Surf's up! von Kikoro (Im Meer der Gefühle) ================================================================================ Kapitel 12: Langeweile ---------------------- Kapitel 12 - Langeweile Tenten lag ausgestreckt auf ihrem Bett und schmökerte in einem spannenden Buch. Es war über chinesische Drachen, die in einer absolutistischen Welt lebten und von ihrem Herrscher unterdrückt wurden. Es war recht spannend und Tenten verlor sich zwischen den Buchstaben. Sie stellte sich jede einzelne Szene vor, malte sie sich in ihren Gedanken aus und bastelte schon am Ende herum. Das tat sie immer. Was sie auch immer tat, war, das Ende eines jeden Buches zu lesen und sich somit die ganze Spannung zu verderben. Nach sechs weiteren Kapiteln wandte sie ihren Blick von dem Buch ab und schaute gen Fenster. Es war schon Nachmittag und draußen verfärbte die Sonne den Himmel bereits rot. Der Anblick fesselte sie irgendwie. Was das doch für ein schöner Ort war! Das laute Grummeln ihres Magens durchbrach die Stille. Wann gab es eigentlich Mittagessen? Oder hatte sie es schon verpasst? Möglich wäre es, zumal man auf diesem Internat wohl nicht die Sitte zu pflegen schien, die Mahlzeiten anzukündigen. So kam es, dass Tenten das Buch zuklappte und vom Bett sprang. Auf leisen Sohlen schlich sie zur Tür. Sie wollte Hinata nicht aufwecken, denn diese war kürzlich eingeschlafen. Kein Wunder, bei der Langeweile, die zuvor noch im Zimmer geherrscht hatte. Doch was sie nicht bemerkte, als sie die Zimmertür sachte hinter sich schloss, war, dass Hinata die Augen öffnete und sie böse anfunkelte. Auf dem Flur war es dunkel. Nur das fahle Sonnenlicht, welches durch die wenigen schmalen Fenster am Ende des Flures fiel, spendete ein wenig Licht. Tenten versuchte, sich zu orientieren und ging mit langsamen Schritten auf die Kommode zu ihrer Rechten zu. Wenn sie sich recht entsinnte, kam sie, wenn sie in diese Richtung ging, zu der Treppe, die ins Foyer führte. Als sie an der Kommode vorbei ging, stieß sie beinahe die türkisfarbene Vase samt den darinstehenden Margeriten um. Mit einem leisen Ausruf der Erleichterung darüber, dass sie doch keinen Mist gebaut hatte, ging sie weiter. Als die große Treppe zum Foyer hinabstieg, bemerkte sie nicht, wie sie jemand mit ihren Blicken durchbohrte. Unten angekommen, steuerte sie auf die Haiskulptur zu. Wirklich furchteinflössend, dieses Wesen. Dabei war es nur aus kaltem Stein. Sie fuhr mit der Hand darüber, so, als wäre es ein antikes Museumsstück. Ein leises Kichern war zu vernehmen und Tenten sah sich um. "Schön, nicht wahr?", hauchte ihr eine ihr bekannte Männerstimme ins Ohr. Kankuro! Freudig fuhr sie herum und umarmte ihn rasch. "Wie geht es dir?", fragte er und fuhr sich durchs Haar. "Hmm, es geht so. Ich muss mich erst noch richtig einleben. Und wie geht es dir?" Kankuro grinste breit und entblößte dabei zwei Reihen makellos weißer Zähne. "Blendend!", erwiderte er und verschränkte die Arme hinterm Kopf. "Ich hab letzte Nacht so gut geschlafen wie schon lange nicht mehr!" Den Grund dafür nannte er ihr nicht. Sie musste ja nicht wissen, dass sie ihm seit ihrer Ankunft auf dem Internat nicht mehr aus dem Kopf ging. "Das freut mich!", murmelte Tenten geistesabwesend. Was bedrückte sie bloß so sehr? Sie wusste es selbst nicht. "Du, Kankuro?" "Ja?" Er sah sie mit seinen dunklen Augen an. "Magst du mich?" Verblüfft starrte er sie an. "Aber natürlich!", entgegnete er. "Sehr sogar!" Tenten wusste nicht recht, wie sie das 'sehr sogar' interpretieren sollte, aber das tat jetzt auch nichts zur Sache. Schließlich gab es jetzt weitaus wichtigere Dinge. "Könntest du mir einen Gefallen tun?" Sie zupfte an Kankuros Ärmel. "Äh, klar doch!", antwortete dieser und rieb sich sichtlich verwirrt am Kopf. "Was immer du willst!" Was immer sie wollte. Wusste er eigentlich, was er da sagte? Sie musterte ihn. Er trug ein schwarzes T-Shirt mit dem Aufdruck einer ihr unbekannten Band, eine blaue Jeans und grüne Turnschuhe. Verdammt, sah er gut aus. Sie traute sich kaum, ihre Frage zu stellen. "Ich!" Sie brach ab. Es ging einfach nicht. "Schon gut!", hauchte sie und ließ seinen Ärmel los. Mit gesenktem Kopf stand sie da, zerfloss in ihrer Erbärmlichkeit. "Kannst du mir den Weg zum Strand erklären? Ich muss mich erstmal sammeln!" Kankuro nickte. "Du verlässt das Internat, biegst links ab bis du zu einem schmalen Pfad kommst. Diesen gehst du einfach geradeaus entlang. Irgendwann stößst du dann auf den Sandstrand" Dankend nickte Tenten, verabschiedete sich von Kankuro und ging dann nach draußen. Dort lehnte sie sich gegen die Tür und seufzte frustriert. Sie war so eine Idiotin! Wieso hatte sie ihn nicht einfach gefragt? Ganz einfach, weil sie es nicht konnte. Was sollte er denn von ihr halten? Sie stieß sie wieder von der Tür ab und folgte dem Weg, den Kankuro ihr beschrieben hatte. Links und dann geradeaus. Leicht zu merken. Als sie den schmalen Kieselweg betrat, fielen ihr sofort die Rosen ringsum von ihr auf und für einen Moment schien sie wieder alles zu vergessen. Der Wind blies ihr mild um die Ohren. Kankuro hatte Recht. Irgendwann stießen ihre Füße tatsächlich auf den weichen weißen Sand des Strandes und hinterließen einen tiefen Fußabdruck. Der Geruch von Meersalz drang ihr in die Nase und von weitem konnte man das schrille Kreischen der Möwen vernehmen. Wie sehr sie das Meer doch liebte. Sie wanderte den schmalen Küstenstreifen entlang. Zu ihren Fußen tummelten sich Muscheln in den verschiedensten Formen und Farben und eine Krabbe huschte über den feinen Sand. In der Ferne war ein Leuchtturm zu erkennen und auf dem weiten Meer trieb ein Ozeandampfer. Sie fühlte sich völlig frei und unbeschwert. Das seichte Geräusch der Wellen, die sich in der Brandung tümmelten und gegen die Klippen klatschten, war wie Musik in ihren Ohren. Sie atmete tief ein. Dann fiel ihr Blick auf einen Jungen. Er stand auf einem Surfbrett und reitete die Wellen wie ein junger Gott. Sein rabenschwarzes langes Haar klatschte gegen seinen muskülösen Oberkörper und von seinem Gesicht perlten Wassertropfen. Völlig perplex von dieser Aussicht, stand Tenten regungslos da und starrte. Man hätte meinen können, sie seie ein Spanner. Als der Junge sie bemerkte, fixierten seine weißen Augen sie und schienen sie regelrecht zu durchbohren. Plötzlich fühlte sie sich so willenslos. Und dann schwamm dieser Kerl auch noch Richtung Strand, bis er plötzlich ganz nah vor ihr stand. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrem Haar. "Wer bist du?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)