Der Glasgarten von Gadreel_Coco (A chinese doll story) ================================================================================ Kapitel 4: sie schlingen sich um dich… -------------------------------------- ~ sie schlingen sich um dich… ~ Sie dösten. Schuldig einen Arm unter den Kopf geschoben, den anderen um den Jungen gelegt, damit dieser nicht von der schmalen Pritsche rutschte, welches ihr Bett darstellte. Zugegeben, er mochte es den Kleinen an sich zu haben, so hatte er zumindest wirklich das Gefühl, dass er nicht alleine war, wenn er die Augen schloss. Und er wusste den Jungen bei sich, denn falls er Gefahr laufen sollte einzuschlafen, bemerkte er sogleich, wenn Fei Longs Lakaien hier ihre Aufwartung machten. Takaba war wie ein Wachhund, zuckte sofort bei der kleinsten Annäherung an die Tür zusammen. Was Schuldig auch nicht groß verwunderte. Fast zwei Wochen waren vergangen und sein körperlicher Zustand hatte sich stabilisiert, dafür litt er unter chronischem Schlafmangel, Unausgeglichenheit und war leicht zu reizen. Seine Fähigkeiten lagen noch immer brach, waren aber immerhin schon soweit wieder vorhanden um die Aktivitäten Fei Longs und dessen Männer sorgfältig im Auge zu behalten. Er musste dringend schlafen, denn sein Nervenkostüm hing am seidenen Faden. Nur mit Mühe konnte er Wutanfälle und Stimmungsumschwünge im Zaum halten. Es hatte Stunden gegeben in den letzten Tagen in denen er in Fei Longs Geist gedrungen war, wie schleichendes Gift. Doch auch wenn in ihm der Wunsch aufgekommen war, verätzende Säure auf den Boden des Geistes zu träufeln und ihn sich in Schmerzen winden zu lassen… so war es doch der grausame, dunkle Teil in ihm, der an Fei Long gefallen fand. Etwas zog ihn zu diesem grausamen, schönen Mann hin, als suchte es einen Gleichgesinnten. Und etwas anderes in ihm wurde regelrecht abgestoßen davon. Seit dieser Erkenntnis hielt sich Schuldig von Fei Long fern. Er wollte so den inneren Konflikt vermeiden. Schuldig lauschte dem schnellen Stiefelschritten auf dem Korridor und einem harschen Befehl. Er entließ Takaba aus seinem Griff und setzte sich auf, klinkte sich in die Gedanken ihrer Wächter und erfuhr, dass etwas geschehen sein musste. Er fand schnell heraus, dass eine Leiche in der Nähe entdeckt worden war. Sanft rüttelte er Takaba wach. „Los, aufstehen, Kleiner. Irgendetwas geht da draußen vor.“ Der Ausdruck seines Gesichtes wurde aufmerksamer, ernster und er glitt geschmeidig vom Bett. Takaba fuhr aus seinem leichten Schlummer hoch, den er mit Schuldigs Hilfe hatte genießen können und sah sich verwirrt um. Sein Herz schlug verwirrt einen Schlag schneller und seine Augen suchten nach denen des Telepathen. "Was ist los?", fragte er verwirrt und schlang die Decke enger um sich. Er rümpfte die Nase... sie stank, doch war das nach so langer Zeit noch ein Wunder? Schuldig schien aufgeregt, anders als sonst, konzentrierter und... tödlicher. Ja, tödlicher. 'Was geschieht da draußen?' „Keine Ahnung… noch…”, Schuldig stellte sich an die Tür und lehnte sich mit der Schulter an. Er musste diese Tür öffnen lassen. Von einem der Wächter, die ihnen das Essen brachten. Aber seine Fähigkeiten waren noch immer lausig und vor der Tür hörte man schnelle Schritte und harsch gesprochene Anweisungen. Noch bevor er in den Gedanken der Männer war, hörten sie Schüsse und Schuldig wandte den Blick rasch zu Takaba. Er wusste, dass dies ihre Gelegenheit war. Schnell schlüpfte er ohne Rücksicht auf die Schmerzen, die diese ruckartigen Bewegungen auf seiner Rückseite auslösten aus dem Oberteil und warf es dem Jungen zu. „Los, überziehen.“ Schuldig spürte wie sich die alte Vorfreude einstellte. Dieses Anspannen seines Körpers, die Schärfung seines Verstandes, die seiner Sinne. Wie ein Trommelfeuer puschte sein Herzschlag voran. Immer im Rhythmus, mal schneller, treibend oder wie im Moment ruhig, pulsierend, abwägend, lauernd. Takaba gehorchte Schuldig ohne zu zögern und kämpfte sich in das Oberteil, war im nächsten Moment bei dem Telepathen. Er zuckte zusammen, als er die deutlichen Anzeichen des Kampfes da draußen vernahm. „Wer ist da?“, fragte er mit klopfendem Herzen und war unwillkürlich näher an den anderen Mann herangerückt. Schuldigs Geist glitt von einem Mann zum anderen, fand endlich Fei Long. Doch dieser wusste auch nicht wer die Angreifer waren. Fluchend schlug Schuldig einmal mit der flachen Hand auf die Tür und versuchte hartnäckig einem der Wachen wiederholt den Gedanken einzubläuen, dass er diese Tür öffnen sollte. Doch es klappte nicht. Seine Finger krallten sich in das Mauerwerk, er presste die Lider zusammen, lehnte die Stirn an die Wand und versuchte es erneut. Nichts, kein Erfolg. Von draußen drangen Schreie herein, Schusswechsel folgten. Mehrere MPs, vielleicht auf beiden Seiten. Dort draußen tobte ein kleiner Krieg. Seine suggestiven Fähigkeiten bezogen sich einzig und allein auf den Jungen. Alles andere war ihm verwehrt. Und seit er wusste, dass der Junge nicht Ran war, war ihm auch dies zu einer Unmöglichkeit geworden. Sie konnten nichts tun außer warten. „Shht“, knurrte Schuldig den Jungen an. Bevor er nicht wusste, was hier lief, hatte es keinen Sinn sich zu freuen. Ein Angriff…aber wenn diese Tür nicht aufging, konnten sie immer noch gar nichts tun. Schuldig hätte sich wirklich wahnsinnig über eine Sicherheitsnadel oder eine chemische Substanz gefreut und nochmehr hätte er sich darüber gefreut, wenn sein Lieblingsheld MacGyver hier mit ihnen in der Zelle diese Gegenstände in seinen versierten Fingerchen gehabt hätte. Es dauerte… eine schier unendlich lange Zeit, wie sie hier standen und lauschten. Takaba hoffte… er hoffte wirklich, dass es Asami war. Aber würde der andere Mann ihn wirklich retten… SIE retten? Takaba schluckte. Er zitterte und sein Herz schlug brachial schnell. Plötzlich ging alles doch schneller als erwartet und doch unübersichtlicher als gehofft. Die Tür öffnete sich und ein Mann erschien im Rahmen, redete harsch auf Chinesisch auf sie ein und wies sie an herauszutreten. Rechts hatte er eine Maschinenpistole unter den Arm geklemmt. Er wies sie damit ungeduldig aus dem Raum, trat einen Schritt zurück um Abstand zu gewinnen, vermutlich um nicht in Schuldigs Radius zu treten. Dieser fasste blind nach dem Jungen, nach dessen Hand, zupfte ihm ohne den Blick darauf zu lenken die Decke aus den Händen. ‚Ist besser, sie hindert nur, falls wir schneller sein müssen, als die. Wir besorgen dir was anderes… später… okay?’, wisperte er in die Gedanken des Jungen, während er ihn an der Hand und dicht an sich gezogen herausbrachte. Sogleich wurden sie angewiesen voranzugehen. Ein Wimmern blieb in Takabas Kehle stecken, als ihm sein Schutz genommen wurde. Angespannt presste er sich an Schuldig und ging mit diesem voran. ‚Werden sie uns erschießen?’, fragte er angstvoll. Überall drangen Geräusche eines Kampfes zu ihnen, als sie durch die Gänge geführt wurden. Männer rannten an ihnen vorbei ohne sie beachten, auch nicht, als sie nach oben geführt wurden… wohin, zu Fei Long? Doch Schuldig war viel zu sehr damit beschäftigt in den Gedanken des Mannes Spannung aufzubauen. Er hatte gesehen, dass dieser zusätzlich eine Waffe in seinem Holster unter der Anzugjacke trug. Aus dieser Beobachtung ergaben sich ganz neue Möglichkeiten. Deshalb gab er sich mit Takaba betont harmlos, drehte den Kopf nicht nach hinten zu dem Mann. Zügig ging er voraus und hielt auch Takaba eng an sich, als hätten sie beide Angst in dieser Situation. Erst als er dachte, der Zeitpunkt wäre gekommen, löste er die Spannung wie einen Pfeil von der Sehne eines imaginären Bogens und wisperte ein ‚Hinter dir!’ in die Gedanken des Mannes. Sofort las er darin die Angst vor einem Angreifer. Er wandte sich abrupt um. Schuldig stieß Takaba von sich, gegen eine Wand, trat im nächsten Augenblick dem Kerl mit dem nackten Fuß an die Kehle. Er röchelte und Schuldig griff mit beiden Händen an die Maschinenpistole, noch im selben Augenblick diese mit voller Wucht gegen die Schläfe des Mannes ziehend und ihn bewusstlos zu Boden schickend. Ein kurzer Blick sicherte die Umgebung und währenddessen ertasteten seine umtriebigen Hände die Halbautomatik unter der Jacke. Er zog sie aus dem Holster des Bewusstlosen hervor und schoss zweimal aus dieser kurzen Entfernung in dessen Kopf. Die Schutzweste, die seinen Brustkorb unter seinem Hemd bekleidete und die Schuldig bei der kurzen Durchsuchung gefühlt hatte, hätte einen Schuss ins Herz sinnlos gemacht. Danach hing er sich die Maschinenpistole um und überprüfte die Halbautomatik auf ihre Munitionsreste. Lautlos tapsten seine Füße über den Boden, während er sich umblickte und rasch von einer Ecke zur anderen lief, die Umgebung mit seinen Fähigkeiten gleichzeitig abtastend. Im Korridor war alles leer. Sie mussten sich verstecken, einen Raum finden, der geeignet und mit Fenster war. Verstörte, blaue Augen starrten Schuldig an, konnten schier nicht fassen, was sie gerade gesehen hatten…den Mord an einem Mann, dessen Blut den Boden zierte. Natürlich…der Telepath war ein Killer, doch zu sehen, was er nur gewusst hatte, war etwas ganz anderes. Es war ekelerregend und angsteinflößend. Wir müssen weiter… wir müssen fliehen, wisperte Takabas innere, mutige Stimme, die ihn wieder und wieder hatte fliehen lassen. Stärke schlich sich in seinen Blick, als er Schuldig die Hand entgegen hielt. ‚Lass uns fliehen…’ Das registrierte auch Schuldig mit seinem flüchtigen Blick, den er über den Jungen streifen ließ. ‚Ruhig. Noch ist nicht der richtige Augenblick. Dort draußen fliegen noch zu viele Kugeln rum, Kleiner. Wir wollen doch nicht, dass diese Kugeln sich in unseren hübschen Köpfen verirren.’ Akribisch suchte er mit den Gedanken das Haus ab, sprang wie ein Ursupator von einem Gedankenpool zum nächsten. So schnell, dass er keuchte und ihm schwindelte. Immer noch war dieser Akt eine mentale Kraftanstrengung und er lange noch nicht fit dafür. Aber es lohnte sich, er fand, was er suchte. Doch zunächst… Vier Schritte entfernt war eine Tür, er öffnete sie vorsichtig, die Waffe vorschiebend und erkannte, dass es eine Wäschekammer war, eine Art Bügelzimmer. Am Ende konnte er ein Fenster sehen und erkennen, dass sie nicht völlig ebenerdig waren, sondern in einer Art Halbstockwerk. Deshalb war es auch niedriger als gewöhnlich. Oder das Haus war alt und dies der Rest des ursprünglichen Gebäudes. ‚Fass mit an’, Schuldig legte die Halbautomatik auf den Boden und ging zurück zu dem Toten, fasste ihn im Nacken an seiner Kleidung. ‚Die Beine. Wir müssen ihn da rein schaffen.’ Es würde zwar eine Blutspur zu sehen sein, aber zumindest würde keiner, der einen flüchtigen Blick in den schlecht beleuchteten Korridor warf, die Leiche eines Mannes vorfinden. Und der Verdacht, dass Angreifer das Gebäude bereits eingenommen hätten – denn für diesen Verdacht für die Leiche stehen – würde vielleicht nicht sofort aufkommen. Wortlos fasste Takaba die Leiche mit an und zerrte sie in die Waschkammer. Es widerte ihn an, dieses Stück Fleisch anzufassen, sich damit auseinander zu setzen, dass Schuldig diesen Mann erschossen hatte. Dennoch schloss er ruhig die Tür hinter ihnen beiden. Sie zogen den Mann weiter nach hinten, sodass er nicht sofort gesehen wurde und Schuldig warf ein Laken über ihn. Er sah sich um. Bis auf Bettwäsche war hier nichts zu gebrauchen um den Jungen anzuziehen. „Willst du seine Hose?“, fragte Schuldig mit leiser, konzentrierter Stimme, warf einen Blick erneut nach draußen, als er schon wieder an der Tür war und sie einen Spalt breit öffnete. Bis auf den Lärm und das dadurch erkennbare Kampfgeschehen deutete in dem Abschnitt des Hauses nichts auf einen Kampf hin, so ruhig schien es in ihrem Korridor zu sein. Takaba konnte den Mann nicht anfassen, auch wenn er wirklich gerne eine Hose gehabt hätte… doch es ging nicht, ihm wurde übel, wenn er den toten Körper nur ansah. „Ich kann es nicht“, wiederholte er flüsternd und starrte Schuldigs Rücken beinahe schon verzweifelt an… diesen um Hilfe bittend. ‚Ich hab dich gefragt, ob du seine Hose willst, nicht ob du sie ihm ausziehst’, schickte Schuldig zurück ohne den Jungen anzusehen. Im Haus wurde es ruhiger, nur draußen hörte man vereinzelt noch Männer. Schuldig befand dies als schlechtes Zeichen. Sie mussten sich beeilen. Wenn Fei Longs Männer die Angreifer zurückgeschlagen hatten, dann verringerten sich ihre Chancen hier herauszukommen nach Ende des Kampfes rapide gen Null. Von fern war nun auch das Geräusch eines Helikopters zu hören. Vermutlich im Landeanflug. ‚Ja… ja, ich will sie’, erwiderte Takaba verunsichert. Auch er hatte endlich erkannt, was Schuldigs Aufmerksamkeit forderte und Hoffnung keimte schon wieder in ihm auf, ein gleißender Stich an Helligkeit in seinem Inneren. ‚Empfängst du… Anzeichen… Gedanken von Asami? Oder jemand anderem?’ ‚Jedenfalls nicht in der Nähe.’ Schuldig schloss leise die Tür und kam lautlos wieder zu dem Jungen, fing an den Mann zu untersuchen, zog einige Schlüssel hervor, ein Mobiltelefon und ein Messer, der Rest war unwichtig. Bis auf die Hose. Schnell öffnete er den Gürtel, die Hose selbst und fing an sie ihm vorm Körper zu ziehen, was nicht ganz einfach war. Schuldig verschwendete keinen einzigen Gedanken im Moment daran, mit dem Jungen das Diskutieren zu beginnen. Er warf ihm die Hose zu, als er fertig war und deckte den Mann erneut ab. ‚Zieh sie an, wir hauen hier ab.’ Takaba gehorchte und schlüpfte in die um Längen zu große Hose. Er gürtete sie fest um seine Hüfte und nickte. Zeit, von hier wegzulaufen… endlich von hier weg zu kommen, auch wenn Asami nicht da war… Irgendwie war Takaba enttäuscht über diese Tatsache… ‚Wie kommen wir jetzt hier raus?’ Schuldig hatte sich ein zusätzliches Munitionsmagazin von dem Toten genommen, ließ die Maschinenpistole jedoch versteckt in der Nähe der Tür zwischen den Laken im Regal zurück. Vielleicht mussten sie hier wieder zurück. Wenn er richtig lag, würde ihm die Maschinenpistole nur hinderlich sein. Wieder öffnete er die Tür weiter und schob sich hindurch, reichte dem Jungen seine Hand und pirschte sich durchs Haus. Sie mussten zum Dienstboteneingang, der auf dieser Ebene lag. Gedanklich versuchte er hinter die Türen zu sehen um herauszufinden, welche Räume leer waren. Er hielt an einer Tür, öffnete sie und zog sie beide hinein. Am Ende war eine schmale hohe Tür die zu einer Terrasse führte. Sie stand offen und der Vorhang wurde nach draußen geweht. Er hatte diesen Raum in den Gedanken eines kleinen Jungen gelesen. ‚Wir bleiben vorerst hier.’ Takaba gierte nach der Freiheit, die er hinter diesen wehenden Stoffen erblickte, doch er riss sich zusammen. Schuldig würde besser wissen als er, wie sie hier am Besten herauskamen… er würde sie leiten. Fest verkrampfte sich seine Hand in die des Telepathen. ‚Sind die Männer noch draußen und kämpfen? Kannst du sehen, gegen wen sie kämpfen?’ Denn was brachte es ihnen, wenn Fei Long angegriffen wurde, sie aber gleich mit getötet wurden, weil sie diese Leute nicht kannten? ‚Es sind Japaner.’ Soviel hatte Schuldig erfahren und… ah …jetzt… er hatte einen der Männer gedanklich gestreift. ‚Sie handeln auf Befehl von Ryuichi’, lächelte Schuldig aalglatt und kalt. So kamen sie der Sache doch schon näher. ‚Wir warten noch einen Augenblick, dann gehen wir nach draußen. Wir müssen zusehen, dass wir einen dieser Männer finden, die uns dann zu Asami bringen. Bleib dicht bei mir…’ Er brauchte den Jungen noch, falls Ryuichi sich weigerte, ihn ebenfalls hier raus zu schaffen. Sie handelten… auf… Asamis Befehl… Tatsächlich… Wie als Dank dafür, dass Schuldig ihm seine Hoffnung bestätigt hatte, presste sich Takaba enger an den größeren Mann und wollte dessen Hand gar nicht loslassen. Sie würden hier rauskommen, sie würden Fei Long entfliehen, sie würden endlich wieder nach Japan zurückkommen…. Adrenalin putschte in Takaba hoch, gab ihm Entschlossenheit wie auch Mut und Kraft, sich auch für das letzte Stück noch Hoffnung zu schaffen. Dennoch wartete er ruhig… gemäß Schuldigs Befehl. Dieser lauschte erneut… jetzt wurden Stimmen innerhalb des Hauses laut, Kampfgeräusche. ‚Shit’, fuhr Schuldig auf und wich von der Terrassentür zurück zur Tür, stieß sie auf und zog Takaba mit sich. Hinter ihnen wurden Stimmen laut. Schuldig blieb mit einem Ruck stehen, noch bevor die Tür am anderen Ende des Korridors geöffnet wurde, ließ die Waffe in Takabas Hosentasche gleiten und hielt den Jungen an sich. Jetzt war es besser, so wehrlos wie möglich zu wirken. „Nicht schießen“, sagte er auf Japanisch und blickte den beiden Männern in ihren unauffälligen Anzügen entgegen. Sie waren weder schwarz, noch Yakuza-like, sondern schlicht und bequem, wie frisch vom Kleiderhaken eines Bankers. Die Waffe in seiner Hosentasche wog schwer, als Takaba sich bewusst wurde, dass er diese Männer kannte… er hatte sie schon einmal gesehen und sie ihn auch, wie er jetzt an der Erleichterung in den Gesichtern der Bodyguards erkennen konnte, als sie ihn sahen… gleichzeitig jedoch auch das Misstrauen, als sie sich Schuldig bewusst wurden. „Takaba-san“, nickte der Rechte ihm kurz angebunden zu… in seinen Augen die Frage, ob er sich des Telepathen entledigen sollte oder ob dieser Takaba als Geisel genommen hatte. „Er gehört dazu“, erwiderte der Junge und nickte zu Schuldig, zog sich demonstrativ enger an ihn. „Er muss mit…“ Erst jetzt wurde ihm bewusst, was das bedeutete: Rettung war definitiv eingetroffen… sie könnten es schaffen… Doch für Schuldig bedeutete es noch lange keine Rettung. Er hob beide Hände, demonstrierte wie harmlos, waffenlos er war, dennoch musste er sich eine kurze Abtastung gefallen lassen. Viel abzutasten gab es nicht, denn die Hose, die er trug, hatte keine Taschen. Und ansonsten war er nackt. Er folgte den Anweisungen der Männer, die nun wieder den Rückzug antraten. „Haben Sie Fei Long gesehen?“, fragte Schuldig einen der Männer leise. „Nein. Wir wählten einen Zeitpunkt, an dem er außer Haus war. Er ist ein schwer zu kalkulierendes Risiko für derlei Unternehmungen“, kam die Antwort mit rauer Stimme. Sie schwiegen den weiteren Weg. Sie verließen das Gebäude und Schuldig hielt Takaba dicht an sich. Schon allein, weil er in dessen Hose die Waffe abgelagert hatte. Den Jungen hatten sie nämlich nicht angerührt, würden sie aber, spätestens bevor sie ihn zu Asami brachten, dessen war sich Schuldig sicher. Sie kamen nun in die feudale Eingangshalle des schönen Gebäudes. Vier Männer erwarteten sie am Eingang, es waren Chinesen und sie nickten. Einer der Männer sprach in sein Mikro, verständigte sich mit den anderen und ordnete den Abzug an. Scheinbar war die Mission erfolgreich verlaufen. Einer der Männer beäugte Takaba, grinste dann schmallippig. „Wir müssen uns beeilen Takaba-san. Die Polizei wird gleich eintreffen. Es ist besser, wenn wir dann nicht mehr hier anzutreffen sind.“ Sie überquerten eine große Wiese am hinteren Grundstück des Anwesens. In einiger Entfernung waren zwei Helikopterlandeplätze ausgewiesen. Auf einem der Landeplätze wartete ein Helikopter abflugbereit. Der Bodyguard, der Takaba angesprochen hatte, sagte zu seinem Partner, dass er die Männer begleiten solle und er hier mit dem Jungen fliegen würde. Dieser nickte nur stumm und die Männer zogen ab. Vermutlich waren sie nicht darauf eingestellt, dass ein Fluggast mehr an Bord war, oder es war ursprünglich der Plan gewesen, dass nur einer der Bodyguards den Jungen zu Asami brachte. Falls dieser überhaupt mit im Land war. Hier war er jedenfalls nicht. Er war auch nicht im Helikopter, als Schuldig und Takaba dort hineinkomplimentiert wurden. Sie bekamen beide Kopfhörer für den Gehörschutz, als die Rotorblätter sich zu drehen begannen und Takaba sich zum ersten Mal das Gefühl der Erleichterung erlaubte. Sie würden von hier wegkommen… sie würden nach Japan gebracht werden, denn das hier waren Asamis Männer… Einer von ihnen war mit ihnen in den Helikopter gestiegen und saß nun vorne, sprach sich mit dem Piloten ab. Und dann… dann hoben sie langsam ab. Gemächlich erst… dann immer kraftvoller hoben sie sich in die Luft, immer schneller nach oben. So hoch, dass sie auch die Polizisten nicht mehr erreichten konnten, die er unten ausmachen konnte. Das war also das Anwesen gewesen… doch nun war er frei, er würde wieder nach Japan zurückkommen. Unfähig, das Zittern seiner Muskeln zu kompensieren, drängte er sich enger an Schuldig, an dessen bloßen Oberkörper und wartete. Seine Augen huschten verschreckt über die Eindrücke dieser Stadt, die großen Wolkenkratzer, die er in der kurzen Zeit ihres Fluges erhaschen konnte. Eigentlich war das etwas, was ihm gefallen hätte, doch er wollte nach Hause. Nur noch nach Hause. Zuerst jedoch landeten sie laut Erklärung des Bodyguards auf dem Dach eines Hotels in der Nähe des Flughafens und würden dort die Gelegenheit erhalten, sich frisch zu machen und ordentliche Kleidung zu bekommen. Takaba konnte es verstehen… so würden sie mehr auffallen als alles andere. So wurden sie auch durch den Hintereingang hereingebracht, von weiteren Männern in Empfang genommen, die Takaba auch nicht kannte… und die ihn unsicher machten. Doch es schien alles seine Richtigkeit zu haben, als sie die Gänge entlang geführt wurden. Schuldigs Misstrauen war mehr als groß. Er hatte das Gefühl, dass seine Anspannung wie eine Wolke um ihn herum waberte. Ohne seine Kräfte war er hilflos wie ein… verdammt wie eine junge Katze in einer Mülltonne kurz vor dem Abtransport zur Halde. Er hasste es unsicher zu sein und es machte ihn gereizt und nervös, aber er versuchte sich im Zaum zu halten, umhüllte sich mit der Illusion, dass er ganz der befreit und trotzdem unsichere Mann war. Auch wenn es zunehmend schwieriger wurde. Außerdem musste er die Waffe loswerden. Er brauchte ein Versteck dafür, bevor sie ihnen abgenommen wurde. Shit. Erneut ein Denkfehler seinerseits. Wenn sie mit dem Flugzeug flogen, mussten sie… ja auch sie durch die Kontrollen. Asamis Männer hätten sicher eine Berechtigung… aber… er? Und ohne seine Fähigkeiten in voller Entfaltung konnte er keine oder nur eine ungenügende Suggestion üben. Innerlich noch niedergeschlagener und aufseufzend folgte er ihren Führern. Den ängstlichen Jungen, dessen Leib sich innerlich nicht beruhigte, an sich geklettet, da dieser sich an seinem Arm festkrallte. Schuldig hatte nichts gegen die halbmondförmigen Abdrücke in seiner Haut, er wusste somit, dass der Junge, auf den er achten wollte, bei ihm war. Eine gewisse Lebensversicherung beinhalteten diese halbmondförmigen Abdrücke und das Wissen um die Halbautomatik in seiner Nähe. ‚Ruhig Kleiner…wir kriegen das schon hin….’ ‚Ich habe Angst, Schuldig…’, erwiderte Takaba und die Tür vor ihnen wurde geöffnet. Sein Herz blieb beinahe stehen, als er sich dem großen Blonden gegenüber sah, der unschwer als Asamis Bodyguard zu erkennen war. Ray hieß er… Der immer ruhige Blick des Hünen ruhte zuerst auf ihm, dann schweifte er auf Schuldig, bevor er einen Schritt auf sie zutrat und erst Schuldig, dann ihn abtastete. Wortlos nahm er die Waffe in seiner Hosentasche an sich und steckte sie mit einem ausdruckslosen Blick ein, bevor er zur Seite trat und sie beide anwies einzutreten. Takaba erstarrte und brauchte einen Moment, um in dieses weitläufige, luxuriöse Zimmer zu treten, denn derjenige, der dort am Fenster stand…er kannte diesen Mann. Kannte jeden Muskel, jede Regung, jedes einzelne Körperteil…er konnte genau sagen, dass dies hier Asami war, auch wenn er mit dem Rücken zu ihm stand. „Asami-san… Ihre Gäste sind eingetroffen“, dröhnte der Bariton des Blonden durch die Stille des Zimmers und Takaba sah erst jetzt, dass noch jemand anderes, anscheinend auch Japaner anwesend war. Er kannte ihn nicht… war das jemand für Schuldig? Dass der Junge Angst hatte, stand ihn in dem fahlen Gesicht und auch in den großen, irrlichternden Augen geschrieben. Schuldig hielt ihn nahe an sich, doch er maß zunächst Asami Ryuichi und ein sanftes Lächeln erwachte auf Schuldigs Gesicht. Es war nicht ganz die Situation dafür, aber er nickte Asami zu, den anderen, zierlicheren Mann im Raum nebenbei registrierend. Warum zum Teufel zogen ihn diese Art Männer nur dauernd an? Diese stets übellaunigen düsteren Kerle, deren Ausstrahlung ihm den Atem nahm. „Asami Ryuichi. Ich möchte mich für die Rettung meinerseits bedanken. Auch wenn der groß angelegte Einsatz nicht meiner Wenigkeit gegolten hat“, richtete er mit ausgesuchter Höflichkeit an den großen Japaner und verneigte sich soweit es der Klammergriff von Takaba zuließ. Er ließ Asami jedoch nicht aus seinem Blick, der sich noch während er sich verbeugte umgedreht hatte. ‚Kleiner, also scharf ist er. So aus der Nähe betrachtet könnte ich mich glatt in ihn verlieben. Natürlich nur, wenn ich Ran nicht schon hätte…’ Ein interessiertes Glitzern leuchtete in Schuldigs Augen. Asamis Augen streiften über den Jungen und richteten sich auf denjenigen der gerade gesprochen hatte. Ein Photo hatte er seinen Männern von ihm übergeben, aber selbst in diesem Aufzug war die Ausstrahlung des Mannes unverkennbar unangenehm. Sein Blick hatte den gewohnt geringschätzigen Ausdruck wie so oft, doch dieses Mal lag eine besondere Note der Kälte darin. „Ihr Name?“ Schuldig hatte die Gedanken des Mannes oberflächlich gescannt, doch darin war nichts zu lesen, dieser Mann hielt selbst seine Gedanken im Zaum. „Schuldig.“ ‚Ich nicht… momentan habe ich Angst vor ihm’, erwiderte Takaba und schob sich noch enger zu Schuldig. Der kurze Blick, den Asami ihm zugeworfen hatte, war voller Wut und auch Hass gewesen… voller Kälte und Zorn. Er versprach Takaba nichts Gutes und er fragte sich zum ersten Mal, ob Asami IHM die Schuld dafür gab, niedergeschossen worden zu sein. Rein um sich abzulenken, betrachtete er sich den Fremden, der hinter Asami saß. Ein unauffälliger Japaner mit kurzen Haaren und braunen Augen… in der Menge untergehend, konnte man sagen. Doch er hatte etwas an sich, das Takaba vorsichtig werden ließ. ‚Angst vor ihm? Ohja, das will er, aber es kotzt ihn gleichzeitig an, Kleiner.’ Schuldigs Gesicht zierte nun kein Lächeln mehr. „Wie kommen Sie zu Fei Long? Und in dessen Gefangenschaft?“, fragte Asami leise, aber gut hörbar. Einige Antworten wollte er noch, bevor er den Mann und Kawamori entließ. Schuldig hatte sich schnell für die Wahrheit entschieden. „Ein Auftrag ihn zu liquidieren. Allerdings wurde ich von meinem Auftraggeber verraten und lief in einen Hinterhalt. Es ist mir ein Rätsel, weshalb ich noch am Leben bin und was Fei Long von mir wollte.“ Asami hob spöttisch eine Braue. „Mir auch“, sagte Asami und wandte sich halb ab. „Nun, Kawamori, hier ist ihr Eigentum“, betonte er das letzte Wort mit einem kühlen Lächeln, blickte jedoch nicht in Satoshis Richtung. „Ray, begleite Herrn Kawamori und seine Habe zu dem vorgesehen Zimmer.“ Besagter Mann lächelte und bedankte sich nickend bei Asami, dessen Blick… er lieber mied. Habe… Eigentum. Er konnte nur darauf spekulieren, dass Mastermind im Moment nicht in der Lage war, seine Fähigkeiten auszuüben oder ihn anderweitig zu töten. Doch ganz in seiner Besitzerrolle erhob er sich und nickte Schuldig kurz zu. „Komm mit“, ertönte seine Stimme kühl durch den Raum und er wandte sich an den Bodyguard des Yakuzabosses. „Ich komme mit“, erklang es durch den Raum und Satoshi drehte sich um, überrascht, diese ängstliche, leise Stimme überhaupt zu vernehmen. Wie hieß der Junge? Takaba Akihito? Satoshi begegnete den blauen, großen Augen, die sich nun bittend auf Schuldig legten. Ray Stewenson trat auf Schuldig zu und wies mit einer geleitenden Geste auf die Tür. „Herr Asami wünscht ein Gespräch mit dem jungen Herrn unter vier Augen. Wenn Sie bitte folgen wollen…“ Die Tür öffnete sich. Schuldig entschied nicht leichtfertig, aber ab hier konnte er dem Jungen nicht mehr helfen. ‚Kleiner… hier kann ich dir nicht helfen. Asami hat dich gerettet, solltest du nicht froh sein? Und … eigentlich ist er doch gar nicht so schlimm. Mein Boss ist vom gleichen Kaliber und wenn du den Dreh raus hast, dann macht es direkt Spaß ihn zu ärgern. Aber ein paar Blessuren musst du immer mit einberechnen. Beim Kampf mit einem Leitwolf trägt man immer die eine oder andere Bissspur davon. Asami hat momentan andere Gedanken, als an dir sein Missfallen auszulassen. Wir sehen uns später.’ Mit diesen Gedanken und einem nüchternen Blick zu Takaba, da er Asami nicht zusätzlich reizen wollte, folgte er dem Blonden. Er hatte die Worte des schlanken Mannes, Kawamori, durchaus gehört… aber auf später verschoben. Irgendetwas lief hier… aber alles der Reihe nach. Takaba sah Schuldig wie ein geprügelter Hund hinterher, der sich nun seines letzten Beistandes beraubt wusste. Natürlich würde Asami sein Missfallen an ihm nicht auslassen, aber er würde ihn anfassen und er würde Takaba zwingen, wenn er es nicht wollte… das wusste er… weil sein Körper nicht nein sagen konnte, wie schon bei Fei Long nicht. Er blieb zitternd, wortlos stehen und hatte den Blick gesenkt. War dieser Mann da gerade… war das Schuldigs Boss gewesen? Ran… konnte es nicht gewesen sein… Satoshi ließ sich von dem Hünen in eines der Zimmer führen, sich Schuldig mehr als deutlich bewusst, der hinter ihm ging. Es machte ihn nervös… unruhig gar. Besonders jetzt, als sich die Tür hinter ihnen beiden schloss. „Schuldig-san… entschuldigen Sie“, sagte er, als er sie alleine wusste. „Ich musste lügen…“, flüsterte er. „So… mussten sie das…“, stellte Schuldig ruhig fest während er seinen Blick durch das Zimmer gleiten ließ, bevor seine musternden Augen auf dem Gesicht des Mannes vor sich haften blieben. Sehr fein geschnittene Gesichtszüge und das gemischtes Blut, das in den Adern des schlanken Mannes floss erkannte er sofort. Er durchmaß den Raum mit langsamen Schritten und fühlte den weichen Teppich unter seinen malträtierten Fußsohlen, was wirklich sehr angenehm war. „Und was passiert jetzt?“, fragte er und setzte sich auf das Bett, den anderen nicht aus seinen Augen lassend. o~ „Zieh dich aus“, sagte Asami mit ruhiger, leiser Stimme und wandte sich halb um, einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk werfend. Sie hatten noch zwei Stunden Zeit, dann ging ihr Flug. Bis dahin mussten sie fertig sein. „Nein!“ Panisch und verhuscht kam die Antwort auf Asamis Befehl, auch wenn Takaba ein paar Augenblicke für dieses einfache Wort gebraucht hatte. Er hatte Angst, große Angst vor dem, was jetzt kommen würde… wie er es vorhergesehen hatte. Natürlich würde Asami seine Wut nicht an ihm auslassen, er würde Fei Longs Spuren tilgen, wie er es schon einmal getan hatte… doch jetzt, jetzt wusste Takaba, dass er das nicht kompensieren konnte, das konnte er nicht mehr vor sich selbst rechtfertigen… Er schlang seine Arme um sich selbst und trat einen Schritt zurück, den Blick immer noch fest auf den Boden gerichtet. Nicht gleich auf dieses störrische Wort eingehend, begann Asami sich die Anzugjacke auszuziehen, die Krawatte zu lockern, sie schließlich zu entfernen, währenddessen blickte er zwei Mal zu dem Jungen hin. „Zieh dich aus, ich will sehen, ob er sein Zeichen auf dir hinterlassen hat.“ Das sollte wohl als triftigen Grund ausreichen wie er befand, und er nahm von dem kleinen Tischchen einen Zeitplaner auf, besah sich die heutigen Erledigungen. Ray hatte alles zu seiner Zufriedenheit arrangiert. Sehen… ob Fei Long sein Zeichen auf ihm hinterlassen hatte? Warum? Damit er es mit Sex wieder ‚gut machen’ konnte? Es ÜBERTÜNCHEN konnte? Beelzebub und Teufel…DIE Wahl hatte er, keine andere. Denn wie sollte er dieses rituelle Entkleiden Asamis sonst deuten? Fei Long hatte viele Zeichen auf ihm hinterlassen… Bissspuren, Spuren seiner Schläge, Kratzspuren, doch nichts, was ewig bleiben würde - zumindest nicht auf seinem Körper. Wie es auf dem anderen Teil seines Seins aussehen würde, wusste Takaba nicht. „Keine Sorge… er hat nichts Bleibendes hinterlassen“, erwiderte er bitter, zynisch gar. „Es ist nicht nötig, dass ich mich ausziehe.“ Immer noch konnte er Asami nicht ansehen. Asami sah auf und ein forschender Blick wanderte über den Jungen. Er legte den Zeitplaner auf das Tischchen zurück. „Was nötig ist und was nicht, entscheide ich im Moment“, wurden seine Worte um einiges kühler und er ging auf den Jungen zu. Drängte diesen damit noch einen Schritt weiter gen Tür. Natürlich… Asami gab den Ton an… und ließ keinen Widerspruch zu. Wie immer. „Ich will das nicht“, sagte Takaba lauter und erwiderte zum ersten Mal den Blick des anderen Mannes. „Ich will mich nicht ausziehen.“ Ich will nicht, dass du mich anfasst. Doch das blieb ungehört. Der Yakuza Boss spürte, wie ihm die Beherrschung langsam aus den eisernen Schranken glitt und er packte das Hemd des Jungen, riss es auf, sodass die Knöpfe davonsprengten und zog es ihm brutal über die Schulter. Er berührte ihn dabei nicht, sah ihn nur eindringlich an. „Du wirst dich ausziehen, oder ich ziehe dich aus. Ich will deinen Körper sehen. Hast du mich verstanden?“ „Nein!“, schrie Takaba abrupt und Asami verschwamm vor seinen Augen, als ihm Tränen hochstiegen. „Nein! Kannst du kein Nein akzeptieren? Ich will nicht, dass du oder Fei Long oder wer auch immer mich nackt sieht! Ich kann eure… scheiß… Blicke nicht ertragen! Eure Finger… eure Berührungen! Ich WILL das nicht!“ Er schrie noch immer, außer sich stemmte er sich gegen Asami, als die ersten Tränen zu fallen begannen. „Denkst du… du kannst nach so langer Zeit unter Fei Longs OBHUT einfach so daher kommen und das verlangen? Nein! NEIN!“ Asami Ryuichi hielt für einen Moment inne und wurde sich plötzlich gewahr, dass er nicht wusste, was er hier bei diesem Jungen falsch machte. Sie hatten keine Zeit für diese Dinge. Er hatte keine Zeit um sich um diese Tränen zu kümmern. Vielleicht sollte… er sich irgendwann diese Zeit nehmen. Aber jetzt stand zuviel auf dem Spiel. „Komm mit“, er griff sich den Oberarm, den er unter seinen Fingern fühlte, bemerkte wie dünn der Junge geworden war, als würde er sich so gut an dessen Oberarmumfang erinnern, belächelte er sich selbst. Er nahm Takaba auf die Schulter, war taub für dessen Gezeter, die Tritte und Schläge, brachte ihn in das Bad, lud ihn in der Dusche ab und packte ihn am Nacken, sodass dieser zu ihm aufsehen musste. „Zieh dich aus, dusch jetzt und dann komm raus, ich will sehen ob Fei Long dir seine Tätowierung gegeben hat. Und dann isst du etwas. Wir haben keine Zeit für diese Verweigerungen“, seine Stimme war nur noch ein vor Wut unterdrücktes raues Flüstern. „In zwei Stunden geht unser Flug und wenn alles glatt läuft tauchen bis dahin weder Fei Long noch die Polizei hier auf. Also mach endlich. Sonst sind es vielleicht doch mehr als zwei Kugeln, die ich mein eigen nennen darf und du… wenn du Glück hast auch.“ Mit diesen Worten ließ er den Jungen los und warf die Dusche an, warmes Wasser prasselte hinter ihm herab. Er verließ wortlos und ohne sich umzudrehen das Badezimmer, ließ dabei die Tür aber einen Spalt offen. Er hatte zuviel Zeit, zuviel Geld investiert und zu viele …seiner Geschäfte vernachlässigt um sich diese Unternehmung von dem störrischen Jungen verderben zu lassen. Blaue Augen starrten Asamis Rückzug wortlos, dennoch geschockt hinterher. Sobald Takaba sich der Argumente des anderen Mannes bewusst wurde, konnte er sie auch verarbeiten, konnte er auch ein schlechtes Gewissen haben, als Asami die Kugeln ansprach… die er für ihn abgefangen hatte. Warmes Nass tropfte auf seine Haare, auf seinen Rücken, auf die nackte Brust, als er sich zittrig umdrehte, sich nun endgültig des Hemdes entledigte… ebenso wie der Hose des toten Wachmannes. Viel auszuziehen hatte er ja nicht, befand er, als er sich wusch, das Wasser auf heiß stellte und sich den Dreck vom Körper schrubbte, der schier nicht mehr abgehen wollte. Falsch… er ging nicht mehr ab, denn auch als er fertig war, als er sich abtrocknete und immer noch weinte, spürte er diese dicke Schicht an widerwärtigem Schmutz, an Filz und alten Berührungen auf sich, die er nicht abstreifen konnte. Takaba horchte nervös auf, als er draußen Stimmen hörte und sich für einen Moment zurück in Fei Longs Haus glaubte… die Männer da draußen die Wachen, die ihn holen sollten. Schuldig war nicht bei ihm, er würde ihm nicht helfen… „…Essen für Sie, Asami-sama…“, hörte er durch seine Panik und blinzelte verstört, bevor er sich selbst aus seiner Angst herauslöste. Nicht Fei Long… Asami. Takaba wartete, seine Augen noch immer niedergeschlagen und öffnete die Badtür, als die Männer den Raum verlassen hatten. Asami setzte die warmgehaltenen Speisen seinem interessierten und hungrigen Blick aus, indem er den Deckel anhob, als er die Badtür sich öffnen hörte. Er deckte auch die kalten Häppchen auf. Es war eine kleine Zusammenstellung, ein kleines Buffet, denn sie wollten sich nur etwas stärken um sich dann für den Abflug vorzubereiten. Er ging zum Bett und holte den Bademantel der dort lag. „Komm näher…“, sagte er nun wieder etwas ruhiger, besah sich flüchtig den Körper des Jungen soweit er ihn sehen konnte, denn das Badetuch versteckte mehr, als dass es freiließ. Langsam kam Takaba näher. Er sah sie zwar nicht, aber er roch die Speisen, deren Geruch schwer durch das Zimmer waberte und sowohl Hunger, als auch Übelkeit in ihm hervorrief. Er hatte schon lange nichts Richtiges mehr gegessen und sehnte sich danach, etwas Warmes, Leckeres in seinem Magen zu haben, doch die Angst schnürte ihm die Kehle zu… und verursachte ihm Übelkeit. Er blieb schließlich vor Asami stehen, die Hände immer noch in dem großen Handtuch verkrampft, das er wie einen Schutz um sich geschlungen hielt. Asamis Blick war weder interessiert, noch wollüstig oder sonst etwas in diese Richtung. Er wollte lediglich Klarheit und diese brauchte er jetzt, falls er weitere Schritte einleiten wollte, dann so schnell wie es ihre bescheidenen Möglichkeiten in ihrer jetzigen Lage erlaubten. Er war kein Mensch der Überraschungen liebte. „Dreh dich...“, sagte er ruhig, das Gesicht wirkte nun ein wenig ausgeglichener, weniger angespannt als noch vor einer Woche. Dafür ließ sich die Müdigkeit nur noch schwer in seinem Inneren verschließen. Takaba gehorchte und drehte sich langsam um sich selbst. Nichts… da war nichts an diesem Körper. Asami würde nichts finden. Er wusste, dass Asamis Tonfall die Ruhe vor dem Sturm war, da der andere Mann bekommen hatte, was er wollte. Denn was nützte es Takaba, sich zu wehren? Auch wenn er in der Lage wäre, so würde ihn spätestens sein Körper wieder verraten… „Nimm das Handtuch herunter“, sagte Asami, als der Junge ihm den Rücken zudrehte. Natürlich… Takaba sah auf seine verkrampften Hände, die weiß waren vor immenser Anspannung. Er entkrampfte sie mit psychischer Gewalt und lockerte das Handtuch, behielt es jedoch in einer Hand, sodass er schließlich nackt dort stand. Seine lautlosen Tränen waren für Asami unsichtbar das einzige Anzeichen, dass er es nicht wollte… nicht konnte… nicht aushielt… Asamis Blick erkannte schnell, dass auch zwischen den Schenkeln keines der Zeichen von Fei Long zu sehen war, entfaltete den Morgenmantel und legte ihm den Jungen um die Schultern, drehte ihn dann sanft zurück und während er das tat, zog er diesem das Handtuch mit einem Ruck weg, bevor diese ganze leidige Sache nur noch länger hinausgezögert wurde. Auch hier war nichts zu sehen, ohne dass er groß seine Blick schweifen ließ schloss er den Stoff über der vorderen Front und gürtete ihn seitlich. Erst danach wischte er dem Jungen mit den Daumen über die feuchten Wangen. „Iss etwas. Wir haben noch Zeit.“ Er entließ den Jungen aus seiner Gegenwart und ging wieder hinüber zu dem Tischchen, hob das Telefon von dort ab und wählte Rays Nummer, erkundigte sich über den Verlauf der Dinge. Vor allem über die Papiere der beiden Flüchtlinge und deren Kleidung. Kawamori hatte bereits Papiere vorbereitet, jedoch mussten sie noch den letzten Schliff erhalten… Takaba hörte mit einem Ohr zu, während er sich mit dem Rücken zu Asami an den Tisch mit Speisen setzte und sich etwas auf den Teller tat, auch wenn er sich vorerst nur an Wasser hielt, das er gierig hinunterschluckte. Sich etwas tiefer in den weichen Stoff vergrabend nahm er den ersten Bissen des warmen Fleisches und kaute vorsichtig. Seine Angst, dass Asami ihm… etwas tun könnte, war etwas in den Hintergrund getreten und pochte jetzt nicht mehr so brachial in seiner Brust, also konnte er sich auf das Essen konzentrieren… zumindest auf das Wenige, was er essen konnte. „… ja…unser Mann vor Ort?“, hakte Asami nach und nahm einen Schluck des kühlen Weißweines. Einer ihrer Männer überwachte aus der Ferne das Anwesen Fei Longs. Seine Rückkehr zum Anwesen wurde mittlerweile bestätigt, Augenzeugen gab es keine, da ihre Männer alle ausgeschaltet hatten. Während Asami telefonierte und ihn anscheinend nicht beachtete, beendete Takaba seine spärliche Mahlzeit. Es war schade um das viele Essen, das sich hier vor ihm auftürmte, doch er wusste nicht, wo er das alles unterbringen sollte… geschweige denn, wie sein Magen das fassen sollte. Er wusste nicht, wie lange er dort gewesen war, doch anscheinend hatte es ausgereicht um seinen Magen an weniges, schlechtes Essen zu gewöhnen. Aus reiner Gewohnheit zog Takaba seine Knie an die Brust und schlang den linken Arm darum, nippte währenddessen an dem kostbaren Wasser. Sie waren immer noch nicht in Sicherheit… immer noch schwelte Angst in ihm, dass Fei Long wieder zuschlagen würde. Asami wandte das Gesicht der Tür zu und erhob sich noch während des Gespräches, als es vier Mal klopfte und er mit einer Waffe in der Hand, die er verborgen an seinem Oberschenkel hielt, die Tür öffnete. Ray brachte die Kleidung des Jungen, legte sie auf dem Bett ab. Eine Jeans, frische Unterwäsche, Turnschuhe, ein tailliertes Hemd und die passende farblich abgestimmte Jacke dazu. Daneben lagen noch ein Pullover und Utensilien zur Körperpflege, wie Zahnbürste, Kamm und einiges anderes noch. Ray verneigte sich und verließ das Zimmer, bezog seinen Posten mit einem anderen Mann wieder vor der Tür. Takaba sah nicht, dass diese Kleidung für ihn war… defacto sah er sie gar nicht, da er seinen Blick immer noch starr geradeaus gerichtet hatte. Weg von all dem hier. Nach dem klärenden Gespräch und seiner Zustimmung um die Beobachtung abzubrechen, legte Asami auf und nahm sich eines der Häppchen, blickte noch während er es sich an die Lippen führte zu dem Jungen. „Die Kleidung ist für dich. Wenn du willst, kannst du dich anziehen, du kannst die Dinge im schmalen Beutel benutzen, wirf sie danach weg, wir wollen nichts mitnehmen.“ Er konnte sich anziehen, wenn er wollte? Es war das erste Mal, dass Asami nichts befahl, sondern in Auswahl stellte… auch wenn die Auswahl in diesem Fall eindeutig positiv ausfiel. Takaba sehnte nichts mehr herbei als saubere, schützende Kleidung, die nicht stank oder entblößte. Er sah sich um und entdeckte die kostbaren Schätze auf dem Bett. Wortlos erhob er sich und strebte seinen Schutz an, sah, was ihm dort gebracht wurde. Er nahm alles an sich und ging zurück ins Bad, wo er das nachholte, was er im Zuge der Dusche nicht hatte erledigen können. Zähneputzen… endlich. Rasieren… Deo. Es roch anders als Fei Long… Schlussendlich stieg er in die Sachen und zog zu guter Letzt auch noch den Pullover über. Nicht, weil ihm kalt war… sondern weil es… schützender war. Es waren unauffällige Farben… allesamt in Khaki- und Sandtönen gehalten, die im normalerweise standen, wenn er nicht aussah wie eine Leiche und Augenringe unter den Augen hatte, die für Veilchen gehalten werden konnten. Asami hatte schon immer einen guten Geschmack gehabt, was Kleidung anging, merkte Takaba bitter an. Fei Long hingegen… natürlich bevorzugte er ihn nackt. So bekam er schneller das, was er wollte. Mit nun trockenen und gekämmten Haaren kam er wieder zurück in das Hotelzimmer. Dies mit einem versteckten schmalen Lächeln quittierend, ging Asami zu dem offenstehenden Koffer, in dem einige Unterlagen deponiert waren, holte einen Umschlag hervor und kam damit zu dem Jungen. Er hielt ihm den Umschlag hin. „Hier, das gehört dir.“ Takaba öffnete den Umschlag und förderte nacheinander sein Handy… ja, es war wirklich sein Handy, sogar der Anhänger war noch dran, seinen Wohnungsschlüssel, Ausweispapiere, die ihn als jemand anderen ausgaben, als er wirklich war, eine Aufenthaltsgenehmigung in China und Ausreisepapiere zutage. Alles, damit er diesem Land entkam. „Danke“, erwiderte er leise und verstaute alles in seinen Taschen. Alles, bis auf sein Handy, mit dessen Anhänger er spielte. „Es ist nur dazu da, dir eine Flucht zu ermöglichen falls wir getrennt werden, bis wir in der Luft sind und Fei Long uns angreift“, spielte er das Gefühl, dass bei diesem leisen Wort in ihm aufkam herunter. „Es ist nicht der Rede wert“, er wandte sich ab und setzte sich wieder in den bequemen Stuhl, überschlug die Beine und trank seinen Wein, als wäre das alles nur Urlaub, keine Flucht. So als hätten sie alle Zeit der Welt. Doch Asami wartete. Er wartete darauf, dass Akihito etwas sagte. Eine Weile herrschte Stille zwischen ihnen beiden. „Wer ist dieser Mann, der Schuldig mitgenommen hat?“, fragte Takaba dann und nahm sich ein weiteres Glas Wasser. Jetzt, wo er die Flasche vor sich stehen hatte, wo er wusste, dass er nichts mehr rationieren musste, weil er Angst hatte, dass ihm nichts mehr gebracht wurde, erlaubte er sich den Luxus des verschwenderischen Trinkens. „Meinst du, was er mir erzählte, wer er ist, oder wer er tatsächlich ist?“, kam es erstaunlich ruhig und gelassen von Asami der gerade ein Fax durchlas. „Wer er tatsächlich ist“, erwiderte Takaba. Er machte sich Sorgen um Schuldig… dass dem Mann etwas passierte. Asami legte das Fax beiseite und blickte zu dem Jungen, eine Braue fragend erhoben. Er blickte ihn lange an, konnte die versteckte Sorge hinter dieser vorsichtigen Frage förmlich riechen. Aber noch sagte er nichts dazu. „Das wissen wir nicht. Und es ist mir auch einerlei. Er kommt vom Sakurakawa Clan, möchte aber nicht, dass etwas von seiner Unternehmung dort verlautbar wird. Laut seiner Angabe gehört dieser Assasine ihm.“ Das hatte Takaba gehört und er zweifelte es an. Doch er sagte nichts dazu… was aber nicht die Sorge um den Telepathen milderte. Nicht vor dessen Hintergrund und dem Wissen, über das Takaba verfügte. Doch war es seine Aufgabe, weiter nach Informationen zu forschen? Nein… denn Informationen hatten ihm immer nur Schlechtes eingebracht. „Kommt er mit zurück nach Japan?“ „Das obliegt Kawamori, aber der Plan sieht es vor“, stimmte Asami zu und wartete, ob noch mehr Fragen kommen würden, stützte seinen Ellbogen auf und saß bequem und abwartend da. Dieses Wissen erleichterte Takaba und das zeigte sich auch in seinen Augen. Schuldig würde also mitkommen und bei ihm bleiben, zumindest bis sie sicher in Japan waren. Was dann war… was dann weiter geschehen würde, wusste er nicht. Er wusste ja noch nicht einmal, wie er von dort an weitermachen sollte… doch erstmal war es wichtig, aus diesem Land zu entkommen. Takaba ging zum Bett und ließ sich darauf nieder. „Ist… Fei Long tot?“ „Nein, es sei denn er hat sich selbst erschossen, oder es hat ihn vor Wut der Schlag getroffen“, antwortete Asami zynisch. „Der hätte ihn schon viel eher getroffen“, erwiderte Takaba gedankenverloren. So wütend, wie Fei Long in den ersten Tagen gewesen war und so oft, wie er eben diese Wut an ihm ausgelassen hatte, hätte ihn schon längst der Schlag treffen müssen. „Hast du noch Fragen, oder ist es nun an mir einige stellen zu dürfen?“, fragte Asami, den beobachtenden Blick auf dem traurigen Gesicht, welches Trotz widerspiegelte. Aber nicht nur die übliche Sturheit zeichnete sich auf dem Antlitz ab, sondern auch Müdigkeit und Sorge. Er konnte erkennen, wie es hinter der Stirn arbeitete. Die Mundwinkel Akihitos neigten sich nach unten und die Augen, die sonst Funken sprühten, waren belegt und trüb. Schon wieder diese nicht fordernde Art, die er ablehnen oder annehmen konnte, wie er wollte. Takaba nickte schweigend und rieb sich über das Gesicht. Adrenalin putschte immer noch in seinen Adern und ließ ihn hellwach sein, wenngleich er einfach nur schlafen wollte. „Was willst du wissen?“, fragte er den teuren Teppich, oder vielmehr seine Füße, die er zum ersten Mal seit Wochen nicht nackt sah. Die… langsam warm wurden. „Weshalb machst du dir Sorgen um diesen Mann?“ Eine wirklich harmlose Frage, lobte sich Asami innerlich spöttisch selbst und angelte sich lässig das Weinglas heran um einen Schluck zu nehmen. Sie mussten jetzt nur noch warten bis Kawamori mit besagtem Mann sich meldete damit sie zum vereinbarten Zeitpunkt zum Flughafen fuhren. Es war kein ‚Wie geht es dir?’ oder kein ‚Hat Fei Long dich vergewaltigt?’ oder auch ein ‚Wie oft hat er dich vergewaltigt?’, nein, Asamis erste Frage zeugte deutlich von seiner Eifersucht einem Mann gegenüber, der ihm nur Gutes getan hatte. Takaba sollte es ja nicht wagen, jemand anderen in seine Gedanken zu lassen, das las er aus der Frage. Doch was sollte er antworten? Er hat mir in meinen Gedanken gezeigt, was ihm angetan wurde? Dass er nicht lachte. „Ich will, dass er wohlbehalten nach Japan zurückkommt“, erwiderte Takaba schließlich. „Weshalb?“ Asami wurde nun wirklich neugierig. Er ahnte durch Takabas Verhalten, was mit ihm die letzten Wochen getan wurde, es war nicht wirklich schwer, dies zu erraten. Aber das war kein Thema für hier und jetzt, wenn es überhaupt irgendwann ein Thema sein würde. „Ganz davon abgesehen, dass es nicht in meiner Macht steht. Kawamori hat mir seine Hilfe angeboten. Ich werde mich nicht über ihn und seine Wünsche hinwegsetzen.“ Er hat mir geholfen, wo du mich im Stich gelassen hast, dröhnte es durch Takabas Gedanken und nur einen Moment später… eine Millisekunde darauf wurde er sich bewusst, dass er genau das laut ausgesprochen hatte. Takaba presste die Fingerknöchel gegen seine Lippen und starrte mit geweiteten Augen auf den Teppich. Er konnte noch nicht einmal lügen und sagen, dass es nicht so gemeint gewesen war… er hatte jedes einzelne Wort so gemeint. Fast hätte er das vorlaute Mundwerk, das Plappermäulchen des Jungen vermisst. Ja, fast. Aber dass dieses Mäulchen hier… derart schmerzende Sätze von sich gab, war selbst für Asami nur schwer zu verdauen. Er wusste im ersten Moment nur mit Wut zu reagieren, schlussendlich jedoch war er einfach… verletzt durch diese Anklage, die er sich selbst zu oft gestellt hatte, als dass er jetzt darüber locker hinweggehen konnte. Er schützte sie beide vor seiner Wut, indem er einen großen letzten Schluck des Weines nahm und dann zum Telefon griff. „Räumen Sie das Essen ab. Und lassen Sie Kawamori wissen, dass wir bald soweit sind. Er soll sich bereithalten“, sagte er betont ruhig, aber mit aufgerauter Stimme. Takaba wartete, bis Asami auflegte, die Hände zu Fäusten geballt. „Ich… habe so oft gehofft, dass du kommen würdest. Ich… habe mir Sorgen um dich gemacht und wusste bis vor zwei Wochen nicht, ob du überlebt hast“, presste er hervor und schon wieder stiegen ihm Tränen in die Augen. Den Blick störrisch nach unten gerichtet wischte er sie unwirsch weg. „Die Sorge, dass wir dich nicht rausholen würden, ist ja somit hinfällig“, sagte Asami Ryuichi lapidar, aber leise. Natürlich hatte der Junge sich Sorgen gemacht, wäre er tot gewesen, sein Nachfolger hätte mit Sicherheit keinen Deut auf den Jungen gegeben. Außerdem hatte Fei Long nicht auf sein Herz oder seinen Kopf gezielt. Er stand auf, ordnete seine Unterlagen dem Jungen den Rücken zudrehend. „China ist groß Takaba. Ohne die Hilfe von Kawamori, wärst du noch immer bei ihm. Du solltest dich bei Kawamori bedanken, er ist dein Retter.“ Asami schloss den Koffer ab. Takaba sagte nichts. Anscheinend war die treibende Kraft dieser Mann und Asami hatte seine Chance gesehen, Fei Long eins auszuwischen und ihn zurück zu holen. Was machte er derweil? Beschuldigte Asami, sich nicht um ihn gekümmert zu haben. Alles lief falsch, wirklich alles. Er wollte nicht mehr… dieses Leben machte keinen Spaß mehr. Er wollte einfach nur zurück, in seine Wohnung, zu seinen Freunden, in seinen Beruf… er wollte ohne diese Angst leben. Sein Blick wanderte hoch, über die Beine des Japaners bis hin zum Gesicht. Dieser spürte den Blick, doch er fühlte sich momentan nicht in der Lage ihn angemessen zu begegnen. Zuviel widersprüchliche Gefühle entzogen ihm die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und holte aus einem zweiten offenen Koffer sein Holster und seine Waffe. Nachdem er das Holster angelegt und die Waffe darin versenkt hatte ging er ins Badezimmer um sich die Krawatte zu binden und sich frisch zu machen. o~ „Nun werden wir Sie nach Hause bringen… zu Ihrem Team zurück. Dafür bin ich hier, man hat mir aufgetragen, dass ich Sie befreien soll… da aber Asami-san gewisse Eigenarten hat, was Dinge angeht, die seine Person betreffen, musste ich Sie als etwas ausgeben, das Sie nicht sind.“ Satoshi nickte noch einmal entschuldigend. Er deutete auf das Bett, auf dem einige Kleidungsstücke in der passenden Größe lagen. „Wenn Sie möchten, können Sie sich angemessene Kleidung anziehen und sich im Nebenzimmer duschen. Ich helfen Ihnen auch gerne, wenn Sie mit Ihrem Rücken… Hilfe benötigen.“ Ein Gemisch aus sexuellem Interesse, Bösartigkeit und einfach nur einem Lächeln flackerte in Schuldigs Augen und auf seinem Gesicht, als sein Blick den Mann fast unverschämt maßen nach dessen letztem Satz, von unten bis ganz nach oben zu den braunen treuherzigen Augen. Ich denke… ich werde alleine klar kommen, Herr Kawamori, aber vielen Dank für das Angebot mir… zur Hand zu gehen.“ Wie höflich… er doch war und wie schmutzig doch eigentlich. Nun… er erhob sich um sich duschen zu gehen, nahm die Kleidungsstücke die alle noch verpackt auf einem Kleiderbügel in einem Kleidersack waren an sich und verschwand im Badezimmer. Er brauchte eine Toilette, dringend und dann nichts wie unter die Dusche, falls das mit seinen Verletzungen überhaupt möglich war. Schuldigs Gedanken begannen um die Hintergründe seiner Rettung zu kreisen, während er sich ins Badezimmer begab und einen Platz für die Kleidungsstücke suchte. So war es also Brad gewesen, der diesen Typen hier angeheuert hatte? Es schien ihm suspekt, aber nicht ganz abwegig. Brad konnte sich bei Fei Long nicht mehr sehen lassen, aber… warum holte er ihn nicht wenigstens selbst ab? Satoshi ließ sich erleichtert auf einem der Sessel nieder, als er die Dusche rauschen hörte. Das war anstrengender als gedacht. Er musste immer auf der Hut sein, immer bereit. Seine Hand wanderte automatisch zum Essen, das für Mastermind hier stand und klaute sich eines der Fleischbällchen, schob es sich zwischen die Zähne. Wenn Satoshi Fei Long in die Finger bekam… wie konnte er es wagen, ihn übers Ohr zu hauen? Schuldig säuberte sich unterdessen eher vorsichtig, duschte zunächst achtsam um die verkrusteten Stellen auf seiner kompletten Rückfront zu schonen, reinigte sich an den Stellen die nicht davon betroffen waren. Es dauerte seine Zeit und nachdem die erste Prozedur abgeschlossen war, wusch er sich im Waschbecken die Haare, trocknete sie sorgfältig ab und musste sich erst einmal setzen, nachdem er fertig geworden war. Ihm stand erneut der Schweiß auf der Haut so sehr strengten ihn die Bewegungen an. Doch er durfte sich keine Auszeit leisten, so zwang er sich auf und inspizierte die Kleidung, die ihm zugedacht war. Ein Anzug kam zum Vorschein, ganz der Geschäftsmann. Na herrlich. Dann musste er seine Haare auch noch ordentlich stylen, darauf hatte er nun gar keine Lust. Zunächst stand aber eine Rasur an, dringend. Und wenn alles soweit war, dann eine Zigarette… ach das wäre schön, schwelgte er in Genüssen, bevor er damit begann sich zu rasieren. Satoshi machte sich allerdings nach ein paar Minuten doch Sorgen, als er nichts mehr aus dem Bad hörte. Nicht, dass der andere Mann noch in Ohnmacht gefallen war? Die Verletzungen, derer er oberflächlich hatte ansichtig werden können, sprachen eine deutliche Sprache, was mit Mastermind gemacht worden war und niemand konnte ihm die Garantie geben, dass dieser schon wieder soweit bei Kräften war, um unbeschadet nach Japan zurück zu fliegen. Mit diesen und ähnlichen Sorgen erhob sich Satoshi und klopfte vorsichtig an die Badtür. „Ist alles in Ordnung bei Ihnen?“, fragte er leise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)