Heart of Fire von -Mina- (Haos Suche nach der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 4: * ~ ^ ~ * -------------------- Written by Earu Auch am darauffolgenden Morgen wusste Sharia noch nicht recht, was sie von alledem halten sollte. Schon bei den allmorgendlichen Tätigkeiten vor der Schule hatte sie arge Probleme. So brauchte es zum Beispiel drei Anläufe, bis das Top richtig saß und dem Mädchen fielen beim Frühstück ständig Messer und Gabel aus der Hand. Völlig entnervt schnappte sie sich dann endlich um zwanzig nach sieben ihre Tasche und machte sich auf den Weg zur Schule. Während sie wenig später durch die große Einkaufspassage lief, rief sie sich den gestrigen Abend in Erinnerung. „Aber viel wichtiger ist doch, dass ich dich endlich gefunden habe ... ich kann es fühlen ...“, Haos Stimme hallte in Sharias Kopf wieder, doch je mehr das Mädchen darüber nachdachte, desto weniger Sinn machte es alles. Der Junge hatte die Wahrheit gesagt, das wusste sie; wenn auch nicht, woher. Sharia war so in Gedanken versunken, dass sie nicht mitbekam, wie Kana die ganze Zeit schon versuchte, sie einzuholen. „Hey!“, rief das kleinere Mädchen keuchend, „Guten Morgen. Echt toll von dir, einfach an mir vorbei zu rennen!“ „Oh, bitte entschuldige.“, sagte Sharia hastig und machte eine kleine Verbeugung, „Ich bin heute einfach nicht ganz bei der Sache. Du hättest mich mal beim Anziehen oder Zähneputzen erleben sollen; die reichste Katastrophe. Aber egal, gestern Abend ...“ Doch da wurde das Mädchen abrupt von ihrer Freundin unterbrochen: „Hör mir bloß mit gestern Abend auf. Ich hab gelernt bis zum Umfallen und hab trotzdem noch nicht verstanden, wie das in Englisch geht.“ „Okay, dann erzähl ich es eben nicht!“, sagte Sharia empört, „Aber um Englisch mach ich mir keinen Kopf. Schließlich hatten wir Adverbien schon letztes und vorletztes Jahr und werden uns in den nächsten Jahren sicherlich auch noch damit rumschlagen dürfen. Außerdem wurde der Test doch auf unbekannt verschoben.“ „Das ist nicht dein Ernst?!“, heulte Kana auf, „Zwei Stunden Büffeln für nichts.“ Das weitere Stück des Weges bis zur Schule schaffte es auch Kana nicht die Gedanken um Hao aus dem Kopf der Freundin zu verbannen, wovon sie natürlich keine Ahnung hatte. Doch wenigstens einen Lichtblick gab es: Sharia kam der glorreiche Einfall in der Bibliothek nachzusehen, ob über dieses Volk, das der Junge erwähnt hatte, etwas zu finden war. Aber dieses Vorhaben musste noch etwas warten, da sie erst nach dem Unterricht dafür Zeit haben würde. Wie das Mädchen bereits erwartet hatte, schleppten sich die Stunden deshalb noch langsamer dahin, als sie es ohnehin schon taten. Doch endlich läutete es halb drei nachmittags zum letzten Mal und ohne ein Wort des Abschieds stürzte Sharia in die Bücherei. Dort ließ sie sich von dem freundlichen Bibliothekaren eine Liste mit Büchern geben, in denen wohl das meiste stehen würde. Es dauerte eine Weile, alle Werke zu finden, aber dann setzte sich das Mädchen mit einem wackeligen Bücherstapel an einen Tisch. Die ersten beiden Wälzer enthielten zwar einiges über Schamanen im Allgemeinen, aber kein Wort über die Patscheen. Der dritte führte dieses Volk auch nur in einer Liste von „Heute existierenden Stämmen“ auf und Nummer vier war ein Volltreffer. Die Autoren beschrieben die Gesellschaft, Vergangenheit und Lebensweise sehr genau und kamen sogar auf dieses Turnier zu sprechen, von dem Hao geredet hatte. Sharia bekam immer mehr Interesse für dieses Schamanenvolk, aber ihr reichte noch nicht, was sie hier gefunden hatte. Es war zwar gut und schön zu wissen, was vor 500 Jahren geschehen war, doch es hatte ja kaum etwas mit ihrem früheren Selbst zu tun. Darum versuchte das Mädchen im fünften und sechsten Buch noch etwas zu finden, aber es ergab sich nichts Neues mehr. Langsam leerte sich die Bibliothek, schließlich ging es schon auf halb sieben zu. Zwischen den ganzen Schwarten und der immer geringer werdenden Hoffnung, noch auf etwas zu stoßen, schlief Sharia ein. Im Traum sah sie seltsame Bilder, von einem Ort, an dem sie noch nie gewesen war: eine gigantische Sternschnuppe flog über den klaren Nachthimmel; ein Tumult auf einem freien Platz; überall Feuer; ein riesiges rotes Wesen, das aus diesem Flammen sprang und schließlich ein kleines Mädchen im Alter von vier oder fünf Jahren, das freudestrahlend und mit offenen Armen angerannt kam. „Hallo? Entschuldigung, willst du dein Nickerchen nicht lieber zu hause beenden?“, die Stimme und das sanfte Rütteln des Bibliothekars weckten Sharia auf. „Was?“, murmelte sie verschlafen und registrierte erst nach einigen Sekunden, wo sie sich befand. „Oh tut mir Leid. Bin ... bin gleich weg, ich räum nur noch schnell die Bücher wieder ein.“ „Aber nicht doch.“ Entgegnete der Mann, „Geh lieber nach Hause, du siehst immer noch sehr müde aus. Ich mach das hier schon.“ „Danke.“, gab das Mädchen zurück und verbeugte sich, „Auf Wiedersehen.“ Kurz vor halb acht kam Sharia zu Hause an, ließ die Gardinenpredigt; wegen ihres zu spät kommens, ihres Vaters über sich ergehen und stürmte sofort hoch in ihr Zimmer. Ein kurzer Blick durch die Scheibe der Balkontür reichte, um zu sehen, dass dort draußen niemand war. Doch auch jetzt war ans Schlafen gar nicht zu denken. Das Bild des kleinen Mädchens aus dem Traum hatte sich so in Sharias Kopf festgebrannt, dass sie sich vor den Zeichenblock setzte und bis Mitternacht arbeitete. Erst dann war das Mädchen mit ihrer Skizze so zufrieden, dass sie endlich Ruhe fand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)