True Stories von Liniya (Neuester Oneshot: "Men in Black") ================================================================================ Kapitel 5: Das Licht in seinen Augen ------------------------------------ Titel: Das Licht in seinen Augen Status: Abgeschlossen Autor: Liniya Fandom: Detektiv Conan Charaktere: Shiho Miyano Pairing: keines Genre: Drama, Darkfic Disclaimer: Keine der Figuren gehört mir und ich verdiene auch kein Geld damit Anmerkung: Eine weitere FF für den aS-Zirkel (assoziatives Schreiben). Das bedeutet, der erste Satz war vorgegeben, und man sollte dazu eine Geschichte schreiben. Verwendeter Satz: 07 - "Und doch war da diese schwache, bange Stimme in mir, die sich fragte, ob es sehr wehtun würde, wenn... wenn es ein schlechtes Ende nahm." Kurzbeschreibung: Ein kleiner Einblick in die Gedankenwelt von Shiho, als sie eine folgenschwere Entscheidung trifft. Das Licht in seinen Augen »Und doch war da diese schwache, bange Stimme in mir, die sich fragte, ob es sehr wehtun würde, wenn... wenn es ein schlechtes Ende nahm.« Stumm starrte das rotblonde Mädchen auf den Computerbildschirm vor sich, betrachtete die schwarze Schrift auf weißem Hintergrund, hypnotisierte den Satz, den sie soeben getippt hatte. Er klang so... melodramatisch. Eher wie aus einem schlechten Groschenroman oder einer kitschigen Vampir-Lovestory, als aus der Tastatur einer so kühlen und beherrschten Person wie sie selbst. Und dennoch konnte Shiho Miyano nicht abstreiten, dass es ihre Fingerspitzen gewesen waren, die vor wenigen Sekunden erst genau diese Worte in den PC eingegeben hatten. Und sie konnte genauso wenig abstreiten, dass jedes einzelne davon der Wahrheit entsprach. Sie hatte Angst gehabt. Furchtbare Angst. Und hier, auf den privaten Seiten ihres Tagebuches war der einzige Ort auf Erden, an dem sie sich diese Angst eingestehen konnte, ihr Gestalt geben konnte. Nur in ihren imaginären Briefen an Akemi, an ihre Schwester, konnte sie so offen sein wie nirgendwo sonst. Und doch hatte sie selbst hier gezögert, hatte selbst hier eine kleine Pause eingefügt. Hatte Hemmungen, zuzugeben welch Ängste sie befallen hatten, als sie heute mittag in ihrem Labor gestanden hatte, eine kleine unscheinbare Kapsel in der einen Hand und einen Plastikbecher mit Wasser in der anderen. Doch eigentlich war es nicht der Schmerz gewesen, denn sie wirklich fürchtete. Vielmehr... Langsam hob Shiho ihre Hände, begann wieder zu tippen, ohne ihren Blick vom Bildschirm zu lösen. »Ich hatte alle nur erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen, schwere und spitze Gegenstände beiseite geräumt, einen Plastikbecher anstatt eines Glases gewählt um mich nicht an den Scherben zu schneiden, sollte es mir aus der Hand rutschen und zerbrechen. Und dennoch...« Shiho zögerte erneut, in Gedanken wieder in eben jener Szenerie, sie selbst inmitten des sorgfältig vorbereiteten Labors, bereit zu tun, was sie tun musste. »Und dennoch verbrachte ich lange Augenblicke damit, weiter auf die kleine Kapsel in meiner Hand zu starren, während ich in Gedanken zum wohl tausendsten Mal die Formel Revue passieren ließ und die Mengenverhältnisse der Inhaltsstoffe verglich. Es stimmte alles bis ins letzte Detail, ich hatte es so oft schon zusammengesetzt und mich dennoch erst dann zufrieden gegeben, als ich zu hundert Prozent sicher war, alles exakt nach den Berechnungen zusammengefügt zu haben. Die Abweichung betrug höchstens ein Hunderttausendstel. Zu vernachlässigen gering, wie mein Vater es stets genannt hatte. Dass er nun tot war, daran wollte ich nicht denken. Nicht heute. Nicht jetzt.« Shiho lächelte sarkastisch. Als ob dieser Gedanke überhaupt relevant gewesen wäre. Ihre Eltern waren nicht an einer Fehlkalkulation gestorben. Nein... harte Bleikugeln und ein vorgetäuschter Unfall, das hatte ihr Leben beendet und ihre Körper vernichtet. »Jetzt war nur eines wichtig: Die Kapsel vor mir. Und die Bereitschaft, sie zu schlucken.« Shihos Hände zitterten leicht, als sie weitertippte, immer noch keinen Blick von dem hellen Bildschirm vor ihrem Gesicht abwendend, ihre Gedanken weit fort von diesem Ort an dem sie sich gerade befand... und doch nur wenige Meter von ihm entfernt. Lediglich mehrere Stunden in der Zeit zurück. »Ich durfte nicht weiter daran denken, was geschehen konnte. 39 von 40 Mäusen hatten das Gegengift überlebt. Die letzte hatte einen Virus in sich getragen, der noch nicht zum Ausbruch gekommen war, wie ich später feststellte. Ein Grippevirus. Keine Seltenheit jetzt im kalten und nebligen November. Und doch ironisch, bedachte man, dass eine normale Erkältung in der Vergangenheit die Verwandlung sogar begünstigt hatte. Doch ich war gesund, hatte trotz aller Untersuchungen keine Anzeichen von Krankheit erkennen können und mich die letzten zwei Wochen in Quarantäne befunden. Ich hatte alles Menschenmögliche getan. Und dennoch hatte ich Angst. Furchtbare Angst. Angst vor dem Schmerz. Nein. Angst vor der Niederlage. Denn ich wusste, wenn ich vor dem Schmerz kapitulieren würde, wenn ich darunter zerbrechen würde, wenn ich sterben würde...« Shiho schluckte schwer. Selbst jetzt lief es ihr noch kalt über den Rücken bei dem Gedanken an die möglichen Konsequenzen. »Ich wusste, dass mit meinem Leben auch ein weiteres Leben erlöschen würde. Bereits jetzt sah ich die Hoffnung in Conans, nein Shinichis, Augen jeden Tag mehr und mehr schwinden, einer tiefen Leere Platz machen. Ich sah jeden Tag, wie er innerlich mehr und mehr starb. Ich war seine letzte Hoffnung, das letzte Licht in der tiefen Dunkelheit, die sich Conan Edogawa nannte und auf den Beinen eines Siebenjährigen die Welt erlebte, jeder Schritt wie aus Blei gegossen. Und eines Tages würde er endgültig versinken. Ich wusste es. Hatte es am eigenen Leib durchlebt.« Der Blick der jungen Wissenschaftlerin trübte sich für einen kurzen Moment. Ja... Sie hatte es erlebt, war versunken. Hatte ihrem Leben ein Ende setzen wollen, als alle Hoffnung erloschen und nichts mehr verblieben war um sie zu halten. Doch das Ende war nicht gekommen, selbst der Tod hatte sie an jenem trostlosen Tag verraten. Widerwillig hatte Shiho ihr neues Leben angenommen, es genutzt und heute war endlich der Tag gekommen gewesen, ihre wahre Aufgabe zu erfüllen. Zum ersten Mal zeichnete sich ein kleines Lächeln auf den Lippen der jungen Frau ab. Sie wusste, sie hatte das Richtige getan. Wusste, sie hatten den Weg beschritten, der sie beide ins Licht führen würde. Shinichi würde endlich wieder im Licht seines eigenen Lebens stehen und sein Glanz würde auch ihre Welt erhellen. »Ich wusste, wenn ich versagte, würde dieses Licht vielleicht auf ewig verlöschen. Nein, sogar mit Sicherheit verlöschen. Und dennoch konnte ich nicht anders. Ich konnte nicht anders, als den letzten finalen Versuch an mir selbst durchzuführen. Wenn ich starb, so würde sich sein Licht verdunkeln, vielleicht sogar gänzlich entschwinden. Doch es an ihm zu testen, würde im Falle eines Versagens das sichere Verlöschen seiner Lebensflamme bedeuten. Und der Verlust seines Lichtes würde noch so vielen Menschen mehr auf dieser Welt das Licht entreißen.... Nein. Das konnte und wollte ich nicht verantworten.« Shiho lächelte gequält. Ja, sie wollte nicht die Verantwortung für das Leid anderer Menschen haben. Sie wollte nicht, dass Ran ihre große Liebe verlor. Wollte nicht, dass das Mädchen, dass wie eine große Schwester zu ihr war und ihr sogar das Leben unter Einsatz ihres eigenen gerettet hatte, den einzigen verblieben Halt in ihrem Leben verlor, der in Form von Conan ihre Tage erträglich machte. Zudem.. Shinichi hatte Eltern, die sich um ihn sorgten, egal wie oft er über sie schimpfen mochte. Er hatte Freunde, denen er etwas bedeutete. Egal ob nun sein Kollege und Rivale Heiji Hattori oder Genta, Mitsuhiko und Ayumi, die ihn bewunderten. Und auch der Professor hing an dem kleinen frechen Jungen, der sich früher immer nur über seine Experimente lustig gemacht hatte und nun so sehr auf eben jene Erfindungen vertraute. Shiho schluckte. Nein, das konnte sie all jenen Menschen nicht antun. Das konnte sie sich selbst nicht antun. »Sorgsam hatte ich alle meine Notizen an einem geheimen Ort verwahrt und eine Notiz in meinen Unterlagen hinterlassen. Sollte es schiefgehen, würde er diese finden. Würde die Hinweise entschlüsseln und die Dokumente finden. Zusammen mit einer genauen Analyse sämtlicher potentieller Fehlerquellen, Varianten der Formel und detaillierten Versuchsabläufe mit den Labormäusen. Sollte ich scheitern, so würden andere auf diese Weise fortfahren können. Es perfektionieren können. Auf dass wenigstens er noch eine weitere Chance bekäme.« Weiterhin auf den Bildschirm starrend griff Shiho nach rechts, griff nach dem kleinen Plastikbecher, der ihr zuvor schon so gute Dienste geleistet hatte, und trank einen tiefen Schluck aus dem nun schon zum wiederholten Male frisch gefüllten Gefäß. Doch die Trockenheit in ihrer Kehle rührte nicht von äußerlichen Einflüssen her... »Ein letztes Mal atmete ich tief durch, warf einen letzten Blick in die Runde... bevor ich mit einer entschlossenen Bewegung die Kapsel in den Mund nahm und mit dem kühlen Nass aus dem Becher hinabspülte. Es dauerte nur wenige Minuten bis mein Kreislauf zusammenbrach, erste zittrige Schübe meinen Körper durchliefen und ich zusammengekrümmt auf dem Boden zusammensackte...« Erneut hielt Shiho inne, blickte mehrere Minuten lang unentwegt auf den Bildschirm, vor ihrem inneren Auge die bruchstückhaften Szenerien des weiteren Verlaufs, der vor allem von einem geprägt gewesen war: Schmerz. Glühendem, gleißenden, gellendem Schmerz. Dann, ganz langsam, hob sie ein letztes Mal die Arme, senkte ihre Hände über die Tastatur. »Doch ich habe es überstanden, Akemi, ich habe gesiegt. Habe triumphiert. Das Licht wird zurückkehren in seine Augen. Und auch meine Welt wird nun endlich wieder ein Stückchen heller werden, wenngleich du auf ewig meine einzige wahre Sonne bleiben wirst. Doch vielleicht vermag jenes Licht wenigstens eines: Mich vor den schwarzen Schatten der Nacht bewahren. Ich will daran glauben, Akemi, dass auch für mich ein kleiner Platz im Licht ist. Und wenn ich schon selbst nicht mehr zu scheinen vermag, so will ich wenigstens in seinem Glanz die Sicherheit spüren. Akemi... Ich werde dieses Licht beschützen. Ich vermochte es nicht, dein Licht zu erhalten. Doch ich werde alles dafür geben, dass seines nie erlischt. Für ihn. Und für mich.« Mit einem leicht melancholischen, aber auch zufriedenen Lächeln klickte Shiho auf den Senden-Knopf, fuhr anschließend den PC herunter und verließ das Labor. Shinichi würde sich noch bis zum nächsten Morgen gedulden müssen, doch es wurde Zeit, den Professor von seiner Sorge zu erlösen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)