PS, Ich liebe dich! von cooking_butty ================================================================================ Kapitel 2: Von Engeln und Dämonen --------------------------------- Als Rod am nächsten Morgen seine Augen öffnete, erblickte er sofort das weiße Blatt Papier, das auf seinem Nachtkästchen auf ihn zu warten schien. Vorsichtig faltete er es auseinander und begann zu lesen: Hey du! Tja, was soll ich sagen? Hier im Jenseits ist’s nicht viel anders als bei euch drüben. Aber es hat so seine Vorteile: Hier scheint zum Beispiel immer die Sonne…und alles strahlt irgendwie – weiß auch nicht, wie ich es beschreiben soll, aber wenn du mal wieder einen Hollywood-Film dieser Art siehst, dann wirst du verstehen, was ich meine. Und das Tollste ist, wenn mir mal die Sonne auf die Nerven geht (Ha, als würde mich mal die Sonne nerven!), kann ich einfach zu euch rüber gehen. Ich hab übrigens schon so einige interessante Gespräche geführt. Für manche wirst du mich vielleicht sogar beneiden! Du willst ein Beispiel? Okay bitteschön: John Lennon…oder Johnny Cash. Der hat, nachdem er die Welten gewechselt hat, übrigens mal so gesucht, was es für Diesseits-Musik gibt und da ist er unter anderem auch auf UNS gestoßen…und er findet uns sogar gut! Hammer, oder? Ach ja, sag Bela, dass es mir unendlich Leid tut, aber ich hab eine schreckliche Nachricht für ihn: Elvis ist wirklich tot! Ist aber ein netter Gesprächspartner… Tja, also, jetzt fragst du dich bestimmt, warum ich bis jetzt nur lauter Musiker getroffen habe. Das ist einfach zu erklären: Jeder Musiker wird eigentlich in dieselbe „Abteilung“ (sorry, find kein besseres Wort dafür) geschickt: In die Musikerabteilung…und ich denk mir, du kannst erraten, was sie da machen! Genau: Musik! Natürlich nicht die ganze Zeit, auch wir müssen Essen, Schlafen, usw. Ich fall mal wieder aus der Reihe (aber das ist man ja gewohnt ;): Dadurch, dass mein Ableben ziemlich spektakulär war, haben die Chefs gedacht, sie lassen mich das machen, was ich am besten kann: euch beschützen. Und deswegen bin ich euer Schutzbefohlener. Ich glaub, das war’s für’n Anfang Lg Jan PS: Ich liebe dich! „Bela, schnell! Wach auf!“ Rod rüttelte den Schlafenden, bis dieser träge die Augen öffnete. „Was’n…“ Jener verstand die Welt nicht mehr. Darf man nicht einmal mehr in Ruhe schlafen? „Schau doch“, antwortete der Chilene und hielt ihm den Brief unter die Nase. Der Drummer begann zu lesen und zu staunen. „Heißt das…?“ „Jan ist noch unter uns…irgendwie halt!“ Glücklich umarmten sie sich. Ein paar Stunden später war Bela wieder bei sich zu Hause angekommen und wollte sich erstmal etwas zu Essen machen. Er schnitt also etwas Gemüse, während er nachdachte. Er stellte sich vor, wie es im Jenseits wohl aussehen würde, wie sich Farin dort zu Recht finden würde. Da passierte es: Ein Moment der Unachtsamkeit und schon hatte Bela einen tiefen Schnitt in seiner Hand. „Fuck“, fluchte er, als er ein Geschirrtuch auf die Wunde hielt und vergeblich nach einem Pflaster suchte. Plötzlich spürte er einen Widerstand. Es fühlte sich beinahe so an, als würde ihn jemand von hinten umarmen. Als er an sich hinunterblickte, sah er auch schon, wie eine von einem warmen Licht umhüllte Hand seine verletzte hielt. Da wurde eine zweite über sie gehalten und das Licht verstärkte sich. Belas Hand kribbelte etwas und schon war die Wunde verschwunden. Der Schwarzhaarige drehte sich um. Er wusste, wem dieses Paar Hände gehörte. „Jan“, hauchte er, ehe er ihm um den Hals fiel. Doch es war anders. Er konnte nicht, wie sonst, dessen Geruch einatmen, konnte nicht spüren, wie er auf dem Stoff seiner Kleidung ankam – konnte ihn nicht spüren. Es war beinahe so, als würde er…Luft umarmen. Luft, die sich so eng zusammengedrückt hatte, dass sie einen Körper formte. Mehr nicht. „Wa…“ Verwirrt sah Bela auf. „Wir leben in zwei verschiedenen Welten“, seufzte Farin traurig. Wie gerne würde er diese Tatsache ändern! Aber das konnte er nicht tun, er musste seine beiden Freunde beschützen, musste dafür sorgen, dass sie noch lange leben konnten. Unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, starrte Bela seinen verstorbenen Freund an. „Tu mir einen Gefallen und sag Rod nichts davon, okay? Ich will nicht, dass er eifersüchtig wird…und er soll auch seinen unerwarteten Moment bekommen!“ Schon war der große Blonde verschwunden. Zurück blieb ein äußerst verwirrter Bela. Farin flog zu seinem anderen Schützling, der beschlossen hatte, endlich einmal das kaputte Dachfenster zu reparieren. Von außen. ‚Früher hab ich das immer gemacht’, dachte der Blonde und sah seinem Geliebten belustigt zu. Dank der Flügel konnte er auch problemlos direkt hinter ihm schweben, der andere bemerkte ihn nicht einmal. Rod verfluchte sich innerlich, warum er gerade jetzt sich hatte einbilden müssen, das Fenster zu reparieren. Da es in der Nacht zuvor geregnet hatte, waren die Schindeln natürlich alle schön glitschig. ‚Das hast du toll gemacht, Rod. Echt toll! Es war wirklich intelligent von dir, genau jetzt das Dachfenster reparieren zu wollen! Ist ja überhaupt nicht rutschig hier, nein gar nicht. Und ist doch scheißegal, wenn du runter fällst, findet dich halt keiner, hast halt Pech gehabt’, dachte der Chilene, sichtlich genervt, bei sich. Farin lachte auf. Ein positiver Nebeneffekt war, dass er die Gedanken seiner beiden Freunde lesen und ihre Gefühle spüren konnte. Der Schwarzhaarige drohte abzustürzen. Er schloss die Augen, war bereit, hart auf dem Boden aufzuschlagen, überlegte sich schon, wie er Hilfe holen könnte, wenn er sich etwas gebrochen hätte, doch nichts geschah. Das Geräusch von auf und ab schlagenden Flügeln drang an seine Ohren. Vorsichtig öffnete er seine Augen wieder und fand sich in zwei starken Armen wieder. Noch ehe er sich darüber den Kopf hätte zerbrechen können, wurde er schon sanft auf dem Boden aufgesetzt. „Jan“ Mit feuchten Augen umarmte er seinen leuchtenden Retter und auch er musste erkennen, dass sie beide in verschiedenen Welten lebten. „Aber…du…du hast ja…Flügel!“, meinte er erstaunt, nachdem er sich, geschockt von dieser Erkenntnis, wieder gefangen hatte. „Schön nicht?“, antwortete Farin lächelnd. „Bist du…also…bist du ein Engel?“ „Nenn’s wie du willst!“ Sie standen sich noch eine Weile schweigend gegenüber. Es gab so vieles, was sie miteinander reden wollten und doch schien es, als wäre alles gesagt. Mit einem „Ich liebe dich“ verabschiedete sich Farin und hinterließ Rod eine Feder als Abschiedsgeschenk. Zurück im Jenseits angekommen bemerkte der große Blonde, dass etwas nicht stimmte, er wusste nur nicht, was. Nach einer Erklärung suchend, ging er durch die Gassen des Verwaltungsortes. An dieser Stellte sollte man vielleicht noch mal einen kleinen Einblick ins Jenseits geben: Die Welt der Toten gleicht der Welt der Lebenden bis auf einige Ausnahmen wie ein Ei dem anderem. Sie hatte die gleichen Kontinente, Länder, Meere, Städte, nur fehlten in diesen Städten die im Diesseits vorhandenen Regierungsgebäude, da die Chefs des Jenseits ja nicht in jedem Land vertreten sein konnten. Dafür gab es aber den so genannten Verwaltungsort, der zwischen den Wolken lag. Hier wurden die Neuankömmlinge eingeteilt oder die Schutzbefohlenen ihren Schützlingen zugeteilt, um ein paar Beispiele zu nennen. Und durch diesen Ort schlenderte Farin gerade. Er spürte, dass jemand Angst hatte, große Angst sogar. Diese Tatsache verwunderte ihn, denn einerseits war dies ein Ort des Friedens, wo niemand Angst haben musste und andererseits hatte er gedacht, dass er diese Fähigkeit nur seinen beiden Schützlingen gegenüber hatte. Je näher er dem Hauptplatz kam, desto stärker wurde dieses Gefühl. Es mussten mehrere Personen sein, die Hilfe brauchten. Nur noch ein paar Häuser, dann wäre er bei ihnen. Vorsichtig schob er sich an den Mauern vor. Langsam, stets darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden, lugte er um die Ecke. Da sah er sie: Mehrere Schutzbefohlene, es mussten um die 20 sein, standen zusammengedrängt in der Mitte des Platzes, umringt von einem unüberwindbaren Ring aus Feuer. Vor ihnen stand jemand, der eigentlich nicht hier sein dürfte: ein Dämon. Konzentriert hielt dieser mit seinem ausgestreckten Arm das Feuer unter Kontrolle. Bald würde er seine Gefangenen umbringen – er überlegte nur noch, wie. Farin erkannte das und so versuchte er so geräuschlos wie nur irgend möglich an ihn heran zu kommen. ‚Ich könnte sie alle bewegungsunfähig machen und dann einzeln anzünden, sodass sie ihren Tod herbeiwünschen würden. Zu blöd, dass man nicht zwei Mal sterben kann’, dachte der Dämon und grinste die ängstlichen Engel bitterböse an. „Das würd ich mal lieber sein lassen“, sprach Farin so ruhig er konnte, als er dicht hinter ihm stand und dessen Gedanken mit anhören musste. „Was…“, wütend drehte sich der Dämon um. Durch sein Abwenden erlosch der Feuerring und die Schutzbefohlenen konnten sogleich die Flucht ergreifen. Von Hass ergriffene Augen, in denen man das Feuer lodern sehen konnte, funkelten Farin an. Kurz darauf spürte der große Blonde einen noch nie da gewesenen Schmerz in seinem linken Unterarm. Schreiend krümmte er sich zusammen. Der Dämon sah ihn verwirrt an: eigentlich hätte der Engel jetzt verbrannt sein müssen. Farin nahm all seine Kraft zusammen und schlug mit einem gezischten „Fahr zur Hölle“ auf seinen Kontrahenten ein, der seiner Bitte sogleich nachkam. Der Zurückgebliebene spürte, wie seine Beine zu zittern begannen und bald darauf nachgaben, doch anstatt zu Boden zu fallen wurde er von zwei starken Armen gestützt. Der Blonde wollte sich nach seinem Helfer umsehen, doch ein tiefes Schwarz, das seine Sinne einhüllte und ihm das Bewusstsein raubte, kam ihm zuvor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)