Pränataler Campingkocher von kumquat (Every day is writing day) ================================================================================ Kapitel 61: Immer dasselbe -------------------------- Bienen. Flauschig, flink, viel zu viele. Ein ganzer Stock der Leiber, wie sie übereinander krabbelten wie Schneetreiben im Satellitenfernsehen. Bienen im Kopf, Motten im Hals, Fledermäuse knapp unter dem Magen. Und irgendwo versackend das wilde, heftige Pumpen der Pumpe, das Pochen, das seismisch über die Fingerkuppen kurvte. Dass er nervös war, erwähnte sein innerer Monolog zum vierzehnten Mal. Er warf noch einen Blick in den Spiegel; so oft hintereinander hatte er seit Wochen nicht mehr in den Spiegel geschaut. Nicht, dass ihm der Anblick irgendetwas Entscheidendes mitgeteilt hätte. In gutem Willen versuchte er, eine Haarsträhne von links nach rechts zu befördern, und scheiterte am Widerspenst der welligen Borsten. Er ließ es bleiben. Mit einem gereizten Atemzug wandte er sich ab und erwog, das Hemd zu wechseln. Lieber ein T-Shirt anzuziehen, ein Hemd war doch dafür viel zu formell. Sollte er überhaupt über sowas nachdenken? Gedanklich wühlte er sich bereits durch seinen Kleiderschrank, auf der Suche nach einem T-Shirt, auf das weder ein scheißnerdiger Spruch, noch ein scheißnerdiges Motiv gedruckt war - und das war nicht mal sein größtes Problem, was sollte er sagen?! - als er abwesend einen Blick auf die Taskleiste warf. Laut der Atomuhr am anderen Ende der Welt war es höchste Zeit, aufzubrechen. Und diesmal machst du mir das nicht kaputt. Diesmal nicht. In Zeitlupe drückte er die Türklinke herunter, bis es leise knackte, und schob die Tür mit der Schulter auf. Tat einen Schritt auf den Flur, die Luft angehalten. Aus dem Nebenzimmer rieselte vage genießbarer Trance, unter der Tür hindurch, durch alle Spalten und Ritzen. Du kannst mich nicht hören, du kannst mich nicht hören, er tat Schritt um Schritt, Hand auf dem Portemonnaie in seiner Hosentasche, Schritt um Schritt um Schritt- "Damian! Was sehen meine entzündeten Augen - so rausgeputzt? Wohin geht's?" "Draußen", platzte Damian heraus, bevor er auch nur eine Sekunde gehabt hätte, sich etwas Besseres auszudenken oder zumindest eine vorformulierte Ausrede abzurufen. "Ein beachtlicher Fortschritt." Sven nickte distinguiert und legte Damian eine Hand auf die Schulter. "Ich bin stolz auf dich. Doch du musst wissen - ein großes Feld lauert in diesem Draußen, den Unwissenden zu verschlucken! Welchen Ort willst du aufsuchen?" "Uhh", denkdenkdenkdenkdenk, "in... die... Bücherei", trotz der Hand auf der Schulter schlufte Damian langsam den Flur hoch, "weil ich bald 'nen Master mache und, na ja, Vorarbeit kann nich' schaden..?" Oh Gott, das war- Sven schlug ihm sachte auf die Schulter, und er fuhr zusammen. "Jetzt bleib mal ganz ruhig", säuselte er halb, halb murmelte er es nur, "und zeig Onkel Sven auf der Puppe, wo der böse Mann dich angefasst hat..." "Mann, Sven, halt die Klappe! Ich gehe jetzt. Könnte später werden." Das wirst du nicht das wirst du nicht das wirst du nicht-- "Oho? Wem hast du diese Eier aus Stahl geklaut, deine sind das bestimmt nicht." Das wirst du nicht das wirst du nicht das-- "Ohhh - warte. Warte, komm, Damian, ich mach doch nur Witze, warte, ich muss dir noch-- warte, warte doch einen Augenblick. Es tut mir Leid. Warte kurz, ja?" Gehorsam blieb Damian stehen, trotz allem, mit vage geballten Fäusten. Sven verschwand kurz in seinem Zimmer, nur um wenige Sekunden später wieder aufzutauchen und Damians Hand kollegial zu ergreifen. "It's dangerous to go alone", hauchte er besorgt und entwirrte die halbgare Faust mit seinen Fingern, "here", er presste es auf Damians Handfläche, "take this." Damian starrte schweigend hinunter auf das verpackte Kondom in seiner Hand. Dann verließ er die Wohnung, nachdem er es Sven an den Kopf geschleudert hatte, und dachte nur in stiller Klarheit: Du hast es doch getan. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)