Silberne Flügel, schwarzes Pferd von HiYasha (Feuerdämon und Wasserdrache) ================================================================================ Kapitel 4: Aufbruch ------------------- Aufbruch Sui-jin atmete betont ein und aus. Dann öffnete sie mit einem Ruck die Augen und verwandelte sich: weißes Glühen hüllte ihren Körper ein und ihre Konturen verschwammen. Langsam breitete sich das Licht an ihrem Rücken aus, zog sich dort in die Länge, hob sich und wurde breiter. Kurz verharrte die Gestalt so leuchtend, dann erstarb das Glühen so schnell wie es gekommen war. Sui-jin stand da in ihrer wahren Gestalt. Der dunkle Mantel flatterte neben ihr am Boden und verbarg nichts mehr von ihrer Gestalt. Hoch ragten zwei gewaltige und doch zierliche Flügel an ihrem Rücken auf. Die Sonne brach sich auf weißen, feinen Schuppen, die das äußere Gefüge bedeckten, zwischen dem sich eine dünne Netzhaut spannte, und wurde bei jeder Bewegung in den Farben des Regenbogens reflektiert. Auch die Haut war hell und etwas durchsichtig und man sah ihr nicht an, wie widerstandsfähig und dehnbar sie war, unablässige Voraussetzungen dafür, dass man mit ihnen fliegen konnte. Doch die Flügel waren nicht das einzige, das sich an ihr verändert hatte. Ihre Magie und Verwandlung hatte sich mit ihrer bereits getragenen Rüstung verbunden. Ihr Brustpanzer hatte sich vergrößert, reichte nun bis zu ihrem Unterkörper, wo der vertraute, weiße Schurz haftete. Über ihre Oberschenkel hatte sich ein weiteres Gemisch aus kleinen, stahlharten Schuppen und der Eisenrüstung geschoben. Die Armreife an ihren Handgelenken hatten sich verlängert und reichten nun von ihren Handrücken bis zu ihren Ellbogen und endeten dort in scharfen Spitzen, die, richtig eingesetzt, eine gefährliche Waffe waren. Über ihren Hals hatten sich ebenfalls die Drachenschuppen gezogen und zogen sich unter ihren spitzen Ohren vorbei, danach verdickten sie sich etwas, gingen um ihre Schläfen herum und hielten so ihre Haare aus ihrem Gesicht. Sie hob ihre feingliedrige Hand, deren Fingernägel scharf in der Mittagssonne blitzten, und strich ihre Haare hinter ihre Schultern. Sie schaute sich um zu Kaika, die grinsend auf ihrem Pferd saß, und erwiderte mit blitzenden Augen, die nun die eines Drachen waren. "Ich bin so weit!" Damit ging sie ein wenig in die Knie und sprang kraftvoll in die Höhe. Gleichzeitig öffnete sie ihre großen, beeindruckenden Flügel und schlug mit ihnen zum ersten Mal die warme Frühlingsluft, was sie sofort einige Meter nach oben katapultierte. Die Reise ging weiter. Die beiden Frauen waren unterwegs zu einem großen Treffen, das jährlich stattfand. Dämoninnen aus dem ganzen Land trafen sich, um einen Wettstreit abzuhalten. In vielen verschiedenen Disziplinen traten sie gegeneinander an, mit viel Spaß bei der Sache aber durchaus auch mit großem Ehrgeiz und Disziplin. Männer waren bei diesem Turnier verboten, mussten die meisten der Teilnehmerinnen doch das ganze Jahr die Schmähreden und Verachtung ihrer männlichen Artgenossen ertragen. Dieses Treffen sollte ihre Kräfte und ihr Selbstvertrauen stärken, kampferfahrene Streiterinnen wiesen die Neulinge in die kunstvolle Anwendung ihrer Fähigkeiten ein, Probleme wurden lautstark diskutiert und Lösungen gefunden. Kaika freute sich riesig auf das Treffen, bei dem sie immer einen Mordsspaß hatte. Und diesmal würde nun auch ihre Freundin an den Wettbewerben teilnehmen. Viele verschiedene Mächte wurden dort angewandt. Die Vertreterinnen der fünf Elemente Feuer, Erde, Luft, Wasser und Leere versuchten mit den jeweils ureigenen Fähigkeiten die der Mitkämpferin zu übertrumpfen. Die daraus resultierenden Kämpfe waren durchaus ungewöhnlich. Die Frauen hatten keine Skrupel, auch ungewöhnliche Paraden zu bringen, mussten sie doch keinem hocherlauchten, männlichen Publikum gefallen. Gewertet wurde bei diesen Kämpfen auch die Originalität ihrer Attacken. Angespannt beobachteten die beiden Frauen die vorüber ziehende Landschaft unter ihnen. Es sah aus, als ob alle Naturkatastrophen auf einmal über das Land hereingebrochen wären. Immer mehr Flächen standen unter Wasser, so dass sie wie ein riesiger See in der Sonne glitzerten. Am zartblauen Frühlingshimmel zeichneten sich in der Ferne dunkle Wolken ab, auch Trichter furchtbarer Wirbelstürme stiegen auf und sackten wieder in sich zusammen. Blitze erhellten tiefschwarze Wolken, doch alles war nach Sekunden wieder verschwunden als ob nie ein Sturm den strahlenden Tag heimgesucht hätte. Vereinzelte Rauchsäulen stiegen auf und zeugten von dauerhafteren Vernichtungen. Die Feuerdämonen waren wohl voll am Werk, wie auch die Vertreterinnen des Elementes Wasser, da inzwischen alle unter ihnen liegenden Flüsse und Bäche über die Ufer getreten waren. Die beiden Frauen grinsten sich an. „Sie haben schon angefangen!“, rief Kaika ihrer Freundin zu, die neben ihr auf ihren seidigen Flügeln schwebte. „Ach ne, was du nicht sagst“, kam es darauf hin etwas sarkastisch zurück. Kaika blickte hinüber zu der in der Sonne schimmernden Frau. „Ja, erstaunlich, was? Wo wir doch nur einen Tag zu spät dran sind. Und da haben die nicht auf uns gewartet. Wird Zeit dass wir mitmischen.“ Und schon trieb sie ihr pechschwarzes Pferd an, in der Nähe der Zelte, die vor ihnen aufgetaucht waren, zur Landung anzusetzen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)