26th of December von Polarstern (Harry/Draco) ================================================================================ Kapitel 1: Part one ------------------- Authress: Polarstern Fandom: Harry Potter Main-Characters: Harry/Draco Genre: Romanze, (Drama?) – Seelenanalyse des Draco Malfoy *gg* Part: 1/2 Warnings: Kleine Spoilerwarnung für die „Deathly Hallows“- die FF spielt nach dem 7. Buch und für alle, die es nicht mögen: Shounen Ai (Slash) Rating: 12 Slash (Leider muss ich die hartgesottenen Yaoi Fans hier enttäuschen – es ist für alle Augen lesbar) Disclaimer: Alles gehört JKR, mir nur die Idee und Umsetzung ^^ (Bis auf die hinzuerfundenen Nebencharaktere, aber auf die lege ich keinen Wert *höhö*) Und leider verdiene ich kein Geld hier mit… Aber vielleicht eröffnet ja doch irgendwer mal ein freiwilliges Spendenkonto für mich :) Dedicated to: Für Yuugi-Mutou nachträglich zum 21. Geburtstag ^-^ *knuddel* Und du warst die Erste, mit der ich mich nachm Lesen des Finales ausgetauscht habe ^^ Comment: Ich beziehe mich auf die komplette Bücherreihe, alles hat so stattgefunden, ich mache fast nichts ungeschehen…(Außer den Epilog. ^^ Obwohl ich wohl eine der Wenigen bin, die den mag!! Ich akzeptiere das Ende wie es ist… nur ich mag nicht über 37-Jährige schreiben *fg*) Und bis auf eine einzige kleine Tatsache, auf welcher ich diese FF aufbaue: Draco beherrscht hier keine Okklumentik! Er hat zwar vieles von Bellatrix gelernt, aber das nicht! (Und ich beziehe mich auf die Szenen, wie sie im Buch stehen, nicht, wie sie verfilmt wurden!) Die Story spielt nach dem Sieg über Voldemort. (Vor dem Epilog!) Da die Schule in diesem Jahr von Todessern infiltriert wurde und kein seriöser Unterrichtsstoff vermittelt wurde, sind Schulleitung und Ministerium einstimmig zu dem Entschluss gekommen, alle Jahrgänge das entsprechende Jahr wiederholen zu lassen – vor allem, damit die Fünft- und Siebtklässler eine faire Chance auf ihre ZAG, bzw. UTZ-Abschlüsse bekommen. Letzte Bemerkung: Lasst euch nicht zu stark von den zerrupften Geschehnissen hier verwirren oder verschrecken. Ich habe bewusst die für den Durchblick wichtigen Informationen ein wenig verstreut und zerrupft, um es interessanter zu gestalten. Ich nenne es hier mal stilistisches Mittel ^^ Es wird im Verlauf der Story übersichtlicher! Bei Salazar, genug gequatscht! 26 th of December „Wonderland, wonderland, shining stars, jingle bells. This time is filled with magic. Wonderland, wonderland, shining stars, jingle bells. The holy night is coming. Wonderland, wonderland, shining stars, jingle bells. This time is filled with magic. Wonderland, wonderland, shining stars, jingle bells! All over the world...” Kinderwangen glühten rot vor Eifer und Kälte. Ein kleiner Chor etwa fünf bis zehnjähriger Jungen und Mädchen stand dicht zusammengedrängt vor einem Süßigkeitenladen – welchen Harry als den Honigtopf in Hogsmeade erkannte – und sangen sich freudig die Stimmbänder heiser. Vor ihnen stand eine junge Frau mit schulterlangen blonden Haaren und Brille, welche die kleine Gruppe mit ihrem Zauberstab dirigierte und sich an den leuchtenden Augen erfreute. „Hi! Kann ich bei euch mitmachen?!“ Erst jetzt fiel ihm die kleine Gestalt auf, welche schon die ganze Zeit schräg links von ihm in einiger Entfernung gestanden und den Chor verträumt beobachtet hatte. Das Kind war nach vorne getreten und stand nun unmittelbar vor der Gruppe Sänger, wobei sein Alter wohl im etwa dem der jüngsten Teilnehmern entsprach. Harry erschrak beim Anblick des Jungen. Er war in eine dunkelgraue, elegant wirkende Winterrobe gehüllt. Beinahe eine schon zu teuer wirkende für einen etwa Vierjährigen, von dem jeder erwartete, er würde sich früher oder später mit seinen Freunden raufen und im Dreck wälzen. Auch die Tatsache, dass es seit Tagen nicht aufhörte zu schneien und alles mit einem weißen Teppich bedeckt war, hielt Kinder normalerweise nicht davon ab, weit und breit das einzige Schmutzloch zu finden. Überrascht und gespannt, was wohl weiter passieren würde, zog sich der unbeteiligte Zuschauer seinen goldroten Schal enger. Das Aussehen des Jungen lies absolut keinen Zweifel zu, um wen es sich handeln musste. Die helle Hautfarbe machte beinahe dem Schnee Konkurrenz und die blassgrauen, großen Augen strahlten eine eindeutige Sehnsucht und Friedlichkeit aus, die Harry heutzutage deutlich vermisste. Warum hatte er sich nicht wenigstens ein Stück davon beibehalten können? Nur ein Winziges… Dann wäre sein eigenes Leben vielleicht an einigen Stellen wesentlich angenehmer. „Klar kannst du mitmachen! Oder, Miss Miller?“ Lächelte direkt ein Mädchen aus der vordersten Reihe – dem Abschnitt, in dem seine Altersgenossen standen. „Ja? Bitte? Mein Gesangslehrer sagt immer, ich wäre sehr begabt!“ Offenbar wusste die angesprochene Person sehr gut, wer da soeben unter ihre Schüler getreten war, denn sie seufzte bloß und schenkte dem Neuankömmling einen abschätzenden Blick. Kein Wunder, seine wirklich langen und zu einem Zopf zusammengebundenen weißblonden Haare sprachen Bände – jedem Erwachsenem war klar, zu welcher Familie er unweigerlich gehörte. Heilige Scheiße, was hatten seine Eltern einst mit Malfoys Haaren angestellt?! Die reichten dem ja bis zum Ellenbogen! Und seine zierliche, lange Gestalt im Kinderkörper ließen ihn tatsächlich schwer von einem Mädchen differenzieren. Na zum Glück hatte die Pubertät wenigstens diesen Fakt ein wenig wieder ins richtige Licht gerückt, dachte Harry. Und die nun viel kürzeren Haare taten ihr Übriges. „Nun ja gut. Solange du Zeit hast, kannst du dich zu uns stellen. Kennst du denn überhaupt den Text, …ähm…. Verrätst du mir auch noch deinen Vornamen?“ „Draco! Ich heiße Draco! Aber das Lied kenne ich leider nicht…. Aber es klingt wirklich schön!“ Sein Gesicht strahlte – er schien Feuer und Flamme. Dass er zu so etwas überhaupt fähig war? Irritiert runzelte Harry die Stirn. Dann beschloss er, zwei Schritte näher an die Gruppe heranzutreten. Der Gedanke, Malfoy nun singen zu sehen, reizte ihn und beim Gedanken daran, dass es dazu noch ein kitschiges Weihnachtslied war, zauberte ihm ein überdimensional böses Grinsen auf Lippen und Wangen. Die Dirigentin nickte nur lächelnd. „Okay, Draco. Stell dich dort neben Melissa, laut deiner Stimmlage zu urteilen scheinst du für den Sopran geeignet. Das mit dem Text macht nichts, sing einfach mit uns, die Zeilen werden sich schnell bei dir einprägen.“ Draco nickte eifrig und nahm seinen zugewiesenen Platz in der zweiten Reihe ein. Aufgeregt schnappte er sich seinen langen Zopf, der im Gehen über seine Schulter gefallen war und rückte diesen penibel wieder zurück nach hinten. Ebenfalls strich er sich einige einzelne helle Haare aus der Stirn, welche nicht lang genug waren, um sich hinten durch das Haargummi bändigen zu lassen. Erschwerend kam für den jungen Malfoy hinzu, dass sich diese besagten frechen Haare auch noch durch die Reibung an seinem hohen Mantelkragen so elektrisch aufgeladen hatten, dass sie nicht platt auf seinem Hinterkopf liegen bleiben wollten. Immer wieder schnellten sie ein wenig in die Höhe und waren aufgrund der starken nachtblauen Dunkelheit um sie herum deutlich auszumachen. Sie erinnerten Harry an kleine Antennen. Wie bei einem Käfer! Ein Malfoy-Käfer! Der Schwarzhaarige hielt sich automatisch die Hand vor den Mund und prustete los, ehe ihm bewusst wurde, dass diese Geste völlig unnötig war. Er war hier immerhin nicht in der Realität, wo er hätte bemerkt werden können. Sondern ganz allein in Draco Malfoys Kopf. Und anbetracht dessen, wie Draco sich bis heute entwickelt hatte, passte dieser Vergleich sogar ganz gut… Ein Malfoy-Mistkäfer eben… „Bereit?“ Die Stimme der jungen Frau, welche nun dicht neben Harry stand, brachte ihn dazu, sich wieder zu beruhigen. „Dann 1, 2, 3 und –“ Sie hob ihren Zauberstab und all die glockenklaren Kinderstimmen wiederholten erneut den Refrain des Liedes, bei welchem sie stehen geblieben waren. Widererwartend für Harry war das jüngere Ich seines jetzigen Rivalen kaum aus der Stimmenmasse herauszuhören. Um genau zu sein: Gar nicht. Nun ja, zumindest bedeutete diese Tatsache, dass er offenbar singen konnte – schiefe Töne hätten sich direkt herausgefiltert. Er konnte lediglich beobachten, wie Malfoys Mund die Worte formten – sich hin und wieder aber für einige Zeilen ganz schloss, weil er den Text nicht kannte. Nicht lange, und dies änderte sich, es war immerhin keine sehr lange oder schwierige Lyrik. Und Kinder waren bekanntlicherweise schnelle Lerner. “Everyone who's lonely in this night step onto this street no don´t think twice leave your heartbeat behind there up the candle the magic is inside of you. let the stranges around you feel it too, feel it too…” Harry konnte sich nicht helfen, aber lächeln. Irgendwie wirkte diese Atmosphäre verdammt niedlich. Malfoy hatte eine wesentlich schönere Kindheit als er… Ein stummes Seufzen fuhr durch seinen Kopf. „Wonderland, wonder -“ „Draco! Da steckst du!“ Die schlanke Gestalt einer Frau mit hüftlangen blonden Locken kämpfte sich den Weg mit ihren hochhackigen weißen Stiefeln auf eiligen Schritten durch den Schnee. „Was denkst du dir, was du da tust?!“ , rief sie entsetzt. „Komm auf der Stelle hier her!“ Ihr Blick erschreckte selbst Harry und ließ ihn frösteln. Es war einer, welcher absolut keinen Widerstand duldete. Und tatsächlich, ehe sich der Gryffindor versah, stand Draco auch schon an der Seite dieser Frau, die Harry nun eindeutig als dessen Mutter identifizieren konnte. Zumindest war nun klar, woher Malfoy seine Zitate hatte. Hart zog sie ihn am Unterarm von der Gruppe weg. „Das war eine unglaubliche Frechheit von dir! Dich einfach bei Derwisch und Banges hinaus zu schleichen! Ich dachte, dein Vater und ich hätten einen besser erzogeneren Sohn, der seiner Mutter nicht einfach in solch eine Sorge versetzt! Und sich stattdessen auch noch unter das Volk mischt! Draco, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass wir nichts mit denen zu tun haben?“ Flüchtig drehte sie sich einmal, um sich zu versichern, dass sie auch wirklich außer Hörweite waren. „Die meisten davon sind doch Schlammblüter…“ „Aber Mama! Ich….. Du tust mir weeeeh….“ Entsetzt entdeckte Narzissa, dass sie wohl in ihrem Schreck zu fest um den dünnen Arm ihres Sohnes gegriffen hatte. Augenblicklich lockerte sie ihren Griff und setzte ihren Weg fort. Draco folgte ihr stumm. Und Harry bekam das Gefühl nicht los, als hätte Malfoy eigentlich etwas anderes erwidern wollen. „Du enttäuschst mich sehr, Draco… Ich dachte, du hättest mittlerweile verstanden, dass diese Gesellschaft dieser normalen Dorfbewohner nicht gut für dich ist. Sie verderben deinen feinen Charakter, Liebling. Glaub mir… Ich weiß, wovon ich rede. Sie sind alle neidisch auf dich. Ehe du dich versiehst, nutzen sie dich nur aus…Sie tun dir nur weh, Draco. Vertraue ihnen nicht.“ Große, graue Augen fielen halb zu, ihr Blick wanderte traurig Richtung Schnee. Harry beeilte sich, um mit Narzissa und ihrem Sohn Schritt zu halten, welche schon ein gutes Stück Vorsprung hatten, ehe er fähig war, sich überhaupt zu bewegen. Er war einfach für diesen Moment zu geschockt gewesen, als neben ihnen herzulaufen. Er wusste nicht einmal genau, wem dieser Schock galt. Ob es Mrs. Malfoy war, die gerade dabei war, den Verstand ihres einzigen Sohns zu vergiften – oder ob er sich mehr über sich selbst erschreckte. Denn er hatte Mitleid mit Malfoy. Schmerzhaft stellte er die Ähnlichkeit zu seiner eigenen Kindheit fest, auch ihm war immer genommen worden, was ihm Spaß machte. Noch nie hatte er eine solche Parallele zwischen ihnen sehen können. Malfoy war einfach immer ein verdorbener, verwöhnter Schleimscheißer gewesen! Nichts, aber wirklich gar nichts hatte er mit Harry gemein!! Ein harter Kloß setzte sich in seiner Kehle ab, gerade als ihn Dracos Augen unbewusst fixierten – immerhin blickte dieser bloß ins Leere. Im Hintergrund hatte der Kinderchor das Singen wieder aufgenommen: „Everyone who's lonely in this night, step onto this street no don´t think twice…” Ein dünner, nasser Strich verließ die kindlichen Augenwinkel als Zeichen des stummen Kummers – und tropften irgendwo in die flauschigen weiten des glänzenden silberfarbenen Schals. Der achtzehnjährige Beobachter hatte den plötzlichen Vergleich mit einer großen, grauen Regenwolke im Kopf, die so voll gesogen war, dass sie ihren Inhalt nicht länger in sich verschlossen halten konnte. „Was hat dich bloß dazu bewogen, da mitzumachen?“ „Ich… ich wollte singen…“ Nur ein gehauchtes Flüstern. „Aber du hast doch deinen privaten Gesangsunterricht zu Hause, Schatz. Der Herr ist viel qualifizierter und kann ganz persönlich auf dich eingehen, als diese Frau da vom Kirchenchor! Von denen erkennt doch niemand deine wahren Qualitäten. Allein wir wissen dich zu schätzen, Dracolein. Nun komm schon her!“ Auf einmal klang ihre Stimme einige Nuancen freundlicher als zuvor. Draco zögerte kurz, ehe er die ausgestreckte Hand seiner Mom ergriff. Unbemerkt den Blicken seiner Mutter drehte sich der Junge ein letztes Mal um, ein wehleidiger Blick erfasste den immer kleiner am Horizont verschwindenden Chor, einzig zu hören war er noch gut. Harry spürte, wie sich bei dem verletzten und traurigen Blick seines Erzrivalen seine Eingeweide verknoteten. Die Luft, die er in seine Lungen zog, schien auf einmal noch kälter geworden zu sein. Dann wechselte die Ortschaft. Er stand plötzlich in einem unheimlich großen – und wie er auf den zweiten Blick bemerkte – prunkvollen Gebäude. Und wie er schmerzhaft feststellen musste: Er kannte diesen Raum. Er befand sich mitten in Malfoy Manor. Im Salon, um genau zu sein. Er keuchte bei der blitzartig auf ihn nieder prasselnden Erinnerung seines letzten und zu gleich ersten Besuchs hier. Nein, daran wollte er jetzt nicht denken… „DRACO MALFOY!“ Die laute und kräftige Stimme von Lucius Malfoy donnerte durch sämtliche Säle zu gleich. Gerufenen entdeckte Harry auch innerhalb weniger Sekunden langsam durch die Tür am anderen Ende des Salons eintreten. Sein Kopf erhoben, sein Blick starr auf seinen Vater gerichtet. Kein Zeichen von Unterwerfung. Und völlig emotionslos, wie Harry auffiel. Aber schon im nächsten Moment war Harry sich sicher, wenn Draco es auch nur gewagt hätte, die Augen ängstlich zu Boden schweifen zu lassen oder den Rücken nicht gerade durchgedrückt zu halten, dann wäre er auch dafür von seinem Vater zurecht gewiesen worden. Er wusste nicht, woher ihm das plötzlich klar wurde, aber es kam ihm einfach aus dieser Situation heraus in den Sinn. Ein Malfoy hatte sich stets anmutig und stolz zu präsentieren. Selbst wenn er der Weg zum Schafott sein sollte…. „Was musste ich soeben von deiner Mutter erfahren?!“ Stille im Saal. „Ich dachte, du wärest mittlerweile groß genug, um eingesehen zu haben, wer schlechter Umgang für dich ist? Deine Mutter und ich investieren so viel Zeit und Liebe in deine Erziehung, mein Sohn. Du bist uns doch das Wichtigste. Und du schlägst alles, was wir dir lehren in den Wind… Ich bin bitter enttäuscht!“ Lucius schritt voran, überbrückte so den Abstand zu Draco. Seine grauen Augen waren kalt, sie funkelten wütend und schmerzvoll böse. Kurz bevor er seinen Sohn erreicht hatte, zog er in einer schnellen Bewegung seinen schwarzen Zauberstab aus seinen Roben. Der andere Arm war gefährlich weit erhoben. Bedrohlich kam er näher. „STOPP! HÖR SOFORT AUF!“ Dann zerplatzte das Bild. Der Schwarzhaarige stand wieder draußen, mitten im Schnee und ihm war schwindelig, als hätte er ein Saufgelage mit dem allerteuersten Feuerwhiskey intus. Unkoordiniert torkelte er einen Schritt nach vorne, fing sich dann aber selbst ab. Mehrmals blinzelte er, kniff die Augen zusammen, ehe sich das Bild um ihn herum klärte. Malfoy lag vor ihm auf dem Rücken im Schnee. Schwer atmend, die Augen geschlossen. Die Linke Hand auf den Bauch gepresst. „Lass’ mich damit in Ruhe…. Ich glaube dir ja schon, dass du es kannst!“ „Ich mache doch schon gar nichts mehr!“, rechtfertigte der sich beinahe ebenso erschöpft fühlende Gryffindor. Erst jetzt erkannte er, dass er seinen Zauberstab soeben, als Draco ihn so unsanft aus seinen Gedanken hinaus katapultiert hatte, fallengelassen haben musste. Hastig machte er sich daran, diesen aus dem knöcheltiefen Schnee wieder auszugraben. Währenddessen kam wieder echtes Leben in sein Gegenüber und dieser setzte sich auf. Er trug einen knielangen beigefarbenen Mantel aus flauschigem Wildleder, der innen mit weißer Wolle gefüttert war. Seine Kapuze und Ärmelenden säumten ein silberweißer Pelz. Etwa der eines Frettchens? Eher nicht. Malfoy hegte seit ihrem vierten Schuljahr einen besonderen Groll gegen diese Tiere – verständlicherweise. Offensichtlich konnte man gut auf dem Mantel sitzen, ohne dass die Kälte und Nässe des Bodens auf seine Haut vordrang, denn der Slytherin rieb sich mit aufeinander gepressten Kiefern die Stirn, ohne auch nur Anstalten zu machen, sich in den nächsten Sekunden zu erheben. Eine hellgraue Kordhose mit passenden hellbraunen Winterstiefeln rundeten das Bild ab. Es war Wochenende, Samstagvormittag um genau zu sein und dazu noch das letzte Hogsmeadewochenende vor den Weihnachtsferien. Doch die beiden Siebtklässler befanden sich auf einem der Abhänge, auf halber Strecke zwischen Schloss und Wald. „Warum…“, murmelte er mit zusammengepressten Zähnen, gerade als Harry seinen Zauberstab vom Schnee befreit hatte, „warum ausgerechnet diese Erinnerung? Hättest du dir nicht eine andere aussuchen können? Eine vielleicht etwas weniger peinlichere? Ich habe dir verboten, zu weit in meine Privatsphäre einzudringen!“ „Ich habe mir diese Szene nicht ausgesucht, Malfoy!“ Nun war es an Harry, säuerlich zu schauen. „Was kann ich dafür, wenn du sie mir auf dem Silbertablett servierst? Ich denke ich sollte dir beweisen, dass ich Legilimentikfähigkeiten habe!“ „Jaah, schoooon…“, schnaubte er. „Aber ich habe gar nichts serviert! Ich weiß nur, dass du dich nicht an unsere Vereinbarung gehalten hast… Ich habe gesagt, du sollst es nur ganz oberflächlich probieren…“ Aufgebracht schossen Harrys Augenbraun tiefer, seine Hand klammerte sich unbemerkt fester an seinen Zauberstab. Egal was Malfoy auch tat, er besaß immer die Gabe, ihn innerhalb von Sekunden durch seine quengelnde, unzufriedene, stets nörgelnde Tonlage auf die Palme zu bringen. „Ich kann aber vielleicht nicht beeinflussen, was ich von dir zu sehen bekomme? Das habe ich dir auch vorher schon gesagt! Dass war allein dein Risiko! Ich habe gesagt, ich bemühe mich, nicht zu tief abzudriften! Aber ich bin doch selbst noch Anfänger! Außerdem-“ „Dann hättest du dich aber vielleicht noch ein bisschen mehr bemühen können…“, näselte Draco und machte sich nun doch endlich daran, vom unbequemen Boden hochzukommen. Mit einer edlen Verrenkung seines schmalen Oberkörpers versuchte er auf seinen Hintern zu blicken, während er sich den Schnee von diesem abklopfte. „Außerdem - “, fuhr Harry fort, versuchte den folgenden Satz besonders deutlich betont und lauter als den Rest herüber kommen zu lassen. „hängt es auch immer von der Versuchsperson ab, wie weit sie ihren Geist vor dem Eindringling abschirmen kann! Mann kann sich selbst aussuchen, wie weit man jemanden hineinsehen lässt! Dass nennt sich Okklumentik, falls es dir entfallen sein sollte. Und darin bist du absolut unbegabt, Malfoy!“ Ein verächtliches Schnauben, das Kinn wurde graziös höher gerückt. „Woher sollte ich es auch können, Potter? Nie hat das wer von mir verlangt! Ich hatte keinen Privatunterricht!“ „Aber jetzt scheint es dich ja zu interessieren… sonst hättest du mich eben nicht drauf angesprochen. Jetzt hast du bekommen, was du wolltest… Hat er dich eigentlich danach geschlagen?“ Wechselte Harry urplötzlich das Thema. „Wer? Mein Vater?“, auch der Blonde schien diesem Gedankensprung nicht ganz folgen zu können. „Nun, es geht dich eigentlich einen feuchten Kehricht an, Potter… Aber nein, ich wurde zu Hause nie geschlagen. Ich weiß zwar nicht, zu welchen Erziehungsmethoden deine Muggelverwandtschaft greift, aber bei uns geht es gesittet zu. Und verzaubert hat er mich auch nie.“ Kein Wunder, warum Draco und er unterschiedlich wie Tag und Nacht wurden. Die Malfoys hatten offenbar Wert auf psychologische Bestrafung gelegt; er jedoch hatte nicht selten erlebt, dass seinem Onkel einmal zufälligerweise die Hand ausrutschte. Oder dass er in einen finsteren, dunklen Schrank gesperrt wurde… Nein, bloß nicht dran denken! Jetzt vor Malfoy nicht schwach werden! Aus dem Augenwinkel bemerkte Harry Dracos eindeutigen Griff in seine Mantelinnentasche. „So. Jetzt bin ich dran!“ Er richtete seinen hellen Zauberstab aus Weißdornholz auf Harry. Dieser hatte dem Blonden sein Eigentum noch am Abend der großen Schlacht zurück gegeben. Auch wenn Draco seit dem behauptete, sein Zauberstab würde ihm nicht mehr einwandfrei gehorchen. Aber Harry war sich da nicht so sicher, ob der Slytherin es nicht bloß als eine willkommene Ausrede für sein nicht ganz so ausgeprägtes Zaubertalent war. Draco Malfoy war kein schlechter Schüler, soweit der Gryffindor wusste. Nicht, dass dieser ihm seine Noten und Prüfungsergebnisse unter die Nase reiben würde – nun gut, außer er hatte in einem Fach ein „Ohnegleichen“ bekommen und war sich sicher, dass sein schwarzhaariger Rivale schlechter abgeschnitten hatte. Dann überkam ihn diese Genugtuung. Doch ansonsten war es auch kein großes Kunststück, an Malfoys Noten zu kommen. Der selbstbewusste Blonde, welcher es ständig verstand, sich irgendwie in den Mittelpunkt zu spielen, war schon seit ihrem ersten Schuljahr ein wichtiges Thema, über welches Schüler ihrer Stufe sämtlicher Häuser immer wieder gerne tratschten. Sei es auf bewundernder oder verachtender Basis. Genauso wie über Harry selbst. Von daher wusste er, dass Draco zum besseren Durchschnitt dieser Schule gehörte. Wenn er nur wollen würde, könnte er sicher selbst Hermine überragen. Genug der besten Privatlehrer dafür könnte er sich mühelos leisten. Dagegen hätte selbst Hermine keine Chance, welche sich ihr gesamtes Wissen selbst aus Büchern heraus aneignen musste. Scheinbar lag aber eine solche Karriere nicht in Malfoys Lebensplanung. Und Harry war froh darüber. „Was? Jetzt sofort? Das geht aber nicht, ich will nach Hogsmeade!“ Protestierte der Schwarzhaarige und zog vorsichtig die Phiole mit einer silbrig schimmernden Flüssigkeit aus seiner Manteltasche. Der schwarze, angenehm warm haltende Wintermantel, welchen er auf Hermines Rat hin gekauft hatte, schmiegte sich elegant an seine Körperkonturen und bildete eine Einheit mit seiner Haarfarbe. „Wir haben unsere Aufgabe erledigt, Malfoy! Und ich habe dir noch dazu einen persönlichen Gefallen getan! Lass’ uns jetzt schnell diese Einhornmilch zu Slughorn bringen und uns von ihm ins Wochenende entlassen!“ Finstere Blicke spießten ihn auf. „Das ist nicht fair! Du durftest dich durch meine Seele fressen! Dich an meinen Erniedrigungen ergötzen! Und was bekomme ich dafür? Nichts?! Du bist ja einfach nur zu feige, Potter! Zu feige, mir auch etwas zu offenbaren! Bitte, nur zu! Behalte halt deine kleinen schmutzigen Geheimnisse für dich!“ Mit diesen Worten griff Draco nach der Phiole und steckte sie sich in seinen gut gepolsterten Mantel. Der Mantel machte wirklich gerade das Meiste an Draco aus, er ließ dessen Erscheinungsbild viel präsenter wirken, als er eigentlich war. In Wahrheit war Malfoy viel zu dünn für einen jungen Mann seiner Größe – doch dies überspielte er wunderbar mit seinen bissigen Bemerkungen – oder dickerer, und auffällig teurer Kleidung, wenn es sich denn anbot. Harry explodierte bei diesen Worten beinahe – und insgeheim war er dankbar, dass Malfoy ihm die kostbare Einhornmilch soeben entrissen hatte. Aber gerade kochte eine solche Wut ihn ihm hoch, dass er nicht dafür garantieren könnte, die filigrane Phiole nicht versehentlich in seiner Faust zu zerdrücken. Dann wäre ihre gesamte ‚Strafarbeit’ für die Katz’ gewesen. Schlagartig fühlte er sich an gestern erinnert, als er diese gleiche, scheinbar aus dem Nichts hervorgestoßene Wut gespürt hatte. Es war am Ende einer wirklich langen Doppelstunde in Zaubertränke gewesen. Harry und Draco hatten nicht einmal gemeinsam arbeiten müssen, doch es war scheinbar ein Kinderspiel gewesen, sich trotzdem mühelos in die Haare zu bekommen. Genauer genommen war es sogar Harrys Schuld gewesen, Draco Malfoy war für die gesamte Stunde ruhig und friedfertig in seine eigene Arbeit vertieft. So, wie er es in letzter Zeit meistens in ihrem gemeinsamen Unterricht tat. Er war ruhiger geworden seit dem letzten Sommer, und ein ganzes Stück nachdenklicher. Das lang gezogene Ende des Kriegs hatte ihm einen gehörigen Schrecken versetzt. Hatte dem von einer anderen Welt phantasierenden Malfoyerben die Augen gehörig ausgespült. Er hatte es noch immer nicht richtig verdaut, dass all dass, was ihm von klein auf phantastisches über den dunklen Lord erzählt worden war, all die Versprechungen über Macht und Ansehen nicht eingetroffen waren. Im Gegenteil. Er war letztendlich von Voldemort nur als unbedeutender kleiner Finger einer ganzen Hand benutzt worden. Und zu allem Überfluss war diese Hand, an welcher er hing, nicht einmal die von Voldemort selbst, denn dieser hatte hunderte von Händen, welche für ihn die Schmutzarbeit tätigten. Hunderte von falschen Händen, die er jedoch lenken konnte, als wären es seine eigenen. Besser führen konnte, als die einer Marionette. Ja, Draco war nicht einmal selbst eine Marionette gewesen – er wurde irgendwo zu einem Bestandteil dieser Puppe. Zwar nicht völlig sinnlos, aber durchaus verzichtbar. Irgendwie hätten die Todesser auch einen anderen Weg gefunden, ins Schloss zu kommen. Vielleicht hätten sie einen anderen Schüler Slytherins damit beauftragt. Es war keine Ehre gewesen, dass Draco dazu auserkoren wurde. Vielmehr eine Strafe für seinen Vater. Und wie Harry später bewusst wurde, nachdem er noch viele Male über die weinende Gestalt im Badezimmer der Vertrauensschüler nachgedacht hatte, auch eine für Draco selbst. Seit dem hatte sich auch sein loses Mundwerk ein wenig gezügelt, er schoss kaum noch Beleidigungen auf Umherstehende, wenn diese es wagten, in seiner Nähe zu atmen oder ihn dumm anzuglotzen. Klar, wenn er wollte, konnte er loslegen. Und wie er das konnte. Aber es brauchte nun intensivere Auslöser als früher, bevor er sich zu einem Streit herabließ. So konnte er endlich kommentarlos an Hermine oder Ron vorbeigehen, ohne ihre Abstammung oder Familien zu beleidigen. Dafür hatte er nun genug eigene Probleme. Das Ministerium hatte sich in den letzten Monaten mit neuem Personal und neuen Gesetzen ausgestattet. Seit Oktober begannen die Untersuchungen und Prozesse für die ehemaligen Todesser und deren Familien – und solche, die man auf Grund von Zeugenaussagen als Todesser verdächtigte. Wieder einmal begann die fürchterliche Beweisaufnahme um die Behauptungen sämtlicher Leute zu entkräften, sie hätten unter dem Imperius gestanden… Malfoy fehlte auch hin und wieder in der Schule, um im Ministerium auszusagen. Es war nun öffentlich bekannt, dass er Träger des Dunklen Mals seit seinem sechzehnten Lebensjahres war. Eigentlich hatte Harry auch schon indirekt an eine Art Waffenstillstand mit Malfoy gedacht. Zumindest für ihn selbst schien es einen zu geben, ohne, dass sich die beiden abgesprochen hätten. Aber schon allein die Tatsache, dass Harry Dracos Leben vor dem Feuer gerettet hatte, sprach eigentlich genug dafür. Sie beleidigten sich zwar nicht mehr so oft, doch als nett zueinander sein konnte man ihr tägliches Miteinander-Auskommen auch nicht bezeichnen. Und ganz im Sinne der alten Tradition mussten natürlich hin und wieder einige abwertende Sprüche ausgetauscht werden. Nur um sicher zu gehen, dass man auch nicht zuuu gut miteinander auskam. So dachte zumindest Draco. Nur hatten diese bei Weitem an Tiefe und Verletzlichkeitsgrad abgenommen. Gestern allerdings hatte der Gryffindor allerdings das Glück, den Slytherin anscheinend an einem seiner sehr seltenen, sensiblen Tage zu beweisen, wie ungeschickt er sich doch anstellen konnte. Im Kerker für Zaubertränke hatte der Schwarzhaarige dieses Jahr seinen Platz auf der linken Seite des Klassenzimmers in der zweiten Reihe gefunden. Der riesige Raum war geteilt; es standen immer zwei große Tische direkt nebeneinander, in der Mitte ein breiter Gang, auf der anderen Seite die selbe Anordnung. Harry saß direkt am Mittelgang, er teilte sich den Tisch mit Hermine zu seiner Linken. Auch wenn es wahnsinnige Vorteile brachte, neben ihr zu sitzen und sich hin und wieder helfen zu lassen, vermisste er die gemeinsame Zeit mit Ron in diesem Fach. Es war immer trotz allem sehr aufmunternd gewesen, direkt neben sich zu blicken und zu erkennen, dass er nicht der Einzige war, der mit den Anweisungen haltlos überfordert war. Mit ihm gemeinsam zu leiden und hinter Snapes Rücken hässliche Fratzen zu ziehen, um ihn zu imitieren, war einfach das Gold dieser Stunden gewesen, ohne er dieses Fach nicht überlebt hatte. Doch nun hatte Ron Zaubertränke abgewählt. Und er selbst musste es für seinen Berufswunsch als Auror bis zum Abschluss belegen. Leider hatte dagegen Malfoy nicht abgewählt. Er saß einige Reihen weiter hinten auf der rechten Seite des Kerkers. Warum er noch dabei war wusste Harry nicht, seine Tränke verdienten sich unter Slughorn nie Bestnoten. Er hatte sich die ‚Ohnegleichen’ unter Snape sowieso nie durch sein Können verdient. Welchen Berufswunsch Malfoy pflegte, dass er hier auch noch saß, überstieg Harrys Ideenreichtum. Aber es interessierte ihn, verdammt noch mal…. Verfluchte Neugierde! Gestern hatten sie eine echte Herausforderung von Slughorn bekommen. Sie mussten ihr erstes Veritaserum brauen, da dieses unabdingbarer Bestandteil der UTZ-Prüfungen war. Da es sich allerdings um so ein gefährliches Gebräu handelte, welches in Schülerhänden schnell zu Missbräuchen verleitete, betonte Professor Slughorn sofort, dass niemand auch nur einen Tropfen aus seinem Kessel behalten dürfe. Egal, ob der Trank gelang oder nicht. Deswegen reichte auch hier das bloße Reinigen des Kessels mit dem Zauberstab nicht aus. Extra für diese Zwecke hatte er einen großen, runden Glasbehälter neben seinem Lehrerpult erscheinen lassen, der an ein riesiges Goldfischglas erinnerte. Jeder musste, nachdem er eine Phiole seiner Lösung abgefüllt und abgegeben hatte, den Inhalt seines Kessels in diesen Behälter entleeren. Auf dem Bauch des Glases erschien eine sich mit der Menge in ihr entleerten Kessel stetig ansteigende Zahl von Millilitern. Die Anleitung im Buch beschrieb die Herstellung für exakt 5 Liter Veritaserum. Nach der Abfüllung einer Phiole, welche exakt 0,3 l fasste, ergab dies eine genau definierte Menge Veritaserum pro Schüler, die für den Abfluss, bzw. das Glasgefäß bestimmt war. Am Ende der Stunde konnte Slughorn somit genau überprüfen, ob sich nicht doch irgend ein Schüler nicht von seinem mühevoll erstelltem Gebräu trennen konnte. Die meisten Schüler waren bereits fertig, oder hatten viel mehr das berühmte Handtuch geschmissen und den Kerker schon verlassen. Harry und Hermine gehörten mitunter zu den Letzten. Harry war nicht wirklich zufrieden mit seinem Ergebnis. Er hatte sich – nach tagelangen Predigten von Hermine – angewöhnt, wieder ohne das Buch des Halbblutprinzen zu arbeiten. Ohne die Tipps von Snape. Immerhin würde es ihm in den bevorstehenden UTZ’s auch nicht zur Verfügung stehen. In seinem Kessel schwammen einige feine, graue Partikel in der ansonsten klaren Flüssigkeit herum. Es war das Mondsteinpulver, welches sich nicht richtig gelöst hatte. Sein Trank war einfach noch zu heiß gewesen, als er es hinzu gegeben hatte… Eigentlich sah Veritaserum klar wie Wasser aus – und war schnell mit diesem zu verwechseln, was es noch einmal besonders gefährlich machte. Missmutig stand er auf, stellte seine beschriftete Phiole auf dem Lehrerpult ab und verwarf den Rest des Tranks eilig im Spezialbehälter. Er hatte genug, so schnell wie möglich wollte er hier raus! Er kam gerade wieder auf seinen Platz zurück, hielt aber in der Bewegung inne und beobachtete Hermines einwandfreien Trank für einen Moment, den sie gerade strahlend abfüllte. „Wow…“, brachte er nur neidisch hervor. ‚Warum zum Henker bekomme ich das nicht auch so schön hin?! Ich habe mich dieses Mal so bemüht!’ Trotzig ließ er seinen Kessel mit Wucht zurück auf seinen Tisch knallen. Die letzte Pfütze Serum, die sich nach dem Ausgießen wieder am Boden gesammelt hatte, spritze weit über die Ränder hinaus. Ihm selbst auf dem Umhang. „Pass doch auf, du Idiot!“ Malfoy stand genau neben ihm im Mittelgang, seinen eigenen gefüllten Kessel in der Hand und auf dem Weg nach vorn. Diesen stellte er jedoch schnell auf Harrys Tisch ab und wischte sich mit dem übermäßigen Stoff seiner weiten Ärmel durchs Gesicht. „Draco? Sie haben etwas ins Gesicht bekommen? Ist es Ihnen in Mund oder Augen gespritzt?! Lassen Sie sich anschauen!“ Aufgeregt eilte Slughorn auf sie zu, Harry realisierte nur beiläufig, wie schwerfällig atmend er mit jedem eiligen Schritt seinen Bauch vor sich herschob. „Nein Danke, Sir! Es geht schon!“, brauste Malfoy ein wenig zu heftig im Ton gegenüber einer Lehrperson auf. Slughorn verschwand im Nebenraum, offenbar um etwas zu suchen, denn leises Gepolter drang zu ihnen hervor. „Potter! Du bist wirklich nicht nur zu dämlich, einen Trank zu brauen! Nicht einmal sorgfältig entsorgen kannst du ihn!“ Fauchte der Größere, der sich nun vor Harry aufbaute, nachdem er sein Gesicht genug mit seinem Ärmel gerubbelt hatte. Die Reibung mit dem Stoff hatte ihm die normale blasse Hautfarbe genommen und ließ den Slytherin nun ein wenig gesünder durchblutet aussehen. Harry ertappte sich dabei, diesen leichten Rosaton interessant zu finden. „Weißt du überhaupt, mit welchem Gift du mich gerade verätzt hast?! Veritaserum möchte ich das mal nicht nennen, mein Umhangssaum ist voller kleiner Steinchen!“ „Reg' dich ab, Malfoy… Du weißt genauso gut wie ich, dass es keine Absicht war.“ „Keine Absicht?? Ach nein? Dummheit schon eher?! Ich frage mich, wie du deinen Abschluss schaffen willst, Potter! Die UTZ bestehen nicht nur aus Verteidigung gegen die Dunklen Künste!“ Plusterte sich der Blonde auf. „Zum Glück für dich, Malfoy. Sonst wärst du haltlos durchgefallen!“ Konterte Harry mühelos. „Außer natürlich, man würde das ‚Verteidigung gegen’ im Namen weglassen. Damit wärst du wohl schon besser bedient.“ Im Hintergrund hörte er Hermine erschrocken nach Luft jappsen. Erst als der Nachklang der Worte in seinem Gehörgang verebbte, wurde ihm bewusst, was er da eigentlich gesagt hatte. Das hatte er nicht gewollt… Er hatte einfach nicht weiter über einen tieferen Sinn seiner Worte nachgedacht, und dass passierte ihm selten. Er war anders als Malfoy, der bewusst Beleidigungen jeglicher Art von sich schoss. Ehe er sich versah, hatte Malfoy auch schon zugepackt, ein Zug und sein Gesicht traf beinahe Malfoys, so nahe waren sie sich plötzlich. Draco hatte nach der goldroten Krawatte gegriffen und seine Augen funkelten einen solchen Zorn aus, dass es Harry beinahe kalt den Rücken hinunter lief. „Wage es nicht, Potter. Wage es ja nicht, mir irgendetwas über die Dunklen Künste anhängen zu wollen! Sonst wirst du in der Hölle schmoren!“ Harry griff nun auch verzweifelt nach Dracos silbergrüner Krawatte. Versuchte so auch irgendwie den Slytherin unter seine Kontrolle zu bekommen. Doch Draco hatte zuerst zugegriffen, hatte die günstigere Ausgangsposition und war zudem einen ganzen Kopf größer. Der Raum stand unter Spannung, die Zeit stand für Bruchteile von Sekunden still. Es war, als warteten die übrigen Schüler nur darauf, wer als Erster zuschlagen würde. „Meine Herren! Auseinander! Sofort!“ Keifte der beleibte Zaubertranklehrer und hetzte erneut auf das ungleiche Paar zu. „Mr. Potter! Mr. Malfoy! Sie verhalten sich völlig altersunangemessen! Harry, das hätte ich nicht von Ihnen gedacht! Ihre Mutter hätte nie…“ Irgendwie war es mal wieder ausgeartet. So wie schon lange nicht mehr. Dracos neues, ruhiges Wesen hatte sich beim Thema ‚Dunkle Künste’ völlig verabschiedet. Und das, obwohl er diese doch all die Jahre ihrer gemeinsamen Schulzeit so geschätzt hatte. Nach einer längeren Moralpredigt von Slughorn, gab es obendrein noch eine Strafarbeit zu leisten. Welche natürlich genügend Teamwork erforderte, um ihr gemeinsames Miteinander zu fördern. Und die Slughorn obendrein noch ziemlich gelegen kam. Denn eine seiner seltensten Zutaten für Zaubertränke war ihm zu Neige gegangen. Da bot es sich doch geradezu an, den beiden Siebtklässlern diese Mission aufs Auge zu drücken, somit ersparte er sich immerhin den anstrengenden und weiten Gang in den Verbotenen Wald. ~~~ „Du sagst also, es wäre unfair?? Es wäre unfair, dass ich vorhin auf deine Sticheleien eingegangen bin?! Du wolltest doch unbedingt bewiesen haben, dass ich Legilimentik und Okklumentik beherrsche! Ich bin nicht dazu verpflichtet, dir irgend etwas zu beweisen, Malfoy! Im Übrigen beherrsche ich es nicht mal, ich kann es in Ansätzen! Und ich hätte gar nicht auf deine dumme Herumdruckserei eingehen müssen! Deine Sticheleien haben mich doch völlig kalt gelassen. Ich hätte mit der Einhornmilch in der Tasche hinauf ins Schloss laufen können….“ Während Draco eher das Talent besaß, sich mit jedem weiteren Satz selbst immer mehr in Rage zu reden, ereignete sich bei Harry gerade das Gegenteil. Er wurde von Satz zu Satz ruhiger. Der Zorn verrauchte aus ihm nicht ganz bewussten Gründen. „So? Dich hat meine Art zu fragen, ob du Okklumentik beherrschst also völlig kalt gelassen? Und wieso…“ Er stoppte, als er Harrys finsterer werdenden Blick bemerkte. Er biss sich selbst auf die Zunge. Wenn er jetzt nicht aufpasste, war die Konversation schneller vorbei, als er irgend etwas wieder herrichten konnte. So weit durfte es einfach nicht kommen… Immerhin war er hier der jenige, der etwas von dem Gryffindor wollte. Auch wenn er es nicht leiden konnte, andere um Hilfe zu fragen. Aber er brauchte diese Hilfe nun einmal und Potter war der Einzige der ihm einfiel, der diese Gabe erlernt hatte und eventuell an ihn weiter geben könnte… „Warum… hast du dich dann darauf eingelassen? Wieso wolltest du es mir dann beweisen wenn du doch sagst, du hättest es nicht nötig?“ Malfoy benutzte dieses Mal keinen direkt angriffslustigen Ton. Er fuhr jetzt tatsächlich eher die neugierige Schiene. „Ich wollte eigentlich bloß ein wenig nett zu dir sein… Weil…. Weil mir das von gestern leid tut… Es war nicht so gemeint.“ Malfoy schnaubte undefinierbar. Offenbar wusste er nicht, ob er dieser Entschuldigung – wenn er es denn richtig verstand, dass es eine sein sollte? – trauen konnte oder nicht. „Und… Ich denke zu wissen, wofür du diese Okklumentiksache wahrscheinlich brauchst“, fügte Harry daraufhin hinzu. „Ich kann das einfach viel zu gut nachvollziehen… so dass ich schon beinahe vergaß, dass du nun mal du bist und immer du bleiben wirst…Und es nicht zu schätzen weißt, wenn man dir hilft….“ Jetzt wusste Harry es. Es lag es einfach an Malfoys Gesicht, dass er selbst auch ruhiger sprach. Der Gryffindor hatte sogar kurz das Gefühl, sein Gegenüber hätte die Kontrolle über seine sonst so beherrschte Maske verloren, denn seine Augen füllten sich für einige Sekunden mit Reue. Oder war das pure Einbildung? Schon allein diese Vorstellung brachte Harrys Wut zum abkühlen. Doch dann verschwand diese Emotion ebenso schnell wieder von Dracos Gesicht, wie sie gekommen war. Ein merkwürdiger Gesichtsausdruck blieb zurück, der Harry abschätzend musterte. Er hatte eine gewisse Ruhe und Ausgeglichenheit in sich, die dem Gryffindor bei Malfoy fremd war. „Wie kommst du darauf zu behaupten, du würdest den Grund kennen?!“ Natürlich war Draco beinahe schon klar, welche Vermutung Harry hatte. Leider auch, dass dieser damit verdammt Recht hatte. Harry verstand sofort. Es war keinesfalls die Frage, wie er, Harry, auf den Grund für seine Vermutung gekommen war. Sondern viel mehr wollte der Malfoyerbe hören, was für eine Vermutung sein schwarzhaariger Rivale hatte. Kurzum entschied er sich, Malfoy nicht länger zappeln zu lassen. „Du brauchst es für deine Verhörungen beim Ministerium.“ Draco stand der Mund für eine Sekunde zu weit offen. „Ich weiß, dass sie oft zu unfairen Methoden greifen, um an Informationen zu kommen, welche sie haben wollen… Sie suchen die Schuldigen mit allen Mitteln… Ich…“ Draco presste die Lippen zusammen, sein Mund formte einen schmalen Strich. Doch seine Augen starrten geweitet auf Harry, Unglauben lag darin – und jede Menge Verwirrung. „…Ich war auch schon einmal in so einem Prozess involviert. Da wurde auch alles andere als fair mit mir umgesprungen. Glaube nicht, ich wüsste nicht, wie das wäre, wenn einem Dinge angehängt werden und Tatsachen verdreht werden…“ Peinlich berührt glitt sein Blick zu Seite und hinab in den Schnee, als hätte er dort etwas verloren. „Heißt das… Du weißt, wofür ich es brauche… Und willst mir trotzdem helfen?!“ Draco wirklich sogar leicht verstört. „Warum?“, hauchte er. „Weil ich niemandem wünsche, sich vom Ministerium unter solchen Umständen verhören zu lassen. Es gibt zwar viele neue Beamte… und Kingsley ist der beste Minister, den ich mir vorstellen kann! – Aber der ist ja immerhin nicht bei den ganzen Anhörungen dabei, dann müsste er sich ja verzehnfachen… Und es gibt genug alt eingesessene Ministeriumsmitarbeiter, welche unbedingt die Schuldigen so schnell wie möglich nach Askaban abtransportieren wollen… Und ich möchte verhindern, dass das Ministerium voreilig handelt und zu unfairen Mitteln greift…“ Malfoys Augen weiteten sich ein weiteres, kleines Stück. Offenbar hatte Harry genau ins Schwarze getroffen. Der Blonde blieb seltsam ruhig und in sich gekehrt. Harry hatte für einige Sekunden das irrsinnige Gefühl, dass Malfoy sich verstanden fühlte. Von ihm verstanden fühlte. Dass Harry genau das geschildert hatte, was er auch zur Zeit durchlebte. Irgendeine ironische Stimme machte Harry darauf aufmerksam, dass sich gerade die zweite Parallele zwischen ihm und Malfoy ganz von alleine zog. „Okay… Malfoy… Okay, ich gebe dir die Chance. Ich will dir helfen, gegen das Ministerium zu bestehen. Weil es bei mir geklappt hat, darfst du es auch mal versuchen. Man kann nur wirklich gut in einer Sache sein, wenn man die Andere auch beherrscht. Legilimentik und Okklumentik sind wie zwei Seiten einer Münze… Man braucht beides. Du hast mich eben genau dabei beobachtet?“ „Natürlich habe ich das.“ Plötzlich war das altbekannte Selbstbewusstsein des Blonden wieder zurück. „Halt still, Potter!“ Malfoy kam nun gefährlich näher, er hatte seinen Zauberstab drohend, als würde er ihn als Waffe benutzen, in einigen Zentimetern Entfernung auf Harrys Stirn gerichtet. Sein Blick wurde ernster, fixierte Harrys Augen. Denn dieser hatte bereits zu Beginn dieses Experiments darauf hingewiesen, dass Augenkontakt zwingend notwendig sei. „Legilimens!“ Der Attackierte hielt die Luft an. Nichts passierte. Draco senkte seinen Zauberstab ein kleinwenig, löste den Blickkontakt kurz und schien eilig seine Gedanken zu ordnen. Wenige Sekunden später folgte der zweite Versuch, für den er sich noch mehr bemühte. Erfolglos. Knirschend zog Draco die obere Zahnreihe über die untere. „Verdammt, ich bin doch konzentriert!“, fluchte er leise. „Versuchs weiterhin. Du hast doch selbst gesehen, dass ich vorhin auch fünf oder sechs Versuche brauchte. Und du hattest, wie du schon selbst sagtest, keinen Unterricht bei Snape…“ „Professor Snape bitte! Er war mein Hauslehrer…“ Was tat er da? Wozu ermutigte er Malfoy noch dazu, in seine Gedanken einzudringen? Worauf hatte er sich da wieder eingelassen? Nunja, Absprache war Absprache, jetzt würde er sein Wort halten. Immerhin hatte Malfoy ihn auch hinein gelassen… es wäre nur fair, wenn dieser auch seine Chance bekam. Und er wollte ihm immerhin helfen…. Warum auch immer… Und fair… seit wann konnte man dieses Wort parallel mit dem aufmüpfigsten aller Slytherins in einem Satz gebrauchen? Seit einem knappen dreiviertel Jahr, wenn man so wollte. Seit dem Sturz des Dunklen Lords. Und Dracos Sturz aus seinen Träumen. Es kam zum zehnten Versuch, auch zu einem Elften und Zwölften. Der Slytherin wurde jedoch von Mal zu Mal immer unruhiger und unkonzentrierter. So konnte es auch nicht mehr funktionieren. „Aaaargh, lass mich doch in Ruhe, Potter!“, keifte er irgendwann und wand sich ab. Wütend stopfte er seinen Zauberstab zurück in die Mantelinnentasche und stieg den Hügel Richtung Schloss hinauf. „Und was soll das jetzt, Malfoy? Dafür habe ich dir nicht meine Freizeit geopfert, dass du einfach aufgibst!“ „Ich gebe nicht auf! Ich habe nur einfach keinen Bock mehr! Du blockierst mich wahrscheinlich absichtlich mit Okklumentik. Du willst mir den Erfolg doch überhaupt nicht gönnen!“ Worin jetzt der Unterschied zwischen dieser Formulierung und einfach ‚aufgeben’ genau lag, konnte sich Harry mit einem Grinsen auf den Lippen auch nicht erklären. Dieses Grinsen verging ihm aber schnell wieder. Hatte Malfoy ihn tatsächlich beschuldigt seinen Geist absichtlich zu versiegeln? Dieses miese Aas! Da half er ihm, und was war der Dank?! „Du weißt genauso gut wie ich, dass das Unsinn ist! Abgesehen davon, dass ich nicht so falsch bin, und mich auch an mein Wort halte, welches ich gebe – denn sonst wäre ich in Slytherin gelandet – könntest du eine Barriere spüren. Du würdest es sofort merken, wenn ich Okklumentik einsetzen würde.“ Er bemühte sich, so ruhig wie möglich zu bleiben. Nein, Malfoy war und blieb durch und durch Slytherin – und über diese sollte man sich nicht aufregen. Das wäre nur verschwendete Energie. Er hatte in den letzten zwei Jahren wahres Leid und Ungerechtigkeit gesehen, war über sich selbst hinausgewachsen. Harry konnte wirklich von sich behaupten, erwachsener geworden zu sein. Und er versuchte, sich somit nicht länger auf solche Kindereien einzulassen. Nur leider ließ ihm dieser versnobte blonde Slytherin, wobei auch dieser erwachsener geworden war, manchmal keine andere Wahl. „Pah… Ich kann meinen Nachmittag auch anders verschwenden als mir dir!“ Malfoy war stehen geblieben, machte sich allerdings nicht die Mühe, sich zu Harry umzudrehen. Seine Stimme klang nicht mehr ganz so selbstsicher, ihm waren ganz augenscheinlich die Argumente ausgegangen. Er pustete laut schnaubend die Luft aus seinen Wangen, es entstanden einige kleine, kondensierende Nebelwölkchen um seinen Kopf. Der Anblick erinnerte Harry tatsächlich an einen Drachen, welcher den letzten Rauch hinaus blies, nachdem er eine Feuerfontäne gespuckt hatte. Harry wusste genau, Malfoy war einfach nur frustriert und sauer auf sich selbst. Er wäre nicht sieben, nein halt, mittlerweile sogar fast acht Jahre lang Draco Malfoys Mitschüler gewesen, wenn er nicht wüsste, wie er die Glut in diesem erneut zum aufflackern bringen könnte. „Und damit gibst du dich jetzt zufrieden? An einem Zauber gescheitert zu sein, den Potter anscheinend beherrscht?“ „Klappe!“, knurrte Draco mit dunkler Stimme. Harry wusste ganz genau, dass er seinen Pfeil exakt am Zielort platziert hatte. Schon alleine das wütende, feste Hin- und Herdrehen des Stiefelabsatzes im Schnee verriet es ihm, auch wenn der Blonde seinen Körper ansonsten gut unter Kontrolle hatte. Mit einem ruhigen Blick fixierte er Dracos Rücken. Es hatte wieder angefangen zu schneien, große weiße Flocken setzten sich für Bruchteile von Sekunden auf das Leder, ehe sie schmolzen. Malfoy brauchte Hilfe für seinen Prozess, so viel war klar. Und er musste eine verdammte Angst vor diesem haben, wenn er sich schon dazu herabließ, Harry Potter um Hilfe in Okklumentik zu bitten. Stand es tatsächlich so schlecht um ihn und seine Familie? Draco durfte nicht ins Gefängnis. Er war ein einflussreicher Schnösel, der sich wohl stets selbst als die Sonne gesehen hatte, um die die ganze Schule zu kreisen hatte, aber er verdiente keinen Aufenthalt in Askaban. Keinen Kuss des Dementoren. Bei der bloßen Erinnerung an diese Gestalten ließ es Harry frösteln. „Jetzt komm sofort wieder zurück und zeig mir, dass du besser bist als ich!“ Draco drehte sich herum und betrachtete ihn mit einem herablassenden, wissenden Lächeln. Es war die einzige Art zu lächeln, die Harry von Draco kannte. „Ich weiß sowieso, dass es so ist. Das muss ich niemandem beweisen. So kriegst du mich nicht, Potter.“ Der Jüngere biss die Zähne zusammen. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Da ließ er sich schon einmal aus Mitleid dazu herab, seinem blöden Slytherin Mitschüler zu helfen, den er eh nie leiden konnte – und dann kniff dieser auch noch feige den Schwanz ein?! Nur weil er zu ungeduldig war, es richtig zu lernen? Harrys Hand ballte sich unbewusst zur Faust, als er sie anhob. „Und was hast du jetzt vor, Malfoy? Wenn du doch angeblich so viel besseres zu tun hast? Wirst du dich jetzt in euren Gemeinschaftsraum zurückziehen? Und dort deine Macht als Vertrauensschüler missbrauchen? Indem du aus lauter Zorn irgendeinen Erstklässler anblaffst oder verhext?! Um dich abzureagieren, weil du nicht mit Potter mithalten kannst?!“ ~*~ Wütend wirbelte der Blonde herum. Seine Augen sprühten dunkel und gefährlich irgendwelche lautlosen Drohungen vor sich hin. Bei Salazar, genau das hatte er auch vor gehabt! Er war einfach zu durchschaubar!! Zischend zog er die Luft ein. Sein Gegenüber konnte gar nicht so schnell gucken, wie er seinen Zauberstab bereits wieder in der Hand hielt. „Legilimens!“ Da stand er vor ihm. Potter – ein wenig älter als er selbst in seiner eigenen, eben gesehenen Erinnerung war. Etwa sechs oder sieben Jahre alt. „Ja, du darfst bei uns mitspielen, wenn du deine Mutprobe bestehst!“ Einige Jungen standen dem schwarzhaarigen Kind gegenüber, etwa im gleichen Alter, ein oder zwei schienen sogar ein wenig älter. Allesamt Muggel, da war sich Draco sicher. Er konnte keinerlei magisches Potential spüren. Er löste seinen Blick von der Gruppe und besah sich die Umgebung genauer. Sie befanden sich auf einem dieser riesigen, matschigen, mit Steinen übersäten Plätze, auf denen Muggel ihre Häuser errichteten. Sie brauchten diese großen, klobigen Geräte dafür – mit Ausnahme dieser hohen, dünnen Gestänge, welche im Entferntesten an einen langen Drachenhals erinnerte. Der Blonde Slytherin verzog das Gesicht, als er beim Näher treten versehentlich eine Pfütze übersah und sich seine Stiefel mit braunen Flecken verzierte. „Wie sieht die aus?“ Draco zog instinktiv die Augenbrauen beim Klang der entschlossenen Stimme hoch. Was war klein Potter so erpicht darauf, in die Gemeinschaft dieser Muggelkinder aufgenommen zu werden? Die meisten von ihnen erinnerten ihn aufgrund ihres Aussehens und dem Gesichtsausdruck an Miniaturausgaben seiner Kumpel Vincent Crabbe und Gregory Goyle. Dann flackerte das Bild um ihn herum, Konturen verliefen unscharf ineinander. Draco konzentrierte sich fester darauf, hier zu bleiben und die Verbindung zu verstärken. Nur nach Sekunden erreichte ihn die Szene wieder in voller Schärfe. Ein langer, dürrer Junge mit braunen Plusterlocken, dunklen Augen und etwas dunkler Haut, am wahrscheinlichsten ein Italiener, trat einen Schritt aus der Gruppe hervor und deutete so auf eine am Boden liegende, enge Röhre. „Du musst da durchkriechen – einmal vorwärts, einmal rückwärts! Danach kletterst du auf diesen Steinhaufen. Oben angekommen legst du dich auf den Bauch und rutscht auf der anderen Seite so wieder herunter! Und dann – “ Ein hämisches Grinsen bildete sich im Gesicht des Italieners. „Wenn du bis dahin noch nicht angefangen hast zu heulen, sehen wir weiter, Potter!“ Draco zog scharf die Luft ein. Er konnte sich nicht erklären wieso, aber für einen winzigen Augenblick hatte der Anführer der Gruppe in seinen Augen weißblondes Haar und hellere Haut bekommen. Er fühlte sich intuitiv an seine eigene Rolle erinnert. Hastig schüttelte er den Kopf und tat dies als völligen Schwachsinn ab! Das hier waren bloß blöde Muggel! Und dazu noch Potters Erinnerungen lange vor ihres ersten Zusammentreffens. Das hier hatte absolut rein gar nichts – und zwar weniger als Null - mit ihm, Draco Malfoy, zu tun. Und es war auch nur verdammt noch mal seine Aufgabe, Harry Potter zu triezen. Potter nickte entschlossen, biss sich selbst verkrampft auf die Unterlippe. Dann schob er die Ärmel seines für ihn viel zu großen, ausgeleierten Pullovers höher und machte sich auf den Weg zur braunen Röhre. Interessiert an dem Schauspiel und gefesselt von Potters Kampfesgeist zu gleichen Teilen, setzte sich der Slytherin auf zwei übereinander gestapelte Backsteine in unmittelbarer Nähe. Abwartend schlug er das linke Bein über das Rechte und hob die rechte Hand grübelnd ans Kinn. Alles was er allerdings sah, war ein erneutes Flackern der Szene – dieses Mal noch stärker als zuvor. Dann drang Potters dunkle, bekannte Stimme zu ihm durch. „Ohh nein, das wirst du nicht sehen!“ „Lass mich drin! Ich habe dich auch nicht rausgeschmissen!“, zischte er zurück. Das wollte er nun beobachten! Seine Neugierde war geweckt. Er wollte unbedingt in Potters Seele herum stöbern. „Ja, weil du nicht anders konntest, Malfoy!“ Als nächstes verschwamm die Erinnerung endgültig, der Blonde saß plötzlich auf einem silbernen Stahlzaun vor einem breiten Gebäude. Verdammt! Gerade diese Szene sah doch so vielversprechend unterhaltsam aus. Blöder Potter… Beinahe wäre er bei der plötzlichen Erschütterung des Zauns von diesem gefallen. Hastig klammerte sich der lange Slytherin an die schmale Sitzgelegenheit und starrte nach Rechts, von wo er nun auch Stimmen vernahm. „Hi Mike! Nett, dass du hier wartest… Du bist wenigstens nicht so wie die Anderen!“ Potter hatte sich soeben unbeholfen halb auf den Zaun geschmissen, um nun kompliziert an diesem hinaufzuklettern und sich neben einen rotblonden Jungen zu setzen. Damit hockte er nun zwischen Malfoy und diesem Mike, wobei er aber nur Letzteren sehen konnte. Draco versuchte Potters Alter hier zu schätzen – aber so wie er sich verhielt und mit diesem fremden Muggel umging, musste dies eindeutig noch vor seiner Hogwartszeit sein. Aber zehn oder elf Jahre war der Schwarzhaarige mindestens schon. Draco erinnerte sich nur zu gut an Potters Visage bei ihrem allerersten Treffen in der Winkelgasse, an dem er nicht viel anders ausgesehen hatte. Wahrscheinlich musste das hier stattgefunden haben, kurz bevor er den Brief erhielt. Zur Jahreszeit passte es zumindest, es war ein angenehm warmer Frühlingsnachmittag und Draco begann seinen gefütterten Mantel zu verfluchen. „Natürlich nicht… Deswegen sind wir beide ja auch befreundet, oder?“ Sanft lächelte der Fremde. „Dann griff er in seine Umhängetasche, welche um den nahe stehenden Zaunpfosten baumelte, zog etwas daraus hervor und hielt es Potter hin. Draco beugte sich interessiert weiter nach rechts, um das Geschenk zu erkennen. Dass er mit dem Oberkörper auch schon beinahe über Potters Schoß hing – weil sich dieser logischerweise Mike zugedreht hatte und damit von Draco abgewendet saß, musste er sich sehr weit beugen – ignorierte der Älteste der Runde fließend. Oder er tat zumindest verdammt gut so. Auch jetzt flackerte das Bild und Draco saß für eine Sekunde in Schwärze, ehe sich die Szene wieder materialisierte. „Potter! Nicht schon wieder! Lass’ das gefälligst, das ist verdammt unfair!“ „Das ist nicht unfair, das ist schlichtweg privat, Malfoy! Suche dir gefälligst eine oberflächlichere Erinnerung aus! So war es immerhin auch abgemacht!“ Draco erhaschte gerade noch einen Blick auf den blauen Lolli, den Harry plötzlich in der Hand hielt und Mike dankbar anlächelte. „Sogar mit Blaubeergeschmack! Woher wusstest du, dass das meine Lieblingsfrüchte sind?!“ „Raus habe ich gesagt!“ Potter klang nun wirklich böse – und aufgewühlt. Ja, beinahe aufgekratzt und aggressiv! Ohne dass er auch nur eine Chance hatte, wurde er aus der Szene hinauskatapultiert. Potter sollte sich mal nicht so aufregen, dass er diese harmlose Freundschaftsszene gesehen hatte. Das war doch eine oberflächliche Erinnerung! Er sollte sich lieber glücklich schätzen, diese Freundschaft gehabt zu haben – oder immer noch zu haben. Er hat ja auch noch Weasley und Granger! Er selbst…. Nun… wenn er das so sah, dann wurde ihm seltsam beklommen zu Mute. Er fühlte eine innere Ruhe und Nachdenklichkeit in sich aufsteigen, die er nur zu gerne verdrängte. Immer wenn er so etwas sah, wurde er unterschwellig von dem Willen geplagt, so etwas auch erlebt haben zu wollen. Doch würde er dies nach außen hin natürlich nie zugeben. Aber… Er hatte auch immer Freunde gewollt….. Jedoch war es nie dazu gekommen. Er hatte nie die richtigen Leute gefunden, die ihm würdig waren. Die genauso viel Intelligenz besaßen, wie er, mit denen er sich auf höherer Ebene austauschen konnte und gleichzeitig genauso viel Geld, damit er keine Angst haben brauchte, nur wegen diesem ausgenutzt zu werden. Menschen, die ebenso reines Blutes waren wie er… und die sich….. die sich auch so verdammt allein fühlten, wie er manchmal! Kurz gesagt: Jemanden, der in genau der gleichen Lage war, wie er selbst. Denn er war überzeugt davon, nur eine solche Person könnte ihn rundum verstehen. Nur jemand, der das Gleiche erlebt und gefühlt hatte, konnte sich in ihn hinein versetzen! Nur einem solchen Menschen würde er sich öffnen… Doch leider hatte er diesen noch nicht gefunden… Es war egal, wie reich Pansy, wie intelligent Blaise oder wie rein Gregorys Blut war, mit ihnen würde er niemals besprechen können, was ihn wirklich bedrückte. Er brauchte es nicht einmal versuchen, sie würden ihn nicht vollkommen verstehen. Und da konnte er es doch lieber gleich lassen, statt sich zu bloß zu stellen und sich zu blamieren. Der Einzige, der wenn überhaupt auch nur einen Hauch für diese Rolle geeignet wäre, wäre Theodor Nott gewesen. Doch der war viel zu selbstinteressiert, er war sein eigenes Zentrum, er brauchte keinen. Draco hatte es in seinem vierten Jahr wenige Wochen lang versucht und in kleinen Mengen gestartet, offener mit Theodor zu sprechen, als er es jemals mit irgendwem sonst getan hätte. Was ihn da genau geritten hatte, fragte er sich heute noch. Denn sein schlaksiger Mitschüler hatte nicht einmal den Hauch von Interesse gezeigt, sich Dracos Seelenheil anzuhören, oder nur annähernd Signale zu senden, dass auch er heimlich jemanden zum Reden suchte. Also hatte er diese Möglichkeit mehr als nur schnell wieder verworfen und dicht gemacht. Welch peinlicher, mickriger Versuch – dafür schämte er sich noch heute! Potter hatte wirklich eine schönere Kindheit genossen als er selbst… Er hatte während seines kurzen Gedankenschweifs gar nicht mitbekommen, woher all die Bäume und die Dunkelheit um ihn herum plötzlich kamen. Allein die dünne Mondsichel, die ab und zu hinter Blättern und Ästen auftauchte, erhellte die Szene ein klein wenig. Ein kalter Wind jaulte zischend auf, peitschte ihm trotz der abschirmenden Zweige die Nachtluft ins Gesicht. Ein Glück trug er noch immer seinen Wintermantel… Knackende Äste und Blätter auf dem Boden kündigten an, dass sich mindestens zwei oder wahrscheinlicher mehr Personen näherten. Dann erschien auch das gelbliche Licht einer Laterne. Ein Hund jaulte und wimmerte leise hin und wieder gegen den Wind. Harry Potter trat hinter einigen dicken Eichen hervor, die Laterne in der Linken, den Zauberstab in der ausgestreckten rechten Hand. Und dahinter – Er erstarrte. Seine blassgrauen Augen rissen sich auf, jeder Beobachter hätte schwören können, dass auch seine Hautfarbe an Blässe gewann. Dahinter lief er selbst. Im Alter von elf Jahren. In ähnlicher Position wie der Gryffindor vor ihm, mit dem Unterschied, dass sein linker Arm nach unten führte und Fangs Leine hielt. Plötzlich blieb Potter allerdings stehen, streckte den Arm mit der Laterne aus. Sein jüngeres Ego konnte gerade rechtzeitig noch abbremsen und den Kopf angewidert und zugleich wütend zurückziehen. Beinahe wäre er in Potter hineingerannt! Beinahe schon schüchtern sah er sich um, blickte angestrengt nach vorn, warum dieser plötzliche Stopp unbedingt von Nöten war. Er wollte so schnell wie möglich aus diesem vermaledeiten Wald heraus! „Sieh mal“, murmelte sein Vordermann und deutete auf eine Lichtung, nur wenige Schritte vor ihnen. Draco erinnerte sich, als wäre es erst gestern gewesen. Da lag es wieder. Das tote, anmutige Tier. Potter war damals tatsächlich blöd genug gewesen, zwei weitere Schritte auf diese Lichtung zuzutun. Und dann kam er aus dem Gebüsch geschlichen. Die vermummte, dunkle Gestalt trat aufs Einhorn zu, begann zu trinken. Es war abartig. Der Blonde schluckte hart, verkrampfte sich unmerklich. Panisch trat er einen Schritt zurück, realisierte nicht einmal, dass sein jüngeres Selbst beinahe das Selbe tat. Einzig der markerschütternde, panische Schrei, welcher dem elfjährigen Draco genau in diesem Moment entfloh, blieb bei der älteren Version aus. „AAAAAAAAAARRRHH!“ Jetzt war es ihm sogar noch viel deutlicher bewusst als damals… da hatte Voldemort selbst vor ihm gestanden. Wenn auch in Gestalt von Professor Quirrell. Aber er war es gewesen. Alte Erinnerungen schossen wieder hoch, jede Menge. Der jüngere Draco war ohne zu zögern herumgewirbelt und hatte die Flucht ergriffen. Draco starrte sich selbst nach. Dann zog er sich freiwillig aus Harrys Gedanken zurück. Nein, den Rest wollte er nicht sehen. Wollte er nicht wissen… Das war eine verfluchte Heimtücke von Potter gewesen!! So hatten sie aber nicht gewettet!! Er hatte eben darauf bestanden, endlich mal eine Szene zu Ende sehen zu dürfen! Aber damit hatte er keinesfalls eine solche gemeint! Und schon gar nicht eine, in der er selbst vorkam! „Na? Genug vom Stöbern in anderer Leute Köpfe?“ „Duuuuu – du wagst es, mir Voldemort vorzuhalten?!“ Zischte der Blonde und ließ geistesabwesend den Zauberstab sinken. Es lag kein wütender, herausfordernder Tonfall in seiner Stimme wie sonst, viel mehr war er von Entsetzen und Irritation geprägt. Harry lächelte ein sanftes Lächeln: „Nein. Du bist doch abgehauen, ehe er überhaupt vom Einhorn aufgesehen hat. Damals, sowie gerade jetzt auch. Ich war mir sicher, du würdest diese Szene hier abbrechen… Ich wollte dir nicht Voldemort vorführen, sondern vielmehr dich selbst.“ Draco fühlte sich an einer verdammt empfindlichen Stelle gepackt und dort hineingeboxt. Verstört riss er die Augen auf. Dass seine Knie gerade furchtbar weich waren und sein Herz viel zu oft schlug, das Blut viel zu schnell ins Gehirn trug und wieder hinaus spülte, half ihm nicht wirklich dabei, die Fassung zu bewahren. Er hatte panische Angst vor Voldemort, oder eher anders herum gesagt, dieser Zauberer war in den letzten zwei Jahren zu einem einzigen Traumata geworden. Noch nie zuvor hatte er so gelitten gehabt, hatte solche Angst um seine Eltern gehabt, hatte selbst so dermaßen unter dem Druck zu Überleben gestanden… Und noch nie hatte er so deutlich gespürt, wie vergänglich Dinge waren. Alles, was ihm bisher lieb und teuer gewesen war, wurde ihm unter den Händen hinweg gerissen oder war zumindest kurz davor gewesen, ihm entrissen zu werden. Allein schon zu nennen war da die Tatsache, dass seinem Vater der Zauberstab entwendet wurde. Seine Waffe, seine einzige Verteidigung… dass er den Krieg so überlebt hatte, war ein einziges Wunder gewesen. Und dass Voldemort ihn nicht zwischenzeitlich als ‚Müll’ entsorgt hatte… Oder natürlich der Verlust von Vincent. Er mochte ihn irgendwo wirklich… zumindest hatte er sich verdammt an ihn gewöhnt! Er fühlte sich für diesen Moment zu sehr mit Ängsten und Erinnerungen überschwemmt, als dass er Potter gekonnt die Stirn bieten konnte. Ihm fielen auf die Schnelle keine Argumente ein, er war zu schwach. Doch er musste nun kontern, musste diesem Goldjungen etwas ins Gesicht zurück pfeffern. Nur was? Er fand auf die Schnelle keine Angriffsfläche. Er verzog seine Lippen zu einem dünnen Strich, versuchte sich an seinem kältesten Gesichtsausdruck. „Schön, Potter. Jetzt hast du es ja geschafft, dich über mich lächerlich zu machen. Du wolltest mir also vorhalten, was für ein Feigling ich bin? Ich gratuliere dir, das hast du wahrlich geschafft! Erzähl’s am besten der ganzen Schule! Der Name Malfoy hat nach dem Krieg ja immerhin nur einen bitteren Ruf… der ließe sich ja durchaus noch verstärken, nicht wahr?“ Verächtlich spuckte er auf den Boden. Mit einem kraftvollen Zug riss er den Reißverschluss seines Mantels ein Stück auf und stopfte den Zauberstab mit einem viel zu kräftigen Stoß zurück in die Innentasche. Als er wieder aufblickte, um sich abzuwenden, registrierte er Potters Zauberstab auf seine Brust gerichtet. „Behaupte nicht so einen verdammten Scheiß von mir, Malfoy!“ „Ach, ist es das?!“, spöttelte der Größere scharf, „du hast es doch eben selbst zugegeben!“ Schon im selben Atemzug hatte er seinen eigenen Zauberstab zurück in der Hand und richtete ihn ebenfalls auf sein Gegenüber. „Du hast so getan, als würdest du mir bei meinem Prozess im Ministerium helfen wollen! Aber es war bloß ein Trick um mich zu demütigen! Du hast nur zugestimmt, damit du etwas zu lachen hast! Du wärst wahrscheinlich besser in Sly-“ „Impedimenta!“ „Protego!“ Draco keuchte geschockt. „Sag mal, spinnst du jetzt, Potter?“! Gerade noch rechtzeitig hatte er das Schutzschild errichten können. Es schluckte den Lähmzauber komplett. Wut brodelte in ihm, Potter hatte ihn tatsächlich unverhohlen direkt angegriffen! Er war eben wirklich wütend auf Potter gewesen, aber er hätte nicht als Erster die Grenze überschritten. Er hatte nur mit dem Zauberstab drohen wollen… hatte sich noch nicht einmal einen Spruch ausgesucht, den er nutzen könnte. Aber wenn Potter es so haben wollte! „Petri-“ „Finite! – Oh Malfoy, du bist soo einfallslos! Ich wusste, dass du das versuchst! Den hast du das letzte Mal im Zug auch schon genommen! Etwas mehr Abwechslung bitte!“ Grüne Augen starrten ihn überlegen an. Kühl und abwertend betrachteten sich beide Fronten. Sie standen immer noch mit gezückten Zauberstäben voreinander, die Luft kochte. Allein die Tatsache, dass noch immer haltlos der Schnee auf sie herabfiel ohne in Regen überzugehen, war ein Ding des Irrsinns. Der Slytherin wollte dem Schwarzhaarigen eine Lektion erteilen, niemand hielt ihn zum Narren! Eigentlich wusste der Blonde nicht genau, worauf er noch wartete. Er könnte bereits den nächsten Zauber auf Potter gehetzt haben – ihm war spontan auch einer eingefallen, mit dem sein Gegenüber bestimmt nicht rechnen würde – aber er zögerte trotzdem. Beobachtete den Gryffindor sehr genau. Was hatte der vor? Warum ins Merlins Namen zögerte er auch noch? Dann wurde es Draco zu viel. „Levicorpus!“ Zwei Stimmen dröhnten gleichzeitig über die verschneiten Abhänge – eine ein wenig heller, die dunklere folgte nur den Bruchteil einer Sekunde später. Beide jungen Zauberer riss es von den Füßen und ehe sie sich versahen hingen beide kopfüber zappelnd gut einen Meter über der Schneedecke. Dort blieben sie allerdings nicht lange genug, um die weiße Aussicht zu genießen oder die Möglichkeit zu haben, den Anderen für dieses unmögliche Vergehen anzuschreien. Denn beiden Schülern hatte es bei diesem urplötzlichen Zug an ihren Knöcheln gen Himmel vor Schreck den Zauberstab aus der Hand geschlagen. Und solche kleinen, eher unbedeutenden Verwünschungszauber hatten es nun einmal an sich, ihre Wirkung zu verlieren, sobald dem Urheber der Zauberstab aus der Hand entrissen wurde. Mit zwei schrillen Schreien fielen beide mit dem Kopf vorran zu Boden. Ihre ausgestreckten Arme verhinderten schlimmere Kopfverletzungen – so knallte Harry auf alle Vieren in den Schnee, Draco traf auf der Seite auf. Zum Glück federte die dicke Schneedecke ebenfalls ein wenig. Dennoch lagen sie eine Weile schmerzverkrümmt und still, nur mit sich selbst beschäftigt mit dem Gesicht gen Schnee. Es tat gut – und war auf seltsame Weise abkühlend. „Oouuu… Ich bin auf meinem Zauberstab gelandet…“ Fluchte der Blonde nach einigen Minuten und zog Besagten unter seinem linken Oberschenkel hervor, bevor er sich komplett aufrappelte. Harry hatte sich bereits aufgesetzt und schob hastig mit den bloßen Händen die massigen Schneemassen beiseite, legte das verkümmerte Gras darunter frei. „Schön für dich. Hoffentlich hinterlässt er nicht den einzigen blauen Fleck. Aber wenigstens hast du deinen.“ Er sprach seltsam ruhig, der bissige Tonfall schwang eher hintergründig mit. Seine Stimme klang eher geschafft und ein wenig verzweifelt. „Findest deinen wohl nicht mehr, hm?“ ~*~ Malfoys Stimme war plötzlich so nahe an Harrys Ohr, dass dieser erschrocken aufsah. Der blonde Eisprinz hockte tatsächlich neben ihm, den Zauberstab in der rechten Hand, das andere Ende ruhte unbeteiligt auf seinem linken Oberschenkel. Harry starrte ihn verständnislos an. Seine grauen Augen versprühten ein Leuchten und er könnte schwören, allein diese Augen würden grinsen! Auch wenn sich Malfoys Lippen keinen Millimeter angehoben hatten und ausdruckslos lose aufeinander lagen. Aber sein Blick musterten ihn interessiert beim Suchen. Es war kein kaltes oder herablassendes Grinsen… Harry schluckte. Aufrichtig würde am ehesten passen. „Glotz’ nicht so blöde! Ich hatte halt nicht das Glück, dass meiner genau unter mir gelandet ist!“ Und obwohl Malfoy so ruhig neben ihm hockte, den Anschein erweckte, als könne er kein Wässerchen trüben, fühlte sich Harry angegriffen. Ihn machte der warme, unregelmäßige Atem an seinem linken Ohr nervös. „Da hatten wir wohl beide die selbe Idee, was?“ Grinste der Größere – und nun hoben sich seine Mundwinkel tatsächlich einige Millimeter. Was sollte das denn werden, wenn es fertig war? Drückte ihm der Slytherin nun etwa ein normales Gespräch auf? „Sieht so aus…“, murmelte Harry zurück und tastete weiter verzweifelt nach seinem wertvollsten Stück Holz. „Hmm…“, machte Draco und titschte zwei Mal mit seinem Stab auf Harrys gekrümmten Rücken. „Es geht auch einfacher…“ „Und wie?“, murrte der Dunkelhaarige zurück, „indem du mich verhext vielleicht?“ „Fast….“ Ein wissendes Lächeln erschien auf dem blassen Gesicht. Allerdings war seine linke Gesichtshälfte, die, auf der er wohl gelandet sein musste, ziemlich stark gerötet. Malfoy sah so merkwürdig fremd in dieser Situation aus. „Ach, lass mich doch in Ruhe mit deinen klugen Ratschlägen!“, entgegnete Harry gereizt. Er hatte nun wirklich keinen Bock auf dumme Kommentare des Blonden, aus denen eh er nicht schlau wurde – er hatte nun wirklich andere Probleme. „So? Sollte ich das..? Und was hälst du hiervon…?“ Er beugte sich geheimnisvoll noch ein wenig näher. „Accio Potters Zauberstab!“ Etwa zwei Schritte hinter ihnen erhob sich etwas mit einer Wucht aus dem Schnee und raste auf sie zu. Malfoy streckte gekonnt seinen Arm aus und fing das dünne Holz auf. Erleichtert griff Harry danach – doch Draco riss seinen Arm in die Höhe, ein triumphierendes Grinsen auf den Lippen. „Sag Danke, Potter!“ „Boah Malfoy, nerv mich nicht! Gib ihn her!“ Genauso schnell wie dieser magische Moment zwischen ihnen entstanden war, war er auch wieder verschwunden. „Und das ist jetzt der Dank, dass ich dir das Suchen erspart habe und nicht einfach zurück zum Schloss gegangen bin um Slughorn seine –“ Er erstarrte und erbleichte. Auch Harry wurde blass, verdammt blass. „Scheiße!“, keuchte er. Hastig griff Draco in seine rechte Manteltasche. Erleichtert realisierte er, dass er auf der anderen Seite aufgekommen war. Mit ein bisschen Glück… Mit vorsichtigen Fingern befreite er das kleine Glasgefäß aus seinem dunklen Gefängnis und hielt es zwischen sie. Harry war direkt näher gekrochen, wollte umgehend einen Blick auf das Gefäß werfen um Gewissheit zu haben. Draco drehte die Phiole am Bauch um ihre eigene Achse. „Puuuh, sieht unverletzt aus! Die Milch ist zumindest noch komplett da…. Verflucht, war das knapp, Malfoy…“ „Jaah, du sagst es!“ tbc ****** Okay, das war nun die erste Hälfte von Teil 1, der Teil geht noch weiter! Allerdings wollte ich unbedingt an Weihnachten hochladen (auch wenn der weihnachtliche Aspekt noch nicht vorgekommen ist ^^;;;) und ich habs nun mal vorher nicht fertig geschafft… x_x Ich hab schon soo lange nichts mehr für Weihnachten geschrieben ^^ Extradisclaimer: Für das Lied „Wonderland“ von Heidi Klum habe ich übrigens auch keinerlei Rechte und die Lyrics sind auch nicht von mir. *g* Ich weiß, Heidi Klum und Harry Potter ist strange XD“ Mir kam die Idee zu der FF, als ich das Lied im Radio gehört habe. Merry Christmas to all of you ^_^y Eure Polar(Weihnachts-)stern ^-^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)