The Last Leader - Der Geist der Freiheit von Sitar-sama ================================================================================ Kapitel 1: Abschnitt 1 ---------------------- The Last Leader – Der Geist der Freiheit Das kleine Tier landete zu meinen Füßen nahes des Baums, wo Forte und ich eine Rast eingelegt hatten. Der junge Dornenfalke trug eine noch kleinere Tasche um seinen federlosen Hals. Er zwitscherte und biss beherzt in meinen rechten Stiefel, denn ich war im kühlen Schatten vor einer Weile eingeschlafen. Viel war seit der Einung der Clans geschehen und nicht alles stimmte mich glücklich. Das Land – einst unberührt – war zerfurcht von Feldern, die den Städten Nahrung garantierten und von den Shievo-Karren, die querfeldein ihre Waren nach Cheranko brachten. Wildes Land war gerodet worden für Häuser, für Tempel und Schreine, geweiht dem Herrn der Träume und den Gemaphim, den Schöpfern der Drachenkugeln. Man erfand neue Baumaterialien und zähmte die wilden Tiere im Süden und Osten. Aus Ameth – meinem Zögling – war ein beeindruckender Wissenschaftler geworden. Ich hatte ihn und meine anderen Kinder Schrift und Sprache der Alten gelehrt und ihnen im Gedenken an meine Jugend das Lied beigebracht, das die Beschwörungsformel für die Kugeln enthielt. Ameth wusste warum, denn ich hatte damals dem Drachen versprochen, dass er nicht länger nur den Gemaphim gehörte. Er war dabei gewesen, als der Sturm bezwungen wurde. Nun war er mit Nox nach Devar gezogen und würde dort einige Zyklen bleiben. Als Ilos, der alte Fürst von Devar, starb, verfügte er, dass der nächste Anführer aus Varisc stammen sollte. Es war sehr mutig solch einen Weg zu gehen. Der Rat in Devar hatte dem Wunsch entsprochen und so sollte nun Ameth dort Ilos’ Platz einnehmen. Zuerst hatte ich mich gesträubt, ihn gehen zu lassen. Doch dann erkannte ich wie sehr er sich Unabhängigkeit wünschte. Er war von Geburt an frei, seinen eigenen Weg zu wählen. Es war selbstsüchtig von mir, ihn an mich binden zu wollen. Ameth hatte mir Treue geschworen aber in dieser Zeit waren solche Schwüre zweitrangig gegenüber der Bestimmung, die jedem einzelnen von uns bevorstand. Nox war für das Wissen seines Cousins in Ehrfurcht entflammt. Über die vielen Zyklen war mein ältester Sohn an Erfahrung gewachsen und hatte sich dem Studium der Fauna verschrieben. Daher kam es auch, dass Ameth einen jungen Dornenfalken zum Geschenk bekam. Eben genau dieser, der seinen scharfen Schnabel an meinem Stiefel wetzte. Ich blinzelte gegen das Sonnenlicht, das durch die Baumkrone hindurchdrang. Mido – so hieß das Tier – flatterte auf und landete neben meinem Kopf. Sein Gefieder schimmerte irisierend im Licht und wieder einmal bereute ich die Rodung der Wälder. Diese wunderbaren Tiere würden aussterben und viele andere mit ihnen. Ich setzte mich auf und der Vogel sah mich aus seinen roten Augen wissbegierig an. Ich nahm ihm seine Fracht ab und las in dem Pergament, das Ameth mir geschickt hatte. In kunstvoll geschriebenen Buchstaben berichtete er mir von seiner Ankunft in Devar und wie sehr er mich, Dur und Forte vermisste. Ein Wettkampf im Reiten und Schwertkämpfen würde bald dort stattfinden, schrieb er. Nun, seit Frieden herrschte, erfreuten sich Duelle und Schaukämpfe großer Beliebtheit und Forte ließ es sich nicht nehmen an jedem von ihnen teilzunehmen. Ich genoss es mit ihm zu reisen. Ich reiste als sein Knappe und sein Schmied. Den „Willen des Drachen“ trug ich immer bei mir in ein Leder gewickelt wie die Klingen, die ich für Forte mitführte. Jenseits von Varisc fühlte ich mich frei und solange ich mich nicht zu erkennen gab, würde es auch dabei bleiben. Dort hatte ich Ehre erlangt und hatte diesen Planeten verändert. Nun zog es mich wieder in die Ferne. Ich war nach Reven, Lauron und Cheranko gereist aber mich reizten die östlichen Gefilde, von denen mir in der Vergangenheit nur berichtet worden war. In gewisser Weise forschte auch ich nach den Dingen, die meine Welt zusammenhielten. An manchen Tagen schien ich zu Sprechen verlernt zu haben und blickte nur umher, sah mir die Wunder an, die der Planet Namek hervorgebracht hatte. Ich verbarg meine wahre Identität und überall wo wir ruhten, sprach ich nur in den Gemächern zu Forte. Reven und Varisc waren in den letzten hundert Zyklen miteinander verschmolzen und die Clans vermischten sich miteinander wie ihre Fürsten es vor zweiundachtzig Zyklen getan hatten. Vor unserer Abreise ganz im Stillen hatten wir Dur die Stadt übergeben. Er würde mit Umsicht dafür sorgen, dass die Ruhe in allen Bezirken erhalten blieb. Im Morgenlicht des nächsten Tages waren wir mit unseren Num nach Osten aufgebrochen und nun drei Tage danach rasteten wir in einem kleinen Wald nahe des großen Stroms, der sich aus den Bergen um Devar nach Südwesten zur Mündung schlängelte.. Diesen Fluss galt es zuerst auf unserer Reise zu überqueren. „Liebster Freund, wir haben Nachricht von Ameth erhalten. Wir werden in Devar erwartet und Ihr könnt dort antreten“, sprach ich über das Pergament hinweg zu Forte. „Unser Ziel ist also tatsächlich Devar. Nun, gut. In zwei Tagen erreichen wir Cheranko und weitere vier Tage reisen wir nach Devar. Wenn das Wetter beständig bleibt, können wir einen Tag gewinnen“, überlegte Forte laut. „Ich rate von der Eile ab. Unsere Num sind schon alt. Sie brauchen jede Rast und wir auch.“ –„Eure alten Narben setzen Euch noch zu, nicht wahr?!“ –„Es wird niemals aufhören zu schmerzen, befürchte ich. Ich möchte nichts überstürzen.“ Ich lächelte müde und faltete die Schrift zusammen. Dann nahm ich meine Vorratstasche zur Hand, förderte Tusche, die Feder und ein leeres Pergament zutage und schrieb Ameth eine Antwort. Ich hatte das Gefühl wie ein kleiner Junge zu schreiben. Meine Buchstaben waren nicht annähernd so elegant wie die Schrift meines Neffen. Ich seufzte und gab dem jungen Dornenfalken meine Nachricht mit auf den Weg zu seinem Herrn. Ich stand nun auf und streckte mich. Forte sah lächelnd zu mir herüber. „Behauptet nicht, dass Ihr alt seid. Wir sind nicht alt, nur weiser als zuvor.“ Nein, er war es nicht. Seine Zügen waren ein wenig schärfer und ernster geworden aber sein übriger Körper schien sich mit Erfolg gegen das Alter zur Wehr zu setzen. Ich dagegen schien noch magerer geworden zu sein. Die Kontrolle, die ich über meine Kraft ausüben musste, mergelte mich aus und ich fühlte jeden Zyklus schwer auf mir lasten. Dies hatte nichts von dem Leben mehr wie ich es mir nach Vaters Tod vorgestellt hatte. Doch es hatte keine Bedeutung mehr. Für niemanden. Indem ich Varisc für eine Reise verließ, schien mir ein gewöhnliches Leben wieder nahe zu sein. Aber – und das gab meinem Dasein einen Sinn – ich hätte Forte niemals getroffen und Varisc wäre in der Schlacht zu Varisc unter den Füßen von Revens Soldaten gefallen. Ich blickte in die Ferne und atmete hörbar aus. „Lasst uns aufbrechen, Chrys. Ich möchte Devar in sechs Tagen erreichen. Bedauert Ihr nicht, dass Ihr Euer wahres Selbst in der Stadt des Ursprungs verbergen wollt? Ihr habt Anspruch darauf, in den Gemächern der alten Fürsten zu ruhen.“ –„Ich spreche offen zu Euch, liebster Freund. Ich bin kein Tier, das man in einen Käfig sperren kann. Einst wusste ich was es bedeutet sorglos zu sein, doch nun ist es mir fremd geworden, durch diese Welt zu reisen. Doch was mir am Herzen liegt seid Ihr, unsere Kinder und der Frieden.“ –„Ihr habt viele Opfer gebracht und viele mutige Männer zu Grabe getragen um zu schützen was Euch wichtig ist, aber warum wollt Ihr nicht sein wer Ihr seid und annehmen was aus Euch geworden ist? Ihr könnt die vergangene Zeit nicht zurückdrehen und das Geschehene verhindern. Ihr seid mit dem Blut der Gemaphim geschlüpft, aber es macht Euch nicht zum Sklaven dieser Bestimmung. Eines Tages wird Eure Bürde auf einen anderen mutigen Mann übergehen und Eure Seele wird frei sein im Jenseits.“ Ich wollte um keinen Preis dieser Welt über meinen Tod nachdenken. Ich würde tagelang in tiefer Grübelei versinken und noch weniger ruhen als ich im Augenblick konnte. Dunkle Augenringe zeugten von Schlaflosigkeit und Falten hatten sich um meine Mundwinkel eingegraben. Ohne Zweifel war ich kaum wiederzuerkennen. Wer mir nicht direkt in meine Augen sah, konnte nur eine Ähnlichkeit zum Gemaphim feststellen, doch nicht mehr. Ich war äußerlich ein anderer geworden und so beschloss ich, mich Falb zu nennen. Mein Vater mochte mir dafür verzeihen. Ich verleugnete meinen Namen für etwas, das ich als Freiheit betrachtete. So folgten wir dem Weg aus dem Wald zu der Straße, die entlang des großen Stroms gen Süden führte. Kapitel 2: Abschnitt 2 ---------------------- Boote aus Ystak und Lauron lagen am diesseitigen Ufer vor Anker, aber wir begaben uns zu einem Schiff mit größeren Ausmaßen. Es war annähernd dreißig Meter lang und am Mast war ein rotes Segel zur Sicherheit aufgerollt worden. Ich verstand nicht und noch weniger, als Forte mich anwies, unsere Num an Bord zu bringen. Die Seefahrer stammten aus Lauron und Reven. Obwohl sie mich betrachteten, erkannten sie mich nicht. Was war der Zweck, zu dem dieses Schiff erbaut worden war? Für einen Aufklärer war es zu gut bewaffnet, für ein Kriegsschiff – von ihnen gab es nur wenige – zu leicht gebaut. Forte kam an Bord und blickte sich lächelnd um. „Wir sind bereit abzulegen, mein Fürst!“, polterte einer und kam auf uns zu. Der Mann schob mich beiseite und erklärte: „Die Usor steht Euch zu Diensten und sie ist geweiht nach Euren Wünschen!“ Er sprach mir zu laut und so aufdringlich zu meinem Gefährten, dass es mir ganz übel wurde. „Usor“ bedeutete in der alten Sprache „Hoffnung“. „Sie würde dem Gemaphim gefallen, wäre er anstelle meines Schmieds mit mir gereist“, sagte Forte stolz. Ich verstand seinen Seitenhieb sehr wohl. Der Name des prächtigen Schiffes war trefflich gewählt und ich nahm an, dass es mir nach dieser Überfahrt überlassen werden sollte. Wenn ich „ich“ gewesen wäre, natürlich. Die beiden Num scheuten. Ihnen war nicht geheuer, an Deck bleiben zu müssen, während sich ihre Herren unterstellten. „Ihr seid also der Schmied meines Fürsten? Ihr seht nicht gewöhnlich aus. Wer seid Ihr?“, fragte derselbe Mann nun mich, nachdem Forte zu Bug des Schiffes gegangen war. Ich antwortete nicht. „Redet“, forderte der Mann. In seinen Augen sah ich rohe Ungeduld brodeln. „redet oder könnt Ihr es nicht?“, fauchte er. Drohend tat er einen Schritt auf mich zu. „Rührt meinen Schmied nicht an!“, knurrte Forte und eile herbei. Der Mann – zwei Köpfe kleiner als ich oder Forte – wich eingeschüchtert zurück. „Sein Name ist… Falb“, entgegnete Forte und ich spürte, dass er darunter litt, diesen Namen, hinter dem ich mich verbarg, auszusprechen. Ich wandte meinen Blick von den beiden ab. Ich würde zu Forte, Nox und Ameth sprechen und niemand sonst sollte meine Stimme hören bis zur Rückkehr nach Varisc. „Ist er stumm?“, fragte Vagero – so hieß der Mann, der uns empfangen hatte – nun Forte. Ich gab meinem Gesicht einen gleichgültigen Ausdruck. „Er ist stumm. Sein Meister wollte ihn töten und gab ihm Gift zu trinken doch er überlebte. Ich habe seine Stimme nie gehört seit ich ihn kennen lernte. Seine Klingen sind sehr gut und sehr scharf…“ Forte spann eine Mär um mein zweites Ich. Hätte es diesen Mann wahrhaftig gegeben und stünde er vor mir, ich hätte ihn gerne in meine Dienste genommen. Nicht aus Mitleid, nein, aus Bewunderung, dass er seinen schweren Lebensweg meisterte. Ich war nicht so stark. Aber dies blieb nur ein dunkler Gedanke in einem schwachen Moment. Mit einem Handstreich schickte mich Forte unter Deck. Vagero sollte nicht hören was er mir mitteilen wollte. Ich gehorchte und fand mich einige Augenblicke später in Fortes Quartier, wo er freudig in meine Augen blickte. Ich räusperte mich. „Liebster Freund, erklärt mir Eure Posse“, forderte ich. Es war ein merkwürdiges Gefühl zu sprechen. So hatte er mich mit seinen Worten zu einem neuerlichen Sonderling gemacht, mehr als ich es zuvor gewesen war. „Ich wollte Euch glaubhaft als meinen Schmied anpreisen. Doch mich verlangt es im Herzen nach Chrys und nicht nach Falb. Ich tat es, um Euch zu beschützen.“ Ich wollte als einfacher Mann reisen aber nun war ich wieder besonders geworden. Ich wollte beobachten und nun war ich wieder derjenige, der von allen beäugt wurde. Daraus machte ich Forte keinen Vorwurf daraus, dass er so große Stücke auf mich hielt. So blickte ich zu Boden und schwieg. „Seht mich an, liebster Freund. Dieses Schiff ist Euch geweiht und wird uns übersetzen, dorthin wo Cherankos Anleger sind.“ Er mühte sich so sehr doch schien es vergeblich. Dennoch war es ungerecht, ihm nicht zu antworten. „Dank Euch“, entgegnete ich und lächelte schwach. Auf Deck ertönte ein Muschelhorn zum Zeichen, dass das Schiff nun ablegte und gegen die Strömung flussaufwärts segelte. „Setzt das Segel!“, brülle einer. Nun war ich in Falbs Geschichte gefangen. Nur die blauen Flügel aus Energie konnten nun noch beweisen wer ich in Wirklichkeit war. Der „Wille des Drachen“ war nun Last und Rettungen zugleich. Chrys, der Fürst von Varisc, wurde geehrt und gefürchtet für dieses Schwert, aber Falb, der Schmied, würde für dessen Besitz hingerichtet werden. Langsam nahm die Usor mit den roten Segeln Fahrt auf. Sachte trieb sie ihrem Ziel entgegen und ich war gewillt zur Ruhe zu kommen, um den Schlaf nachzuholen, der mir entgangen war. Doch was machte es für einen Eindruck, dass der Fürst seinen Bediensteten in dessen Quartier schlafen ließ? Ich würde mich wohl in den folgenden Tagen mit den Lagern der Mannschaft begnügen müssen, um nicht aufzufallen. Ich seufzte. Als Falb hatte ich nicht das Recht, meinem Herren so nahe zu sein. Ich musste bei jedem Schritt, den wir taten, Abstand zu ihm wahren. „Ich kann nicht bei Euch bleiben, liebster Freund, denn die Maske, die ich trage, darf nicht brechen“, entgegnete ich enttäuscht. „Es fällt mir schwer, Euch gehen zu lassen. Ihr seid nirgendwo sicherer als in meiner Nähe…“ –„Ich muss es tun“, unterbrach ich ihn und verließ den Raum. Das Gepäck ließ ich dort zurück, denn mein Schwert war bei Forte in Sicherheit. Dies konnte ich nun von mir nicht mehr behaupten. Ich folgte dem schmalen Gang in den Bauch des Schiffes. Die Lagerstellen waren alle unbesetzt und ich nahm das, dass mir am Nächsten war und schlief sofort ein. Es war derselbe traumlose Schlaf wie in den Tagen zuvor. Ich lauschte jedem Geräusch. Wellen schlugen gegen die Flanken der Usor und die Planken knarrten. Auf Deck liefen die Männer herum und hielten uns auf Kurs. Nachdem der Tiefschlaf eingesetzt hatte, nahm ich nichts mehr wahr. Doch dann spürte ich starke Arme an mir zerren. „Steh auf, du Faulpelz!“, knurrte er. „Geh auf Deck und schlaf bei den Tieren. Los, mach dich nützlich!“ Auf der Stelle stieß er mich vom Lager und ich schlug hart auf. Ich vermied es, auch nur einen Ton von mir zu geben, obwohl ich zu recht wütend sein konnte. Meine Knochen ächzten, als ich vom Boden aufstand. „Verschwinde augenblicklich!“, befahl der Mann harsch und ich beeilte mich, an die Oberfläche zu gelangen. Istur und Otea zerrten an den Riemen, mit denen sie am Mast vertäut waren. Die Tiere waren Festland gewohnt. Das Wanken des Schiffes ängstige sie zutiefst und ich empfand Mitleid mit ihnen. Die Männer an Deck hatten erfolglos versucht, sie zu beruhigen und einer von ihnen hatte sich einen Kopfstoß ein anderer einen Huftritt eingefangen. Sie redeten ohne Unterlass auf mich ein doch erwarteten sie meine Antwort vergeblich. Ich ging an ihnen vorbei zu den erschrockenen Tieren. Otea zwitscherte und senkte vor mir seinen mächtigen Schädel. Durch meine Anwesenheit beruhigte er sich und auch Istur schien seine Ängste überwunden zu haben. Die Männer raunten bis plötzlich Stille eintrat. Ich hörte wie metallische Schuppen aneinander klapperten und wie das Geräusch näher kam. Es war Forte und zu meinem Entsetzen hielt er eine Rede vor der Mannschaft. Niemand sollte mich ansehen, geschweige denn anrühren. Er würde eine solche Tat mit dem Tode bestrafen. Unter Murren gehorchten sie und der Mann, der mich vom Lager gestoßen hatte, gestand. Forte ließ Gnade walten. Ein zweites Mal würde es nicht geben. Ich schämte mich. Istur schüttelte seinen Schädel und rieb seine Pfoten aneinander. Er war froh, seinen Herren wiederzusehen aber ich duckte mich weg. Zu groß war meine Furcht vor den Neckereien der anderen. Ich blieb in Deckung nahe der Tiere, die niemand anderen an sich heran ließen als ihre Herren. Keiner wechselte für zwei Tage ein Wort mit mir bis sich in der Ferne die weißen Türme von Cheranko gegen den smaragdenen Himmel abhoben. Der Wind hatte gedreht und die Usor kreuzte in diesen Gewässern. Forte kam zu mir und erklärte, dass wir nur noch einen halben Tag vor dem Ziel lagen. Es war nichts was mir nicht längst bewusst geworden war. Wir würden in der Stadt des Ursprungs Vorräte für das letzte Stück des Weges aufnehmen. Forte würde dort auch Koll und Sorbus wieder begegnen. Sie würden uns gegen einen Beutel getrockneter Kerberafrüchte und einer Hand voll Geschichten aus der Heimat mit allem Nötigen ausstatten. Sie würden nach meiner Herkunft fragen und keine Antwort erhalten. Nun litten wir beide unter meinem zweiten Ich. Forte wurde das Gefühl nicht los, mich in tödliche Gefahr zu bringen. Es stand ihm offen in sein Gesicht geschrieben und ich konnte es ihm nicht verdenken. Tod war immer ein Risiko, das die Freiheit mit sich brachte. Aber ich würde nicht sterben, denn ich war zäh und unnachgiebig. „Hier hast du dich also versteckt! Du bist nicht nur faul, sondern auch noch verschlagen! Du verdienst ein paar Hiebe mit der Gerte!“, fauchte der Mann, der mich vor Tagen von seinem Lager vertrieben hatte ohne Forte zu bemerken wie er im Bug des Schiffes nach dem Pier Ausschau hielt. „Wag es noch ein Mal, meinen Schmied zu bedrohen und ich lasse meine Klinge sprechen!“, brüllte Forte und schnellte auf den Mann zu, schlug ihm mit roher Kraft in den Bauch. „Warum beschützt Ihr diesen Tunichtgut? Sein Leben ist so wertlos wie faulendes Obst!“ –„Hütet euch alle vor mir! Eine erhobene Hand gegen ihn kostet dich deinen Kopf!“ Forte war außer sich vor Zorn. Sein Groll schien in der Luft greifbar. Ich ergriff seinen linken Arm und schüttelte meinen Kopf. Worte konnten mich nicht verletzen und Drohungen würden ungetan verhallen. Insgeheim betete ich um seine Geduld. Der Mann funkelte mich grimmig an, obwohl ich ihm sein Leben erhalten hatte. „Bringt Eurem Diener Manieren bei! Anstatt mir zu drohen, bestraft diesen ungehorsamen Mann, der in Euren Diensten steht!“ Forte knurrte. „Ich verfahre mit ihm wie mir der Sinn danach steht und nun troll dich.“ Ich atmete auf, als der Störenfried verschwand und uns an Deck bei unsere Num alleine zurückließ. Ich blickte hinaus auf das aufgepeitschte Wasser.. Ich würde mich weiter anpassen müssen und unsichtbar werden. So wie es war, machte ich Forte nur Scherereien. In dem Augenblick wünschte ich mir, alles aufklären zu können. So aber blieb ich stumm mit meinem schlechten Gewissen zurück bis die Usor in Cheranko festmachte. Eindrucksvoll flatterten die Banner, deren Wappen Unendlichkeit verhießen, an den Gebäuden, die entlang des Steges errichtet worden waren. Kapitel 3: Abschnitt 3 ---------------------- Stolzen Hauptes hatten wir damals auf unserer Rückreise die Tore passiert und dieses Gefühl kehrte nun wieder aber ich war nicht mehr derselbe. Ich führte unsere Tiere von Bord und lud unsere Habseligkeiten aus. Sie dankten uns und erwarteten unsere Rückkehr. Sie erwarteten Forte. „Fürst von Reven! Führer der Allianz!“, rief ein Mann von fern und näherte sich uns. Ich zog meine Kapuze tief in mein Gesicht und senkte den Blick. Ich erkannte ihn als Sorbus. Vor seiner scharfen Sicht musste ich mich in Acht nehmen. Forte lächelte und reichte dem Fürsten von Cheranko seine Hand zum Gruße. „Verzeiht, dass ich alleine zu Eurer Ankunft erschien. Koll, mein Bruder, reist mit ein paar Männer nach Devar, um dort zu jousten. Sein Shievo ist ausgezeichnet darauf vorbereitet.“ –„Ich verzeihe Euch. Auch ich reise nach Devar, um mich dort zu messen. Ich übergebe Euch nun einen Beutel Gegengift mit bestem Gewissen. Ich überbringe Euch den Gruß des Gemaphim.“ Forte reichte Sorbus den Beutel, den ich ihn in Varisc mitnehmen ließ. „Habt Dank. Dankt auch dem Gemaphim im fernen Varisc dafür.“ Sorbus verneigte sich. Ich stand dabei und beobachtete sie nur. „Wer ist der Mann, der mit Euch reist? Seine Erscheinung ist mir wohl vertraut.“ Hatte er Verdacht geschöpft? „Sein Name ist Falb. Er ist mein Schmied auf dieser Reise“, sprach Forte eilig und hielt Sorbus so auf Abstand. „Sprecht selbst zu mir“, forderte er mich auf. Ich verneigte mich nur. „Bei einem Schluck Eures Gebräus werde ich Euch seine Geschichte berichten.“ Die Situation ließ Forte den Schweiß auf die Stirn treten. So folgten wir Sorbus zur Stadthalle. Dort wurden Forte und ich getrennt. Mein Weg führte mich zu den Stallungen, wo ich ein winziges Kämmerlein bekam bis wir nach Devar weiter reiten sollten. Würde Forte auch Vorräte für mich erhalten? Ich wagte es, diesen frommen Wunsch anzuzweifeln. Die wenigen Stücke Erz, die ich bei mir trug, würden kaum ausreichen, um mir Vorräte für den Rest der Reise zu sichern, also würde ich mich von wilden Wurzeln und Kräutern ernähren müssen. Vorsorglich hatte ich die Ringe an meinen Fühlern und den Ohrschmuck abgenommen und in einem Beutel an meinem Gürtel verstaut. Man würde mich schon töten müssen, um daran zu gelangen. Auf Namek waren Metalle ein sicheres Zahlungsmittel und geschmiedet stieg sein Wert unermesslich an. Keine Stadt war so reich wie Cheranko. Die Stadt war erblüht wie die Ajissabüsche zur Zeit der Zwei-Sonnen-Wende, wenn der Jimai, Nameks größter Mond, für einen Tag zweien der Sonnen das Licht nahm. Man handelte mit allen erdenklichen Gütern: Fisch aus Ystak, Instrumente aus Sojis, Stoffe aus Varisc und Reven, Federn und Schmuck aus Lauron und Salze aus Devar. All das wurde in der Stadt des Ursprungs umgeschlagen. Nahrung war zwar leicht erschwinglich aber nicht jeder verdiente genug, um eine Familie zu ernähren. Viele versuchten sich an Ackerbau und Viehzucht doch selten reichten die Mittel aus. In den Gefilden der Allianz, in Varisc und Reven, hatte ich diese Armut niemals gesehen. Nahrung war für jeden zugänglich, glaubte ich. Kein Mann und kein Kind litten Hunger. Hier in Cheranko verkauften sie ihre Leiber an die Händler für eine Handvoll Obst, um den nächsten Tag zu überstehen. Die Sklaverei hatte seine Pranken um Namek geschlossen. Die Händler hielten mit all ihrem gescheffelten Erz mehr Gewalt in Händen als die Fürsten. Einige Stadtbewohner verdingten sich als Diebe und Straßenräuber. Nach der anfänglichen Zeit der Blüte verkehrte sich nun alles ins Gegenteil. Dies war vor Tausenden Zyklen schon einmal geschehen und dieses Mal gab es in meinen Augen einen Schuldigen. Er hatte die Gier in jedem geweckt. Er hatte zuviel auf einmal erreichen wollen… Mit fatalen Folgen und dieser Jemand war ich. Einst lehrte mich Meister Crescendo, dass das Leben einen Zyklischen Verlauf nahm. Entstehen und Vergehen hatten das Gesicht des namekianischen Volkes geprägt, ein Auf und Nieder, das bis in alle Ewigkeit seinen Lauf gehen würde. Wir würden vergehen und neuen Clans weichen müssen, die ihre eigene Kultur auf den Ruinen der Vergangenheit errichtete. Doch alles Geschmiedete würde bleiben, unverändert bis es sich der Planet im Todeskampf zurückholen konnte. Ich fror vor Kälte und Einsamkeit, vor Hilflosigkeit und Trauer. Als ich einschlief, träumte ich von hungernden Familien, von Schlüpflingen, die ausgesetzt worden waren und dort draußen in der Wildnis nach ihren Vätern schrieen. „Lebens Licht steigt und fällt mit dem Glauben der Gemaphim in sich. Seid stark. Ihr habt Macht im Übermaß, um denen zu helfen, deren Not auf dieser Welt am größten ist.“ Es war der Herr der Träume, der nach meiner Erweckung vor Hundert Zyklen wieder zu mir sprach. Seine sanfte, tiefe Stimme rief mich zu sich. „Gemaphim, Eure Reise hat erst begonnen“, sagte er leise. „Durch den Raum und die Zeit werdet ihr noch den Schein Eures Geistes behalten und sie werden Euch folgen.“ Da erschrak ich und erwachte. Neben meinem Lager stand Forte. „Ihr warft Euch hin und her in Eurem Schlaf. Seid Ihr wohlauf, liebster Freund?“, fragte er. Ich nickte. „Ich bitte Euch, sprecht zu mir. Seit der Überfahrt vernahm ich Eure Stimme nicht mehr. Ich hoffe, Ihr seid noch mein Stimme und Euch hat nicht wirklich Stummheit getroffen.“ –„Ich war einsam“, flüsterte ich. „Ich habe genug Proviant für uns beide, dass keiner hungern muss, wenn ich die Rationen teile.“ Er war bereit mit mir zu teilen, obwohl ich meine Posse weiter verfolgte. „Ich danke Euch für Eure große Güte.“ Meine Stimme blieb bei einem unterbrochenen Flüstern. Hier fühlte ich mehr und mehr, dass es nur der Schuldige war, der dem Unrecht Einhalt gebieten konnte. „In Wahrheit muss ich Euch danken, Chrys. Ihr seid mit mir gekommen und erduldet den Frevel an Eurer Person ohne zu zaudern.“ Ich zauderte und zweifelte sehr wohl an mir. „Ihr irrt Euch, liebster Freund.“ –„Nein. Ich vertraue in den Gemaphim, den der Herr der Träume beschützt.“ Forte setzte sich zu mir. Seine Wärme und Vertrautheit ließen mich meinen Glauben zurückgewinnen. „Tragt Euren Schmuck. Ich fürchte, dass Ihr sonst in der Sklaverei enden werdet. Die Ringe beweisen, dass ihr edler Abstammung seid.“ Die Sklaven waren gezwungen gewesen ihre Ringe zu tauschen, um zu überleben. Diese Männer ließen Kinder zurück, deren Schicksale denselben Weg einschlagen würden. „Kein Fürst wird jemals ein Sklave. Ganz besonders Ihr nicht“, knurrte Forte und zog mich von meinem Lager auf die Beine. „Befolgt meine Befehle nur, wenn wir Siedlungen erreichen. Ich möchte mit meinem Gefährten reiten.“ Ich nickte. Auch ich begrüßte es sehr, meine Stimme wieder an ihn richten zu können. „Die Usor ist ein stolzes Schiff“, lächelte ich. „Es war ein Weg über das Meer hierher und nach Lauron zu gelangen. Das war der Grund, der mich leitete.“ –„Ich sehe in Euren Augen, dass Ihr mich belügt.“ –„Nun, ich werde sie Euch zum Geschenk machen. Das wolltet Ihr von mir hören, nicht wahr?!“ Mein Herz schlug schneller. „Ja, liebster Freund. Das wollte ich noch ein Mal von Euch hören.“ –„Glaubt mir, es liegt mir alles daran, Euch glücklich zu sehen.“ Ich wollte ihm mit meiner Zuneigung danken. Mein ganzer Körper verlangte danach. Doch nichts davon konnte geschehen, denn es pochte kräftig gegen die Tür der Kammer und ich tat was das Beste für mich war. Ich schwieg. „Fürst von Reven! Ihr werdet in der Stadthalle erwartet!“, rief der Bote und lauschte nach Antwort. Forte gab mir ein Zeichen und begann auf mich einzureden. „Benimm dich anständig! Du wirst eine schwere Strafe erhalten, wenn du mir nicht gehorchst!“, brüllte er und stürmte aus dem Raum. Der Bote folgte ihm und ich war wieder allein. Ich gab zu, dass er seine Rolle ganz vortrefflich spielte und alle in dem Glauben ließ, dass ich nur ein simpler Bediensteter war. Die Num im Stall zwitscherten aufgeregt. Sie misstrauten allen außer ihren Herren und so wie sie klangen, fürchteten sie die Hand, die sie fütterte. Ich rappelte mich auf und ging hinüber in den Stall. Otea und Istur wehrten sich dagegen, von den Stalldienern aufgezäumt zu werden. Die Männer zogen und zerrten an den Tieren doch Istur riss sie zu Boden und schnaubte. Otea schlug mit seinen Pfoten um sich doch als er mich erblickte, reckte er seinen Kopf zur gewölbten Decke des Raumes empor und stieß freudiges Zwitschern aus. Als sich einer der Männer bückte, um einen Strick aufzuheben, wurde er von Isturs rechtem Huf am Kopf getroffen. Die anderen waren sehr besorgt um den Verletzten und auch ich konnte nicht helfen. Ich durfte nicht. So sah ich zu wie er starb. Ich stieg über das Gatter zu den beiden Num und trat an Otea heran. Mein alter Hengst und der jüngere hatten den Kampf gewonnen. Aber zu welchem Preis? Man trug den Toten aus dem Stall und sah mir grimmig nach. Wollten sie mich verantwortlich machen? Fürwahr, Diener wurden oft für die Taten ihrer Herren verurteilt und ungehorsame Tiere wurden getötet. In Varisc geschah nichts von alldem. Aber je weiter unsere Reise nach Osten führte, veränderten sich die bekannten Begebenheiten und nahmen eine Schärfe an, die nicht einmal zu Zeiten meines Vaters herrschten. Im Osten war Gehorsam alles und auch wenn ich die Fürsten kannte, musste ich diese Erkenntnis in meinem Gedächtnis verwahren. Ich glaubte, sie zu kennen doch was verfolgten sie für Ziele? Dem Handel war der Frieden zweifellos zugute gekommen aber Gier breitete sich aus wie die To’ori vor vielen, vielen Zyklen. Nun konnte keine gesegnete Quelle heilen. Ich bereute, mich zu verleugnen aber es war eine Möglichkeit in den Tiefen der Seelen aller nach Einsicht zu suchen. Stumm, sodass mich niemand bemerkte, schlich ich mich zur Stadthalle. Kapitel 4: Abschnitt 4 ---------------------- Im bunten Getümmel entlang des Marktes beobachtete ich wie Waren und Männer feilgeboten wurden. Verstohlen blickte ich in deren Augen und erkannte ihren gebrochenen Stolz. Viele waren abgemagert bis auf die Knochen, andere hatten sich bemalt und ihre Ohren verstümmelt um ihre Herkunft zu verbergen. Oder hatte man es ihnen angetan, als sie gezwungen waren sich zu verkaufen? Ich knirschte mit meinen Zähnen. Nahmen Sorbus und Koll es in Kauf? Waren Cherankos Mittel zu gering um alle Sklaven zu befreien? Es gab zweifellos viele von ihnen. Zu viele, wie ich nun bemerkte. An einer der Buden stand ein Mann mit glasigen Augen an allen Gliedern angekettet da. Seine Ohren waren verschnitten wie die aller Sklaven, doch um gab ihn eine vertraute Aura und er spürte meine ebenso. Was ich preisgab war nicht einmal ein Bruchteil von dem, was in mir verborgen lag. Der Angekettete lächelte mich an. „Gemaphim“, flüsterte er. „Sei Still!“, fauchte sein Händler und schlug ihm in sein Gesicht, dass er purpurnes Blut zu Boden spuckte. Mein eigenes Blut brodelte bei diesem schmerzhaften Hieb und ich gab einen größeren Teil meiner Aura frei. Ich näherte mich dem Podest und riss die Ketten aus ihren Verankerungen. Empörtes Raunen zog durch die Menge und der Händler holte aus um mich zu schlagen. Ich duckte mich unter dem Schlag hinweg und bog dem erhobenen Arm meines Gegenübers auf seinen Rücken. Unter meiner Kapuze erkannte er mein Gesicht nicht, jedoch aber mein zornig leuchtendes, blindes Auge. „Lass von mir ab, Dämon! Nimm ihn! Geh, du Monster!“, schrie er und ich ließ ihn gehen. Ich hätte ihn mit einem Handstreich töten können. Nein. Falb hätte es getan, doch ich besann mich auf mein wahres Selbst, dem der Tod eines Mannes ein Greul und ein Frevel war und so gab ich nach. Die Menge teilte sich furchtsam, als ich den Befreiten stumm mit mir nahm. Seine Gliedmaßen waren so dünn, dass ich fürchtete, sie könnten auf unserer Flucht brechen. Die Welt war so grausam geworden, dass ich bereute was ich ausgelöst hatte. Zur Zeit der festen Clangefüge gab es keine Sklaverei. Dinge, die verändert worden waren, konnten nicht zurückgenommen werden. Ich spürte, dass man uns längst verfolgte und sie näherten sich auf eine bedrohliche Entfernung aber ebenso kurz war der Abstand zu Cherankos Stadthalle. Ich wandte mich meinem Begleiter zu: „Nimm meinen Mantel und mein Erz. In den Stallungen findest du meine Kammer. Dort wartest du auf den Fürsten von Reven und berichtest ihm. Ich werde an deiner Stelle gehen.“ Ich gab ihm meine Habseligkeiten und er legte sie sich an. „Eile! Man wird dich sonst töten!“, rief ich ihm noch nach bevor ich mich unseren Verfolgern entgegenstellte. Ich wollte den einen Sklaven retten damit ein Anfang getan war. Aber war es wirklich nötig mich zu opfern? „Bleib stehen! Du wirst für deine Taten mit dem Leben bezahlen!“, brüllten die beiden kräftigen Männer. Ich hatte nicht die Absicht mich davon zu stehlen. Einer von ihnen trug eine leichte Lanze und sein Kumpan schwang eine Kette, an der ein schwerer Morgenstern hing. „Was wollt ihr von mir?“, fragte ich kalt. „Du hast Egius befreit. Unser Meister hatte große Pläne mit ihm. Aber der Gemaphim in Varisc wird für deine Torheit für dich bezahlen müssen oder wir verteilen deine Eingeweide über ganz Namek!“ Der einäugige Mann mit der Lanze war ein Abtrünniger aus Reven und scheinbar war er der Rädelsführer, denn sein Begleiter knurrte nur beifällig. Ich funkelte sie zornig an und griff wie selbstverständlich nach meinem Schwert, welches ich für gewöhnlich auf meinem Rücken trug. Kalter Schweiß bildete sich auf meiner Stirn, als ich meinen Irrtum bemerkte. Der „Wille des Drachen“ befand sich in Fortes Obhut und ich trug nicht mehr als einen geweihten Dolch bei mir. „Na?! Entkommen kannst du uns nicht. Deine Klinge ist nur ein Mückenstich für mich“, lachte der Einäugige höhnisch und befahl seinem Begleiter mich anzugreifen. So schwer der Morgenstein auch war, ließen mir die Abstände zwischen den Hieben keine Zeit zu verschnaufen. Ich entging einigen von ihnen, in dem ich zur Seite wich, doch dann wurde ich von einem Halbkreisschwung gegen eine Hauswand geschmettert. Einige der Dornen hatten sich in meinen Bauch gebohrt und nun färbte mein Blut meine Kleider. In diesem Augenblick konnte ich mich nicht heilen, denn wieder schoss der Morgenstern auf mich zu. Doch dieses fing ich die Kugel ab, die ich mit einem kräftigen Energiestoß zurückwarf. Der Morgenstern grub sich zu den Füßen des Angreifers tief in das Pflaster ein. Überrascht wich er zurück und überließ dem Lanzenträger das Feld. „Du stirbst nicht?! Vielleicht bist du für die Arena geeignet. Mein Meister wird dich mit Freuden an die Spiele in Devar verkaufen“, lachte dieser. Mit zitternden Händen zeichnete ich Variscs Symbol mit meinem Blut an die Wand. Langsam kam der kräftige Mann auf mich zu und ich fühlte meine Sinne schwinden. Nein! Nicht jetzt! Um zu heilen benötigte ich meine ganze Konzentration. Meine Wunde schloss sich zwar, aber ich war dem Gegner schutzlos ausgeliefert. „Lass mich ein wenig mit dir spielen bevor ich dich meinem Meister ausliefere“, höhnte der Einäugige, obwohl ich meine Aura in ihrer ganzen verbliebenen Stärke offenbarte. Die ausgesprengten Pflastersteine erzitterten unter der freigesetzten Energie. „Selbst, wenn du der Gemaphim persönlich wärst, würde ich dich nicht entkommen lassen.“ Ich schnaubte. Meine Wunde hatte sich zwar geschlossen, aber ich sah keine Möglichkeit zu fliehen. Wie ein Shievo-Kalb in die Ecke gedrängt wartete ich auf Erlösung, sei es durch den Stich dieses Lanze oder durch Forte, der den Angreifer mit einem Streich niederzustrecken vermochte. Es lag nicht in meiner Natur meinem Gegner ein Leid anzutun. So gab ich aus freiem Willen meinen Widerstand auf um weiterzuleben, auch wenn es nur Tage dauern mochte. Ich hoffte, dass Egius mein Vertrauen in ihn nicht missbrauchte und er meine Botschaft an Forte tatsächlich weitergab. „Warum gibst du auf? Ich glaubte schon du wärst ein starker Kämpfer, aber ich irre mich wohl. Mein Meister braucht keine Männer, die sich ihre Hände nicht mit Blut besudeln wollen. Aber du hast Egius befreit und dafür musst du bis an dein Lebensende büßen.“ Der Einäugige lud mich sich auf seine Schultern und ich ließ mich ohne Widerstand davontragen. Ich betete leise zum Herrn der Träume, doch mein Träger hörte mir zu und lachte schallend: „Hältst du du dich wirklich für den Gemaphim? Ich würde deinen Drachen eigenhändig töten. Merke dir meine Worte, alter Mann. Meister Askubir wird dich in Devar gegen einen Karren voller Erz eintauschen und dann ziehen wir nach Varisc und stürzen den einzigen Gemaphim auf Namek.“ Er bereute scheinbar nicht, dass er mir die Pläne seines Meisters offenbart hatte. Er nahm wohl an, dass ich Devars Turnier nicht überleben würde. Ich wollte mit jeder Faser meines Körpers verhindern, dass meine Heimatstadt den Abtrünnigen anheim fiel. Doch Varisc war so fern und meine Identität als Falb verbot mir zu sprechen. Dieser Mann wusste um meine Stimme, aber seinen Meister wollte ich sie nicht hören lassen. Eine unüberwindliche Müdigkeit zwang mich nun in eine Ohnmacht, die mich der Gefühle für Ort und Zeit beraubte. Meine Seele strebte zu Forte. Kapitel 5: Abschnitt 5 ---------------------- „Wach auf, alter Mann! Ich kann kaum glauben, dass ein Mann wie du uns Egius stehlen konnte. Pah! Togan und Dura hatten Furcht vor dir, aber ich sehe nichts Angsteinflößendes an dir. Du bist nur Lenterifutter! Nun, man wird nicht viel für dich bezahlen, aber als Geisel kannst du mir noch nützlich sein.“Askubir verschwand in der Dunkelheit meiner Zelle noch ehe ich ihn mit dem Auge fixieren konnte. Die Ketten an meinen Fußgelenken schnitten in mein Fleisch. Ich kauerte auf dem kalten Steinboden und blinzelte in die Finsternis und langsam gewöhnte ich mich an die Dunkelheit. Vor der verschlossenen Tür regte sich nichts. Man würde mich hinter diesen Mauern meinem Schicksal überlassen, nicht dem prophezeiten, sondern einem finsteren ohne Hoffnung auf Rettung. „Auch in der dunkelsten Welt scheint Euer strahlendes Licht. Folgt ihm und Ihr werdet frei sein von der Qual der Gefangenschaft“, sprach der Herr der Träume zu mir. Doch zuerst verstand ich nicht. Ich rüttelte an den Ketten, die meine Arme an die Mauer banden. Würde ich sie herausreißen können, hätte ich eine Möglichkeit zur Flucht. Die Kettenglieder waren alt und so ermüdet, dass es mir tatsächlich gelang meinen rechten Arm zu befreien. Viel Kraft hatte es mich nicht gekostet und so zerfetzte ich die linke Kette und kurz darauf den schmerzhaften Ring, der Meine Knöchel umfasste. Vor der Tür war noch immer kein Geräusch zu hören. Ich beschloss, es zu wagen. Ein Energiestoß würde das Schloss aufsprengen, aber es würde auch Askubirs Männern zeigen, dass ich meinen Willen zu kämpfen nicht verloren hatte. Ich las etwas auf, das mich zuerst an ein kleines Stück Holz erinnerte. Es war gerade lang genug um im Türschloss Halt zu finden und leise öffnete sich der Mechanismus. Auch hier gab es kein Lebenszeichen. Wohin hatte man mich verschleppt? Ich folgte dem langen Gang, der vor mir lag. Zu beiden Seiten gab es weitere Zellen. „Gemaphim“, murmelten die Sklaven, die an die Gitter geeilt waren. Was sagt ihr? Der Gemaphim ist hier?“ –„Er wird uns befreien. Ihr werdet es noch sehen…“ Sie sprachen laut und immer lauter. Ich stürmte an ihnen vorbei ohne sie eines Wortes oder Blickes zu würdigen. „Na, warte, Bursche! Wie konntest du aus deiner Zelle entkommen? Dir werde ich die Manieren noch beibringen!“ Es war Togan, der Einäugige und er hatte mich entdeckt. Nun, ich war schwerlich zu übersehen. „Wenn ich nicht wüsste wer du bist, würde ich dich augenblicklich totschlagen, alter Mann!“, brüllte er und packte mich an meinem Hals. Er hatte seinen Arm weit gedehnt, doch sein Griff hielt meine Kehle fest umklammert. Ich war einen Kopf größer als er, aber er war der Stärkere von uns beiden. Er wusste wer ich war? Nein. Niemand außer Forte konnte es wissen. Togan schleifte mich zurück in die Zelle, aus der ich eben noch entkommen war und ich verlor dabei meinen Schlüssel. Die Sklaven verstummten. Ich trug es ihnen nicht nach, dass sie mich, wenn auch ohne Absicht, verraten hatten. „Durch dich können wir die Allianz zerstören. Ich weiß wer du bist und wie viel dein Leben dem Fürsten von Reven wert ist“, schnaubte Togan und schlug mir hart gegen meinen Schädel. Benommen sank ich zu Boden. „Du bist also der, nach dem ganz Cheranko sucht. Du bist mit dem Fürsten aus dem Norden gekommen, habe ich nicht Recht?! Aber ja! Du brauchst mir nicht zu antworten. Wie ich weiß, kannst du gar nicht sprechen, Falb, Schmied des Forte“, sprach Askubir zu mir. Dieses Mal erkannte ich seine Herkunft an seinen Kleidern und seinen Ohren. Seine Kleider ließen auf Lauron schließen, doch in Wirklichkeit stammte er von einem Ort, den ich sicher geglaubt hatte. Er stammte aus Varisc. Aber warum erkannte er den Gemaphim nicht, obwohl sich dieser zu seinen Füßen wand? Hatte ich mich so sehr in Falb verwandelt, dass mein zweites Ich mich in dieser Gefahr beschützt, mich, meine Heimatstadt und alle Freien dort? Meine Eingeweide brannten wie Feuer vor Durst. Seit ich eingesperrt worden war, hatte man mir nicht einen Tropfen zu trinken gegeben. „Togan!“ –„Ja, Meister?“ –„Bring unserem Gast etwas Wasser. Abgemagerte Männer sind schädlich für mein Geschäft. Du, Falb, nimmst am Turnier in Devar teil als das Lenterifutter, das du bist. Deine abgenagten Knochen werde ich dann gegen den „Willen des Drachen“ eintauschen.“ Togan kehrte nach kurzer Zeit mit einer kleinen Trinkschale zurück. „Was sollen wir mit ihm tun, Meister Askubir?“, fragte er und gab mir widerwillig die Schale in meine zitternden Hände. Askubir antwortete nicht gleich, denn er beobachtete mich, wie ich gierig trank. „Bring ihn hinaus und binde ihn bei den anderen auf dem ersten Karren an. In drei Tagen will ich Devar erreichen.“ Diesem Mann würde ich niemals mein Schwert überlassen, nicht im Leben und auch nicht im Tod. Ich verspürte Zorn und Hilflosigkeit, aber einen Lichtblick gab es. Im Getümmel von Devars Markt würde es zahlreiche Möglichkeiten zur Flucht geben und eine davon würde mir genügen um meine Freiheit zurückzuerlangen. Togan schleppte mich hinaus und ich erkannte, dass ich mich noch in Cheranko befand. Unweit des Hafens warteten drei schwere Shievo-Karren, welche zu Askubir gehörten. Ich wurde bei acht anderen Männern im ersten Wagen festgebunden. Alle acht betrachteten mich argwöhnisch mit tief in ihre Höhlen gesunkenen Augen. Sie studierten meine Erscheinung sehr genau und dann erkannte ich, dass ihnen Tränen über ihre Wangen flossen. Sie weinten, doch blieben sie ebenso stumm wie ich. „Aufbruch!“, brüllte Dura und setzte den Tross in Bewegung. Durch ganz Cheranko schienen die Wagen unbehelligt voranzukommen. Es schien kaum jemanden zu kümmern. Die Stadtwachen kontrollierten jeden der Wagen ohne auf den zu stoßen, den Forte vermisste. Aber ich konnte meinen Gefährten unter all den schwachen Auren erspüren. Forte hatte nie Wert darauf gelegt sich und seine Kraft zu verbergen. Als wir das Stadttor durchquerten brachte ich einen verzweifelten Aura-Ausbruch zustande bevor meiner Spur nicht mehr zu folgen war. Nun sah ich Zuversicht in den Augen der anderen Gefangenen aufkeimen. „Wenn du nicht Meister Askubirs Geisel wärst, würde ich dich für denen Ungehorsam köpfen!“, fauchte Dura. So ungewiss das Ende dieser Reise und ihre Konsequenzen auch waren, lachte ich doch in mich hinein. Aber als Falb war es mir nicht möglich eine Revolte auszurufen. Nicht nur, dass ich nicht sprechen durfte, die meisten der ausgemergelten Männer würden einen Ausbruchsversuch nicht überleben. Es mussten bereits Stunden vergangen sein, als die Wagen der Straße folgend dichten Wald durchquerten. „Bleibt dicht zusammen und gebt Acht, dass keiner entkommt!“, befahl Askubir vom Bock des zweiten Wagens. Auch jetzt beobachtete er mich ganz genau. Selbst wenn ich nicht sprach, verriet mein Körper eine Menge über mich. Die langen, zerrissenen Hosenbeine gaben den Blick auf meine Alten Narben frei. „Wer seid Ihr wirklich?“, fragte mich der Mann, der mir gegenüber saß. Ich sah ihm unverhohlen in die Augen und er zuckte zusammen. „Wie kommt Ihr hierher?“, fragte er, obwohl er keine Antwort zu erwarten hatte. Ich sah ihn nur an und er las es an meinen Augen ab. Schweigen trat wieder ein, als Dura den Shievo, der den Karren zog, eine Anhöhe hinauf jagte. „Hier werden wir rasten!“, befahl Askubir und der Tross kam auf dem Gipfel der Anhöhe zum Stillstand. Dura kam zu uns nach hinten und zählte durch. „Auf einmal nicht mehr so kühn, alter Mann?! Ich habe noch eine Rechnung mit dir zu begleichen“, knurrte er. Ich hatte ihn satt und spuckte ihm ins Gesicht. „Du wirst bereuen was du getan hast!“, fauchte Dura nun und wollte mir an meine Kehle. „Rühr ihn nicht an!“, brüllte Askubir und kam mit erhobener Gerte auf seinen Diener zu. „Du wirst sonst an seiner Stelle in die Arena gehen!“ Dura ließ Demütig von mir ab. Ich betrachtete ihn, als er seinem Meister nachblickte. Auch Duras Ohren waren verschnitten worden. Er seufzte und blickte dem Himmel entgegen. Togan kam zu ihm und legte ihn seine Hände auf die Schultern. „Bleib friedlich, Bruder. In Devar werden wir frei sein“, flüsterte Togan. Ob sie mir bei meiner Flucht helfen würden? Mein Leben war nun mit ihren verknüpfte, unfreiwillig zwar, aber ihr Ziel war dasselbe. Die anderen Diener schlugen ein Lager auf und Dura und Togan holten die Gefangenen aus den Wagen um ihnen etwas zu trinken zu geben. Ich würde nun folgen um sie nicht sinnlos zu gefährden. Sie sollten für sich selbst unbemerkt meine Flucht vorbereiten. In einiger Entfernung – wohl einen halben Tag entfernt – konnte ich Forte aufspüren, der demselben Weg nach Devar folgte wie der Sklaventross. Mit diesem Lager hinterließen wir gewiss Spuren, die verfolgt werden könnten. Kapitel 6: Abschnitt 6 ---------------------- Ich wurde in der Gruppe von siebenundzwanzig Gefangen in einen Unterstand gebracht und dort bewacht. Nun hatten auch die Männer aus den anderen Wagen erkannt wer mit ihnen reiste. Einigen waren bei Fluchtversuchen Arme gebrochen worden. Ihre schwergeschwächten Körper würden die Knochen nicht heilen können und jeder von ihnen konnte während dieser unbarmherzigen Reise an einer Blutvergiftung sterben. Die Verletzten, beinahe zwei Drittel der Männer, ächzten und jammerten vor Schmerzen. Ich war mir sicher, dass Askubir sie in ihrem Zustand töten würde und der Mann rechts von mir hatte schon hohes Fieber. Die Wunde an seinem linken Arm lockte Insekten an und er, den Askubirs Diener Maluk nannten, war nicht einmal mehr stark genug die geflügelten Plagegeister zu vertreiben. In der Hitze des Tages roch es nach den Ausscheidungen der großen Lastentiere und nach verwesendem Fleisch. Ich sah die Straße hinab auf die Ebene und verdrängte die Übelkeit, die mir der Gestank verursachte. Maluk keuchte und schloss seine Augen um genug Konzentration zu sammeln um sprechen zu können. „Chrys, ich erkenne Euch wieder. Ihr erinnert Euch bestimmt nicht an mich, aber ich bin ein Bruder Eures Vaters …“, hauchte er. Ich legte mir einen Finger an meine Lippen um bedeutete ihm damit, dass jeder Atemzug für ihn kostbar war. Erst auf den zweiten Blick offenbarte sich mir das wahre Alter meines Onkels. Er hatte die neunzig Zyklen, die er älter war als ich, zu verbergen gewusst. „Ich werde dich heilen“, flüsterte ich übertönt durch die murmelnden Stimmen der anderen Männer um uns herum. Die Wunde war tief und hartnäckig, sodass ich keine andere Wahl hatte als etwas von der versteckten Kraft zu rufen. Nun, da sich die Wunde schloss, würde auch das Fieber sinken. „Ich danke Euch. Ich werde in der Arena für Eure Ehre kämpfen“, entgegnete er leise doch nicht ohne Stolz. Vieles auf dieser Reise war nicht so wie es auf den ersten Blick schien. „Wer von euch mageren Gestalten hat noch solche Kraft?“, brüllte Askubir. Alle anderen zuckten zusammen aus Angst vor Strafe. Ich gab meinem Gesicht einen gleichgültigen Ausdruck und stand vom Boden auf. „Lebst du gerne gefährlich, alter Mann?“, knurrte Dura, der drohend näherkam. Meinen Willen würden sie niemals brechen und dabei waren ihre Methoden für mich einerlei. „Du bist also ein Heiler, nicht wahr?! Bist du am Ende doch würdig durch eine Klinge zu sterben als aufgefressen zu werden? Beweise es mir und heile diese unvernünftigen Bastarde, die gegen mich und meine Männer aufbegehrt haben. Heile sie und deine Ration wird verdoppelt. Wenn du mich betrügst, werden dich gleich hier die Dornenfalken abnagen“, sprach Askubir und zeigte zum Himmel empor, wo die Vögel kreisend auf Aas warteten. Ich sah Vertrauen in den Augen aller Gefangenen und dies war auch dem Meister nicht entgangen. Seine Blicke hafteten an mir, als ich jeden einzelnen mit meiner Energie heilte, nur mit dem Maße, dass sie mich nicht verriet. „Was bist du nur für ein Mann?! Nun, gut. Du sollst deine Rationen erhalten, aber lass dir nicht einfallen sie aufzuteilen.“ Was würde passieren, wenn ich es doch tat? Nein, es war eine Grausamkeit einen der anderen hungern zu lassen um mich damit zu belohnen. „Meister Askubir! Eine Gruppe Reiter ist auf dem Weg hierher!“, rief ein Wächter, der Am Eingang des Waldes Posten bezogen hatte. „Konntest du sie erkennen? Rede schon!“, rief Askubir alarmiert. „Es ist eine Gruppe Soldaten, Meister. Ich habe Revens Wappen auf ihren Rüstungen erkannt…“ Askubir unterbrach ihn: „Beladet augenblicklich die Wagen! Wir werden verfolgt!“ Man war uns auf den Fersen. Endlich. „Egius reitet mit ihnen, Meister! Revens Fürst führt sie an!, schnaufte der Wächter atemlos. „Verdammt seien die Sinne des Forte! Fluch über diese Fahrt!“, fachte der Meister, stieg auf den Bock des zweiten Wagens und trieb den Tross aus dem Wald heraus. „Ich hätte dich in Cheranko töten sollen, alter Mann! Deinetwegen jagt uns dein Herr nun hinterher!“, brüllte Dura. „Flieht, Neffe!“, rief mir Maluk zu und zerriss mit wiedererstarktem Vertrauen die Seile, die ihn fesselten. Ich tat es ihm nach. Forte war nahe und dies war eine Gelegenheit, die es zu nutzen galt, denn es würde so bald keine neue entstehen. Mit einem Donnerschlag zerfetzte ich die Plane des ersten Wagens und gleißendes Licht versetzte die Lastentiere in Starre. Die übrigen Wagen stießen krachend zusammen. Räder brachen und Askubirs Männer fluchten, versuchten zu retten was nicht mehr zu retten war. Dieses heillose Durcheinander nutzten mehr Männer als ich zur Flucht. „Bringt mir Falb zurück! Bringt mir alle zurück!“ Askubir schickte mir drei Männer nach, doch ich floh nicht zu Fuß. Ich flog. Ich flog dorthin wo Forte war. „Sucht den Wald ab! Sucht in der Luft! Bringt den Hinterlistigen zur Strecke!“, brüllte der Meister meinen Verfolgern nach. Nun hatten sie mich am Himmel ausgemacht und versuchten mich im Flug einzukreisen. Einen Kampf gegen drei konnte ich nicht gewinnen. Nicht einmal mit meinen Reflektionen war ein Entkommen möglich. Eine nach der anderen löste sich wieder auf und ich blieb allein zurück. „Ich werde dir deine Knochen brechen, alter Mann! Deine erbärmliche Flucht wirst du nicht fortsetzen!“, brüllte Togan und stürmte durch die Luft auf mich zu. Ich ahnte, dass sich ein anderer mir von hinten näherte. In diesem Augenblick, als sie mir schon sehr nahe gekommen waren, ließ ich mich zu Boden fallen. Doch dort lauerte der Dritte bereits auf mich. Sein Klammergriff presste mir all die Atemluft aus meinen Lungen. „Lass ihn nicht frei!“, rief Togan und landete neben meinem Häscher. Mir wurde schwarz vor meinen Augen und als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Wagen, dessen Plane ich zerrissen hatte du sah wie die Eingefangenen an Seilen hinterdrein gingen. „Du Bastard! Du musst wahrlich ein Dämon sein, wenn es dir gelingt sieben Männer fliehen zu lassen. Nun müssen die Übrigen dafür bezahlen, aber du nicht. Du bist zu gefährlich um dich mit den anderen marschieren zu lassen. Deshalb lasse ich dich auf dem Wagen halten, damit du siehst wie nutzlos es ist gegen mich zu rebellieren.“ Askubirs Worte waren kalt und voller Hass. Mein Körper wog schwer wie ein Stein. Ein kräftiger Mann, breiter als Dura oder Togan, drückte meinen Gliedmaßen auf die Bretter. In seinen Augen aber glomm ein Funken Mitgefühl für die Sklaven. Ich erkannte ihn. Er war ein Krieger aus Sojis, der damals mit seinem jungen Fürsten Sempas nach Cheranko gereist war und er war auch dabei gewesen, als der Herr der Träume erschien. Er schien der Einzige in Askubirs Gefolge zu sein, der mehr sah als ich all die anderen glauben machen konnte. Sein Name war Airagan und als ich seinen Namen stumm mit meinen Lippen formte, waren für ihn alle Zweifel ausgeräumt. „Ich bereue meinen Frevel an Euch, Herr. Mich verlangt es nach Freiheit wie Euch, doch muss ich befolgen was der Meister befiehlt“, flüsterte Airagan. Aus seinen Augen konnte ich sein Mitleid ablesen und es war ebenso wenig Heuchelei wie das der Gequälten, die an ihren Stricken einen Hang hinunter gezerrt wurden. Worin bestand Askubirs Macht, dass sich starke Krieger ihm unterwarfen, in seine Dienste traten und ihrerseits Grausamkeit unter den armen Stadtbewohnern verbreiteten? „In Devar, mein Herr, werde ich Euch befreien. Euer Licht darf nicht in der Arena verlöschen. Schreckliches Unheil würde über Namek hereinbrechen, wenn der Gemaphim gewaltsam aus dieser Welt gerissen wird.“ Nun blickte ich zu den angebundenen Männern hinüber und entdeckte Maluk nicht unter ihnen. Er musste einer jener sieben gewesen sein, denen die Flucht geglückt war. „Rede nicht mit dem Alten! Er kann dir ohnehin nicht antworten!“, höhnte Dura, aber Airagan ließ sich nicht beirren. „Maul halten!“, fauchte er zurück und lächelte mich grimmig an. Es war etwas an ihm, das ich bisher nur von Forte kannte. Die Güte ein Leben zu verschonen war keine Schwäche. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)