise kam er gar nicht erst soweit. Noch bevor er sich gegen die Wand hätte pressen können stieß er aus heiterem Himmel gegen etwas, das wie aus dem Erdboden aufgetaucht sein musste. Relativ gelassen atmend wand er nun den Lichtschimmer der Taschenlampe von dem stumpfarmigen Wesen ab und richtete es auf die Stelle, an welche nun etwas zu lauern drohte.

Heath war fassungslos. Es handelte sich um seinen „Freund“ aus Fleisch. Er stand direkt hinter ihm und Heath leuchtete ihm geradezu sprachlos mit der Taschenlampe ins Gesicht, welches keines war.

Auf dem sonst so mit krustiger Haut überspanntem Gesicht fing es mit einem mal an zu knirschen. Einzelne Teile von kleinen fauligen Fetzen bröselten von seinem Kopf herab und langsam aber sicher begann sich ein Schlitz darauf gewaltsam zu öffnen. Nach und nach vergrößerte sich die Öffnung, welche immer mehr zu einer Grimasse heranwuchs und scharfe blutverschmierte Zähne kamen deutlich sichtbar zum Vorschein. Es war nun so etwas wie ein Gesicht – bestehend aus einem riesigen Maul, glich einem Grinsen.

Erst jetzt bemerkte Heath, dass die Fleischgestalt etwas in ihrer Hand hielt und als sie diese hob, konnte er es als eine Eisenstange identifizieren. Heath erschrak als er bemerkte, dass sein „Freund“ sie ihm reichte, es ihm regelrecht in seine freie Hand quetschte – er drang ihn dazu sich gegen das Monstrum zu wehren!

Und was wäre ihm schon anderes übrig geblieben als sich dieser Chance hinzugeben? Fest entschlossen steckte er seine Taschenlampe in die Brusttasche seines Hemdes, um daraufhin die Eisenstange mit beiden Händen zu umschließen. Ernsten Blickes drehte er sich zu dem Monster, welches nur ganz langsam mit seufzenden Tönen auf ihn zuschleifte. Auch das von Maden umringte Radio rauschte in demselben Ton wie zuvor – nichts hatte sich an der bedrohlichen Situation geändert. Bis auf, dass Heath sich nun dem Fleischberg gegenüber überlegen fühlte. Ohne weiter über all dies nachzudenken, setzte er zu einem ersten Schlag aus. Matschend flogen einige Stücke aus Fleisch von der sich krümmenden Gestalt ihm entgegen und legten sich beinahe geräuschlos auf sein vor Ekel erstarrtes Gesicht. Es folgte auch ein zweiter Schlag direkt in die Rippen - wenn es denn so etwas besaß - und die zahlreichen Nähte auf seiner rot-bräunlichen Haut fingen an sich weiter zu öffnen und weiches Fett quoll allmählich heraus. Die Gestalt verfärbte sich nach den folgenden Schlägen in einen rötlichen Klumpen, welcher der Belastung einfach nicht mehr standhalten konnte und sich schließlich auf den Boden, wohl vor Schmerzen, niederlassen musste. Kraftlos rekelte sich die Gestalt im Dreck – war willig wieder aufzustehen. Aber so weit sollte es nicht kommen. Heath blickte verachtungswürdig auf das sich windende Fleisch und mit einem saftigen Geräusch in Form eines finalen Trittes entfernte er den letzten Hauch des Lebendigseins aus ihm.
 

Das Monster rührte sich nicht mehr – tot lag es am mit Fleischstücken bekleckerten Boden. Eine Lache aus Blut breitete sich darunter aus und er konnte endgültig sicher sein. Genauso wie das Leben aus ihm gewichen war, hatte auch endlich das nervige Rauschen des Radios aufgehört und nur noch das schwermütige Atmen, welches Heath verursachte, war zu vernehmen. Es schien, als ob er endlich wieder klaren Verstandes denken konnte und schon verwandelten sich seine eben noch entschlossenen Gesichtszüge in ein von Furcht durchdrungenes Ebenbild. Unglaubwürdig betrachtete er seine zitternden Hände. Waren dies die seinen? Er konnte es einfach nicht glauben – noch immer umklammerten seine Finger die Eisenstange, welche sein „Freund“ ihm anvertraut hatte. Moment! Schlagartig drehte er sich zu der Wand um, an der jene Fleischgestalt gestanden hatte. Nur um verwirrten Blickes die bereits verlassene Stelle zu entdecken.

Das war vollkommen verrückt. Das hätte Heath am liebsten gedacht, doch stattdessen holte er nur ein weißes Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche heraus, um sich das unangenehme Gefühl aus dem Gesicht zu streichen, welches die kleinen Klümpchen verursacht hatten. Um ehrlich zu sein, war es ihm zuwider über jenen Moment genauer nachdenken zu wollen. Und schon gar nicht hier in diesem Raum, in dem noch immer dieses abnormale Ding lag.

Gedankenverloren schaute er auf eben dieses. Es ruhte im Staube und rührte sich nicht mehr. Warum nur sah er es sich so genau an? Hatte er Angst?

Verächtlichen Blickes trat Heath dem Ausgang des Raumes entgegen und während er langsam durch das Zimmer ging, scheute er sich nicht davor noch einmal kräftig auf die Kreatur zu trampeln.

Im immer noch dunklen Gang angelangt, beschloss er dann endlich in sein Arbeitszimmer zurückzukehren - dort würde er hoffentlich seine Gedanken ordnen können. Beinahe schleichend, schritt er den Flur entlang, in dem nur seine Taschenlampe spärlich einen wohl menschenleeren Pfad erhellte. Heaths Augen taten langsam aber sicher weh. Eine solche Aufregung war er nicht gewohnt gewesen und als er vor seinem Büro angelangt war, wischte er sich mit seiner linken Hand über die müden Augen – in der anderen hielt er noch immer die nun von angetrocknetem Blut beschmierte Eisenstange.

Vorsichtig öffnete er daraufhin die Türe und entdeckte seinen Raum so, wie er ihn verlassen hatte – abgesehen von dem, was sich neben der noch immer brennenden Schreibtischlampe befand. Um zu erkennen, was es genau war, trat Heath einige Schritte näher, bis er sich dann doch entschloss, sich erst einmal wieder in seinem Drehstuhl niederzulassen.

Ungläubigen Blickes erkannte er jenen Gegenstand – es war jenes Radio, welches er vorhin zertrümmert hatte und sich wie von Geisterhand „selbst repariert“ hatte. Ja, es war dieses Radio, das aus Fleisch zu sein schien.

Daneben lag ein Zettel, auf dem etwas mit einer roten Flüssigkeit, vielleicht Blut, ganz krakelig geschrieben war:
 

NiMm BiTTE DIESEs radio miT!

DU BRauCHST ES, WeNN DIE ZeIT KOMMT, JENE ZEIT DER WELT

IST LäNGST NICHT GuT GeNuG FÜR „SIE“
 

DU KENNST DEN ORT ZU GUT

KANNST IHN NICHT VERGESSEN

DU B--- ------- ---- --- ----- ------ - ---- -
 

Sprachlos las sich Heath den Zettel immer wieder durch, doch den letzten Teil konnte er bei besten Willen nicht entziffern. Was sollte das bedeuten? Meinte der Verfasser dieser Schrift wirklich jenen Ort?

Es gab nur einen Weg dies herauszufinden. Heath zog sich seinen Trenchcoat, den er zur Arbeitszeit immer mit seinem weißen Kittel tauschte, wieder an und steckte das Radio in eine der Taschen. Den Zettel jedoch zerknüllte er und warf ihn während er den Raum verließ in den Papierkorb.

Betörende Zuflucht

Kapitel 4 – Betörende Zuflucht
 

Alles schien wie gewöhnlich zu sein. Es herrschte Nacht in der kleinen Stadt und die Häuser waren von Nebel umgeben. Fahles Mondlicht drang seicht hindurch und beleuchtete die marode gewordenen Straßen nur spärlich. Eine normale Person mit gesundem Menschenverstand hätte wohl kaum in so einer düsteren Nacht einen Fuß nach draußen gesetzt – und schon gar nicht nachdem man etwas so Unmenschliches erlebt hatte.

Heath Hudson jedoch war anders. Hätte er etwa seelenruhig nach Hause gehen sollen? So tun, als ob nichts geschehen war? Nein, so etwas konnte er nicht. Er hielt sich weder für überarbeitet noch für geisteskrank. Und dennoch tat er es, weil er es als richtig empfand. Etwas, wovon er glaubte, Klarheit zu gewinnen. Natürlich wusste er, dass irgendetwas Merkwürdiges mit ihm geschah – und das nicht nur seit gestern. Nun war es soweit. Er konnte es nicht länger verleugnen oder fliehen.

Auf dem Weg aus dem Alchemilla Hospital heraus, schaute er noch einmal in dem Sanitätsraum, welcher sich direkt hinter der Wand der Eingangshalle befand, vorbei. Hier gab es allerlei Verbandszeug und schmerzlindernde Medikamente, wie es sich für solch ein Zimmer gehörte. Heath dachte dabei an das Monstrum, das ihn vorhin eben im Ruheraum überrascht hatte. Daran, wie es seine Haut streichelte und an den Gestank, den es verströmt hatte. Es wäre fatal einem solchen in größerer Anzahl zu begegnen, also hielt er es für vernünftig einen ganzen Stapel solcher Utensilien mit sich zu führen – für den Fall der Fälle.

Während er angestrengt im Schein der Taschenlampe in den Türen knarrenden Schränken herum wühlte, fiel ihm noch etwas ganz anderes in die Hände. Es hatte unter einer kleinen Flasche Tonikum, welche er ebenfalls einsteckte, geklebt und schien ein Blatt Papier zu sein, das aus einer Akte gefallen sein musste. „Wie kommt das denn hierher…?“, murmelte er laut vor sich hin und begann das Dokument, welches mit ‚MEMO an mich’ in krakeligen Buchstaben betitelt war, zu lesen:
 

10.04.

Heute morgens ist |||||||||||||||| ||||||||||||

in unserer schönen Klinik angekommen… Wundersam,

wie starr Augen aussehen können, wenn jemand

den Verstand verliert…

Ich finde es zum Lachen, wie sie einen

anstarren! Mit diesen großen Augen!

Wer würde da nicht schmunzeln? Als könnte man

ihnen ein ewiges Leben geben! Als könnte man sie

auf direktem Wege in den Himmel geleiten.
 

15.04

Töricht.
 

Allem Anschein nach ist die Person völlig hinüber.

Hat mich gefragt, wie es mir ginge… als ob ich nicht

ganz richtig im Kopf wäre!! Ich weiß sehr wohl wie

es mir geht. Und es wird mir noch schlechter gehen,

wenn sie mir weiterhin solche Fragen stellen.

(Vergiss nicht, dass die Anzeigetafel auf 0|0119

seinen Ursprung erweckt.

0|0120 hingegen…)
 

Da endete die Notiz.

Als Heath den Zettel zu Ende gelesen hatte, zog er störrisch eine Augenbraue nach oben. Weder kannte er die Schrift, noch jemanden, der so etwas zu Papier hätte bringen können. Er grübelte. Ebenso wenig wusste er, wer der Verfasser des Zettels in seinem Arbeitszimmer gewesen war. Langsam aber sicher fühlte er sich wie ein Versuchskaninchen, dass nach jahrelanger Sorgfalt nun endlich aus seinem Käfig durfte. Wurde er etwa von jemandem überwacht?

„Von jemandem überwacht, der immer in meiner Nähe ist… Und dieses Monster?!“, durchstach es seine Gedanken. Nein, das war etwas anderes.

Mitten in seinen Gedankengängen vertieft, wurde er plötzlich zurück in die Realität gerissen. Das Radio, welches er, wie auf dem Zettel befohlen, mitgenommen hatte, gab einen Laut von sich. Es war nur ganz leise, doch es war da. Um es deutlicher wahrzunehmen, nahm er es aus seiner Manteltasche heraus und hielt es an sein Ohr. Es klang wie ein leises Surren, wurde dann zu einem Krächzen und hörte sich daraufhin fast wie eine Stimme an. Und es schien weit entfernt zu sein.

Leicht aufatmend beschloss er seine Grübeleien auf später zu verschieben und packte die Sachen, die er für nötig hielt, zusammen. Nachdem er alles in die Innentaschen seines Mantels verstaut hatte, nahm er auch die Eisenstange wieder auf als er den nach Medikamenten riechenden Raum verließ.
 

Draußen sah es aus wie in jeder Nacht. Der Himmel war Schwarz und man sah das Licht der Straßenlaternen durch den Nebel nur gedämmt, was Heath jedoch nicht daran hinderte sich gut in der Stadt zurechtzufinden.

Als er einige Schritte entlang der Koontz Street gegangen war, hörte er wieder dieses krächzende Surren des Radios, das sich wie eine Stimme angehört hatte. Diesmal schien es lauter zu sein als vorher. Heath nahm das Radio erneut aus seiner Manteltasche und blickte es verdutzt an und musste an die Töne denken, die es verbreitet hatte als er das Monster bekämpfte. „Könnte es sein, dass es…?“, murmelte er vor sich hin.

Fest entschlossen und von seinem Gedanken überzeugt, hielt er nun das Radio eine Armlänge weit von seinem Körper entfernt in Richtung des gegenüberliegenden Post Offices. Es schien leiser zu werden. Daraufhin wandte er sich auch noch nach links im Richtung Crichton Street und dann nach rechts nur um schließlich zu erkennen, dass das Geräusch in Richtung des hinter ihm liegenden Alchemilla Hospitals am stärksten wurde. Kaum hatte er dies erkannt, schien es auch schon zu spät für den aufkeimenden Gedanken der Reue, sich nicht eher auf den Weg gemacht zu haben, zu sein, denn als das Surren lauter wurde, sah er wie die Tür des Krankenhauses zu vibrieren begann. Es war merkwürdig anzusehen, denn obwohl sie sich bewegte, hörte man nichts. Es schien ganz so, als ob sie durch eine Art übernatürlicher Kraft zu zittern anfing. Das einzige, das Heath dabei vernahm, war das Krächzen des Radios, das mittlerweile so stark war, dass es den Laut einer Klingel hätte verschleiern können. Zusätzlich wurde es alle drei Sekunden von Stille unterbrochen – wie eine Stimme klang das nun nicht mehr.

Heath wollte das Radio gerade wieder in seine Manteltasche gleiten lassen, da schwang die Eingangstür mit einem Knarren wie von selbst auf und entblößte ihr schwarzes Maul. Niemand hatte hinter ihr gestanden. Zu sehen war nur ein Schwarz, so dunkel wie der Himmel dieser Nacht. Heath konnte seinen Augen kaum trauen. War dies wirklich sein Ort? Sein Ort der Ruhe, an dem er sich stets geborgen gefühlt hatte? Das Rauschen des Radios wurde noch lauter und unerträglicher, da die sich wiederholenden Pausen voller Stille ein Gefühl der Ohnmacht in ihm hervorzurufen drohten.

Er konnte sich nicht helfen. Irgendetwas an diesem Schwarz betörte ihn. Losgelöst von seinem eigenen Willen konnte er nicht anders als wieder zurück zu gehen. Hinein in das Schwarz, von dem er sich Zuflucht erhoffte.

Ohne zu bemerken, dass sich der ganze Boden, auf den er trat, hinter seinem Rücken verformte. Was zuvor noch düster war, schien im Angesicht dessen wie es nun war, einfach nur noch harmlos. Das, was vorher noch wie eine Straße ausgesehen hatte, war jetzt ein Weg aus einem Gitter, der über einem endlos scheinenden Abgrund zu liegen schien. Bäume fingen an zu welken, zu verrotten und tropften gen Bodenlosigkeit. Ja, sie wurden zu Blut, das langsam durch das Gitter floss und letztendlich im andauernden Schwarz verschwand. Die Wände der Häuser wurden zu blutenden und atmendem Fleisch, das sich seicht auf und ab bewegte und dabei matschende Geräusche von sich gab. Es war nun Fleisch mit Augen, deren Pupillen genau auf Heaths Rücken ruhten. Die nach ihm dürsteten und nichts tun konnten, als ihn wehleidig anzusehen, wie er zurück in das Hospital ging, ohne auch nur zu ahnen, was ihn dort erwartete.

Wandlung

Als er wieder das Innere des Alchemilla Hospitals betrat, schloss sich die Tür mit dem Geräusch eines unerträglichen Schreis, der noch Sekunden nach seinem Verhallen in den Ohren hämmerte. Wie in einem Dämmerzustand gefangen, blickte Heath leeren Blickes in den düsteren Eingangsbereich, der, Dank der Taschenlampe, die er in seine Mantelbrusttasche gesteckt hatte, beleuchtet wurde und atmete schwer vor sich hin. Hier würde er sicher sein. Hier fühlte er sich wohl…

Plötzlich knallte etwas zu Boden und Heath durchzuckte es – endlich schien er wieder zu Vernunft zu kommen. Und kaum war er wieder fähig einen klaren Gedanken zu fassen, durchströmte ihn Furcht.

Die einstmals bleichen Wände hatten eine rostige Farbe angenommen und erinnerten keineswegs mehr an das Krankenhaus, mit dem er sogar seine Nächte geteilt hatte. Je mehr Licht der Taschenlampe in den Raum fiel, desto deutlicher erkannte Heath, dass es sich bei diesen Wänden um ein Gebilde aus Knorpel handeln musste, das sich selbst bis auf den Boden ausgebreitet hatte. Stücke von sehnigem Fleisch baumelten von der Decke und eine Flüssigkeit, die Blut ähnelte, tropfte mit platschendem Geräusch auf den Boden, auf dem, abgesehen von Knorpelteilen, noch Knochen verstreut waren. Erst jetzt bemerkte er, dass die Tür zum Wartezimmer zu seiner rechten nicht mehr vorhanden war, was ihm ermöglichte einen Blick in dieses zu werfen. Dort wo die Rezeption in ihrer Gewöhnlichkeit gestanden hatte, war nun nichts mehr als ein in die Tiefe ragendes Loch, das nichts weiter als schwarze Leere von sich preisgab.

Erschaudert von dem Anblick, der sich ihm bot, konnte Heath nichts anderes tun, als seine Augen zu schließen, in der Hoffnung einen klaren Gedanken fassen zu können. Doch auch dies half ihm nicht dabei, wieder klaren Verstandes zu sein oder aus dem von ihm als Alptraum bezeichneten Szenario zu erwachen. Es war der Duft – oder vielmehr der Gestank – der ihn hier in dieser Realität festhielt und an seinen Nerven zerrte. Es roch nach verwesender Haut. Eindeutig. Ein Geruch, den er nie vergessen könnte. Es war beinahe derselbe, den das Monstrum im Ausruhzimmer verströmt hatte – doch Heath kannte ihn auch aus anderen Gründen. Schließlich wurde er tagtäglich mit dem Duft des Todes konfrontiert.

Heath begriff nun, dass dieser Anblick wirklich real war und dennoch drehte er sich kurz um, nur damit er feststellen durfte, dass es wirklich kein Entrinnen gab. Hinter ihm war zwar die Eingangstür gewesen, doch besaß diese nun keinen Griff geschweige denn ein Schlüsselloch. Sie schien nun eher so etwas wie eine Mauer zu sein, die ihn von der Außenwelt abschirmte. Gerade als er sich wieder der Eingangshalle zuwenden wollte, entdeckte er einen mit Blut an die Wand geschmierten Text, der sich direkt neben ihr befand:
 

Ort des Geschehens. Großer Glaube liegt in Trümmern. Treibe weiter. Immer weiter. Tod geglaubt nun nimmer mehr.
 

„Merkwürdig…“, durchbrach sein Flüstern die sonst nur von gen Boden plätschernden Bluttropfen gestörte Stille. Obwohl ihm diese Zeilen unbekannt waren, kamen sie ihm doch irgendwie vertraut vor. Er holte einen kleinen Notizblock und einen Kugelschreiber aus seiner Mantelinnentasche, um das Geschmierte auf der einstmaligen Eingangstür darauf zu notieren. Nachdem er es fertig abgeschrieben hatte, entdeckte er an dem Geschmiere noch etwas anderes. Es war eine Art Vertiefung in Form eines Quadrates und es schien ganz so als ob man einen Gegenstand darin einsetzen könnte. Dies musste wohl so etwas wie ein Rätsel sein, welches man lösen musste um wieder nach draußen zu kommen, dachte er.

Während er den Notizblock und den Stift wieder einsteckte, drehte er sich erneut in Richtung Eingangshalle. Mit dem Geräusch zerbrechender Knochen unter seinen Füßen ging er zuerst in Richtung Wartezimmer – oder besser gesagt, in den Teil des Raumes, der davon noch übrig geblieben war. Schließlich gab es gar nicht mal mehr so etwas wie eine Rezeption. Gedankenverloren blickte er in eben diesen nun endlos scheinenden Abgrund. Mit der Schuhspitze seines linken Fußes kickte er ein kleines Stückchen Knochen hinein, nur um daraufhin zu erfahren, dass das Loch wirklich keinen Boden zu haben schien. Wenn dort jemand hineinfallen würde, wäre er wahrscheinlich nur noch ein Haufen Haut mit zerbröselten Knochen. Bei diesem Gedanken umspielte ein wehmütiges Lächeln seine Lippen.

Nach dieser Erkenntnis ging Heath behutsam an der Kluft vorbei. Er schaute durch den Raum, den er als Wartezimmer in Erinnerung hatte. Dort, wo für Gewöhnlich eine Reihe von Stühlen gestanden hatte, hingen nun von Sehnen umbundene Knorpelbrocken, die jeden Moment zu Boden zu krachen drohten. In der Wand, in der normalerweise eine Klimaanlage angebracht war, drehte sich ein Ventilator in ruhigem Ton vor sich hin, was die riesigen von der Decke baumelnden Knorpelstücke ein wenig hin und her wiegen ließen.

Es war ein unangenehmer Anblick – gerade für Heath, der diesen Ort niemals abgelehnt hatte. Immer noch den Blick auf die Knorpelbrocken gerichtet, machte er einen Schritt nach dem anderen und bemerkte nicht, wie sich etwas in seinem Weg breit machte und ihn zum Stolpern bringen sollte. Als er fiel, streckte er beide Hände automatisch nach vorn, um den Aufprall zu mindern, was dazu führte, dass seine Finger den klebrigen Untergrund des Bodens berührten und er gerade noch den Kontakt zwischen seinem Gesicht und dem Etwas, das vor ihm lag, vermeiden konnte.

Und das war auch besser so. Es hätte tödlich für Heath enden können, wenn der fleischige Klumpen, aus dem spitze Knochensplitter ragten, sich einen Weg in seinen Kopf gebahnt hätte. Als er dort am Boden lag, schaute er sich das Gebilde eine Weile an und er erkannte, dass es sich bei den langen Splittern um Finger eines menschlichen Skeletts handelte. Diese schienen regelrecht mit dem Rest des Fleischbrockens verwachsen zu sein und bei einem solchen Anblick konnte man sich nur fragen, wie so etwas überhaupt entstehen konnte.

Mit einem von Ekel überströmten Gesicht, versuchte Heath sich wieder aufzurichten. Als er wieder mit beiden Beinen sicher auf dem Boden stand, schaute er herablassend auf den mit Skelettteilen durchwachsenen Fleischklumpen, der reglos vor ihm lag. Während er ihn widerwillig beiseite schob, holte er ein Taschentusch aus seiner Hosentasche um seine eigenen Finger von der klebrigen Substanz, die er auf dem Boden gespürt hatte, zu befreien. So ein Ungeschick sollte ihm kein zweites Mal passieren.
 

Da ihm der Weg zum Büro auf Grund des Abgrunds verwährt blieb, wollte er sein Glück im dahinter liegenden Untersuchungszimmer, von dem man auch dorthin gelangen konnte, versuchen. Wenn es wirklich galt ein Rätsel zu lösen, um sich aus diesem Alptraum befreien zu können, war es wichtig, dass er sich überall gründlich umschaute.

Und das Schicksal schien auf seiner Seite zu sein. Denn die Tür zum Untersuchungszimmer ließ sich ohne große Ungewöhnlichkeit öffnen. Im Gegensatz dazu war der Anblick, der sich darin bot grässlich – genauso wie der Rest des Krankenhauses, den er bis jetzt zu Gesicht bekommen hatte. Die Liege, die für die Patienten gedacht war, war nun nicht mehr als eine modrige Matratze, die aus ihren Halterungen gekracht war und ihren Platz auf dem Boden gefunden hatte. Und das war auch das einzige, das sich in dem Zimmer noch auffinden ließ. Bei dem Rest des Raumes handelte es sich um kahle Wände – abgesehen von den Sehnen, die sich über eben diese gezogen hatten.

Hier war also nichts, dachte Heath und schritt der Tür, die diesen Raum mit dem Büro verband, entgegen und zu seiner Verwunderung ließ sie sich tatsächlich öffnen. Doch dies sollte nicht zu seinem Wohlwollen geschehen, was sich durch das sickernde und schrille Geräusch, das sich wie ein EKG-Ton anhörte und aus seinem Radio drang, ankündigte. Zu seiner Überraschung hatte ihn ein ihm undefinierbares Wesen darin erwartet. Es glich der fleischigen Gestalt aus dem Ausruhzimmer, die er bekämpft hatte, war aber doch anders. Noch hatte es ihn nicht bemerkt und saß in einem großen Drehstuhl, der ganz am Rande des Raumes neben einem Aktenschrank stand. Den Kopf hatte es zur Seite gelegt und es schien fast so, als ob es schlafen würde. Auf den ersten Blick mochte es wie ein menschliches Wesen aussehen, doch bei näherer Betrachtung erkannte man schnell, dass es Merkmale aufwies, die ein Mensch nicht einmal im Entferntesten überleben könnte. Von dieser Tatsache zerstreut, beleuchtete Heath die Kreatur mit seiner Taschenlampe genauer, um festzustellen, ob dieses Etwas überhaupt noch am Leben war.

Die Beine des Wesens sahen unangetastet und regelrecht gewöhnlich aus. Angst eintreibend war aber das, was darauf lag – das, was sich als Innerei herausstellte und aus einer riesigen Platzwunde des Bauches herausquirlte. Ansonsten war die Gestalt an einigen Stellen, wie zum Beispiel an den Armen, bandagiert, was sie auf makabere Weise wie einen Patienten aussehen ließ. Während ihre rechte Hand so etwas wie eine Krücke fest umschlossen hielt, war von der anderen nicht mehr viel übrig geblieben. Es handelte sich dabei besser gesagt um einen Stumpf von dem noch einige Bandagen lose gen Boden hingen. Nun wendete sich Heath dem Kopf, den die Kreatur noch immer zur Seite gelegt hatte, zu und richtete dabei den Strahl der Taschenlampe direkt auf eine Stelle, die sich als riesiges Loch im Kopf, aus dem zu allem Überfluss auch noch Gehirnmasse heraustrat, herausstellte. Genau in diesem Moment dachte Heath, dass es tot sein musste – aber das sollte sich als Irrtum erweisen, denn genau in diesem Augenblick konnte er erkennen, wie der Kopf zu vibrieren begann. Nur um sich dann langsam in seine Richtung zu drehen, wo Heath nun einem von Wahnsinn durchwobenen Blick standhalten musste.

Die Stimme der Stille

Heath wollte seinen Augen nicht trauen, als die Gestalt, die gerade eben noch regelrecht verträumt gewirkt hatte, ihn plötzlich ansah. Nun erkannte er das wirkliche Ausmaß dieses Fleisch gewordenen Irrsinns. Die Einschlagstelle, die sich an dem Schädel der Kreatur befand, war so eingerissen und aufgebrochen, dass eine große Menge des Gehirns heraustrat und fast die ganze linke Seite des Gesichts verdeckte, wodurch das Wesen ihn nur mit einem Auge anblicken konnte. Aber dieses Sichtfeld schien dem Monster voll und ganz auszureichen.

Langsam und fast mechanisch wirkend, drehte es seinen Kopf beharrlich immer weiter in Heaths Richtung ohne auch nur eine Sekunde lang von dem voll von Wahnsinn erfüllten Starren abzulassen. Im Licht der Taschenlampe sah das Gesicht der Kreatur noch weitaus unheimlicher aus als es ohnehin schon war, da sich der darauf fallende Schatten geradezu ins Fleisch hineingefressen hatte. Erst bei ganz genauer Betrachtung konnte man erkennen, dass es wirklich die Haut der Gestalt war, die eingefallen und rissig war und dadurch an einigen Stellen so Schwarz erschien. Dieser Anblick sollte allerdings nicht noch länger andauern.

Während des schrillen EGK-Krächzen des Radios ertönte ein wehklagendes Stöhnen, als sein Unterkiefer mit einem matschend knackenden Ton nach unten klappte und es seine zerfetzten Lippen zu einem weiten Maul öffnete, was seinem Gesichtsausdruck zusätzlichen Schauder verlieh. Es war noch unangenehmer anzusehen, da es dabei nicht eine Miene verzog und ihn weiterhin mit reinem Wahnsinn in dem Auge, das ihm noch zur Verfügung stand, anstarrte. Dafür aber war es nur zu vorhersehbar, was es in diesem Moment vorhatte. Die abgetrennte und von Bandagen umwickelte Hand stützte sich mit aller Macht auf die Lehne des Stuhls, in dem es bis eben noch geruht hatte. Die andere Hand hingegen, welche noch intakt zu sein schien, aber dennoch deutlich sichtbar zu verwesen begann, hielt eine Krücke fest. Seufzend und keuchend hielt es sich auf diesen beiden Stützen und versuchte sich mit purer Gewalt aufzurichten. Das aber sollte sich als schwerer als gedacht herausstellen, da sich seine gesamte Bauchdecke, mitsamt dem Fleisch aus seinem Rücken, über sein rechtes Bein gelegt hatte und nun nachvollziehbar wurde, wozu es diese Krücke gebrauchte. Paralysiert von dem was Heath zu Gesicht bekam, dauerte es nicht lange und schon stand die Kreatur vor ihm – mit genau dem Wahnsinn im Blick, der ihn nicht eine Sekunde aus dem Auge gelassen hatte. Fest umschlossen hielt Heath an der Eisenstange fest, auf der sich nun unter seinen Handflächen ein leichter Film von Schweiß legte. Ihm schien augenblicklich mehr als sicher zu sein, was umgehend passieren würde.

Unnachlässlich klirrte der schrille EKG-Ton, der kontinuierlich aus dem Radio drang, seit er das Zimmer betreten hatte, in seinen Ohren und vermischte sich mit den stöhnenden Seufzern des Monsters, das nun in voller Pracht vor ihm stand und abstruser Weise wie ein Patient aussah. Bei jedem Schritt, den es tat, erklang ein weiterer Ton seines Klageliedes und man konnte förmlich sehen, wie es unter seinen schweren Wunden litt. Dabei streckte es seinen Handstumpf in Heaths Richtung und zu seinem Erstaunen schienen die darum gewickelten Bandagen zum Leben zu erwachen, da sie immer länger wurden und ihn zu berühren drohten. Fast hätte der ‚Patient’ ihn damit erwischen können, doch Heath wehrte seine mühselig wirkende Attacke gewaltsam mit einem kräftigen Schlag der Eisenstange ab, was bewirkte, dass die Bandagen, die nun vielmehr an Tentakel erinnerten, gegen den eigenen Körper der Kreatur peitschten. Ohne auf einen weiteren Gegenangriff zu warten, schlug Heath erneut in seine Richtung, was sich jedoch als unklug herausstellen sollte, weil der ‚Patient’ umgehend die Initiative zu ergreifen schien. Ein scheußlich klingender Schrei kam Heath entgegen als das Monster seine Tentakelbandagen um die Eisenstange wickelte und diese schließlich aus seinen Händen riss und gen Boden prallen ließ.

Fassungslos sah Heath in das Gesicht der Kreatur und bemerkte wie sich der rissige Mund zu so etwas wie einem Lächeln verzog, was Heath mehr als böse stimmte. Das musste er sich doch nicht bieten lassen! Und schon gar nicht von so einem Monster!

Obwohl er sich im Inneren dagegen sträubte, fasste er den Entschluss und rammte mit voller Kraft gegen den ‚Patienten’, wobei dieser Heaths Angriff nicht standhalten konnte und vor Schmerz stöhnend das Gleichgewicht verlor und letztlich nach hinten kippte. Angewidert blickte Heath auf die sich am Boden vor Qualen krümmende und zuckende Gestalt, die nun angestrengt wieder aufzustehen versuchte. Heath hingegen nahm seine Eisenstange wieder auf und holte nun zum finalen Schlag aus, ehe es sich noch einmal aufrichten sollte. Er schlug das Eisenrohr mit voller Macht auf den Schädel des ‚Patienten’, wobei dessen Kopf mit einem knackenden Geräusch eine neue Platzwunde bekam und immer weiter aufbrach. Bluttropfen liefen nun über das mit feinen Rissen übersäte Gesicht. Das Auge war immer noch offen und blickte jetzt nicht mehr Heath an sondern nur noch in die Leere der Dunkelheit von der es gänzlich erfüllt war. Dabei zuckte das Augenlid, welches darüber lag ein wenig und es wirkte fast so, als ob sich seine Pupille noch ein letztes Mal Heath widmen könnte.

Das Monstrum schien jedoch wirklich tot zu sein, denn kein weiterer Klang verhallte im Raum und mit seinem Tod war auch der schrille EKG-Ton des Radios verschwunden.

Ein wenig außer Atem nahm Heath sein Taschentuch zum zweiten Mal in dieser Nacht aus seiner Manteltasche und tupfte erst den Schweiß aus seinem Gesicht und danach die übrig gebliebenen Krümel, die sich bei seinem Angriff möglicherweise auf seinem Mantel gelegt hatten, ab.
 

Nachdem er sich einigermaßen zufrieden stellend gesäubert hatte, war sein Taschentuch an einigen Stellen leicht rötlich verfärbt und Heath selbst wieder ein wenig ausgeglichen. Verachtungsvoll blickte er auf das am Boden liegende Monster um es noch einmal näher zu betrachten. Mittlerweile hatte sich eine relativ kleine Blutlache unter seinem Körper gebildet und Heath war sich nun wirklich sicher, dass es sich nicht mehr rühren würde.

Nun konnte er das ehemalige Büro wohl endlich in Ruhe untersuchen.

Im Gegensatz zum Eingangsbereich des Krankenhauses erinnerte dieses Zimmer wenigstens noch in menschlicher Hinsicht an den ursprünglichen Raum – hier hingen nämlich nicht einfach irgendwelche Fleischbrocken von der Decke. Stattdessen erkannte er den Schrank als solchen wieder, der nur ein wenig vermodert aussah. Er versuchte die Türen zu öffnen, aber vergeblich. Der Schrank schien wohl irgendwie durch die Nässe der Luftfeuchtigkeit, die man deutlich im Raum spüren konnte, verzogen zu sein, wodurch seine Türen klemmten.

War wohl nichts zu machen, dachte Heath und wandte sich nun dem Rest des Raumes zu.

Ohne weiter darüber nachzudenken, setzte er sich in den Stuhl, in dem bis vor kurzem noch die Kreatur gesessen hatte, um in den Schubladen des verfallen aussehenden Schreibtisches besser nachsehen zu können – und schließlich wurde er fündig. Ein kleiner purpurroter Anhänger hatte sich in der untersten Schublade inmitten von spitzen Knochenstückchen befunden. Er war wie ein schlüsselgroßes abstraktes Messer geformt und aus seinem Griff ragten zwei stabile dickere Drähte, die um die Klinge gewickelt und in dieser auch wieder eingearbeitet waren. Die Klinge selbst wies an ihrem Ende drei Zacken auf und eine Art Verzierung war mit Schwarz darauf gezeichnet worden.

„Was ist das…?“, murmelte Heath, während er den Anhänger genauer betrachtete und zwischen seinen Fingern hin und her drehte.

Vielleicht war es ja so etwas wie ein Schlüssel. Es sah auf jeden Fall sehr speziell aus und er hielt es für das Beste ihn einfach mitzunehmen.

Des Weiteren gab es in dem Raum nichts, das er als weiter nützlich empfunden hatte, also wandte er sich wieder der Tür zu, durch die er gekommen war, da er die andere Türe des Raumes auf Grund der nicht mehr vorhandenen Rezeption als unnütz ansah.

Aber gerade als er den rostigen Türknauf berührte, durchbohrte es ihn wie einen Blitz und er drehte sich rasch um. Es war ein Klopfen. Ein leises Klopfen an der gegenüberliegenden Türe, das so jämmerlich klang als wenn jemand um Hilfe flehen würde. Ein Stirnrunzeln machte sich auf Heaths Gesicht breit und er wagte einen Schritt in Richtung der Türe, von der er glaubte, dass sie ihm nur das ewig schwarze Loch offenbaren würde. Hatte er wirklich so etwas wie ein Klopfen gehört, oder spielte ihm sein Verstand einen Streich? Er berührte den blutfarbenen Türknauf und ekelte sich dabei, da er ein wenig klebrig war. Behutsam drehte er ihn nach rechts und fragte sich, was ihn dahinter erwarten würde. Aber wie vorhergesehen, war dort nichts hinter der Türe bis auf ein paar fleischige Brocken, die auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges von der Decke hingen. Ebenso wie erwartet, war dort noch immer nur ein endlos scheinender Abgrund vor ihm, wo normalerweise die Rezeption gestanden hatte. Gedankenverloren blickte er direkt in dieses abgrundtiefe Schwarz. Da war nichts. Kein Geräusch geschweige denn jemand, der an die Tür hätte klopfen können. Aus diesem Grund beschloss Heath die Tür wieder zu schließen, doch bevor er dies tat, ertönte ein weiteres Geräusch aus der Tiefe. Es war ein Heulen, das den Abgrund geradezu zu ihm hoch kroch und sich in seine Ohren fraß. Er würde die Stimme nicht wieder vergessen können – er kannte sie nur zu gut, doch wusste er nicht, wem sie gehörte.

Das fünfte Opfer

Ebenso schnell, wie das Klagen ertönt war, verschwand es auch wieder.

Heath konnte sich einfach nicht helfen. Hatte er diese Stimme nicht schon einmal gehört? Sie war so kalt und leer. Emotionslos. Genau wie seine eigene?

Aber wer war es, der dort unten in der Finsternis jammerte und ihn womöglich zu lenken versuchte? Würde er von dieser Person endlich seine Antworten bekommen, auf die er schon so viele Jahre gewartet hatte?

Heath wäre fast in ein ironisches Lachen ausgebrochen. Wände aus Fleisch, Monster, Stimmen im Nichts. All das war doch nur ein Erzeugnis seiner Fantasie!

Es brachte nichts darüber nachzudenken. Diese Welt war nicht real und erschien wie ein böser Traum in seinem Paradies. Er konnte nicht einfach hier stehen bleiben und grübeln, während er spürte, wie alles um ihn herum zu zerfallen drohte. Es musste früher oder später einen Weg aus diesem Alptraum geben – er hatte ja immerhin so etwas wie einen Schlüssel gefunden.

Ohne sich weiter um den Abgrund zu kümmern, schlug er die Tür wieder zu und drehte sich um. Er ging zurück durch das karge und vermoderte Untersuchungszimmer in den Gang des Warteraumes. Dort probierte er zuerst die Tür zu seiner Linken, die sich zu seinem Ärgernis aber nicht öffnen ließ. Deswegen ging er erneut in den Untersuchungsraum, weil es dort noch eine Türe gab, die über einen Nebenraum in den weiteren Teil des Ganges führen würde.

Mit dieser Türe hatte er mehr Glück. Dies bestätigte auch sein Radio, an das er sich langsam aber sicher zu gewöhnen versuchte, denn es ertönte kein Unheil vorhersagender Klang daraus.

Der Nebenraum, den er nun betrat, sah auch sehr mitgenommen aus. Die Wände waren rötlich verfärbt und es zeichneten sich Schatten darauf ab, die wie weinende Gesichter aussahen. Ansonsten gab es nichts Nennenswertes in dem Raum zu bemerken, weswegen sich Heath gleich daran machte in den Gang zu kommen.

Nachdem er den leicht schmierigen Türknauf gedreht hatte, war er erleichtert, weil sich die Türe überhaupt öffnen ließ. Der Anblick, der ihn dort erwartete, glich dem was er bis jetzt auch schon gesehen hatte. Drei etwas kleinere Fleischberge, die von Sehnen umwickelt waren, hingen von der Decke. Nur mit dem entscheidenden Unterschied, dass diese hier nicht sanft hin und her wiegten, was wohl daran lag, dass es in diesem Teil des Ganges keinen Ventilator gab. Das hielt Heath aber nicht davon ab, sich weiterhin zu fragen, was diese Brocken überhaupt zu bedeuten hatten. Er ging zu einem dieser Gebilde hin, um ihn sich genauer anzusehen. Lebendig waren sie auf alle Fälle nicht, denn er konnte nicht sehen, dass sie in irgendeiner Weise pulsierten.

Er empfand es zwar als absurd, aber dennoch wagte er es einen mit der Eisenstange anzuschlagen. Ein matschendes Geräusch ertönte und er konnte ein leises Quietschen wie von Rädern hören, als der Fleischklumpen durch den Schlag hin und her baumelte. Ein weiterer Beweis für die Zwecklosigkeit dieser Gebilde, dachte er während er schwer zu atmen begann, als es ihm wieder einfiel. Wie konnte er nur seine Zeit mit Nichtigkeiten verschwenden, wenn ihm noch so großes Elend bevorstand? Seine Augen weiteten sich, als er sich in Richtung einer bestimmten Türe drehte. Dies war der Gang, der ihn zu seinem geliebten Arbeitszimmer führen würde. Er hatte nicht ein einziges Mal daran gedacht, aber nun fragte er sich, wie es nun darin aussehen mochte. Waren die Wände mit einer fleischähnlichen Haut überzogen? Würde er den Raum überhaupt als seinen Arbeitsplatz wieder erkennen? All diese Fragen konnte er nur beantworten, wenn er sich selbst ein Bild davon machen würde.

Fast blind vor Angst und Verwirrung ging er in die Richtung seines Raumes ohne die restlichen Türen zu bemerken. Er streckte sanft seine Hand nach dem Türknauf aus und hielt dabei die Luft an. Was würde ihn dahinter erwarten?

Er wusste es nicht und würde es auch nicht erfahren. Zumindest jetzt noch nicht, denn die Tür zu seiner Zuflucht, die er so inständig öffnen wollte, war verschlossen.

„Nein, das kann nicht sein!“, schoss es leise aus ihm heraus. „Es muss doch einen Weg geben, um sie zu öffnen…“

Dabei glitt sein verzweifelter Blick nach unten und im Licht der Taschenlampe erweckte etwas auf dem Boden, der auch hier mit Knochen und Knorpelstückchen übersät war, seine Aufmerksamkeit. Es war ein Zettel, der unter der Tür von irgendjemandem durchgeschoben worden sein musste. Das was darauf stand, schien eine Art Rätsel sein:
 

angst durchströmt was stirbt

aus Fleisch gemacht und menschlich

keiner hier, der es benennen kann?
 

sehne dich, du bist sterblich

Ich habe angst mich zu verlieren

doch ich bitte euch

finde es und hauche diesen letzten atem aus
 

Auch bei dieser Botschaft hatte Heath zunächst keine Ahnung, wie er das Geschriebene zu deuten hatte. Aber was es auch immer bedeutete, er war sich mehr als sicher, dass darin der Schlüssel zu seinem Arbeitszimmer lag – also würde er alles daran setzen dieses Rätsel zu lösen.

Nachdem er sich die Sätze gut eingeprägt hatte, faltete er den Zettel behutsam und stopfte ihn sich in eine seiner Manteltaschen.

Sehne dich, du bist sterblich … das erinnerte ihn an irgendetwas. Heath biss sich auf die Lippe. Natürlich, dieser Ort ist ein Krankenhaus. Ein Ort, an dem es nicht nur Leben gibt sondern auch der Tod um sich geht. Das wusste er nur zu gut und genau das war auch das Absurde an dem Geschriebenen. Es klang fast so, als ob eine hier gefangen gebliebene Seele umherschweifte. Heath musste kurz lachen. Was für ein Blödsinn ihm da nur durch den Kopf ging. Wenn wohl jemand eine Antwort darauf wusste, dann war es wohl sein Fleisch gewordener Alptraum, der ihm seit jenem Tag nicht von seiner Seite gewichen war. Denn er war sich sicher, auch wenn er die Fleischgestalt jetzt nirgendwo sehen konnte, irgendwo in den Schatten lauerte sie und dürstete danach ihn ins Verderben zu schicken. Dreizehn Jahre lang und nun sollte er für etwas bezahlen, für das er keine Verantwortung übernehmen konnte. Es war ja nicht seine Schuld, dass er plötzlich Visionen bekam. Bei Kranken sagt man das schließlich auch immer, schoss es ihm durch den Kopf. Die Kranken nimmt man immer in Schutz, weil sie nichts für ihre aussichtslose Lage können. Aber wen darf er jetzt zur Verantwortung ziehen?

Absoluter Schwachsinn. Das war alles nur ein Traum. Er würde den Ausgang finden und dann aus seinem Alptraum erwachen. Heath war sich sicher, dass er gerade in diesem Moment in seinem Arbeitszimmer schlummerte. Es war ihm immerhin auch schon gleich komisch vorgekommen, dass ihm jemand eine Notiz hinterlassen hatte, in der es um diesen einen speziellen Ort ging. Vielleicht würde er wirklich in nächster Zeit einen Abstecher dorthin machen. Schon ganz allein, weil er wissen wollte, wie es nun dort aussah.

Während er noch halb mit seinen verwirrten Gedanken zu kämpfen hatte, ging er weiter im Gang umher, um die anderen Türen zu kontrollieren. Er erinnerte sich dabei auch wieder an die Vertiefung in der Wand, wo sich einstmals die Eingangshallentür befunden hatte. Es musste irgendetwas geben, das dort hineinpasste.

Mittlerweile war er alle Türen im Gang abgegangen und alle waren durch irgendeinen Grund unzugänglich gemacht worden. Jetzt blieben ihm nur noch der Fahrstuhl beziehungsweise die Treppen, falls dieser nicht funktionieren sollte. Und natürlich tat er dies nicht, was bedeutete, dass die obere Etage erstmal unerreichbar blieb.

„Also gut“, murmelte er und ging in Richtung der Treppen, die ihm nur Zugang zum Untergeschoss gewähren würden. Das war vielleicht auch besser so, denn wenn im unteren Stockwerk wieder eines dieser Monster auf ihn warten sollte, hätte er dadurch die Möglichkeit es bestenfalls zu überrumpeln.

Unten angelangt, war er zunächst erleichtert, dass sich keine Radiostatik ankündigte und er somit davon ausgehen konnte, dass nicht noch mehr Monster ihr Unwesen in den Gemäuern des Alchemilla Hospitals trieben. Die Umgebung jedoch sah alles andere als angenehm aus. Nicht nur einzelne Knochen, sondern auch eine Vielzahl an schädelähnlichem Gestein war in die rostfarbenen Mauern hineingearbeitet. So unheimlich es Heath auch vorkam, aber er glaubte die Gesichtszüge einiger seiner Arbeitskollegen darin zu erkennen. Teilweise waren Fetzen von Haut über die verschiedenen Gesichter gespannt, was dazu beitrug, dass die Schädel noch menschlicher aussahen. An einigen Stellen waren die mit Haut bezogenen Köpfe mit blutigen Strähnen überspritzt. Je länger er sich dieser Aussicht hingab, desto schauriger wurde sie. Heath wagte kaum dem Anblick standzuhalten – er hatte zu große Angst sein eigenes Gesicht unter den vielen anderen zu entdecken.

Es trug aber noch etwas Unangenehmes zu der erdrückenden Atmosphäre bei. Es lag ein Gestank von Verwesung in der Luft, der allem Anschein nach aus der kleinen Leichenhalle, die ihm rechts gegenüber lag, gedrungen sein musste. Heath verzog das Gesicht und schaute zuerst, ob sich die anderen Räume öffnen ließen, bevor er sich an die Leichenhalle wagte. Und wie zu seiner eigenen Verhöhnung musste er feststellen, dass alle Zimmer abgeschlossen waren – bis auf eine. Die Leichenhalle lockte förmlich mit ihrem beißenden Geruch nach seiner Nähe und er zeigte keine Scheu sie zu betreten.

Die Tür zur Leichenhalle war nicht einmal richtig geschlossen, sondern stand einen kleinen Spalt offen. Nun war auch verständlich, wie sich der stechende Geruch so einfach im Untergeschoss verteilen konnte.

Behutsam drückte er gegen die Türe, die genauso blutfarben wie der Rest der Umgebung war. Und zu seiner Überraschung brannte im hinteren Teil des Zimmers eine einzeln baumelnde Glühbirne, die dem abstrusen Raum erst seine wahre Bedrohung zugrunde legte. Es sah nicht einmal annähernd so aus, wie der Raum, den er eigentlich zu kennen glaubte. Ein großes rundes Symbol war auf der hinteren Wand in einer Farbe, die wie Blut aussah, gezeichnet worden. Das war aber nicht das Unheimliche, was von der Räumlichkeit ausging. Es waren fünf schmutzige Liegen, die im Zimmer standen. Vier davon waren zur Seite geschoben und beherbergten ein paar leblose Körperreste, die nicht weiter von Interesse waren, doch eine einzige hatte jemand in die Mitte des Raumes gestellt. Ein schwarzer Leichensack lag darauf und schien geradeso darauf zu warten, geöffnet zu werden. Heath zeigte sich angstlos und berührte den Reißverschluss des Gebildes. Ganz langsam zog er ihn auf und langsam aber sicher erkannte er, dass sich eine enthauptete Leiche darin befand. Aber nicht nur das. Da war auch ein Schrifttattoo auf seinem Körper, das als ‚ fertig für die OP ’ entziffert werden konnte.

Heath musste verächtlich schmunzeln. Das sollte wohl ein schlechter Scherz sein? Dabei entdeckte er auch, dass ein Skalpell neben dem reglosen Körper lag. Sollte er es nun wirklich wagen? Allem Anschein nach war dies ein Teil der Lösung um sein Ziel zu erreichen, also sah er keinen Grund, weswegen er nun halt machen sollte.

Heath legte seine Eisenstange beiseite und nahm das Skalpell in die Hand. Er führte es sacht zum Brustkorb der einstmaligen Person und schnitt durch die Haut. Ein matschendes Geräusch erfüllte den Raum mit der immer noch brennenden und vor sich hin taumelnden Glühbirne. Die Klinge drang immer weiter in das nun spröde Fleisch hinein und letztendlich gelang es Heath den Bauchraum zu öffnen. Dort warf er einen Blick auf die müde gewordenen Innereien des Probanden. Er sollte also operieren… aber was zuerst? Er wollte gerade einen weiteren Schnitt in der Magengegend ansetzen, da fiel ihm etwas Entscheidendes auf. Der Darm war auf irgendeine Art ungewöhnlich gewölbt und es schien so, als ob sich irgendein Gegenstand darin befinden könnte. Daraufhin ließ er das Skalpell in Richtung des erschlafften und in sich verschlungenen Darmstückes gleiten. Es genügte nur ein kleiner Schnitt und schon offenbarte sich, was das Organ in sich verborgen hielt – es war eine kleine quadratische Steinplatte, die das Wort ‚Endlichkeit’ eingraviert hatte und er wusste nur zu genau, wofür sie zu gebrauchen war.

Ohne eine weitere Sekunde verlieren zu wollen, steckte er das Skalpell in den Leichnam, um seine Hände schnellstmöglich wieder für die Eisenstange frei zu bekommen. Danach machte er sich mit der blutbefleckten Steinplatte in der anderen Hand auf den Weg nach oben. Was auch immer ihn dann erwarten würde.

Das unerwartete Wiedersehen

Wie durch ein Wunder passte sich die quadratförmige Tafel der Endlichkeit mit einem morsch klickenden Geräusch der Wand an, indem sie immer weiter in sie hinein fuhr und das quadratische Loch, für welches sie wie gemacht zu sein schien, gänzlich ausfüllte. Es war verrückt, dass eine kleine Tafel aus Stein, die auf so sonderbare Weise aufgetaucht war, genauso sonderbar für das Lösen dieses ‚Rätsels’ Erfüllung fand.

Heath beobachtete dieses eigenartige Schauspiel stillschweigend und erwartete ohne weiteres, was sich tat. Doch anstelle dass sich, wie eigentlich vermutet, die Eingangstür des Krankenhauses zu öffnen begann, musste Heath feststellen, dass ein zunächst leise knarrendes Geräusch unweit hinter ihm erklang, welches mit jeder weiteren Sekunde immer lauter und schließlich ohrenbetäubend wurde. Es kam direkt aus den Tiefen des Abgrundes, wo sich früher einmal die Rezeption befunden hatte.

Von der stillen Neugier überrumpelt, trat Heath ohne genauer darüber nachzudenken an die Tiefe heran und erblickte, wie sich aus dem Abgrund eine pulsierende Wendeltreppe aus Fleisch und Sehnen ihren Weg nach oben bahnte und schließlich am oberen Teil des Loches mit beängstigender Lautstärke Halt machte.

„Das… das kann doch… das kann doch unmöglich sein…?“, murmelte Heath geistesabwesend. Er hatte mit allem gerechnet, aber dies überstieg sogar die Ideenvielfalt seines bisher stärksten Alptraumes.

Dies musste irgendein Mechanismus sein, der durch das Einsetzen der quadratischen Platte erfolgt ist, dachte Heath, während er sich der Treppe behutsam näherte. Er wusste zwar nicht, wie das möglich sein konnte, aber da er noch immer davon überzeugt war – nun sogar noch stärker als vorher – in einem Alptraum gefangen zu sein, schenkte er diesen Gedanken kein weiteres Gehör und machte sich darauf und daran, die Stufen nach unten zu betreten.

Als er den ersten Schritt darauf tat, zuckte er ein wenig zusammen, weil die Treppe mit einem Mal zu ruckeln begann und etwas von sich gab, das wie ein Schmerzensruf klang.

„Schreie?“

Doch das hinderte Heath nicht daran seinen Weg in die Tiefe fortzusetzen und so machte er einen Schritt nach dem anderen, der von kläglichem Stöhnen und entsetzlichen Schreien verfolgt wurde.

Die Treppe schien endlos zu sein und es kam ihm vor wie eine Ewigkeit immer wieder aufs Neue mit diesen in den Ohren schmerzenden Lauten konfrontiert zu werden. Je weiter er in die Tiefe eindrang, desto mehr hörten sich die qualvollen Laute wie ein teuflisches Gelächter an, welches ihn verhöhnte. Vielleicht war es das Falsche, was er tat?

Gelegentlich schaukelte die Treppe so sehr vor vermeintlichem Schmerz, dass er sich dazu gezwungen sah, Halt an dem aus Knorpelstückchen geformten Geländer zu suchen, was ihm mehr als unangenehm war – zumal er auch noch die Eisenstange in der Hand hielt und sich bemühte diese nicht während des Geschaukels der Treppe aus Versehen loszulassen.

Heaths Gesicht entspannte sich vor Erleichterung, als er endlich einen Boden unter seinen Füßen ausmachte. Nach dieser Melodie, komponiert aus Schreien, war es wie eine Erlösung für ihn runterzukommen, denn sobald er den Grund berührt hatte, waren die schmerzverzerrten Laute der Treppe verstummt.

Unten angekommen blickte sich Heath erst einmal um. Er schien sich in einem riesigen Saal zu befinden und war nicht wirklich darüber verwundert, wie düster es war – schließlich musste sich diese Räumlichkeit weit unter der Erde befinden.

Was ihm mehr Sorgen bereitete, war dass der gesamte Raum irgendwie mit Nebel gefüllt zu sein schien. Es wirkte fast so, als ob er sich unter einem schwarzen Himmel im Freien befand, doch Heath wusste nur zu genau, dass dem nicht so sein konnte.

Sorgsam leuchtete er mit der Taschenlampe in alle Richtungen, doch durch den Nebel konnte er nichts Genaues erkennen. Darum beschloss er einfach ein wenig herumzuirren, auch wenn er sich darum sorgte, ob er die Wendeltreppe der Todesschreie jemals wieder finden könnte.

Mit schwankendem Licht ging er zunächst geradeaus und fragte sich, ob dieser Saal überhaupt ein Ende hatte.

Nach einer ganzen Weile hatte er noch immer keinen weiteren Anhaltspunkt gefunden, dabei zweifelte er nicht im Geringsten daran, dass hier unten etwas verborgen sein musste. Warum sonst hätte es einen Sinn gehabt diese Örtlichkeit so zu verstecken, dass man sogar einen speziellen Schlüssel brauchte um hierher zu gelangen?

Aus diesem Grund beschloss er unbeirrt weiter in den Nebel zu gehen – egal wie lange es dauern würde, er würde finden, was hier im Verborgenen lag.

Und es dauerte auch nicht mehr allzu lange, da ertönte ein ihm neues Geräusch aus dem Radio, welches ihn zunächst einmal stocken ließ. Es war sehr leise und klang wie eine Stimme. Heath holte das kleine Radio aus seiner Mantelinnentasche heraus, um dem Klang besser lauschen zu können.

„…krrrchhh......ver...loren.... das…… v……erlor….en…………..…..d… entkommen…… deine ……….angst………… so……..sterblich….. ich…….habe…………..krrrchhh…….. meine……………..stimm…..e verloren…………….“

Es war dieselbe Stimme, die Heath gehört hatte, als er den Schwertschlüssel gefunden hatte. Er war sich mehr als sicher. Würde er jetzt erfahren, wem sie gehörte?

Heath beschloss weiter in die Richtung zu gehen, in der das Rauschen etwas lauter wurde, in der Hoffnung herausfinden zu können, woher die Stimme zu kommen schien, die er dort empfing. Und sein Vorhaben erwies sich als richtig, als die aus dem Radio hallende Stimme immer deutlicher zu hören war. Und gerade als er noch einmal Halt machen wollte, um der Stimme, die nun fast vollständig zu verstehen war, zu lauschen, verstummte sie mit einem mal, als er den Ursprung ihrer Herkunft erblickte. Es war eine Art Maschinerie, die er von weitem nicht genauer definieren konnte.

Heath zögerte nicht lange und beschloss kurzerhand weiter darauf zuzugehen bis er erkannte, dass da so etwas wie ein blutrotes, mechanisches Gewächs aus vielen Drähten, Ranken und Kabeln ‚gewachsen’ war, das ein menschliches Wesen an die Maschine kettete. Dadurch wirkten die etlichen herumgewickelten Stränge wie blutige Fesseln, ganz so, als ob die menschliche Hälfte, Teil der Maschinerie war.

Heath lenkte den Schein der Taschenlampe mit zitternder Hand auf das Gesicht des menschlichen Geschöpfes und hätte sich fast zu Tode erschreckt.

„Jezabelle…?“, flüsterte er mit ungläubiger Stimme. „Nein, du bist es nicht.“

Es war nicht das Mädchen, das ihn so sehr hasste, was an diese Maschine gebunden war, sondern ihr Ebenbild. Es war Eve, dem er vor vielen Jahren das Leben geraubt hatte – nur im selben Alter wie seine Schwester zum heutigen Zeitpunkt, obwohl dies eigentlich nicht möglich sein konnte.

So absurd wie es auch erscheinen mag, aber diese Maschine, an der Eve von dem Gewächs eingebettet wurde, wirkte so, wie ein Beatmungsgerät. Einzelne Ranken waren um seine Gliedmaßen gewickelt und schlängelten sich bis zu seinem Gesicht herauf bis sie letztendlich in seinem Mund verschwanden. Seine Haare, die in etwa genau so lang und weiß, wie die von Jezabelle waren, hingen an den einzelnen vor Blut triefenden Zweigen und waren an den jeweiligen Berührungsstellen rot verfärbt. Leise hörte Heath, wie die Maschine atmende Geräusche von sich gab und zu arbeiten beging und es schien ganz so, als ob Eve ein Teil davon war.

Bei genauerem Anblick sah Heath, dass um seinen Hals eine Art Halsband aus rostigem Metall gelegt war, das eine ihm bekannte Verzierung trug.

Das kenne ich doch irgendwoher…, ging es ihm durch den Kopf, während er in einer seiner Taschen seines Mantels wühlte. Und letztendlich fand er auch das, wonach er gesucht hatte – den Schwertschlüssel, der dieselbe Bemalung wie das rostige Würgeband, das Eve um seinen Hals trug, aufwies.
 

Würde der Schlüssel in die kleine Öffnung passen?
 

Er tat es.

Insasse 32

In der zerfallenden Zelle sammelte sich der Staub, der von der Decke auf den Boden rieselte. Die Fliesen waren ringsherum zerschlagen, fast konnte man sie nicht mehr als solche bezeichnen. Kaum jemand erinnerte sich wohl daran, wie schön dieses Gebäude einmal gewesen sein musste, doch nun waren die Gänge leer und die Räume vereinsamt zurückgelassen worden. Bis auf diese eine Zelle mit der Nummer 32, in der ein Mann keuchend nach Atem rang. Der Staub der Wände ließ sein Haar grau erscheinen und er stotterte wie verrückt wilde Wortfetzen vor sich her, die für den Beobachter keinen Sinn ergaben.

„Nein! Nicht! Er wird kommen... Nein, er kann es nicht... Das Leben gibt keinen Weg frei... nein!“

Seine Stimme klang zuletzt wie ein Echo, das sich in den unzähligen Gängen des Gefängnisses verirrt hatte. Obwohl er schrie, war seine Stimme so leise. War er sich darüber bewusst nur mit sich selbst zu sprechen?

„Wenn er seine Hände um den Hals des Jungen legt, wird es kein Zurück mehr geben...! Es ist bereits jetzt schon viel zu spät!“

Plötzlich stand der Mann auf und erhob zitternd seine vom Schmutz gezeichnete Hand. Er streckte seine Finger nach vorne und ging wie in Trance auf die Türen seiner Zelle zu. Mit einem Mal rüttelte er kräftig an ihnen und schrie aus vollem Hals: „Ihr habt mich doch nicht etwa vergessen?! Ich warte schon seit Tagen auf ein Lebenszeichen von euch! Und was kriege ich? Seit Tagen nichts zu essen! Ist das etwa die Art, wie man mit einem Gefangenen umzugehen hat?!“

Der Mann keuchte, dann fiel er wieder zu Boden. Er stammelte nun in einem ruhigen Ton weiter, während er sich mit weit aufgerissenen Augen in seiner Zelle umblickte. „Und wie es hier aussieht... Sah dieser Ort schon immer so aus?“

Er legte sein Gesicht in seine dreckigen Hände. Wie war es nur zu dieser Situation gekommen? Er wusste es nicht mehr. Er konnte sich einfach nicht daran erinnern, seit wie langer Zeit er in dieser Zelle saß, noch daran, wann er hier zuletzt einen lebenden Menschen gesehen hatte. Doch er wusste nun, dass die Zeit dieser Welt ihrem Ende nahte.

„Heath Hudson wird seinem Verderben begegnen. Er weiß noch nicht mal, wer er ist oder was seine Aufgabe ist. Ich wollte ihn warnen, aber er hat nicht auf mich gehört. Er weiß nicht mal, dass es mich gibt, noch wer ich bin.“ Ein sarkastisches Lachen suchte den Weg über seinen Mund in die Freiheit.

Ein zaghaftes Klopfen sollte seinen Monolog jedoch beenden.

„Wer... zur Hölle?“, fragte der Insasse ungläubig und wie auf diese Frage abgestimmt, erschien eine düstere Gestalt aus den Schatten, die auf den ersten Blick wie ein Monster aussah. Doch es war in der Tat nur ein Mann, der den in seiner Zelle Gefangenen mit einer Geste zum Stillschweigen beschwichtigen wollte.

„Still, sonst hören sie es“, sagte der geheimnisvolle Fremde daraufhin.

Der Gefangene betrachtete mit Entsetzen was der Unbekannte tat. Er zog wie von Zauberhand einen kleinen Schlüssel aus seinem Ärmel hervor und entriegelte das Schloss, das den Insassen von der Außenwelt abschotten sollte. Dieser war immer noch vollkommen verblüfft von der Erscheinung des Mannes, den er in irgendeiner von seinen Erinnerungen zu kennen glaubte.

„Sind Sie nicht...?“

Der Fremde gab dem Insassen wieder zu verstehen, dass er seinen Mund besser halten sollte. Dabei drehte er sich nichtssagend wieder um und sein Gegenüber musste still mitansehen, wie er wieder in den Schatten verschwand. Der Gefangene rannte ungläubig auf die Zellentür zu und erschrak ein wenig, als sie sich tatsächlich öffnen ließ – wie lange war es sein Traum gewesen, diese Zelle zu verlassen? Er würde nun nicht mehr länger der Insasse mit der Nummer 32 sein, nein, ab heute würde er wieder Hugh Hamilton genannt werden. Vorausgesetzt, die Welt dort draußen war immer noch dieselbe.

Als Hugh einen genaueren Blick in den Gang hineinwerfen konnte, stellte er fest, dass der Fremde, der ihm so verdammt bekannt vorgekommen war, wirklich in den Schatten verschwunden sein musste. War es nur eine Halluzination, die ihn in eine Wahnvorstellung entführen wollte? Nun war er sich nicht mehr sicher, ob die Türen seiner Zelle jemals verschlossen gewesen waren.

Seufzend ließ er seinen Blick auf den Boden gleiten. Genau da, wo der Mann vorhin gestanden hatte, lag eine Notiz. War sie ihm etwa aus der Tasche gefallen? Hugh bückte sich, um sie aufzuheben.
 

An den Insassen mit der Nummer 32.
 

Du musst dir bewusst werden, dass du nicht verrückt bist. Nein, du bist es nie gewesen und doch haben sie dich hier eingesperrt, weil sie dich von dem Geschehen fernhalten wollten. (Falls sie es aber dennoch irgendwie geschafft haben sollten, deine Gedanken in Unordnung zu bringen, schreibe ich dir diese Zettel, die du auf deinem Weg finden wirst, damit dein Kopf wieder in Ordnung kommt. Falls es dir gut geht, kannst du sie einfach ignorieren, aber das weißt du in diesem Fall wahrscheinlich selbst.)
 

Vertrau ihnen nicht. Vertrau keinem von ihnen.
 

Ich befürchte, dass du es erst schaffen wirst, wenn es bereits zu spät ist, doch es gibt immer noch etwas, das du tun kannst. Nur du!
 

Er wird immer mehr ein Monster sein, doch denke stets an meine Worte:
 

„Gibt es noch das Licht in dir,

so versuch zu denken, wie es ist,

wenn Blut auf dein Gesicht sich legt

und Schmerz zu deinem Freunde wird.

Der Schatten tanzt auf deinen Venen

Glaube ja nicht dran es auszusprechen

Wenn der Schatten immer dichter wird

Kommst auch du nicht mehr zurück.“
 

Finde wieder zu dir selbst, sonst wirst du wirklich deinen Verstand verlieren.
 

-H.
 

Hugh fuhr zaghaft die einzelnen Buchstaben des ordentlich verfassten Textes mit seiner Fingerspitze nach. Irgendetwas an dieser Handschrift kam ihm vertraut vor. Doch er wusste nichts mit diesem Gefühl der Vertrautheit anzufangen, genauso wenig, wie er etwas mit dem Inhalt der Notiz anfangen konnte. Doch da war etwas in seinem Unterbewusstsein, das ihn ständig dazu aufforderte, weiterzulaufen. Und er wusste auch, dass ihn am Ende seines Weges der Arzt mit dem Namen Heath Hudson erwarten würde.

Ein Stechen in seinem Kopf ließ den Mann zusammenzucken und er hatte das Gefühl ein Rauschen wie aus einem kaputten Radio zu hören. Er fasste sich an die Schläfen und sank auf den Boden, als sich langsam aber sicher das Geräusch nasser Füße auf Beton näherte.

„Sie... sind hier...“, stammelte Hugh unter Schmerzen. Schon lange war diese Art von Schmerz Vergangenheit für ihn gewesen, doch nun kam sie wieder.

Er musste schleunigst von diesem unheilbringenden Ort verschwinden. Oder er musste dafür sorgen, dass sie ihm nicht länger folgen konnten.

Hugh lächelte und stand trotz dem Schmerz in seinem Kopf auf. Er blickte sich um und sah ein paar lange Glasscherben auf dem Fußboden liegen, nach denen er instinktiv griff.

„Angst liegt in der Dunkelheit. Ich fürchte nicht die Finsternis!“

Mit diesen Worten ging er dem unangenehmen Geräusch matschig klingender Füße entgegen, um zu sehen, was sich hinter der Ecke des Ganges befinden mochte. Es war eine zierliche Gestalt mit dem Gesicht einer jungen Frau. Sie war verhüllt von Bandagen und nassen Haaren, aber abgesehen davon nackt. Vereinzelte Brandnarben und verkrustete Stellen von Fleisch umschlungen ihre Beine und Arme, doch ihr Gesicht war von diesem Makel verschont geblieben. Blut klebte an ihren Händen und auch an ihrem Mund, vielleicht gehörte es einem ihrer Opfer, das dumm genug gewesen ist, auf ihr Lächeln zu reagieren. Hugh hingegen zeigte keine Reaktion auf ihre Reize, die sie in den Augen eines unschuldigen Wesens durchaus haben konnte. Er ging auf sie zu und rammte ihr eine der langen Glasscherben, die er gerade aufgehoben hatte, in eines ihrer Augen. Der ohrenbetäubende Schrei, der diesem Augenblick folgte, war kaum zu ertragen, doch Hugh stand es aus. Er drehte die Scherbe, die in ihrer Augenhöhle steckte unsanft zur Seite, so dass er ihren Augapfel völlig zerstören konnte.

„Hat man keine Angst, kannst du einem auch nichts tun, was?“, fragte er mehr sich selbst, als das Monster.

Danach trat er sie zu Boden und stampfte mit seinem Fuß kräftig auf ihren Oberkörper ein – so lange, bis das Rauschen in seinem Kopf immer leiser wurde. So lange, bis es endlich verschwand.

Nachdem die Stille wieder eingekehrt war, fiel er mit einem Mal wie verändert auf die Knie. Leise Tränen liefen ihm über die Wangen. „Was... ist das für ein Gefühl?“, hauchte er kaum hörbar. „Bin das... ich?“

Er schlug mit beiden Händen auf den Boden ein. „Dann bin ich nicht besser als eines dieser Dinger!“

Hugh weinte entsetzt wegen dem, was er getan hatte. Doch in dem nächsten Augenblick wischte er sich auch schon wieder die Tränen aus dem Gesicht. Er holte stillschweigend den Zettel, den er vorhin gefunden hatte, aus seiner Hosentasche heraus. Er musste ihn vorhin einfach dort hineingestopft haben, auch wenn er sich dessen gar nicht so bewusst gewesen war. Langsam las er noch einmal jedes einzelne Wort. Endlich verstand er den Sinn hinter der Notiz. Er war noch lange nicht er selbst, doch auf einem guten Weg dorthin. Und er hatte keine Zeit, um gegen dieses Gefühl in ihm anzukämpfen. Er musste sich den Dingen fügen und den Arzt finden. Das war seine Bestimmung.



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Kommentare zu dieser Fanfic (75)
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Von: abgemeldet
2013-10-16T18:15:49+00:00 16.10.2013 20:15
Uh, dann erfüllen wir mal ein Versprechen, was ich mal gegeben habe. Wobei ich mir schon ein paar Monate zu lange Zeit gelassen hatte. *hust*

Wenn ich mir deinen damaligen und deinen heutigen Schreibstil angucke, dann stelle ich eine enorme Verbesserung fest. Nicht dass es schlecht ist, aber ich merke noch das Rohe. ^^ Aber ich muss auch bedenken, dass die Geschichte schon vor so langer Zeit geschrieben wurde. :)

Ich lese es, bekomme eine schöne Atmosphäre auf die ich mich einlasse und werde an kleinen Stellen wieder herausgerissen. Und an vielen Ecken befindet sich noch so viel ungenutztes Potenzial - man liest es und denkt "Wow, da geht noch mehr!". Also ein paar mehr Details an manchen Stellen sind da wirklich sehr förderlich für die Atmosphäre. Bspw. noch etwas das Krankenhaus und seine Arbeit erklärend.

Aber was ich bekam in diesem Kapitel ist trotzdem sehr spannend und unterhaltsam. Also ich möchte schon weiterlesen und bin auf Kapitel 2 gespannt. ^_^ Aber viel wichtiger ist... dass es "bling" gemacht hat und ich eine Inspiration für meine Geschreibe bekam. *kicher*
Antwort von:  BlindDemon
19.10.2013 03:22
Dankeschön *__*
Ja, ich fürchte mich manchmal mir alte Kapitel von mir durchzulesen. Ich hab an manchen Tagen oftmals das Gefühl, es gäbe viel zu viel zu überarbeiten... Ich freu mich aber sehr, wenn es dir gefallen hat. Vielleicht fühle ich mich mal dazu beflügelt, das Ganze noch mehr auszuarbeiten oder überhaupt endlich mal ordentlich daran weiter zu schreiben. Kommentare helfen mir da immer sehr, weil mich das anspornt :) Und die Geschichte befindet sich eigentlich ja noch sehr am Anfang, obwohl ich schon vor so langer Zeit damit angefangen habe... Meine armen Leser ^^"

Bin schon gespannt, wie es dir weiterhin gefallen wird! Und ich freu mich, wenn ich dich inspirieren konnte! :DD
Antwort von: abgemeldet
19.10.2013 21:05
Das kenn ich. ^^° Aber wenn man sich nach so langer Zeit den ersten Kapiteln wieder annähert, dann - wie in meinem Fall - ist man zwar verunsichert, aber bekommt richtig viel Lust zum Schreiben. ^^

Von:  RyuKusanagi
2013-08-28T13:50:56+00:00 28.08.2013 15:50
So. Ich habe die letzten Tage über tatsächlich alle Kapitel nochmal durchgelesen und ich bin immer noch begeistert von deiner Fanfic.
Das nicht mehr ganz so neue Kapitel ist dir natürlich gut gelungen und bringt unerwartet große Veränderungen mit sich. Eine Veränderung in der Szenerie, ein neuer Hauptcharakter, eine mysteriöse Person und damit auch eine vollkommen neue Perspektive auf den (möglichen) Handlungsstrang.
Hugh klingt spontan nach einem Charakter, der Heath bei etwas unterstützen soll. Falls Hugh überhaupt wirklich als Mensch existiert. Er musste immerhin mehrere Tage ohne etwas zu essen oder (vermutlich) zu trinken in einer verfallenden Zelle ausharren und findet dann noch die Kraft, es mit einem merkwürdigen neuen Monster aufzunehmen. Vielleicht waren es aber auch nur ein paar Stunden, die er ohne Versorgung überstehen musste? Falls Zeit oder Existenz überhaupt eine Rolle spielt, wo auch immer er sich befinden mag.
Es dürfte wohl ziemlich leicht erkennbar sein, dass mich dieses Kapitel stark zum nachgrübeln angeregt hat.

Ich bin jedenfalls ziemlich gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte. Besonders auf die weiteren Zettel, welche Hugh sich möglicherweise selbst geschrieben hat. Aber wenn das wirklich stimmt, wer überbringt ihm dann diese Zettel? Und wieso kann er das statische Rauschen in seinem Kopf hören? Ein interessanter Charakter, der (zum Glück) mehr Fragen als Antworten mit sich bringt.

Um meinen kleinen Roman an dieser Stelle drastisch zu kürzen, sage ich einfach mal: "Sehr gute Arbeit!"
Von:  Kagekaji
2013-02-13T13:39:29+00:00 13.02.2013 14:39
Der "Neue" ist einfach GENIAL!!!!!!!!!!!!!!!! ;////D

Ganz ehrlich, ich mag ihn sehr!!! Er ist einfach so mysteriös, was natürlich auch daran liegt, dass er noch nicht lange dabei ist und wir noch nicht so viel über ihn wissen! Aber das, was er bisher getan hat und vorallem auch wie er sich verhält, ist doch einfach ZU genial!!! 8//DDDD Vorallem auch super passend zu Silent Hill!!!<3
Und irgendwie... kann ich ihn mir auch richtig gut bildlich vorstellen!!! X///D Vorallem in der Zelle... Das liegt einfach an deiner genialen Erzählweise!!! Da wird man immer richtig in die Geschichte hinein gezogen!!! *///^///*

Ich bin schon echt gespannt, wie es mit ihm, aber auch der ganzen Geschichte weitergeht!!!!!! x//////3
Von:  dasFragment
2013-02-11T15:44:42+00:00 11.02.2013 16:44
Ich weiß noch nicht, ob ich den "Neuen" mag...
Irgendwie ist er strange...

Ich wollte doch so gerne wissen, wie es mit Heath weitergeht ;_;
Du spannst einen aber auch auf die Folter XP
Antwort von:  dasFragment
11.02.2013 16:46
Ach ja! Ich finde es stilistisch sehr gut, dass man erst erfährt wie der Gute heißt, als er aus der Zelle fliehen kann ;D
Von:  Kagekaji
2013-02-08T14:03:20+00:00 08.02.2013 15:03
Und ich will noch mal anmerken, WIE gut mir die Notiz gefällt!!! *________*
Die ist einfach super klasse geschrieben~ Du hast halt einfach ein Händchen dafür~ Einfach richtig schön! ://D (Obwohl... kann man da "schön" sagen?!? X//D' Hmm~ JA, ich finde schon!!! ;////3) ZUUU schön!!! *///^///*


Einfach traumhaft!!! ;////3
Von:  Kagekaji
2013-02-08T13:57:46+00:00 08.02.2013 14:57
Es geht weiter!!! ://>

Und gleich so schaurig schön~ x//3
Ich muss schon sagen, das Kapitel gefällt mir wirklich gut! Es ist echt spannend und hat dieses gewisse Silent Hill "etwas"! ;//3 Da wünscht man sich doch sofort, man könnte direkt weiterlesen! ://D Ich hoffe jedenfalls, dass du weiterschreiben wirst, denn das neue Kapitel macht echt Lust auf Mehr!!! VIEL Mehr!!! ;///3
Ich jedenfalls, bin schon richtig gespannt darauf, wie es weitergeht!!! *//^//*


P.S.: Ich LIEBE das Geräusch, von matschig klingender Füße!!! 8/////DDDD
Super genial geschrieben!!!! x////3
Von:  Flordelis
2013-02-08T13:19:51+00:00 08.02.2013 14:19
Erste! Hö hö hö~
Ich freue mich wirklich, dass ein neues Kapitel da ist und nachdem du mich bereits vorgewarnt hast, war ich auch nicht so fassungslos wie ich wohl gewesen wäre, wenn ich es nicht gewusst hätte. Ich finde es schön, dass du die Geschichte nicht aufgegeben hast. =)

> er stotterte wie verrückt wilde Wortfetzen vor sich her, die für den Betrachter keinen Sinn ergaben
Ich glaube, es ist nicht falsch, ich persönlich hätte in diesem Zusammenhang eher "Zuhörer" als "Betrachter" verwendet, aber das ist eine reine Geschmackssache, wenn mich nicht alles täuscht.
Warum habe ich es dann angemerkt?
Äh... nur so. ^^;;;

Irgendwie muss ich bei diesem Mann an die Homunculi in "Haunting Ground" denken, die dauernd vor sich hermurmeln. Die fand ich total unheimlich, deswegen finde ich diesen Mann auch creepy. TT___TT

> dass er seinen Mund besser halten sollte
dass er besser seinen Mund halten sollte
... Ich denke, so wäre der Satz "richtiger".

> sein gegenüber
Da "Gegenüber" hier als "Namen" für eine Person dient, wird es groß geschrieben, weil es nicht als Adjektiv dient (wie in "Er steht mir gegenüber").

> Nun war er sich nicht mehr sicher, ob die Türen seiner Zelle jemals verschlossen gewesen waren.
Oh, interessanter Gedanke. Nach diesem Ereignis hätten viele Leute sicher ähnliche Gedanken und Überlegungen - und am Ende weiß man es aber nie, auch nicht, ob man wirklich alles versucht hat.

Am Ende des Briefs hast du den Kursiv-Tag nicht richtig geschlossen. *hinweis*

Zwei Charaktere mit dem Namen Hugh, die sich nur beim Nachnamen unterscheiden... was es damit wohl auf sich hat?

Ein sehr interessantes Kapitel, mit einer gewohnt guten Wortwahl, gefiel mir sehr gut und war die Wartezeit wert, wie ich finde.
Außerdem wirft es wieder mal interessante Fragen auf, die man geklärt haben will. Ich hoffe, du schreibst schnell weiter. ;D

Nur gegen Ende, da fand ich den "Ausbruch" nach dem Kampf ein wenig kurz, aber ich verliere mich oftmals zu gern in Emotionen, glaube ich, liegt also vielleicht nur an mir. Oder die Kürze war durchaus beabsichtigt, das weiß ich ja nicht. :,D

Ich bin jedenfalls schonmal gespannt, wie es weitergeht. ^^
Antwort von:  Flordelis
08.02.2013 14:25
Ha, sorry, ich bin blöd. =_=
Der andere Protagonist heißt ja Heath und nicht Hugh. Verdammtes H am Anfang und Ende. XD
Sorry. ^^;;;
Antwort von:  BlindDemon
11.02.2013 17:39
Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Hinweise! Ich hab das, was ich auch besser fand, korrigiert und auch den Fehler beim Kursiv-Tag behoben - wie konnte das denn passieren? D:
Aus dem Betrachter habe ich dann aber doch den Beobachter gemacht, weil es den Anschein erwecken soll, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt vielleicht nicht allein ist ;)

Ach, und keine Ursache wegen den beiden H-Namen! Du bist nicht die einzige, die da schon mal verwirrt wurde XD
Von:  GodOfMischief
2011-01-28T18:42:57+00:00 28.01.2011 19:42
So, ich habe mich durch die bisherigen Kapitel gelesen und muss sagen, das ich echt begeistert bin. Du bringst die Situationen, die Charaktere mit so einer lebendigen Beschreibung herüber, das sich wirklich ein richtiges Silent Hill Feeling breit macht.
Die Story ist genauso spannend, als auch gruselig und wird hoffentlich auch noch mit vielen Enthüllungen und unerwarteten Wendungen gespickt sein.
Ich bin wirklich gespannt, was du hierraus noch machen wirst.
Ich freue mich schon darauf mehr zu lesen :)
fg
Cassi
Von:  RyuKusanagi
2010-12-18T04:05:41+00:00 18.12.2010 05:05
Mir persönlich hat auch dieses Kapitel sehr gut gefallen.
Das Bild von Eve bräuchte ich theoretisch nicht, da ich mir auch so dank deiner äusserst guten Beschreibung, ein recht gutes Bild von dem "Monster" machen konnte.
Ich erwische mich bereits jetzt schon beim rätseln über die Bedeutung dieser Begegnung.
Ganz tief unten, unter der "Otherworld" Version des Alchemilla Hospitals ruht Eve (wenn man das denn so nennen kann), teilweise Maschine, teilweise Mensch. Eine gute Idee, sie gefällt mir.
Auch die Wendeltreppe hat mir sehr gut gefallen.
Das ich mich auf das nächste Kapitel bereits jetzt schon freue, brauche ich schon fast nicht mehr zu erwähnen, oder?
Ich bin gespannt darauf, was als nächstes passiert.

Sehr gute Arbeit!

P.S. Das Bild von Eve werde ich mir trotzdem noch ansehen.^^
Von:  Dra-Jani
2010-09-03T10:48:15+00:00 03.09.2010 12:48
Wie gut dass du einen Arzt als Hauptcharakter gewählt hast.
Ein normaler Mensch ohne medizinische Ausbildung hätte sich den Schnitt in den Prustkorb bestimmt nicht gewagt.
Gute Arbeit. Weiter so!


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