Mother's Child von Niccolo ================================================================================ Kapitel 1: Mother's Child ------------------------- „Mutter, Mutter!“ Das Kind hatte den Kopf in den Nacken gelegt und blickte hinauf ohne mit seinen Augen zu sehen oder sehen zu wollen. Es war sich nicht bewusst, dass es auf dem Boden kniete, die Hände in den Schoß gelegt. Es war sich nicht des Raumes bewusst, in dem es kniete und nicht des Lichtes, das von überall und nirgendwo zu kommen schien und seine Umgebung erhellte. Doch es hätte kein Licht gebraucht, denn in jede Richtung die es hätte blicken können war nur eine helle, braune Wand zu sehen, die in einem unendlich langsamen aber gleichmäßigen Rhythmus zu pulsieren schien. Das einzige dessen sich das Kind bewusst war, war das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit, das es zärtlich umfing und umschmeichelte. Und es wusste, dass es mit der Mutter sprechen musste. „Mein Kind.“ Antwortete eine Stimme, die von nirgends und überall zu kommen schien und im Herzen des Kindes am lautesten zu hören war. Die Stimme sprach sanft, sanft wie ein gerade so spürbarer Windhauch, sanft wie das Meer wenn nicht eine einzige Welle die Oberfläche kräuselt, sanft wie der weiche Sand unter den Strahlen der Abendsonne, sanft wie eine einzelne, ruhig brennende Flamme. „Mein Kind, ich habe dich kommen lassen, denn ich habe eine Aufgabe für dich.“ „Was ist es, das ich für dich tun kann, Mutter?“ „Es ist dort eines meiner Geschöpfe, das sich da nennt Mensch, welches mir Probleme bereitet. Und auch wenn meine Macht groß ist, so brauche ich doch dich, mein Kind, um zu sehen, was es tut. Verlasse diesen Ort der Harmonie und sieh mit deinen Augen was der Mensch verrichtet und wenn du alles gesehen und erfahren hast, so kehre zu mir zurück und berichte. Nun geh.“ „Ich tue was du mir aufgetragen hast, Mutter. Auf Bald.“ Und die Stimme der Mutter verschwand. Das Kind schloss seine Augen und als es sie wieder öffnete und das erste mal bewusst blickte, da sah es die Menschen und erschrak. Es sah, wie die Menschen die Haare der Mutter herausrissen und ihre Haut der Sonne preis gaben. Aus den Haaren aber, bauten sie Dinge, mit denen sie über die Meere trieben und Dinge, auf denen sie sich ausruhten und Dinge, unter denen sie vor dem Regen Schutz suchten. Und sie zerkleinerten die Haare und stellten dünne Dinge her, auf denen sie Nachrichten verbreiteten und Informationen. Und sie taten noch vieles Mehr damit. Als das Kind seinen Blick auf einen anderen Punkt richtete, da sah es, wie die Menschen, die von Haaren befreite Haut der Mutter mit einer Grauen Masse bedeckten und ihr die Möglichkeit der Atmung verwehrten. Und das Kind schloss die Augen um dies nicht weiter zu sehen und als es sie wieder öffnete, war es woanders bei den Menschen und seine Augen waren weit vor Entsetzen. Es sah, wie die Menschen die Adern der Mutter abschnürten und sie in andere Richtungen zwangen, nur weil es ihnen besser passte, gerade Adern zu haben oder welche haben wollten, die an anderen Orten vorbeiliefen. So wandelte das Kind unter den Menschen von einem Ort zum anderen und was es sah, das versetzte es immer mehr in Furcht und Entsetzen. Und während es umherwandelte und beobachtete, was die Menschen taten gab es unter ihnen keinen, der das Kind sah. Es wanderte weiter von einem Augenblick zum anderen und es kam zu riesigen Bergen von aufgehäuftem Abfall und es sah, wie sich aus diesen, Stoffe durch die Haut der Mutter fraßen und sich tief in ihrem Inneren sammelten und sie vergifteten. Und es kam an großen Behältern vorbei auf denen gelbe Dreiecke gemalt waren und darauf Kreise, von denen drei Teile gelb und drei Teile schwarz waren und in der Mitte ein von Gelb umrahmter Punkt. Als es diese Behälter sah, da floh es so schnell es konnte, denn um sie herum lag ein Hauch von Vernichtung und Verderben und kein Tier oder Pflanze wollte in die Nähe von ihnen. Doch es war nicht das letzte, das das Kind sah. Es musste sehen, wie die Menschen tief in die Haut der Mutter bohrten und ihr Blut herausholten um es in großen Gebäuden zu verbrennen oder in vielen kleinen oder aber sie Stellten allerlei Dinge aus dem Blut her. Und das Kind musste zusehen wie das Blut verbrannt wurde und die Überreste in die Lunge der Mutter geblasen wurden und sie verschmutzte, vergiftete, beschädigte und ihr das Atmen erschwerte. Schließlich kam das Kind an den letzten Ort und es musste zusehen, wie sich die Menschen in das Fleisch der Mutter wühlten und große Brocken herausrissen und darüber herfielen und zu vielen anderen Dingen machten. Und nachdem das Kind all dies, all diese Schandtaten der Menschen gesehen hatte, da wurde es wütend. Und es wurde wütender, als es bemerkte, dass die Menschen nicht einmal erkannten, was für Gräueltaten sie begangen. Und es wurde traurig, als es die Hitze der Mutter spürte, ihr steigendes Fieber, das überall seinen Einfluss zeigte. Schließlich, nachdem es lange fort war und alles gesehen hatte, kehrte das Kind an jenen Ort zurück, an dem es das erste mal die Mutter gehört hatte und von wo es aufgebrochen war. Und das Kind kniete wie schon einmal in dem Raum mit den pulsierenden Wänden, den blicklosen Blick nach oben gerichtet und rief nach der Mutter und die Mutter antwortete. „Willkommen zurück, mein Kind. Nun erzähle, was du gesehen hast.“ Und das Kind berichtete von all den schrecklichen Dingen, die der Mensch tat und die es mit eigenen Augen gesehen hatte und als es schließlich fertig war da sagte die Mutter: „Das habe ich befürchtet, mein Kind.“ Die Stimme der Mutter klang traurig, traurig wie der nährstofflose Boden, auf dem nichts wachsen kann, traurig wie das tote Meer, das zu salzig für alles Leben ist, traurig wie der Wind, der in den Schluchten heult, traurig wie die letzte erlöschende Glut eines Feuers. Und das Kind herhob die Stimme und rief: „Mutter! Du musst die Menschen vernichten, denn es sind Parasiten, die dich Ausbeuten ohne dir etwas zu geben!“ Doch die Mutter antwortete ruhig: „Unter meinen Geschöpfen gibt es viele Parasiten und ich könnte keines von ihnen vernichten. Ich kann den Menschen nicht vernichten wenn er ein Parasit ist.“ „Dann vernichte ihn, denn er ist wie ein Virus! Er passt sich nicht an sondern zwingt dich sich ihm anzupassen!“ „Mein Kind, in meinem Reich leben viele Vieren und ich kann keinem von ihnen seine Existenz verweigern. Ich kann den Menschen nicht vernichten wenn er ein Virus ist.“ Das Kind senkte den Kopf und schwieg lange, nicht wissend was es der Mutter entgegen halten konnte. Nicht wissend, wie es die Mutter überzeugen sollte. Aber wohl wissend, dass der Mensch ihre Vernichtung wäre, wenn sie dem nicht Einhalt gebot. Schließlich erhob es noch einmal den Kopf und sagte bedächtig: „Mutter, vernichte den Menschen, denn er ist ein Mensch.“ Da antwortete die Mutter: „Ja mein Kind, ich werde ihn vernichten.“ Einen Moment schwieg die Mutter, dann fuhr sie mit bedächtiger Stimme fort: „Mein Kind, dies war nicht der einzige Grund weshalb ich dich erweckt habe. Ich habe einen zweiten Auftrag für dich. Gehe hin zu den Elementen und verkünde ihnen, dass es da gibt das Geschöpf Mensch und dass es mein Wille ist, dass dieser vernichtet wird. Nun geh.“ Das Kind senkte leicht den Kopf, als Zeichen, dass es verstanden hatte und sagte: „Ich eile, Mutter.“ Und es schloss wieder die Augen um seine zweite Reise zu beginnen. Und es ging hin zu den Elementen, die da sind Feuer, Luft, Erde und Wasser und es sprach zu ihnen vom Menschen und seinen Gräueltaten und als es sprach, da klang seine Stimme zornig und wütend, wütend wie ein reißender Strom mit seinen mahlenden Strudeln, wütend wie die verheerende Lawine, die alles unter sich begräbt, wütend wie der tosende Sturm, der alles hinfort bläst, wütend wie der brodelnde Vulkan, der bereit ist auszubrechen. Und die Elemente wurden vom Zorn des Kindes angesteckt und als sie den Willen der Mutter erfuhren, da erhoben sie sich und kamen auf die Menschen hernieder. Die Massen der Meere erhoben sich und türmten sich auf zu riesigen Wellen die auf die Küsten zuliefen und die Menschen hinfort spülten. Und die Flüsse traten über die Ufer und liefen in die Behausungen der Menschen und ertränkten sie mit ihren Massen. Der Wind türmte Wolkenberge auf über den Menschen und mit Blitz und Donner und Stürmen kam er über sie und er erschuf Hurrikans und Tornados und riss hinfort, was die Menschen gebaut. Und die Erde bäumte sich auf, schon lange vom Menschen geschunden und sie zerriss unter den Füßen der machtlosen Menschen und riss sie in ihr Inneres. Und es rüttelte die Bauten auf, dass sie zur Erde fielen und die Menschen von ihrem eigens Geschaffenen verschüttet wurden. Aus den gerissenen Spalten trat das innere Feuer hervor und bahnte sich seinen Weg und alles was in seinen Weg kam das verzehrte es. Und aus den Bergen traten die Feuerströme hervor und ergossen sich über die Menschen und sie spieen Feuer und Asche und zerstört alles was der Mensch geschaffen. Und es gab kein Entrinnen, denn der Mensch, so mächtig er sich auch gedacht, war nichts gegen die Mächte der Elemente, die schon von Urzeit, von Anbeginn der Tage existierten und dem Willen der Mutter geboten. Nun als die Elemente gewütet hatten und der Mensch vernichtet war, da erstrahlte die Mutter in einem neuen Kleid, ein anderes als sie zuvor getragen hatte aber nicht weniger schön und atemberaubend und es war noch schöner, denn nun war es gereinigt vom Menschen. Und als die Mutter nun zum Kind sprach, da klang ihre Stimme ebenso rein, rein wie eine weißglühende Flamme, rein wie der Sand des Flusses, über Jahrtausende gewaschen, rein wie die Luft einer klaren Winternacht, rein wie der Quell, der gerade erst dem Berg entsprungen ist. Und sie sprach: „Hab Dank, mein Kind, du hast mich vor Zerstörung gerettet. Nun ist deine Aufgabe erfüllt darum lege dich nieder und kehre zurück zu deinem Schlaf.“ Und das Kind kehre zurück in den Schoß der Mutter und es legte sich nieder und schloss die Augen. Und es schlief ein, bis zu dem Tag, an dem die Mutter es erneut erwecken würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)