For Want of Evidence von Glasschmetterling (A The Dark Knight Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 28: Edward ------------------ @Kyuuo: Das hoffe ich ja doch, dass du das Gespräch mit dem Joker mochtest... immerhin war ich, nachdem ichs geschrieben hatte, ein seelisches Wrack *hust* (sich in den Kerl reinzuversetzen ist echt... gefährlich für die Gehirnwindungen *g*) Und ob das der Lieutenant war... der beste Hinweis, den ich dazu geben kann, ist, dass For Want of Evidence trotz all dem Krimizeugs eigentlich eine verkappte Beziehungskiste ist... wenn man die Beziehungskiste versteht, weiß man auch, wer den Anschlag hier in Auftrag gegeben hat *g* *** For Want of Evidence – Chapter 28: Edward Das Bild wirkte schon fast vertraut auf ihn in seiner Bekanntheit, wie ein Déjà Vu, als er in das Krankenzimmer eintrat und Detective Elizabeth Thomas aufrecht in ihrem Bett sitzen sah. Statt einer aufgeschlagenen Akte hielt sie nun eine Teetasse in den Händen, klammerte sich daran fest, als ob sie die Wärme des Getränks in sich aufsaugen wollte, und lächelte ihn tapfer an. „Commissioner.“ Sie hatte sich in eine Decke gewickelt und wirkte doch, als ob sie noch immer frieren würde, ihre mittlerweile getrockneten, rotbraunen Haare umrahmten wirr ihr blasses Gesicht und trotzdem sah sie merkwürdig... zufrieden aus, stellte er überrascht fest. „Detective.“ Trocken grinste sie. „Sie müssen mich wirklich nicht jedes Mal, wenn jemand versucht, mich umzubringen, im Krankenhaus zu besuchen. Wenn der Lieutenant so weitermacht wie bisher, haben Sie dann keine Zeit mehr für Ihre eigentlichen Aufgaben.“ Er wollte lachen, doch er verschluckte sich fast an dem Geräusch – ihr Sarkasmus klang fast wie Galgenhumor, etwas, das er an seinen Leuten eigentlich gar nicht zu schätzen wusste, doch wer konnte es ihr verdenken? „Wie geht es Ihnen?“ „Mir ist kalt“, entgegnete sie trocken und zuckte mit den Schultern, eine Geste, die so minimalistisch ausfiel, dass sie zeigte, wie erschöpft sie in Wirklichkeit war. „Abgesehen davon sagen die Ärzte, dass ich verdammt viel Glück hatte... ich hatte nicht besonders viel Wasser in Magen und Lunge und ich konnte es heraushusten, als ich an die Oberfläche kam... aber eine Minute länger und es wären vielleicht bleibende Schäden zurückgeblieben.“ Gordon schauderte bei dem Gedanken, er hatte mit genügend Fällen von Ertrinken zu tun gehabt, um zu wissen, dass diese Todesart nicht besonders angenehm sein konnte, und auch Thomas zuckte bei dem Gedanken merklich zusammen. „Es war wirklich... Glück, dass er da war.“ Langsam nickte er, er wusste, dass sie auf Batman anspielte, und lächelte leicht. „Er hat Ihnen schon wieder das Leben gerettet.“ „Das hat er.“ Ihre braunen Augen musterten ihn intensiv, fast herausfordernd, und er hob die Augenbrauen, er fragte sich, was sie von ihm wollte, doch wusste nicht, was er sagen sollte und schwieg daher. Sie schüttelte den Kopf. „Was verschweigen Sie mir, Commissioner?“ „Was meinen Sie?“ Er blinzelte, doch seine Verwirrung brachte sie dazu, missbilligend den Kopf zu schütteln. „In meinen Akten – die jetzt bedauerlicherweise auf dem Grund des Gotham River liegen – findet sich eine interessante Zeitdifferenz, Commissioner.“ Er betrachtete sie, neugierig, auf was sie hinauswollte, auch wenn sich in ihm das unbestimmte Gefühl breit machte, dass ihre Ergebnisse ihm nicht gefallen würden. Ganz und gar nicht. „Was meinen Sie?“ „Batman hat ein Alibi sowohl für den Mord an Detective Anna Ramirez als auch für die Entführung Ihrer Familie, Sir... und ich frage mich, was Sie dazu gebracht hat, das Gegenteil zu behaupten.“ Ihre kühlen, braunen Augen funkelten ihn an, sie schienen noch dunkler zu sein in ihrem blassen Gesicht, und er fluchte schweigend, aber sehr, sehr eindringlich. Es gefiel ihm wirklich nicht... und er fragte sich, was er nun tun sollte. Hastig warf er einen Blick zur Tür, sie war geschlossen und von den beiden Officers, die er zum Schutz Thomas' abgestellt hatte, war keine Spur zu sehen. „Es war sein Wunsch.“ Sie blinzelte verwirrt. „Was?“ „Es war sein Wunsch“, wiederholte er leise, „dass er für diese Verbrechen verantwortlich gemacht wird...“ Er zögerte, schüttelte den Kopf, noch immer war er sich nicht sicher, ob er damals das Richtige getan, die richtige Entscheidung getroffen hatte, als er nachgegeben hatte... und wahrscheinlich würde er es nie sein. Die Angelegenheit hinterließ einfach einen zu schlechten Nachgeschmack, denn trotz der politischen Zwänge, denen er sich nun als Commissioner unterworfen sah, war er noch immer ein Mann, der nach der Wahrheit suchte – eigentlich. Thomas betrachtete ihn, die Überraschung war ihr vom Gesicht abzulesen und sie schien diese Information erst verdauen zu müssen, nachdenklich starrte sie in die Teetasse und nahm vorsichtig einen Schluck. „Was ist passiert?“ Gordon sah sich um und zog einen Stuhl an ihr Bett, eigentlich hätte das hier nur ein kurzer Besuch werden sollen, doch nun schien es, als ob er Erklärungen geben musste, die er am liebsten für sich behalten hätte. „Harvey Dent...“, er zögerte für einen Augenblick, starrte auf seine Hände, nicht sicher, wie er die Ereignisse von vor zwei Jahren am Besten in Worte fassen sollte. „Er wurde anscheinend nicht vom Joker gemeinsam mit anderen Patienten des Gotham Generals entführt, sondern es gelang ihm, zu entkommen. Allerdings nutzte er die Gelegenheit nicht, um sich in Sicherheit zu bringen, sondern startete einen Rachefeldzug gegen alle, von denen er dachte, dass sie für den Tod seiner Verlobten verantwortlich waren... unter anderem auch mich.“ Thomas starrte ihn für einen Moment an, dann nickte sie langsam. „Das... erklärt einiges. Die Frage, warum Batman Ihre Familie entführen sollte, hat mir einige schlaflose Nächte bereitet... was ist dann passiert?“ „Wir wissen es nicht genau... er hat Salvatore Marone und Michael Wuertz ermordet, den Grund dafür konnten wir allerdings nicht herausfinden. Danach brachte er Anna Ramirez dazu, meine Familie von zu Hause wegzulocken, und tötete sie...“ Er schluckte leicht, der Verrat zweier der Leute, denen er vertraut, mit denen er in seiner Einheit gearbeitet hatte, hatte ihn tief getroffen, doch dass plötzlich Barbara und Jimmy im Fokus der Bedrohung standen, war der größere Schock für ihn gewesen. „In den Ruinen des Lagerhauses hielt er sie gefangen, bis ich auftauchte, und Batman gelang es, meinen Sohn zu retten... allerdings tötete er dabei Dent.“ Thomas nickte leicht, ihre Augen starrten in die Ferne, so als ob sie die Informationen, die sie eben erhalten hatte, erst langsam verarbeiten müsste und sie zwirbelte die Falten ihrer Bettdecke, ein Manierismus, den er bereits beim letzten Mal bei ihr gesehen hatte. Langsam blickte sie auf. „Warum verfolgen Sie ihn dann, wenn er unschuldig ist?“ Gordon seufzte leise auf. „Das ist das Problem, Detective... Harvey Dent war Staatsanwalt und es war ihm gerade gelungen, einen Großteil des organisierten Verbrechens von den Straßen von Gotham zu verbannen... allerdings mit sehr fragwürdigen Methoden. Wenn irgendjemand an seinem Ruf gekratzt, die Öffentlichkeit erfahren hätte, dass er Menschen aus Rache getötet hat – was denken Sie, wie schnell diese Männer wieder frei gewesen wären?“ „Viel zu schnell“, murmelte sie langsam und seufzte auf. „Aber was ist jetzt?“ „Jetzt?“ Gordon lächelte sarkastisch. „Jetzt würde eine Veröffentlichung der wahren Geschichte nicht nur meinen Ruf vernichten, sondern auch den des mittlerweile als Helden verehrten Harvey Dent, auch wenn die realen Auswirkungen nicht mehr dieses Ausmaß erreichen würden.“ Er zögerte einen Augenblick, starrte zu Boden. „Manchmal ist die Wahrheit einfach nicht gut genug... manchmal verdienen die Menschen mehr.“ „Sie meinen, Sie haben gelogen.“ Thomas betrachtete ihn mit schräggelegtem Kopf, das Misstrauen in ihrem Blick war deutlich zu erkennen und er seufzte, ihre fast störrisch zu nennende Wahrheitsliebe kam ihm wieder zu Gedächtnis... allerdings hätte er ihr die gesamte Affäre nicht viel länger verheimlichen können, das wusste er. „Wenn Sie es so nennen wollen... ja, dann habe ich gelogen.“ Ruhig begegnete er ihrem Blick, durch ihre Zweifel wurde seine Gewissheit auf eine merkwürdige Art und Weise größer, während sie den Kopf schüttelte. „Und trotzdem denke ich, dass es zu diesem Zeitpunkt die richtige Reaktion war... es gab den Leuten Hoffnung, wo sie zu viel Grauen gesehen hatten...“ Thomas seufzte leise. „Trotzdem bringen Sie mich damit in eine sehr... unangenehme Situation.“ „Wieso?“ Er hob die Augenbrauen. „Was mache ich mit Batman, wenn ich ihn erwische? Soll ich einen Unschuldigen für Verbrechen verhaften, die er nicht begangen hat? Oder soll ich Sie und Dent vor der gesamten Stadt diskreditieren?“ Sie schüttelte den Kopf, sie wirkte wirklich unsicher und sehr, sehr mitgenommen – er wusste nicht, ob von seinen Worten oder dem Autounfall – und jäh verspürte er ein fast bohrendes Mitleid für sie. „Sie denken, Sie können ihn verhaften?“ „Nein... noch nicht. Allerdings bin ich ihm auf der Spur, das weiß ich.“ Er nickte leicht, die Worte Batmans vom Morgen kamen ihm in den Sinn, als er ihn wegen Thomas gefragt hatte, und er nickte... sie war näher an ihm, als er damals gedacht hatte, wenn sie bereits begann, ihn nervös zu machen. „Ich würde vorschlagen, wir beantworten diese Frage, sobald sie sich stellt, Detective... im Moment werden Sie einfach weiterermitteln wie bisher.“ „Ja, Sir.“ Die Anweisung schien ihr nicht zu schmecken, widerwillig nahm sie einen weiteren Schluck aus ihrer Tasse, um ihren Gesichtsausdruck zu verbergen, doch er hatte den Blick in ihren Augen gesehen, wusste, was sie darüber dachte. „Weswegen ich eigentlich hier bin – wir haben Hinweise, dass der Vorname des Lieutenant Edward ist... fällt Ihnen dazu etwas ein?“ „Edward, Edward...“ Sie murmelte den Namen vor sich hin und schüttelte den Kopf. „Wir hatten eine Detective Edwards, aber sie hieß Susan mit Vornamen... und ansonsten fällt mir niemand aus meinem Bekanntenkreis ein, der so heißt...“ Enttäuschung durchflutete ihn wie ein kalter Regenguss, er hatte gehofft – nein, damit gerechnet – dass ihr wenigstens irgendein Gedanke zu diesem Namen kommen würde, doch da war... nichts. Er konnte nur Verwirrung in ihren Zügen entdecken, Verwirrung und Zorn auf sich selbst, dass sie mit den kümmerlichen Informationen, die ihr zur Verfügung standen, nichts anfangen konnte, und sie seufzte leise. „Ich hab manchmal das Gefühl, dass die Antwort so nahe, so verdammt logisch ist, und doch erwische ich sie einfach nicht... es ist schrecklich.“ Er nickte leicht, dieser Einschätzung konnte er nur zustimmen. Sein Handy klingelte mit dem gewöhnt nervtötenden Ton und er griff danach, seine Antwort klang vielleicht unwirscher, als er beabsichtigt hatte. „Gordon?“ Gerade war er auf dem Weg nach Hause, wollte endlich wieder einmal Zeit mit seiner Familie verbringen, auch wenn Jimmy sicher schon schlief, wäre wenigstens Barbara wach und vielleicht... die Stimme, die aus dem Lautsprecher drang, löschte seinen Unmut wie ein Kübel kalten Wassers. „Commissioner, hier ist Bezirksrat Jason Riva.“ Er hatte dem Mann seine Karte gegeben, natürlich, doch trotzdem überraschte ihn die Tatsache, dass er ihn anrief, besonders zu dieser späten Stunde, und ein ungutes Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus. „Was ist passiert?“ „Commissioner, wir haben ein Problem.“ Er schüttelte den Kopf, Riva schien nicht gewillt, von sich aus weitere Informationen bereitzustellen. „Welches?“ „Commissioner, Sie müssen mir jetzt vertrauen...“ Die Wörter prasselten auf ihn ein und er schluckte langsam und zögerlich... nun hatte er wirklich keine Wahl mehr, als Rivas Rat zu befolgen. Sein Junge schlief, seine Kinderfinger klammerten sich an die Bettdecke, er hielt die Augen geschlossen und der Ausdruck vollkommener Seligkeit auf seinem blassen Gesicht brach Commissioner James Gordon fast das Herz. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, streichelte er durch die blonden Haare, Jimmy regte sich und lächelte im Schlaf, wachte aber nicht auf, und er seufzte leise, stützte den Kopf auf die Hände. Realistisch gesehen war er verloren. Wenn Riva wirklich die Wahrheit gesagt hatte bezüglich der Anschuldigungen, die man gegen ihn erhob, dann hatte er kaum eine Chance, sich aus der Affäre zu ziehen... zumindest ohne Hilfe. Und Hilfe war gerade jene Sache, an der es ihm am meisten mangelte. Thomas war mittlerweile seit zwei Tagen im Krankenhaus, er wusste nicht, wann sie entlassen werden würde, sie hatte während ihres letzten Telefonates heute Abend als mögliches Datum erwähnt, doch war sie nicht im Präsidium aufgetaucht und er schüttelte leicht den Kopf. So sehr er ihr auch vertrauen wollte... nicht nur die Gründe, die er ihr genannt hatte, waren ausschlaggebend für seine Entscheidung gewesen, sie vom Fall des Lieutenants abzuziehen. Selbst sie würde zugeben müssen, dass die Verbindungen, die sie offensichtlich zu dem Mann hatte, mehr als verdächtig wirkten, und obwohl er die Möglichkeit nicht ernsthaft in Betracht zog, so musste er doch jedem Hinweis nachgehen... auch wenn es ihm nicht gefiel. Mit Stephens konnte er ebenfalls nicht sprechen, nach allem, was Riva gesagt hatte, ermittelte der Mann wohl bereits gegen ihn und würde ihn jeden Moment verhaften... und der Bezirksrat selbst. Er seufzte leise. Auch wenn ihm klar war, dass er keine Wahl hatte und ihm vertrauen musste – er wusste noch immer nicht, was die Motive des Mannes waren, was er vor hatte und vor allem... warum hatte er versprochen, ihm zu helfen, wo er ihn doch erst in diese Situation gebracht hatte? Es war Rivas Wunsch gewesen, der ihn dazu bewegt hatte, gegen die höheren Ränge der Verwaltung und Politik von Gotham City zu ermitteln – selbstverständlich geheim, was ihm nun zum Verhängnis zu werden drohte... doch wenn der Bezirksrat einen unliebsamen Commissioner loswerden wollte, dann gab es einfachere und vor allem auch direktere Möglichkeiten dazu. Beispielsweise ein Impeachment. Zudem musste dem Mann klar sein, dass seine Akten, selbst wenn er verhaftet wurde, nicht einfach verschwanden... und dass seine Kollegen die Beweise, die er zusammengetragen hatte, früher oder später finden würden. Und Fakten konnte man, im Gegensatz zu Menschen, nur ausgesprochen schwer diskreditieren. Er erhob sich langsam und warf einen letzten Blick auf seinen schlafenden Sohn, zog ihm die Decke, die heruntergerutscht war, über die Schulter, und griff nach der Aktentasche, die er neben dem Bett abgestellt hatte. Die Angelegenheit wurde immer komplizierter und er verstand schon längst nicht mehr, was hier gespielt wurde, und doch... was er hier bei sich trug, konnte der Schlüssel zur Zerschlagung der Organisation sein, die der Lieutenant aufgebaut hatte. Er brachte jemanden, dem er vertrauen konnte und der, wenn er auch Methoden anwandte, die dem gesetzestreuen Polizisten in ihm zutiefst widersprachen, wenigstens unbestechlich war... er brauchte Batman. Leise schloss er die Tür des Kinderzimmers hinter sich und trat hinaus auf den hell erleuchteten Gang, die Deckenlampen blendeten ihn nach der angenehmen Dunkelheit und langsam suchte er sich seinen Weg ins Wohnzimmer. Barbara saß auf dem Sofa, sie hatte sich in ihren Bademantel eingewickelt und sah die Spätnachrichten, sein schneller Zwischenstop im Präsidium hatte länger gedauert, als er eigentlich geglaubt hätte. „Liebes?“ Fast erschrocken blickte sie auf und schüttelte dann leicht den Kopf, auch sie wirkte müde, fast ein Spiegelbild dessen, wie er sich fühlte, und langsam ließ er sich neben ihr in die Kissen sinken. „Ja?“ „Ich... ich muss mit dir reden.“ Sie seufzte auf und betrachtete ihn mit einem Blick, den er nur allzu gut kannte. „Willst du mir diesmal wenigstens vorankündigen, dass du gedenkst, dich umbringen zu lassen?“ Barbara klang nicht wütend, vielmehr eher... resigniert, und langsam legte sie den Kopf in den Nacken, schloss die Augen, während er sie von der Seite beobachtete. „Nein...“ Vorsichtig blickte sie auf. „Trotzdem... es ist wegen deiner Arbeit, nicht wahr?“ Er nickte leicht, Barbara kannte ihn zu gut und zu lange, als dass er ihr noch irgendetwas hätte vormachen können. „Ich... ich denke, es ist besser, wenn du mit den Kindern aufs Land fährst, zu deinen Eltern...“ Sie seufzte auf. „Was ist jetzt schon wieder passiert?“ „Noch ist gar nichts passiert, Barbara“, entgegnete er zögerlich und legte einen Arm um sie, er konnte spüren, wie ihre Schultern sich verkrampften, doch sie sagte nichts. „Allerdings denke ich, dass es besser und auch sicherer für dich und die Kinder wäre, wenn ihr in nächster Zeit nicht in meiner Nähe wärt...“ „Jim...“ Sie kuschelte ihren Kopf an seine Schulter. „Denkst du wirklich, dass das nötig ist?“ Vorsichtig zog er sie näher an sich, ihm kam jäh zu Bewusstsein, dass dieser Abend möglicherweise für längere Zeit der Letzte war, den sie miteinander verbringen würden, und er schluckte, er konnte nichts tun gegen den Kloß, der sich plötzlich in seinem Hals gebildet hatte. „Ich denke, es ist das Beste... für uns alle.“ Sie richtete sich auf und blickte ihn an. „Du weißt, dass ich dir in dieser Angelegenheit vertraue, Jim... aber trotzdem. Was verschweigst du mir?“ „Ich...“, er zögerte für einen Moment, Barbara besaß manchmal die fast unheimliche Gabe, genau jene Fragen zu stellen, die ihn gerade quälten. „Es ist möglich, dass ich noch heute Abend verhaftet werde.“ Alarmiert starrte sie ihn an, der Schrecken in ihren Augen war unverkennbar und er drückte sie noch näher an sich. „Wieso?“, fragte sie schlicht, und er seufzte auf. „Ich habe im Geheimen gegen Verräter ermittelt – wie und wo ist nicht wichtig – und nun wird man mir unterstellen, ich hätte es getan, um Beweise verschwinden zu lassen. Was ich nicht habe...“ Sie nickte bedächtig. „Du willst uns also den Medienrummel ersparen...“ „Ja...“ Langsam senkte er den Kopf. „Und mögliche Racheaktionen...“ Er spürte, wie ihre Finger sich um seine Hände schlossen, sie hielt ihn fest, drückte sie leicht, und er konnte nicht anders, als zu lächeln, wenigstens schwach. „Was immer du tust, Jim, du weißt, dass ich hinter dir stehe... ich möchte nur, dass du auf dich aufpasst. Und dass du wieder zu uns zurückkommst...“ Vorsichtig nickte er. „Ich werde mein Bestes tun, Barbara... darauf kannst du dich verlassen.“ Sie lächelte ihn an, durch die Angst und die Sorge in ihren Augen schimmerte eine Zuneigung, die ihn nach allem, was er getan hatte, immer wieder überraschte. „Ich weiß... beim letzten Mal hast du es auch geschafft, obwohl die Chancen weitaus schlechter standen...“ „Danke...“ Er schaffte es nicht, genauer zu formulieren, was in seiner Stimme mitschwang und so beließ er es bei dem einen Wort, hoffte, dass sie ihn verstand... wie sie es immer tat, auch wenn er gar nicht damit rechnete. „Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dir danke...“ Vorsichtig drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn, dann erhob er sich langsam, griff nach der Aktentasche, die er neben dem Sofa abgestellt hatte, und sie blickte zu ihm auf, anscheinend nicht gewillt, ihn gehen zu lassen. „Aber ich muss noch einmal nach draußen.“ „Um Batman zu treffen?“ Er erstarrte mitten im Schritt und wandte sich um, hastig klappte er seinen Mund zu und Barbara hob die Augenbrauen. „Sieh mich nicht so an. Ich mag keine Polizistin sein, aber das heißt nicht, dass ich dämlich bin. Außerdem kann man nicht zwei Jahre lang die Frau eines Commissioners sein, ohne bestimmte Dinge zu bemerken... wie zum Beispiel, dass ein vermummter Rächer ziemlich oft vor meiner Haustür auftaucht, um mit dir zu sprechen.“ Er schüttelte den Kopf. „Warum hast du nichts gesagt?“ „Welchen Grund hätte ich gehabt? Immerhin bin ich einer der wenigen Menschen, die wissen, dass er Harvey Dent nicht ermordet hat...“ Sie hatte Recht, in Gotham war sie eine der wenigen, die keinen Grund hatte, Batman zu misstrauen, und langsam nickte er. „Ich...“ Schräg lächelte sie. „Glaub mir, ich werde nichts verraten... genauso wenig wie in den letzten drei Jahren, Jim.“ „Danke.“ „Du musst dich nicht bedanken, Jim...“ Für einen Augenblick zögerte sie, und ein zögerliches Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. „Wobei, wenn die Angelegenheit hier vorbei ist, könntest du mich mal wieder ausführen...“ Er wusste, es war ein Scherz, doch einer, der für ihn plötzlich sehr, sehr ernst war. „Ich versprechs dir, Barbara.“ Fast fluchtartig verließ er das Wohnzimmer, er wusste, wenn er noch lange mit ihr sprach, würde er bleiben, und dann vergaß er über seine Familie das, was an ihm im Moment am wichtigsten war – die Akten in seiner Tasche. Langsam nahm er die Stufen, die von seiner Haustür nach unten führten, die Kälte der Nacht von Gotham drang durch seinen Mantel und hastig schlug er den Kragen hoch, blickte sich um. Noch war niemand zu sehen, Batman war nicht zu entdecken, doch er hatte auch nicht ernsthaft damit gerechnet – dass der Mann ausgerechnet hier wäre, wenn er ihn am Dringendsten brauchte, wäre ein fast zu großer Zufall gewesen. Die Straße war verlassen, kein Wunder zu dieser Uhrzeit, nur einige Blocks weiter konnte er hören, wie eine Autotür zugeschlagen wurde, und langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, die Nacht war klar, dumpf konnte er den Mond über sich erkennen, vernebelt von den Lichtern der Stadt. Die Stille beruhigte ihn ein wenig, dämpfte seinen inneren Konflikt, ließ ihn seine Angst vergessen, er konnte bereits den Briefkasten unter der Straßenlaterne erkennen und steuerte darauf zu. Langsam zog er den dicken, braunen Umschlag aus seiner Tasche und betrachtete ihn nachdenklich, dieser Stapel Papier enthielt Kopien der Informationen, die er über die Verräter in der Verwaltung der Stadt zusammengetragen hatte, und er musste ihn jemandem zukommen lassen, der etwas damit anfangen konnte. Noch nie in seinem Leben hatte er so inständig gehofft, dass Thomas' Ermittlungsergebnisse gegen Batman richtig waren, dass sie sich nicht getäuscht hatte, wenn sie eine Verbindung zu Bruce Wayne vermutete... denn davon hing nun alles ab. Nachdenklich warf er einen letzten Blick auf den Namen und die Adresse auf dem Paket, im Geist gab er ihm seine besten Wünsche mit, dann schob er ihn langsam durch den Schlitz, er hörte, wie er mit einem dumpfen Knall auf dem Boden des Briefkastens aufschlug und nickte leicht. Nun war es entschieden. Der Rückweg fiel ihm leichter, ihm schien, als wäre eine Last von ihm abgefallen, und eigentlich war es auch so, denn die Entscheidung, was geschehen würde, lag jetzt nicht mehr in seinen Händen... und das merkwürdige Hochgefühl wurde auch nicht von den Polizeiautos, die vor seinem Haus parkten, gedämpft. Er konnte Stephens erkennen, der die Treppe zu seiner Tür hinaufstieg, doch sein Ruf – seine Kinder sollten das hier nicht miterleben – ließ den Mann erstarren und langsam trat der Detective auf ihn zu. „Commissioner James Gordon?“ „Ja.“ Trotz allem klang seine Stimme belegt, als er das Wort hervorwürgte. „Commissioner James Gordon, Sie sind verhaftet. Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht auf einen Anwalt...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)