Der ewige Göttername von Flordelis ================================================================================ Prolog: Blut ------------ So viele Hoffnungen der Menschheit sind wie Lichtfunken in der Nacht: Sie erleuchten nichts als sich selbst. Und dennoch hat die Existenz des Lichts an sich, etwas unendlich Beruhigendes. (Friedrich Hebbel) Blitze zuckten und erhellten für die Bruchteile von Sekunden das Kampffeld. Die beiden Männer standen sich ruhig gegenüber und warteten darauf, dass der jeweils andere den ersten Zug vollführte und sich damit angreifbar machte. Abgesehen von dem fernen Grollen des Donners war nichts zu hören. In dieser Welt schien es nur sie beide und das Wetter zu geben. Beide Männer trugen Schwerter. Der Silberhaarige trug ein Katana mit sich, der Braunhaarige führte sogar gleich zwei Klingen, eine rote Flüssigkeit tropfte daran herunter und verlor sich in der unendlich erscheinenden Dunkelheit, die sich unter dem Gitter, auf dem die Männer standen, befand. Die stahlblauen Augen des Silberhaarigen schienen zu leuchten, als er seine Stimme hob, um die Stille zu durchbrechen: „Du hast sie alle getötet... Jiruol?“ Jiruol neigte den Kopf. „Sie standen mir im Weg, genau wie du. Also geh zur Seite, Rutsuruji!“ Der Silberhaarige hob das Katana mit nur einer Hand. Es konnte keine normale Klinge sein, wenn sie sich so leicht führen ließ – oder ihr Träger war kein Mensch. Sein Gegenüber lachte abfällig und hob seine eigenen Schwerter. „Malst du dir etwa Chancen aus?“ Es erfolgte keine Antwort. „Komm schon!“, stichelte Jiruol. „Fang an!“ Rutsuruji preschte vor. Seine Klinge prallte auf eine von Jiruols. Reflexartig wich der Katanakämpfer zurück und entging somit knapp der zweiten Klinge, die ihn aufspießen wollte. „Zappel doch nicht so!“, rief Jiruol lachend. „Du entkommst mir ohnehin nicht!“ Immer wieder stieß er mit einer der beiden Klingen nach vorne und gönnte seinem ausweichenden Gegenüber damit keine Verschnaufpause. Erst als er Rutsuruji an den Rand des Gitters gedrängt hatte, stellte er die Angriffe wieder ein. „Wir wissen beide, wie es ausgehen wird“, sagte Jiruol kalt lächelnd. „Willst du nicht lieber gleich aufgeben?“ „Niemals!“ Das Katana verschwand aus der Hand des Silberhaarigen. Mit bloßen Händen stürzte er sich auf Jiruol, der so perplex von dieser Handlung war, dass er sich nicht rührte, bis er zu Boden gerissen wurde. Rutsuruji verschwendete keine Zeit und blieb auch nicht auf Jiruol sitzen. Mittels einer Rolle begab er sich wieder auf das Gitter, so dass Jiruol nun mit dem Rücken zum Abgrund stehen musste. Mit einem leisen Lachen richtete der Braunhaarige sich auf. „Kompliment, damit habe ich nicht gerechnet. Aber du hast dir lediglich ein wenig mehr Zeit verschafft.“ Rutsuruji grinste, seine blauen Augen schienen wieder von innen heraus zu leuchten. „Das glaube ich nicht.“ Erneut preschte er vor. Da der Silberhaarige unbewaffnet war, ließ Jiruol seinen Oberkörper ungeschützt, um die Schwerter zu heben und seinen Angreifer damit endgültig zu töten. Er sah noch ein seltsames Blitzen, bevor er den Schmerz in seiner Brust spürte. Ungläubig sah er hinunter. Rutsuruji hielt sein Katana in der Hand – und die Klinge steckte tief in Jiruols Oberkörper. „Narr!“, polterte der Getroffene. „Wenn ich sterbe, nehme ich dich mit!“ Rutsuruji schloss lächelnd die Augen, während Jiruol eines seiner Schwerter hob. „So bekommt in diesem Leben keiner von uns das, was wir uns gewünscht haben.“ Der Braunhaarige antwortete nicht. Er ließ seine Klinge herunterfahren. Mühelos ging sie durch die Kleidung, das Fleisch und die Knochen. Den Aufprall auf dem Boden spürte Rutsuruji bereits nicht mehr. Im selben Moment verschwand auch sein Katana wieder. Blut strömte ungehindert aus Jiruols Wunde. Er fluchte und taumelte rückwärts. „Von jemandem wie dir besiegt zu werden...! Lächerlich...“ Er konnte spüren, wie er ins Leere trat. Krampfhaft hielt er sich an seinen Schwertern fest, als ob die ihm helfen könnten. Kopfüber stürzte er in die Dunkelheit. Er schloss die Augen. In meinem nächsten Leben... Seine Schwerter verschwanden – und er hörte auf zu existieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)