Wenn Alltag Leiden schafft. von Kurapika (Die Leidenschaft zu Atmen...) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Heute ist ein Tag, wie gestern auch einer war und morgen wieder einer sein wird. Jeden Morgen schlage ich die Augen auf und warte auf die vertrauten Stimmen die um halb sieben morgens aus meinem Radiowecker schallen. Manchmal liege ich dort nur ein paar Minuten, doch meist bin ich schon lange vor meinem Wecker wach. Ich steige langsam die hölzerne Treppe meines ‚Doppel-Hochbettes’ hinunter und wanke erst einmal aufs Klo. Dort ist die erste Station des 08/15 Tages. Nach dem Klo, folgt die Dusche, nach der Dusche das Schminken. Schnell und ein bisschen desinteressiert beschmiere ich, in vollkommener Routine, mein Gesicht mit Kaja, Eyeliner und Maskara. Früher habe ich mir immer unzählige Gedanken darüber gemacht was ich denn in die Schule anziehen soll, worin ich besonders hübsch wäre oder was einfach schrecklich aussieht. Heute greife ich – wie jeden Morgen – in den Kleiderschrank, ziehe wie ein Los ein paar Klamotten heraus, schlüpfe hinein und ziehe mich an. Mit der Bürste die glatten blonden Haare in form gebracht überprüfe ich, wie ich es immer tue, Stundenplan und Schultascheninhalt auf ihre Richtigkeit. Dieselben weiß-roten Turnschuhe wie immer an den Füßen, noch mit nassen Haaren, verlasse ich die dunkle Wohnung und ignoriere einfach, dass der Radiowecker noch immer vor sich hinplärren zu scheint. Ich gehe die Treppen hinunter und ohne auf die Uhr gucken zu müssen weiß ich, dass es nun genau 7.22Uhr ist. Ich gehe auf die graue Straße hinaus, in einen grauen Tag hinein und laufe gerade aus denselben Weg entlang den ich immer gehe. Apathisch ohne auch nur darüber nachzudenken was Ich eigentlich tue, denn wenn ich anfange darüber nachzudenken mache ich meist auf den Absatz kehrt und lege mich wie ich bin wieder in mein Bett hinein. Früher ist das noch oft passiert, doch mittlerweile habe ich gelernt, dass es so sein muss. Es muss wie immer sein. Nach etwa sechs Minuten Fußweg biege ich links ab, ziehe eine L&M Big Pack Packung aus meiner Tasche und stecke mir eine Zigarette zwischen die trockenen Lippen. Mit einem Streichholz – da ich Feuerzeuge immer verliere – zünde ich mir die Zigarette an und führe meinen weg fort. Nach etwa weiteren neun Minuten bin ich an meiner Schule angelangt, die einem Bäcker gegenüber liegt. Wie jeden Tag und immer noch in meiner absoluten Routine gefangen sehe ich dort schon Simi und Klaudia sitzen, Jonas, Leo. Ich setze mich daneben und rauche meine Kippe auf. Erst sage ich Simi guten Morgen, dann Klaudia, dann umarmt mich Jonas und dann Leo. Wie sollte es auch anders sein. Nach dem ich die Zigarette in dem Aschenbecher neben mir – ich brauchte nicht einmal hinzusehen – ausgedrückt hatte, holte ich meinen Blistex aus der Jackentasche und rieb mir damit meine spröden Lippen ein. „Du hast schon wieder nasse Haare, TT!“, meint Lena, nie nun von der Bahn her auf uns zukommt. Zeit die zweite Kippe in den Mund zu stecken. „Du wirst noch krank!“ „Nein, Lena... “ , höre ich mich sagen, und frage mich langsam warum ich das hier eigentlich machte, „...ich habe jeden Tag nasse Haare, ich werde nicht krank.“ Nach der nächsten Zigarette gehen wir in unsere Klassen zum Unterricht. Zwei Schulstunden Aufmerksamkeit und Anstrengung, jedenfalls versuchte ich das, wie jeden Tag auch. Aber mein Kopf scheint einfach nicht dafür konzipiert so früh schon Höchstleistungen zu erbringen. Also zeichne ich weiter Mangas oder entwerfe Cosplay-Kostüme. Zwanzig nach neun, es blinkt und wir gehen auf den Schulhof, umrunden das Gebäude und stellen uns auf den Lehrerparkplatz um noch eine zu rauchen, daran waren bereits die Lehrer mittlerweile gewöhnt. Wir laufen also auf die Ausfahrt des Parkplatzes zu als ich wusste, warum ich heute meine Augen geöffnet habe, warum ich nicht auf den Absatz kehrt gemacht hatte, warum ich jetzt hier sein wollte. Mir wurde warm, innerlich ganz heiß, bis in die Fingerspitzen – ja, bis in den kleinen Zeh hinein. Mein Herz machte einen Sprung als ich ihn sah und setzt aus. Ich dachte schon an Atemnot zu sterben als ich wieder Luft ein sog und mein Herz weiter klopfte, schneller und erregter als zuvor. Ich grinste, über beide Ohren und es gab jetzt nur noch einen Ort wo ich sein wollte. „Guten Morgen!“, rief ich strahlend und nun erwachte in mir das Mädchen, dass in meiner Clique so beliebt war. Ich ging auf den Jungen zu – Nici war sein Name – und stellte mich vor ihn auf die Zehnspitzen und sah ihn an, feste in seine grau-grünen Augen die mich jeden Tag wieder fesselten. Jeden Tag war es als sähe ich sie zum ersten Mal. Ich stand da und rührte mich nicht, mein Gesicht so nah dem seinen und zwischen uns entstand eine Spannung die mir Gänsehaut in den Nacken jagte. Er hob die Hand und legte sie sanft auf meinen Hinterkopf und zog mich grob an sich heran, sodass meine Lippen die seinen benetzten. Er hat so weiche unendlich zarte Lippen, es war ein Kuss der mir den Verstand zu rauben schien. Nein – mehr als das. Mein Herz blieb stehen und dachte nicht daran weiter zuschlagen. Ich flehte Gott, die Welt und all ihre Wesen an doch bitte die Zeit jetzt gefrieren zu lassen. Langsam öffnete ich den Reisverschluss seiner Jacke, ich hatte alles um mich herum vergessen. Es gab hier nichts mehr außer ihm und außer mir, außer den Lippen die sich berühren. Ich drückte mich an seinen warmen, betörend duftenden Oberkörper. Ich schlang seine Jacke um mich und krallte mich an seiner Hüfte fest. Plötzlich spürte ich wie seine Lippen sich aus dem Kuss lösten und mein Herz begann wieder zu rasen. Nein! Nein, lass es noch nicht zu Ende sein! Ich drückte mich enger an ihn, versuchte der Bewegung seiner Lippen zu folgen... doch vergebens. Er lächelte mich an, mit einem Grinsen für das es sich zu sterben lohnt. Meinen Kopf auf seine Schulter legend sog ich seinen Geruch gierig ein. Ich wollte ihn nicht mehr hergeben, für nichts in der Welt und wenn es mein Leben kosten würde. Ich drehte mich um und lehnte mich mit meinem Rücken an seinen warmen Oberkörper und genoss die starken Arme die mich fest hielten. Erneut steckte ich mir eine Zigarette in den Mund, aber diese schmeckte anders als die beiden zuvor. Sie schmeckte nicht grau und leblos, sie schmeckte nach etwas besonderem. Sie schmeckte nach dem Grund, dem Grund warum ich hier war und das war schön. Ich lächelte, witzelte mit den anderen um und war glücklich, von innen heraus ganz von selbst. Die anderen sahen mich und Nici schmunzelnd an. Doch auch diese 15 Minuten gingen einmal vorbei und auch der Unterricht ging irgendwann weiter. Es tat beinahe körperlich weh ihn loszulassen. Ich wollte in seinen Armen bleiben, wollte mich weiter an ihm festhalten und hatte das Gefühl, das ein Teil meines Herzens starb. Doch ab jetzt war alles anders, wie jeden tag seit acht Monaten ab der ersten großen Pause mit ihm alles anders war. Ein Stück des Kusses blieb in mir zurück und machte mich zum glücklichsten Menschen der Welt. Manchmal frage ich mich, ob die anderen so schmunzeln, weil Nici und ich uns jeden Tag so benehmen als seien wir erst gestern ein Paar geworden...? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er der Grund ist, weswegen ich jeden Tag routiniert vor mich hin atme, die Augen öffne und mein Herz weiter schlägt um zu leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)