Planet Punk... von MrsMoxley (..Die Ärzte Short Stories Teil 1) ================================================================================ Kapitel 7: Rod Loves You ------------------------ Track 7.: Rod Loves You ...Remember... "Ja bitte, wenn ihr meint. Doch ehrlich mal, ihr scheint... Kleine Arschkriecher zu sein... YES SIR! YES SIR!" ----------------------------------------------------------------------------------- Wie immer schaute Rod seinen beiden Bandkollegen zu, wie sie sich, schon fast unsittlich, ihren Instrumenten widmeten, um diese für die bevorstehenden Aufnahmen vorzubereiten. Wie immer, ja, dieses Verhalten war normal für den Bassisten, doch irgendwie war es doch nicht wie immer, denn dieses Mal war er mit seinen Gedanken ganz woanders. Er musste seinen beiden besten Freunden heute etwas sagen, etwas für ihn sehr wichtiges. Lange hatte er überlegt, wann, wo und wie er es ihnen mitteilen würde. Und den heutigen Tag, der ihr letzter Aufnahmetag für das neue Album war, empfand er am geeignetsten. "Hey Rod, was ist denn los?", der kleinere Drummer sah ihn schräg an. Er kam nicht umhin, das nachdenkliche Gesicht Rods zu bemerken und auch Farin hatte seine Arbeit eingestellt, um sich dem Bassisten zu widmen. "Ich... also...", stotterte Rod schon fast. Er fühlte sich ertappt, obwohl er eigentlich gar nichts anderes gemacht hatte, als ein wenig nachzudenken. Schnell griff er nach seinem Bass und stand auf. Er wollte die Situation nicht noch unangenehmer machen, als sie für ihn schon war, "Los, lasst uns anfangen. Es juckt mir schon in den Fingern!". Bela und Farin sahen sich an und zuckten mit den Schultern. Eigentlich störte sie das Verhalten Rods nicht weiter, war es doch für ihn immer normal gewesen. Sie kannten sozusagen gar nichts anderes von ihm, doch irgendwas war heute anders an dem Bassisten, als sonst. Das spürten beide ganz deutlich. "Rod...", Farin unterbrach sein Gitarrenspiel und schaute Rod fragend an, als dieser sich in einem Song schon zum vierten Mal verspielt hatte, "Jetzt komm schon, das ist der letzte Song, dann sind wir fertig". Genau das war es ja. Der letzte Song. Nur noch diesen und dann würden sie fertig sein. Dann würde Rod sagen, was er schon so lange wollte und die Reaktion seiner Bandkollegen abwarten, vor der er am meisten Angst hatte. Er hatte Angst, dass sie seine Entscheidung nicht verstehen würden oder erst gar nicht tolerieren. "Entschuldige Jan, ich...", Rod stellte seinen Bass beiseite und ging einige Schritte in Richtung Tür, "Ich geh eine Rauchen, vielleicht hilft das ja". Er mied den Blick zu seinen Freunden. Er wusste nicht genau wieso, aber irgendwie behagte es ihm nicht. "Was ist nur los mit ihm?". Bela starrte immer noch auf die Tür, aus der Rod gerade gegangen war. Er machte sich wirklich Gedanken um den Bassisten, wusste ja nicht, was diesen bedrückte. Auch Farin, der direkt neben dem Kleineren stand, schaute zur Tür und brachte nichts weiter als ein Seufzen und ein kurzes Schulterzucken hervor. Rod war schon immer der ruhigere gewesen, sprach nicht viel über sich und seine Gefühle, weil er die anderen nicht mit seinen Problemen belasten wollte, aber dieses mal schien ihn etwas wirklich ernsthaftes mitzunehmen. Und genau das war es, was dem Gitarristen ein ungutes Gefühl im Magen bereitete. Er hasste es, wenn einer seine Bandkollegen unter irgendwas leiden musste und vor allem bei Rod machte er sich immer mehr Gedanken, als wie es bei Bela der Fall war, kam Bela doch immer sehr gut alleine klar. Doch Rod war nun mal sensibel und leicht angreifbar. Es schmerzte den Blonden regelrecht ansehen zu müssen, wie sich der Chilene um etwas Gedanken machte. Besorgt sah er zu Bela hinüber. Mit einem "Ist schon gut" hob Bela beide Arme. Er wusste genau, was Farin wollte, daher schnappte er sich schnell seine Jacke. Es war komisch, aber Bela und Farin verstanden sich, ohne ein Wort zu sagen. Warum war das bei dem Chilenen nicht auch der Fall? Dann wäre auf jeden Fall vieles einfacher. Aber nein, Rod musste sich ja immer wie ein altes, verstaubtes und geschlossenes Buch benehmen, bei dem man immer Angst haben musste eine Seite zu zerreißen, wenn man umblättern wollte. "Dirk?", der Dunkelhaarige, der schon halb aus der Tür raus war hielt für einen Moment inne und schaute zu dem Blonden, der seinen Namen genannt hatte. "Danke". Der Drummer winkte nur kurz ab. Es war für ihn kein Problem gewesen, im Gegenteil, er wollte auch wissen, was mit Rod los war. Als Bela das Studio verließ, lehnte Rod an der Wand und atmete gerade einen tiefen Zug seiner Zigarette ein. Unauffällig stand Bela einige Momente da und beobachtete seinen Bandkollegen. Der Anblick des Bassisten zerbrach ihm das Herz. Vorsichtig räusperte er sich und ging auf Rod zu. "Hey...", meinte er kurz, "Hier ist doch noch frei, oder?". Mit einem leichten Lächeln deutete er auf die Wand und Rod nickte desinteressiert. Bela lehnte sich neben Rod an die Wand und zündete sich auch eine Kippe an. Gemeinsam sahen sie einigen Autos zu, die etwas weiter entfernt an ihnen vorbei fuhren. "Also...", der Ältere drehte sich zu Rod und musterte dessen Profil, bevor er weiter sprach, "Jetzt sag mir, was los ist! Du weißt, dass Jan und ich uns immer Gedanken um dich machen, wenn du so niedergeschlagen wirkst". "Ihr müsst euch keine Gedanken um mich machen", meinte Rod, immer noch den Blick auf die Straße gerichtet. "Jetzt rede doch keinen Quatsch!", sagte Bela ernster und griff nach Rods Schulter um seinen Blickkontakt zu erzwingen. Er hasste es regelrecht, wenn man ihm nicht ins Gesicht sah, wenn man mit ihm redete, "Mit dir stimmt was nicht. Das ist mehr als offensichtlich! Los... wir sind doch deine besten Freunde". Belas Blick wurde immer fürsorglicher und bei seinem letzten Satz packte er Rod nun ganz und drückte ihn fest an sich. Diese Umarmung löste etwas in Rod aus, was er sich selbst nicht erklären konnte. Er fing bitterlich an zu weinen und klammerte sich immer fester in die Jacke Belas. "Ach Dirk, das ist es ja...", schluchzte Rod, "...genau weil ihr meine besten Freunde seid, kann ich euch das nicht antun!". Farin saß immer noch im Studio. Es war schon einige Zeit vergangen, als Bela hinaus gegangen war um mit Rod zu reden. Diese Ungewissheit quälte ihn ins Unendliche. Dass mit Rod etwas nicht stimme, wusste er schon lange. Nur so schlimm wie heute, benahm er sich noch nie. Wenn er doch nur wusste, was es war, was Rod so bedrückte. Vielleicht könnte er ihm dann helfen. Er wünschte sich doch nichts anderes, als dass seine beiden Bandkollegen glücklich sind. Keiner von ihnen sollte wegen etwas leiden. Das hatte er sich geschworen. Vorsichtig ging Farin an ein Fenster und schaute hinaus. Seine Neugierde übertraf halt doch alles andere. "Verdammt", nuschelte er leise, als nur Belas Rücken zusehen war. Allerdings sah es so aus, als wenn dieser sich intensiv mit Rod unterhalten würde. "Nein, das kannst du nicht machen!", der Kleinere wedelte hektisch mit den Armen und trat auf der Stelle herum, "Verdammt...". Gestresst griff er mit seiner Hand in seine Frisur und seufzte dabei. "Dirk, versteh doch. Ich brauche diese Pause halt", versuchte Rod zu erklären. Er hatte Bela nun, nachdem dieser ihn bittend und bettelnd belallt hatte, erzählt, was ihn so lange bedrückte, warum er sich immer solche Gedanken machte. Aber anscheinend war es ein Fehler gewesen auch nur ein Wort dieses Themas überhaupt anzusprechen, denn der Drummer schien alles andere als einverstanden zu sein. "Rod...", Bela ging auf den Chilenen zu und packte seine Schultern, "Ich kann dich echt gut verstehen, wirklich, aber ich verstehe einfach nicht... warum?". Die Frage des Dunkelhaarigen ließ Rod schlagartig zu Boden gucken. Warum. Ja, das hatte er sich auf öfters gefragt, hatte sich gefragt, weshalb er in letzter Zeit immer so fühlte, weswegen er so unglücklich ist. Doch er fand keine Antwort darauf. Er wusste halt nicht warum, nur, dass es ihn bedrückte und er deswegen diesen Schritt gehen musste. "Vielleicht...", begann er, "...weil ich nicht mehr weiß, wer ich bin". Bela kam nicht umhin zu bemerken, dass sich der Bassist ziemlich zermarterte. "Hey, komm her...", er zog den Chilenen an sich, so, wie er es während des Gespräches schon einmal gemacht hatte, "Vielleicht hast du Recht". Ein fragender Blick Rods ließ den Kleineren erklären, "Wenn du nicht mehr weißt, wer du bist, woher sollen wir das dann wissen? Vielleicht ist es besser, wenn du eine Pause einlegst. Für uns alle". Sanft streifte Bela dem Größeren durchs Haar. Rod mochte es eigentlich nicht, wenn man seine Haare anfasste, doch in diesem Moment konnte er einfach nicht reagieren. Bela verstand ihn also wirklich. "Danke, Dirk". "Okay", der Kleinere grinste, "Dann lass uns jetzt mal überlegen, wie wir das Jan am besten beibringen". Der Blonde versuchte gerade verzweifelt einen Song zu spielen, was ihm aber nicht so recht gelingen wollte. Immer wieder verspielte er sich, was wohl auf die Nervosität zurück zu führen war. "Jan?" Farin zuckte leicht zusammen, als er seinen Namen hörte, hatte er Bela und Rod ja nicht hineinkommen hören, war er mit seinen Gedanken doch woanders gewesen. Ein leichtes Unwohlsein durchströmte ihn, als er die Stimme des Drummers hörte. "Wir müssen mit dir reden". Die Betonung dieses Satzes war es, welche den Gitarristen in seiner Vermutung bestärkte, dass es sich bei der nun bevorstehenden Nachricht um keine wirklich gute, ja vielleicht sogar eine schmerzhafte Mitteilung handeln würde. "Was denn?", fragte er verwirrt, obwohl er eigentlich das Gefühl hatte, dass er gar nicht wirklich wissen wollte, was seine beiden Freunde von ihm wollten. Doch wie immer machte sich Neugierde in ihm breit. Manchmal gab es Tage, in denen er seine Neugierde verabscheute, genauso, wie er sie manchmal auch liebte. Heute war einer der Tage, in denen er sie verabscheute, sogar richtig widerwärtig fand. Am liebsten hätte er sich in ein tiefes Loch gesetzt, sich die Ohren zugehalten und so lange gewartet, bis alles vorbei war. Er hätte einfach nichts mitbekommen und dann, wenn er wieder nach draußen ginge, wäre alles so wie vorher. Doch dies blieb für Farin nur ein Wunschgedanke, denn er wusste, dass das Leben so niemals funktionieren würde. Wortlos stellte er seine Gitarre zur Seite und setzte seine Beine fest auf. Er hatte es im Gefühl, dass die nun folgende Nachricht ihn ins wanken bringen würde. "Hör zu", begann Rod, brach aber ab, da er nicht die passenden Worte fand. Immer, wenn der Chilene dem Größeren ins Gesicht, in die Augen blickte, empfand er eine Art Schuldgefühl. Er wollte dem Blonden nie Sorgen machen, lag das doch nie in seiner Absicht. Doch heute musste er es tun. Er konnte nicht länger Rücksicht auf die anderen beiden nehmen, denn nun ging es nur um ihn und um die Tatsache, dass er sich von Tag zu Tag schlechter fühlte. Er musste schlucken, bevor er neu ansetzte. "Jan, ich... ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, aber...", wieder eine kurze Pause des Chilenen, welche Farin noch unwohler werden ließ, "...ich... ich werde für ungewisse Zeit fort gehen". So, jetzt war es gesagt. Rod hatte endlich den Mut aufgebracht, zu sagen, was ihn so lange bedrückte. Es fühlte sich gut für den Bassisten an, wie er einfach die Wahrheit sagte, befreite es ihn sogar ein wenig. Er spürte, dass es ein Schritt in die richtige Richtung war, die er eingeschlagen hatte. Dies schaffte er aber nur, weil er die Hoffnung hatte, dass auch Farin ihn verstehen würde. Nein, er war sich sicher dass Farin ihn verstehen würde, war auch er immerhin einer seiner besten Freunde gewesen, sind jahrelang durch dick und dünn gegangen und hatten sowohl sehr gute, als auch sehr schlechte Zeiten miteinander erlebt. Gemeinsam. Je mehr Rod darüber nachdachte, desto mehr war er sich sicher, dass Bela und Farin einfach die besten Freunde, ja, die besten Menschen der Welt waren. "Rod...", Farin stand auf und griff Rod an die Schultern. Mit ernstem Blick sah er ihn an, "Bist du...", er rang ein wenig nach Worten, das spürte Rod deutlich, "...dir sicher? Ich meine, was ist denn überhaupt los? Ich... wir... Nein Rod... du kannst jetzt nicht einfach so gehen! Das lasse ich nicht zu" Diese Reaktion Farins versetzte Rod einen leichten Stich im Herzen, dachte er doch immer, dass Farin ihn am meisten verstehen würde. Und nun war dieser es, der seine, ansonsten so seltene, Intoleranz gegenüber dem Bassisten äußerte. "Ich...", begann der Chilene, den Kopf gesenkt. Doch weiter kam er nicht, denn er drehte sich um und rannte aus dem Studio. Die Tränen, die er dabei vergoss, nahm er gar nicht erst wahr. Zu groß war der Schmerz, dass der Gitarrist ihn nicht verstand, dass er so reagierte. "Na, das haben wir ja mal wieder toll hinbekommen, Herr Urlaub!", Bela stand vor Farin, der immer noch auf dem kleinen Hocker saß und sah wütend auf diesen herab, "Hast du eigentlich mal bemerkt, wie sehr Rod im moment leidet? Er will eine Auszeit, weil er einfach nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht! Er weiß noch nicht einmal mehr, wer er überhaupt ist und was er überhaupt auf dieser Erde will! Verdammt Jan, hörst du mir überhaupt zu?". Farin schreckte auf, "Was?? Jaja... natürlich kannst du schon gehen". Er hatte dem Drummer natürlich nicht zugehört. Wie konnte er auch? Immerhin war er mit seinen Gedanken bei Rod. Denn kaum hatte dieser den Raum verlassen, plagten Farin Gewissensbisse. Ihm war einfach nicht bewusst, wie ernst die Situation war und das plagte ihn nun von Minute zu Minute mehr. "Gut... ich geh wirklich", meinte Bela kurz und schnappte sich wieder die Jacke, die er vorhin, als er mit Rod wieder hinein kam, einfach über das Sofa geworfen hatte. Dieser Satz des Drummers ließ Farin wieder in die Realität zurückkehren. "Wie? Was? Wo willst du denn hin?". "Ich fahre zu Rod. Wenigstens einer von uns muss sich bei ihm für dein Verhalten entschuldigen und da du gerade wohl mit deinen Gedanken eine Weltreise machst, muss ich das wohl oder übel übernehmen". Mit diesen Worten war der Ältere schon verschwunden. Farin konnte nur noch aus dem Fenster sehen, wie Bela in sein Auto stieg und wegfuhr. Am Ohr klebte sein Handy. Offenbar versuchte er Rod zu erreichen. "SCHEISSE!", der Gitarrist fluchte, als er den Hocker um trat, auf dem er bis vor einigen Minuten saß. Kaum hatte er dieses getan, stellte er ihn wieder auf, nur um seine Tat nochmals zu wiederholen. Er musste einfach diese Wut auf sich selbst auslassen und der Hocker schien das Geeignetste dafür zu sein. Er wiederholte sein Vorgehen viermal, bis er sich schließlich doch wieder setzte und das Gesicht in den Händen vergrub. Leise war ein Schluchzen vom Blonden zu hören. "Scheiße...". Mit einem kurzen Seufzer ließ Rod sich in sein Bett fallen und starrte an die Decke. "Warum nur...?", fragte er sich. Und das war eine gute Frage. Wenn er es sich recht überlegte war es doch eigentlich immer Farin gewesen mit dem er über alles reden konnte. Klar, mit Bela konnte er auch reden, doch Farin bewahrte sich immer noch ein wenig Ernsthaftigkeit, was bei Bela nicht immer der Fall war. Das der Blonde seine Entscheidung nun nicht verstand, sie sozusagen nicht tolerierte, war für Rod nur schwer zu begreifen. Das Klingeln an seiner Tür riss Rod aus seinen Gedanken. Langsam und träge stand er auf, um diese zu öffnen, doch eigentlich wusste er schon, wer dort an der Tür stehen würde. "Hey Rod", meinte Bela, als dir Tür aufging und Rod ihn mit leicht glasigem Blick ansah. "Hey Dirk... komm doch rein", der Chilene machte einen Schritt zur Seite und ließ den Kleineren hinein. Drinnen, blieb Bela erst einmal stehen. Obwohl er schon öfters bei Rod war, wartete er immer wieder, bis Rod ihn ins Wohnzimmer oder in die Küche bat. Es war eine Angewohnheit von ihm. Dies machte er nur bei Rod, bei Farin nicht. Dort stiefelte er immer rücksichtslos in Richtung Sofa und belagerte dieses mit der kompletten Länge seines Körpers. Daher war es auch nicht unüblich, dass Farin herum motzte, weil Bela es meistens auch nicht für nötig hielt, seine Schuhe aus zu ziehen, eher er den weißen Teppich vor Farins Couch betrat. Aber nun war er bei Rod und das war etwas ganz anderes. "Bitte, setz dich in die Küche. Ich mach uns einen Kaffee". "Rod, hör zu...", begann Bela, als er sich gesetzt hatte, nachdem er schon einmal zwei Tassen auf die Arbeitsplatte gestellt hatte, doch Rod winkte ab. "Schon gut", meinte er, "Du brauchst dich nicht für Jan entschuldigen". "Aber...", Bela brach seinen Erklärungsversuch ab. Er wusste nicht genau warum, aber irgendwie spürte er, dass es die ganze Situation für Rod nur schlimmer machen, ihn vielleicht sogar noch mehr verletzen würde. So stand er einfach nur auf um sich Zucker und Milch zu holen. Minutenlang saßen sie schweigend am Tisch und tranken ihren Kaffee, als Rod sich kurz räusperte. "Weißt du", begann er, den Blick stets auf die Tasse gerichtet, "Im Grunde genommen hat Jan ja Recht". Während er diese Worte sagte, tippte er schnell und regelmäßig mit dem Zeigefinger auf die Tasse, "Irgendwie war meine Idee mit der Pause auch wirklich schwachsinnig". Rod lachte leise, doch Bela merkte, dass der Bassist sich dieses eher erzwingen musste. "Jetzt rede doch keinen Scheiß!", meinte Bela und erhob sich von seinem Stuhl, "Du kennst doch Jan. Er macht sich immer einen Kopf um Nichts und wieder Nichts und dann, wenn es doch mal wichtig ist, dann realisiert er es nicht und spuckt große Töne...". Er ging um den Tisch herum und packte Rod am Arm. "Weißt du was?", schnell, aber vorsichtig, zog der Kleinere den Chilenen auf die Füße, "Du packst jetzt deine Sachen und ich fahre dich zum Flughafen, dann fährst du schön für eine Weile weg und entspannst dich ein wenig. Und um Jan brauchst du dir keine Gedanken machen. Ich kümmere mich schon um ihn. Er wird vielleicht ein wenig nörgeln und stinkig sein, aber ändern kann er es nicht. Und wenn er das begriffen hat, dann gibt er auch wieder Ruhe, okay??". Bela hatte den überrumpelten Rod schon fast ins Schlafzimmer gezogen, als er seinen Satz beendete und stehen blieb. Er schaute den Bassisten fragend an, so, als wolle er eine Bestätigung für seine Idee haben. Es dauerte eine Weile, bis Rod diese ganzen Informationen und Pläne von Bela verarbeitet, eingeordnet und innerlich geprüft hatte, doch dann nickte er mit einem, dieses mal ehrlichem, Lächeln. "Gut, dann komm weiter", schon wieder zog Bela den Größeren hinter sich her, bis sie im Schlafzimmer angekommen waren. Erst hier ließ Bela von Rod ab und half dabei, Sachen für die Reise zusammen zu suchen. Eigentlich tat er nichts anderes, als so gut wie alles, was im Schrank war heraus zu holen, aufs Bett zu schmeißen und dann von Rod sortieren zu lassen, aber alleine die Tatsache, dass er helfen wollte, weckte in Rod ein komisches Gefühl, welches er allerdings schnell wieder abschüttelte, um sich seiner eigentlichen Arbeit zu widmen - dem Packen seines Koffers. Es waren keine dreißig Minuten vergangen, da standen Bela und Rod schon draußen und rauchten eine. Sie wollten noch einmal etwas gemeinsam tun bevor Rod fuhr, zur Erinnerung, auch, wenn es sich hierbei nur um etwas banales, wie Rauchen handelte. Aber egal wie banal es war, für Bela und Rod war es eine Erinnerung, wussten sie schließlich nicht, wann sie das nächste Mal einander sahen. "Gut, dann lass uns los, okay?", Bela wartete noch, bis der Chilene seine Zigarette aus gemacht hatte, bevor er diesem die Tür zur Beifahrerseite seines Wagens aufhielt und den schweren Koffer hinten auf den Rücksitz stellte. "Dirk, ich... ich habe immer noch ein schlechtes Gewissen, wegen Jan...", murmelte Rod, "Ich meine... ich kann doch nicht einfach fahren ohne ihm Bescheid zu sagen...". "Ich hab doch gesagt... mach dir keine Gedanken", Bela lächelte leicht zu Rod hinüber, musste er ja schließlich nebenbei auf den Verkehr achten, "Wenn Jan wüsste, was wir hier machen, dann würde er alles daran setzen, uns davon abzuhalten". Rod nickte leicht und schaute dann wieder aus dem Wagenfenster. Er beobachtete die Umgebung; die Gegend, in der viele Jahre seines Lebens verbrachte. Ein Leben, von dem er im Augenblick nichts mehr wusste. Es stimmte. Rod konnte nicht genau sagen, ob man das, was er hier hatte, wirklich Leben nennen konnte oder einfach nur Existenz? Das Licht machte der Dunkelheit langsam Platz und kündigte damit schon die kommende Nacht an. Es dauerte nicht lange, da konnte man gerade nur noch die Umrisse der Bäume erkennen, die am Straßenrand standen. Rod hasste die Nacht. Erst recht, seitdem er angefangen hatte über sich und das, was um ihn herum war, nachzudenken, dachte man in der Nacht doch am meisten nach. Irgendwie fühlte Rod sich nicht wohl, als er in der Dunkelheit mit Bela durch die Straßen fuhr. "Dirk?? Könntest du bitte irgendwo anhalten? Mit geht es nicht so gut..." "ähm...", Bela warf zwar einen etwas fragenden Blick auf den Bassisten, doch stellte er seine Frage nicht laut, "okay". Sie waren auf der Landstraße, daher war es nicht schwer einen Platz zu finden, an dem sie halten konnten. Bela guhr rechts ran und Rod stieg aus dem Wagen. Er brauchte jetzt sowohl frische Luft, als auch eine Zigarette. Da er nicht beides gleichzeitig haben konnte, entschied er sich, zuerst die Zigarette zu rauchen und dann die frische Luft zu tanken, war dies in dieser Reihenfolge auch viel sinnvoller gewesen. Langsam zog Rod den blauen Dunst in seine Lunge. Es entspannte ihn doch immer wieder, wenn er rauchte. Daher verstand er manchmal auch nicht, wie Farin in Stresssituationen lieber zum Tee, statt zur Zigarette greifen konnte, hatte der Blonde doch eigentlich immer den meisten Stress. "Hey, geht es dir gut?", Bela war auch aus dem Wagen gestiegen und legte Rod nun eine Hand auf die Schulter. Sein Blick war besorgt und traurig, als auch stark und standhaft. Ja, das war so eine Sache, die Rod am meisten an dem Drummer mochte; diese gewisse Fähigkeit in schwachen Momenten immer noch stark zu wirken. Aber, gut? hmm... was bedeutete dieses Wort eigentlich? Woher kennen die Menschen die Grenze zwischen dem, was gut ist und dem, was schlecht ist, hat doch jeder eine andere Vorstellung von Gut und Böse, die er in seinem Leben verfolgt. Rod seufzte, dann sah er zum Himmel hinauf. Ein leichter Windstoß fand den Weg in Rods Jacke, daher begann dieser ein wenig zu zittern. "Rod... du zitterst... dir ist bestimmt kalt, komm, wir gehen wieder in den Wagen...", Bela versuchte Rod dazu zu bewegen, sich wieder ins Auto zu setzten, nicht, weil er wollte, dass dem Chilenen warm wurde. Nein, das wollte er zwar auch, aber es war nur Nebensache. Er wollte endlich weiterfahren, denn wenn sie noch länger warten würden, dann käme Farin auf komische Gedanken und das wollte Bela mit aller Sicherheit nicht, denn eine Szene von Farin Urlaub vergisst man nicht so schnell. Bela hatte sich schon oft die eine oder andere anhören müssen, daher hätte er auf Abruf diverse Beispielsituationen nennen können - wahrscheinlich sogar mit Datum und Uhrzeit. Doch der Bassist schüttelte nur mit dem Kopf, den Blick weiterhin auf den Himmel gerichtet. "Dirk, siehst du die Sterne?". Verwirrt blickte nun auch der Drummer in den Himmel. "Ja, ich sehe sie, aber... warum fragst du mich das?" "Nun ja...", der Chilene suchte sich einige passende Wörter zusammen, "Wenn man die Sterne von hier aus beobachtet, dann würde man doch denken, dass sie ganz dicht beieinander stehen. Doch das tun sie nicht. Sie sind unter anderem Millionen von Kilometern voneinander entfernt. ...Schon komisch, wie Sterne einem Menschen manchmal ähneln können". Für einige Momente schwiegen beide. Bela dachte über das nach, was Rod gerade gesagt hatte, doch dann lächelte er. Er stellte sich hinter den Chilenen und schloss ihn fest in seine Arme. "Dirk, was..?" "Nein... sei still", der Kleinere drückte Rod fester an sich heran und legte seinen Kopf auf dessen Schuler, "Du bist so ein Dummkopf. Du bist nicht wie die Sterne. Spürst du die Wärme? Das bin ich, der immer bei dir ist. Glaub mir, ich werde immer für dich da sein, egal was passiert. Nein, du bist nicht allein und daher auch kein einsamer Stern, der in der Menge untergeht. Du bist Rodrigo Gonzalez, der Mensch, der mir am meisten bedeutet". "Dirk...", der Chilene schluchzte leise und Tränen füllten seine Augen. Langsam drehte er sich um und schaute seinen Gegenüber an. Es war finstere Nacht, nur die Scheinwerfer des Wagens leuchteten Rod und Bela ein wenig an, nicht genug für Rod, um mehr, als die Silouetten, aber ausreichend, um das Leuchten in den Augen des Kleineren zu sehen, "...du weißt ja gar nicht, wie viel mir das...", doch weiter kam er nicht, denn der Drummer hatte schon seine Lippen auf die des Chilenen gepresst. Ja, er küsste seinen Freund. Warum genau wusste Bela noch nicht, aber er wusste, dass er es in diesem Moment unbedingt wollte. Er konnte einfach nicht anders, konnte sich nicht dagegen wehren. Doch, er musste es zugeben. Er begehrte den Bassisten regelrecht. Erschrocken über sich selbst, ließ der Drummer von Rod ab und ging einige Schritte nach hinten. Er wollte Rod nicht noch mehr verwirren, sich nicht noch mehr Fragen stellen lassen. Nein, das war alles andere als seine Absicht gewesen, doch wahrscheinlich war es nun zu spät. Für einen Moment stand Rod still da. Er konnte nicht sofort realisieren, was passiert war, doch er hatte so ein komisches Gefühl. Mit einem Mal waren die Einsamkeit und die Leere in seinem Körper verschwunden. War es das, was er eigentlich tief in seinem Inneren gesucht hatte? Die Zuneigung eines anderen und das Verlangen nach demselbigen? Kurz und ergreifend: Liebe? Rod war sich nicht sicher, doch er wollte es herausfinden. "Rod, ich wollte... ich..." "Na na... jetzt sei du mal ruhig", befahl er und sanft legte der Chilene einen Finger auf den Mund des Kleineren. Er wollte gerade diesen Platz, an dem sein Finger verharrte mit seinen Lippen tauschen, als eine Melodie erklang, die er nur zu gut kannte. Es war Belas Handy. Und auch wer anrief, wusste Rod zu gut, erklang doch nur bei einem Menschen dieser Klingelton. "Jan...", meinte Bela mit einem Ton, der halb erleichtert und halb enttäuscht klang. Er wollte den sanften Kuss des anderen zwar spüren, doch war es ihm in irgendeiner Weise auch unangenehm, war die Situation in seinen Augen auch nicht gerade die allerbeste. Nachdem der Rufton ein drittes Mal eingesetzt hatte, nahm der Dunkelhaarige endlich ab. "Was is los, mein Kleener?". "Hahaha... ... ...Arschloch!" "Ja, ich hab dich auch lieb... aber, was ist denn jetzt?" "Ich wollte wissen, ob du mit Rod geredet hast?" Mit einem Mal verschwand das Lächeln aus Belas Gesicht, denn die Stimme im Telefon hatte kaum etwas von dem humorvollen, albernden Farin Urlaub, den er kannte, nein, seine Stimme war sehr ernst und... traurig. Bela schaute zu Rod, der einige Schritte von ihm entfernt stand und gespannt dem Telefonat lauschte, wollte er keinen Laut machen, um Farin besorgt zu machen. "Ich...", stammelte der Kleinere, "...Ja, hab ich" Er wollte Farin nicht sagen, dass Rod doch gehen würde, aber ihn auch nicht anlügen, indem er meinte, dass Rod bleibt. Es war eine Zwickmühle oder, besser gesagt, ein Labyrinth, aus dem er keinen Weg nach draußen fand. Daher schwieg er erst einmal und wartete darauf, was der Gitarrist zu sagen hatte. Doch auch dieser schwieg. Er konnte aus Belas Antwort schon fast die komplette Geschichte interpretieren. Vom Besuch, über das Koffer packen bis hin zur Fahrt zum Flughafen, war das halt die Art des Drummers gewesen. Er kam immer auf die unmöglichsten Ideen mit denen er seinen Freunden helfen will. Farin erinnerte sich nur ungern an die Nacht und Nebel Aktion, in der Bela in die Videothek gefahren ist und für Farin einen Porno ausgeliehen hat, nur, weil er meinte, dass er im Augenblick total viel Stress hat. Los Großer, damit entspannst du dich bestimmt schnell..., meinte er damals. Aber Farin dachte nur an eines. Soll ich etwa vor dir meinen kleinen Smudo raus holen, oder was?. Wie Farin so über die Situation nachdachte, kam ihm noch etwas in den Sinn, etwas, was er all die Zeit nicht beachtet hatte. "Was meinte er eigentlich mit damit entspannst du dich bestimmt SCHNELL??", fragte er sich selbst, nicht mehr wissend, dass er mit Bela telefonierte, welcher ihn aber schnell mit einem "Hä? Was?" in die Realität zurück holte. Farin schüttelte sich kurz, dann widmete er sich wieder seinem Gesprächspartner. "Dirk, ich bitte dich nur um eines, ich möchte Rod noch einmal sehen, bevor er fährt. Ich will mich richtig von ihm verabschieden und mich bei ihm entschuldigen, wegen meines Verhaltens. Ich kann ihn nicht fahren lassen, mit der Erinnerung an mich, dass ich ein schlechter Freund bin. Nein, Dirk, das will ich nicht und schon alleine den Gedanken daran ertrage ich nicht!". "A...aber, Jan..." "Dirk, bitte..." Tut Tut Tut... Langsam schloss Bela sein Klapphandy und ließ es wieder in die Hosentasche gleiten. Danach sah er Rod an, welcher allerdings lächelte. "Los Dirk, fahr mich nach Hause...". Ein liebevolles Lächeln formte sich auf dem Gesicht des Drummers und dann nickte er. Er hätte wissen müssen, dass der Bassist niemals hätte gehen können ohne dass er sich von Farin verabschiedet hätte, war das niemals seine Art gewesen. Es waren keine fünf Minuten vergangen, als Bela und Rod das Ortseingangsschild passierten. Nun war es nicht mehr weit bis zu Farins Wohnung. Bela meinte, dass es vielleicht soch sinnvoller wäre, bei Farin vorbei zu schauen, war der Besuch des Chilenen auch sein Wunsch am Telefon gewesen. Während der Fahrt schwiegen Bela und Rod, doch das störte sie nicht, denn sie schienen auch so zu wissen, was der andere dachte. "Könnten wir vorher vielleicht doch nochmal bei mir vorbeifahren?", fragte Rod leise. Ihm war es unangenehm, die Stille zu durchbrechen, die eigentlich doch sehr schön war. "Natürlich können wir das, aber ich muss vorher noch schnell tanken. Das habe ich heute morgen in meinem Brausekopf mal wieder vergessen". Bela schaute auf die Tankanzeige im Armaturenbrett, welche schon seit einiger Zeit rot blinkte. Doch in Hamburg eine Tankstelle zu finden, war nicht wirklich sehr schwer. Es gab eigentlich an jeder Straßenecke eine. Manchmal dachte Bela, dass es eigentlich schon so viele Tankstellen geben müsste, dass jedes Auto eine eigene Zapfsäule haben könnte. Schnell bog er auf den Platz der nächsten örtlichen Benzinaufbewahrungs- und -befüllungsstätte und hielt an. "Du bleibst hier, okay? Und nicht weglaufen!". Bela stieg aus dem Wagen und Rod beobachtete ihn dabei, wie er einen normalen Tankvorgang ausführte. Es war merkwürdig, aber Rod verspürte eine Art Wärme, als er den Drummer sah. Er konnte sich nicht erklären, warum es so war, kannten die beiden sich doch schon so lange und niemals war auch nur irgendein Gefühl in dem Chilenen, dass für mehr als Freundschaft gelten könnte, doch nun hatte er sie. Er liebte den Kleineren. "Gut, du bist also noch da", der Ältere lächelte, als er wieder ins Auto stieg, um weiter zu fahren. "Warum sollte ich laufen, wenn du mich auch überall hinfährst?", scherzte der Chilene und Bela machte es glücklich, dass der den Größeren wieder scherzen und lachen sehen konnte. Grinsend startete er den Motor und fuhr vom Tankstellenplatz. Er war schon leicht müde, daher war er froh, wenn er die Wohnung des Gitarristen erreichen würde. Leicht nervös, okay, leicht nervös ist untertrieben, EXTREM nervös ging Farin in seinem Wohnzimmer auf und ab. Alle paar Sekunden schaute er aus dem Fenster und die Straße entlang, hoffend, dass er Belas oder Rods Wagen sehen würde. Sollte der Drummer ihn wirklich enttäuschen? Sollte er wirklich nicht mit Rod vorbeikommen, sodass dieser einfach ging, ohne, dass Farin sich noch entschuldigen konnte? Er hätte den Chilenen auch einfach anrufen können, doch zum einen war Rods Handy ausgeschaltet und zum anderen, war es dem Blonden doch ein wenig zu unpersönlich, einfach nur zu telefonieren. Er wollte dem Bassisten ins Gesicht blicken, ihn einfach noch einmal sehen. Je länger er wartete, desto mehr schwand die Hoffnung in ihm, dass Bela und Rod vorbeikommen würden. Traurig ging er in die Küche uns setzte ein wenig Wasser auf. Er wollte noch einen Tee trinken, beruhigte ihn dieses Getränk doch immer. Ding Dong Es klingelte. Farin ließ alles um ihn herum stehen, hatte er doch die Hoffnung, dass... "ROD!!!". Ein freudiger Aufschrei des Gitarristen und schon lag er in den Armen des Chilenen. Er war überglücklich, dass Bela ihn nicht versetzt hat und er nun die Möglichkeit bekam, sich bei dem Bassisten für alles zu entschuldigen. Der Chilene grinste, als er die Umarmung Farins spürte. Vielleicht hatte Bela ja Recht und er war kein verdammter einsamer Stern. Doch noch war alles ein wenig merkwürdig für ihn, daher wollte er erst noch einmal wirklich sicher gehen. "hey Jan...", ginste er nur, doch da lief schon Bela an ihm und Farin vorbei. "Ey, Kleener... ich bin voll müde... ich beleg mal kurz dein Bett...". Er wartete gar nicht auf eine Antwort Farins, sondern ging gleich den Flur entlang zum Schlafzimmer, welches er sofort betrat und die Tür hinter sich schloss. "Was ist denn mit dem los?", fragte Farin verwirrt und ließ Rod los, der auch einfach nur mit den Schultern zucken konnte. "Ist ja auch egal... komm erst einmal rein... ich wollte gerade einen Tee machen. Möchtest du auch einen? Ich kann dir auch schnell Kaffee kochen, oder doch eine Kleinigkeit zu Essen? Fühl dich wie Zuhause... aber, dass habe ich dir ja schon öfters gesagt...". Der Blonde sah Rod an und deutete dann auf dessen Arm, "Was hast du denn da?". "Was?", der Chilene erschrak, doch dann setzte er ein Lächeln auf. "Das ist ein Fotoalbum. Da hab ich alle meine Erinnerungen an euch drin. Ich war eben mit Dirk nochmal bei mir, weil ich das unbedingt mitbringen wollte". Ein Lächeln war auf dem Gesicht des Gitarristen erschienen, dann deutete er auf das Wohnzimmer, "Los, dann schauen wir uns das doch mal an", meinte er und nahm die beiden Teetassen mit. Er hatte Rod jetzt einfach einen Tee mitgemacht, auch, wenn Rod noch nicht einmal gesagt hatte, dass er einen will. Doch irgendwie wusste er, dass der Bassist einfach nur zu bescheiden war um irgendetwas von ihm zu verlangen. Das war etwas, was er an dem Jüngeren liebte. Als sie den Flur entlang zum Wohnzimmer gingen, hörten sie ein Schnarchen aus dem Schlafzimmer kommen. "Der pennt ja wirklich!?", meinte Farin und schüttelte kurz mit dem Kopf. Bela war manchmal einfach nicht mehr zu helfen. Mit diesem liebevollen Kopfschütteln stellte er die Tassen auf den Wohnzimmertisch und deutete Rod, dass dieser sich setzten sollte, bevor er es tat. Es war wie immer eine freundliche Geste des Gitarristen auf die anderen zu warten, empfand er es doch immer als widerwärtig, kein guter Gastgeber zu sein. "Danke...", der Jüngere setzte sich und griff nach der Teetasse. Er wollte einen Schluck trinken, doch schon alleine, als seine Lippen sich dem Getränk nährten, bemerkte er, dass dieses wohl doch noch zu früh, das der Tee noch zu heiß ist. So stellte er die Tasse wieder zurück und wartete darauf, dass Farin das Wort ergreifen würde, wusste er nämlich nicht, wie er anfangen sollte. Der Blonde tat es auch recht schnell, war er doch immer schon ein leidenschaftlicher Redner gewesen. "Rod... ich...", er griff nach den Händen des Chilenen und sah ihm tief in die Augen, "Es tut mir leid wegen heute mittag. Ich hätte nicht so egoistisch und eingennützig reagieren dürfen. Es geht hier nur um dich und darum, dass du dich wohl fühlst. Ich habe unüberlegt gehandelt. Es geht hier nicht um mich oder Dirk oder sonst wen... es geht einzig und alleine um dich und...", Farin stoppte kurz seinen Sprechfluss. Er erkannte an Rods Mimik, dass er ihm nicht böse war. Im Gegenteil, Rod fand den verzweifelten Entschuldigungsversuch des Blonden sogar recht amüsant. So grinste der Ältere, "...und jetzt will ich wissen, was für peinliche Fotos du von mir hast!!". Der Chilene grinste ein wenig, dann holte er das Buch hervor und öffnte es. Er sah sich die Fotos an, als wäre es etwas ganz normales, doch das war es nicht für ihn. Für ihn waren es Fotos von Bedeutung und auch Farin brauchte eine kurze Weile, bis er verstand, was Rod so zum Grinsen brachte. "Sag mal", meinte er, "Warum sind da eigentlich so viele Fotos von Dirk drin?". Mit einem Ruck erhob sich der Drummer vom Bett. Er war zwar extrem müde, allerdings konnte er nicht wirklich schlafen. Viel zu sehr dachte er an sich und Rod und an die Situation auf dem Parkplatz nach. Außerdem musste er mal ganz dringend Farin kleinen Raum mit der Porzellanschüssel verwenden. So tappste er leise aus dem Schlafzimmer und wollte in Richtung Toilette, als er Farins Frage nach den Bildern vernahm. Neugierig drückte sich Bela an die Flurwand und lauschte gespannt, waren die meisten Fotos ja von ihm gewesen. "Nun ja", begann Rod, der eigentlich nie so recht darauf geachtet hatte, wie viele Fotos von wem und warum überhaupt in diesem Album waren, "Das... kann ich dir auch nicht sagen...". Er senkte seinen Kopf. Irgendwie bedrückte es ihn, dass er darauf nicht antworten konnte, war die Antwort doch eigentlich ganz einfach gewesen. Stattdessen schlug er weiter die Seiten um und versuchte das Thema zu wechseln. "Schau Jan, da bist du, als wir zusammen im Urlaub waren. Oje, was hattest du einen Sonnenbrand. Wie viel Kühlgel musste ich dir auf den Rücken schmieren?". Eigentlich rechnete Rod mit einer Antwort a la 'Keine Ahnung, so 20kg müssten es schon gewesen sein', doch stattdessen erntete er nur einen bestimmenden Blick von Farin. Dieser hatte sich das Foto noch nicht einmal angeguckt. "Wa... was ist denn los?" "Los, sag es!" "Wa... was soll ich sagen?" "Verdammt Rod, du liebst Dirk, oder?" Verwirrt kauerte sich der Bassist auf dem Sofa zusammen. Dieser Blick von Farin beängstigte ihn doch ein wenig, war er solch eine Reaktion nicht gewohnt. Sonst war Farin immer derjenige gewesen, der ruhig und gelassen an Dinge herangetreten ist und Probleme auf neutraler Ebene löste. Dass er nun so aus sich heraus kommt, hatte Rod noch nie bei dem Gitarristen gesehen. "J-Jan... was...?" "Bitte Rod, gib es zu! Denn dann...", mit einem tiefen Seufzen ließ sich Farin auf das Sofa fallen, "...dann weiß ich, dass ich dich endgültig verloren habe...". "Jan...". Rod schaute den Blonden mit großen Augen an. Was hatte er gerade gesagt, ihm gestanden? Sollte er ihn etwa... "...du... liebst mich?". Leise nickte Farin, eine Träne in den Augenwinkeln. "Ja, schon seit... seit... ach, ich weiß schon gar nicht mehr wie lange. Ich weiß nur, dass es so ist! Dass ich dich liebe... aber...", er machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach. Er schien all seinen Mut und all seine Kraft sammeln zu müssen, "...aber wenn du sprichst, dann sprichst du meistens von Dirk. Wenn was zu klären ist, dann gehst du meistens zu ihm. Auch heute mittag hast du dich ihm als erstes anvertraut... und jetzt... jetzt seh ich die Bilder, auf denen hauptsächlich Dirk zu sehen ist... komm schon Rod! Ich bin zwar blond, aber, dass du Gefühle für ihn hast, sieht doch ein Blinder mit nem Krückstock!". Je weiter er sprach, desto lauter wurde seine Stimme. Er wollte gar nicht so laut werden, doch irgendwie erleichtete es ihn ungemein. Bela stand schwer atmend auf dem Flur neben der Tür und drückte sich etwas stärker an die Wand. Er konnte nicht wirklich glauben, was der Gitarrist gerade gesagt hatte, doch es bereitete ihm einen Stich im Herzen. Er konnte sich das einfach nicht mit anhören, daher wollte er gerade zurück ins Schlafzimmer, als... "Jan..." Die Stimme des Chilenen ertönte und sofort blieb Bela wieder stehen um zu hören, was Rod zu sagen hatte. "...ich... ich weiß gar nicht, was ich sagen soll..." Belas innere Stimme kam zum Vorschein, Sag einfach, dass du nichts empfindest... "...es... ich... ich mein... es kommt so überraschend und..." Bitte sag nichts falsches... Doch anstatt weiter zu sprechen, ließ Rod Taten folgen. Er rutschte etwas näher an den Blonden heran und sah ihm tief in die Augen, bevor er ihn küsste. Bela weitete seine Augen, als er kurz um die Ecke schielte und die Tat des Bassisten sah. Langsam gaben seine Knie nach und er sank immer weiter zu Boden. "Das kann doch nicht sein...", flüsterte er sich leise zu und versuchte die Tränen, die gerade in ihm aufkamen, zu unterdrücken. Nein, das konnte Rod gerade nicht getan haben! Wie in Trance ging der Dunkelhaarige in Farins Schlafzimmer, zog sich seine Schuhe an und schlüpfte in seine Jacke. Er weiß nur noch, dass er auf einmal draußen in der Kälte stand. Und er erinnerte sich an Rods Stimme, die ihm hinterher rief. Doch auf diese hörte er schon nicht. Zu geschockt war er von dem Anblick des Menschen, den er liebte und seinem besten Freund gewesen. Er wollte einfach nur noch weg. Weg von Farin, seinem angeblichen Freund und weg von Rod, seiner Liebe. Er wollte sie einfach nicht mehr sehen. Es vergingen einige Wochen in denen Bela weder auf Anrufe, noch auf SMS, Briefe oder sonstige Kommunikationsmittel reagierte. Abgeschottet saß er einfach nur in seinem Wohnzimmer und wollte von niemandem was wissen. Vor allem nicht von Farin und Rod. "Pah... sollen sie doch glücklich werden!! Ich halte sie nicht auf!", ja, das sagte er in dem einen Moment, doch in dem anderen ließ er sich wieder heulend in sein Sofakissen fallen. Er war einfach komplett fertig, wusste nicht was und wohin. Ein paar Mal gingen Farin und Rod bei Bela zuhause vorbei. Die machten sich einfach Sorgen um den kleinen Drummer. "Ach Jan, was hab ich da nur angestellt?", fragte Rod, als er, nach einem weiteren kläglichen Versuch, Dirk zu erreichen, mit Farin in einem Straßencafe saß, "Ich hab einfach alles falsch gemacht!". "Nein, du hast nichts falsch gemacht. Es ist meine Schuld. Ich wusste, dass Dirk Gefühle für dich hat. Ich hab die ganze Situation mit meinen eigenen Gefühlen nur verschlimmert... Dabei wusste ich doch, dass du Dirk auch liebst!". Farin umschlang eine Tasse Tee mit seinen Händen und starrte auf den Inhalt, der sich, im Uhrzeigersinn drehend, in dem Gefäß bewegte. "Jan... dich trifft wohl am wenigsten die Schuld. Kein Mensch kann was für seine Gefühle, daher ist es auch nicht verwerflich, wenn man sie irgendwann loswerden möchte...", er machte eine kurze Pause, in der er in den Himmel sah, "...aber danke, dass du meine Gefühle respektierst. Ohne Dirk ist mein Leben einfach nicht so, wie sonst... irgendwie so... leer. Und in solchen Momenten, wie diesem hier, ist es schön, wenn ich einen Freund wie dich an meiner Seite haben kann... Danke, Jan". Farin errötete leicht. Für ihn war es selbstverständlich gewesen für Rod da zu sein, zumal er sich auch um den Drummer Gedanken machte. "Gern geschehen, Rod"... Weitere Wochen vergingen und in dieser Zeit, waren Farin und Rod noch mehr zusammen. Die Situation hatte ihre Freundschaft noch mehr gestärkt, als wie es vorher war - auch, wenn sich der Drummer immer noch nicht gemeldet hatte. Rod konnte in dieser Zeit auch wieder lächeln, so, wie Farin ihn kannte und dies machte den Gitarristen selbst glücklich. "Wirklich schön", meinte er verträumt, als er bei dem Chilenen saß und ihn ein wenig beobachtete, wie dieser sich gerade über die Kritik eines Filmes aufregte. "Natürlich ist der Film schön!", meinte Rod, ohne jemals den Gedanken zu hegen, dass Farin ihn damit gemeint hatte, "Ich könnte mich schon wieder aufregen, wenn ich nur zwei Sätze hieraus lese!!". Wütend schmiss Rod die Zeitschrift beiseite und schmollte auf seinem Sofa. Wie angenehm es doch für den Gitarristen war, Rod wieder über was ganz banales nachdenken zu sehen. Vielleicht lag es ja daran, dass sie endlich vor ein paar Tagen eine Nachricht von Bela erhalten hatten. Es war nicht viel. Nur eine Karte. Bela war weggefahren und schrieb, dass es ihm gut ginge und dass sie sich keine Sorgen um ihn zu machen brauchten. Wann und ob er überhaupt wieder kam, stand nicht drin, doch irgendwie schien schon alleine die Nachricht an sich Rod zu beruhigen. "Du?? Jan??" Der Blonde, der gerade seinen Blick durch das Zimmer schweifen ließ, drehte sich wieder zu Rod, "Ja? Was ist denn?". "Glaubst du, Dirk hat den Film auch gesehen?" Ein leichter, verzweifelter Gesichtsausdruck kam in Rod hervor, doch Farin versuchte ihn mit einem Lächeln zu beruhigen, "Natürlich! Bestimmt regt er sich auch gerade über die Kritik auf". Schwach nickte der Bassist, dann lehnte er sich an die Schulter des Größeren. "Gut...", meinte er und schloß dabei die Augen, "...aber weißt du... es ist mir gar nicht mehr so wichtig". "Wie meinst du das?" "Es ist mir gar nicht mehr wichtig, was Dirk macht. Ich weiß jetzt, dass es ihm gut geht. Auch ohne mich. Verstehst du... ich habe ihn damals schon verloren. In dem Moment, als ich dich geküsst hatte... in dem Moment, als ich mein Herz mit dir teilte". "Rod...", verwirrt und schuldig sah Farin auf den Chilenen, "...ich... es tut mir leid". "Aber nein...", noch immer hatte Rod seine Augen geschlossen, "Mir tut es leid.. ich hätte keinen von euch so an der Nase herum führen dürfen. Ich hätte einfach von Anfang an auf mein Herz hören sollen." "Auf dein Herz?". Jeder weitere Satz, der aus dem Mund des Chilenen kam, verwirrte Farin noch mehr. Er kam einfach nicht mit. "Jan... in deinen Armen einzuschlafen ist das Schönste auf der Welt...". Mit diesem Satz verabschiedete sich Rod von der Realität und nickte ein. Nur drei kleine Worte konnte er noch im Halbschlaf sprechen: "...ich liebe dich!". --------------------------------------------------------------------------------- Ach verdammt... Diese Story hat was Gutes und was Schlechtes... Das Gute : SIE IST FERTIG!!! *__________* Das Schlechte : Sie ist scheiße >_____________< Naja... ich hoffe, dass es bei der nächsten Story besser wird ^^ Also freut euch schon mal (oder versucht es wenigstens xD) auf: Track 8.: Der Misanthrop Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)