Zwischen den Fronten von Kiajira ================================================================================ Pläne ----- Kapitel 23: Pläne Harry träumte. Er lag in einem Schlafsack auf einer Waldlichtung, hatte die Augen geschlossen und atmete ruhig und gleichmäßig. Plötzlich strich ihm eine warme Hand über die Wange. Er musste unwillkürlich lächeln und öffnete die Augen einen winzigen Spalt weit. Die Hand gehörte Ginny. Sie lag neben ihm in einem zweiten Schlafsack und hatte sich über ihn gebeugt. Zuckende Schatten huschten über ihr Gesicht, die offenbar von einem Feuer herrührten. Sie sah nervös aus. Sein Herz schlug schneller. Immer noch lag ihre Hand auf seiner Wange und streichelte sie sanft. Wieso konnte sie ihn nur so gern haben? Das hatte er doch gar nicht verdient... Doch er wollte nicht darauf verzichten. Es fühlte sich einfach viel zu gut an. Ginny hatte recht gehabt - er brauchte jemanden, der ihn gern hatte, der ihm vertraute und dem er vertrauen konnte. Nach einem endlosen Moment, in dem er sich schlafend stellte, beugte sie sich zu ihm herunter und küsste ihn. Alles, was er gerade gedacht hatte, erlosch mit einem Schlag, als sein Herz sich überschlug und heiß in seiner Brust zu brennen begann. Er kannte dieses Gefühl nicht, doch es war einfach - atemberaubend. Es fühlte sich so richtig an. Er zog ohne darüber nachzudenken seine Arme aus dem Schlafsack und schlang sie um Ginny, strich ihr mit seiner blassen, langfingrigen Hand über den Kopf und erwiderte den Kuss... Harry schrie und wachte auf. Seine Narbe brannte stärker, als er es je erlebt hatte. Immer noch schreiend wälzte er sich in seinem Bett herum, eine Hand auf die Stirn gepresst. Es tat furchtbar weh, und doch spürte er gleichzeitig auch eine gewaltige Welle des Glücks und der Zuneigung - und zwar Ginny gegenüber. Er schlug sich mit der Faust gegen den Kopf, wieder und wieder, bis der unerträgliche Schmerz nach scheinbar einer Ewigkeit abgeflaut war. Doch das Glück, das nicht sein eigenes war, blieb und lieferte sich einen Kampf mit seinem immer größer werdenden Entsetzen. Das Entsetzen gewann. Er öffnete langsam, als ob er Angst vor dem hatte, was ihn erwartete, die Augen. Eine besorgte Hermine saß an seinem Bett, mit zerzausten Haaren und tiefen Ringen unter den Augen. "Harry, was ist los? Was hast du gesehen?" Harrys Blick irrte einen Moment ziellos umher, bis er Hermine fand. Er konnte es immer noch nicht fassen. Langsam stemmte er sich hoch, bis er neben Hermine auf dem Bett saß. "Vol-... Volde..." Er brach ab und fuhr sich mit den Fingern durch Gesicht. Sein Kopf pochte immer noch. "Was?", fragte Hermine leise. "Was hat er gemacht? Was fühlt er?" "Er... er ist glücklich. Verdammt glücklich." Hermine schnappte nach Luft. "Was - Wieso? Was ist passiert?" Harry holte tief Luft. "Ginny hat ihn geküsst." Hermines Gesichtsausdruck wechselte von überrascht über fassungslos zu ungläubig, sie öffnete den Mund, schloss ihn wieder und meinte dann: "Harry, das kann nicht sein. Das weißt du." Harry jedoch schüttelte den Kopf. "Doch, es könnte durchaus sein. Er war so glücklich... so hab ich ihn noch nie erlebt... Es war fast, als... als wäre er wirklich verliebt." Hermines Stirn legte sich in Falten, wie immer, wenn sie über einem Problem brütete. Nach einer kurzen Stille meinte sie: "Harry, wie sollte Ginny denn zu ihm kommen? Sie ist doch in Hogwarts." Harry schnaubte nur. "Und Hogwarts wird von einer fettigen, hakennasigen Fledermaus geführt, die ganz zufällig Dumbledore umgebracht hat und seine rechte Hand ist. Da ist es natürlich für ihn absolut unmöglich, zu Ginny zu kommen." Seine Stimme troff vor Sarkasmus. Hermine rang verzweifelt die Hände. "Aber, Harry... wieso sollte er das tun?" "Vielleicht will er mich mit ihr ködern. Ich hab meinen Geist nie verschlossen, es kann gut sein, dass er weiß, was ich für sie empfinde." Jetzt stöhnte Hermine auf. "Dann kann es aber genauso gut sein, dass er dir eine falsche Vision geschickt hat, wie damals mit Sirius. Das wäre für ihn viel weniger Aufwand." Harry ließ sich wieder in die Kissen fallen und schnitt eine Grimasse. "Erinner mich bloß nicht daran. Ich hab immer noch eine Stinkwut auf Bellatrix Lestrange. Sirius war halb tot, als sie mit ihm fertig war." Er schüttelte sich. "Aber, Hermine, er kann Ginny auch wirklich entführt haben, um mich zu ködern, wie damals, in der Kammer des Schreckens." Hermine sah aus, als würde sie soviel Dummheit auf einem Haufen nicht verkraften. "Da hat er Ginny aber als Körper benutzt, um den Basilisken zu kontrollieren, weil er selber keinen Körper hatte. Wieso sollte er es jetzt tun? Und außerdem, wie sollte er dich damit ködern können, wenn du nicht weißt, wo du hinsollst? Oder waren die zwei an einem Ort, den du kennst?" Harry schüttelte, jetzt frustriert, den Kopf. "Ne, sie waren irgendwo in einem Wald. Ich hab keine Ahnung, wo sie sein könnten." "Na also. Mach dir mal keine Sorgen deswegen. Vielleicht hat er einfach nur - schlechte Laune und will dich ärgern?" Harry sah sie vorwurfsvoll an. "Hermine, da wäre es sogar wahrscheinlicher, dass Ginny ihn freiwillig geküsst hat." Hermine zuckte hilflos mit den Schultern. "Ich weiß einfach nicht, was es zu bedeuten hat. Vielleicht sollten wir Ginny einfach fragen." Harry brummte. "Aber wenn er sie entführt hat, dann bringt das nichts." Hermine stöhnte auf. "Harry, dann kommt keine Antwort zurück und wir wissen, dass etwas passiert ist. Natürlich bringt das was." "Oh. Stimmt." ^^°°***°°***^^***°°***°°^^ Etwas stach in Toms Wange. Er drehte sich murmelnd auf die andere Seite und schlief weiter. Dieses Mal stach es in seine andere Wange. Er brummte unwillig und schlug ein Auge auf. Eine Eule saß neben seinem Kopf und pickte ihn ins Gesicht. "Au", rief er, als sie es noch einmal versuchte, wedelte mit dem Arm und warf die Eule um. Sie rappelte sich auf und hopste beleidigt ein paar Schritte davon. Tom setzte sich verschlafen auf. Neben ihm lag ein Brief, auf dem in grüner Tinte geschrieben stand: "Für, und NUR für Ginny Weasley." Er zog eine Augenbraue hoch und blickte auf seine andere Seite. Ginny hatte sich tief in ihren Schlafsack gekuschelt und schlief selig. Sie hatte jedoch genau wie er rote Punkte im Gesicht, wo die Eule sie gepickt hatte. Tom musste lächeln, als er sie ansah. Sie sah so süß aus, wenn sie schlief... Er beugte sich zu ihr hinunter und zischte mit eiskalter Stimme in ihr Ohr: "Wie kannst du es wagen, länger zu schlafen als ich?" Ginny schreckte urplötzlich hoch und blickte wild umher. Dann fand ihr Blick den Toms, und ihre Augen verengten sich. "Wie kannst du es wagen, mich aufzuwecken?", fauchte sie zornfunkelnd. Die beiden sahen sich einen Moment stumm an, dann begann Ginny zu grinsen. Auch auf Toms Gesicht erschien ein Lächeln. "Guten Morgen, Ginny." "Morgen, Tom." Sie gähnte. "Warum konntest du mich nicht schlafen lassen?" Er drückte ihr den Brief in die Hand. "Die Eule, die ihn gebracht hat, hat uns beiden ganz schön die Gesichter zerpickt. Nur du hast davon nichts mitbekommen, Schlafmütze." Ginny musste lachen. Es war irgendwie seltsam, wenn Tom - Voldemort! - sie mit 'Schlafmütze' anredete. Sie blickte auf den Addressaten - und wurde blass. Tom runzelte besorgt die Stirn. "Was ist los? Von wem ist der Brief?" Ginny holte einmal tief Luft, um sich zu beruhigen. "Das ist die Schrift von Harry", meinte sie sehr leise. Tom riss die Augen auf. "Potter? Was will der denn von dir?" Ginny zuckte mit den Schultern und riss den Umschlag auf. Sie zog ein kleines Stück Pergament heraus und las laut vor: "Liebe Ginny! Du wunderst dich sicher, dass ausgerechnet ich dir schreibe. Die Sache ist die: Ich hatte eine Vision, in der ich ER war, du weißt, wen ich meine, und in der du vorkamst. Ich habe Angst, dass ER sich dich wirklich geschnappt hat. Bitte, fallst du das liest, kannst du dich mit mir nächstes Wochenende in Hogsmeade treffen? Ich muss dich einfach sehen, damit ich weiß, dass alles in Ordnung ist. Ich werde dort warten, wo der Vollmond heult. Liebe Grüße von mir und unserer Freundin" Ginny schluckte und sah auf. Tom fluchte. "Ich habe gestern Abend meinen Geist nicht verschlossen. Er muss es mitbekommen haben." Ginny biss sich auf die Lippe. "Aber anscheinend glaubt er, ich hätte dich nie freiwillig ... geküsst", flüsterte sie. "Was machen wir jetzt?" Tom seufzte, krabbelte aus seinem Schlafsack und setzte sich an einen Baumstamm. "Wirst du hingehen?", wollte er wissen. Ginny schluckte und warf ihm einen hilflosen Blick zu. "Ich weiß nicht. Auf der einen Seite will ich nicht, dass sie sich Sorgen machen, aber... Wenn sie die Wahrheit erfahren... sie werden mich hassen." Sie biss sich auf die Lippe und senkte den Blick. Plötzlich hatte sie wieder einen Kloß im Hals. "Komm her", meinte Tom sanft. Ginny schlüpfte aus ihrem Schlafsack und setzte sich neben ihn. Er legte ihr vorsichtig einen Arm um die Schultern. Ginny lehnte sich an ihn und schloss die Augen. "Mit allem könnte ich leben, aber nicht damit, dass sie mich hassen", murmelte sie. Tom antwortete nicht. Er dachte nach. Es musste eine Möglichkeit geben, dass Ginny dorthin gehen konnte, wo auch immer "Wo der Vollmond heult" denn war, und sich mit Harry und ihrer Freundin - höchstwahrscheinlich dieser Hermine - traf, ohne dass die Gefahr bestand, aufzufliegen. Moment mal, dachte er. Wenn Ginny sich mit Harry traf, dann konnte er doch die Gelegenheit nutzen und sich Harry schnappen! "Ginny?" "Hm?" "Ich werde mitkommen. Unsichtbar. Und ich werde mir Harry schnappen. Hermine gebe ich die Möglichkeit, zu fliehen. In Ordnung?" Ginny seufzte. "Es ist also soweit", sagte sie leise, den Blick in die Ferne gerichtet. "Ja", meinte Tom. "Und ich brauche deine Hilfe dazu. Kann ich auf dich zählen?" Ginny sah auf. Wieder musste sie schlucken, doch ihr Blick war entschlossen. "Ich habe es dir versprochen. Du kannst auf mich zählen. Eine Bedingung hab ich aber: Hermine soll die Wahrheit nicht erfahren." Tom nickte. "Wenn du mitspielst, wird sie das auch nicht." "Gut." Ginny blickte wieder ins Leere. Harry würde also in einer Woche sterben. Eine seltsame Kälte schien sich über ihr Gemüt zu legen, die nichts mit den winterlichen Temperaturen zu tun hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)