Memorial von Kasumi (Lass mich nicht in den Scherben der Vergangenheit stehen) ================================================================================ Kapitel 2: Öffne neue Pfade --------------------------- Kapitel 2 Er griff nach seinem Unterschenkel, er war verdreht, wohlmöglicherweise verstaucht aber hoffentlich nicht gebrochen. Kouya verzog sein Gesicht und bemerkte, wie das Bein anfing anzuschwellen. "Spontane Aktion, ist das bei dir immer so?" Der braunhaarige Junge warf einen leicht genervten Blick zu dem Kleinen herab. "Ich habe dir gerade das Leben gerettet und mehr hast du mir nicht zu sagen?" Kouya wollte aufstehen, jedoch schmerzte ihm das Bein dadurch so sehr, das er es nicht zurückhalten konnte und einen lauten Schrei ausstieß. Der Große schüttelte den Kopf, kniete sich hin und lächelte, nicht fröhlich aber auch nicht bösartig. Er schien den kleinen Kerl auf den Rücken nehmen zu wollen. "Ich lasse mich nicht tragen, ich vertraue dir nicht!" Er war nun einige Meter nach vorne gerobbt und versuchte sich am Abhang heraufzuziehen. Ohne zu zögern hob der Große ihn letztendlich hoch, legte ihn über seine Schulter und lief in Richtung Stadtklinik mit ihm. Kouya zeterte, fluchte und schlug auf den Rücken der unvertrauten Person, doch es half nichts. "Jetzt habe ich auch dir geholfen, ich denke damit sind wir quitt." Mit diesen Worten wandte sich der Braunhaarige in der Klinik von dem Patienten ab, steckte seine Hände in die Hosentaschen und verschwand aus der Tür hinaus. Der Fünfzehnjährige knurrte, starrte auf seinen Verband am Bein und tat es ihm dann nach. Auf Schule hatte er jetzt keine Lust mehr, er wollte auf den Friedhof, der Ort, der ihm Ruhe und viel Nachdenklichkeit brachte. "Mutter, ich bin so alleine, schon fast erwachsen, aber was bringt es mir ohne mütterliche Liebe?" Er kniete sich an ein Grab, betrachtete es mit einem leeren Gesichtsausdruck für einige Zeit und ließ sich dann darauf fallen, als würde er es umarmen wollen. Sein Atem bließ den Staub der Erde von sich weg und beruhigte gleichzeitig ihn selbst. "Dein Handeln war falsch, Mutter, ich werde es dir nicht nachtun, ich will doch dein starker Junge sein." Warscheinlich hätte Kouya niemals damit gerechnet, dass sich am Eingang des Friedhofes inzwischen jemand eingefunden hatte. Dieselbe Person, die gerade noch einfach verschwunden zu sein schien. "Wer liegt dort begraben?" Kouya zuckte zusammen und sprang sofort auf. Wieder diese grünen Augen. Frech und rätselhaft blickten sie ihn an, seine Arme waren verschränkt. "Was tust du hier und was willst du noch?" Er wischte seine Tränen mit einem Zug weg und schlug ihm dann in den Bauch. Dann begann ihn ein Zittern zu durchfahren und er fiel auf seine Knie. "Es geht dich garnichts an, es geht keinen was an. Ich gehe niemanden was an." Jetzt konnte er das Weinen nicht mehr unterdrücken, denn es überfuhr in in Maßen. Der braunhaarige Junge zog ihn an sich, legte ihm seine Jacke um und stieß ihn dann zurück auf das Grab. "Sei nicht so vorlaut, es wird dich nicht weit bringen." Kouya schluchzte, blieb aber dort liegen wo er sich befand. Der Größere drehte sich von ihm fort und suchte die Distanz. "Du willst doch ein guter Junge sein, habe ich das richtig verstanden?" Kouya hielt die Luft an und ballte daraufhin die Fäuste zusammen. "Verschwinde! Weißt du was? Ich bereue es, was ich vorhin am Hafen getan habe! Ich will nicht hören, was du mir sagst, ich will deine dummen Worte nicht haben." Mit einem Male stand der Braunhaarige über den Kleineren gerichtet und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige, die einen Abdruck einer riesigen Hand hinterließ. "Wie stur kann ein Mensch nur sein? Du bist wahrhaftig noch ein kleines Kind. Willst niemandem vertrauen, deine Fehler nicht einsehen, die du doch hast, nur weil du zu stolz bist." Er schüttelte den Kopf. "Ich weiß nicht, was man dir angetan hat, denn deine Augen wollen es mir nicht verraten. Es wäre schön gewesen, wenn du dich mir anvertraut hättest, denn ich wäre bereit gewesen dir zu helfen, aber unter diesen Umständen leider nicht." Den Kopf herabsenkend fiel eine letzte Träne aus Kouyas Augen herab. "Wenn du wirklich Hilfe brauchst, wirst du mich schon wieder finden." Ehe man sich versah war Kouya eingeschlafen und zitterte vor der Kälte der Nacht. So lag er da, schlafend, zitternd, auf dem Grab seiner Mutter. Hätte er die Jacke des grünäugigen Jungens nicht über sich liegen gehabt, wäre er nun an einer Lungenentzündung erkrankt. Als er aufwachte war er sich nicht sicher, ob er träumte oder wach war, aber er spürte eine unglaubliche Leere in sich. Etwas, das ihm alles andere als gefiel. Er versuchte sich an die Worte, die man ihm gesagt hatte zu erinnern, jedoch schienen sie nicht mehr ganz zu ihm vorzudringen. Kouya richtete sich auf, tat zwei Schritte und stolperte schließlich aus dem Grund, dass sein Unterschenkel immernoch stark schmerzte. Der einzige Ort den er jetzt aufsuchen konnte, war leider sein Zuhause. Doch dieser Ort war für ihn schon lange nicht mehr sein "Zuhause" gewesen. Nein, nur ein großes Gebäude voller schlechter Erinnerungen, die er in all den Jahren verdrängt hatte. Wie viel Uhr es war, wusste er nicht, aber der Mond stand noch am Himmel, was darauf deuten konnte, dass es noch sehr früh war, zu früh. Mit einem mulmigen Gefühl steckte er schließlich den Schlüssel ins Schloss. Bevor er ihn jedoch umdrehte, hielt er inne und mit einem Male kam auch alles vom gestrigen Tage auf ihn zurück. Jetzt hatte er auch gemerkt, dass es die ganze Zeit über schon regnete und er klitschnass war. Er schloss die Augen, drehte den Schlüssel herum und schlug die Haustür auf, dann erschrak er... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)