TALE I - Vampire de Princesse von Khay (~Princess Vampire~) ================================================================================ Kapitel 4: Princess Vampire --------------------------- Kapitel 1: Ma Chérie Part I Kapitel 2: Ma Chérie Part II Kapitel 3: Je t’aime »Kapitel 4: ♥ ~ Princess Vampire« Genre: Horror, Vampire, Romantik, Shonen- ai Hintergrund: Klaha (Solo), Lacrimosa, Malice Mizer, Die Ärzte, Nightwish, Schandmaul ~ Kalt und unbarmherzig wehte der feuchte Herbstwind in sein ungeschütztes Gesicht. Den Kopf hatte er bereits zwischen die Schultern gezogen, jedenfalls so weit es ihm möglich war, um sich so ein bisschen vor der Kälte, die um ihn streifte, zu schützen. Die Hände saßen tief in seinen Manteltaschen, der schwarzrote Schal flatterte hinter ihm im Wind. Ein Teil der Ohren waren durch diesen verdeckt, der Rest wurde großteils von dem langen pechschwarzen Haar verhüllt, welches sich fest durch den Stoff an seinen Kopf schmiegte. Die schweren Stiefel gruben sich mit jedem Schritt in eine Schicht dichten neu gefallenen Schnee. Und er fror. Er mochte den Frühling sowieso lieber, der Herbst war ihm eindeutig zu kalt. Und um genau zu sein, war es der brutale Herbst des Jahres 2019. Und es war 21: 37 Uhr (und 27 Sekunden), am 13. Oktober. Er zog den Mantel noch enger um sich, als ihn eine starke Böe gewaltsam ein Stück zurückdrückte und er wünschte sich, dass es wenigstens nicht noch regnen sollte. Fast wäre er ausgerutscht wegen diesem gemeinen Angriff. Warum musste es auch immer Anfang November so stark schneien, das London selbst in der Nacht unter den Laternen weiß strahlte? Er hasste diesen Frühwinter. Erleichtert atmete er auf, als er endlich vor dem großen Schlosstor ankam, welches aus blank geputzten Stahlstangen bestand, die jetzt feucht schimmerten. Hinter dem Tor ragte die hohe Villa auf, welche sich am Rand von London befand und schon mehrere Jahrhunderte auf dem Buckel hatte. Doch vor 10 Jahren war sie vollkommen renoviert worden. Jetzt konnte er mit Recht behaupten in einem Anwesen zu leben, wie die Grafen. Das Schloss knirschte eisig, als er den Schlüssel hinein schob und es aufzwang. Quietschend schwang das Tor auf, er ging hinein und verschloss es hinter sich sofort wieder. Jetzt nur noch den Aufstieg bis zu der großen steinernen (und zu seiner `Freude` auch zugefrorenen) Treppe und dann konnte er sich endlich in seinen Sessel sinken lassen, die Füße auf einen kleinen Schemel gelegt, in den Händen eine dampfende Tasse Tee und vor sich das knisternde Feuer, welches freundlich vor ihm im Kamin flammte. Allein bei diesem Gedanken beeilte er sich nach oben zu kommen, wäre jedoch fast gestürzt, fing sich aber wieder, und blieb vor der schwarz gestrichenen Eichentür stehen. Wieder das Klacken des Schlosses in seinen Ohren, dann sprang auch diese Tür auf und sofort rauschte ihm eine angenehme Hitze entgegen, die ihn einschloss und förmlich bettelte, dass er endlich eintrat, damit sie ihn ganz gefangen nehmen konnte. Er ließ nicht lange auf sich warten, schlüpfte in die geheizte Eingangshalle und verschloss die Tür hinter sich. Dann schüttelte er den Schnee von seinen schwarzen Sachen, sowie aus seinen Haaren, wobei der Großteil bereits geschmolzen war und nun seine Haare nass, wie frisch gewaschen, aussehen ließ. Es kümmerte ihn nicht, denn auch seine dunkle Schminke im Gesicht hatte unter dem Sturm draußen gelitten. Schnell zog er den nassen Mantel aus, hing ihn an einen der Haken, unter denen eine kleine Heizung angebracht worden war, um die Kleidung möglichst schnell trocknen zu lassen. Noch einmal schüttelte er sich, bevor er durch die riesige Eingangshalle schritt und erst wieder in der Küche halt machte um nach den Teebeuteln zu suchen. Als er endlich welche fand, schüttete er Wasser in eine Tasse, erwärmte dieser einfach in der Mikrowelle und tunkte dann den kleinen Beutel hinein, immer mit einem Löffel darin rührend. „Ein furchtbares Wetter, was? Die Beiden tun mir richtig Leid.“, ertönte eine angenehme Stimme hinter ihm. Die verführerische und erhabene Stimme einer Frau. „Ach, und ich tue dir gar nicht Leid, Sarah?“, fragte der Mann gespielt schmollend, sah sie auch mit dem entsprechenden Blick an. „Oh. Du tust mir doch am meisten Leid, das weißt du doch!“ Sie lachte ein warmes Lachen, während sie auf ihn zuging und sich neben ihn stellte. „Machst du mir auch einen?“, fügte sie mit einem lieben Lächeln hinzu. „Für euch doch immer, Prinzeschen.“, gab er in dem korrekten Ton eines Butlers zurück, holte eine zweite Tasse aus dem Schrank und wiederholte die Prozedur. „Ich danke euch, James.“ Wieder lachte sie. „Ach, ich vermisse meine kleine Sarah…“, murmelte er, stellte ihr die Tasse auf den Tisch. „Warum? Sie hat dich doch auch um alles gebeten und dich umher gescheucht wie einen Pagen.“ Sofort griff die junge Frau nach dem Getränk, pustete ein wenig hinein. „Aber diese Sarah hatte einen Grund, weshalb ich ihr den Tee machte. Sie kam ja nicht an den Schrank mit den Tassen.“ Dieses mal lachten Beide, wobei sie sich an ihn lehnte. „Ach, wo sind die Zwei eigentlich?“, fragte er nach einer kurzen Pause, sah fragend auf das Mädchen an seiner Schulter, die, worüber er sehr froh war, trotz des Wachstumsschubs der letzten Jahre noch immer kleiner war als er. „Draußen natürlich. Du weißt doch, dass sie sich nicht über die Bediensteten hermachen.“, gab sie nachdenklich zurück, schaute auf in seine dunklen, braunen Augen, die mehr ins schwarze gingen, „Ach mein Liebster Jay. Du siehst müde aus… Musst du immer so spät noch arbeiten? Bei diesem Wetter?“ Sie legte einen besorgten Blick auf, bei dem man einfach nur ehrlich sein konnte. „Ich will nicht, dass mich Lens Vater die ganze Zeit durchfüttert.“ Er stellte seine Tasse auf den Tisch zurück, lehnte sich an dessen Kante und strich abwesend durch das lange, dunkelbraune Haar des Mädchens neben ihm. Einzelne schwarze Strähnen schmückten es, darunter auch ein paar kleine rote. „Ich lass mich doch auch durchfüttern.“, widersprach sie, obgleich sie wusste, dass ihn ihre Einwände nicht interessierten. Das wäre ja etwas ganz anderes, wie er immer sagte. „Du bist ja auch die Prinzessin und Tochter des Hauses.“ Er lächelte, drückte ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. „Außerdem gehst du auf die Uni. Da hast du andere Probleme.“ Um kurz die Situation einleuchtender zu machen: Len ist Eleonore, Tochter des Vlad Tepes oder Draculea und Mina. Da dieser noch immer über seine alten Besitztümer (wenn auch im Hintergrund und durch menschliche Hilfe) verfügte überschüttete er seine liebste Tochter mit Geld. Er schenkte ihr die Villa, Bedienstete die keine dummen Fragen stellten und ließ auch ihre Freunde bei sich wohnen. Natürlich ließ er es sich nicht nehmen ihr immer wieder Geld zu schicken, denn wenn sie schon in London bleiben wollte, dann sollte sie auch in einem vernünftigen Haus wohnen. Dass dabei noch genügend für die anderen Bewohner abfiel verstand sich von selbst. Jay ist allerdings der Einzige der nebenher noch einem eigenen Job nachgingt. Er hatte vor fünf Jahren die Universität abgeschlossen und jobbte nun ab und zu als Dolmetscher in verschiedenen Hotels, während er fest in einer Tierklinik arbeitete. Nebenbei bemerkt auch der Grund weshalb des Öfteren die verschiedensten kleinen bis verdammt großen Lebewesen ein kurzzeitiges Zuhause in der großen Villa fanden. Die drei Mädchen des Hauses, Len, Rayne und Sarah hielten sich mit dem arbeiten heroisch zurück. Wobei Letztere das erste Semester der Uni fast hinter sich hatte. „Und du arbeitest zu viel.“, gab sie zurück, wieder schwang Besorgnis in ihrer Stimme. „Ach, mein Liebling… gib mir doch keinen Grund mich um dich so zu Sorgen.“ Sie drehte jetzt ihren ganzen Körper zu ihm, den Blick gesenkt und drückte das Gesicht in seine Halsbeuge. „Ich geb’ dir doch gar keinen Grund, Liebes.“ Vorsichtig strich er über ihren Rücken. Ja, er wünschte sich wirklich das kleine Mädchen von 8 Jahren zurück, das keine Fragen stellte, das einfach zu jung war um zu wissen, wie ihn die Arbeit auszehrte. Doch jetzt war sie erwachsen, 19 Jahre alt und eine reife Frau, die vieles spürte, was anderen Menschen nie auffallen würde. Sie hatte zu lange unter Vampiren gelebt, wobei sie das immer noch tat, und zu viel von deren Verhalten gelernt. Sie war ein bisschen der Vampir unter den Menschen. Genau genommen, waren Rayne und Eleonore die einzigen Vampire Londons. Vor langer Zeit allerdings, gab es noch einen in England… Er seufzte, denn sie schwieg bedrückt. „Ach… kleine Sarah. Lass mich nur machen. Ich werde dich nicht verlassen, dass versprech’ ich dir.“ Wieder gab er ihr einen zarten Kuss auf ihre Stirn. Sie nickte schwach und traurig. „Mein Brüderchen darf mich auch nicht verlassen… meine Eltern haben mich verlassen, mein alter Vater hat mich verlassen… wenn du es auch tust, was soll ich denn dann machen?“ Er antwortete nicht. Sie brauchte auch gar keine, das wusste er. „Ach… ich liebe dich doch…kleine Sarah.“ Jay schob sie ein Stück nach vorn, damit sie sein aufmunterndes Lächeln sehen konnte. „Weißt du was? Morgen nehme ich mir frei. Und dann machen wir etwas zusammen, ja? Der Wetterbericht sagte ja, dass es morgen ein schöner, wenn auch kalter, Tag werden soll.“ „Das ist eine tolle Idee! Dann schwänze ich die Uni!“ Sie lachte, als sie sein erschrockenes Gesicht bemerkte. „Ach komm, der eine Tag!“ „Na gut…weil du es bist, mein Schwesterchen!“ Sie nickte schnell, fröhlich lächelnd. Und nicht einmal, wenn sie sich wie ein Kind benahm, machte sie den Eindruck von keinem. Sie war eine erwachsene Frau. „Guten Abend, der Herr, die Dame!“, ertönte eine laute, freudige Stimme einer weiteren Frau durch die Küche. Die Stimme des Kindes im Haus. Denn Rayne benahm sich öfters wie eines, hatte sogar noch das unschuldige Lachen eines jungen Mädchens, welches sie aber definitiv nicht war. „Oh, Tee?“ Sie schwebte förmlich zu den Beiden, zog leicht eine Braue nach oben. Auch Eleonore betrat die Küche, ihr Blick richtete sich sofort besorgt auf Jay, der den Kopf abwandte. Die Gesichter beider Frauen waren nicht mehr so schimmernd weiß wie am frühen Abend, nur waren jetzt ihre Wangen gerötet, die Augen leuchteten nicht mehr so finster wie einst. Sie sahen wieder wie Menschen aus, nicht wie die überirdischen Wesen, die sie waren. „Geh schlafen.“ Es klang wie ein Befehl, als Len das sagte. Jay fühlte sich natürlich angesprochen, wen hätte sie auch sonst meinen können? „Ich kann sehen wie du unter Müdigkeit leidest, wie gequält du bist. Widersprich nicht, geh ins Bett bis morgen Mittag, die Arbeit kann warten. Meinetwegen kannst du dann gerne etwas mit der lieben Sarah machen, aber jetzt gehst du.“ Seltsam wie sie es schaffte, das zu sagen, ohne einmal Luft zu holen und dazu noch in ein und demselben Tonfall. „Gute Nacht.“ Jay lächelte, etwas gezwungen, aber er tat es. Dann drückte er noch einen Kuss auf Sarahs Wange, bevor er sich langsam, mit dem halbvollem Tee in der Hand aus der Küche ging. Er schleppte sich die Treppe hoch, den Gang entlang über den weinroten Teppich, bis zu der schwarzen Tür. Er zog sie auf, schlüpfte hinein, verschloss sie wieder und tappte zu seinem Bett, um sich erschöpft darauf fallen zu lassen. Wie gut, dass sein Mantel so dick war, denn seine Sachen, abgesehen von den Hosenbeinen, waren trocken. Aber die Beine interessierten nicht weiter. Sie hatte Recht, mal wieder, er wollte nichts als schlafen. Und tatsächlich, kaum dachte er das zu Ende, fiel er auch schon in einen tiefen, doch unruhigen Schlaf. „Wir sperren ihn die nächste Woche lang ein.“ Eleonore nickte. Die Sache stand somit fest. „Aber nicht morgen!“, warf Sarah eilig dazwischen, sie hockte auf dem Küchentisch, ihre Beine wippten hin und her. „Natürlich außer morgen.“ Len lachte auf, warf der Jüngeren ein freundliches Lächeln zu. „Morgen gehört er dir, das weiß ich doch, Liebes.“ „Sehr gut!“ Sarah strahlte. Sie hörte auf, mit den Beinen zu schaukeln, legte ein leichtes Lächeln auf. „Aber ihr habt Recht. Er ist viel zu erschöpft. Wenn du schon mit ihm schimpfst muss es wirklich ernst sein.“ Plötzlich wurde sie wieder traurig, nickte müde. „Ich rufe nachher in der Klinik an. Die Herren dort denken ohnehin, dass ich seine liebe Frau wäre.“ Stille breitete sich zwischen den Frauen aus. Jede dachte an dasselbe. An den Vampir, der einst hier lebte, der Lens Verlobter gewesen war. Auch wenn es nur eine gestellte Hochzeit war, da keiner der Beiden den Anderen liebte. Die Verlobung stand, bis er einfach das Land welches Vlad durch die Hochzeit mit seinem vereinen wollte, diesem schenkte und verschwand. „Ah, es ist schon spät.“ Sarah schaute auf die große Wanduhr, stellte überrascht fest, dass es fast Mitternacht war. „Ich werde jetzt auch schlafen gehen… Morgen geh ich erst mal zur Uni. Er wird ja sicher bis nach Mittag schlafen.“ Damit rutschte sie von dem Tisch, schritt langsam über den Küchenboden zur Tür. „Gute Nacht, die Damen.“ Sie lächelte, bevor sie verschwand und ebenfalls ihr Zimmer aufsuchte. Len und Rayne blieb noch lange in der Küche sitzen, schwiegen und dachten über die Dinge nach. Dinge die geschehen waren, die momentan in dieser Zeit geschahen und die vielleicht noch geschehen könnten. Eine traurige Stimmung entstand. „Er wird bald zurückkommen.“, murmelte Rayne plötzlich, während Len nur schwach nickte, „Ich möchte wissen, was passiert ist...“ Er erwachte am frühen Nachmittag. Und das auch nur durch Sarah, als sie erst leise ins Zimmer geschlichen war, bevor sie ihn solange geschüttelt hatte, bis er endlich müde die Augen öffnete. „Ach, Liebling… wie spät ist es? Ich komme sicher zu spät, es ist schon so hell…“ Gähnend erhob er sich und schob sich aus dem Bett, der schlabberige, alte Pulli rutschte beim Gähnen über seine Hüfte. Es war der rotschwarzgestreifte Pulli, den er bei ihrem zweiten Treffen getragen hatte. Er seufzte. „Es ist schon drei Uhr. Jetzt komm schon, wir wollten doch etwas zusammen machen…“, drängelte sie, setzte sich neugierig auf das Bett, schaute dem Mann nach, der gerade auf seinen Schrank zutrottete, nachdem er einmal so stark zusammengezuckt war, dass sie schon dachte er würde gleich umfallen. „Schon? Und weshalb weckst du mich erst jetzt?“, fragte er gespielt gequält. Denn eigentlich war er froh einmal frei zu haben, auch wenn er das nicht zugeben wollte. „Dein schnarchen hat mich abgehalten.“, kicherte sie, warf dabei ihr langes, dunkles Haar zurück. „Ich schnarche nicht… und jetzt raus, ich will mich umziehen.“, murrte er, schaute sie missbilligend an. „Ja ja, als ob ich das nicht schon gesehen hätte…“, war ihre schnippische Antwort, Sarah erhob sich würde voll und stolzierte aus dem Zimmer. „Dann sag mir mal bei wem du das schon gesehen hast!“, rief er ihr nach, zog einen dicken schwarzen Pulli mit Slipknot- Aufdruck aus dem Schrank, sowie eine warme gleichfarbige Baumwollhose. Schon kurze Zeit später verließ auch er sein Zimmer, allerdings nur um kurzzeitig ins Badezimmer umzusiedeln. Seine Schminke musste noch aufgetragen werden. „Darf ich jetzt bleiben, oh großer Herr?“, wurde er begrüßt, was ihn, mal wieder, aufseufzen ließ. „Ich kann’s eh nicht verhindern, meine Liebe.“ Damit stellte er alles an Make- up hin, was er brauchte und fing an sich im Gesicht mit den verschiedensten Utensilien herumzupinseln. „Weißt du, eigentlich bist du zu alt dafür.“, bemerkte Sarah, die ihn genau beobachtete. „Zu Alt? Achtundzwanzig ist bei dir also alt?“ Er drehte sich leicht, zog eine Braue hoch. „Na ja, im Gegensatz zu mir.“ „Und was ist dann Rayne?“ „Das ist was anderes.“ „Selbstverständlich. Wie konnte ich das nur vergessen?“ Jay verdrehte die Augen, wandte sich wieder seinem halbfertig geschminkten Spiegelbild zu. „Hast du’s?“ Wieder ein Seufzen. Diesmal länger und wesentlich entnervter. „Ja, darf ich mir noch die Haare machen?“ „Nein. Du magst sie lieben, aber erstens dauert das zu lang und zweitens macht der Wind sie eh wieder kaputt. Du brauchst länger im Bad als ich.“ Er lachte laut los, ungewollt, aber was sollte er auf diese Behauptung hin auch sagen? Denn es stimmte nicht. Aus der kleinen Sarah war durch das dauernde Einwirken von Rayne und Eleonore zu einer Vampiristen-Dame geworden. Und sie verbrachte tatsächlich mehrere Stunden am Tag vor dem Spiegel, um einen möglichst Vampirmäßigen Look zu bekommen. „Gott, du bist so ein Rüpel!“, maulte sie schließlich, verschränkte die Arme und legte einen schmollenden Blick auf. Und selbst damit sah sie wie eine Frau aus, wobei es ihr sogar irgendwie stand, wenn sie so beleidigt dreinschaute. Zum Schluss, und einige Streitigkeiten später, waren die Beiden um Halb Fünf endlich fertig. Die Sonne war bereits dabei unterzugehen, als sie zusammen durch die Boulevards Londons schlenderten, beschienen von dem steten Schein, der bereits leuchtenden Laternen. Die Cafes waren noch immer geöffnet, was auch noch bis in die tiefen Abendstunden so bleiben würde. Und tatsächlich stürmte es nicht allzu sehr, nur ein paar Flöckchen fielen ab und an auf den Boden. Jay war in Gedanken versunken, den Blick starr auf den Steinboden vor sich gerichtet. Er schaute erst irritiert auf, als sich eine fremde Hand um die seine schloss. Sarah blickte ihn an, lächelte dabei aufmunternd. Und schon waren alle Streitigkeiten wieder vergessen, sie fühlten sich wieder wie Bruder und Schwester, wie damals, als Sarah noch klein gewesen war. „Ist doch schön heute, nicht?“, fragte sie leise, lehnte ihren Kopf an die Schulter des Älteren. „Ja… sogar richtig warm. Für diese Jahreszeit jedenfalls.“ Er nickte leicht. „Und für London.“ „Willst du was essen?“ Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern blieb stehen und wies auf ein kleines Cafe in ihrer Nähe. „Gerne, wenn Ihr mich ausführt.“ Er sah sie kurz an, grinste dann. „Selbstredend.“ Kichernd deutete sie einen Knicks an, hakte sich bei Jay unter und ließ sich von ihm in das Cafe führen. „Ganz der Gentleman, he?“ Sie wartete bis er ihr den Stuhl zurückzog, bevor sie sich setzte. Dann legte sie die Ellbogen auf den Tisch, verhakte ihre Finger ineinander und stützte das Kinn darauf. Jay nahm den Stuhl gegenüber, lächelte und verschränkte nur die Arme auf dem Tisch. „Aber wie immer.“, antwortete er, deutete eine Verbeugung mit dem Kopf an. Vollkommene Finsternis hatte sich über die Stadt gelegt, alles war in ein dunkles Schwarz gehüllt. Jay und Sarah saßen noch immer zusammen in dem kleinen Cafe, er blickte dabei sehnsüchtig aus dem Fenster, sah dem fallenden Schnee zu, während sie mit dem Finger über den Rand der Tasse strich. „Wir sollten langsam gehen.“, kam es von Jay, mit leiser Stimme. Seine Augen glitten langsam wieder zu der jungen Dame ihm gegenüber. „Okay...“ Sie hob den Kopf, wartete bis Jay bezahlt hatte (wie es sich für einen Gentleman gehörte) und stand dann auf. Er folgte ihr, nahm ihren Mantel vom Haken und half ihr diesen anzuziehen. „Wir sollten öfter zusammen was unternehmen, oder?“ Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln, das er höflich erwiderte. „Wenn es sich einrichten lässt.“ Sie verließen das kleine Cafe, schlenderten den selben Weg zurück, den sie gekommen waren, mit dem Unterschied, dass dieser nun in fast vollkommener Dunkelheit lag, sah man von dem fahlen Licht der Laternen ab. „Darf ich dich mal was fragen?“ Sarah schaute zu dem Anderen, und zog den Mantel bei dem stärker gewordenen Wind enger um sich. „Natürlich.“ Er hatte sich angewöhnt mit jeder Frau auf diese höfliche, immer freundliche Art zu reden. Was wohl größtenteils, an den Besuchen Vlads lag, der großen Wert auf das Verhalten legte. Nebenbei nervte ihn das, aber es war eben ein Tick des alten Vampirs (er war eben zu alt...). „Wenn er zurückkommt, hörst du dann wieder auf zu arbeiten, wie damals als er für dich bezahlt hat?“ Jay blieb stehen, starrte die junge Frau an. „Das geht dich überhaupt nichts an...“ Er senkte seine Stimme, sein Blick bohrte sich förmlich in die der Anderen. „Warum sagst du das? Glaubst du denn wirklich das er dich einfach verlassen hat?“, sprach sie in geduldigen Ton weiter, wandte sich ganz dem Mann zu. „Er hat sich 11 Jahre nicht sehen lassen, da glaubst du er kommt zurück?“ Er musste sich zwingen, damit er sie nicht anschrie, doch es verletzte ihn, der ihn verlassen, zurückgelassen hatte mit einem kleinen Kind. „Er wird wieder kommen!“, erwiderte sie ebenfalls lauter werdend. „Dann warte eben auf ihn! Ich hab das nicht nötig!“ Damit drehte er sich einfach um, lief in die Dunkelheit hinein. Sarah blieb auf dem Fleck stehen, starrte ihm traurig nach. War sie eigentlich die einzige, die an seine Rückkehr glaubte? Die Nacht war eisig, während sie allein auf dem Friedhof, den sie noch aus ihrer Kindheit in Erinnerung hatte, spazierte, die neu angelegten Gräber musterte und bei den bemäntelten Engelsstatuen stehen blieb. Eigentlich hatte sich nicht sonderlich viel verändert, er wurde nur noch ab und zu gepflegt und für Bestattungen wurde der neue Friedhof, am anderen Ende der Stadt benutzt. Das kleine Grabhäuschen stand seit Jahren leer, niemand besaß mehr ein Schlüssel für das verrostete Schloss. Sie selbst hatte nie einen besessen. Warum auch? Damals war sie gerade acht Jahre alt gewesen und machte sich nichts aus verschlossenen Türen, abgesehen davon, wurde sie ohnehin immer eingelassen, solange es nur Nacht war. „Ach, wo bist du nur?“ Ihre leise Stimme schwang fast unhörbar durch die Nacht, es sollte ja eh niemand mitbekommen, dass eine junge Frau allein auf einem Friedhof umherlief, um in der herrschenden Finsternis die Gräber zu begutachten. Wobei sie allein wegen ihrem Styling wahrscheinlich für eine Grabschänderin gehalten wurde. Was sie natürlich nicht war. Vielleicht sollte sie mal zu dem anderen Friedhof gehen, wer weiß ob er jetzt dort lebte? Wer sagte überhaupt, dass er keinen Grund hatte zu gehen? Aber warum meldete er sich dann nicht einfach? Für einen über 250 Jahre alten Vampir müsste das doch einfach möglich sein. Ihr wurde kälter, worauf die schlanken Finger sich um ihre dünnen Arme schlossen, begannen über diese zu reiben, um sich selbst etwas Wärme zu geben. Hinter ihr knirschte es leise. Angst hatte sie nicht davor, sie drehte sich um, spähte in der Dunkelheit nach dem etwas, das dieses Geräusch verursacht haben könnte. Es war eine Ratte. Sie schaute sie mit großen, glühenden Augen an, legte den Kopf leicht zur Seite. Sie lächelte, zuckte dabei mit den Schultern. Nur eine Ratte, also wirklich kein Grund irgendwie in Panik zu geraten. Als sie sich wieder umdrehte schien ein luftiger Hauch direkt gegen ihren Rücken zu drücken, der den Saum ihres Mantel nach vorne blies. Das nächste was sie spürte, war der kalte Atem eines nichtmenschlichen Wesens, der ihren Nacken streifte. Hastig drehte sie sich um, öffnete den Mund um diesen Vampir zu warnen, dass dieser kein leichtes Leben mehr hätte, wenn er sie nehmen würde. Doch sie stoppte. Ihr gegenüber stand ein großer, schlanker Mann, Vampir, wie man deutlich an der leuchtend weißen Haut sehen konnte. Langes schwarzes Haar wand sich um dessen Rücken, wurde vom Wind in der Luft getragen. Dunkle Augen musterten sie mit unendlicher Ruhe und Gelassenheit, die weißen Hände verschränkten sich langsam auf dem Rücken des Mannes. Doch was sie am meisten fesselte waren die dunkel umrandeten Augen. „Du bist wieder da!“, rief sie nur noch, rannte auf ihn zu und umarmte ihn, auch wenn er es gar nicht sein sollte. Trotz des Schwungs machte der Größere nicht einmal einen Schritt zurück, steif blieb er an Ort und Stelle stehen. „Aber warum erst jetzt? Wir vermissen dich alle so sehr! Jay ist völlig am Boden! Auch wenn er es nicht zugeben will...“ Sie schmiegte ihr Gesicht an den weichen Mantelstoff, der die Brust bedeckte. Ein kurzer ruck ging durch den Körper, bevor er die Arme um die Frau schloss und sie an diesen drückten. „Du bist groß geworden...“ Die Stimme war leise und ruhig, und trotzdem erkannte sie die Ähnlichkeit. „Ja, und du warst nicht da, um mich aufwachsen zu sehen!“, grummelte sie beleidigt, atmete tief durch, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. „Wo warst du 11 Jahre lang??“, fügte sie hinzu, als er weiter schwieg. „Nicht hier... weit weg von euch... verzeih mir, mein Herz...“ Sanft drückte er ihren Körper von sich, schob sie direkt in das warme Licht des Mondes, um ihr Gesicht genauer ansehen zu könne. Mit den Fingern strich er andächtig über die Wange, die Stirn, einfach jede freie Stelle. „Wie schön du geworden bist...“, flüsterte er, kämmte eine verirrte Strähne aus ihrem Gesicht. „Bitte weine nicht...“ „Warum nicht? Ein Vater verlässt sein Kind doch nicht einfach... wo warst du nur?“ Sie unterdrückte ein schniefen, auch wenn sie liebend gern in Tränen ausgebrochen wäre, nur um zu sehen wie er reagieren würde, ob er sie wie damals mit den hübschesten Worten getröstet hätte. „Verzeih mir doch bitte... auch wenn es das nicht wert ist. Aber ich musste fort, verstehst du?“ Seine Hände strichen durch das lange, schwarz gefärbte Haar. „Nein, ich verstehe das nicht... Aber ist auch egal. Hast du eigentlich ein Mal an Jay gedacht?“ Sie fühlte wie er zusammen zuckte, sein Gesichtsausdruck nahm etwas leidendes, trauriges an. „Natürlich habe ich an Jay gedacht... genau deswegen bin ich gegangen. Wegen meinem geliebten Jay...“ „Das verstehe ich nicht! Rede doch bitte so, dass ich weiß, worum es geht!“ „Ich werde es noch erklären... wenn nicht ich, dann wird es Rayne sein, die es euch erzählt.“ Er ließ seine Hände wieder sinken, bekümmert schaute er zur Seite. „Du wirst mitkommen!“, befahl sie laut, packte die eisige Hand, die eben noch so sanft war, und wollte ihn mit sich zerren, doch er blieb ungerührt stehen, sah sie nur schweigend an. „Los!!! Warum machst du das? Warum quälst du ihn so?“ Sie schluchzte, ließ ihn schließlich los. „Du bist gemein! Und ungehobelt!“ Der Blick, mit dem er sie musterte, brachte sie zum schweigen. Er machte den Eindruck als würde er jeden Moment anfangen zu weinen. Sie konnte sich nicht erinnern ihn je so stumm und verletzt gesehen zu haben. „Bitte... wenn du mich noch immer liebst, dann komm mit. Nur diesen Abend. Gib ihm die Chance, dir zu verzeihen. Er bringt sich noch um wegen dir.“ Er wandte den Kopf leicht zur Seite, musterte nachdenklich das alte, kleine Häuschen in dem er einmal gelebt hatte. Wenn er ehrlich war, vermisste er diese kahlen Mauern, mit dem Kamin, den er in die Wand geschlagen, der alte Mittelalterliche Tisch, den er angeschafft und mit schwarz bestrichenen Stühlen komplettiert hatte. Selbst von außen sah er die beiden großen Räumen, die ihm und Rayne für so lange Zeit als Wohnort gedient hatten. Rayne... wie er sie vermisste, wie er alle vermisste. Eleonore, die sicher enttäuscht über ihn war. Und Jay... er hasste ihn sicher. Was ihn auch nicht wunderte. „Bitte!“, riss Sarah ihn aus den Gedanken, worauf er den Blick wieder auf dieses hübsche Kind richtete. Ihre Tochter, wie sie selbst sagte. Ja, vor vielen Jahren, war sie einmal seine Tochter gewesen, aber jetzt? War sie eine Frau, die ihn nicht mehr brauchte, die jetzt sicher andere hatte, die auf sie acht gaben. Und trotzdem konnte er es nicht ertragen sie weinen zu sehen, sie anschauen zu müssen, während sie ihn mit diesen großen, tränenverschleierten Augen musterte. „Bis bald, meine Schönheit, mein Kind...“ Er wusste nicht, ob er sagen sollte, grüße Jay, sage ihm, dass ich ihn noch immer liebe. Aber letztendlich tat er es nicht, er drehte sich einfach um, verschwand in sekundenschnelle in der tiefen, schweren Dunkelheit der Nacht. Noch von weitem hörte er wie sie nach ihm schrie, wie sie weinte und irgendwann aufgab. Was war er nur für ein dummes Wesen, weder Mensch noch Vampir... Jetzt hatte er auch noch sein Kind verloren. Ihr Gesicht war gerötet vom Wind und den Tränen, welche sie vergossen hatte, nachdem sie bei der Villa angekommen war. Sie schluchzte immer noch unkontrolliert, wischte sich mit dem Handrücken über die schmerzenden Augen. Rayne riss sofort die Tür auf, zerrte das Mädchen in die Halle und schlug sie wieder hinter ihr zu. Jay war der erste, der sie schnell in den Arm nahm. „Oh Gott, es tut mir Leid...“, liebevoll strich er über das verschneite, dunkle Haar Sarahs, während sie sich an seine Brust drückte. Rayne und Len schwiegen, was ihr bewies dass sie es wussten. Sie konnten in ihren Gedanken, die so durcheinander waren, lesen was geschehen war. Sie brauchte eine Weile um sich zu beruhigen, doch schließlich atmete sie durch, trennte sich von dem Anderen und wischte ein letztes Mal über ihre feuchten Augen. Langsam hob sie den Kopf, schaute Jay durchdringend an. „Liebst du ihn immer noch? Lauf nicht weg, tu es nicht, sonst bist du nicht besser als er.“ Er nickte schwach, sah sie wehleidig an. Nickte erneut. „Dann vergib ihm, wie ich es tue. Dann wird er wiederkommen.“ Damit schmiegte sie sich an ihm vorbei, stieg die Treppe nach oben. Jay blieb unten stehen. Er fühlte sich plötzlich so schwach und allein, obwohl Rayne und Len noch immer bei ihm standen. „Sie hat Recht.“, das war das letzte, das er hörte, dann verschwanden die Beiden. Er schleppte sich gerade noch bis zu der großen Couch, welche in der Eingangshalle, weit hinten an der Wand stand, ließ sich auf diese fallen und schloss müde die Augen. Verzeihen? Er hatte ihm längst verziehen, er liebte ihn schließlich noch immer, verzehrte sich nach dem warmen, trostspendenden Körper, den er verehrte. Allein wenn er daran dachte, wie schön es klang, wenn der Andere immer in seiner Gentleman- Art mit ihm sprach. Wie er ihn umgarnt hatte, wie eifersüchtig er immer gewesen war, besonders bei Jonne. Der Jonne, den er nicht mehr oft sehen konnte, weil er sich zu Tode arbeitete. Er vermisste diese Zeit sosehr, als sie noch diese kleine, glückliche Familie gewesen waren. Salzige Tränen glitten über seine Wangen, er konnte sie auf der Lippe schmecken. Wo... wo bist du nur? Die strahlend helle Sonne weckte ihn, müde öffnete er die Augen, wurde geblendet und schloss sie gleich wieder. Er fühlte sich ausgelaugt, drehte sich träge auf die andere Seite und schloss erneut die Lider, um weiterzuschlafen. Es gelang ihm nicht. Seine Gedanken waren in sekundenschnelle von ihm befallen worden. Erinnerungen kamen hoch, wie er ihn kennen gelernt, ihn damals noch mit einem Besen zu erschlagen versucht hatte, später, wie er Sarah als Tochter bekommen hatte, wie er ihn umarmt und gestreichelt hatte... Warme Arme schlangen sich um ihn, drückten ihn liebevoll. Er seufzte leise auf, murmelte ein leises „Guten Morgen.“ „Guten Morgen, Vater.“, gab sie leise zurück, strich über die Arme des Älteren. Den Kopf drückte sie eng an seinen Nacken, schloss dabei die Augen. „Bitte, sei nicht mehr böse auf mich...“, bat sie leise, küsste den Hals Jays. Eigentlich mochte er es nicht, wenn sie ihn Vater nannte, doch er ging nicht darauf ein. Denn er war immer ihr Vater gewesen. „Bin ich nicht... wie kommst du darauf?“, fragte er ruhig. „Ich wollte alte Wunden nicht aufreißen. Obwohl sie noch längst nicht verheilt waren.“ Sie schwiegen, bis Sarah die Stille wieder brach. „Er sagt, er liebt dich. Und er hasst sich dafür, was er dir angetan hat. Bitte gib ihm keinen Grund, der den Hass rechtfertigen würde...“ „Warum wollte er mich nicht sehen? Oder hat er dich nur anfangs nicht erkannt?“ Wieder spürte er die Tränen aufwallen. Er verstand ihn nicht... aber... wollte er ihn überhaupt verstehen? Er wollte wissen, warum er gegangen war, aber wollte er das alles auch glauben? „Er hat Angst. Vor deinem Hass.“ Sie presste ihren Kopf eng an den Nacken des Anderen, drückte ihn an sich. „Sag ihm, dass ich ihn nicht hasse, wenn du ihn wieder siehst.“, flüsterte er, schloss dabei erneut die Augen, während er mit den Fingern sanft über die Hände des Mädchens glitt. „Ja, versprochen...“ Die Nacht war hereingebrochen, als er endlich wieder erwachte, die Arme, welche ihn so fest gehalten hatten waren verschwunden, hinter sich konnte er das prasseln und knacken des Feuers im Kamin hören. Langsam wandte er den Kopf nach hinten, betrachtete die junge Frau, die dort vor den Flammen saß und sie musterte. Die Haare waren hochgesteckt und nur ein paar Strähnen fielen über ihren Nacken und Rücken. Sie wandte sich nicht um, hatte wahrscheinlich nicht mal bemerkt, dass er wach war, sie starrte nur schweigend in den Kamin. Träge setzte er sich auf, sein Rücken schmerzte von der langen Nacht und dem Tag, den er hier verbracht hatte. Er war nicht zur Arbeit gegangen, fiel ihm dabei auf, aber einen Tag konnten die ja wohl ohne ihn... „Guten Abend.“ Ihre dunklen Augen glänzten ihn freundlich an, nachdem sie ihn bemerkte. „Schön geschlafen?“ Er nickte schwach, plötzlich kam ihm alles wie im Traum vor, das Gespräch an dem tag, das er wieder da war, das alles war für ihn auf einmal nichts weiter, als ein langer Traum, der ihn quälte. Denn wie schön wäre es, zu wissen, dass er wenigstens in der Stadt war, nach an ihn dachte und ihn sogar noch liebte. „Naja, mein Rücken schmerzt.“ Damit ging er zu ihr, hockte sich neben sie und starrte seinerseits ins Feuer. Es erinnerte ihn an den alten Kamin, in der kleinen Grabkammer, vor dem er einmal gesessen hatte, als die Vampire noch tief schliefen. Den Kopf bettete er wie damals auf die überkreuzten Arme, welche auf seinen angezogenen Knien lagen, und sah stumm die tanzenden Flammen an. „Du solltest zu dem Friedhof gehen.“, flüsterte Sarah, was ihn von dem Anblick vor sich losriss und ihn sie ansehen ließ, „Wenn du dir Mühe gibst Sehnsüchtig aufzutreten, wird er kommen. Ich glaube er lebt wieder in diesem Friedhof.“ Ihre dunklen Augen blickten zu ihm, sie lächelte sanft. „Okay.“ Er nickte schwach, bezweifelte, dass sie es überhaupt wahrnahm und sah wieder von ihr weg. Noch eine Weile hockten sie einfach da, bevor Sarah aufstand und ihn allein in der großen Halle sitzen ließ. Es dauerte bis er sich endlich erhob und langsam die Treppen nach oben stieg und in sein Zimmer verschwand. Träge wühlte er neue Klamotten für sich heraus, zog sich um und blieb vor dem hohen Wandspiegel erst wieder stehen. Müde Augen betrachteten ihn, das Gesicht blass und ungeschminkt. Sein Stil war die Jahre lang gleich geblieben, doch trotzdem legte er nur noch selten Make- up auf. Warum wusste er nicht, aber er ging ganz automatisch in sein eigenes Bad, stellte sich vor den Spiegel dieses Raums und strich mit dem Kajal dunkle Striche unter die Augen (oder eher über die Augenringe). Es war das erste Mal seit Jahren, das er über eine halbe Stunde für sein Styling brauchte, aber danach sah er genauso aus wie damals. Nur noch wenig an ihm, erinnerte daran, dass er ein erwachsener Mann war, und nicht ein Junge, der sich gerne schminkte. Selbst seine Haare waren momentan lediglich schwarz. Im selben Moment, in dem er sein Werk im Spiegel betrachtete entschied er sich sie wieder blond zu färben. Langsam tappte er wieder die Treppe nach unten, nahm den langen schwarzen Mantel vom Haken und wickelte sich in diesen ein. „Oh, du siehst toll aus.“ Sarah schlenderte auf ihn zu, ein freundliches Lächeln auf den hübschen Lippen. „Es freut mich, dass du gehst.“ Sie legte anmutig den Kopf schief. „Hm... vielleicht geh ich doch nicht. Wer weiß?“ Er lächelte, wandte sich dann ab. „Ich komme sicher nicht allzu spät wieder.“ Damit verließ er die Villa, stapfte hinaus durch den verschneiten Weg, zog dabei den warmen Stoff enger um sich. Wenigstens schneite oder regnete es momentan nicht. Es war nur verdammt kalt. Er fand den Friedhof ganz automatisch, ohne sich einmal zu verlaufen. Und das obwohl sich alles in der Zeit verändert hatte, die Straßen waren jetzt breiter und verzweigter, der Friedhof an sich machte einen alten, verlassenen Eindruck. Abgesehen von manchen auffallend gut gepflegte Gräbern, die mit hübschen blutroten Rosen und Grabkerzen verziert waren. Das war für ihn der Beweis, dass er tatsächlich wieder in London lebte. Wie lange konnte er nicht sagen, aber scheinbar hatte er es sich zur Aufgabe gemacht den Friedhof wieder auf Vordermann zu bringen und sich um alles das zu kümmern, dass von den Menschen vernachlässigt wurde. Wie Sarah es ihm geraten hatte, stopfte er sein Hirn mit allein schönen Erinnerungen voll, die er an ihn besaß, wünschte sich, dass er wiederkommen und ihm alles erklären würde. Angestrengt lief er über die steinigen und schneebedeckten Wege, bis zu dem kleinen Haus, in dem damals drei große, dunkle Särge standen. Es sah nicht allzu gepflegt wie der Rest aus, solange war er also doch noch nicht hier, sonst hätte er sicherlich auch das Haus ordentlich aufgeräumt. Zaghaft klopfte er, rüttelte dann an der Tür, nachdem kein Lebenszeichen von drinnen vernehmbar war. Eigentlich logisch, er musste ja jagen, da konnte er sich ja nicht in seinem kleinen, schmutzigen Häuschen verkriechen. „Alexej?“, rief er in die Dunkelheit, als er sich umdrehte, schaute sich dabei suchend um. Nichts. Nicht einmal ein Tier schlüpfte aus einem Gebüsch und huschte über den Weg. „Alexej... bitte... ich weiß das du da bist!“ Er ging ein Stück voraus, drehte sich um die eigene Achse, und schrie nochmals den Namen des Vermissten. „Sei nicht so feige! Mach es nicht schlimmer als es ist!!“ Schließlich ließ er sich gegen die Hauswand sinken, rutschte an dieser herunter und blieb in dem Schnee sitzen, auch wenn seine Hose und der Mantel in sekundenschnelle durchweicht waren. Fast hätte er geheult, wenn er das nicht so kindisch finden würde. Er zuckte zusammen, als eine sanfte, aber eiskalte Hand über seine Wange strich. Als er nach oben schaute, blickte er direkt in das Gesicht eines alten Bekannten. Der sagte nichts, schweigend betastete er die Wangen des Mannes, der da im Schnee hockte, fuhr mit den Händen durch das dichte, schwarze Haar. Und er hätte schwören können, dass der Ältere weinte. Er wusste es spätestens nachdem kalte Tropfen auf sein Gesicht fielen. Sofort griff er nach diesen Händen, zerrte den Vampir zu sich runter und schloss ihn in die Arme. „Wie konntest du nur weggehen??“ Er wusste nicht mehr genau, wann er eigentlich angefangen hatte zu weinen. Aber er tat es, froh diese Finger in seinem Rücken zu spüren, die ihn ebenfalls festhielten, und gegen den anderen Körper pressten. „Warum sagst du nichts?“, flüsterte er irgendwann, drehte den Kopf von der Brust weg und schaute nach oben. „Es tut mir Leid...“, gab der leise zurück. Diese vertraute warme Stimme... Jay drückte sich wieder eng an den Anderen, strich durch das immer noch so lange pechschwarze Haar, welches sich offen über Rücken und Schultern wand. Wie er ihn vermisst hatte, diese 200 Jahre alte Schönheit, die ihn damals mal so umgarnt, ihm die Liebe geschworen hatte. Mit einer schnellen Bewegung öffnete Alexej die Tür die ins innere des kleinen Hauses führte, zog den Jüngeren mit sich hinein, warf sie wieder ins Schloss. Er führte Jay zu einer großen, aber alten Couch setzte ihn auf diese und ging zur Seite, zu dem Kamin, um die Scheite in diesem anzuzünden. Dann schritt er wieder zu dem Sofa, kniete sich vor dieses und strich ehrerbietig über die Beine des Menschen. Er beküsste die Hände, die langsam zu ihm rutschten. „Wo warst du?“, fragte er erneut, um einiges gefasster als vorher. „Ich war weit weg von hier...“, flüsterte der, strich zart über die weiche Haut. „Aber warum??“ Er wurde lauter, schaute den Älteren verletzt an. „Was hat dich daran gehindert dich elf Jahre lang nicht zu melden? Was hat dich daran gehindert einmal anzurufen und zu sagen, dass alles in Ordnung ist.“ Jay schniefte, wischte sich mit den Handrücken über die Augen, bevor Alexej es tun konnte. Der stand nur bekümmert da, die Hände an den Mantel des Mannes geklammert, als würde er jeden Moment einfach umfallen. „Ich...“ „Beweis mir dass ich keinen Grund habe dich zu hassen.“, flüsterte er ruhig, drängte sich gegen den kalten und doch angenehmen Körper, schloss die Augen, „Sag es doch einfach...“ „Ich musste weg von euch... ich hatte mich geirrt was manche Dinge betrifft und plötzlich musste ich fliehen um euch zu schützen...“, gab er stockend zurück. „Ich will es glauben können.“ „Mein Bruder, er lebte noch. Er war nicht im Wahn gestorben, wie ich gedacht hatte, und jetzt weiß ich auch wo er plötzlich gewesen war. Man hatte ihn nicht in eine Anstalt gebracht, lange bevor das geschehen war, war er verschleppt worden. Damit die Männer, die ihn überführt hatten keinen Ärger - und glaub mir, sie wären nicht glimpflich davon gekommen - bekommen hätten sagten sie er hätte sich selbst getötet. Ich glaubte ihnen, wie jeder, der ihn in dieser schlimmen Zeit gesehen hatte. Doch das stimmte nicht, er wurde zu einem Vampir gemacht. Scheinbar wurde er ein Waise, noch bevor er alles wichtige lernen konnte, sonst hätte er mich definitiv schneller gefunden. Und doch kam er zum richtigen Zeitpunkt, denn gerade vor elf Jahren war ich zum ersten Mal seit Jahrhunderten wieder verletzbar. Denn egal wie schwach der Vampir ist, er kann einen Menschen töten. Und ich hatte dich und Sarah, also gleich zwei Wunde Punkte. Doch an der kleinen schien er sich nicht vergreifen zu wollen, wahrscheinlich weil er sich vor etwas fürchtete... Aber da ist nebensächlich. Wichtiger war, dass du da warst. Ein leichtes, gefahrloses Opfer für ihn. Ich erkannte es vielleicht gerade rechtzeitig und verschwand aus London. Ich blieb nirgends sonderlich lang, denn ich fühlte tatsächlich seine Energie, die mir unerbittlich folgte. Ich denke er hasste mich, weil er mir die Schuld an seinem Zustand gibt. Und obwohl ich für ihn nichts familiäres empfinde wollte ich ihn nicht töten... oder ich konnte es nicht.“ Er stoppte, nur um zu sehen, ob Jay ihm wenigstens glaubte. Dieser nickte langsam, schaute in die dunklen Augen des Anderen. „Doch ich musste feststellen, dass er gar nicht mein wahres Problem war. Bald schon merkte ich, dass mich nicht mehr nur er verfolgte, sondern auch dessen Meister. Die ganzen Jahre darauf verbrachte ich weit weg von euch, größtenteils in Asien.“ „Was ist jetzt mit ihnen?“, fragte Jay leise. „Sie sind tot. Beide.“ Er senkte den Kopf, an die Schulter des Kleineren. „Ich habe sie irgendwann getötet...“ Der Andere legte den Kopf leicht zur Seite. „Warum klingst du so traurig? Du hattest keine Wahl.“ „Ich habe meinen Bruder getötet... Er war kein fremder Vampir, der mir mein Gebiet streitig machen wollte, er war mein nächster Verwandter... mein Bruder...“ Er seufzte. Ja, er hatte ihn gehasst. Und trotzdem hatte er nicht töten wollen. „Wenn er dich so hasste, warum hat er nicht einfach mich getötet? Oder Rayne?“ „Ich denke er wusste gar nicht, dass Rayne und Eleonore hier leben. Er hat seine ganze Kraft daran verschwendet mich immer wieder aufzuspüren.“ „Seit wann...“ „Vor einem Jahr war es... vor einem Jahr tötete ich meinen Bruder und seinen Meister. Der allerdings hat mich damals schwer verletzt..., vor vier Monaten hatte ich es wenigstens zurück hierher geschafft und seit ein paar Wochen bin ich vollständig genesen.“ „Und hast dich Sarah gezeigt, damit sie wenigstens weiß, dass du lebst.“ Alexej lachte kurz und ohne Gefühl. „Nein, eigentlich wollte ich gar nicht mehr auftauchen, wie feige das auch klingen mag. Ich wollte aber wenigstens eure Aura spüren, so nah bei mir.“ Jay schmiegte sich an den Anderen, dieser strich stumpf über dessen Arm. „Bleibst du jetzt da?“, flüsterte der Jüngere in einem ruhigen Ton, „Alex... Lex. Ich liebe dich. Du darfst mich nicht mehr verlassen. Nie mehr. Schau mich an, ich habe nicht mehr diese Gestalt von damals. Ich bin erwachsen geworden... und du warst nicht dabei. Du hast nicht gesehen wie ich die Uni abgeschlossen habe, du hast nicht gesehen wie ich mich an gering bezahlten Jobs fast totgearbeitet habe. Du warst einfach nicht da... Du hast sogar Sarah allein gelassen...“ Er schluchzte kaum hörbar, für einen Vampir aber nur zu deutlich. „Du darfst jetzt nicht mehr gehen... Ich-“ Sein Mund öffnete sich, während er tief einatmete. Spitze Zähne bohrten sich in den Hals des Mannes, ein Gefühl folgte, als würde ihm die Lebensenergie ausgesaugt werden. Aber es war nicht schlecht. Vielleicht war es die Liebe, die ihn so fühlen ließ. Er drängte sich näher an diese Zähne, die sich wortwörtlich in ihn verbissen, ihm alles Blut heraussaugten, bis er seufzend und schlaff an dem Körper hinab zurutschen drohte. Der Vampir hielt ihn eng umklammert, zog sich aus ihm zurück. Er atmete deutlich schwerer, als es ein Vampir tat, schmiegte den Kopf an die blutende Halsbeuge, leckte alles säuberlich auf. „Warum...?“ „Ich möchte das du mein Gefährte wirst... ich möchte das wir gemeinsam in die Ewigkeit gehen...“ Er beküsste die wunde Stelle, streichelte sanft mit den Händen über den Rücken des Jüngeren. „Ich habe schon zu lange gewartet...“ Die Antwort war ein einfaches Ja. Trotzdem rührte sich keiner der Beiden. Sie blieben still auf dem Boden sitzen, der Größere wiegte ihn sanft in den Armen, während dieser langsam eindöste. „Wo bleibt er nur?“ Nervös lief Sarah in dem riesigen Wohnzimmer herum, von Rayne zu Len, zum Fenster, und noch zu anderen verschiedenen Stellen. „Wo ist er denn nur... vielleicht hatte er einen Unfall...“ Rayne schaute viel sagend zu Eleonore, die nur schwach nickte. „Prinzeschen, beruhige dich. Sie kommen gleich.“, murmelte die Ältere schließlich, lehnte sich in ihren Sessel zurück und hob das Kinn, um den Hinterkopf auf die Lehne platzieren zu können. Sie seufzte, als das Getrappel von Sarahs Füßen einfach nicht abbrach. „Setz dich endlich hin, ma Dear.“, fügte sie rau hinzu. „Aber!“, widersprach sie hastig, lief zu dem Sessel und kniete sich hin, nur um mit den Fingern immer wieder über die Stütze zu kratzen, bis Rayne sie festhielt. „Sie kommen gleich, glaub mir doch, Prinzessin.“ „Ach, jetzt hör doch mit deinem Prinzessin Gerede auf!“ Sie fuhr sich mit der Hand durch das lange, dunkle Haar, strich es zurück, worauf es wieder geschmeidig in ihr Gesicht fiel. „Aber du bist unsere Prinzessin. Du weißt es nur noch nicht...“ Rayne lachte und sogar Len musste plötzlich Lächeln. „Hä?“, kam es von ihr. Sie legte den Kopf schief. „Wirst du schon noch sehen.“ Beide kicherten, ließen die Frau mit ihren Gedanken allein stehen. „Oh, sie kommen.“ Kurz darauf öffnete sich die Doppeltür, Jay schritt gemächlich in das Zimmer, gefolgt von einem geduckt laufenden Vampir, der sich nicht einmal traute den Blick zu heben. „Ach, weilst du auch wieder unter uns?“, fragte Rayne in einem demonstrativ gleichgültigen Ton, den der Andere weitestgehend ignorierte. Er hob nur den Kopf und blickt sie unterwürfig an. Sarah stand nur da, starrte diesen Vampir an, der vorher so stolz gewesen war. Noch dazu machte er nicht gerade den Eindruck eines gut genährten Vampirs. „Lass ihn.“ Jay stolzierte weiter, griff irgendwann nah der kalten Hand des Hinteren und zog ihn zu dem hohen Kamin. Nur die Jüngste von ihnen bemerkte nicht die zwei kleinen roten Punkte an seinem Hals. „Was war denn jetzt?“ Rayne folgte ihnen neugierig, sauer war sie längst nicht mehr. Eleonore schritt ihr gemächlich hinterher. „Nichts.“ Das erste Wort des geschlagenen Vampirs, und nicht mal ein sonderlich überzeugendes. Kurz bevor er es Jay nachmachen konnte, und sich setzte wurde er am Arm gepackt und wieder hochgezogen. „Wir gehen jetzt jagen. Kein Aber.“ Damit zerrte Rayne ihn von dem murrenden Anderen weg, Len lachte kurz, blieb aber beim Kamin stehen und blickte ihnen nur nach. „Jetzt machen wir aus dir erst mal wieder den Vampir, der du bis vor Elf Jahren warst!“ Er konnte darauf nichts erwidern, war viel zu konzentriert darauf, Jay einen entschuldigen Blick zuzuwerfen. „Bald hast du ihn wieder.“ Elegant ließ sich die Vampirin neben den Mann auf die Couch sinken, überschlug dann die Beine. „Warum seid ihr nicht sauer auf ihn?“, fragte er leise, starrte sie dabei mit hochgezogener Braue an. „Ach, wir wissen schon seit du hier bist wo er war. Du verschließt deinen Geist einfach nicht bei so etwas emotionalem, Vampire können dann in deinen Gedanken lesen.“ Sie lächelte freundlich. „Deshalb sind wir nicht böse. Er wollte nur seine Gefährten schützen. Trotzdem war es dumm einfach wegzulaufen. Er ist eben treudumm.“ „Oh...“, kam es leise von Sarah, die nur fragend hin und her schaute. „Ja, von dir wussten wir es auch schon. Zwar nicht was passiert ist, aber das er traurig war.“ Eleonore lächelte. Jetzt muss er nur wieder aufgepeppt werden.“ „Ich freu mich schon, Dad wieder zu haben!“ Kichernd lehnte sich Sarah an den Anderen, der nur schweigend ins Feuer starrte. Er wollte ihn jetzt sofort wieder für sich haben. „Und du hast deinen Mann wieder.“ Wie konnte Rayne nur? Gerade jetzt, wo er sein Gefährte werden sollte... Sein richtiger Gefährte, nicht nur sein menschlicher Freund. „Habe Geduld.“, war das letzte, dass Len zu ihm sagte. 20. Oktober 2019 Jay war ungeduldig. Seit Alexej wieder unter ihnen weilte hatte Rayne diesen für sich beschlagnahmt. Egal wie lange er wach blieb, nie schaffte er es seinen Liebsten wieder zutreffen, nur ein paar Mal erwachte er, weil Rayne laut über etwas lachte. Doch da waren die Beiden auch schon wieder verschwunden und nicht mehr auffindbar. Nebenbei bemerkt war Jay eifersüchtig. Er zuckte zusammen als überraschen eine kalte Hand über seine Wange glitt. „Idiot.“, knurrte Jay missbilligend, drehte den Kopf zur Seite. „Es tut mir Leid.“, sagte der Vampir mit seiner zurück gewonnenen tiefen und erhabenen Stimme. So wie früher. Elegant glitt er neben den Anderen auf die Couch. „Was denn?“ Jay verschränkte die Arme. „Das ich wieder so lange von dir getrennt war.“ Der Jüngere spürte den kalten Atem auf seinem Hals, die spitzen Zähne, die wie zufällig über ihn streiften. „Ich finde es ist Zeit...“, flüsterte er, küsste liebevoll die Stelle, die er erwählt hatte. „Für was?“ Seine Arme öffneten sich wieder, die Hand tastete nach dem Bein des Anderen, krallte sich in den Stoff der schwarzen Baumwollhose. „Mein Blut ist wieder stark... Sei bitte mein.“ Er wartete kurz, auf den geringsten Funken des Bejahens, dann bohrte er sie in das weiße Fleisch. Die Finger krallten sich stärker in das Bein, er keuchte leise, als er das sanfte Ziehen an seiner Schlagader fühlte. Sein Körper drückte sich enger an den des Vampirs, während der das Blut aus dem fremden Körper saugte. Um Jay wurde es dunkel, er bemerkte gar nicht, wie er langsam die Augen schloss, sich dem Anderen entgegendrückte, den Hals enger an diese sanften Zähne presste, die ihm dieses neue Gefühl von Eindringen gaben. Ein anderes Gefühl von Lust. Gequält keuchte er auf, als das Gefühl abrupt stoppte und nur Schmerz zurückblieb. Die kalte Hand strich tröstend über seine Wange. „Willst du ein Mensch bleiben?“, wollte Alexej leise wissen, streifte mit den Lippen über das Ohr des Anderen. „Kommt... ein bisschen spät die Frage... Ja...“ Etwas feuchtes presste sich an seinen geöffneten Mund, er musste nicht wirklich nachdenken, biss einfach aus einem plötzlich erwachten Instinkt in das ihm dargebotene Fleisch, tat was der Vampir gerade noch mit ihm getan hatte. Neben sich hörte er ein unterdrücktes Keuchen, das Handgelenk an seinem Mund zuckte. Seine Finger wechselten den Standort, er krallte sie in den angebotenen Arm, hielt ihn fest, um dieses Gefühl nicht gleich wieder zu verlieren. „Stopp...“ Der Arm zuckte zum ersten Mal stark, der Vampir wollte ihn wegreißen, schaffte es aber erst, nachdem er etwas locker gelassen hatte. „Du bist aber gierig...“ Alexej lachte leise, schmiegte sich gleich wieder an den anderen Körper. Schlang seine Arme um ihn, hielt ihn fest, als dieser anfing gequält zu stöhnen und immer wieder wie unter Schlägen zusammenzuckte. „Alles in Ordnung? Fürchte dich nicht, das passiert uns allen.“ Kurz darauf herrschte Stille. Nur ein leises Atmen war zu hören, nach und nach folgte ein zweites. „Es ist so hell.“, stellte Jay fest, als er die Augen wieder geöffnet hatte und sich in dem dunklen Zimmer umschaute. Er drehte den Kopf und blickte seinen Freund an. „Und du bist nicht mehr so... unheimlich schön.“ „Harte Worte.“ Der Ältere lachte leise. „Aber ein wenig hübsch bin ich doch noch?“ „Doch, schon. Nur nicht mehr so... wie damals.“ „Dann ist ja gut.“ „Ist das normal?“ Jay schmiegte sich enger an den Anderen, strich über dessen freiliegende Haut, testete deren Temperatur. Sie war nicht mehr so kalt, wie er es gewohnt war. „Natürlich.“ „Dann sind wir jetzt Gefährten?“ „Hm. Liebende gefällt mir besser.“ „Ich mag mir die Stadt ansehen.“ Damit rutschte Jay aus der Umarmung, lief ein paar Mal im Zimmer umher, betrachtete jedes Bild, jedes Möbelstück mit diesen neuen Augen, die alles sofort entdeckten, was auch immer er gerade suchen wollte. Alexej blieb liegen, schaute dem Anderen traurig nach, wie dieser schließlich ans Fenster ging und den Regen betrachtete, der gegen die Scheibe schlug. „Darf ich?“, wollte er wissen. „Ja.“ Schon war er vor gelaufen, raus aus dem Zimmer, in den Gang. Er konnte nicht mehr hören, wie der Andere die Treppen hinunter hastete. Schweigend blieb er liegen, seufzte leise. Jetzt erst wurde ihm richtig bewusst, dass er ihn verlieren würde. Es lag eben in der Natur des Vampirs, irgendwann der Gesellschaft anderer Leid zu sein. Besonders, was die Gesellschaft des Erschaffers anging. So wie er vor über 250 Jahren von seinem Herrn verlassen wurde. An Raune hielt ihn nur die Einsamkeit, vor der er sich fürchtete. Bald würde es wieder so sein wie vor Hundert Jahren. Denn auch Len würde jetzt, wo er wieder da war gehen. Vielleicht würde sogar Rayne jetzt weggehen. Um zu Vlad zu ziehen und bei ihm zu bleiben. Wo er gerade bei Vlad war, warum lebte Mina noch immer bei ihm? Schließlich war sie seine Geliebte. Seufzend schloss er die Augen. Wie dumm er doch war... Erst das aufklappen der Tür ließ ihn sich aufsetzen. Vor ihm stand plötzlich Jay, Die Hände in die Seiten gestützt und mit einem ungeduldigen Blick. „Willst du nicht mit?“, fragte er dann mit schmollendem Unterton, „Wehe du versinkst jetzt in Depressionen.“ Er legte sich auf den Anderen, der ihn die ganze Zeit nur stumm musterte. „Ich liebe dich. Also lass mich nicht allein, ja?“ Er gab ihm einen sanften Kuss. „Beweg dich, alter Mann!“ „Hetz nicht so..., wie du sagtest bin ich nicht mehr der Jüngste.“ Damit packte er den Anderen knapp unter dem Hintern, stand auf und hob ihn hoch. „Nun denn, jetzt zeigen wir dir mal die Stadt der Vampire.“ Alexej trug ihn lächelnd durch das Zimmer, wieder zurück auf den Flur. „Stadt der Vampire?“ Fragend schaute er den Anderen an. „Naja, nicht wirklich. Aber ich zeige dir wie wir Vampire die Stadt sehen.“ „Okay~.“ „Prinzessin!“ Höflich klopfte Alexej an die Tür des Zimmers von Sarah. Von ihr kam nur ein leises Murren, dann schlurfte sie zur Tür und öffnete. Überrascht musterte sie den Vampir, der sich ordentlich herausgeputzt hatte und in feinster schwarzer Seide vor ihr stand. Sie trug hingegen nur ein schwarzrot gestreiftes langes Nachthemd. „Ihr müsst euch umziehen.“, bemerkte er, schob sie in ihr Zimmer zurück und holte ein langes, reichverziertes Kleid hinter dem Rücken hervor. Er legte es vorsichtig auf das Bett. „Spinnst du? Was soll das eigentlich?“ „Ihr seid die Prinzessin.“ Alexej lief aufgeregt in dem Raum umher. „Was ist denn los?“ Grob packte sie seinen Arm, zerrte ihn ein Stück zurück und starrte ihn warnend an. „Er ist da!“ Und schon hatte er sich losgerissen, tief verbeugt und war dann aus dem Zimmer gewuselt. Sarah stand irritiert da, fuhr sich durch das dunkle, lange Haar. Langsam ging sie zu dem Kleid, das ihr soeben gebracht worden war und betrachtete es. Es war eines der teuren, schönen Vampirkleider, welche Len immer trug. Irgendwie glaubte sie, dass er sich nur geirrt hatte, so aufgeregt wie er herumgelaufen war, aber wenn sie es einmal anzog störte es doch niemanden oder? Und überhaupt war es dann seine Schuld, nicht ihre. Sie zuckte mit den Schultern, schlüpfte aus dem langen Nachthemd und versuchte allein das Kleid anzuziehen, was sich dank des Korsage aber als schwieriger herausstellte als angenommen. „Soll ich dir helfen, Prinzeschen?“ „Kannst du nicht anklopfen??“, murrte sie, drehte sich zu Rayne, die unbeeindruckt auf sie zukam. „Reg dich nicht auf.“, gab diese zurück, stellte sich hinter die Andere und verschloss mit geübten Fingern das Korsage, „Aber schminken kannst du dich selbst, oder?“ Mehr als verwirrt schaute sie wieder zu der Vampirin, die gerade die Hände auf dem Rücken verschränkte. Raynes Blick war so anders, als die Tage, Jahre zuvor. Er besaß einen Hauch Unterwürfigkeit. „Komm einfach runter wenn du fertig bist.“ Damit wandte sie sich um, verließ das Zimmer ebenso leise, wie sie es betreten hatte. Die noch immer verwirrte Sarah brauchte eine Weile bis sie sich fertig gemacht hatte, auch wenn sie keine Ahnung hatte, was das alles sollte. Denn plötzlich schienen alle ziemlich komisch drauf zu sein. Na solang das nicht schlimmer wurde... Auf der Treppe kam ihr ein nicht sehr glücklich aussehender Jay entgegen. Um genau zu sein schmollte er. „Was denn?“, fragte sie höflich, bekam aber nur ein grollen zur Antwort. Jay war seit er Vampir war blasser geworden, die Haare voller und er strahlte beinahe. Irgendwie war es ein großer Unterschied zu dem Mensch von damals. Seine ganzen Jobs hatte er auch von einen auf den anderen Tag einfach über Bord geworfen. „Ich sollte dich holen.“, sagte er schließlich, starrte dabei schlechtgelaunt an ihr vorbei. „Okay...“ Nur zögernd folgte sie ihm, als er schwungvoll kehrt machte, und die Treppe wieder nach unten ging. Kaum dass sie unten angekommen waren schnaubte Jay verächtlich, jetzt konnte Sarah wenigstens sehen warum. Hinten, neben dem Kamin stand ein großer, hagerer Mann, für sie unbekannt, bei diesem war auch Alexej, der den Kopf zu Boden gerichtete hatte und selig vor sich hin lächelte. Kein Wunder das Jay eifersüchtig war... „Ah, Liebes.“, wurde sie von dem Fremden begrüßt, der auf sie zuschritt und die Arme ausbreitete. Sarah sah ihn lange an, und erst als er sie in den Arm nahm erinnerte sie sich, an dieses warme und doch kalte Gefühl, dass sie das letzte Mal in der Art gespürt hatte, als sie noch ein kleines Mädchen war. „Großvater...“, murmelte sie, worauf der nur lachte. „Es wird Zeit, dass du mit uns kommst.“ Sie wurde festgehalten. Kein Geräusch war mehr zu hören. Und ganz allmählich wurde ihr bewusst, wohin sie jetzt gehen würde. »Princess Vampire – End« >Fin définitive< Postface Das war der letzte Teil meiner Vampirfanfic. ^^ Mit einem offenem Schluss, der Anfangs gar nicht offen bleiben sollte... Egal, der gefällt mir besser xD Ich hoffe es kam gut rüber, wer dieser gewisse Herr am Schluss war. Es sollte auch euch überlassen werden, was aus Alexej und Jay wird, nachdem der junge Herr ein Vampir geworden ist. Ist also euch überlassen, ob es ein Happy oder Unhappy End gibt... Zugegeben ich habe eher den Hang zu schlechten Enden, aber dann hätte ich Ärger gekriegt, wenn ich das geschrieben hätte, das ich eigentlich wollte xD Ich denke Mal, das wäre ohnehin nicht so gut angekommen. Deswegen bleibt’s auch so wie es jetzt ist. ^-^ Im Nachhinein mag ich dieses sogar lieber. Oh, wie ja sicherlich auffiel, war das dritte Kapitel an einer bestimmten Stelle geschnitten... Nun ja, momentan ist dieser Teil noch nicht ausgeschrieben worden, aber wenn ihr lieb fragt xD. Mir persönlich ist dieser Teil nicht so wichtig... Es kam in diesem Kapitel ohnehin größtenteils auf Jays Vergangenheit und der Einführung für das vierte Kapitel an. Übrigens konnten beide sich nur so gut mit Kira unterhalten, weil der die ganze Zeit English gesprochen hat (er wurde zweisprachig erzogen ^^). Ich danke allen Lesern und meiner durch die FF gefundenen Betaleserin! Thanx für Mühe!!! Ich hoffe mal sehr man konnte es lesen xD Schaut auch mal bei meinen anderen FFs rein v.v *Werbung mach* Noch mal danke und Au revoir~ Kyo PS : Nach einer Weile sollte das letzte Chap eine Songfic werden, was ich dann aber doch gelassen hab... Ich hatte die Story nämlich schon ziemlich fertig (12 Word Seiten ^^°), als mir auffiel wie gut `Kalte Spuren` von Schandmaul dazu passt... Jedenfalls zu dem Anfang der Story. Deswegen, wenn ihr die Chance habt, hört euch das Lied mal an! ^^ >Morgendämmerung vertreibt die Nacht, Glocken schlagen Vögel singen Aus Bösen Träumen ich erwacht Lieg ich nur da und warte Eben noch lachst du mich an, strahlst noch wie das hellste Licht Plötzlich Dunkelheit und Kälte Der Schmerz zerfrisst mich innerlich Wann sich deine Augen von den meinen abgewandt? Wie konntest du vergessen was uns so gut verband? Wohin ist sie verschwunden, die Liebe, die ewig wärt? In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren Habe dich verloren In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren Habe dich verloren Langsam erheb ich mich Versuche nicht an dich zu denken, mich mit der Arbeit abzulenken Doch ich seh immer nur dich Ich finde einen Brief von dir, du schriebst ihn mir vor vielen Jahren Bilder der Erinnerung Mich kann nicht davor bewahr’n Wann sich deine Augen von den meinen abgewandt? Wie konntest du vergessen was uns so gut verband? Wohin ist sie verschwunden, die Liebe, die ewig wärt? In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren Habe dich verloren In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren Habe dich verloren Schon wieder wird es dunkel Der Mond scheint bleiches Licht Ich hör deine Stimme, ich spür wie was zerbricht Morgendämmerung vertreibt die Nacht, Glocken schlagen Vögel singen Zarte Knospen blühen auf, die Dunkelheit wird Licht In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren Habe dich verloren In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren Habe dich verloren In der kalten Asche suche ich nach deinen Spuren Habe dich verloren< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)