The short stories of Eternity Sword von Flordelis (Kurzgeschichtensammlung) ================================================================================ Vorherbestimmt -------------- Es war spät geworden, die Feier hatte viel zu lange gedauert. Der Junge mit dem abstehenden schwarzen Haar schlief bereits auf der Rückbank, als seine Eltern sich endlich von ihren frisch verheirateten Freunden verabschiedet hatten und ebenfalls ins Auto gestiegen waren. Sie lächelten sanft, als sie ihren Sohn so friedlich schlafen sahen. In diesem Moment wusste noch niemand, dass die Familienidylle in weniger als einer halben Stunde nicht mehr existieren würde. Am allerwenigsten der kleine Yuuto, der von dem Kuchen träumte, den er auf der Feier gegessen hatte – und von der braunhaarigen Miko, die er vor kurzem am Schrein gesehen und so schön gefunden hatte. Er bemerkte nicht den müden Fahrer im entgegenkommenden Wagen, dessen Auto auf ihre Fahrbahn geriet. Innerhalb seiner Traumwelt bekam er auch den überraschten Schrei seiner Mutter, das Fluchen seines Vaters, den Knall und das Knirschen von Metall nicht mehr mit, das seine Eltern mit einem Schlag aus dem Leben riss. Der Polizist schüttelte traurig seinen Kopf, während er die ineinander verkeilten Fahrzeugwracks begutachtete. In der Ferne konnte er die Sirene eines Krankenwagens hören, der langsam näherkam. „Ich glaube nicht, dass da noch viel für einen Sanitäter übrig geblieben ist.“ Die Fahrzeuge hatte zwar kein Feuer gefangen, doch waren sie wirklich so ineinander verkeilt, dass niemand diesen Unfall wirklich überlebt haben könnte und wenn dann zumindest nicht mindestens lebensgefährlich verletzt. Doch er sollte eines Besseren belehrt werden. Im Wagen des offensichtlichen Unfallverursachers war nur der leblose Körper des Fahrers zu sehen gewesen. Im Wagen der Unfallgegner waren zwei eingequetschte Menschen auf den vorderen Sitzen mehr zu erahnen als zu sehen. Er sah auf den Rücksitz – und wollte schon erneut seufzen, als er etwas bemerkte. Die Sanitäter standen inzwischen bereits mit einer Bahre und einem Leichensack neben dem Krankenwagen. Sie hatten schon so viele Unfälle gesehen, dies war nichts Neues für sie. Der Polizist sah zu ihnen hinüber und formte seine Hände vor seinem Mund zu einem Trichter: „Sanitäter! Hier lebt noch jemand!“ Er konnte sehen, wie sie sich erstaunte Blicke zuwarfen und den Leichensack eilig gegen die Erste-Hilfe-Gegenstände austauschten. Er sah wieder durch das Fenster auf den schwarzhaarigen Jungen, der friedlich atmend schlief und wie durch ein Wunder unverletzt zu sein schien. Da er ein Lächeln auf den Lippen trug, wusste er wohl noch nichts von dem Unfall, auch wenn der Polizist sich nicht erklären konnte, wie das möglich war. Er hatte den Glauben an Wunder schon lange verloren, aber selbst viele Jahre später sollte er, wann immer er an diesen kleinen Jungen im Unfallwagen zurückdachte, der festen Überzeugung sein, dass dies ein Wunder gewesen war. Unzählige Sterne glitzerten am Himmel über ihm. Noch nie zuvor in seinem siebenjährigen Leben hatte er so viele auf einmal gesehen. Als ob jemand eine Dose voll Glitzerstaub auf einem dunkelblauem Teppich ausgeschüttet hätte. Yuuto saß auf einem Hügel, ein Mädchen neben sich, die er nicht erkennen konnte, aber es fühlte sich gut an, sie bei sich zu haben, nicht allein zu sein, getröstet zu werden... Trost? Warum brauchte er Trost? Was war geschehen? Auf einem anderen Hügel, weit weg von seinem, konnte er seine Eltern sehen. Sie winkten lächelnd unter Tränen. Warum weinten sie? Als er ihnen zurückwinkte, drehten sie sich um und gingen davon, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Wo gingen sie hin? Warum ließen sie ihn allein? „Mach dir keine Sorgen“, hörte er eine leise Stimme. „Das Schicksal hält etwas Großes für dich bereit.“ Er sah sich um, konnte aber nicht erkennen, woher die Stimme kam. Das Mädchen neben ihm hatte keinen Ton von sich gegeben, sich nicht einmal bewegt. „Eines Tages wirst du es verstehen. Du bist zu wichtig, um zu gehen, Yuuto. Und jetzt wird es Zeit, aufzuwachen.“ Es war nicht einfach gewesen, zu verarbeiten, dass er nun allein war, dass seine Eltern ihn nie mehr umarmen würden. Es war schwer gewesen, zu verstehen, warum er nicht nur überlebt, sondern auch völlig unverletzt gewesen war. Aber es hatte kein Weg daran vorbeigeführt, es zu realisieren. Viele Leute hatten sich um ihn gekümmert, aber da er keine lebenden Verwandten mehr hatte, war er ein Adoptionsfall geworden. Und wieder schien das Schicksal mitzuspielen, als er schon wenige Monate nach dem Unfall einem Ehepaar gegenüberstand. Ein kleines Mädchen mit braunem Haar hatte sich hinter den Beinen ihres Vaters versteckt. „Yuuto, das ist die Familie Takamine, bei der du fortan leben wirst.“ Es führte kein Weg daran vorbei, also warum sollte er nicht das Beste daraus machen? Immerhin schienen sie nett zu sein. „Hallo“, sagte er leise. „Hallo, Yuuto“, sagte die Frau zu ihm. Sie drehte ihren Kopf zu dem kleinen Mädchen. „Kaori, sag doch auch Hallo.“ Das Mädchen schielte hinter den Beinen ihres Vaters hervor und lächelte leicht. „Hallo.“ Yuuto lächelte ebenfalls. Wenn er zu diesem Zeitpunkt gewusst hätte, dass auch diese Familie bald zerstört werden würde, hätte Yuuto die Adoption verweigert, doch ohne dieses Wissen blieb ihm nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass die Zukunft es gut mit ihm meinte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)