Nebel über Hogwarts von Glasschmetterling ================================================================================ Kapitel 37: Ein bisschen Hilfe ------------------------------ Nebel über Hogwarts – Kapitel 37: Ein bisschen Hilfe Eigentlich hatte James gedacht, dass es ihm helfen würde, eine Nacht über sein Problem zu schlafen – eigentlich. Als er allerdings am nächsten Morgen aufstand, nachdem er kaum die Augen zugemacht und sich in der Dunkelheit umhergewälzt hatte, den Kopf voller düsterer Gedanken, musste er seine Einschätzung revidieren und bemühte sich, sich irgendwie abzulenken, davon, dass seine Chancen bei Lily Evans von sehr gering auf Schneeflocke in der Hölle gesunken waren. Die einzige Befriedigung, die er aus seinem dummen, unbedachten Eingreifen zog, war, dass Snape während des Frühstücks ebenfalls deprimiert und bedrückt aussah, als er einen Blick zum Slytherintisch riskierte. Zu Lily spähte er lieber nicht hinüber – er war schon froh genug, dass er an einem Sonntag nicht mit ihr in den Unterricht musste und ihr so noch ein wenig ausweichen konnte. Nachdem er am Vorabend im Schlafsaal von seinem Desaster erzählt hatte, war selbst Sirius darauf bedacht, ihn ein wenig aufzumuntern, und so zogen sie nach dem Essen nach draußen auf die dick verschneiten Ländereien. In der letzte Nacht waren noch einige Zentimeter dazugekommen, die die Spuren der vorhergegangenen Tage und heftigen Schlachten zugedeckt hatten, und so lagen die Wiesen fast unberührt vor ihnen. Die Versuchung war einfach zu groß – nur wenige Minuten später waren sie in eine heftige, magisch und nichtmagisch ausgetragene Schneeballschlacht verwickelt, in der kein Pardon gewährt wurde und jeder auf jeden losging. Sogar James gelang es ab und zu, zu lachen, und in seltenen Moment, in denen er zum Beispiel eine ganze Ladung Schnee in den Nacken bekam, vergaß er sogar, dass er Sorgen hatte. Leider konnten er nicht jeden Tag so verbringen, denn es galt noch, die letzte Woche Schule vor den Weihnachtsferien zu überstehen, und in den Unterrichtsstunden hatte er bei Weitem zu viel Zeit, um über Lily nachzudenken. Wo es ihm zuvor nichts ausgemacht hatte, sie anzusehen, schmerzte es jetzt, denn auch wenn seine Chancen damals bei ihr gering gewesen waren – vorhanden gewesen waren sie allemal, und das bedeutete, dass er hoffen konnte. Die Hoffnung allerdings war mit ihrem letzten Streit untergegangen, und jetzt tat es weh, ihren roten Haarschopf unter den anderen Schülern zu entdecken, oder ihr Lächeln zu betrachten, das sie ihm wahrscheinlich niemals schenken würde. Egal, was sie tat – sie hasste ihn, und daran konnte er nichts ändern. Merkwürdigerweise nahm die Zeit dem Gedanken zwar seine Schärfe, während sie die letzten, erschöpften Tage vor den Weihnachtsferien hinter sich brachten, weniger deprimiert war er dadurch allerdings nicht. Selbst Sirius fiel auf, wie er sich fühlte, und sein Freund versuchte, ihn auf andere Gedanken zu bringen und ihm zu erklären, dass sie doch jetzt nach einem netten Mädchen als Tanzpartnerin für den Ball umsehen mussten. Der Ball... James schüttelte den Kopf. Er hatte in den letzten Wochen nicht allzu viel darüber nachgedacht und in den letzten Tagen war die Idee ganz auf seinem Kopf verschwunden, doch jetzt, wo seine Aufmerksamkeit wieder darauf gelenkt wurde, stellte er fest, dass er nicht besonders viel Lust hatte, hinzugehen. Sich mit einem Mädchen zu treffen, aus dem er sich nichts machte und irgendeinem Ravenclaw dabei zuzusehen, wie er mit Lily über die Tanzfläche schwebte, während die Große Halle aussah wie aus dem romantischen Traum eines Mädchens entsprungen, entsprach gerade nicht seiner Definition von angenehm. „Ich weiß nicht, ob ich gehe...“, erklärte er also, als Sirius ihn noch einmal bedrängte, was seinem Freund ein überraschtes Aufkeuchen entlockte. „Bist du verrückt? Jetzt, wo du dir keine Gedanken mehr um Lily machen musst, weil du sie eh nie kriegen kannst, wäre das doch die Gelegenheit, neue Bekanntschaften zu schließen! Ich meine, was ist denn mit Emily? Du warst doch auf dem Halloweenball mit ihr, wieso gehst du jetzt nicht nochmal und findest raus, ob sie nicht doch an dir interessiert ist?“ Der Gedanke, knutschend mit Emily Morrison in einer Besenkammer zu landen, trug nicht gerade dazu bei, ihn für den Ball zu begeistern. Nicht, weil sie nicht hübsch gewesen wäre oder weil er sie nicht mochte, sondern schlicht und einfach, weil sie ihn jedes Mal, wenn er sie ansah, an Lily erinnerte. Und weil deine Chancen damit noch weiter sinken würden, wisperte eine kleine, hinterhältige Stimme in seinem Kopf, die zu ignorieren ihm noch nicht ganz gelungen war. „Muss nicht unbedingt sein...“, antwortete er, und Sirius sah ihn an als ob er krank wäre und Madame Pomfrey besuchen sollte. „Aber was ist denn mit einem anderen Mädchen, wenn du nicht mit ihr gehen möchtest? Irgendjemand muss dich doch interessieren!“ James zuckte mit den Schultern. „Gerade interessiert mich so gar niemand, Sirius – außerdem sind alle gutaussehenden Mädchen des Schlosses schon in deinem Bett gelandet, wer soll dann für mich übrig bleiben?“ Der Kommentar klang nicht so leicht, nicht so scherzhaft wie sonst, was Sirius anscheinend mehr überzeugte als alle seine Worte. „Wenn du dir sicher bist...“, meinte er langsam, zögerlich, was James nur mit einem Nicken bestätigte. „Und einen Vorteil hätte es, wenn ich hier bleibe und früh ins Bett gehe – ich kann Peter meine verzauberten Tanzschuhe leihen, und nach allem, was ich bis jetzt gesehen habe, hat er sie wirklich nötig.“ Sirius nickte. In den letzten Wochen hatten sie versucht, Peter die Grundlagen des Tanzens beizubringen, waren allerdings grandios gescheitert – ob das an Peters mangelndem Gefühl für Rhythmus, seiner geringen Körperbeherrschung oder daran lag, dass sie selbst auch keine herausragenden Tänzer waren, wusste er nicht. Allerdings sanken mit jedem Tag die Chancen, dass ihr Freund auch nur einen Eröffnungswalzer hinbekommen würde, weiter, und James sah ihm an, wie sehr ihn das deprimierte. „Dann braucht er nur noch eine Tanzpartnerin und dann ist alles in Ordnung und er kann hingehen und sich einen schönen Abend machen.“ Beim Abendessen verkündeten sie die Neuigkeiten, die Remus sehr gefasst und Peter begeistert aufnahm. „Das ist ja toll!“ Er bemerkte, was er gesagt hatte, und hielt peinlich berührt inne. „Also, nicht dass du nicht mitkommen kannst, aber dass du mir deine Schuhe leihen kannst... ich hab schon gedacht, dass ich nicht hingehen kann, weil ich so dämlich bin... das ist wirklich nett von dir, James, danke.“ James schüttelte den Kopf. „Keine Ursache. Ich habe ohnehin nicht wirklich Lust, auf den Ball zu gehen, da ist es kein Opfer, dir meine Schuhe zu leihen. Ein Ball im Jahr reicht wirklich aus... vor allem, weil ich diesmal nicht meinen tollen Hut aufsetzen kann.“ Der Gedanke an ihre Musketierhüte brachte sie alle zum Lachen, selbst James, der sich in den meisten Fällen noch immer reichlich bedrückt fühlte. „Aber jetzt zu ernsteren Themen“, entgegnete Sirius. „Mit wem willst du denn hingehen? Hast du schon jemanden gefragt?“ Peter errötete. „Ich... ähm...“ „Du hast also noch kein Mädchen gefragt, oder?“ Er schüttelte den Kopf, und Sirius verdrehte die Augen. „Dann solltest du dich beeilen – die hübschen sind sicher schon alle weg.“ „Das klingt so, als würdest du mit drei hingehen, Tatze“, entgegnete Remus trocken, doch Sirius legte den Kopf schief. „Das wäre eigentlich eine Überlegung wert. Eine Gryffindor, eine Hufflepuff und eine Ravenclaw...?“ „Sirius.“ James seufzte das Wort fast, während er seinen Freund mit einem zweifelnden Blick bedachte. „Das meinst du doch nicht ernst, oder?“ „Wieso nicht?“ Die aufgesetzte Arglosigkeit hielt allerdings nicht lange an, und ein paar Sekunden später brachen sie alle vier in Lachen aus. Am Freitag, als die Weihnachtsferien begannen, leerte sich das Schloss erheblich – die meisten Schüler aus den ersten, zweiten und dritten Klassen fuhren nach Hause, nur einige wenige von ihnen blieben hier. Zu James' Überraschung hatten sich auch viele ihrer Kollegen aus den höheren Stufen, unter anderem auch Schniefelus, dazu entschlossen, Hogwarts über die Ferien zu verlassen, obwohl für sie die Anziehung von Weihnachten mit der Familie nicht so groß sein konnte. Nach den Gesprächen, die James bei den anderen Gryffindors mithören konnte, dachten manche Eltern, dass das Schloss sicherer sei – andere wiederum, dass der einzig richtige Platz für Kinder in gefährlichen Zeiten zu Hause wäre. Er selbst hatte schon vor Wochen an seine Eltern geschrieben und ihnen erklärt, dass er sein letztes Jahr in Hogwarts so lange ausnutzen wollte, wie er konnte, und die Zeit mit seinen Freunden verbringen wollte. Dafür würde er im nächsten Jahr so lange bei ihnen bleiben, bis sie ihn verzweifelt wieder loszuwerden versuchten, und ihnen erlauben, ihn mit so vielen Keksen, Süßigkeiten und Plumpudding vollzustopfen, wie sie es sich nur wünschen konnten. Der Antwortbrief seiner Mutter hatte zwar nicht unbedingt so geklungen, als ob sie glücklich wäre mit dieser Entscheidung, doch hatte sie ihm seinen Willen gelassen und hinzugefügt, dass sie sich damit trösten konnten, dass Hogwarts wenigstens unter dem Schutz Dumbledores stand. Suzanne hingegen fuhr mit den anderen Schülern nach Hause, während Peter hier blieb, und obwohl es ihm leid tat, dass er Weihnachten nicht mit seiner Schwester verbringen konnte, wollte er selbst genauso wie James noch einmal das weihnachtliche Schloss erleben. Und Suzanne würde die Erholung und die Ruhe gut tun, auch wenn sie ihre neu erlernten Verteidigungszauber nicht üben konnte, zu Hause wäre sie sicher vor allen heimtückischen Angriffen, die irgendjemand auf sie planen konnte. Während Weihnachten immer näher rückte, breitete sich in ganz Hogwarts wieder einmal diese gespannte Vorfreude aus, die James noch nirgendwo sonst erlebt hatte, sondern nur zwischen all diesen Schülern, die auf denselben Tag hinfieberten: Die jüngeren von ihnen warteten auf ihre Geschenke, die älteren freuten sich auf den Ball, der am Abend des Weihnachtstages stattfinden sollte. Nur Peter wurde immer bedrückter, je näher der Tag rückte, nach allem, was James, Sirius und sogar Remus mit seiner einfühlsamen Art aus ihm herauskitzeln konnten, hatte er noch nicht einmal ein Mädchen gefragt, mit dem er gerne hingehen würde. „Wenn er jetzt niemanden findet, ist er sicher enttäuscht“, bemerkte James an einem Abend, während ihr Freund noch beim Essen saß und sie sich im Gemeinschaftsraum versammelt hatten. „Was ist denn mit... ähm...“ Verzweifelt versuchte er, sich an den Namen des Mädchens zu erinnern, mit dem Sirius auf den Ball gehen wollte, scheiterte allerdings. „Kim“, entgegnete sein Freund so als ob er selbst froh wäre, sich den Namen gemerkt zu haben, was James ein Glucksen entlockte. „Meinst du, sie kennt jemanden, mit dem er hingehen würde?“ Sirius schüttelte den Kopf. „Ihre Freundinnen sind alle hübsch und gutaussehend... ich bezweifle, dass die Chancen besonders gut stehen, so leid es mir tut, das sagen zu müssen.“ „Hm... ich könnte Florence fragen“, warf Remus ein. „Sie hat letzte Woche erwähnt, dass eine Klassenkollegin von ihr noch immer keinen Partner hat... vielleicht hat sie ja noch niemanden gefunden?“ „Gute Idee“, entgegnete Sirius, und auch James fand, dass ein vielleicht nerviges, aufdringliches, hässliches Hufflepuffmädchen immer noch angenehmer wäre, als gar keine Tanzpartnerin zu haben. Beim Abendessen ergriff Remus die Gelegenheit und machte einen Abstecher hinüber zu Florence, während James und Sirius ihn mit Argusaugen beobachteten. Die beiden unterhielten sich kurz, dann flitzte Florence den Tisch entlang zu einem anderen Mädchen mit kurzen, schwarzen Haaren hinüber und tauschte ein paar geflüsterte Sätze mit ihr aus, dann kehrten sie gemeinsam zu Remus zurück. James glaubte, dass er sich gleich irgendetwas zerren würde, so sehr versuchte er, ihr Gesicht zu erspähen, doch keine Chance – er sah nur kurze, schwarze Locken und eine etwas mollige Figur unter einem Hogwartsumhang. „Was ist denn los mit euch beiden?“, fragte Peter überrascht, er hatte bemerkt, dass auch Sirius sich reckte, um besser zu sehen, und runzelte verwirrt die Stirn. Keiner von ihnen beiden antwortete, denn Remus und die beiden Mädchen hatten sich eben in Bewegung gesetzt, gingen auf den Gryffindortisch zu, und nun atmeten sowohl James als auch Sirius auf. Sie war vielleicht nicht besonders hübsch, hatte aber ein angenehmes Gesicht und schien fast zu hüpfen vor Aufregung. „Peter?“, flüsterte Sirius und ihr Freund, der jede ihrer Reaktionen aufmerksam beobachtet hatte, zuckte fast zusammen vor Überraschung. „Hättest du etwas dagegen, mit der kleinen Hufflepuff neben Florence zum Ball zu gehen?“ Ihr Freund hatte gerade noch Zeit für ein Kopfschütteln, bevor Remus, Florence und die Unbekannte sie erreichten und Peter sie begrüßte. „Hi... ähm... ich bin Peter.“ Nicht die eleganteste Art der Vorstellung, aber sie schien sich nicht daran zu stören. „Maria“, entgegnete sie und streckte ihm die Hand hin, die er ein wenig zögernd nahm und schüttelte. „Und möchtest du mit mir auf den Ball gehen?“ Sie lächelte und nickte, und sowohl James als auch alle anderen Beteiligten atmeten fast unhörbar auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)