Niemand wollte freiwillig mein Leben führen von Gjankie (RyouXMarik) ================================================================================ Kapitel 21: Warten und Bangen ----------------------------- 20. Kapitel Warten und Bangen Marik und Isis gingen langsamen Schrittes aus dem Krankenhaus. Bevor sie beide sein Motorrad erreicht hatten, drehte sich Marik noch einmal kurz um und schaute auf die zahlreichen Fenster. In einem der Zimmer musste Bakura nun liegen und wahrscheinlich kämpfte sein Körper gerade um sein Überleben. Marik wusste, dass mit einer Lungenentzündung nicht zu spaßen war und der Umstand, dass Bakura eindeutig zu wenig wog, machte die Sache nicht gerade leichter für ihn. „Hey, kleiner Bruder. Ihm wird es bald besser gehen, da bin ich mir sicher.“, versuchte Isis Marik aufzumuntern, der seine Traurigkeit und seine Besorgnis nicht verbergen konnte. „Ich hoffe es.“, flüsterte er leise, bevor sie beide auf seiner Maschine Platz nahmen um nach Hause zu fahren. Auf dem ganzen Weg achtete Marik verhältnismäßig wenig auf die Verkehrsregeln und Isis war froh, dass ihnen keine Polizei begegnete. Marik schien vollkommen neben sich zu stehen oder so tief in Gedanken versunken zu sein, dass es ihm überhaupt nicht möglich war, auf die anderen Verkehrsteilnehmer zu achten. Seufzend nahm Marik seinen Helm ab, als er und Isis zu Hause angekommen waren. Traurig öffnete er die Tür und ging in die Küche; auch Isis wurde gewissermaßen mit seiner Nichtachtung gestraft, auch wenn sie wusste, woraus diese resultierte. Tranceartig öffnete er den Kühlschrank und nahm sich ein Glas Milch, bevor er sich an den Tisch setzte und lethargisch in die Ferne starrte; durch seine Schwester, die genau vor ihm stand hindurch sehend. „Marik? Ich weiß nicht, ob dir das hilft, aber Bakura hatte ein Buch bei sich. Ich habe nicht reingeschaut, weil es scheinbar kein Roman oder so was ist, aber vielleicht möchtest du es ja trotzdem sehen, oder weißt, was es ist.“, fragte Isis aufmunternd und kurz konnte man auch in Mariks trüben Augen ein gewisses Aufblitzen erkennen. „Wo ist es?“, wollte er wissen und stand augenblicklich auf. „Es war in seiner Hose, aber ich habe es herausgenommen. Es liegt noch oben im Gästezimmer.“. Sofort drängelte sich Marik an seiner Schwester vorbei und stürmte die Treppe hinauf. Als er die Tür öffnete, huschten auf der Stelle die Bilder des frühen Morgens vor seinem inneren Auge und bedrückten Mariks eben noch aufgehellte Stimmung. Das Bett war immer noch genauso zerwühlt, wie Bakura es verlassen musste, als die Ärzte ihn äußerst grob abtransportierten. Blitzartig sah Marik das Bild von ihm, wie er sich stöhnend und keuchend in den Lagen wand, weil er wohl grausame Schmerzen hatte, es aber unter keinen Umständen zugeben wollte. Tief Luft holend suchte Marik das Zimmer mit seinen Augen ab, bevor er fand, was er begehrt hatte. Langsam nahm er das kleine Büchlein in die Hand und besah sich das Objekt, das scheinbar für Bakura so was wie einen Schatz darstellen musste. Es war furchtbar abgegriffen und auch der lederne Einband war schon äußerst brüchig, doch Bakura schien es nicht hergeben zu wollen, was auch immer das für ein Buch darstellte. Vorsichtig betastete Marik das braune Leder und die Gravur, die auf der Rückseite einkerbt war: Für Ryou Bakura zu deinem 15. Geburtstag. Dein, dich liebender Vater. Sagte die Gravur. Hätte Marik jetzt nicht gewusst, dass dieses Buch erst an die 3 Jahre alt gewesen war, dann hätte er es mindestens auf 10 Jahre geschätzt. Bakura musste dieses Buch also wirklich sehr viel bedeuten. Andächtig, fast so, als würde er eine Rarität oder ähnliches in den Händen halten, öffnete er den Buchdeckel und erschrak: Tagebuch von Ryou Bakura. Bitte, wenn es irgendwie machbar ist, nicht lesen! Vielen Dank Nein! Das konnte Marik nicht machen, dass würde Bakuras Vertrauen zu ihm komplett und unwiderruflich zerstören. So etwas tat man schon aus moralischen Gründen nicht. Nein, unter keinen Umständen würde er darin lesen, egal, wie sehr es ihn auch interessierte. Vorsichtig legte er das Buch wieder zurück, doch dann fesselte eine lose Seite, die sich deutlich von den anderen hervorhob sein Interesse. Langsam zog er sie raus und für einen kurzen Moment blieb ihm regelrecht das Herz stehen. Auf dem gefalteten Papier stand in dicken, großen Lettern sein Name. Dieser Brief, oder Tagebucheintrag war an ihn adressiert. Durfte er es dann lesen? Vielleicht, aber genauso gut konnte es auch sein, dass er es nicht durfte; dass dieser Brief, dieser Zettel nur ein Vorläufer, eine Skizze für irgendwas war? Aber würde Bakura dann seinen Namen drauf schreiben? Auf eine gefaltete, herausgerissene Seite? Er wusste es nicht, aber er schwor sich, sobald er etwas lesen sollte, was seiner Meinung nach nicht für ihn bestimmt war, würde er es sofort zurück legen und das Tagebuch solange für Bakura aufbewahren, bis dieser wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Behutsam entblätterte er den Brief und begann zu lesen. Ich weiß nicht, ob dieser Brief hauptsächlich um dich, an dich, für dich gehen wird, oder, ob ich damit nur meine kaputten, wirren und kranken Gedanken zum Ausdruck bringen möchte. Vielleicht, so vermute ich es, wird es beides sein. Sollte ich dich also zu sehr belästigen mit meiner Irrationalität, wünsche ich, du überfliegst diese Abschnitte und ließt nur das, was dich interessiert. Marik, ich kann mich kaum noch sehen, habe Angst, dass ich eines Tages hinter meinen Bergen aus Traurigkeit verschwinden werde; unwiderruflich, ohne, dass es überhaupt jemand zur Kenntnis genommen hätte. Nach außen mag ich vielleicht wie ein Engel wirken, aber das bin ich nicht. Ich kann nicht fliegen, dazu fehlen mir die Flügel und selbst wenn ich welche besitzen würde, wo sollte ich denn schon landen? Außerdem möchte ich heute Nacht etwas Wunderschönes zerstören; ich habe mir also genau 60 Sekunden gegeben um davon zu kommen, denn wer weiß? Ich versuche immer noch herauszufinden, ob ein Engel zerbricht oder in tausend Stücke zermalmt werden kann, wie ein Stein? Heute Nacht sind es nämlich nur ein paar Zentimeter zwischen Schmerzen und Licht und Zerstörung und Erschaffung sind schließlich immer noch dasselbe, oder etwa nicht? Ich habe wirklich ungebändigte Lust, etwas Wunderschönes zu zerstören, und das alleine für dich, Marik. Doch kommen wir nun zu einem wichtigeren Punkt, beziehungsweise zu einem Punkt, der dir wahrscheinlich besonders am Herzen liegt. Ein zu Hause habe ich nicht mehr, wie ich dir bereits versucht habe, zu erklären, aber leider hast du es nicht verstanden. Vielleicht ist es auch nicht so einfach zu verstehen, was ich eigentlich damit meine, ich hätte kein zu Hause mehr. Vielleicht, und davon gehe ich stark aus, kann ich es nicht einmal mir selbst erklären, wie sollte ich es dir dann begreiflich machen? Jemanden, der doch alles hat, was er sich wünscht: Ein zu Hause, Freunde, Familie und vor allem eine Persönlichkeit, die nicht aus zwei Teilen besteht. Darum beineide ich dich hauptsächlich: Um deine Persönlichkeit, deinen Charakter. Du bist stark, stolz und eins; ich aber bin schwach, gebrochen und entzweit. Verstehst du das? Ich glaube nicht, denn auch für mich ist es schwer verständlich, wenn ich darüber nachdenke, dass ich nicht ich bin, sondern nur ein Teil des Ganzen; wie ein Vogel mit nur einem Flügel, der eben bestimmt niemals fliegen kann, dem es von Natur aus versagt worden ist. Vielleicht ist es bei mir ja genauso? Ich weiß es nicht, so, wie ich vieles nicht weiß. Ich war da, als der Fluss austrocknete, der Fluss, der mein Leben war. Und alles, was ich getan habe war, zu zusehen, wie das Wasser verdunstet, bis nichts mehr übrig war. Ich stand einfach da und sah, wie der Fluss, mein Leben starb. Alles, was ich jetzt noch tun kann ist, auf Regen zu hoffen. Bist du der Regen? Bist du der Regen, den mein Fluss braucht um wieder voller Leben zu sein, so, wie er einst gewesen? Ich hoffe. Ich wollte an diesem Abend nicht wegrennen, aber ich wollte auch nicht nach Hause, weil es eben nicht mein zu Hause ist. Man kann zwar ein Haus einrichten, es mit Möbeln und Dekorationen versehen, es brauchbar machen, aber eben nicht wohnlich, nicht gemütlich, nicht zu einem „zu Hause“. Denn das, ist immer auch ein Gefühl, das man mit solch einem Ort verbindet. Und egal, wo ich bin, kommt dieses Gefühl bei mir nicht auf, außer, ich bin in deiner Nähe, Marik, da fühle ich mich geborgen, aufgehoben und beschützt. Ich frage mich, wie es wohl in Colchester aussieht. Ob sie es auch schon so warm haben, wie hier und ob die Fischer schon nach Hause gekommen sind um bei ihren Familien zu sein, oder ob sie immer noch auf dem Meer sind. Marik, ich möchte nach Hause. Hier habe ich keins. Mein zu Hause ist woanders und ich würde so gerne diesen Ort finden. Aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es irgendwo einen Ort für mich gibt, wo Liebe nichts kostet und wo man sich freut, mich zu sehen und ich hoffe, du wirst eines Tages mit mir dort wohnen, wo sich der Himmel berühren lässt und wo nur runde Häuser stehen und wo wir unsere Liebe leben können, frei und ohne Verpflichtungen. Ich bete, dass du mir verzeihst, Marik, dass ich dir all das nicht persönlich sagen konnte. Ich weiß, ich bin ein Feigling und manchmal habe ich Angst, dass ich deiner nicht würdig bin, einfach, weil du so stark bist und ich bin so unendlich schwach. Ich habe nichts, was ich dir anbieten könnte, was mich für dich zu etwas Besonderem macht, aber du bedeutest mir einfach alles und jetzt, da ich dich gefunden habe, wollte ich nicht mehr ohne dich leben müssen. Auch, wenn ich dir nichts an materiellen Dingen bieten kann, noch, kann ich dich beschützen oder vor Unheil bewahren, so biete ich dir doch mein Herz an, dass du darauf gut aufpassen mögest und ich hoffe, dass dir das reicht. Ich liebe dich, Marik und das möchte ich dir beweisen, mit allem, was in meiner Macht steht. Leider kann ich dir nicht mal mehr mein erstes Mal schenken, durch einen Umstand, den ich mir selbst zu zuschreiben habe, aber das ist ein anderes Kapitel, das du jetzt noch nicht lesen darfst, das ich dir noch nicht eröffnen kann, doch ich verspreche dir, dass du eines Tages alles über mich erfahren wirst, sobald die Zeit und ich reif dazu sind. Marik, ich will dir wirklich alles schenken, was ich besitze, auch mein Körper soll nur dir alleine gehören, denn das ist das Einzige, das ich dir an materiellen Gütern schenken kann; du kannst ihn beschmutzen, ihn ausnehmen, ihn verführen…egal; Hauptsache, du lässt mich für einen kurzen Moment all meine Unzulänglichkeiten vergessen und nimmst mich so, wie du es für richtig hältst und ich es verdient habe, wie auch immer, das aussehen soll. Ich werde dir immer gehören, egal was du machst. Ich werde für dich immer der Engel sein, den du dir wünschst und ich versuche mein Bestes, so zu werden, wie du es möchtest. Lass mich nach Hause gehen. Ich war lang genug in dieser Welt, wo ich umgeben bin von Millionen von Menschen, und trotzdem fühle ich mich einsam. Marik, ich hatte meine Chancen und meine vergeben Träume. Lass mich wieder in deinen Arm. Ich werde wieder nach Hause gehen. Dein Ryou. Marik hatte sich zwischenzeitlich auf sein Bett gesetzt und konnte nicht glauben, was Bakura ihm da geschrieben hatte. Es zerriss ihm sein Herz, wenn er las, dass Bakura von ihm verlangte, ihn zu beschmutzen, ihn zu missbrauchen, nicht auf seine Gefühle zu achten. Nein, das konnte und wollte Marik nicht. Er liebte Bakura und Liebe war für ihn schon immer die höchste Art der Achtung und Wertschätzung eines Menschen, die instinktiv vor allem zurück schreckte, was den geliebten Menschen, in seinem Falle Bakura, ausnutzen, manipulieren oder übervorteilen könnte. Nein, das würde er niemals machen, egal, wie wertlos Bakura sich selbst vorkam, so war er in Mariks Augen mit keinem Geld oder Gold dieser Welt zu bezahlen. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 3 Tage waren vergangen und noch immer hatte keiner, der Ärzte angerufen. Trotzdem hielt es Marik für das Beste, Bakuras Vater Bescheid zu sagen. Sein Vater war erleichtert, wusste er doch nun, wo sich sein Sohn befand, auch wenn der Umstand nicht der Beste war. Doch Marik gab die Hoffnung noch nicht auf, dass Bakura kämpfen und seine Lungenentzündung in den Griff bekommen würde. Isis machte sich ebenfalls schreckliche Sorgen um Bakura, auch wenn sie ihn nicht so gut kannte, so hatte sie ihn doch in ihr Herz geschlossen. Diesen schüchternen, schwach wirkenden, aber doch unendlich starken Jungen, den Marik so sehr liebte. Isis wollte ab diesem Tag, an dem sie ihn so gut es ging versorgt hatte, alles von Marik über ihn wissen. „Wie habt ihr beide euch denn kennen gelernt?“, fragte Isis neugierig, als sie gerade beide beim Essen waren. Marik schluckte hastig sein Stück Steak herunter, bevor er kurz überlegte. „Nun, wenn ich mich recht erinnere, war das vor 4 Wochen oder so gewesen; Ryou kam neu in unsere Schule, weil sein Vater jetzt hier Arbeit gefunden hat. Eigentlich kommt er aus England, aus Colchester. Deswegen hat er auch diesen niedlichen, britischen Akzent. Ja, und dann kam er halt in meine Klasse und er wirkte so total verschüchtert. Am Anfang hat er mich, ehrlich gesagt, recht wenig interessiert, aber dann wurde ich auf ihn aufmerksam, keine Ahnung warum.“. Den Fakt, dass er Bakura eigentlich nur vor Yami und seiner Gang beschützen wollte, verschwieg Marik seiner Schwester sicherheitshalber. Er wollte nicht, dass sie erfährt, was Yami und die anderen damals mit ihm gemacht hatten; nicht einmal Bakura hatte er es erzählt, da er es sich noch nicht getraut hatte; so gesehen, gab es auch den einen oder anderen Punkt, den er vor seinem Freund verheimlichte. „Oh, und dann hast du dich sofort in ihn verliebt?“, bohrte sie nach und sah die Unsicherheit in Mariks Augen. Räuspernd stocherte er etwas unschlüssig in seinem Essen herum, bevor er mit seinen Ausführungen fortsetzte: „Nicht wirklich, also…äh, keine Ahnung, irgendwann hatte ich halt so ein komisches Gefühl, dass ich ihn sehr gerne habe, mehr, als man einen Freund gerne hat, und dann haben wir uns irgendwann am Strand zum ersten Mal geküsst.“. „Oh, wie romantisch!“, quietschte Isis los und klatschte vergnügt mit den Händen, was Marik ein müdes Lächeln abrang. „Wie lange weißt du eigentlich schon, dass du schwul bist?“, löcherte Isis ihren Bruder, nachdem sie wieder beruhigt hatte. Marik verschluckte sich augenblicklich an seiner Kartoffel und hustete heftig, sodass er am Anfang nicht in der Lage war, Isis Frage zu beantworten. „Ärg…ich bin nicht schwul, Isis! Eigentlich stehe ich überhaupt nicht auf Männer. Ich hatte bis jetzt immer nur Freundinnen, keine Ahnung, warum ich mich sexuell zu Ryou hingezogen fühle. Vielleicht stehe ich ja auf Frauen und eben auf Ryou? Ach, keinen Plan.“, beendete Marik genervt das Gespräch. Isis war ein wenig betrübt über den Fakt, dass Marik keine Lust mehr hatte, weiter über sich und Bakura zu erzählen, aber sie beließ es dabei. Wenn Marik etwas nicht wollte, dann konnte man ihn auch nicht dazu zwingen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)