Eine kleine Schulmusik von Kassia (Prideshipping (KaibaxYami; YamixKaiba)) ================================================================================ Prolog: Die Wurzel allen Übels ------------------------------ Ich will mich hier nicht mit einem ewig langen Vorwort herumquälen, deshalb nur zwei Dinge: 1) Willkommen zu meiner neuen FF und 2) Das Genre...tja, das Genre. Ich muss zugeben, der Humor kommt und geht; soll heißen, es gibt auch ernstere Momente. Dennoch erschien mir diese Genrezuteilung noch am passendsten. Tja, das wars auch schon ^^ ----------------------------------- Prolog – Die Wurzel allen Übels Es war kurz vor der Dämmerung und während sich die Angestellten der Kaiba Corporation auf den bevorstehenden Feierabend freuten, war von ihrem Präsidenten Seto Kaiba weit und breit nichts in dem prachtvollen Firmengebäude zu sehen. Nur ein paar erlesene Eingeweihte, unter ihnen Kaibas Assistent Isono, wussten, womit sich ihr Chef gerade die Zeit vertrieb. Und weil Isono ebenso wusste, wer bei Seto-samas Zeitvertreib dabei war und wie sehr sein Boss es hasste zu verlieren, wurde seine Stirn gerade von tiefen Falten durchzogen. Denn Kaiba war gemeinhin das, was man als 'miserablen Verlierer' bezeichnete; bei den meisten seiner Gegner nur ein minimales Problem, da er sie ohnehin alle besiegte, aber wie so oft im Leben gab es auch hier eine Ausnahme und die von Seto-sama kam in Form eine gewissen Yami Mutou, der Kaiba bereits manch eine Niederlage beschert hatte. Was wiederum hieß, dass sich Isono, auserkoren als Fahrdienst und Mädchen für alles, später noch mit einem mies gelaunten, da besiegten Kaiba herumärgern durfte sowie dem jungen Mann, der dafür verantwortlich war. Da es bis dahin jedoch noch ein Weilchen dauerte, streckte sich Isono gemütlich in seinem Ledersessel und trank, sozusagen zur vorsorglichen Nervenberuhigung, eine schöne Tasse voll mit dampfenden Tee. Seto Kaiba indes ahnte nichts von alledem, wartete stattdessen ungeduldig, dass sein Rivale endlich seinen Zug beendete und überlegte sich zwischenzeitlich diverse Möglichkeiten, das Duel noch zu seinen Gunsten zu drehen. Seine größte Chance hierbei hatte 3000 Angriffspunkte, 2500 Verteidigungspunkte und befand sich bereits auf dem Feld, wo sie, wenngleich nur ein Hologramm, geradezu unruhig die Zähne fletschte und mit ihrem schuppigen Schwanz die Luft peitschte. Kaiba konnte die Unruhe seines Drachen durchaus nachfühlen. „Du bist dran, Yami“, erinnerte er und nickte überheblich in Richtung seines Blue Eyes White Dragon, der wie auf Kommando zustimmend brüllte und herausfordernd seine riesigen Flügel flappte. „Natürlich nur, sofern du dich traust.“ Yamis Antwort bestand aus einem zuversichtlichen Lachen. „Daran soll es nicht scheitern, vor allem, wo ich bisher noch gar keine Zeit hatte, deine charmante Gegenwart richtig zu genießen.“ Er warf Kaiba einen fast schon anzüglichen Blick zu, den dieser jedoch entweder gar nicht erst bemerkte oder gekonnt ignorierte; beides Optionen, die Yami nicht sonderlich zusagten. Ah, aber er wusste schon, womit er die Aufmerksamkeit seines Rivalen auf sich ziehen konnte. Flugs zog er eine Karte und kräuselte enttäuscht seine Nase. Er hatte Watapon erwischt;, den plüschigen Wattebausch mit einer Angriffsstärke von 200 und seinen ebenso exquisiten 300 Verteidigungspunkten. Sozusagen Kuribohs Pendant in Quietschrosa. Kaiba konnte er damit jedenfalls nicht beeindrucken. Ein theatralischer Seufzer entwich Yamis Kehle. „Na schön, dann eben anders", und nach einer kurzen Überprüfung der Karten in seiner Hand, fügte er noch hinzu: "Ich spiele eine Karte verdeckt und setze Gazelle in den Verteidigungsmodus. Zug Ende.“ „Wurde auch Zeit“, brummte Kaiba und betrachtete stirnrunzelnd Yamis verdeckte Karte. Wenn es eine Falle war, könnte er bei einem Angriff seinen Drachen verlieren, was im weiteren Verlauf des Spiels gefährlich wäre, da Kaiba bereits auf 600 Lebenspunkte runter war, während Yami noch 1000 übrig hatte. Und er hatte nicht vor, sich schon wieder von Yami vorführen zu lassen. Seine letzte Niederlage in Battle-City gegen den ehemaligen 'Ich sollte eigentlich tot sein, habe mich aber dann entschieden, doch noch ein paar Jährchen auf Erden zu verweilen aus Gründen, die ich dir nicht verrate. Ätsch'-Pharao saß Seto immer noch tief in den Knochen. Zu verlieren war an sich bereits schlimm genug; bei seinem eigenen Turnier jedoch raus geworfen zu werden, war zutiefst demütigend gewesen. „Angreifen oder lieber auf Nummer Sicher spielen? Er blufft bestimmt nur, also wäre es das Klügste...“ Ein lauter Knall, gefolgt von einem markerschütternden Schrei und dann beängstigender Stille, schreckte sowohl Yami als auch Kaiba hoch und nahm letzterem die Entscheidung schließlich ab. Yami schaute verwirrt um sich. „Was war das? Kannst du irgendwas sehen?“ Er deaktivierte seine Dueldisk (was Kaiba im Geheimen als Aufgeben seitens Yami und Sieg für ihn interpretierte. Ha! Nimm das Pharao!) und machte sich auf die Suche nach der Ursache des Geräusches. Kaiba schüttelte genervt mit dem Kopf. „Ist doch egal, was es war. Wahrscheinlich ist irgendwo eine Kiste heruntergefallen und hat jemanden unter sich begraben. Oder eine Schlägerei unter rivalisierenden Gangmitgliedern. Dieses alte Fabrikgelände bietet sich doch hervorragend dafür an. So oder so: Ist jedenfalls nicht mein Problem.“ Yami warf ihm einen patentierten 'Das ist nicht komisch-Blick-' zu und steuerte zielstrebig auf einen hinter ihm liegenden Gebäudekomplex zu, von wo der Krach hergekommen zu sein schien. „Exakt. Dieser ganze Bereich ist nicht mehr in Betrieb und sollte dementsprechend verlassen sein. Trotzdem war das gerade ganz klar ein Schrei“, informierte er Kaiba scharf, der nonchalant mit den Schultern zuckte. „Wir sind auch hier“, gab Seto mürrisch zurück, folgte aber Yami nichtsdestoweniger anstandslos. Fehlte ihm gerade noch, dass der kleine Punk in irgendwelche Schwierigkeiten hineingezogen wurde. Nicht, dass es Kaiba sonderlich kümmern würde, ob der Ex-Pharao als Punchingbag für diverse Spinner herhalten musste, aber Mokuba mochte Yami und allein dafür musste Yami unverletzt und heil bleiben. Oder zumindest am Leben. Genau, alles für Mokuba. Vorsichtshalber beschleunigte Kaiba seine Schritte, bis er fast mit dem unerwartet stehen gebliebenen Yami zusammen stieß. „Was ist? Hast du einen Geist gesehen?“, fragte er spöttisch und sah an Yami vorbei und zu dem Punkt, der die Aufmerksamkeit des Anderen so fesselte. Für eine gute Minute sagte keiner einen Ton, bis Yami sich schließlich fing und langsam auf den am Boden liegenden Mann zuging, der sich nicht rührte und den Eindruck einer achtlos weggeworfenen, skurril lebensechten Puppe machte, wenn es nicht für die Schusswunde in seiner Brust und die Blutlache um seinem Körper herum gewesen wäre. Mit dem schicken Anzug und dem gepflegten Äußeren schien der Unbekannte praktisch dem nächsten Werbeplakat entsprungen zu sein. Ein „Scheiße“ war alles, was Kaiba dazu einfiel und Yami nickte, kniete sich nieder und wollte gerade den Puls des Mannes fühlen, als Kaiba ihn zurückzog. „Fass ihn lieber nicht an. Wenn die Polizei deine Fingerabdrücke an ihm findet, könnte das zu unangenehmen Fragen führen. Nicht, dass nachher du, oder schlimmer noch, ich, polizeikundig werden und am Ende gar in der Presse landen. Mord ist nicht gerade die beste Reklame für die Kaiba Corp.” „Kaiba!“, entrüstete sich Yami verärgert und kramte, Yuugi sei Dank dafür, ein Handy aus seiner Jackentasche. „Deine Firma hin oder her, aber dieser Mann hier braucht Hilfe. Sofort.“ Und etwas leiser, mehr zu sich selbst, fügte er noch besorgt hinzu: „Wenn es nicht bereits zu spät ist.“ Seto konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen. „Es ist zu spät. Alles, was der noch braucht, ist ein Leichenwagen. Ruf denn doch an, wenn du schon so dringend telefonieren willst.“ Oh, Yamis Blick, denn dieser nun Seto entgegen schleuderte, hätte Eisen geschmolzen, so hitzig war er. Okay, Yami respektierte Kaiba, achtete ihn als ebenbürtigen Gegner und als Freund (auch wenn Seto das nicht wirklich zu schätzen wusste. Noch nicht, zumindest) und hätte auch gegen eine, nun, tiefer gehende Beziehung nichts einzuwenden gehabt, aber es gab Tage, an denen er Seto Kaiba, attraktiven sowie intelligenten Multimillionär mit eigener Firma, schlechten Manieren und sehr eigenem Charakter, einfach nur den Hals umdrehen konnte. Und dieser Tag zählte eindeutig dazu. Statt sich jedoch weiter mit Kaiba zu streiten, gab er schnell die Nummer vom Notruf ein und wartete auf eine Verbindung, die nicht kam. Irritiert starrte er auf das Handydisplay. „Kein Empfang“, informierte er und machte sie daran, den schmalen Gang zwischen den Lagerhallen, in dem sie sich gerade befanden, eiligst zu verlassen. „Die Gebäude sind im Weg. Am Besten gehe ich...“ „Du wirst nirgendwohin gehen. Zumindest nicht an einem Stück“, unterbrach ihn eine barsche Stimme und als Yami aufsah, wurde er prompt mit einer vorgehaltenen Pistole in seinem Gesicht begrüßt. Wie aus dem Nichts war ein zweiter Mann aufgetaucht, diesmal jedoch von der sehr lebendigen und, leider, leider, hoch kriminellen Sorte. Zumindest schrie das Erscheinungsbild des drahtigen Kerls mit der Waffe regelrecht 'Yakuza'. Wie der Tote so trug auch er einen Anzug, doch aufgrund des offenen Kragens und lockeren Schnitts an den Ärmeln konnte Yami gut die mit bunten Tattoos verzierte Haut darunter erkennen. Dazu kam noch eine tiefe Narbe, die sich quer über die linke Wange zog sowie ein strenger, kurzer Schnitt von tiefschwarzen Haaren. Oh, und nicht zu vergessen die bereits erwähnte Waffe und die Leiche. Mr. Yakuza inspizierte mittlerweile den Gang hinter Yami und presste, als er diesen leer vor fand, die Pistolenmündung dicht an Yamis Schläfe. Yamis Atem beschleunigte sich und sein Magen verzog sich vor Nervosität, doch ansonsten gab es kein äußerliches Anzeichen, dass er von der Lage der Dinge in irgendeiner Hinsicht sonderlich betroffen gewesen wäre. In Panik zu verfallen würde weder ihm noch Kaiba helfen. Apropos Kaiba. Wo steckte der eigentlich? Aus den Augenwinkeln suchte Yami bemüht unauffällig nach seinem Rivalen. „Ist wer bei dir?“, knurrte ihm der Mann drohend ins Ohr und Yami verneinte fest und, wie er hoffte, überzeugend. „Ich bin alleine. Wollte mich nur ein wenig umsehen…die Lagerhallen nach Brauchbarem untersuchen.“ Er zeigte auf den Toten. „Gefunden habe ich jedoch nur den da.“ Der Mann zeigte ein hässliches Grinsen. „Zu dumm für dich. Mein Kamerad dort, besser gesagt ehemaliger Kamerad, hat sich in Sachen eingemischt, die ihn nichts angingen. Machte gemeinsame Sache mit den Bullenschweinen, der kleine Verräter.“ Sein Abzugsfinger zuckend vor Vorfreude, wurde seine Miene noch bösartiger. „Du scheinst dem gleichen, falschen Pfad zu folgen. Das Einmischen, meine ich. Da ist es doch nur passend, dass dich auch das gleiche Ende trifft.“ „E-einen Moment. Ich...“ Yami trat der Schweiß auf die Stirn. Die Hinhaltetaktik funktionierte hier nicht; Herausforderungen zu irgendwelchen Spielen sicherlich auch nicht. Wenn ihm nicht rasch etwas einfiel, würde er erschossen werden! Er hatte doch nur eine Runde Duelmonsters spielen, hatte Zeit mit Kaiba verbringen wollen... „Wenn ich doch bloß noch mein Puzzle hätte. Irgendeine Waffe...Verdammt, wo ist Kaiba?!“ „Duck dich, Yami!“ Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, reagierte Yami sofort. Etwas Schweres traf den Yakuza im Rücken und ließ ihn herumwirbeln. Blindlinks feuernd wollte er den neuen Störenfried ausschalten und Yami nutzte seine Chance und griff nach dem Wurfobjekt, einen Ziegelstein und schlug ihn dem Mann gegen den Hinterkopf. Blöderweise nicht stark genug. Der Getroffene schrie, kippte jedoch nicht um, sondern richtete seine Pistole erneut auf Yami, doch da packte bereits Kaiba seinen Arm und verdrehte ihn nach hinten, quetschte seine Finger und versuchte fluchend, ihm die Waffe zu entreißen. Yami wollte helfen, doch der Mann trat nach ihm und er musste ausweichen. Kaiba warf einen ebenso gehetzten wie besorgten Blick zu Yami. In Pegasus Turnier war es ihm schon einmal gelungen, einen Mann zu entwaffnen, aber da waren die Umstände andere gewesen. Vor allem hatte er dort nicht Yami mit beschützen müssen! Der für seinen Teil näherte sich ihnen von neuem, achtsamer diesmal und bekam ebenfalls den Arm des Yakuza zu fassen. Im entstehenden Handgemenge löste sich mit einem mal ein Schuss und Kaiba hoffte inständig, dass das folgende bluterstickte Gurgeln nicht Yami gehörte, als der Yakuza plötzlich die Waffe fallen ließ und leblos zusammensackte. Yami eilte sofort an Setos Seite. „Bist du unverletzt?“, fragte er mit hörbar bebender Stimme und beäugte Kaiba von oben bis unten. Kaiba nickte kurz. „Ah“, brummte er und versuchte die seltsame Wärme, die in ihm aufgrund Yamis unverhohlener Sorge aufstieg, in den hintersten Winkeln seines Bewusstseins zu verdrängen. „Als ob das was Besonderes wäre. Yami macht sich schließlich um Alles und Jeden Sorgen“, maßregelte er sich im Stillen selbst und fühlte bei dem Gedanken merkwürdigerweise einen Stich im Herzen. Nicht, dass er das jemals laut zugeben würde. Mehr, um sich von seinen unpassenden wie unerwünschten Überlegungen abzulenken denn aus scharfsinniger Vorsorge hob er die Pistole auf und wischte mit seinem Ärmel mögliche Fingerabdrücke von ihm oder Yami ab. Letzterer schaute unschlüssig zwischen den beiden Yakuza hin und her. „Sollten wir die Polizei informieren?“, wollte er wissen und schien dabei eher lieber früher als später einfach nur noch abhauen zu wollen. Etwas, was Kaiba ihm problemlos nachfühlen konnte. „Mir reicht es für heute. Ich verschwinde jetzt und wenn du nur ein Fünkchen gesunden Menschenverstand hast, dann solltest du es mir gleichtun“, erwiderte Kaiba grimmig und schmiss achtlos die Pistole in einen Haufen herumstehender alter Kartons und stinkender Müllsäcke. „Nachher tauchen noch weitere von den Typen hier auf und ehrlich gesagt kann ich gut und gerne darauf verzichten. Ich weiß, du hast diesen Heldentick und kämpfst gerne den Kampf der Gerechten und Idioten, aber zumindest diesmal--“ „Kaiba“, stoppte ihn Yami ernst und wenn es nicht für das abrupt aschfahle Gesicht des ehemaligen Monarchen gewesen wäre, hätte Seto ihn ignoriert und weiter beleidigt. So aber kam nur ein äußerst misstrauisches „Was?“ aus seinem Mund. Eigentlich wollte er es gar nicht so genau wissen. Konnte eh nichts Gutes sein. Und er behielt Recht. „Unerwünschte Gesellschaft im Anflug“, erklärte Yami überflüssigerweise und versuchte abzuschätzen, ob der noch ein gutes Stück entfernte, aber unzweifelhaft Näherkommende sie bereits entdeckt hatte. Unvermittelt griff der Neuankömmling in seine Jacke und verfiel in einen flotten Sprint. „Wie war das nochmal mit dem Verschwinden, Kaiba? Kaiba!“ Seto versuchte bereits die Waffe aus den Untiefen der hier heimischen Abfallhaufen herauszufischen, doch die erschreckende Geschwindigkeit, mit der sich der Mann näherte, verbot jede weitere Verzögerung. „Keine Zeit“, zischte Yami und zog Kaiba kräftig am Ärmel, der zwar einen gleichermaßen erbosten wie überraschten Protest von sich gab, sich aber ordnungsgemäß in Bewegung setzte. Kaiba warf einen raschen Blick über seine Schulter. Es dunkelte mittlerweile und somit war es gut möglich, dass der Mann ihre Gesichter noch nicht gesehen hatte. Besser, wenn das auch so blieb. „Folge mir“, befahl er Yami barsch und führte ihn sicher durch das verzweigte Labyrinth aus leer stehenden, halb verfallenden Gebäuden und Schutt des Industriegeländes, das er bei seinem Anschleichen an den ersten Yakuza bereits hatte kennen lernen dürfen. „Wissen, auf das ich auch hätte verzichten können“, murmelte er sauer und rannte noch schneller, so dass Yami schon ganz außer Atem kam in dem Versuch, ihm zu folgen. Kaiba grinste verhalten. Es war eigentlich nicht lustig, aber Yami, wie er da schnaufte und ächzte, besänftigte ihn wenigstens ein bisschen. Nicht viel, aber immerhin. Trotzdem war dieser ganze Tag insgesamt einfach nur beschissen. Und wessen Schuld war das? Yamis natürlich, denn der hatte schließlich unbedingt nachsehen müssen. Kaiba wusste schon, warum er sonst Yami, Yuugi und dem Rest der Bande bevorzugt aus dem Weg ging. Und er nahm sich fest vor, sich zukünftig auch daran zu halten. ------------------------------ AN: Info Yakuza: Die japanische Mafia. Mitglieder der Yakuza wurden in früheren Zeiten, wenn sie erwischt wurden, mit Tattoos gebrandmarkt, damit man sie gleich erkennen konnte. Diesen „Brauch“ haben die Yakuza übernommen, und zwar sowohl die Männer, als auch die Frauen. Die bunten, meist über den ganzen Körper verteilten Tattoos sind somit in der allgemeinen Bevölkerung Japans nach wie vor ein Zeichen der Yakuza und verpönt, auch wenn Japan in den letzten Jahren in dieser Hinsicht toleranter geworden ist. Trotzdem gibt es vor allem bei öffentlichen Bädern und Saunas oftmals immer noch Schilder, die stark tätowierten Menschen den Zutritt verbieten. Info: ~sama: Japanisches Suffix, das z.B. an Namen angehängt wird (Isono nennt Kaiba in der japanischen Version Seto-sama); drückt normalerweise Respekt/Höflichkeit aus Kapitel 1: Ein genial ungenialer Fluchtplan ------------------------------------------- Ein Dankeschön für die Kommentare :) Ach ja, habe ich im Prolog vergessen: Yu-gi-oh ist Eigentum von Kazuki Takahashi, Konami und wer sich sonst noch alles die Rechte daran gesichert hat. Ich gehöre jedenfalls nicht dazu. -------------------------- Kapitel 1 – Ein genial ungenialer Fluchtplan Mit einem Grunzen kommentierte der Mann mit dem klangvollen Namen Jiro die Sauerei zu seinen Füßen. Wieso war gerade er, seines Zeichen ehrbares Mitglied der Kin-Yakuza-Bande, zu dieser schmachvollen Aufräumarbeit degradiert worden? „Weil Taku ein trauriger Versager ist, darum“, beantwortete er sich seine Frage und aalte sich noch ein wenig länger in seinem Selbstmitleid, bevor er sich endlich den toten Taku auf den Rücken hievte und im Schutz der Nacht zu seinem in der Nähe geparkten Auto schleppte. Mit einem gebrummten „Verdammt, mit dir hat man aber auch nichts als Ärger“ verstaute er die Leiche im Kofferraum (er wollte sich schließlich nicht seine Sitzpolster ruinieren), wo sie mit einem Plumps auf dem dort bereits drapierten Körper des Verräters Yoshimitsu landete. „Verräter und Versager. Ihr zwei seid ein echtes Traumpaar“, höhnte Jiro spöttisch und mit einem gehörigen Anflug von Ärger. Es war so ein leichter Job gewesen. Findet den Maulwurf, der Informationen an die Polizei weiterleitet und eliminiert ihn. Sie hatten dafür nicht lange gebraucht und schon bald hatte Taku Yoshimitsu hier auf dem alten Industriegelände stellen können. Wäre der Trottel dabei nur ein weniger umsichtiger gewesen, hätte ihm Jiro dafür sogar eine gewisse Anerkennung gezollt. Aber was hatte Taku stattdessen gemacht? Hatte Yoshimitsu erschossen ohne wenigstens einen Schalldämpfer benutzt zu haben; hatte den Leichnam sogar hier lassen wollen, bevor ihm Jiro lautstark die Meinung gegeigt und zurück geschickt hatte. Man ließ keine Toten öffentlich herumliegen und vor allem sicherte man vor einem Mord die Umgebung. Das war das oberste Gesetz des Kin-Clans. Es könnte immerhin Zeugen geben. Wie die zwei jungen Burschen, die Jiro vergeblich über das Gelände verfolgt hatte, bis sie ihm schließlich entkommen waren. Nun durfte er zusehen, wie er sie wiederfand und ausschaltete. Noch so ein Gesetz des Kin-Clans. Kurzzeitig war die Idee Verstärkung zu rufen durch Jiros Kopf gegeistert, doch den Gedanken hatte er schnell verworfen. Sein Boss schätzte keinerlei Ausrutscher und ging in einem solchen Fall ohnehin immer nach dem gleichen Prinzip vor: Wer's verbockt hat, muss es auch alleine ausbaden. Und Jiro hatte es verbockt. Es waren ihm nicht nur zwei Augenzeugen erwischt, nein, schlimmer noch, er hatte nicht einmal ein klares Bild der Beiden erhaschen können. Außer, dass beide männlich und recht jung waren, war ihm als hervorstechendes Merkmal nur die äußerst fragwürdige Frisur des Kleineren aufgefallen. Nicht gerade sehr erfolgversprechend. „Andererseits laufen bestimmt nicht allzu viele mit einem solchen Style herum. Oder ist das ein neuer Trend, der bisher an mir vorbeigegangen ist? In dem Fall könnte es schwierig werden.“ Jiro kratzte sich an der Backe. Nein, das war lächerlich. Sicher, wie Tokio so beherbergte auch Domino eine Vielzahl schräger Modestile, aber bestimmt würden nicht viele Jugendliche freiwillig einen derart ausgefallenen Haarschopf ihr eigen nennen. Und was war mit dem anderen Jungen? Ziemlich groß für einen Japaner war er gewesen und zudem recht dünn. Kam ihm auch seltsam bekannt vor, wie wohl Jiro auf Teufel komm raus nicht einfallen wollte, wo er ihn schon mal gesehen hatte. Er konnte nicht einmal sicher sein, dass sie in Domino lebten! Aber irgendwo musste er seine Suche schließlich beginnen. Mit einem leidigen Stöhnen setzte sich Jiro in seinen Wagen und brauste los Richtung Innenstadt. Je schneller er die beiden fand, desto besser, denn wenn sein Boss am Ende noch Wind von der Sache bekam...nun, Jiro wusste nicht, was genau man mit ihm anstellen würde, aber die Erfahrung sagte ihm, dass es tödlich enden würde. ------------------ Kaiba war nicht nur wütend, nein, er war kurz vorm Explodieren. „Was soll das heißen ich kann nicht nach Hause gehen?! Falls du es noch nicht mitbekommen hast, wir wurden gerade von einem Hochkriminellen mit einer Waffe durch die Gegend gejagt und sind ihm nur knapp entwischt! Ich warte bestimmt nicht, bis er uns wieder über den Weg läuft und abknallt!“ „Das sage ich ja auch gar nicht“, versuchte Yami ihn zum fünften Mal in den letzten zwei Minuten geduldig zu erklären und legte beruhigend eine Hand auf Kaibas Arm, die dieser aber nur ungehalten zur Seite schlug. „Wir können allerdings nicht sicher sein, dass er uns nicht erkannt hat und auf uns lauert. Nichts würde sich dafür besser anbieten als der Spieleladen, deine Firma oder Villa. Und was dann? Wir würden nicht nur uns in Gefahr bringen, sondern auch unsere Familien und Freunde.“ „Was interessieren mich Yuugi und der Rest der Idiotentruppe!? Ich kann hingehen, wo immer ich hin will und weder du noch die Yakuza können mich daran hindern, also geh mir endlich aus dem Weg oder ich--“ „Oder was?“, unterbrach ihn Yami schneidend. „Schlägst du mich zusammen? Das möchte ich sehen.“ Zweifelnd betrachtete er Kaibas zusammengeballte Hände und angespannte Gestalt. Es wäre vermutlich das Klügste, Seto nicht noch zusätzlich zu reizen, aber dessen blinde Sturheit zerrte grausam an seinen Nerven. Innerlich zählte er bis Zehn. Kaiba war in dieser Situation vollkommen nutzlos, also musste wenigstens er einen klaren Kopf behalten und einen Ausweg aus ihrer Misere finden. „Wir können es nicht mit einer ganzen Yakuza-Bande aufnehmen. Einzig die Polizei kann uns jetzt noch helfen. Wieso geht das nicht in deinen Dickschädel?“ Unerwartet setzte Kaiba ein zuckersüßes Lächeln auf, das Yami die Haare zu Berge stehen ließ. „Ach, Mr. Ich-habe-die Weisheit-mit-Löffeln-gefressen. Meinst du denn nicht, dass ein Polizeirevier noch so ein Platz ist, an dem sie glauben uns erwischen zu können? Immerhin müssen sie doch davon ausgehen, dass wir früher oder später dort Hilfe suchen werden, hmmm? Und trotzdem willst du unbedingt da hin?“ Yami verzog das Gesicht. „Wir brauchen ja nicht zwangsläufig persönlich dort vorbei. Wir könnten doch anru...“ „Die Polizei gewährt keinen fremden Stimmen am Telefon Personenschutz, Yami“, warf Kaiba garstig ein, während er misstrauisch eine Gruppe Mädchen beobachtete, die laut schnatternd an ihnen vorbei lief. Der Busbahnhof war wahrlich nicht der beste Ort, um solch delikate Dinge zu besprechen, aber andererseits boten die vielen Menschen nicht nur eine gute Deckung vor unerwünschten Blicken, sondern verhinderten auch eine klare Schussbahn. Zumindest war es das, was sie hofften. Beiläufig nahm Kaiba wahr, wie Yami den Mund aufmachte und um jeglichen Einwurf bereits im Keim zu ersticken, fügte Kaiba noch schnell hinzu: „Im Übrigen wissen wir auch nicht, ob die Yakuza womöglich eigene Männer in den Reihen der Polizei hat oder die Leitungen überwacht. Das Risiko ist viel zu hoch.“ Yami, der neben ihm auf der Bank saß, stieß einen enttäuschten Laut aus und rückte noch ein Stückchen näher, so dass sich seine und Kaibas Schulter berührten. Seto war das Ganze leicht unangenehm, aber da er nicht als Feigling dastehen wollte (nicht das Yami am Ende noch dachte, er hätte Angst vor ihm!) unterdrückte er den automatischen Impuls wieder mehr Abstand zwischen sich und Yami zu bringen. „Und was sollen wir dann machen?“, brachte Yami sichtlich entnervt die Sache schließlich auf den Punkt, nachdem sie sich eine gute Weile nur eisig angeschwiegen hatten. In einer uncharakteristisch hilflosen Geste, strich sich Kaiba mit einer Hand durch seine Haare. „Ich weiß es nicht“, gab er leise zu und rubbelte nervös an seinem Ärmel. Yami sah ihm überrascht zu. Dass Kaiba keine Idee hatte, verwunderte ihn kaum; dass er es freimütig zugab hingegen schon. Der einzige Lichtpunkt war, dass Kaibas persönlicher Assistent Isono sie für ihr Duell zu dem Industriegelände gefahren und von dort später auf Abruf wieder hatte abholen wollen, so dass sie sich zumindest keine Sorgen machen mussten, dass die Gangster sie anhand von Kaibas Nummernschild hätten identifizieren können. Alles andere hingegen war so schief gelaufen, wie es schiefer kaum mehr konnte. Sie hatten keinen Plan, kein Versteck, eine Yakuza-Bande auf ihren Fersen und konnten überdies nicht einmal die Polizei alarmieren. Außerdem hatte er furchtbare Angst um Yuugi und er wusste, dass es Kaiba mit Mokuba genauso erging. Dessen erster Gedanke, kaum, dass sie den Yakuza abgeschüttelt hatten, hatte seinem kleinen Bruder gegolten, der nach einem gehetzten Telefonat Kaibas mit Isono unter strenge Bewachung und Hausarrest gestellt wurde, was Mokuba mit lautstarkem Meckern und 'Unfair'-Rufen quittiert hatte. Ihr kleines Yakuza-Problem hatte Seto nämlich vorerst vorsorglich verschwiegen und stattdessen einen hauchdünnen Vorwand von wegen Mokuba 'hätte sein Zimmer nicht aufgeräumt und den letzten Mathetest vermasselt' vorgeschoben. Kein Wunder also, dass Mokuba aufgebracht gewesen war. Yuugi hingegen wollte ohnehin bei Jounouchi übernachten, zumindest war es das, was er am Morgen noch angekündigt hatte, so dass es an der Front eigentlich keine Probleme geben dürfte. Trotzdem konnte Yami nicht anders, als sich zu sorgen. Eine laute Durchsage durchbrach unsanft Yamis aufkommende Depression. „Achtung, Achtung“, dröhnte es aus dem Lautsprecher und über den Platz. „Der Bus Richtung Izanami-Mädcheninternat fährt in 5 Minuten ab. Ich wiederhole: Der Bus Richtung Izanami-Mädcheninternat fährt in 5 Minuten ab. Alle Schülerinnen werden gebeten, sich rechtzeitig einzufinden.“ Ein dickes Grinsen erschien auf Yamis Lippen. Die Idee war bescheuert und Kaiba würde sicher einen Anfall bekommen, aber mal ehrlich: Dort würde man bestimmt nicht nach ihnen suchen. Quasi das perfekte Versteck, wenn auch ein wenig unkonventionell. Kaiba betrachtete ihn argwöhnisch. „Gibt es irgendeinen besonderen Grund für deine unangebrachte Freude oder drehst du bloß durch?“, fragte er skeptisch und Yami zeigte auf den Bus, vor dem sich eine lange Schlange Mädchen versammelt hatte. „Unsere Rettung“, verkündete er stolz und erntete einen verständnislosen Blick dafür. Yami fuhr fort: „Das ist wirklich nicht so dumm, wie es sich vielleicht anhört. Niemand würde uns in einem Mädcheninternat vermuten. Und es wäre ja nicht dauerhaft. Von dort könnten wir uns in Ruhe unsere weiteren Schritte überlegen ohne Angst haben zu müssen, jeden Augenblick hinterrücks umgebracht zu werden.“ Sein Gegenüber war davon kein bisschen überzeugt und schüttelte vehement mit dem Kopf. „Du hast sie wohl nicht mehr alle! Die Idee hätte ich Bonkotsu zugetraut, aber nicht dir. Du kannst doch nicht ernsthaft von mir erwarten--“ „So gerne wie ich mit dir darüber streiten würde, aber der Bus kann jeden Moment losfahren und damit auch unsere einzige Chance uns in Sicherheit zu bringen. Der Yakuza oder seine Kumpanen schleichen hier möglicherweise noch rum und könnten uns jederzeit entdecken.“ „Ich steige dort nicht ein“, beharrte Kaiba hartnäckig und verschränkte stur die Arme vor seiner Brust. Von allen Plätzen ein Mädcheninternat! Nicht mit ihm! Yami sah mit aufkommender Verzweiflung zum Bus. Der Motor war bereits angelassen und die ersten Mädchen am Einsteigen. Sie mussten sich beeilen. Er presste die Lippen zusammen. Das, was er nun sagen würde, ging unzweifelhaft zu weit, war aber auch das einzige Argument, von dem er wusste, dass es Kaiba umstimmen konnte. „Und was ist mit Mokuba?“, fragte er ruhig und wie von ihm erwartet, verengten sich Kaibas Augen sofort. „Lass ihn da raus“, warnte er schneidend und Yami seufzte leise. „Kaiba, denk doch nur mal eine Sekunde nach: Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Yakuza uns nicht richtig erkennen konnte. Er hat bestimmt allenfalls Vermutungen über unsere Identitäten. Und damit das auch so bleibt, sollten wir ihm möglichst lange aus dem Weg gehen. Lass Gras über die Sache wachsen; ihn uns und unser Aussehen vergessen. Wir müssen für eine Weile raus aus Domino. Oder was glaubst du, wie Mokuba sich fühlen wird, wenn sein Bruder sich aus falschem Stolz umbringen lässt? Willst du ihm das wirklich antun?“ „Ich...“ Kaibas Stimme erstarb. Yami hatte Recht. Er musste vor allem an Mokuba denken. Wer würde denn auf den Kleinen aufpassen, wenn nicht er? Beim Bus stand inzwischen nur noch eine einzige Frau, vermutlich die Lehrerin, die gerade mit dem Absatz ihres Schuhs eine Zigarette ausdrückte. Es hieß wahrlich jetzt oder nie. Kaiba traf eine abrupte Entscheidung. „Fein, du hast gewonnen“, zischte er wütend und Yami atmete erleichtert aus, bevor sie beide schnell zum Bus liefen. Sie schafften es gerade so. Der Busfahrer wollte sie zwar zunächst wieder rauswerfen, doch mit ein bisschen gutem Zureden ('Wir wollen dort nur unsere Cousine besuchen. Ehrlich! Spanner? Wir doch nicht!') erklärte er sich schließlich bereit sie mitzunehmen. Yami vermutete dabei stark, dass die von Kaiba gesponserten 12.000 Yen nicht unerheblichen Einfluss auf die Entscheidung des Mannes hatten. Die Lehrerin samt Schülerschaft hingegen beachtete sie gar nicht weiter. Ein paar wenige Mädchen schauten kurz neugierig auf, der Großteil jedoch war derart mit diversen Magazinen, Gesprächen oder einem kleinen Nickerchen beschäftigt, dass sich Seto und Yami problemlos auf die hinterste Sitzbank verkriechen konnten, wo das Licht in dem eh nur spärlich beleuchteten Bus so schlecht war, dass sie praktisch mit der Schwärze dort verschmolzen. Seit einer gefühlten Ewigkeit erlaubte sich Yami ein ehrliches Lächeln. Ihre Probleme waren noch lange nicht aus der Welt, aber zumindest sah ihre Lage nicht mehr ganz so trostlos aus wie vor ein paar Minuten. Und was noch besser war: Er hatte Kaiba an seiner Seite, der nach all den erlittenen Strapazen des aktuellen Tages so fertig war, dass ihn nicht mal mehr Yamis aufmunternder Klapps auf die Schulter mehr stören konnte. Etwas, von dem Yami insgeheim hoffte, dass es keine einmalige Angelegenheit blieb. Sein Verhältnis zu seinem Lieblingsrivalen hatte sich zwar seit er seinen eigenen Körper hatte verbessert, war aber immer noch weit davon entfernt, ideal zu sein. „So dankbar ich Yuugi auch bin, aber meine Existenz im Puzzle war nie ein richtiges Leben; mehr ein halbfertiges Dasein, dessen Zweck es war Aibou und die anderen zu beschützen. Bis auf die Suche nach meinen Erinnerungen hatte ich nichts eigenes...keine Träume, keine Ziele...nichts.“ Er seufzte verhalten. Yuugi hatte seinen Körper mit ihm geteilt und ihn bedingungslos als anderes Ich, als Freund akzeptiert. Doch in jedem Moment, in dem Yami die Kontrolle innehatte, stahl er auch ein Stück von Yuugis Lebenszeit. „Ob Aibou wohl auch so gedacht hat? Hat er mir deshalb nie seinen Körper für etwas anderes überlassen als Duelmonsters und wenn er in Gefahr war?“ Er zuckte schuldbewusst zusammen. Sein zur Aufmunterung gedachtes 'Date' mit Anzu war auf Yuugis Initiative hin zustande gekommen und das, obwohl Yuugi selbst so in Anzu verschossen war. Das durfte er nicht vergessen. Yuugi war einer der selbstlosesten Menschen, die er kannte, wenn nicht sogar der selbstloseste überhaupt. Trotzdem war Yami insgeheim einfach nur froh, nach dem Schicksalsduel mit seinem Aibou aus dem Puzzle heraus und in seinem eigenen Körper zu sein, auch wenn dies die Trennung von seiner und Yuugis Seelenverbindung bedeutet hatte. Genau genommen war es auch besser so. Yuugi hatte in ihrem Duel in Ägypten bewiesen, dass er eine starke Person geworden war, die nicht mehr länger von Ängsten und Unsicherheiten geprägt wurde und stattdessen an sich selbst glaubte. Wenn Yami bei ihm geblieben wäre, hätte er Yuugi langfristig nur geschwächt. Yuugi hätte sich immer auf ihn verlassen, wäre nie wirklich selbständig geworden und von Yami abhängig geblieben. Und auch Yami durfte endlich sein eigenes Leben führen, welches er so gestalten konnte wie er es wollte, ohne dabei bei jedem Atemzug, den er tat, die Konsequenzen für Yuugi bedenken zu müssen. Sein eigenes Leben...nein, das allein war noch nicht genug. Er wollte es auch mit den Menschen teilen, die ihm wichtig waren. Sehnsüchtig blickte er auf die stille Gestalt neben ihm. Leider musste bei einigen Personen vorher noch ein gutes Stück Überzeugungsarbeit geleistet werden, bevor seine Fantasien wahr werden konnten. Aber, und bei dem Gedanken grinste er leicht, er liebte Herausforderungen schließlich und diese ganz besonders. Und wenn die heutige Katastrophe ein Gutes hatte, dann das: Sie lieferte ihm in nächster Zeit ausreichend Gelegenheit für das Knüpfen tieferer Bande. Yami wusste nicht, wann genau er begonnen hatte in Kaiba mehr als nur einen Rivalen, mehr als nur einen Freund zu sehen. Vielleicht während der Duelle, die sie Seite an Seite gekämpft; vielleicht sogar während der Duelle, die sie gegeneinander bestritten hatten. Oder vielleicht auch waren diese Gefühle schon immer da gewesen, verschüttet unter Hass und Besessenheit, die sie beide erst überwinden mussten, bevor sie den Menschen dahinter erkannten; bevor Abneigung zu Respekt, wenn nicht gar Bewunderung und schließlich Zuneigung wurde. Yami war sich nur nicht sicher, ob sich Kaiba diesem Wandel ihrer Beziehung ebenso bewusst war. Jedoch, und das nahm sich Yami fest vor, würde er alles tun, um dies herauszufinden. Zufrieden lächelnd schloss er seine Augen und rutschte vorsichtig dichter an Kaiba heran, als es bei der breiten Sitzbank nötig gewesen wäre. Info: 'Bonkotsu' ist Kaibas Standardbeleidigung für Jounouchi und bedeutet so viel wie: Mittelmaß; kleines Licht; Kleingeist; beschreibt also jemanden, an dem nichts Besonderes ist und der nicht viel in der Birne hat. 'Aibou' heißt „Partner“ (im Sinne von Freund, Kumpel) und ist Yamis Anrede für Yuugi *duh* Da beides sozusagen Titel sind, habe ich sie im Text nicht eingedeutscht, sondern japanisch gelassen. 12.000 Yen sind ca. 100 Euro und Izanami, der Name des Internats, heißt: „Sie, die Sie einlädt hereinzukommen“. Kapitel 2: Willkommen in der Hölle ---------------------------------- AN: Ohne viel Gerede hier das nächste Kapitel. Übrigens, sollte es bezüglich eines japanischen Begriffs Verständnisprobleme geben, weil ich vergessen habe, ihn zu erklären, dann einfach nachfragen ^^ ----------------------------------------- Kapitel 2 – Willkommen in der Hölle Das Internat lag einige Kilometer außerhalb Dominos und die einstündige Busfahrt dahin hatte Kaiba sich selbst davon zu überzeugen versucht, dass Yamis Idee durchaus vernünftig war und nur halb so bekloppt, wofür Kaiba sie nach wie vor hielt. Nun stand er hier, vor einem großen, freundlichen Neubau in dem vor wenigen Minuten lachend und kichernd die letzte Mädchengruppe verschwunden war, während sich Yami und er zwecks weiterer Lagebesprechung klammheimlich abgesetzt hatten. Kaiba hob eine Augenbraue: „Nun, wir sind da. Und wie soll es jetzt weiter gehen? Das Ganze war dein toller Einfall, also nur raus mit weiteren Vorschlägen, Yami. Ich bin ganz Ohr.“ Seine Stimme triefte nur so vor Spott und Yami warf ihm einen angesäuerten Blick zu. Er hatte bereits die Grundidee geliefert! Warum musste er sich auch noch um jedes letzte Detail kümmern? Das war einfach nicht fair. Mit einem Seufzer machte er seinem Ärger Luft und entgegnete wesentlich zuversichtlicher als er sich fühlte: „Als erstes müssen wir uns um Verkleidungen kümmern. Danach...sehen wir weiter.“ „Verkleidungen also. Aha. Und mit Verkleidungen meinst du Schuluniformen, richtig?“ Kaiba war nicht amüsiert. „Ich präzisiere: Mädchenschuluniformen. Ich hätte mich nie auf diesen Schwachsinn einlassen sollen.“ Er lachte bitter. „Du bringst nichts als Ärger, Yami. Wärst du im Jenseits geblieben, wo du hingehörst, wäre mir dieser ganze Mist erspart geblieben. Ich hoffe, du weißt das.“ Autsch. Die harten Worte taten weh, auch wenn Yami sicher war, dass aus Kaiba nur der Frust der letzten Stunden sprach und keine echte Überzeugung. Er wandte sich sachte ab. „Es tut mir Leid, dass du das so siehst. Es war nicht meine Absicht, dich in irgendetwas hineinzuziehen. Ich wollte doch nur...“ Er atmete flach. Kaiba hasste übertriebene Gefühlsduselei und Yami hatte Angst, dass er bereits zu viel gesagt haben könnte. Es war besser, sachlich zu bleiben. „Ich organisiere uns Kleidung. Kümmere du dich um den Rest. Falsche Personalien zum Beispiel. Diesen ganzen Computer...kram.“ Dann machte er sich aufs ins Gebäude der Schule, während Kaiba nur verwirrt dastand und ihm unschlüssig nachblickte. Yami hatte sehr leise und ruhig gesprochen und Seto hätte es nicht beschwören können, aber...war das Schmerz gewesen, der kurz über Yamis Gesicht gehuscht war und in seiner Stimme mit geklungen hatte? „Blödsinn, das muss ich mir eingebildet haben. Warum sollte Yami meine Meinung über ihn kümmern?“ Plötzlich fiel ihm auf, dass er sich seit Yamis Abgang immer wieder unruhig durch seine Haare gefahren war. Verärgert über sich selbst, zog er seine Hand zurück. Wenn Yami beleidigte Leberwurst spielen wollte, bitte, sollte er doch! Er jedenfalls hatte jetzt Dringenderes zu tun als auch nur noch einen weiteren Gedanken an diesen Nervenzwerg zu verschwenden. Schwer verstimmt hämmerte er grob Isonos Nummer in sein armes Handy, weihte diesen knapp in ihre derzeitige prekäre Lage ein und schleuderte ihm, bevor Isono dazu kommen konnte, allzu genaue Nachfragen zu stellen, gleich noch eine Flut von Anweisungen entgegen. Erst Isonos vorsichtige Nachfrage „Wie wollen sie heißen, Seto-sama?“ ließ ihn innehalten. Stimmte ja, Yami und er konnten schlecht ihre wahren Namen angeben. Er musste sich etwas Anderes ausdenken. Es war verlockend Yami irgendeine schwachsinnige Persona anzudichten, aber dessen verletzter Blick verfolgte Kaiba noch immer und er entschied sich letztlich dafür, dieses eine Mal nett zu seinem Erzrivalen zu sein. Er musste nur aufpassen, dass es nicht zur Gewohnheit wurde. „Nimm Yumi Kaiba für Yami Mutou und ich...“ Er überlegte kurz. „Ich werde Ayumi Kaiba sein. Ich denke, das klingt ganz passabel.“ Isono war überrascht. „Sie wollen Kaiba als Nachnamen behalten und dann auch noch für sie beide?“ „Ja, und gib unsere richtigen Geburtsjahre an, damit unser Alter passt. Nimm für Yami das von Yuugi. Ich will mich nicht am Ende in meinen eigenen Lügennetzen verstricken.“ „Aber warum Kaiba auch für Mutou-san?“ Seto rieb sich entnervt seinen Nasenrücken. Er war müde und erschöpft. Auf lange Diskussionen und Erklärungen hatte er gerade so gar keine Lust. „Weil“, erklärte er mit erzwungener Geduld, „uns der Name einen gewissen Schutz garantiert. Sollte es mit unseren neuen Daten Ungereimtheiten geben, so wird allein die Erwähnung 'Kaiba' jeden Neugierigen und Zweifler von tieferen Untersuchungen abhalten.“ Insgeheim hoffte er nur, dass Yami Recht behielt und der Yakuza sie wirklich nicht erkannt hatte. Es wäre gefährlich, wenn der Mann gerade in diesem Moment die Stadt nach jedem 'Kaiba', den er nur finden konnte, absuchte. Was ihn an etwas erinnerte... „Sieh zu, dass Mokuba nichts passiert. Ich will nicht, dass er ohne Aufsicht durch die Gegend stromert. Am Besten...“ Er zögerte. So gern und fleißig er Yamis Freunde auch beleidigte, selbst er musste zugeben, dass der Haufen loyal und verlässlich war. Außerdem betrachtete Mokuba sie als Freunde und Seto wollte nicht, dass Mokuba ganz allein und nur umgeben von seinem Personal in der riesigen Villa wohnte. „Am Besten du fragst, ob Yuugi Mutou ihn unter seine Fittiche nimmt. Heute ist es schon zu spät, aber ab morgen. Yuugi und sein Großvater erheben bestimmt keine Einwände.“ „Sehr wohl, Sir. Ich werde mich um alles kümmern.“ Und bevor ihn der Mut verließ, setzte er noch flott nach: „Seien Sie bitte vorsichtig, Seto-sama.“ Damit legte er auf. Kaiba lächelte sachte. Isono würde ihre Daten in den Schulcomputer eingeben und für Mokubas Sicherheit garantieren. Yami sollte bald mit den Uniformen zurück sein. Vielleicht, nur vielleicht, konnte das hier wirklich funktionieren. „Ayumi...“ Erneut testete er den Klang auf seiner Zunge. Ja, der Name gefiel ihm nach wie vor. „Yumi Kaiba...Yumi.“ Seine Stirn legte sich in Falten. Es fühlte sich merkwürdig an, mit Yami denselben Nachnamen zu teilen. Merkwürdig...und auch seltsam beruhigend. Yumi. Mit einem mal riss Kaiba entsetzt seine Augen auf. Er hatte gar nicht tiefer über den Namen nachgedacht; er war ihm lediglich spontan in Verbindung mit Yami eingefallen! Mist! Er konnte nur hoffen, dass Yami die Bedeutung des Namens nicht kannte, sonst würde er vor Scham im Boden versinken. „Yumi. Schönheit.“ ---------------- Vorsichtig schlich sich Yami durch die verlassenen Internatsgänge. Es war spät und die meisten Schülerinnen und Lehrer schliefen bereits selig in ihren Zimmern, was für seine geheime Mission nur von Vorteil war. Äußerst gelegen war ihm überdies gekommen, dass in regelmäßigen Abständen ein Gebäudeplan an den Wänden hing, auf dem die einzelnen Einrichtungen der Schule verzeichnet waren. Wenn er sich richtig erinnerte, musste er jetzt nur noch einmal um die Ecke und tada! Er hatte die Waschküche gefunden. Die Auswahl der Uniformen hingegen gestaltete sich schon schwieriger. Den großen, unsortierten Kleiderhaufen auf dem Boden ließ er außer Acht, denn dabei musste es sich um Schmutzwäsche handeln (Notsituation hin oder her. Eine gewisse Hygiene musste sein!) und widmete seine Aufmerksamkeit stattdessen der Reihe Waschmaschinen und Trockner, die die ganze rechte Seite des Raumes einnahm. Leise öffnete er einen Trockner und entnahm ein paar Blusen und Röcke. Seine Wangen verfärbten sich. Er würde es wirklich tun, er würde...Mädchenkleidung tragen. Er atmete einmal tief durch. In Ägypten hatte er Schurze getragen, die einem Rock sehr ähnlich waren. Es gab also keinen Grund, sich so anzustellen. Und für seinen Priester, Seto, galt im Grunde dasselbe. „Aber ob seine Reinkarnation das auch so sieht? Irgendwie wage ich das zu bezweifeln.“ Mit einem Seufzer entledigte er sich seiner Kleidung und probierte eine der Uniformen an. Im Gegensatz zur rosa Mädchenuniform von Yuugis Schule ging diese farblich sogar. Der Faltenrock war dunkelblau und das Gleiche galt für den Matrosenkragen der ansonsten weißen Bluse. Farben, mit denen Yami gut leben konnte. Die Uniform an sich passte ihm zwar nicht perfekt (der Rock hing gefährlich tief über seinen Hüftknochen), aber für den Moment reichte es allemal. Zum Glück war die Bluse sehr weit geschnitten und kam in Kombination mit einer lächerlich riesigen braunen Schleife, die seinen fehlenden Busen hervorragend kaschierte. Zu schade, dass es hier keinen Spiegel gab. Er hätte schon gerne gewusst, wie er nun aussah. „Aber was viel wichtiger ist...was nehme ich für Kaiba mit?“ Zweifelnd hob er einen Rock auf und hielt ihn sich an die Brust. Ihm wäre er viel zu lang, aber Kaiba könnte er passen. Möglicherweise. Oder auch nicht. „Welche Größe er wohl hat?“ Vor seinem geistigen Auge rief er sich Kaibas Statur ins Gedächtnis. Lange Beine, schlanke und doch durchtrainierte Figur, braune Haare, die ihm ins Gesicht fielen und seine blauen Augen halb verdeckten. Was eine wahre Schande war, denn Yami mochte seine Augen und blickte gerne in sie. „Was treibst du hier so lange?! Bist du eingeschlafen oder was?“ Erschrocken ließ Yami den Rock fallen. „Ah, K-Kaiba!“ Er hustete verlegen und fummelte gleichermaßen nervös wie unsicher an seinem Oberteil herum. „Ich habe dich gar nicht hereinkommen hören.“ Kaiba schnaubte spöttisch. „Das habe ich gemerkt“, kommentierte er trocken und besah sich mit undurchschaubarer Miene Yami von Kopf bis Fuß. „Es...steht dir“, meinte er schließlich langsam und hoffte dabei, dass seine Nasenspitze nicht so rot war wie sie sich anfühlte. „Ist das ein Kompliment?“, fragte Yami spielerisch und mit sichtlich aufgehelltem Gesichtsausdruck. „Das heißt also, dass ich dir gefalle? Na, das bessert meine Laune doch gleich wieder auf!“ „Gefallen?! Von wegen!“ Zu Setos geröteter Nase gesellte sich noch ein wenig gesunde Farbe auf seinen Wangen hinzu. Verdammt, das konnte Yami nicht entgangen sein und wenn dessen verschmitztes Grinsen irgendein Indiz war, dann war es das auch nicht. Ruppig krallte sich Kaiba eine Uniform und bedeutete Yami, sich umzudrehen. „Bilde dir bloß nichts ein, Yami. Ich meine damit lediglich, dass du durchaus als Mädchen durchgehen kannst, sofern du noch was mit deinen Haaren anstellst. Und einen Jungen als Mädchen zu bezeichnen“, seine Stimme nahm einen fiesen Unterton an, „ist auf jeden Fall kein Kompliment.“ Sehr zu Setos großem Ärger ließ sich Yami davon nicht beeindrucken. „Wenn du es sagst“, erwiderte er unberührt und, für Kaibas Geschmack, immer noch viel zu fröhlich. Er schwieg jedoch und zog sich hastig den Rock und die Bluse an, wobei er sich größte Mühe gab nicht zu allzu genau darüber nachzudenken, was er da bald tragen würde. Das Monstrum einer Schleife allerdings würde er ums Verrecken nicht umlegen. Sein Stolz war zwar angeknackst, aber einen Rest hatte er noch und den würde er mit Zähnen und Klauen verteidigen. Nachdem er fertig war, wandte er sich erwartungsvoll an Yami. Es war nicht so, dass er Wert auf dessen Meinung legte, aber er musste wenigstens wissen, ob seine Maskerade funktionieren würde. Yamis Meinung war ihm aber wirklich 100%ig und unzweifelhaft völlig egal. Und wehe dem, der anderes behauptete! Yami grinste. „Du siehst gut aus“, informierte er Seto verschlagen und konnte nur mit Mühe einen Lachanfall unterdrücken. Der Rock ging Kaiba nur bis zum oberen Teil seines Oberschenkels, war also sehr kurz und zeigte viel von Setos Beinen (ein Pluspunkt, Yamis bescheidener Meinung nach) und auch die bauchfreie, kurzärmlige Bluse stand ihm gar nicht mal schlecht. Aber oh, Kaibas Gesichtsausdruck! Sein Mund war zu einer dünnen Linie zusammengepresst, seine Augen zu Schlitzen verengt, an einer Wange zuckte ein Muskel und die Fäuste waren geballt. Kaiba sah aus, als würde er nur auf die nächstbeste Gelegenheit warten, jemandem an die Gurgel zu springen. Absolut undamenhaft also. Seiner Gesundheit zuliebe verzichtete er aber auf eine diesbezügliche Bemerkung und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf etwas Naheliegenderes. „Hat bei dir alles geklappt?“, wollte er schlicht wissen und Kaiba nickte. „Isono wird dafür sorgen, dass wir im Schulregister eingetragen werden und uns falsche Personalausweise sowie alles andere Nötige schicken. Mokuba...“ Kaibas Stimme stocke kurz, wie Yami verwundert bemerkte. „Ich habe Isono angewiesen, Mokuba zu Yuugi zu schicken.“ Unsicher starrte er Yami an, der überrascht blinzelte. Sein Bruder bedeutete Kaiba mehr als sein eigenes Leben. Wenn er ihn bei Yuugi und dessen Familie ließ, wo er zudem immer damit rechnen musste, dass auch Anzu, Jounouchi und Honda auftauchten, hieß das ja... „Dass er Yuugi vertraut. Nein, mehr noch. Er vertraut uns.“ Yami lächelte sachte. Yuugi hatte immer Freundschaft mit Kaiba schließen wollen, war jedoch ein ums andere Mal zurückgewiesen worden. „Aber vielleicht gibt es in der Hinsicht doch noch Hoffnung.“ Yami wusste, dass Kaiba ihn respektierte, nicht nur als würdigen Rivalen, sondern auch als Menschen. Darüber, was Kaiba allerdings von Yuugi hielt, hatte er seit jeher nur spekulieren können, auch wenn Yami schon immer klar gewesen war, dass Seto eine weit höhere Meinung von seinem Aibou und ihren Freunden hatte, als er zugeben wollte. Und das war auch gut so, denn wenn er und Kaiba jemals ein Paar werden würden, so müsste Kaiba die Gegenwart von Yamis Freunden zumindest tolerieren lernen, denn aufgeben wollte Yami Yuugi und die anderen nicht, auch nicht für Kaiba. Er räusperte sich. „Nun, Yuugi wird sich sicher über Mokubas Gesellschaft freuen und ihn gerne für eine Weile bei sich aufnehmen.“ Zufrieden bemerkte er, wie sich Seto bei seinen Worten sichtlich entspannte. „Aber zu was anderem: Was hast du uns für Namen ausgesucht?“ „Ah...das“, Kaiba blickte uncharakteristisch scheu zur Seite. „Ich werde als Ayumi Kaiba durchgehen und du...“ Er verstummte unbehaglich. „Und ich?“, bohrte Yami, nun wirklich neugierig. „Yumi Kaiba. Meine Cousine.“ Kaiba sprach den Namen derart leise und hastig aus, dass Yami ihn kaum verstehen konnte. „Yumi Kaiba“, echote er deshalb sicherheitshalber und Kaiba gab ein knappes Nicken. Dem Vornamen schenkte Yami kaum Beachtung, der Nachname hingegen interessierte ihn doch sehr. Nun war er also inoffiziell offiziell ein Kaiba. Ein besseres Omen für eine mögliche gemeinsame Zukunft von ihm und Seto konnte er sich kaum wünschen! „Du tust es schon wieder“, warf Kaiba plötzlich missmutig ein und auf Yamis unverständigen Blick erklärte er noch: „Du grinst vor dich hin. Lass das gefälligst.“ Yamis Grinsen weitete sich nur noch mehr. „Okay“, antwortete er fröhlich und ignorierte dabei konsequent Kaibas bösen Blick. Der ließ sich das natürlich nicht lange gefallen, 'hmpfte' einmal warnend und verließ dann mit einer geschulten Aura der Arroganz die Waschküche, was, wie Yami im Geheimen dachte, mit dem kurzen hin und her schwingenden Rock und der flatternden Bluse doch etwas von seinem sonst so dramatischem Effekt einbüßte. Er sagte jedoch nichts, packte schnell ihre abgelegten Sachen zusammen und lief ihm hinterher, auch wenn er es sich dabei nicht nehmen wollte, die sich ihm bietende äußerst entzückende Rücken- und Hinternansicht seines Vordermanns zu genießen. Kaiba führte Yami schließlich zu einem Raum im ersten Stockwerk der Schule, der sich als Schlafzimmer herausstellte. „Die Sicherheitsvorkehrungen des Internats sind ein Witz. Noch während meines Telefonats mit Isono haben es meine Leute bereits geschafft, sich in das System der Schule zu hacken und uns diesen Raum hier zuzuteilen. Er soll wohl leer stehen, also müssen wir uns zumindest nicht mit störenden Mitschülern herum quälen“, erklärte er Yami, der sich zweifelnd umsah. Es standen insgesamt vier frisch bezogene Betten zur Verfügung, von denen keines belegt war. Je nachdem wie lange sie hier blieben, war es wenig wahrscheinlich, dass sie nicht doch irgendwann Zuwachs bekommen würden. Aber das und alles andere waren Probleme, die bis zum Morgen warten konnten. Es war fast Mitternacht und er wollte sich einfach nur noch hinlegen und schlafen. Kaiba hatte die gleiche Idee, denn der verschwand ohne weitere Verzögerung gleich im angrenzenden Badezimmer, um sich dort bettfertig zu machen. Erschöpft entledigte sich Yami der Uniform und verkroch sich nur in Boxershorts unter die warme Decke. Sein Magen knurrte und seine Kehle war trockener als die Sahara. Er hatte seit Stunden nichts mehr zu sich genommen. „Hoffentlich weiß Kaiba, wann hier Frühstück serviert wird. Ich bin schon halb verhungert. Jounouchi an meiner Stelle hätte bereits die Küche geplündert.“ Seine Arme hinter dem Kopf verschränkt, starrte Yami Richtung Badezimmer. „Das wird morgen früh quasi unsere Generalprobe als Mädchen. Hauptsache Kaiba reißt sich am Riemen, sonst fliegen wir hier schneller raus, als wir gucken können. Und wir müssen an unsere neuen Namen denken. Ayumi und Yumi Kaiba. Ayumi...hieß das nicht, 'sie geht ihren eigenen Weg'? Doch, ich glaube schon.“ Er lächelte sanft. Der Name passte zu Kaiba. Und was war mit Yumi? Hatte der Name nicht auch eine Bedeutung? Er überlegte angestrengt und als er endlich die Lösung hatte, traf sie ihn wie ein Schlag. „Yumi heißt doch Schönheit! Und der Name kommt von Kaiba für mich?“ Eine wohlige Wärme machte sich in Yami breit. Schönheit also. Vielleicht würde es ja doch nicht so schwer werden, Kaiba für sich zu gewinnen, wie er zunächst befürchtet hatte. Kapitel 3: Der Morgen danach ---------------------------- Kapitel 3 – Der Morgen danach Finster starrte Kaiba auf die friedlich schlummernde Gestalt seines ärgsten Rivalen wie er da lag und sich um Nichts und Niemanden kümmerte. Fairerweise musste man sagen, dass es erst 6 Uhr morgens war und noch nicht einmal hell draußen. Aber Kaiba war Frühaufsteher und hatte zudem miserabel geschlafen. Normalerweise würde er sich jetzt für die Arbeit fertig machen, mit seinem geliebten Laptop am Frühstückstisch sitzen, nebenbei die Zeitung lesen und darauf warten, dass Mokuba ihm wenig später Gesellschaft leisten und dabei eine alberne Geschichte nach der nächsten erzählen würde. Stattdessen stand er hier in Frauenkleidung und wartete darauf, dass Dornröschen endlich ihren Schönheitsschlaf beendete und sich seinem Elend anschloss. Dornröschen jedoch dachte gar nicht daran und kuschelte sich noch tiefer in die Kissen; ein seliges Lächeln dabei auf den Lippen. Was zu weit ging, ging zu weit! Ruppig zog Kaiba Yami die Decke weg und schüttelte dabei dessen Schulter. „Wach auf“, zischte er und der sadistische Part von ihm genoss regelrecht die Art und Weise, wie sich Yami mit einem gequälten „Was ist denn?“ von ihm weg zu rollen versuchte. „Aufstehen, Yami“, wiederholte Seto streng und pickte dabei Yamis Rock und Bluse vom Boden; nicht, weil er nett sein wollte, sondern um sich von Yamis nun offensichtlichem spärlich bekleideten Status abzulenken. „Wenn ich gewusst hätte, dass er nur Boxershorts trägt, dann hätte ich ihm bestimmt nicht die Decke weggenommen.“ Ein Seto Kaiba wurde nicht rot; trotzdem schien gerade Yami mit erschreckender Regelmäßigkeit genau diesen Effekt auf ihn zu haben. Kaiba hätte nur zu gerne gewusst, woran das lag, damit er es so schnell wie möglich abstellen konnte. Yami hatte sich zwischenzeitlich aus dem warmen Bett gewagt und war schlaftrunken ins Badezimmer getorkelt, wo Seto schon bald Wasser laufen hören konnte. Sachte rieb er sich die Stirn. Er hatte das dumpfe Gefühl, dass dieses Wohnarrangement mit Yami langfristig noch zu Problemen führen würde. Eine Vermutung, die unschön bestätigt wurde, als 20 Minuten später ein tropfender und nur mit einem viel zu kleinen Handtuch um die Hüften geschlungener Yami an ihm vorbei lief. Das Gesicht eingerahmt von feuchten Haaren und der Körper glänzend vor Nässe bot er einen durchaus verführerischen Anblick. Wenn Kaiba vorher noch nicht rot war, dann definitiv jetzt. „Verdammt Yami, kennst du gar keine Scham?“, schnarrte er frustriert und schaute schnell zur Seite. „Zieh dir gefälligst was an.“ Yami blinzelte perplex. So früh am Morgen konnte er mit Kaibas schlechter Laune noch nichts anfangen, zumal er sicher war, nichts getan zu haben, was dessen Ärger rechtfertigte. Er betrachtete sich, dann Kaiba, der stur den Blick gesenkt hielt, dann wieder sich. „Oh...Oh.“ Er grinste. Das war es also. Nun, wenn Kaiba wollte, dass er sich anzog, dann würde er diesen Wunsch selbstverständlich respektieren! Mit einer dramatischen Geste warf er das Handtuch zur Seite, stellte sich demonstrativ vor Kaiba und nahm ihm die Uniform aus der Hand, die Kaiba in seinem Todesgriff schon ganz zerknautscht hatte. Mit einem spöttischen Lächeln im Gesicht marschierte er damit zurück ins Badezimmer und ließ einen vor Scham und Wut brodelnden Kaiba allein zurück. Während Yami sich zurechtmachte, setzte sich Kaiba an den einzigen Tisch im Raum und vergrub seufzend sein Gesicht in den Händen. Das war einfach lächerlich. Nur weil er sich gezwungenermaßen wie ein Mädchen kleidete, hieß das noch lange nicht, dass er sie nun auch noch wie ein verliebtes Schulgör benehmen musste. „Verdammt, ich mach mich vor Yami doch nicht zum Affen! Auf die eine oder andere Art, das kriegt er zurück.“ Es war kindisch, aber Kaiba konnte sich nicht helfen. Keiner außer Yami schaffte es, ihn derart aus der Fassung zu bringen und dass Kaiba keinen blassen Schimmer hatte, woran das lag, verunsicherte ihn nur noch mehr. Er hasste dieses Gefühl. Lautes Kichern aus dem Nebenraum erregte plötzlich seine Aufmerksamkeit. Abrupt stand er auf, öffnete die Tür und starrte raus auf den Gang. Ein junges Mädchen im Schlafanzug rannte an ihm vorbei und verschwand im Zimmer gegenüber und Kaiba konnte Schritte hören, die vom Korridor zu seiner linken zu kommen schienen. Die Uhr im Flur sagte ihm, dass es inzwischen kurz vor 7 war, was scheinbar in dieser Schule allgemeine Aufstehzeit bedeutete. Dann musste es sicher auch bald Frühstück geben. Kaiba war zwar kein großer Esser, aber ausnahmsweise hatte sogar er mal Hunger. Ein unerwartetes Tippen auf seine Schulter ließ ihn überrascht herumwirbeln. „Ich bin fertig“, informierte ihn Yami schlicht und quetschte sich an ihm vorbei und aus ihrem Raum. Kaiba starrte ihn wortlos an. Yami in Mädchenuniform war nicht neu, Yami mit platten Haaren hingegen schon und gehörte eindeutig verboten! „Was ist denn mit dir passiert?“, fragte Kaiba wenig begeistert und erntete ein Achselzucken als Antwort. „Du hast gestern selbst gesagt, ich muss was mit meinen Haaren machen. Ich habe lediglich deinen Ratschlag befolgt“, erklärte Yami und strich sich verlegen einige widerspenstige Strähnen glatt. „Sieht seltsam aus, huh?“ „Aa.“ Kaiba hätte gern etwas Geistreicheres gesagt, aber außer der unerwünschten Erkenntnis, dass er Yamis Stachelfrisur tatsächlich bereits vermisste, wollte ihm nichts Rechtes einfallen. Yami schüttelte den Kopf. „Ich bezweifle, dass meine Haare lange halten werden. Du hast nicht zufällig Isono beauftragt Gel oder Spray zu besorgen?“ „Ich sagte ihm, er solle uns ein Paket mit allem Nötigen schicken. Keine Ahnung, was er darunter versteht.“ „So?“ Aus den Augenwinkeln bemerkte Yami ein Mädchen, das sie unumwunden anstarrte. Auch Kaiba entging dies nicht und er reagierte mit einem wenig freundlichen „Ist was? Nein? Dann verzieh dich.“ Doch bevor Yami Setos harsche Art rügen konnte, war das Mädchen bereits unerschrocken vorgetreten und streckte ihnen die Hand entgegen. „Hi, ich bin Izumi Kabayashi. Eure Nachbarin.“ Sie lächelte fröhlich und Yami schüttelte misstrauisch die dargebotene Hand. Kaiba gegenüber hätte er es niemals zugegeben, aber er hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass sie mit ihren Verkleidungen durchkommen würden. Dieses Mädchen jedoch schien tatsächlich darauf herein zu fallen. Yami fiel ein Stein vom Herzen. „Ya...Yumi Kaiba und das ist meine...“ Yami zeigte flink auf Kaiba, der keine Anstalten machte die Begrüßung noch den Handschlag zu erwidern, sondern nur finster auf sie herabsah, „...Cousine Ayumi Kaiba.“ Izumis Augen weiteten sich überrascht. „Kaiba? Wie in Kaiba Corporation?“ Sie sah zwischen Seto und Yami hin und her. „Seid ihr etwa mit Seto Kaiba verwandt?“ Endlich fühlte sich Kaiba zu einer Erwiderung genötigt. Er grinste herablassend. „In der Tat. Und du tätest gut daran, dir das auch zu merken.“ Prompt boxte ihm Yami strafend in die Seite. „Benimm dich“, zischte er leise, was Kaiba mit einem Augenrollen quittierte. Hey, er hätte noch viel unfreundlicher sein können, aber wurde ihm seine Zurückhaltung gedankt? Nein, natürlich nicht. Das war mal wieder typisch. Izumi währenddessen hatte sich mit gerunzelter Stirn in die Betrachtung ihrer nur mit Socken bekleideten Füße vertieft und den kleinen Austausch vor ihr gar nicht bemerkt. „Habt ihr keine Pantoffeln?“, wollte sie sichtlich verwirrt wissen und Yami musste verneinen. Die Runzeln auf Izumis Stirn wurden noch tiefer. „Und richtige Kniestrümpfe scheinbar auch nicht. Also an eurer Stelle würde ich mal gleich in die Waschküche gehen und mich beim Personal dort beschweren. So könnt ihr schließlich nicht herumlaufen!“ Das interessierte Kaiba nun doch: „Sag mal, wir sind neu, kennen uns also noch nicht richtig aus, aber wie genau ist diese Schule eigentlich organisiert?“ Wenn er und Yami hier für die nächste Zeit schon ausharren mussten, dann wollte er wenigstens wissen, bei wem er seine zahlreichen Beschwerden abliefern konnte. Aktuell hatte er zwar noch keine, war aber zuversichtlich, dass sich das noch ändern würde und man musste ja schließlich vorbereitet sein. Außerdem würden ihnen die Informationen helfen, nicht mehr aufzufallen, als unbedingt nötig. Dass dieses Mädchen ihnen ihre Maskerade abkaufte, war an und für sich schon ein Wunder, aber bestimmt gab es auch Menschen mit einem Funken Grips in diesem Internat, vor denen sie sich in Acht nehmen mussten. Izumi legte den Kopf schief und spielte gedankenverloren mit ihrer Schleife, die sie auf und zuknotete, und zwar immer und immer wieder. Pegasus hatte Kaiba in Duelist Kingdom auf die gleiche Art genervt und die Erinnerung an den verrückten Amerikaner half nicht gerade, dass diese Izumi in seiner Gunst stieg. Als Kaiba bereits drauf und dran war, ihr mit dem Knoten zu helfen (und ihr dabei, ausversehen, versteht sich, die Luftzufuhr abzuschnüren), ließ sich Izumi endlich zu einer Antwort herab. Und als sie sprach, passierte es ohne Punkt und Komma. „Frühstück ist von 7 bis 8. Der Unterricht beginnt um 8:30 Uhr und Mittagspause ist um 12 und geht bis 13 Uhr, danach ist wieder Unterricht bis 15.30, maximal 16.00 Uhr und Kursangebot. Wir haben Sport, Musik, Kunst, Literatur und Computerkurse. Das Schulgelände darf nicht verlassen werden, außer ihr habt die offizielle Erlaubnis eines Lehrers und einmal die Woche, Donnerstags, machen wir einen Ausflug mit dem Bus nach Domino. Das Gebäude wird um Mitternacht verschlossen und um 6 Uhr morgens wieder geöffnet. Oh, und die Stundenpläne werden individuell erstellt, aber das wisst ihr bestimmt schon, denn dann wird ja gleich bei der Einschreibung gemacht und alle zwei Monate und nach den Ferien gibt es einen Gesundheitstest. Der letzte war gerade erst, also habt ihr Glück gehabt, denn die Ärztin ist zwar nett, aber wirklich überkritisch. Meinte doch tatsächlich zu mir, ich müsse eine Brille tragen. Brille, hah! Die meisten Mädchen hier sind richtig arrogant und eitel, also seid vorsichtig. Aber falls jemand fragt, das habt ihr nicht von mir. Und, oh richtig, um 10 Uhr müsst ihr in euren Zimmern sein. Es gibt keine feste Schlafenszeit, aber ihr müsst abends ruhig sein und ja keine Herrenbesuche! Makoto, also meine Raumpartnerin, hat doch tatsächlich so einen widerlichen Kerl von der Nachbarschule mit aufs Zimmer geschleppt. Aber sie wurde natürlich erwischt und hat dafür eine Verwarnung kassiert. Also merkt euch: Keine Jungs auf den Zimmern! Das ist wichtig, denn die Direktorin kennt da kein Pardon. Ist eigentlich auch kein Wunder, denn dieses Internat ist ziemlich neu, gerade mal ein Jahr alt, und muss sich erst seinen Ruf noch aufbauen, obwohl es natürlich auch sehr teuer ist, so dass man hier fast nur Schicki-Micki Mädchen trifft. Aber das sagte ich ja bereits, oder? Ja, doch, habe ich. Hm....ja, was noch? Ach richtig, der Wäschedienst. Also die Uniformen werden gestellt. Man kriegt immer zwei und wenn eine dreckig ist, dann lasst sie einfach bei der Zimmertür liegen und die Putzfrau nimmt sie mit. Sie werden dann gewaschen und sauber zurückgebracht. Nur mit den Größen müsst ihr aufpassen. Ich schwöre euch, die haben nur Einheitsgrößen hier. Die Putzfrau kommt immer Vormittags, wenn wir Unterricht haben. Also du, Ayumi-san, hängst am Besten einen Zettel mit deiner Größe an die Wand, damit sie dir auch das Richtige wiederbringen. Ist natürlich nur ein Vorschlag, aber ich garantiere dir, dass du sonst nichts Passendes kriegst. Ist ganz schlimm hier und ich habe auch schon eine Petition gestartet, um...“ „Stop. Warte einen Moment. Kommt da noch was in irgendeiner Form Relevantes oder war es das?“, fuhr Kaiba, mit seiner Geduld am Limit, plötzlich dazwischen und bremste so den weiteren Wahnsinn. Izumi nickte eifrig. „Jup, das war's eigentlich. Und alles verstanden oder soll ich es wiederholen?“ Yami und Kaiba, halb von der Informationsflut erschlagen, schüttelten synchron ihre Köpfe. „Nein, das ist nicht nötig! Vielen Dank für die...uhm, Auskünfte. Sie waren wirklich sehr hilfreich“, versicherte Yami schnell, worauf Kaiba sich ein Schnaufen nicht verkneifen konnte. Von wegen hilfreich! Yami war wirklich ein Meister der Übertreibungen und falschen Freundlichkeit. „Aber zumindest ein paar Fragen haben sich tatsächlich geklärt. Die Sache mit unseren Stundenplänen jedenfalls gefällt mir gar nicht.“ Kaiba hoffte, dass Isono auch in der Hinsicht vorgesorgt hatte, denn wenn die Zimmer morgens gereinigt wurden, fielen sie als Dauerversteck schon mal aus. Und wenn sie tatenlos in der Schule herumlungerten, so würde früher oder später auch jemand auf sie aufmerksam werden und wissen wollen, warum sie nicht im Unterricht waren. Aber darum würde er sich später kümmern. Jetzt brauchte er erstmal einen Kaffee. Yami hatte inzwischen ein ähnliches Bedürfnis gepackt. „Izumi-san, könntest du uns den Weg in die Frühstückshalle zeigen? Wir...ähm...“ Wie aufs Stichwort fing Yamis Magen an zu knurren. „Ich verstehe schon“, kicherte Izumi vergnügt und gestikulierte wild mit ihren Armen. „Also wohl an, Ladies. Folgt mir nur und alles wird gut.“ Yami dicht auf den Fersen, hüpfte sie pfeifend voraus. Kaibas Augen verengten sich. Man konnte sagen, was man wollte, aber das Mädchen hatte eindeutig einen gewaltigen Dachschaden. ----------------------------- Auf ihrem Weg zur Cafeteria machten sie noch einen kleinen Zwischenstopp in der Wäscherei, wo sie sich von einer älteren Dame dort passendes Schuhwerk und Kniestrümpfe geben ließen. Kaiba nahm an, dass das sinnvoller war, als weiter in Socken durch die Gegend zu laufen, aber wirklich wohl fühlte er sich mit den neuen Accessoires nicht. Seine Laune wurde auch nicht besser, als er mit einem Tablett in der langen Kantinenschlange stand und darauf wartete, dass er endlich dran kam. Einige Mädchen tuschelten und zeigten mit dem Finger auf ihn und er konnte vage Wortfetzen ala „Ist das wirklich ein Mädchen?“, „Die ist aber riesig“, „...habe ich hier noch nie gesehen“ aufschnappen. Er hatte sie noch nie für sein Aussehen geschämt; nun aber wäre er am Liebsten im Erdboden verschwunden. Von ihm unbemerkt warf ihm Yami einen besorgten Blick zu. Kaiba stach wirklich heraus, nicht nur wegen seiner verkniffenen Miene, angespannten Haltung und seinen ausladenden, für ein Mädchen völlig untypischen Schritte, sondern vor allem wegen seiner Größe. Er überragte einfach alle. Yami wusste, dass Kaiba es nicht gutheißen würde und es vermutlich auch nicht viel brachte, aber er postierte sich trotzdem schützend neben Kaiba und funkelte jeden warnend an, der zu lange in ihre Richtung stierte. Das entging Seto jedoch nicht. „Was zur Hölle treibst du da?“, raunte er Yami wütend zu, der die Lippen zusammengepresst auf alles nur nicht Kaiba sah. „Ich will nur verhindern, dass wir auffliegen. Mehr nicht“, antwortete er schließlich ausweichend und Kaiba schwieg auf diese Aussage hin lange. Er war sich sicher, dass Yami ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte, aber die Alternative war einfach zu abwegig. „Will er mich etwa...beschützen?“ Der Gedanke drehte Kaiba den Magen um. Es fehlte ihm gerade noch, dass Yami ihn für schwach hielt! Er brauchte nicht beschützt werden, egal vor was oder wem. „Auf dein Mitleid kann ich verzichten“, informierte er Yami eisig, der gerade den Mund aufmachte, um zu protestieren, dass es hierbei gewiss nicht um Mitleid ging, doch da mischte sich schon Izumi ein. „Oh, seht mal, es geht weiter.“ Sie deutete auf ein undefinierbares grünes, wabbliges Zeug in einem Glasschälchen. „Und es gibt heute sogar mein Lieblingsgelee. Also ich sage euch: Das müsst ihr probieren. Ein wahres Gedicht!“ Sowohl Yami als auch Kaiba nickten nur wortlos. Das Frühstücksangebot an sich war nicht schlecht; es gab eine reichhaltige Auswahl an westlichen und japanischen Gerichten und während Yami sich eine große Tasse Kakao, Brot und Müsli genehmigte, begnügte sich Kaiba mit einer Schüssel Reis und einem Apfel. Bei den Getränken jedoch folgte die nächste unliebsame Überraschung. „Was soll das heißen es gibt keinen Kaffee?“, funkelte Kaiba die Kantinendame an, die geduldig auf ein Schild hinter ihr zeigte. „Wir haben Früchtetee, Kamillentee, schwarzen Tee, grünen Tee, Kirschtee, Pfirsichtee, Wasser mit und ohne Kohlensäure, Limonade, Orangenschaft, Apfelsaft, Milch und Kakao,“ zählte sie mit monotoner Stimme auf und stellte Kaiba ungefragt einen dampfenden schwarzen Tee aufs Tablett. „Da, der ist auch dunkel und schmeckt bitter. Zufrieden?“ Oh, wenn es nicht für ihre Tarnung gewesen wäre, hätte Kaiba der Zicke den Tee ohne Umschweife ins faltige Gesicht geschüttet! Stattdessen aber beließ er es bei einem sarkastischen „Danke sehr“ und ging mit seiner Ausbeute zu Yami, der ihnen inzwischen einen Tisch besorgt hatte. Zu seinem Leidwesen saß bereits Izumi bei ihm. „Werden wir die kleine Klette gar nicht mehr los?“ Und was noch viel wichtiger war: Musste sie Yami so dicht auf die Pelle rücken? Das Tablett auf den Tisch knallend setzte er sich Yami gegenüber, nahm seine Essstäbchen zur Hand und stocherte finster in seinem Reis herum. Izumi derweil redete pausenlos auf Yami ein, der zwar hin und wieder freundlich nickte, dabei aber immer Kaiba im Auge behielt, der von Minute zu Minute unglücklicher wirkte. Kaibas Laune verschlechterte sich zusehends. Yami ignorierte ihn und auch wenn Kaiba normalerweise kein Problem damit gehabt hätte, sogar seine Ruhe jeglicher Gesellschaft vorzog, so bildete Yami zusammen mit Mokuba doch die einsame Ausnahme. Er wollte Yamis Aufmerksamkeit, verdammt noch mal! Die Erkenntnis erschütterte ihn und doch konnte er es nicht leugnen. Irgendwie hatte es Yami von Feind, zu Rivale, zu...Freund geschafft. Oder zumindest zu tolerierter, guter Bekanntschaft. Kaiba unterdrückte ein Seufzen. „Was ist nur mit mir los? Diese ganze Situation sollte mich nicht so berühren, also warum...?“ Es wurde immer schlimmer. Das Gemurmel wollte ebenso wenig aufhören wie die Blicke auf ihm und schließlich platzte ihm der Kragen. Er hatte seine gierigen Verwandten, Gozaburo, die Big5, Marik, Noa, Amelda, Dartz, Bakura und selbst Yami überstanden. Er war ein gestandener Geschäftsmann und hatte die Kaiba Corporation zu einem der erfolgreichsten Unternehmen weltweit gemacht. Keinesfalls, keinesfalls, würde er sich von einem Haufen pubertierender Mädchen in die Knie zwingen lassen; Tarnung hin oder her. Schon wieder deutete eine Schülerin auf ihn und Kaiba fuhr sie mit einem dermassen drohenden „Was?!“ an, dass sie nur kleinlaut quiekte und schnell das Weite suchte. Kaiba sah ihr zufrieden hinterher, bevor er sich endlich seinem Frühstück widmete. Yami hatte stumm alles beobachtet und ein sanftes Lächeln stahl sich in seine Gesichtszüge. Kaiba mochte mit einem Beschützer nichts anfangen können, aber Yami schwor sich, zumindest im Geheimen auf ihn Acht zu geben. Nicht weil er glaubte, dass Kaiba es brauchte, sondern weil Yami es wollte. --------------------------- Auf Kaibas Vorschlag hin (andere würden es auch als Befehl bezeichnen) waren sie mit Izumi zusammen zum Englischunterricht gegangen. Sie wussten immer noch nicht, für welche Fächer sie von Isono eingetragen worden waren, doch Englisch hielt Kaiba für eine wahrscheinliche Wahl. Die Klasse bestand nur aus zwölf Schülerinnen und es gab noch genug freie Plätze. Um der allgemeinen Neugier wenigstens einigermaßen zu entgehen, setzten sie sich ganz nach hinten, wobei es vor den Adleraugen des Lehrers Yamato-sensei leider kein Entkommen gab. Es war der erste Mann, den Yami und Seto seit ihrer Ankunft gesehen hatten und die Art, wie er sie musterte, ließ Yami nichts Gutes erahnen. Hatte er ihre Verkleidung etwa schon durchschaut? Der Lehrer räusperte sich lautstark und rückte seine Brille zurecht. „Nun, meine Damen. Sie zwei scheinen mir neu zu sein. Dürfte ich den Ihre werten Namen erfahren?“ Einige der Mädchen kicherten und drehten sich erwartungsvoll zu ihnen um, doch Kaiba und Yami ignorierten sie für den Moment. „Ayumi Kaiba“, meinte Seto lediglich schroff und gab sich dabei keine sonderliche Mühe, seine Stimme wenigstens annähernd weiblich klingen zu lassen. Er hatte den ganzen Morgen über schon einen auf 'nett' machen müssen und seine Geduld war inzwischen tot und begraben. Da konnte ihn Yami noch so missbilligend anschauen. Widerwillig richtete Yami seine Aufmerksamkeit von Kaiba weg auf den Lehrer. „Yumi Kaiba“, entgegnete er und fügte noch hinzu: „Wir sind gestern Abend mit dem Bus angekommen. Heute ist unser erster Tag hier und...“ „Aha. Mmm, Ayumi und Yumi Kaiba also,“ unterbrach ihn Yamato-sensei und überflog seine Klassenliste. „Hmmmm, ja, nun, ich würde Sie bitten, nach dem Unterricht noch kurz zu bleiben, damit wir alles Weitere klären können. Für den Moment will ich Ihnen mal Ihre Geschichte glauben.“ Das gesagt, wandte er sich an die übrige Klasse. „Und nun schlagen Sie bitte Ihre Bücher auf S. 30 auf. Today we're are going to...“ Auch der Rest der Stunde wurde in Englisch abgehalten und Yami hatte schon lange aufgegeben dem Unterricht zu folgen. Zum Einen hatte er weder Stift, Buch noch Zettel parat, zum Anderen verstand er ohnehin kaum ein Wort und amüsierte sich deshalb lieber mit diskreten Blicken zu Kaiba, der mit dem Kopf in einer Hand gestützt den Eindruck machte, als wäre er kurz vorm Einschlafen. Yami nahm an, dass im Gegensatz zu seiner Unfähigkeit Kaibas Desinteresse wohl daran lag, dass er den Stoff ohnehin schon kannte. Der ehemalige Pharao musste grinsen. „Vielleicht kriege ich ihn ja dazu, mir ein wenig Nachhilfe zu erteilen. Ich wüsste auch schon die richtige Bezahlung dafür...“ Er ließ seinen Blick von Kaibas Gesicht zu dessen langen Beinen wandern und erging sich in Fantasien über all die schönen Dinge, die er jetzt lieber tun würde als untätig hier herum zu sitzen. Kaiba wusste zwar nicht, welchen Tagträumen Yami da gerade nachhing, aber dass dieser seit geschlagenen zehn Minuten auf seine Beine glotzte, passte ihm jedenfalls nicht. Unruhig rutschte er ein wenig auf seinem Stuhl hin und her. Er konnte sich nicht helfen, doch so langsam bekam er wirklich den Eindruck, dass Yami...wie würde es Mokuba ausdrücken? Ach richtig, dass Yami rattenscharf auf ihn war. Kaibas Stirn legte sich in Falten. Mokubas neustes Vokabular besorgte ihn und wenn er jemals herausfinden sollte, wer dafür verantwortlich war, dann würde er demjenigen mit Freuden den Hals umdrehen. Er hatte bereits Bonkotsu im Verdacht und sobald er dem Trottel das nächste Mal begegnete, würde er... „Hier bitte, für dich.“ Blinzelnd sah Kaiba erst auf seine Tischplatte, auf der nun ein paar leere Blätter Papier sowie ein Kugelschreiber lagen und schließlich in ein freundlich lächelndes Gesicht. Besagtes Gesicht gehörte zu einem hübschen Mädchen, das ihm kurz zuzwinkerte, bevor es wieder dem Unterricht folgte. „Das...“ Kaiba wusste nicht, was er sagen sollte. Ein 'Danke' wäre vermutlich angebracht gewesen, doch das war ein Wort, mit dem Kaiba seit jeher Probleme hatte, zumindest wenn es ehrlich gemeint war. Schweigend nahm er sich einen der Zettel und fing an sich Notizen zu machen; nicht zum Unterricht, aber zu all den Verträgen und Geschäftspartnern, mit denen er sich normalerweise heute hätte auseinandersetzen müssen, wenn nicht diese leidige Sache mit der Yakuza dazwischen gefunkt hätte. Er musste unbedingt an einen Computer mit Internetzugang herankommen... Yami derweil war immer noch im Lala-Land und bemerkte weder den kleinen Austausch von Seto und dem Mädchen noch die schmachtenden Blicke, mit denen Izumi ihn beglückte. Kapitel 4: Eingewöhnung ----------------------- So, ein neues Kapitel. Ist eher eine Art Übergangskapitel und daher recht kurz. Das nächste wird wieder länger. -------------------------------- Kapitel 4 - Eingewöhnung „Nun, das war interessant“, kommentierte Kaiba ihr Gespräch mit Yamato-sensei trocken und klemmte sich den von ihrem Lehrer erhaltenen Bücherstapel unter den Arm, während er in der anderen Hand seinen Stundenplan hielt, den er nun eingehend studierte. Yami, vollauf damit beschäftigt, seinen eigenen Bücherberg sicher zu ihrem Zimmer zu transportieren (war das Einbildung oder hatte er viel mehr Wälzer zu schleppen als Kaiba?!), brachte nur ein undeutbares „Hmmmm“ zustande. Sie konnten sich glücklich schätzen, dass Kaibas Computerexperten so schnelle und gründliche Arbeit geliefert hatten, denn gleich nach dem Englischunterricht hatte Yamato-sensei ihre Daten abgefragt, um zu überprüfen, ob sie denn überhaupt ordnungsgemäß in der Schule angemeldet waren. Nachdem er alles zu seiner Zufriedenheit vorgefunden hatte, war der Lehrer gleich viel versöhnlicher auf sie zu sprechen gewesen; hatte ihnen ihren Stundenplan überreicht samt allen nötigen Büchern und einer Wochenladung Hausaufgaben zur, wie er es nannte, 'Nachbearbeitung'. Im Privaten betitelte Yami diese Aktion eher mit 'Strafarbeit, weil Ihr im Unterricht nicht aufgepasst habt', aber da er leider kein Pharao mehr war und seit dem Verlust seines Millennium-Puzzles auf der magischen Ebene versagte, konnte er nicht viel mehr tun als sich seinem Schicksal stumm zu ergeben. „Vielleicht sollte ich es wie Jounouchi machen und den ganzen Kram einfach verbrennen“, überlegte Yami müßig, doch als ihm einfiel, dass bei Jounouchis ganz eigenem Schulaufgaben-Lagerfeuer zum Schluss ein Eimer voll Wasser nötig gewesen war, um Bakuras entflammte Haare zu löschen, verwarf er die Idee lieber wieder. Anzus anschließender Vortrag 'Warum Jungs nicht mit Feuer spielen sollten' war Yami auch noch in grausiger Erinnerung. So vertieft in sein Elend achtete er nicht darauf, wo er hintrat, übersah eine Treppenstufe und geriet prompt ins Stolpern, aber während seine Bücher die Fahrt gen Boden antraten, blieb er wundersamerweise von der Schwerkraft verschont. Überrascht sah er an seinem Arm entlang, der von einer schlanken, großen Hand gepackt worden war und immer weiter hinauf, bis in Kaibas Gesicht, der ihn in einer seltsamen Mischung von Amüsiertheit und Besorgnis betrachtete. „Bist du in Ordnung?“, fragte er schließlich sachte und machte trotz Yamis bestätigendem Nicken keine Anstalten, ihn wieder loslassen zu wollen. Kaiba suchte nicht oft Körperkontakt (und selbst das war eine Übertreibung), weswegen Yami von der Geste gleichermaßen überrumpelt wie gerührt war. Ermutigt drückte er Kaibas Hand, der daraufhin jedoch mit einem scharfen Atemzug so schnell von ihm zurücktrat, als hätte Yami die Pest und Cholera am Hals und müsste auf Teufel komm raus gemieden werden. Setos Lippen waren halb geöffnet, als ob er etwas sagen wollte und seine Augen verschleiert, doch schließlich fing er sich und kniete sich lediglich wortlos nieder, um Yamis Bücher aufzusammeln. Schweigend tat Yami es ihm gleich. Zurück in ihrem Raum deponierte Yami seine Schulsachen in einem Schrank und ließ sich danach seufzend aufs Bett fallen. Sie hatten lediglich eine Freistunde und der Schultag war noch lange nicht um, doch bereits jetzt machten seine Stimmbänder den Eindruck, als wären sie kurz vorm Zerreißen. Seine gefakte Mädchenpiepsstimme gefährdete unzweifelhaft seine Gesundheit. „Ob es Kaiba wohl auch so ergeht?“ Vorsichtig sah er zu der fraglichen Person, die immer noch hartnäckig ihr 'Ich darf mit Yami nicht reden' Gelübde zu verfolgen schien und Yami auch sonst erfolgreich ignorierte. Yami verstand es nicht. In einem Moment bewahrte ihn Kaiba vor einem schmerzhaften Sturz, um ihn im nächsten wie Luft zu behandeln. „Vielleicht ist er immer noch wütend darüber, dass ich uns in dieses Internat verfrachtet habe? Oder macht er sich Sorgen um die Yakuza?“ Yami legte überlegend den Kopf schief. Er würde Kaiba gerne helfen, aber solange er nicht wusste, was dessen Problem war, ging das denkbar schlecht. Zudem hatte Yami das ungute Gefühl, dass er der Katalysator für Kaibas abweisende Art war. Kaiba derweil saß an dem ersten Teil ihrer zahlreichen Englischhausaufgaben und versuchte angestrengt, Yamis unerwünschte Anwesenheit auszublenden, was gar nicht so einfach war, da dieser seine Unterrichtsbeschäftigung fortführte und ihn ungeniert anstarrte. Kaiba hätte schwören können, dass diese bohrenden roten Augen dabei nicht einmal blinzelten. Er legte den Stift zur Seite und massierte sich erschöpft die Schläfen. Yamis unverhohlene Neugier hatte er sich selbst zuzuschreiben. „Ich hätte einfach nicht zurück zucken dürfen, bloß, weil er mich angefasst hat.“ Es war nicht einmal bewusst geschehen; mehr aus einem Reflex heraus. Als Geschäftsmann schüttelte er fast jeden Tag fremde Hände und es hatte ihn nie wirklich gestört, aber heute, mit Yami, war es anders gewesen. Er hatte vorher noch nie bemerkt, wie warm oder weich die Hand seines Gegenübers war, hatte die Berührung vorher noch nie genossen und sich nach ihr gesehnt. Und genau das war gefährlich. Yami durfte nicht merken, wie groß sein Einfluss auf ihn war, denn was wäre, wenn Yami sich am Ende entschließen würde, diesen auszunutzen? Kaiba duldete keine Schwächen und seine beginnende Zuneigung zu seinem Rivalen/Freund/was auch immer war definitiv eine und gehörte ausgemerzt! Oder zumindest gut versteckt. Kaiba entwich ein zufriedenes Seufzen. Seine Kopfschmerzen ließen allmählich nach und das besserte seine Laune zumindest geringfügig. Diese Schläfenmassage tat wirklich gut... „Einen Moment mal, das sind doch nicht meine Finger?!“ Entsetzt fuhr er herum. „Yami? Was zur Hölle machst du da?“ Yamis Grinsen war in seiner Intensität fast schon ansteckend. „Das hat aber gedauert. Ich stehe hier schon seit einer ganzen Weile und dachte bereits, du wärst eingeschlafen.“ Er hob seine Hände. „Soll ich dich weiter massieren oder willst du mir immer noch aus dem Weg gehen? Ich würde ja Variante Eins bevorzugen. Wie sieht es bei dir aus?“ Kaiba rückte demonstrativ mit seinem Stuhl aus Yamis Reichweite. „Ich sagte dir doch, dass ich keinen Wert auf deine Hilfe lege, also halte dich auch daran. Im Übrigen: Solltest du dich nicht an deine eigenen Aufgaben machen oder deine Freundin Izumi besuchen oder...was weiß ich was tun, und zwar vorzugsweise etwas, was deine körperliche Abwesenheit aus diesem Raum erfordert?“ Kaibas Blick war gezielt bösartig, aber Yami war sich mehr denn je sicher, dass es nur eine Fassade und nicht mehr war. Er zog sich einen Stuhl heran und ließ sich darauf nieder. „Wenn du willst, dass ich mich an Englisch wage, dann musst du mir schon dabei helfen. Meine Kenntnisse beschränken sich leider auf das Wenige, was ich während meiner Zeit im Puzzle von Yuugi aufgeschnappt habe.“ „Ah, sag bloß es gibt etwas, womit der mächtige Pharao und König der Spiele überfordert ist“, spöttelte Kaiba und verschränkte die Arme. „Dass ich das noch erleben darf.“ Yami zuckte mit den Schultern. „Das ist nicht das Einzige, was mich überfordert. Es gibt noch andere, wesentlich kompliziertere Dinge, die ich hoffe eines Tages zu lösen.“ Er sah Kaiba offen an, der ihm unbehaglich auswich. „Nicht jedes Rätsel muss gelöst werden, Yami“, antwortete Seto leise und spielte dabei mit seinem Kugelschreiber. „Und vor allem ist nicht jedes Rätsel die Mühe wert.“ „Oh, dieses Rätsel ganz sicher. Daran hege ich keinen Zweifel.“ Yami legte alle Überzeugung in seine Stimme, die er auch fühlte. Kaiba jedoch zuckte nur zusammen und erwiderte ausweichend: „Wir sollten mit unseren Aufgaben weitermachen.“ Er reichte Yami einen Zettel, den dieser enttäuscht entgegen nahm. Dennoch, alles in allem, war das ein sehr aufschlussreiches Gespräch gewesen. Kaiba jedenfalls schien zwar verunsichert, aber seinen Annäherungsversuchen nicht gänzlich abgeneigt zu sein. Und seine Englischnachhilfe bekam er nun auch noch. Nicht ganz das, was Yami wirklich wollte, aber immerhin kein schlechter Anfang. --------------------- Kaibas Migräne hatte eine Wiederkehr der besonders schmerzhaften Art vollzogen. Nach einem Schultag voller lauter, ständig kichernder Mädchen und langweiligem Unterricht wollte Kaiba einfach nur noch seine Ruhe haben. Izumi jedoch hatte andere Pläne und hing seit geraumer Zeit erneut Yami am Arm und das so fest, dass Kaiba schon mit dem Gedanken gespielt hatte, eine Brechstange zu besorgen und das Gör mit Gewalt loszueisen. „Wieso lässt Yami sich das nur gefallen? Gefällt ihm das etwa?“ Seine Hände ballten sich vor Ärger. Wenn einer hier das Recht hatte Yami zu betatschen, dann ja wohl er! Als ob sie seine Gedanken lesen könnte, drehte sich Izumi zu ihm um und streckte ihm die Zunge raus. „Dieses kleine Miststück.“ Zu Schade, dass Yami das nicht mitbekommen hatte, denn Kaiba hätte gerne gewusst, wie er darauf reagiert hätte. Einerseits war sich Kaiba nun ziemlich sicher, dass Yami was von ihm wollte (ob Yami es letztendlich auch ernst meinte, war noch mal eine andere Frage), andererseits aber erlaubte er, dass Izumi quasi zu einem neuen Körperteil von ihm verwuchs, sooft wie sie ihn drückte, umarmte und sich an ihn dran hing. Es war schlichtweg frustrierend. Diese ganze Tarnungsscharade zwang Kaiba eine Zurückhaltung auf, die er seit Gozaburos Freitod nicht mehr gewohnt war. „Oh, guckt mal“, ließ Izumi plötzlich laut vernehmen und hoppelte zu ihrer Zimmertür, an der ein Zettel klebte. „Es sind zwei Koffer für euch abgeben worden. Bestimmt persönlicher Kram, nicht wahr?“ Kaiba und Yami wechselten einen Blick. Das mussten Isonos Besorgungen für sie sein. Wenn der Mann eines war, dann verlässlich. Und nicht nur das: Die Koffer bedeuteten auch, dass Yami endlich Izumi loswerden musste, denn deren Inhalt sollte das Mädel lieber nicht sehen oder Yami hätte eine Menge zu erklären. Kaibas Kopfschmerzen fühlten sich mit der Erkenntnis gleich viel besser an. Nachdem Izumi widerstrebend abgezogen war, widmeten sich Kaiba und Yami gleich ihrem Gepäck. Isono hatte an alles gedacht. Mädchenkleidung, Hygieneprodukte, Unterwäsche für beiderlei Geschlechter, einen Laptop, den Kaiba gleich innig in die Arme schloss und sogar eine Duelmatte. Yami hätte zwar eine neue Dueldisk bevorzugt, aber die Matte war auf alle Fälle besser als nichts. Sowohl er als auch Kaiba hatten ihre Dueldisk während der Flucht vor dem Yakuza an zwei kleine Jungs verschenkt, da die Geräte sie beim Laufen behindert hatten. Ihre Decks hatten sie aber natürlich noch und zusammen mit ihren eigenen Klamotten sicher in einem abschließbarem Nachtschränken verstaut. Yami juckte es regelrecht in den Fingern, sich erneut mit Kaiba zu duellieren, denn es gab sonst fast nichts, wobei Kaiba so lebendig und jung wirkte. Yami war zwar auch eher ernsterer Natur, aber er war rein rechnerisch auch 3000 Jahre älter. Seto war mit seinen 17 Jahren jedoch nicht mehr als ein Teenager und es schmerzte Yami zu sehen, wie Kaiba sich immer wieder bis an seine körperlichen und seelischen Grenzen trieb, um Mokuba die Kindheit zu gewähren, die ihm einst selbst versagt geblieben war. Setos Vergangenheit konnte Yami nicht mehr ändern, doch zumindest dafür, dass Kaibas restliches Leben nicht die gleiche unglückliche Wendung nahm, wollte er sorgen. Allerdings galt es vorher den Yakuza loszuwerden, denn sonst hatte keiner von ihnen eine Zukunft, geschweige denn eine gemeinsame. Die Frage war nur: Hatte dieser die Suche nach ihnen inzwischen aufgegeben oder genossen sie gerade nur die Ruhe vor dem Sturm? Kapitel 5: Parieren und Annehmen -------------------------------- Danke an alle Kommentarschreiber und Leser! -------------------- Kapitel 5 – Parieren und Annehmen „Ah, autsch, Mist verdammter...“ Fluchend versuchte Yami den Lockenstab aus seinem nun hoffnungslos wirren Haar zu ziehen und riss sich bei der Gelegenheit auch noch ein paar blonde Strähnen heraus. Kaiba sah ihm gelangweilt zu. „Kämpfst du immer noch damit? Wenn du so weiter machst, hast du bald eine Glatze. Obwohl...“ Ein verhaltenes Grinsen erschien auf seinen Lippen. „...steht dir bestimmt prima. Dann kann zumindest jeder deinen Eierkopf bewundern.“ Yami wirbelte zu ihm herum. „Erstens: Ich habe keinen Eierkopf und zweitens: Dir würden ein paar Löckchen auch nicht schaden. Du siehst immer noch viel zu sehr nach Mann aus.“ „Na, ein Glück,“ antwortete Seto leichthin und richtete verstohlen sein Handy auf Yami. Einen Klick später hatte er sein Foto. Oh, das war einfach zu gut. Yami im zu kurzen Rock mit ausgestopftem BH und halb glatten, halb abstehenden Haaren in einen wilden Kampf mit dem Lockenstab verwickelt. Das perfekte Erpressungsmaterial. Bevor Yami ihm auf die Schliche kam, packte er das Handy rasch wieder in seine Schultasche und malte träge einige deformierte Figuren auf seinen Collegeblock. Nachdem er aber mit Schrecken feststellen musste, dass seine Zeichenergüsse Yami nicht ganz unähnlich sahen, knüllte er schnell das Blatt zusammen und warf es mit einem gezielten Wurf in den Papierkorb. Er wollte sich gerade seinem Laptop und seinen Emails widmen (laut Isono nach wie vor keine Spur von irgendwelchen Yakuza), als ihm Yami herausfordernd den Lockenstab vor die Nase hielt. „Du bist dran“, informierte er Kaiba und drückte ihm zur Vervollkommnung des Ensembles auch noch gleich ein bunt-geblümtes Haargummi in die Hand. Kaiba hob eine Augenbraue. „Meine Verkleidung ist ausgezeichnet und diese Farbe passt leider so gar nicht zu meinem Teint. Aber wenn du so auf Zöpfe stehst, kann dir bestimmt Izumi weiterhelfen. Sie steht sicher schon lauernd auf dem Flur und kann es kaum erwarten, dich wieder in ihre entzückenden Ärmchen zu schließen.“ Er machte eine rüde Geste Richtung Tür und Yami stöhnte entnervt. „Ich weiß wirklich nicht, was du gegen sie hast. Sie ist ein nettes Mädchen und hat dir nichts getan. Oder...“ Er lehnte sich verschwörerisch vor, so dass Kaiba Yamis Atem auf seiner Haut spüren konnte, „...liegt es etwa daran, dass du, ich wage es kaum auszusprechen, eifersüchtig bist?“ Der Blick, den Kaiba nun Yami zuwarf, war so düster, dass Yami unweigerlich einen Schritt zurück tat. Eigentlich hatte er seinen Rivalen nur aufziehen wollen, aber dessen Reaktion gab Yami zu denken. „Kann es sein, dass er wirklich eifersüchtig ist? Aber dann...“ Bevor er weiter darüber nachsinnen konnte, hatte ihm Kaiba mit einem mal den Lockenstab entrissen und salutierte spöttisch damit. „Wenn du mit Locken herumlaufen willst, dann ist das für mich erst Recht kein Problem. Und nun sieh zu und lerne, wie man mit dem Ding richtig umgeht, du Technikversager.“ Ein paar Minuten später war er bereits fertig, auch wenn Yami im Geheimen der Meinung war, dass es sich Kaiba viel zu einfach gemacht hatte. Er hatte lediglich seine Haare im Nacken und an den Schläfen leicht bearbeitet, was sie zwar voller und auch weiblicher wirken ließ, aber im Vergleich zu Yami war das ja wohl ein Witz. Immerhin hatte er sich seine volle Haarpracht geglättet und leicht gelockt und nicht nur ein paar Strähnen hier und da! Sein falscher Busen juckte, der Damenslip in seinem Schritt zwickte furchtbar und Yami entwich ein wehklagendes Stöhnen. Eigentlich hatte er gehofft, um wenigstens die Damenunterwäsche herum zu kommen, aber der Sportunterricht heute verbot das blöderweise. Zumindest ein bisschen Oberweite musste er präsentieren können (genauso wie Kaiba erntete auch er bereits zu viele misstrauische Blicke), wenngleich diese nur aus Einlagen und Taschentüchern bestand und einer kritischen Überprüfung nicht standhalten würde. Vorsichtshalber wollte er sich darum auch seine Sportsachen direkt unter seiner normalen Schulkleidung anziehen, so dass er sich später in der Umkleidekabine nicht extra umziehen musste und die Mädchen dort Körperteilen gewahr wurden, die an einem weiblichen Wesen normalerweise nichts zu suchen hatten. Das Duschen, so hatte Yami bereits beschlossen, würde ebenfalls warten müssen, bis er wieder in der relativen Sicherheit ihres Raumes war. In seinen Gedanken konnte er Honda und Jounochi protestierend schreien hören. Den beiden wäre die Gefahr aufzufliegen ziemlich egal gewesen, solange sie nur einen Haufen nackter Mädchen beim Waschen hätten zusehen können. Den einzigen, den Yami nackt sehen wollte, war Kaiba, aber der schien von der Idee weniger begeistert zu sein. Zumindest hatte dieser auf den spielerischen Vorschlag einer gemeinsamen Dusche hin Yami lautstark die Badezimmertür vor der Nase zugeknallt und ihm für die nächsten zwei Stunden die kalte Schulter gezeigt. Yamis Seufzen wurde noch leidiger. Nicht nur, dass Kaiba ihm weiterhin völlig gegensätzliche Signale sandte, was seine Annäherungsversuche betraf, nein, mehr noch, Kaiba hatte außerdem auch noch Recht gehabt. Yamis Einfall, sich ausgerechnet in einem Mädcheninternat zu verstecken, gehörte wahrlich nicht zu seinen besten Plänen. All ihre Männlichkeit wurde hier aufs Äußerste bedroht. Und, Yami nahm sich nun mit Grauen des nächsten Folterinstruments an, es wurde immer schlimmer. Sie waren inzwischen drei Tage hier und heute morgen, wie aus heiterem Himmel, hatte doch plötzlich so eine schwer parfümierte und übermäßig geschminkte Tusnelda auf seine Beine gedeutet und sich über seine Haare dort lustig gemacht. Dabei hatte er doch kaum Körperbehaarung und das bisschen, was zwischen Rock und Strümpfen sichtbar war, konnte man wirklich nur bei genauerem Hinsehen erkennen. Yami hätte den verbalen Schlag eigentlich ignoriert, aber Izumi, die es offenbar nicht ertragen konnte, wenn man schlecht über ihn sprach, hatte schließlich so lange auf ihn eingeredet sich doch mehr um sein Aussehen zu kümmern, bis Yami schließlich schon allein deshalb zugestimmt hatte, damit sie endlich Ruhe gab. Geschlagen sprühte er seine Beine ein und begann seine Rasur. „Mh, du nimmst diese Sache wirklich ernst was?“ Mit verschränkten Armen stand Kaiba am Türrahmen und schaute Yami neugierig zu. „So langsam gewinne ich den Eindruck, dass du wirklich in den falschen Körper hineingeboren wurdest. Weiß Yuugi schon davon? Ich meine, derart eifrig wie du dich...“ „Sei du mal lieber ganz still“, unterbrach ihn Yami und wedelte mit dem Rasierer. „Deine Beine sind auch völlig glatt.“ „Ah, das mag sein. Sie sind aber dennoch nicht rasiert“, widersprach Kaiba und hob arrogant sein Kinn. „Auf so ein Niveau lass ich mich nicht herab. Das überlasse ich lieber dir.“ Yami ging nicht auf den Streitversuch ein. „Wenn nicht rasiert, was dann?“ „Gelasert“, gab Kaiba mürrisch zu und seine Wangen nahmen wieder den lieblichen Rotton an, den Yami inzwischen zu schätzen und lieben gelernt hatte. Yami grinste und Kaiba hmpfte beleidigt. „Was auch immer du denkst, lass es“, warnte er und drehte Yami den Rücken zu. „Als Geschäftsmann muss ich nun mal auf mein Aussehen achten. Eine gewisse Hygiene ist Pflicht.“ „Oh, so ist das also. Ich Dummkopf hätte ja jetzt glatt gedacht, du wärst eitel“, spöttelte Yami und spülte sich die letzten Reste Schaum ab. „Aber du hast natürlich Recht: Das ist nicht Eitelkeit, das ist Pflicht.“ „Ich bin nicht eitel“, beharrte Kaiba und kam erbost ins Badezimmer gestürmt. Yami sah amüsiert zu ihm auf. „Wenn du es sagst...“ Er legte überlegend einen Finger an sein Kinn. „Wobei ich mich doch frage, wie oft deine Geschäftspartner deine nackten Beine zu sehen kriegen. Ich hoffe gar nicht, denn ich bin der Meinung der Einzige, der dieses Privileg haben sollte, ist meine Wenigkeit.“ Kaibas Augen verengten sich gefährlich, doch anstatt eines bissigen Kommentars streckte er nur seine Hand aus. „Kann ich mal den Rasierschaum?“, fragte er mit falscher Liebeswürdigkeit und Yami schüttelte misstrauisch den Kopf. „Lieber nicht“, meinte er und drückte die Dose fest an seine Brust, was ihm im Endeffekt auch nicht viel nützte. Blitzschnell wollte Kaiba nach der Dose greifen, doch da Yami partout nicht loslassen wollte, entstand ein chaosartiges Gerangel in dessen weiteren Verlauf Kaiba immer aggressiver wurde bis er endlich die Beute in Händen hielt und triumphierend auf Yami herab grinste. Er schüttelte die Dose kräftig und Yami wollte noch abwehrend die Hände heben, als Kaiba bereits den gesamten Rasierschaum auf Yamis Kopf verteilte und mit einer Aura des Sieges zufrieden aus dem Raum marschierte. Yami derweil sah ihm perplex hinterher, während kalte Schaumflocken langsam aus seinen Haaren und in sein falsches Dekolleté tropften, wo sie sich mit den Taschentüchern dort zu einer gar reizenden klumpigen Masse verbanden. Im Sportunterricht konnte Yami zum Glück einen Teil seiner Frustration in einem hitzigen Volleyballmatch abbauen. Kaum fünf Minuten im Spiel und seine Schmetterbälle waren bereits legendär. Kein Mädchen, das nicht ängstlich seinen kraftvollen Bällen auswich. Yami bekam fast schon Mitleid mit ihnen, aber wenn er spielte, dann um zu Gewinnen. Dabei war es egal, ob es sich um Sport oder Duelmonsters handelte. Kaiba wäre eine würdige Herausforderung gewesen, aber, wie Yami verärgert hatte feststellen müssen, der war vom Sport freigestellt. Yami wusste nicht, was Isono in Kaibas Daten als Grund dafür eingetragen hatte und es war ihm im Grunde auch egal. Was ihm jedoch nicht egal war, war die Frage, warum Isono nicht das gleiche für ihn getan hatte. Dann hätte er sich nämlich ebenso wie Kaiba keinen Deut um Busenattrappen, Duschen und Umkleiden kümmern müssen! Ein Ball flog auf ihn zu und mit einem beherzten Sprung konzentrierte sich Yami wieder auf das Spiel. Während Yami den nächsten Punkt für seine Mannschaft ergatterte, saß Kaiba gelassen auf einer Bank am Rande des Spielfeldes und las in Ruhe ein Buch. Es ärgerte ihn immer noch, dass er hier in dieser Schule seine Zeit vergeuden musste, während Kaiba Corporation hauptsächlich in den fähigen, aber unerfahrenen Händen Mokubas und Isonos ruhte, doch allmählich lernte er auch die guten Seiten seiner erzwungenen Untätigkeit kennen. Es war schon lange her, dass er sich die Zeit nehmen konnte, um etwas zu lesen, was kein Geschäftsbericht, Vertrag oder Ausdruck seiner Aktienkurse war und auch Yamis stetige Gesellschaft war eine überraschend willkommene Abwechslung. Trotzdem wusste Kaiba, dass es nicht ewig so weitergehen konnte. Wenn sich innerhalb der nächsten Woche nichts Neues bezüglich der Yakuza ergab, würde er wieder nach Hause gehen, ganz egal, was Yami dazu zu sagen hatte. Ein lauter Pfiff des Trainers kündigte einen Seitenwechsel an und ließ Kaiba kurz aufblicken. Yami lief lächelnd an ihm vorbei und Kaiba runzelte irritiert die Stirn. Hatte er einen Knick in der Optik oder rutschte Yamis rechter „Busen“ wirklich immer weiter nach unten? Er sah Yami hinterher und...oh scheiße! War das ein Taschentuch, das seitlich unter Yamis T-Shirt herausragte?! Schnell nahm Kaiba das fragwürdige Objekt näher in Augenschein. Tatsächlich, er hatte sich nicht verguckt. „Yami“, zischte er schneidend und versuchte mit diskretem Winken die Aufmerksamkeit des anderen auf sich zu ziehen. „Yami!“ Sein Rivale schien ihn nicht zu hören. Schon wieder sprang er hoch, um einen Ball anzunehmen und mit Schrecken sah Kaiba, wie nun auch dessen linker Busen seinen angestammten Platz verließ. Eines der Mädchen, Cho? (Kaiba hatte sich nicht sonderlich bemüht, die Namen seiner Klassenkameradinnen zu lernen), entging dies ebenfalls nicht und sie wollte sich gerade an Yami heranschleichen, um sich das Ganze mal aus der Nähe anzusehen, als Kaiba in einem verzweifelten Akt sein Buch an Yamis Schädel warf. Sofort richteten sich alle Augen auf Kaiba und ihr Lehrer pustete ein paar Mal entrüstet in seine Trillerpfeife, bevor er tadelnd mit dem Finger wackelte. „Ayumi-san, würdest du mir bitte erklären, was das sollte? Du kannst doch nicht einfach deine Mitschülerinnen mit Gegenständen bewerfen. Mit Bällen, ja, aber nicht mit Gegenständen. Ich verlange eine augenblickliche Entschuldigung.“ An Kaibas Wange zuckte ein Muskel und er lächelte gezwungen. „Ich...ah, ich müsste ganz dringend was mit Yumi-san besprechen. Dauert nicht lange.“ Der Lehrer war mit dieser Aussage ganz und gar nicht zufrieden, aber bevor er Kaiba in die Mangel nehmen konnte, war Yami bereits hastig mit über der Brust verkreuzten Armen zu Kaiba gelaufen. „Ist schon in Ordnung, Sensei. Ich bin sicher, Ayumi hatte ihre Gründe. Ich, uh, müsste nur gerade mal auf Toilette. Bin sofort wieder da.“ Er zwinkerte Kaiba kurz zu und verschwand schnell in der Umkleide. Zufrieden bemerkte Kaiba, dass Yami das halb heraushängende Taschentuch entfernt hatte, was wohl zusammen mit seinem flotten Abgang hieß, dass ihm sein kleines Busenproblem endlich aufgefallen war. Kaiba wollte ihm gerade folgen, als der Lehrer ihn an der Schulter festhielt und kopfschüttelnd auf eine große Kiste mit Bällen zeigte. „Nicht so schnell, junge Dame. Yumi-san mag kein Problem in deinem Verhalten sehen, aber ich, als der zuständige Lehrkörper, bin verantwortlich für eure weitere Entwicklung und kann so etwas nicht durchgehen lassen. Als Strafe wirst du die Bälle dort auf ihren Luftdruck überprüfen und die Platten aufpumpen.“ Kaiba verzog das Gesicht. Das waren echt viele Bälle. „Alle?“, fragte er mürrisch und der Lehrer nickte. „Alle“, bestätigte er und deutete auf ein Netz, in dem noch mindestens 20 Fußbälle verstaut waren. „Und die dort nicht vergessen.“ Also das fand Kaiba nun wirklich unfair. Gut, er hatte Yami ein Buch an den Kopf geworfen, aber der hatte bestimmt nicht einmal eine Beule. Und falls er doch eine hatte, dann sicherlich nur eine ganz kleine. Statt sich aber auf einen Streit mit dem Lehrer einzulassen, den er eh nicht gewinnen konnte, machte sich Kaiba nur leise Flüche brummend an seine Arbeit. Dabei bemerkte er nicht, wie Cho sowohl seine als auch die Unaufmerksamkeit ihres Lehrers nutzte, um ebenfalls aufs Klo zu verschwinden. ----------- Achtsam formte Yami sein Dekolleté nach und drapierte die Taschentücher wieder dort, wo sie hingehörten, während er gleichzeitig das stetige Pochen in seinem Kopf zu ignorieren versuchte. Kaiba hatte zwar nur helfen wollen, aber Yami wünschte sich trotzdem, dass er sein Buch dabei weniger kraftvoll zum Einsatz gebracht hätte. Zumindest wusste Yami jetzt, dass er sich niemals auf ein Spiel mit seinem Rivalen einlassen sollte, bei dem es um pure Kraft ging. Er wollte sich gerade sein T-Shirt wieder überziehen, als er leise Schritte hinter sich hörte. Das Shirt an seinen Busen gepresst, drehte er sich misstrauisch um und stieß dabei fast mit Cho zusammen, die eilig nach hinten taumelte und dabei verlegen lachte. „Oh, Yumi-san, ich wollte nur sichergehen, dass mit dir alles klar ist. Das war wirklich ein fieser Wurf und ich...uhm...“ Yamis Lachen war genauso aufgesetzt wie das von Cho. „Danke, aber das war doch nicht nötig“, versicherte er gezwungen freundlich, und im Stillen fügte er noch hinzu: „Wirklich nicht.“ „Nun, irgendwer muss sich ja um dich kümmern. Und ich muss schon sagen...“, quatschte Cho hartnäckig weiter und starrte dabei ungeniert auf Yamis bedeckte Brust. „...deine Freundin Ayumi ist wirklich ziemlich komisch drauf; vor allem so abweisend und, uh, brutal. Ein richtiges Mannweib.“ „Oh, du hast keine Ahnung, wie Recht du damit hast“, reflektierte Yami amüsiert. Laut sagte er jedoch: „Sie schätzt nun mal ihre Privatsphäre. Und wo wir gerade davon sprechen: Könntest du dich kurz umdrehen?“ Seine Stimme war mehr Befehl denn Bitte, aber Cho winkte nur unbeirrt ab. „Yumi-san, wir sind doch beide Mädchen. Das muss dir wirklich nicht peinlich sein. Du weißt ja gar nicht, wie viele nackte Frauen ich schon gesehen habe.“ Diese Bemerkung ließ Yami die Stirn runzeln. Meinte Cho das genauso pervers wie es sich angehört hatte oder war das pure Einbildung? So oder so: Das Mädel war im Weg. Yamis Rettung kam in Form eines schlecht gelaunten Kaiba, der mit unverhohlenem Frust auf sie zugestapft kam und dabei Cho Todesblicke zuwarf. „Der Lehrer hat mich geschickt, dich zu suchen. Nutzlos herumstehen kannst du auch auf dem Volleyballfeld, also schwinge dich zurück in die Halle. Und dich...“, fixierte er Yami. „...soll ich fragen, ob du noch weiter spielen willst. Offensichtlich ist dein Team ohne dich aufgeschmissen.“ Kaibas saurer Tonfall ließ keinen Zweifel daran, wie wenig er es schätzte als Botenjunge missbraucht zu werden und welche Konsequenzen jenen Toren drohten, die es wagen würden sich seinen Anweisungen zu widersetzen. Trotzdem wagte Cho einen Einwand: „Also Ayumi-san, ich weiß nicht, was dein Problem ist, aber du musst dringend an deinem Benehmen arbeiten. Das gerade hättest du auch viel freundlicher sagen können und überhaupt waren Yumi-san und ich in einer Besprechung. Troll du dich gefälligst von dannen, nicht ich!“ Kaibas darauf folgendes Grinsen war so falsch und fies, dass Cho tatsächlich einen unsicheren Schritt nach hinten tat, wie Yami interessiert bemerkte. Im Geheimen jedoch musste er Cho applaudieren. Das Mädchen war mutig. Sicher, der Mut war absolut fehl am Platze und gegen die denkbar schlechteste Person gerichtet, aber immerhin. Erinnerte Yami irgendwie an Jounouchi. Der wusste auch nie, wann es besser war in Würde den Rückzug anzutreten. Chos plötzliche Flucht strafte seine Worte allerdings Lügen. Mit einer unflätigen Geste verabschiedete sie sich von ihnen und marschierte zurück in die Turnhalle. „Also das war unnötig“, bemerkte Yami beiläufig und zog sich endlich das T-Shirt über. „Den Mittelfinger hätte sie sich sparen können. Ich habe ihr schließlich nichts getan.“ Schnaubend lehnte sich Kaiba an einen Umkleidespind. „Hättest du aber lieber machen sollen. Ich mag die Situation vielleicht nicht richtig interpretieren, aber für mich sah es so aus als würdest du verzweifelt versuchen deine klägliche Tarnung vor ihren gierigen Augen zu retten.“ „Oh, also ich würde sie ja nicht kläglich nennen. Von einem kritischen Moment mal abgesehen, hat sie sich bisher tadellos bewährt.“ „Was natürlich daran liegen kann, dass diese ganze Schule voller Idioten ist.“ „Das ist jetzt aber sehr hart“, mahnte Yami wenig ernst und stellte sich, den Kopf zur Seite gelegt, überlegend vor Kaiba. Letzterem, gefangen zwischen Spind und Yami, behagte diese Nähe nicht sonderlich und die Art, wie Yami ihn nun ansah, trug ihr Übriges dazu bei. Er hatte zwar keine Ahnung, was Yami damit bezwecken wollte, aber Kaiba hatte auch keine Lust, es herauszufinden. „Yami, geh zur Seite“, warnte er drohend, doch der schien ihn nicht mal zu hören. Yami wusste, dass es eine dumme Idee war, aber er konnte sich nicht helfen. Die Gelegenheit war einfach zu verlockend und Kaiba so nah. Bevor ihn die Zweifel übermannen konnten, stellte er sich schnell auf die Zehenspitzen und verpasste Kaiba einen Kuss auf die Wange. Der Mund wäre zwar ein lohnenderes Ziel gewesen, aber Yami wollte es sich nicht durch eine zu gewagte Aktion mit Seto verderben. Der für seinen Teil starrte ihn nur verwirrt an, zu perplex für alles andere. Von Kaibas ausbleibendem Wutanfall ermutigt, wagte Yami einen erneuten Kuss, diesmal auf Kaibas Kinn, bevor er sich schnell umdrehte und in Richtung Turnhalle rannte. Er war schon fast aus der Kabine heraus, als Kaiba ihm unerwartet nachrief. Den Kopf gesenkt und die Augen von braunen Strähnen verdeckt, deutete Kaiba auf Yamis Stirn. „Das, ah...ich wollte dich nicht verletzen. Ich wollte nur...“ Yami lächelte sanft. „Ich weiß“, erwiderte er schlicht und holte, bevor diese neue, ungewohnte und doch angenehme Stimmung zwischen ihnen umschlagen konnte zu einfach nur noch merkwürdig, einmal tief Luft: „Ehe sie nach uns ebenfalls einen Suchtrupp schicken: Kommst du?“ Kaiba, dankbar für den Themenwechsel, war rasch an Yamis Seite. „Aber natürlich, Mylady. Ich will doch nicht dein berauschendes Volleyball-Comeback verpassen. Und...“ Er grinste voller Schadenfreude. „...vor allem will ich sehen, wie du Cho ein paar ordentliche Schmetterbälle verpasst und dem Lehrer gleich am besten noch ein, zwei mit.“ Auf die Bemerkung hin konnte Yami nur noch mit dem Kopf schütteln. Kaiba mochte ihm gegenüber aufgetaut sein, aber in anderen Dingen würde er sich wohl nie ändern. Und wenn Yami ehrlich war, so wollte er ihn auch gar nicht anders haben. „Schade, dass deine Freunde nicht hier sind. Die hätten auch lohnende Ziele abgegeben“, stichelte Kaiba plötzlich und Yami verdrehte die Augen. Ja, er wollte Kaiba gar nicht anders haben...von einigen Ausnahmen mal abgesehen, versteht sich. Kapitel 6: Anbändeln für Anfänger --------------------------------- So, also als Erstes danke ich Atemu-chan für das, ich nenne es mal, betalesen ;) und das Unterstützen meiner natürlichen Faulheit und als Zweites mach ich mal aufmerksam auf ihr FA, was recht gut eine spezielle Szene aus dem letzten Kapitel zeigt :) Noch mal Danke dafür! ---------------------------------------- Kapitel 6 – Anbändeln für Anfänger Es war bunt, es war groß, es klebte an der Wand und kündigte den bevorstehenden Horror an. Es war ein Plakat auf dem Werbung für den kommenden Schulball gemacht wurde. Laut der laut schnatternden Mehrheit der Schülerinnen in der Kantine das Ereignis des Jahres. Laut Kaiba der Abend, an dem er bedauerlicherweise krank in seinem Bett liegen würde. Lustlos an einer Ecke Brot kauend, starrte Yami ins Leere. Einerseits konnte er Kaiba verstehen. So ein Ball würde ein unnötiges Risiko für sie bedeuten, gar nicht erst zu reden davon, dass Kleiderpflicht bestand und Yami darauf nun wirklich nicht scharf war. Andererseits aber war ihm furchtbar langweilig. Das Fest wäre eine Abwechslung im faden Schultrott und eine erstklassige Gelegenheit, Kaiba näher zu kommen. Obwohl sie sich ein Zimmer teilten, hatten sie erschreckend wenig Zeit miteinander verbracht. Kaiba nahm diese Schulsache viel zu ernst. Hausaufgaben, Lernen, Bücher...für Seto offensichtlich alles interessanter als sein Rivale. Kaiba schien neuerdings den Entschluss gefasst zu haben, in all seinen Fächern als Bester hervorzugehen, auch wenn Yami den Verdacht hegte, dass dieser Ehrgeiz daher rührte, dass Kaiba ihn einfach nur in irgendetwas überflügeln wollte. „Und was hältst du hiervon? Schick, oder?“, wurde ihm von Izumi ein Katalog unter die Nase geschoben und Yami zwang sich, seine Gedanken weg von Kaiba und auf das rot umkringelte 'Kleine Schwarze' zu konzentrieren, von welchem Izumi ihm seit zehn Minuten die Ohren voll schwärmte. „Uhm“, war Yamis wenig aufschlussreiche Antwort, was Izumi aber nicht sonderlich störte, blätterte sie doch munter weiter zum Bestellformular. „Super! 24 Stundenlieferung. Dann hätte ich es ja rechtzeitig zum Ball. Oh, diesen arroganten Schnepfen werde ich es zeigen! Sich über dich oder mich lustig zu machen, nicht wahr, Yumi-chan? Ich werde das beste Kleid von allen haben!“ Yami, der nur kurz aufmerkte, um sich über seine Degradierung (oder war es eine Beförderung?) zu 'chan' zu wundern, rutschte unauffällig von Izumi weg zu Kaiba, der etwas abseits von ihnen saß und, mal wieder, in ein Buch vertieft war. Es musste sich dabei um ein außerordentliches Meisterwerk handeln, denn Kaiba ignorierte ihn selbst dann noch, als Yami bereits ganz dicht neben ihm saß. Noch näher, und er wäre auf Kaibas Schoss gelandet. Nicht, dass Yami was dagegen gehabt hätte. Er räusperte sich und sicherte sich so Kaibas gereizten Blick. „Was?“, fragte er irritiert und Yami grinste leicht. „Nichts. Ich dachte nur, ich sollte dich ein wenig mit meiner Gesellschaft beglücken. Oder...“ Probeweise fuhr er mit einer Hand über Kaibas Schenkel. „...alternativ auch mit anderen Dingen.“ „Kein Bedarf“, raunte Kaiba brüsk und schlug Yami sein Buch auf die Finger. „Und wenn du das noch mal wagst, dann nehme ich mir dein Deck vor und du kannst deinem Schwarzen Magier Winke-Winke sagen. Klar?“ Yami seufzte. „Glasklar.“ Okay, also das war eine eindeutige Abfuhr, allerdings machte es Kaiba ihm auch wirklich nicht leicht. „Wenn ich ihn komplett in Ruhe lasse, kommen wir keinen Schritt voran, denn von ihm aus passiert gar nichts. Und wenn ich zu dreist werde, verärgere ich ihn. So oder so kann ich nicht gewinnen. Vielleicht sollte ich ihn zu einem Duell herausfordern, bei dem der Verlierer mit dem Sieger ausgehen muss...“ Obwohl das wahrscheinlich kein guter Gedanke war. Yami konnte sich schon vorstellen, wie eine so zustande gekommene Verabredung mit Kaiba ablaufen würde; ganz abgesehen mal davon, dass er Kaiba auch nicht zu irgendetwas zwingen wollte. Er musste ihm lediglich einen Schubs in die richtige Richtung geben. Nur wie? Plötzlich spürte er, wie sich eine Hand auf seine legte und ihn streichelte und reflexartig sah Yami hoch in Kaibas Gesicht. Hatte Kaiba etwa doch...? Nein, Seto guckte alles andere als amüsiert und die Hand war zudem viel zu klein, als dass sie seine hätte sein können. Um sich selbst zu beruhigen, zählte Yami innerlich bis Zehn, bevor er den wahren Übeltäter aus harten Augen fixierte und ihm seine Hand entzog. „Kann ich dir helfen, Izumi-san?“, wollte er dann gezwungen ruhig wissen und das Mädchen nickte erbost. „Einfach abzuhauen ist nicht gerade die feine Art. Dabei haben wir noch nicht mal ein Kleid für dich ausgesucht. Hier, ich dachte an das da!“ Aufs Neue sah sich Yami mit dem Katalog konfrontiert und er wollte gerade zu einer ähnlich nichtssagenden Antwort wie schon beim ersten Mal ansetzen, als er aus den Augenwinkel erkennen musste, wie Kaiba mit einem giftigen Blick in seine Richtung vom Tisch aufstand und die Kantine verließ. Izumi vergessen, rannte Yami ihm nach. „Kaiba, warte. Ich komme mit dir“, rief ihm Yami laut hinterher, doch statt anzuhalten, beschleunigte Kaiba seine Schritte noch. Yami packte ihn am Ärmel und zwang ihn so zu stoppen. „Hör auf mich zu verfolgen!“, befahl Kaiba barsch und zog probeweise an seiner Bluse, die Yami jedoch fest im Griff hatte. „Ich verfolge dich nicht. Wir haben nur zufällig den gleichen Weg.“ „Oh, wie geistreich. Bist du ganz alleine darauf gekommen? Und jetzt lass los!“ „Nein, erst wenn du...Verdammt, das mit Izumi ist nicht meine Schuld. Du...“ Mit einem kräftigen Ruck hatte sich Kaiba befreit und ließ Yami erneut allein stehen. „Ich kann nichts dafür!“, beharrte Yami und natürlich interessierte das Kaiba immer noch herzlich wenig. Yami versuchte eine andere Taktik. „Außerdem muss das nichts heißen. Mädchen gehen nun mal vertrauter miteinander um. Allein schon die gemeinsamen Toilettengänge.“ Kaiba stoppte. Damit hatte Yami nicht ganz Unrecht. Zudem verhielt er sich lächerlich. Man könnte glatt meinen, er sei eifersüchtig! Was er selbstverständlich nicht war und um sowohl sich als auch Yami davon zu überzeugen, schulte er seine Mimik zurück in seinen liebsten neutralen Ausdruck, den er in Yamis Gegenwart in letzter Zeit sträflich vernachlässigt hatte. Kein Wunder also, dass Yami plötzlich so zutraulich wurde. Er musste seinem Rivalen unbeabsichtigt den Eindruck vermittelt haben, seine 'Gefühle' (Lust gepaart mit Neugier, wie Kaiba im Stillen befürchtete) würden erwidert werden. Yami war inzwischen an seine Seite gejoggt und betrachtete ihn besorgt. Kaibas Augen verengten sich. „Dass ich keinen Beschützer brauche, hat er immer noch nicht begriffen.“ Er tat einige tiefe Atemzüge, um seinen Ärger unter Kontrolle zu bringen. Sich mit Yami anzulegen, war von jeher zum Scheitern verurteilt, würde dieser doch ohnehin nicht auf ihn hören. Oder vielleicht saugte dieses Internat auch nur jeglichen Kampfgeist aus ihm. Röcke, Rüschenblusen und Giganto-Schleifen hatten durchaus so einen bestimmen unerwünschten Effekt auf das männliche Ego und es wäre nicht auszudenken, wenn er und Yami am Ende noch wirklich zu Mädchen mutierten. Wenn er bedachte, wie viel Zeit Yami im Badezimmer verbrachte, war der Gute vermutlich bereits auf dem besten Weg dahin. Kaiba hoffte inständig, dass es nicht soweit kommen würde, denn Yami sollte...Yami bleiben, selbst wenn es bedeutete, dass er seinen fehlgeleiteten Beschützerinstinkt auf Kaiba ausweitete. Warum es ihm zuwider war, dass Yami sich potenziell ändern könnte, war ein Gedanke, den Kaiba zu verfolgen hingegen noch nicht bereit war. Lieber verfluchte er noch ein wenig Izumi, das Internat, die Yakuza und, weil es ihm momentan besonders auf die Nerven ging, diesen überflüssigen Mist von einem Schulball. Vielleicht würde er wenigstens in ihrem Zimmer ein bisschen Ruhe finden... „Na, freut ihr euch auch schon auf den morgigen Ball?“, ertönte die dröge Stimme einer Lehrerin, die im Gang vor ihnen an der Wand lehnte (und mit ihren spitzen Schuhen sicher Löcher in die Tapete dort bohrte) und dabei genüsslich an einer Zigarette paffte. An Kaibas Wange zuckte ein Muskel. Gab es denn gar kein Entkommen? Yami, wie gewohnt der sozialere von ihnen beiden, lächelte unverbindlich und nickte höflich. „Ja, soweit wir wissen, soll das ein ziemliches Ereignis werden. Wie kann man da nicht aufgeregt sein?“ Er rieb sich das Kinn. „Ich hoffe nur, dass weder Ayumi-san noch ich unerwartet krank werden.“ Die Bemerkung war als Versuchsballon gedacht, denn wenn das Fest wie der Unterricht gehandhabt wurde, durfte man nur mit Krankenschein der Schulärztin fehlen. „Aber im Grunde handelt es sich nur um einen Ball. Die Vorschriften werden sicher nicht besonders streng sein.“ Seine Hoffnungen lösten sich jedoch in Luft auf, als die Lehrerin ihn gelangweilt informierte, dass für die Feier als offizielle Schulveranstaltung Anwesenheitspflicht bestand, um 'die zwischenmenschlichen Kontakte der Schülerinnen untereinander zu verbessern und zu vertiefen'. Ob der Auskunft entwich Kaiba ein leises 'Scheiße'. Da ging sein schöner Plan hin. Sie konnten wohl kaum zur Schulschwester für ein Attest gehen, denn zum einen wäre es auffällig, wenn sie beide plötzlich gleichzeitig erkrankten, zum anderen gab es keine Garantie, dass die Ärztin sie nicht näher untersuchen würde wollen. Und wenn sie sich vor ihr ausziehen müssten, wären sie geliefert. Der Lehrerin entgingen ihre leidgeplagten Mienen nicht. „Och, schaut nicht so traurig. Ich verstehe das ganze Trara auch nicht, aber seht das doch mal von der positiven Seite.“ Kaiba und Yami horchten auf. Es gab eine positive Seite? Die Lehrerin lächelte verschmitzt. „Es werden Jungs da sein!“ „Super.“ Kaiba verzog sein Gesicht vor Ekel. „Und was genau ist daran gut?“, fragte er übellaunig, worauf die Lehrerin dermassen breit lachte, dass ihre Zähne hervor blitzten. „Ach, so eine bist du also“, bemerkte sie ungeniert und hielt ihnen, als Kaiba gerade zu einem Wutanfall ansetzen wollte, großzügig ihre Schachtel Zigaretten entgegen. „Nun reg dich nicht gleich auf. Hier, nimm eine. Beruhigt die Nerven.“ Kaiba und Yami blinzelten synchron. Im Hintergrund konnte man lautes Gekreische und Rufe von „Das ist meins! Meins!“ hören, irgendwo ging irgendetwas zu Bruch und aus einem der auf dem Gang verteilten Zimmer kam laute Rockmusik. Die Lehrerin derweil zündete sich ungerührt eine neue Zigarette an und nicht zum ersten Mal musste Kaiba sich wundern, wo sie hier eigentlich gelandet waren. --------------------------- Sich mit einer Hand durch die Haare fahrend setzte sich Yami ungefragt neben Seto auf das Bett, der gedankenverloren die Decke anstarrte. „Also diese Lehrerin...“, begann Yami und zog sich die Bluse aus. „...liebt ihren Job aufrichtig und ist eine Bereicherung für jeden Betrieb?“, schlug Kaiba sarkastisch vor; gleichzeitig bemüht, Yamis unbekleidete Brust nicht anzustarren. Gar nicht so einfach, da Yami ein ziemlicher Hingucker war und dass er sich vor Seto mit Vorliebe in verschiedenen Stadien der Nackt- und Fastnackheit präsentierte, machte die Sache keinen Deut leichter. Kaiba wettete, dass Yami dies wusste, was für ihn allein schon Grund genug war, nicht seinen eigenen, aufkeimenden Hormonen nachzugeben, die sich sehr zu seinem Leidwesen hartnäckig weigerten zu verschwinden. Yami lächelte verschmitzt. „Das auch. Aber eigentlich meinte ich, dass das die Lehrerin aus dem Bus ist. Die, die sich damals schon nicht um uns gekümmert hat.“ Kaiba überlegte kurz. „Stimmt. Dafür, dass deine kleine Freundin behauptet hat, die Direktorin wäre um einen guten Ruf für diese Schule bemüht, stellt sie zweifelsohne seltsame Leute ein.“ Er schloss seine Augen und massierte sich das Nasenbein. „Kommt uns natürlich entgegen. Sonst hätten wir uns nicht derart problemlos hier einschleichen können.“ „Wie wäre es, wenn du aufhörst, Izumi meine kleine Freundin zu nennen?“, warf Yami ein und klang dabei nur halb so genervt, wie er eigentlich wollte. Aber der Großteil seiner Aufmerksamkeit war nun mal auf Kaibas blass-rosa Lippen gerichtet, sein ungewohnt entspanntes Gesicht sowie den bereitwillig daliegenden Körper. Hatte Kaiba eigentlich eine Ahnung, wie verführerisch er gerade wirkte? Yami jedenfalls konnte den ihm mittlerweile altvertrauten Knoten in seinem Magen fühlen. Bevor er etwas tun konnte, was er später bereuen würde, verschwand er seufzend im Badezimmer. Er brauchte dringend eine kalte Dusche. Kaiba runzelte die Stirn; verwirrt, dass Yami sich schon wieder ins Badezimmer einschloss und neugierig, was er dort wohl die ganze Zeit über trieb. Fast war er versucht, die Tür aufzubrechen und nachzusehen. Sein Stolz und ein Rest Vernunft untersagten ihm jedoch eine dermaßen hirnrissige Aktion und statt aufzustehen, ließ sich Kaiba entnervt stöhnend zurück aufs Bett fallen. Er tat es schon wieder. Verschwendete seine Kraft und Gedanken an Yami, wenn es Wichtigeres gab. Dabei hatte er sich extra intensiv um seinen Schulstoff gekümmert und in seine Bücher vergraben, um sich von Yami abzulenken, aber leider waren diese Methoden nicht lange von Erfolg gekrönt gewesen. Er wollte Yami gerne meiden, aber da sie sich einen Raum teilten, war das so gut wie ein Ding der Unmöglichkeit, insbesondere, da Yami von jeher zu der besonders sturen Sorte gehörte. Nicht zu vergessen der Kuss in der Turnhalle... Er hätte Yami von vornherein wegstossen müssen, war in dem speziellen Augenblick jedoch schlichtweg zu überrumpelt für eine angemessene Reaktion gewesen. Wenn er schon auf einen dummen Kuss auf die Wange so reagierte, wie wäre es erst gewesen, wenn Yami ihn auf den Mund geküsst hätte? Eine wahre Horrorvorstellung für Kaiba, insbesondere, weil er die Befürchtung hegte, dass es ihm gefallen würde. „Und was wäre so schrecklich daran?“, wisperte er rau und in einem seltenen Anflug von gnadenloser Selbsterkenntnis. Sicher, es lag in seinem Naturell zu kämpfen, aber hierbei handelte es sich um Yami, nicht einen Feind, den es zu besiegen galt. Wenn er nur nicht diese irrationale Angst davor hätte, dass dies alles nur ein perfider Plan seitens Yamis sein könnte, ihn völlig bloß zu stellen. Oder möglicherweise wollte Yami nur wissen, wie es wäre mit seinem größten Rivalen zu schlafen. Oder, oder, oder. Kaiba schlug die Hände vors Gesicht. Er war unfair zu Yami, denn dieser hatte ihm schließlich bisher nie einen Grund gegeben, an ihm zu zweifeln. Sicher, der ehemalige Pharao hatte ihn oft genug zur Weißglut getrieben, ihn in ein Koma versetzt, beinahe von einer Burgzinne in den Abgrund gestürzt, wiewohl Kaiba es darauf angelegt hatte...hatte ihm und, wichtiger noch, Mokuba, mehrmals das Leben gerettet. Und ihn niemals angelogen. Er stand in Yamis Schuld und nun war es an ihm, sie zu begleichen. Doma war ein Anfang gewesen; das Aufgeben seiner Lebenspunkte und damit seiner Seele ein harter, aber, so schien es ihm plötzlich, unzureichender Versuch des Dankes. Er schuldete Yami noch mehr. „Also schön Yami. Du sollst deine Chance bekommen. Vermassele sie bloß nicht! Und damit sind wir quitt.“ Es war ein blöder Entschluss. Kaiba selbst hielt sich für beziehungsunfähig und früher oder später würde er ohnehin alles vermasseln und Yami würde ihn dann zum Teufel wünschen. Und was war mit Kaiba Corporation? Sollte herauskommen, dass er ein Verhältnis zu einem Mann hatte, würden seine Aktien und Verkaufszahlen bestimmt ein nie gekanntes Tief erreichen. Sie würden ihr Verhältnis möglichst geheim halten müssen. „Nicht zu vergessen Mokuba...“ „So tief in Gedanken versunken?“ Kaiba sah langsam auf. Wie erwartet (befürchtet), stand Yami frisch geduscht vor ihm und bedachte ihn mit einem warmen Lächeln. Kaiba schloss seine Augen. Letztlich war es egal, was für Zweifel er hatte. Er musste es wenigstens versuchen, denn genauso wie Yami, so war auch er ein Kämpfer. Seine Unsicherheiten wurden dahin verbannt, wo sie hin gehörten: In sein Unterbewusstsein. Er hatte schließlich eine Entscheidung getroffen und würde diese auch auf alle Fälle durchziehen, wenngleich Yami von seinem Glück noch gar nichts wusste und Kaiba nicht vorhatte, ihn darüber zu informieren. Aber er würde netter sein und die weiteren Dinge auf sich zukommen lassen, ohne Yami gleich bei jeder Kleinigkeit Mord und Totschlag anzudrohen. Yami, angezogen wie die Motte vom Licht von Kaibas ungewohnter Ruhe, nutzte die unverhoffte Gelegenheit, um seinen unter der Dusche neu gefassten Plan in die Tat umzusetzen. Vorsichtig beugte er sich vor und hauchte Kaiba zaghaft ins Ohr: „Wegen dem Ball morgen...willst du meine Verabredung sein?“ Im Dumpfen hegte Yami die Befürchtung, dass Kaiba ihn lauthals auslachen oder ignorieren würde, doch stattdessen grinste Kaiba lediglich verhalten. „Nun, ich könnte sicherlich was Besseres als dich abbekommen, aber ich denke, es gibt auch schlimmere Alternativen“, antwortete Seto leichthin, und setzte, weil er es sich trotz aller guter Vorsätze nicht ganz verkneifen konnte, noch frech hinzu: „Trotzdem werde ich natürlich nicht mit dir dorthin gehen, sondern du mit mir. Du darfst dich geehrt fühlen.“ „Aber sicherlich darf ich das“, übersah Yami die kleine Stichelei mit Freuden, hatte er doch im Endeffekt das erreicht, was er wollte. Und weil Kaiba in so guter Stimmung war, traute sich Yami ihm noch einen dankbaren Kuss auf die Wange zu geben, der Kaibas Nasenspitze zum Glühen brachte. Diesmal bereute Kaiba es wirklich, dass es nicht die Lippen waren, aber was noch nicht war, konnte immerhin noch kommen, selbst wenn er dafür seinen Stolz schlucken und Yami von sich aus küssen müsste. Nur nicht gerade heute, denn nun hatte er erst einmal einen Anruf zu tätigen. Und Kaiba mochte sich gar nicht ausmalen, was sich Isono bei dieser speziellen Bestellung denken würde. Kapitel 7: Ein Ball, ein Prinz und die Prinzessin, die nicht wollte ------------------------------------------------------------------- Tja, und wer bei dem Titel wer ist, darf jeder selbst entscheiden :) ---------------- Kapitel 7 - Ein Ball, ein Prinz und die Prinzessin, die nicht wollte Genüsslich trank Kaiba einen schwarzen Tee (langsam aber sicher kam er wirklich auf den Geschmack) und ging dabei seine neusten Emails durch. Allein drei waren von Mokuba, der ihm versicherte, dass er bei den Mutous gut behandelt und gefüttert wurde und es sich nicht nehmen ließ, in Fettdruck und über fünf Zeilen lang 'Ich vermisse dich, Nii-sama' zu tippen und zu fragen, wann sein Bruder denn endlich wieder nach Hause käme. Letzteres hätte Kaiba selbst gerne gewusst. Offiziell war er auf Geschäftsreise, aber er konnte seine Termine nicht ewig verschieben und die Arbeit auf seinem Schreibtisch stapelte sich sicherlich ebenfalls schon. Aber vor allem fehlte ihm Mokuba ganz schrecklich. „Noch maximal eine Woche und ich bin weg von hier. Wenn sich die Yakuza bis dahin nicht geregt hat, dann wird sie es auch nicht mehr. Nur noch eine Woche...“ „Oh, Ayumi-san, hast du Yumi-chan gesehen?“, ertönte Izumis laute Stimme und verursachte bei Kaiba einen kalten Schauer des Schreckens. Konnte das Mädchen nicht wenigstens anklopfen? Er seufzte gottergeben. „Nein, sie ist nicht da. Ich würde vorschlagen, dass du in der Kantine nach ihr Ausschau hältst. Und platz gefälligst nicht immer ungefragt in unser Zimmer. Das nervt.“ „Sei nicht ständig so furchtbar unhöflich zu mir“, maulte Izumi beleidigt, nur um eine Sekunde darauf wieder gewohnt fröhlich hinzu zusetzen: „Also ich geh jetzt. Bis später auf dem Ball.“ RUMMS. Mit einem Knall war die Tür zu. Der Lärm alarmierte Yami, der neugierig aus dem Badezimmer lugte. „War das Izumi?“, wollte er wissen und bekam von Kaiba ein gebrummtes „Aa“ als Antwort. Yami verdrehte die Augen. „Und du hast sie weggeschickt, richtig? Kannst du nicht wenigstens versuchen, netter zu ihr zu sein? Dabei wollte ich mir von ihr doch eine Haarspange leihen.“ RUMMS. Ein weiterer Knall und auch Yami war aus ihrem Raum gestürmt. Kaibas Kopf sank verzweifelt auf die Tischplatte. Eine Woche war definitiv noch viel zu lange in dieser Anstalt für Bekloppte. -------------------------------------- Unentschlossen stand Yami vor der Tür von Izumi und ihren Mitbewohnerinnen. Er hatte mehrmals geklopft, aber obwohl deutliche Geräusche aus dem Zimmer drangen, hatte es bisher noch keiner für nötig befunden ihn einzulassen. Vorsichtig betrat er das Zimmer, doch kaum, dass er über die Schwelle getreten war, kam bereits ein Kissen auf ihn zugeflogen. Yami duckte sich gerade noch rechtzeitig. Der Geräuschpegel stieg an und es war ein Gekreische und Gestöhne zu hören, das Yamis Ohren klingeln ließ. Das Schlimmste befürchtend, sah Yami wachsam auf und keuchte vor Überraschung. „Was zum...?“ Bisher hatte Yami immer geglaubt, so etwas gäbe es nur in den billigen Pornos, die sich sein Aibou immer von Jounouchi und Honda auslieh und schnell versteckte, sobald Anzu vorbei kam. Aber nun hatte er den unumstösslichen Beweis: Leicht bekleidete Mädchen räkelten sich tatsächlich stöhnend und schreiend auf Betten und wälzten sich aufeinander; bloß mit dem Unterschied, dass die ausgestossenen Laute hier mehr nach Schmerz als nach Wolllust klangen und in Yuugis schmutzigen Filmchen weniger Haare flogen. Die Mädchen dort pflegten sich auch nicht gegenseitig das Gesicht zu zerkratzen und zu spucken; bevorzugten eher zu lecken und zu saugen... Kurz überlegte Yami, ob er eingreifen oder lieber verschwinden sollte. Das war schließlich nicht sein Zickenkrieg und er wollte nicht riskieren, dass sich die Furien als nächstes auf ihn stürzten. Also nur schnell die Spange geschnappt und dann raus hier. Guter Plan? Super Plan! Hastig sah er sich um. Praktischerweise lag die Spange griffbereit auf Izumis Nachtschränkchen und mit drei großen Sätzen hatte er sich das Utensil gegriffen und war flugs wieder raus auf dem Flur, während eine liebliche Melodie von 'Lass los, du blöde Kuh!' sowie anderer Unzüchtigkeiten ihn begleitete. Draußen legte Yami eine Hand auf seine Brust und tat einige beruhigende Atemzüge. Nun, das war...seltsam gewesen. Aber zumindest hatte er, was er wollte. Und wenn jetzt noch ihre Ballkleider rechtzeitig von Isono geliefert werden würden, dann stand einer erfolgreichen Verabredung mit Kaiba nichts mehr im Wege! Der Gedanke ließ Yami immer noch vor Glück strahlen. Vielleicht war es Einbildung, aber es kam ihm wirklich so vor, als würde Kaiba anfangen seine Zuneigung zu erwidern. Und wer wusste schon, was am Abend noch alles passieren konnte. Insgeheim hoffte Yami zumindest auf einen kleinen Kuss. Und noch insgeheimer auf einen ganz großen. Das erste jedoch, was ihm begegnete, als er sich schließlich auf dem Schulfest wiederfand, war schmalzige Musik und eine bunte Schleifen und Ballon haltige Dekoration, für die der Ausdruck 'Oberkitsch' noch geschmeichelt gewesen wäre. Die Sporthalle jedenfalls war kaum mehr als solche wiederzuerkennen. Zumindest waren ihre Kleider von Isono gewohnt zuverlässig geschickt worden und zum ersten Mal konnte Yami mit Fug und Recht behaupten, dass selbst Kaiba durch und durch als Frau durchgehen konnte. Man durfte sich nur nicht von den fiesen Blicken und dem dauerhaft angesäuerten Gesichtsausdruck abschrecken lassen. „Fein, jetzt sind wir hier. Und was nun?“, fragte Kaiba dann auch dementsprechend unmotiviert, während er bereits Ausschau nach einem freien Tisch möglichst weit abseits der Menge hielt und paranoid an seinem Kleid herum zog. Letzteres war für Yami unverständlich. Kaibas schwarzes Kleid war hochgeschlossen und ging ihm bis zu den Füßen. Bis auf seine nackten Arme und etwas Bein, das durch den kniehohen Seitenschlitz sichtbar blieb, verdeckte der Stoff wirklich alles. Kaibas Sorge, jemand könnte ihm 'etwas weggucken' war also völlig unbegründet. Yamis Outfit hingegen war mutiger. Nicht Anzu-mutig und schon gar nicht Mai-mutig, die mit ihren weiblichen Reizen alles andere als geizten, aber immerhin. Im Grunde war Yamis Kleid mit dem von Kaiba identisch, allerdings mit dem kleinen, doch feinen Unterschied, dass es dunkelrot war und der Beinschlitz fast bis zur Taille reichte. Und da im Brustbereich bereits mehrere Einlagen eingenäht waren, brauchte sich Yami diesmal auch keine Gedanken über verräterisch heraus flatternde Taschentücher zu machen. Yami bedachte Kaiba mit einem schiefen Grinsen. „Wir könnten Tanzen oder...“, redete er schnell weiter, nachdem Setos Mimik nach seinem Vorschlag noch mordlüsternder wurde, „...wir könnten uns natürlich auch erst einen Tisch suchen und uns dort unsere weiteren Schritte überlegen.“ Kaiba brummte zufrieden und kämpfte sich mit tatkräftigem Ellbogeneinsatz begierig voran, während Yami ihm dicht auf dem Fuße folgte und dabei entschuldigende Blicke zu den angerempelten Mädchen warf, die Kaiba auf seinem Weg zurückließ. Erleichtert fiel er schließlich neben Kaiba auf eine Sitzbank, der ihn unverhohlen anstarrte. „Was?“, fragte Yami misstrauisch und Kaiba ruckte seinen Kopf zum auf der gegenüberliegenden Seite der Halle stehenden Tresen. „Ich habe Durst“, informierte er Yami und verschränkte die Arme. „Die Verabredung war deine Idee, also bring mir ein Wasser, und zwar flott.“ „Ah, aber meintest du nicht, dass ich deine Begleitung wäre? Und wie es der Zufall so will, könnte ich auch was zu Trinken vertragen. Wenn du so nett wärst und...“ „Yami, wenn du glaubst, dass ich mich noch einmal durch die Menge von verschwitzen, zu stark parfümierten Mädchen quäle, dann liegst du falscher als nur falsch. Und nun geh.“ „Nein“, beharrte Yami und verkreuzte nun ebenfalls seine Arme vor der Brust. Er hatte noch nie gehört, dass es jemand geschafft hatte, Mädchen nicht nur wie eine Beleidigung, sondern auch noch das größte Übel auf Erden klingen zu lassen. Was aber wichtiger war: Er war keiner von Kaibas Angestellten und Kaiba musste begreifen, dass er mit seinem Befehlston bei ihm nicht weiter kam. Abgesehen davon war es frustrierend zu sehen, dass Kaibas „Nettigkeit“ ihm gegenüber scheinbar so plötzlich gegangen, wie sie gekommen war. „Geh.“ „Nein.“ „Yumi-chan, ich sage es zum letzten Mal: Geh.“ „Ayumi-chan, ebenfalls zum letzten Mal: Nein.“ Kaibas Augen verentgen sich. Das bedeutete Krieg! Yami derweil erwiderte seinen Blick hitzig und ohne auch nur einmal mit einer Wimper zu zucken. Das Anstarren ging in die nächste Runde und nach wie vor stand kein Sieger fest. Yami lag vorn, schon allein, weil Kaiba wusste, dass er im Unrecht war, wenngleich noch nicht bereit, einfach so aufzugeben. Musste er zu seinem großen (Un)Glück dann auch gar nicht. Ein munter eingeworfenes „Äh, was macht ihr da? Na, egal. Ich habe euch Drinks mitgebracht“, ließ sowohl Kaiba als auch Yami gleichzeitig hochschrecken. Izumi lächelte herzlich und stellte ihnen je ein Glas vor die Nase. „Hier, bitteschön. Ich habe schon die ganze Zeit nach euch Ausschau gehalten. Ich muss sagen, ihr zwei seht toll aus. Besonders du, Yumi-chan.“ Mit einem abfälligen Schnauben schnappte sich Kaiba sein Glas und nahm einen großen Schluck. Yami blinzelte. „Oh, danke, Izumi-san. Uhm...“ Er sah diskret zu Kaiba, dessen Mimik unglaubliche Schmerzen prophezeite, sollte Yami auch nur daran denken, Izumi einen Platz bei ihnen anzubieten. Yami selbst wollte eigentlich auch lieber mit Kaiba allein sein, war andererseits jedoch zu höflich, um Izumi einfach wegzuschicken. Er rutschte etwas zur Seite und gleich darauf fand sich Izumi neben ihm wieder. Als Dank trat ihm Kaiba leicht gegen das Schienbein, was Yami mit einem wütenden Zischen quittierte. Die schlechte Stimmung zwischen ihnen war selbst für die sonst so fröhliche Izumi spürbar, die nervös den Ring an ihrem kleinen Finger drehte. „So, uhm, schöner Abend, was? Mit der Dekoration hat sich das Festkomitee selbst übertroffen. Und, äh ja, wie findest du mich denn so, Yumi-chan? Also ich meine jetzt das Kleid...sieht in Natura noch besser aus, als im Prospekt, nicht?“ Sie verstummte. Yami und Kaiba waren so fixiert aufeinander, dass Izumi nicht einmal sicher sein konnte, ob Yami ihr überhaupt zugehört hatte. Beleidigt piekte sie Yami in die Schulter, der sich überrascht nach ihr umdrehte, hatte er Izumi doch bereits schon vergessen gehabt. „Mein Kleid“, half ihm Izumi auf die Sprünge, während sie ungeduldig mit dem Fuß wippte. „Und der ganze Rest.“ „Ach ja, richtig.“ Yami betrachtete sie flüchtig. „Sehr hübsch“, konstatierte er schnell und wie nicht anders zu erwarten, rollte Kaiba ob der Bemerkung mit den Augen. Wenn jemand ihn gefragt hätte, so hätte er Izumi das Aussehen eines Zirkusclowns bescheinigt. Viel zu viel und vor allem viel zu bunte Schminke im Gesicht. Obwohl, wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass sich Izumi damit nicht Großartig von den übrigen Mädchen hier im Saal unterschied. Die meisten der Outfits waren mehr als nur gewagt, um es vorsichtig auszudrücken. Den anwesenden Jungs (zum Glück nicht so viele, wie Kaiba im Geheimen befürchtet hatte), gefiel dieser Umstand augenscheinlich jedenfalls sehr. Auf der Tanzfläche war ein ziemliches Gedränge und die meisten Paare tanzten dichter zusammen, als es bei der flotten, unverfänglichen Musik eigentlich angebracht gewesen wäre. Da waren Kaiba die schüchtern stammelnden und verlegen rot werdenden Exemplare der Gattung Frau, die bei diversen Geschäftsbällen auf Druck ihrer Väter um seine Gunst warben, fast noch lieber. Zumindest war von denen noch keines so aufdringlich wie Izumi gewesen. Von Yami momentan ignoriert (wie Kaiba das hasste), entschied er sich etwas frische Luft schnappen zu gehen. Dieser furchtbare Parfümnebel um ihn herum verursachte ihm nämlich Übelkeit, gar nicht erst zu Reden von den erdrückenden Menschenmassen. Auf dem Weg zum Schulhof geriet er in einen unüberhörbaren Streit zwischen einer seiner Mitschülerinnen und einem groß gewachsenen Jungen, den Kaiba nicht kannte. Das Mädchen schimpfte lautstark über ihren Begleiter und versuchte sich aus den Armen des jungen Mannes zu befreien, der aber nicht locker lassen wollte in seinen Bemühungen, seine Partnerin zu einer Runde Dirty Dancing auf die Tanzfläche zu zerren. Normalerweise hätte Kaiba dem kleinen, privaten Drama keine Beachtung geschenkt, doch da es sich bei dem Mädchen um dasjenige handelte, welches Kaiba vor einigen Tagen im Englischunterricht so freundlich begegnet war, machte er diesmal eine Ausnahme. „Jeder wäre froh einem dermassen mickrigen Widerling wie dir eine Abfuhr zu erteilen. Dazu braucht es nicht ausgerechnet dieses Mädchen hier“, schnarrte er geringschätzig und baute sich drohend vor dem Jungen auf. In Wahrheit war an dem Jungen überhaupt nichts mickrig, zumindest nichts, was Kaiba auf den ersten Blick sehen konnte (und alles, was er nicht sehen konnte, wollte er auch gar nicht sehen), aber Leute beleidigen war nun mal eines seiner liebsten Hobbys. Außerdem ließ es viele Gedankenlose ihre Selbstbeherrschung verlieren und dadurch zu leichten Zielen werden, wenngleich Kaiba gerade eigentlich keine Lust auf wirklichen Ärger hatte. Der Junge anscheinend jedoch genauso wenig. Er betrachtete Kaiba lediglich prüfend, um dann, mit einem merkwürdigen Grinsen, das Kaiba nicht interpretieren konnte, von dannen zu ziehen. Sichtlich erleichtert wandte sich das Mädchen an ihren Retter. „Danke, Ayumi-san“, meinte sie ehrlich und verbeugte sich tief. „Tom-san war, ah, etwas zu aufdringlich für meinen Geschmack.“ Sie lachte. „Das kommt eben davon, wenn man sich von der besten Freundin bequatschen lässt, dass man unbedingt eine männliche Begleitung für einen Ball braucht. Aber ich sehe schon: Mit dir wäre ich Hundert mal besser dran gewesen. Wenigstens kannst du deine Hände bei dir behalten.“ Sie strahlte regelrecht und auch Kaiba spürte die Ansätze eines Lächelns in seinem Gesicht, was er aber hartnäckig unterdrückte. Mit ihrer heiteren Art, den langen, schwarzen Haaren und ihren großen grau-lila Augen erinnerte ihn das Mädchen an Mokuba. Kein Wunder, dass sie seinen Beschützerinstinkt geweckt hatte. „Wenn er dir noch einmal Probleme bereitet, sag einfach Bescheid“, riet er ihr ernst. „Oder informiere einen Lehrer. Ich habe zwar noch keinen auf dieser traurigen Veranstaltung hier gesehen, aber irgendwo muss sich schließlich einer herumtreiben.“ „Oh, das wird nicht nötig sein“, winkte sie ab und streckte sich einmal kräftig. „Für heute habe ich die Nase voll. Außerdem bin ich müde. Ich werde mich auf mein Zimmer verziehen und eine Runde schlafen oder etwas lesen und wenn ein Lehrer mich aufhalten will, sage ich einfach, mir wäre schlecht. Mit meinen Freundinnen noch auf dem Ball, habe ich den ganzen Raum für mich alleine. Das muss ich ausnutzen. Bis dann also, Ayumi-san!“ Sie zwinkerte ihm kurz zu und Kaiba hob zögerlich eine Hand zum Abschied. „Ah, okay“, erwiderte er unsicher, während er fieberhaft in den Tiefen seines Gedächtnisses nach dem Namen des Mädchens suchte. „Gute Nacht, Namiko.“ Noch einmal ertönte ihr glockenhelles Lachen. „Nicht ganz. Ich heiße Nanako.“ Ach Mist. Aber er war verdammt nah dran gewesen. -------------------------------- Von Izumi zum Tanzen gezwungen, wiegte sich Yami gelangweilt im Takt der Musik, während er gleichzeitig seine Augen auf der Suche nach Kaiba durch die Halle schweifen ließ. Einen Moment nicht aufgepasst und schon war Seto mir nichts dir nichts verschwunden. Zuerst hatte Yami angenommen, dass Kaiba nur mal schnell auf Toilette wollte, aber da er nach zehn Minuten immer noch nicht zurück war, keimte in Yami allmählich der Verdacht, dass sich Kaiba heimlich aus dem Staub gemacht hatte. Ihre Verabredung hatte er sich jedenfalls anders vorgestellt. Reumütig warf er einen Blick auf die an ihn geklammerte Izumi. Leider waren all seine Versuche sie abzuwimmeln ins Leere gelaufen. Aber zu hart wollte er zu ihr auch nicht sein. Er war zwar erst ein paar Tage auf diesem Internat, hatte jedoch schon feststellen müssen, dass Izumi außer ihm keinerlei Freunde zu haben schien. Vielleicht färbte Yuugi auf ihn ab. Oder Anzu. Auf jeden Fall brachte es Yami nicht übers Herz, Izumi klipp und klar zu sagen, dass er lieber alleine mit Kaiba wäre. Das Lied endete und Yami löste sich aus Izumis Umarmung. „Das reicht jetzt“, erklärte er und übersah gekonnt Izumis Schmollmund. „Ich gehe Ayumi suchen. Sie ist schon viel zu lange weg und außerdem will ich sie nicht länger versetzen.“ „Mensch, wie öde“, maulte Izumi und hob trotzig ihr Kinn. „Die paar Minuten nennst du lange? Ich will weiter tanzen. Im Übrigen hast du nicht sie, sondern sie dich versetzt.“ „Na, an wem das wohl liegt“, dachte Yami trocken und verabschiedete sich schnell, bevor Izumi noch auf die Idee kommen konnte, ihm nachzulaufen. Zuerst sah er beim Getränkestand und den dunklen Sitzecken nach, dann auf der Toilette (über die Verlegenheit, aufs Damenklo zu müssen, war er mangels Alternativen früh hinweg gekommen), und zum Schluss draußen auf dem Hof vor der Turnhalle. Dort fand er Kaiba auch endlich. Bei ihm stand ein hochgewachsener junger Mann, der angeregt auf ihn einredete und Kaiba dabei näher stand, als Yami lieb war. Als der Kerl auch noch die Frechheit hatte, mit seiner Hand über Kaibas Schenkel zu gleiten und Kaiba einen Kuss aufzudrücken (Yamis ganz persönlicher Horror), platzte ihm der Kragen. Wütend stapfte er auf die beiden zu, doch noch bevor er überhaupt zum Eingreifen kam, hatte Kaiba dem Jungen bereits sein Knie in den Bauch gerammt. Yami grinste zufrieden. ---------------------------------------- Nach dem Abschied von Nanako debattierte Kaiba mit sich selbst, ob er sich ebenfalls wortlos zurück in sein Zimmer verziehen sollte oder ob es vernünftiger wäre, Yami zumindest kurz Bescheid zu geben, damit der sich nicht wunderte, wo er steckte. „Sofern ihm bei seiner Liebäugelei mit Izumi überhaupt aufgefallen ist, dass ich nicht mehr da bin. Wer weiß schon, was die zwei so ganz alleine gerade treiben.“ Der Gedanke verursachte ihm Übelkeit, ganz zu schweigen von einer gehörigen Portion Eifersucht, die sein Innerstes zernagte. Ein rücksichtsvoller Mensch würde den beiden Turteltauben ihre Privatsphäre lassen. Aber zum Einen war Kaiba nicht rücksichtsvoll, zum Anderen gehörte Yami ihm. Kaibas Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Jetzt fing er schon wieder mit diesem Mist an. Ja gut, er hatte sich vorgenommen, Yami eine Chance zu geben, aber wenn der jetzt doch nichts mehr von ihm wollte, dann würde Kaiba dem Aas von einem Pharao sicherlich nicht nachrennen. Schritte in seine Richtung ließen Kaiba plötzlich aufhorchen. Misstrauisch sah er sich um und wurde der großen Gestalt Gewahr, die sich ihm näherte. Es war der junge Mann, der erst vor wenigen Augenblicken Nanako belästigt hatte. Kaiba verdrehte die Augen. Einfach wunderbar. War der Typ jetzt auf Rache aus oder was sollte das werden? Wie sich jedoch herausstellte, hatte der Junge alles andere als Vergeltung im Sinn, denn er baute sich zwar vor Kaiba auf, allerdings nicht in Drohung, sondern um ihn mit dem gleichen, seltsamen Grinsen wie vorher schon zu taxieren. Mit blitzenden Zähnen schüttelte er ungefragt Kaibas Hand. „Wir sind uns eben gar nicht vorgestellt worden. Ich bin Tomas Jefferson. Aber du darfst mich Tom nenne. Oder auch Tommy. Immerhin“, er wackelte anzüglich mit den Augenbrauen, „werden wir uns sicherlich bald sehr viel näher stehen. Und du sollst doch wissen, was du schreien kannst.“ Wie der Kerl auf die Idee kam, war Kaiba ein Rätsel; genauso wie die Frage, wie dieser Tomas es wagen konnte, ihn ungefragt anzufassen. Angeekelt wischte sich Kaiba die Finger an seinem Kleid sauber. Nicht zu fassen! Jetzt machte sich tatsächlich dieser Idiot an ihn ran. Als ob Yami nicht schon genug gewesen wäre. „Mit dem Unterschied, dass Yami um mein wahres Geschlecht Bescheid weiß.“ Er grinste. „Vielleicht wird dieser Abend doch noch ganz interessant.“ Sein Spieltrieb geweckt, erschien ein hinterhältiges Lächeln auf seinen Lippen. „Gut zu wissen, Tomas. Aber das mit dem 'näher kennenlernen'...“, er legte einen Finger an sein Kinn. „...was wird wohl Nanako dazu sagen? Oh, ich weiß schon...“ Das Lächeln wurde noch fieser. „...sie würde sagen, dass sie kein Interesse an Versagern und selbsternannten Machos hat. Und ich, tja ich zu deinem Pech leider auch nicht.“ Was auch immer Kaiba als Reaktion erwartet hatte, es war definitiv nicht das kläffende Gelächter, was Tomas nun entwich. „Du bist mir ja ein freches Früchtchen. Und da wurde mir zu Hause immer gesagt, die Japaner wären so höflich und zurückhaltend. Aber“, beugte er sich verschwörerisch zu Kaiba vor, der sich im Gegenzug weiter nach hinten lehnte. „da hast du was falsch verstanden. Nanako und ich hatten nur eine kleine Meinungsverschiedenheit. Wirst schon sehen, dass ich kein übler Kerl bin. Ich habe wirklich einige Qualitäten, vor allem im horizontalen Bereich.“ „Das bezweifle ich“, spottete Kaiba und trat ein Stück zur Seite, um nicht direkt zwischen Sporthallenwand und Tomas zu stehen. Wohin das führen konnte, hatte ihm erst sein Erlebnis mit Yami gezeigt und auch wenn Kaiba sicher war, dass er Tomas problemlos niederschlagen könnte, wollte er es nicht drauf ankommen lassen. Der störte sich nicht an Kaibas Desinteresse und sprach munter weiter. „Das kannst du nur behaupten, weil du es nicht ausprobiert hast. Der nächste Schulball liegt in weiter Ferne und du solltest diese Chance wirklich nutzen. Morgen darf ich das Gelände nicht mehr betreten, dabei könnte ich dir eine echt angenehme Zeit verschaffen. Meine Muskeln sind nicht nur für Show; nein, ich kann sie auch auf die befriedigendsten und kraftvollsten Arten und Weisen einsetzen, besonders meine unteren Regionen. Oder sieh es als kulturellen Austausch an. Na, jetzt Interesse?“ Kaiba seufzte. „Nein, du klingst immer noch wie eine jämmerliche Partie“, erwiderte er dröge und Tomas gackerte erneut. „Oho, hart zu knacken, was?“ Er rückte näher an seine Beute heran. „Pass auf, ich erzähle dir ein wenig von mir, dann wirst du merken, was du an mir hast.“ Er räusperte sich. „Ich komme eigentlich aus Amerika, aber mein Alter wurde vor drei Jahren hierhin versetzt.“ Seine Brust vor Stolz geschwollen, tippte er auf seine Stirn. „Ich bin ein ziemliches schlaues Kerlchen. Hab eure Sprache im Handumdrehen gelernt. Und, ich weiß, so was sagt man nicht über sich selbst, aber ich sehe zudem richtig toll aus. Bin Basketballspieler, weist du. Der Beste im Team. Kein Wunder mit meinen 2 Metern. Übrigens...“ Er ruckte demonstrativ seine Hüfte und die Beule dort unter dem straffgespannen Hosenstoff nach vorne. „...ist das nicht das einzige an mir, was groß ist.“ Kaiba verdrehte die Augen. Sollte er jetzt beeindruckt sein? Offensichtlich ja, denn gleich darauf bedachte ihn Tomas mit einem breiten Grinsen. „Nicht schlecht was, meine Kleine?“ Kaibas linke Hand ballte sich unkontrolliert zu einer Faust. Niemand, niemand, nannte ihn 'seine Kleine' und überlebte es! Er wollte gerade den Mund aufmachen, um mit der ihm eigenen reizenden Art seinen Unmut laut kund zu tun, als Tomas bereits weiter sprach. „Obwohl ich sagen muss, dass du gar nicht so klein bist. Eigentlich genau richtig für mich.“ Er schniefte dramatisch. „Die meisten japanischen Mädchen sind so winzig, dass ich echt Angst haben muss, aus Versehen was kaputt zu machen. Dabei mag ich sie doch groß und kräftig.“ Auch Kaibas zweite Hand ballte sich. Jetzt war er auch noch fett?! Tomas merkte seinen mörderischen Blick und versuchte hastig einzulenken. „Nicht dass du dick oder so wärst. Ganz im Gegenteil könntest du ruhig ein paar Pfunde mehr vertragen, so extrem schlank wie du bist.“ Kaibas Auge zuckte. Okay, jetzt war er nicht zu fett, sondern zu dürr. Das war gleich so viel besser. Wer ließ sich nicht gerne als Gerippe beschimpfen? „Äh“, Tomas Stimme erstarb kurzzeitig. Dieses Mädchen war aber kompliziert. Normalerweise neigten die Frauen bei seinen Sprüchen schamhaft zu erröten inklusive verlegenem Lächeln und Einwürfen von „Ach hör doch auf, ich werde schon ganz rot“. Diese hier machte eher den Eindruck, als wolle sie ihn an die nächste Wand klatschen. Zum Glück mochte er nicht nur große Frauen, sondern auch welche mit Temperament, gestaltete dies doch die Nächte ungemein aufregender. Er konnte es kaum erwarten, sie flach zu legen. „Schickes Kleid übrigens, aber ein bisschen mehr Haut hätte auch nicht geschadet. Die sieht so schön weich und zart aus.“ Er wollte Kaibas Wange berühren, der aber zurückwich und ihn unmissverständlich anknurrte. „Wag es nicht. Und das ist keine Warnung, sondern eine Drohung.“ „Ha!", Tomas zog grinsend seine Hand fort. „Ist angekommen. Das Anfassen heben wir uns für später auf, was?“ „Vergiss es.“ Kaiba wusste inzwischen selbst nicht mehr genau, warum er eigentlich nicht von Anfang an abgehauen war; vielleicht war es morbide Neugier gewesen, vielleicht hatte es ihm auch einfach sein Stolz verboten vor einer Herausforderung, sogar einer bizarren wie dieser, zu flüchten, aber auf jeden Fall hatte er mittlerweile mehr als genug. Tomas jedoch war leider noch lange nicht fertig. „Ach, das sagen sie alle und am Ende liegen sich doch stöhnend unter mir“, verkündete er großspurig und betrachtete ungeniert Kaibas Körper. „Du hast echt hübsche Augen, weißt du. Und deine Beine erst. Zu schade, dass man kaum was sieht. Die um mich geschlungen, während wir uns den Freuden der Lust hingeben...“, seine Stimme wurde zu einem verführerischen Flüstern. „Ich sehe es schon vor mir: Nur du und ich und unsere schwitzenden Körper, die sich aneinander reiben und endlich vereinigen in dem ältesten aller Tänze...“ Von seiner eigenen Fantasie beflügelt, strich er mit seinen Fingern erst schnell über Kaibas Knie, um ihm dann blitzschnell seine Zunge in den Mund zu schieben. Im ersten Moment war es für Tomas die reinste Ekstase, die sich im zweiten schon in einen stechenden Schmerz in seinem Unterleib verwandelte, als ihm Kaiba mit seinem Knie einen Tritt in die Magengegend verpasste. Während Tomas keuchend auf den Boden sank, spuckte Kaiba ein paar Mal fluchend und wischte sich angeekelt den Mund sauber. Das war aber nicht geplant gewesen, und zwar so überhaupt nicht! Er war schwer versucht, Tomas am Kragen zu packen und ihm noch ein paar Schläge zu verpassen, als er in wenigen Metern Entfernung Yami entdeckte. Kaiba erstarrte. Hatte Yami dieses Fiasko etwa mitgekriegt? So wie Yami auf ihn zugerannt kam, war das sehr wahrscheinlich. Kaiba wurde rot vor Ärger und Scham. Verdammt, er würde seinem Rivalen nie wieder in die Augen sehen können. Was würde Yami jetzt wohl von ihm halten? Bevor er es näher herausfinden konnte, machte sich Kaiba hastig auf in ihr gemeinsames Zimmer. Er wusste, dass Yami ihm folgen würde, aber zumindest konnte er sich auf dem Weg dahin ein wenig abreagieren und zudem wurden sie dort nicht belauscht. Wahlweise plante Kaiba, sich im Badezimmer einzuschließen. Oder Yami anzubrüllen. Ja, genau. Er würde Yami anbrüllen, denn wenn der nicht gewesen wäre, dann wäre er nicht in diesem Internat, nicht auf diesem blöden Ball, nicht in einem Kleid und wäre nicht von einem Mann geküsst worden, und das auch noch mit Zunge! Während Kaiba dicht gefolgt von Yami davon stürmte, rappelte sich Tomas langsam wieder auf die Füsse. Er leckte sich genüsslich die Lippen. So eine kleine Wildkatze aber auch! Sein Bauch schmerzte immer noch, aber der Kuss war spitze gewesen. Nicht, dass Tomas was anderes von sich kannte. Zu Blöd, dass das Mädchen das nicht zu schätzen wusste. Aber wie sagte man so schön: Ihr Pech! Er war jung, dynamisch und dieser kleine Rückfall bedeutungslos. Mit sich und der Welt im Reinen, humpelte er zurück in die Halle auf der Suche nach einer willigeren, weniger stark zuschlagenden Bettgefährtin, denn immerhin war er zwar heiß auf ein wenig Aktion, aber deswegen noch lange nicht lebensmüde. Kapitel 8: Waffenstillstand --------------------------- AN: Ich weiß, dass Kapitel kommt spät, aber erst bin ich nicht zum Hochladen gekommen, dann habe ich noch einige Teile ergänzt. Das Ergebnis ist ein vergleichsweise "ernsteres" Kapitel. Ich hoffe einfach mal, dass es euch trotzdem gefällt. Zur Erinnerung: Bonkotsu ist einer der Namen, mit denen Kaiba Jounouchi betitelt und bedeutet etwa "Mittelmaß/Durchschnitt/kleines Licht". RE Porno: Yuugi leiht sich in einem der frühen Mangabändern einen von Jou; die Sache ist also Canon. Und da Atemu ja im Puzzle gefangen war, wird er bestimmt (unabsichtlich) was davon mitgekriegt haben. Er wird wohl zumindest neugierig gewesen sein, warum Yuugi plötzlich so aufgeregt ist und ich glaube auch nicht, dass Yuugi dran gedacht hat, seine Gedanken 100%ig vor Atemu zu verstecken, wenn er sich heimlich die Filme reinzieht. -------------- Kapitel 8 – Waffenstillstand „Kaiba, das...“ Bevor Yami seinen Satz auch nur ansatzweise beenden konnte, wurde ihm bereits das Wort abgeschnitten. „Keinen Ton, Yami. Was auch immer du sagen willst, lass es“, ereiferte sich sein Rivale aufgebracht und sah sich wütend im Zimmer nach etwas Nützlichem um, an dem er seinen Frust auslassen konnte. Er schnappte sich ein Kissen und warf es mit Wucht an die nächste Wand. Es klatschte zwar, aber Kaibas Laune besserte sich dadurch kein bisschen. Er brauchte etwas, was richtig zu Bruch gehen würde; am Besten ein Glas oder eine Vase. Leider befand sich weder das Eine noch das Andere in ihrem Raum und Kaiba verzog sich fluchend ins Badezimmer. Yami folgte ihm leise, um möglichst keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und weiteres Opfer von Kaibas schlechter Laune zu werden. Im Grunde war Yami selbst ebenfalls ziemlich missgestimmt; hatte dieser Tomas doch tatsächlich geschafft, was Yami bisher versagt geblieben war. Gut, der Kuss war gegen Setos Willen geschehen, aber trotzdem war Tomas bei Kaiba weiter gekommen als Yami, dessen größter Erfolg ein Schmatzer auf die Wange war. Kaiba derweil hatte sich seine Zahnbürste nebst Zahncreme gegriffen und drückte so gewaltsam die Paste aus der Tube, dass mehr auf seinen Fingern denn den Borsten landete. Yami gluckste leise und Kaibas Augen verengten sich noch mehr. „Ich hatte gesagt, du sollst still sein“, erinnerte er Yami barsch, der abwehrend die Hände hob. „Du tust so, als wäre das meine Schuld“, verteidigte er sich milde und bekam für seine Widerworte einen nassen Waschlappen ins Gesicht geklatscht. „Hey!“, erboste er sich, doch Kaiba ignorierte ihn bereits wieder und schrubbte sich wie ein Wilder die Zähne, wollte er schließlich alle Spuren des Kusses restlos beseitigen. Yami besah sich das Ganze mit zunehmendem Unmut. Wenn Kaiba so weitermachte, würde er bald kein Zahnfleisch mehr übrig haben. Der Zahnpastaschaum jedenfalls war bereits verdächtig rot. „Du blutest“, wies er Kaiba vorsichtig hin, der aber nur uninteressiert die Schultern zuckte. Yami seufzte leise. Wenn Kaiba nicht freiwillig stoppen wollte, dann würde er ihn eben dazu zwingen. Das beschlossen, trat er hinter Kaiba und schlang seine Arme um dessen schlanke Taille. Vor Schrecken ließ Kaiba die Bürste fallen und wollte sich umdrehen und Yami abschütteln, doch der hatte mit der Reaktion bereits gerechnet und war vorbereitet. Seinen Körper eng an Kaibas gedrückt, klammerte er seine Hände an den Waschbeckenrand, um so Kaiba erfolgreich zwischen Becken und sich selbst festzusetzen. Kaiba probierte zwar, Yami von sich wegzudrücken, doch da der nicht locker lassen und Kaiba Yami nicht am Ende noch mit seinen Befreiungsversuchen verletzen wollte, gab er seine Bemühungen schnell auf und hielt still. Stattdessen griff er nach einem Becher mit Wasser, um sich den Mund auszuspülen und sich von der Wärme an seinem Rücken abzulenken. Yami war erheblich kleiner als er selbst, dennoch fühlte sich dessen Umarmung unerwartet...gut an. Kaiba entwich ein leises, zufriedenen Seufzen und Yami lächelte sachte. Kaiba war von seinem Temperament her viel zu hitzig und abweisend und Yami wusste, dass solche friedvollen Momente wie dieser eher die Ausnahme als die Norm waren. Umso mehr genoss er die seltene Ruhe zwischen ihnen, vor allem, da Kaiba sich schließlich zögerlich an ihn lehnte und zaghaft seine Hand auf Yamis Arm legte. Nach einigen Minuten jedoch hatte Kaiba genug. Die Situation war einfach zu bizarr. Hier stand er zusammen mit Yami in schicken Abendkleidern und wurde dabei von seinem Erzrivalen festgehalten. Eigentlich hätte allein der Gedanke in Kaiba Scham und Ärger auslösen sollen, aber bis auf eine milde Irritation, die sich mehr auf ihn als auf Yami richtete, konnte Kaiba einfach nicht die Energie für einen Wutanfall in sich finden. „Yami...“ Behutsam stupste er seinen Ellbogen nach hinten. „Lass los. Ich will mich umziehen.“ Yamis Griff um ihn wurde noch fester. „Loslassen“, forderte Kaiba erneut, diesmal etwas lauter und endlich gehorchte Yami, auch wenn er es sich nicht nehmen ließ, sich vorher noch auf seine Zehenspitzen zu stellen und Kaiba sanft in den Nacken zu küssen. Kaiba keuchte überrascht und wollte Yami für seine Dreistigkeit zusammen stauchen (wiewohl er keine Ahnung hatte, was er eigentlich sagen sollte), doch der war bereits im Schlafraum verschwunden. Kaiba verzog sein Gesicht vor Unmut. Wenn Yami wollte, war er erstaunlich schnell, das musste man ihm lassen. Fahrig strich er sich durch die Haare und folgte Yami langsam. Er musste unbedingt die Kontrolle über dieses seltsame Spiel zwischen ihnen zurückgewinnen, doch solange er nicht die Regeln kannte, wusste er einfach nicht wie. Diese ganze Situation war Neuland für ihn und auch wenn Kaiba es gewohnt war, gegen alles und jeden zu kämpfen, fühlte sich Yamis Zuneigung und Kaibas Zulassen derselben einfach nicht wie eine Bedrohung an, genauso wenig wie eine Schwäche, die es auszumerzen galt. Yami hatte es sich zwischenzeitlich auf seinem Bett gemütlich gemacht und mischte nachdenklich sein Duelmonsters Deck. Er glaubte immer noch Setos Präsenz zu fühlen; seinen Körper, der leicht gegen Yamis drückte, die verlockende Haut unter seinen Lippen, der Yami einfach nicht hatte widerstehen können. Er hatte Kaiba nicht loslassen wollen, nicht jetzt, wo er ihm endlich so nah gewesen war. Doch er war auch klug genug um zu wissen, dass er, wenn er Kaiba zu sehr und zu schnell bedrängte, alles zwischen ihnen sofort wieder ruinieren würde. Trotzdem fühlte er sich mit einem Mal unerklärlich einsam. Als er sah, dass sich Kaiba ihm näherte, blickte er grinsend auf. Ihm war zwar nicht unbedingt zum Lachen zumute, aber es war einfach sicherer, die Atmosphäre fürs Erste unverfänglich zu halten, zumindest solange, bis er Setos Stimmung besser einschätzen konnte. Kaibas Mimik war so ausdruckslos, dass Yami arge Schwierigkeiten hatte sie zu lesen und ihm kam kurz der Gedanke, dass nicht nur er, sondern Kaiba selbst mit seinem eigenen Gefühlsleben rettungslos überfordert sein dürfte. „Wir haben unser Duell nie beendet“, erinnerte Yami ihn und klopfte einladend neben sich. „Na, hättest du Lust auf eine Fortsetzung? Ich lag in Führung, wenn ich mich richtig entsinne.“ Kaibas Nase kräuselte sich fragend. Der plötzliche Themenwechsel verwirrte ihn, doch wenn dies bedeutete, dass Yami den Schulball ad acta legen würde, konnte ihm das nur recht sein. „Reines Glück, Yami“, erwiderte er schließlich ungerührt, während er sich aus seinem Kleid schälte. „Außerdem bedeutet das gar nichts. Ich hätte dich ohnehin mit meinem nächsten Zug weggefegt.“ „Vielleicht, vielleicht auch nicht“, tat Yami den Einwand ab und packte seine Karten zurück in die Nachtschränkchenschublade, die er sorgsam verschloss. Kaibas Tonfall war zwar überheblich, aber entspannt gewesen. Keine Spur mehr von Setos vormaliger Wut und Angespanntheit, wie Yami zufrieden registrierte. „Damit müssten auch delikatere Themen als Duelmonsters erlaubt sein“, beschloss Yami, wenngleich ein Teil von ihm bedauerte, dass die Duelmatte nicht zum Einsatz kommen würde. Aber bei genauerer Überlegung wäre ein Duel mit Kaiba ohnehin nicht die beste Idee. Seto reagierte auf Niederlagen nie besonders gut und Yami wollte im Falle seines Sieges nicht die nächsten Tage mit einem eingeschnappten Kaiba verbringen. Zudem gab es momentan andere Dinge zu klären. Seine Knie angewinkelt und sein Kopf auf ihnen abgestützt, betrachtete Yami unverhohlen Kaiba, der sich mittlerweile eine dünne Stoffhose sowie ein langärmliges Shirt überzog und unter Yamis penetrantem Starren sichtlich nervös wurde. Um Yamis Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu lenken, schnalzte Kaiba missbilligend mit der Zunge. „Was soll das? Bist du letztendlich doch zu feige für ein Duell?“ Er grinste arrogant. „Hätte ich mir ja denken können. Deine Duellkünste sind schließlich auch nicht mehr das, was sie mal waren. Du hast zu viel Zeit mit deinen Versagerfreunden verbracht. Gib Acht, dass Bonkotsus Idiotie nicht am Ende noch auf dich abfärbt. Es wäre ungünstig für mich, meinen einzig würdigen Gegner zu verlieren, selbst wenn es sich dabei lediglich um dich handelt.“ „Sein Name ist Jounouchi, nicht 'Bonkotsu' und ein Versager ist keiner meiner Freunde“, berichtigte Yami ruhig und wies noch einmal auf den freien Platz neben sich. „Kannst du dich bitte einen Moment setzen? Ich will mit dir reden.“ „So? Und warum erfordert dies unbedingt mein Sitzen? Ich höre dich auch von hier aus prima.“ „Kaiba...“ „Hn“, brummte Kaiba und nahm gehorsam neben Yami Platz, auch wenn er Acht gab, Yami dabei nicht zu berühren. Es war nicht so, dass Kaiba dessen Gegenwart missfiel, aber sein Inneres war das reinste Gefühlswirrwarr und Kaiba konnte momentan seinen eigenen Reaktionen auf den ehemaligen Pharao nicht trauen. Er hatte den unerwünschten Impuls Yami in die Arme zu schließen und nicht wieder loszulassen und Kaibas Brauen zogen sich frustriert zusammen. Woher kamen plötzlich diese hirnrissigen Anwandlungen? Nur weil er nun wusste, wie sich Yamis Nähe anfühlte? Weil Yami neben Mokuba der einzige Mensch war, der sich wirklich die Mühe machte, hinter die Fassade zu blicken, die Kaiba der Welt präsentierte? Und warum hielt das eine verräterische Seite von ihm für eine gute Sache? Kaibas Zähne knirschten. Er würde sein abnormes Verhalten gerne auf den anstrengenden Abend schieben, wusste aber, dass es nicht so einfach war. Trotzdem versuchte er Yami seinen privaten Konflikt nicht merken zu lassen. So viel war Kaiba seinem Stolz doch noch schuldig. „Du musst mir nicht ständig meinen Namen sagen. Ich weiß bereits, wie ich heiße“, erklärte er deshalb brüsk und verschränkte abweisend seine Arme. „Nun, was willst du?“ Eigentlich ahnte er bereits, um was ging. „Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er einfach Ruhe gegeben hätte...“ Yami derweil unterdrückte ein Seufzen. Es war vermutlich dumm, die Sache aufzugreifen, aber die Worte brannten ihm auf der Zunge und er wollte sie unbedingt los werden. „Es tut mir Leid, was heute passiert ist“, meinte er vorsichtig. „Ich hätte Izumi sagen sollen, dass wir...“ Er zögerte unmerklich. „...ungestört sein wollen. Ich hatte mich auf den Ball mit dir gefreut und wollte dich keinesfalls versetzen. Außerdem wärst du dann auch nicht diesem Typen in die Arme gelaufen und er hätte dich nicht...nicht...“ Seine Stimme erstarb. Im Endeffekt war es nur ein dummer Kuss gewesen, aber Kaibas Gesicht verdunkelte sich immer mehr und Yami war unsicher, ob er wirklich weiter reden sollte. Eine Weile schwiegen sie sich nur an. Dass Yami sich überhaupt die Mühe machte, sich bei ihm zu entschuldigen, rührte Kaiba, doch gleichzeitig war die Geste auch furchtbar befremdlich. Er lachte leise in sich hinein. „Darüber, dass ich einen ganzen Park gebaut habe, um ihn und seine Freunde umzubringen und er im Gegenzug bereit war mich von Pegasus Schlossturm in den Tod zu stossen, haben wir beide großzügig hinweg gesehen, aber für so einen Mist wie diesen hält er plötzlich eine Entschuldigung für nötig.“ Ein schmales Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Vergiss es, Yami. Ich habe überreagiert und außerdem...“ Er sammelte sich kurz und Yami konnte sehen, wie viel Überwindung Seto seine nächsten Worte kosteten: „...bin ich an unserer Gesamtsituation nicht ganz unschuldig.“ „Weil du es warst, der sich unbedingt mit mir duellieren wollte und auf einen abgelegenen Ort bestanden hat, wo uns meine Freunde nicht finden können, dafür aber eine Bande Yakuza?“, ärgerte ihn Yami leichthin und Kaibas Augenbrauen zogen sich ob der Erinnerung mürrisch zusammen. „Exakt“, gab er widerwillig zu und kratzte hochkonzentriert an einem imaginären Fleck auf seiner Hose, um Yamis Gesichtsausdruck nicht sehen zu müssen, der für Kaibas Geschmack ohnehin viel zu amüsiert klang. Gleich darauf war Yami jedoch wieder ernst. „Wenn wir bereits so ehrlich miteinander sind, hätte ich noch eine Frage“, meinte er leise und drehte vorsichtig Kaibas Kopf zu seinem. „Was du damals sagtest...dass ich hätte tot bleiben sollen...denkst du das wirklich?“ „Ach das...“ Kaiba wich ihm unbehaglich aus. Es war nur eine unüberlegte Attacke auf Yami gewesen, entstanden aus Kaibas Frust bezüglich ihrer unglücklichen Lage; auf jeden Fall nichts, was Yami immer noch beschäftigen sollte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er Yami, der unerwartet angespannt wirkte und auch...ängstlich? Kaiba seufzte ungehalten. „Hör zu, du weißt genauso gut wie ich, dass ich nicht gut in diesen Dingen bin. Also...“ „Also?“, bohrte Yami nach und Kaiba strich sich fahrig eine störrische Strähne aus dem Gesicht. „Du wirst sowieso nicht locker lassen, richtig?“, stellte Kaiba schließlich gleichermaßen irritiert wie geschlagen fest und Yami lächelte leicht. „Nein, nicht in dieser Sache.“ Seto atmete einmal tief durch. Wenn Yami es unbedingt hören wollte, dann bitte, würde er ihm eben die Freude machen. Hauptsache dieses seltsame Gespräch fand endlich ein Ende. „Nein, es war nicht ernst gemeint und ja, ich bin...zufrieden, dass du nicht ins Jenseits gegangen, sondern hier geblieben bist.“ Er biss sich sachte auf die Unterlippe. Zufrieden war harmloser als 'froh' oder gar 'glücklich', aber trotzdem hatte er das Gefühl, Yami ins offene Messer zu laufen. Gozaburos Lehren kamen ihm in den Sinn: 'Zeige niemals eine Schwäche' hallte es durch seinen Kopf und er schüttelte ihn ungehalten. Erinnerungen an seinen Adoptivvater waren das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Yami derweil schwieg sich aus, einerseits bewegt von Kaibas Geständnis, andererseits fasziniert von den vielen verschiedenen Emotionen, die über Setos Gesicht huschten und die Yami nicht richtig zuordnen konnte. Doch was auch immer Kaiba zu schaffen gemacht hatte, war schnell wieder verdrängt. „Ist dein Verhör damit beendet?“, fragte er scharf und Yami zögerte kurz. Kaiba schien plötzlich in Angriffsstimmung zu sein und Yami verstand zwar nicht warum, war aber auch nicht bereit, als Ventil für dessen schlechte Laune herzuhalten. Es war besser, das ganze in ungefährlichere Bahnen zu lenken. „Das nennst du ein Verhör?“, lachte er und beugte sich verschwörerisch vor. „Dann hast du aber meine Freunde noch nicht erlebt, wenn die meinen, dass du ein Geheimnis vor ihnen hast. Das ist ein Verhör. Ich habe dir lediglich eine harmlose Frage gestellt.“ Kaiba schnaubte. „Das war bereits eine Frage zu viel“, erklärte er nachdrücklich. „Im Übrigen ist...“ Er stockte abrupt, als Yami sich so weit nach vorne lehnte, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. „Was soll das werden?“, wollte er misstrauisch wissen. Yamis Finger strichen sachte über Kaibas Mund. „Nach was sieht es denn aus?“, murmelte er und presste leicht ihre Lippen aufeinander. „Dich küssen natürlich.“ Er wiederholte die zarte Berührung, bis Kaiba endlich aus seiner Erstarrung erwachte und ihn achtsam zurück küsste; hin und her gerissen zwischen dem Drang, Yami für seine Dreistigkeit eine reinzuhauen und dem wohligen Gefühl in seiner Magengrube, das der Kuss in ihm verursacht hatte. Dann jedoch gewannen seine Hormone die Überhand, so dass ihn nicht einmal mehr Yamis Hand kümmerte, die sich unter sein Shirt gestohlen hatte und fast schon zärtlich die warme Haut darunter streichelte; seine Brustwarzen neckte und zur Härte brachte. Viel zu früh für Kaibas Geschmack war es auch schon wieder vorbei und Yami zog sich atemlos von ihm zurück. Kaiba blinzelte verwirrt. Das sollte alles gewesen sein? Wenngleich Kaiba logischerweise wusste, dass sie immer noch in einer Schule mit papierdünnen Wänden waren und nicht auffallen durften, begann sich sein Körper bereits nach Yamis Zuwendung zu sehnen und nach mehr zu verlangen. Auch Yami fühlte sich offensichtlich zu einer Erklärung genötigt. „Nicht, dass das hier keinen Spass macht. Es ist nur so...“, begann er, wurde jedoch gleich von einem rauen „Mir egal“, seitens Kaiba unterbrochen, den reichlich wenig interessierte, wie Yami den Satz zu beenden gedacht hatte. Er wollte nicht darüber nachdenken, was sie hier taten, denn dann musste er sich ernsthafte Zweifel an seinem mentalen Gesundheitszustand machen (er knutschte gerade mit seinem Rivalen herum und mochte es!) und es war wenig hilfreich, wenn Yami sich plötzlich auserkoren sah, die Stimme der Vernunft zu spielen. Bevor dieser deshalb protestieren konnte, schnappte sich Kaiba Yami und machte mit neu erwachter Aggression dort weiter, wo sie aufgehört hatten. Yami entwich ein überrumpelter Laut, doch dann fügte er sich in sein Schicksal und erwiderte den Kuss eifrig. Zufrieden rollte Kaiba sie herum, so dass Yami nun unten lag und ließ seine Finger neckend unter Yamis Kleid und über seine Beine fahren. Yami keuchte fordernd, drückte ihm sein Becken entgegen und Kaibas Augen blitzten schadenfroh. Sachte knetete er erst die Innenseite von Yamis Schenkeln, entzog ihm die Berührung wieder und führte diese Tortur solange fort, bis ihn ein sichtlich frustrierter Yami schließlich am Arm packte und böse anfunkelte. „Kaiba...“, mahnte er knurrend und dieser lachte ungeniert. „Du musst dich dringend rasieren. Du bist voller Stoppel,“ informierte er Yami trocken und absichtlich am Thema vorbei, der ihm einen genervten Blick zuwarf. „Und deshalb lässt du mich hier leiden?“, gab Yami mürrisch zurück und verstärkte seinen Griff, bevor er Kaiba zu sich herunterzog und vorsichtig an dessen Lippen nippte, dann am Ohrläppchen, was Kaiba unwillkürlich erschauern ließ. „Jedenfalls“, fuhr Yami fort und zog dreist an Kaibas Hosenbund, ohne ihn jedoch zu öffnen, „hast du deine Chance gehabt. Jetzt bin ich dran.“ Blitzschnell nutzte er Kaibas momentane Unaufmerksamkeit, um erneut ihre Position zu wechseln. Mit unverhohlenem Triumph setzte er sich auf Kaibas Hüfte und rieb ihre Körper eng aneinander. Seto schaute zwar wenig begeistert, machte allerdings keine Anstalten Yami von sich herunter zu werfen, was Yami als Aufforderung verstand sich über Kaibas Kinn zu seinem Nacken und schließlich dem Schlüsselbein voran zu küssen. Kaiba drehte den Kopf zur Seite, um Yami mehr Raum zu geben und haute mit dem Kopf prompt auf den Rand des viel zu schmalen Bettes. Fluchend richtete er sich schnell auf und warf Yami dabei aus Versehen von sich herunter, der wiederum eine harte Bekanntschaft mit dem Boden ihres Zimmers machte. „Ah, das tat weh“, jammerte Yami beleidigt und rieb sich seinen geprellten Hintern. „War das wirklich nötig?“ „Nötig nicht, aber dafür amüsant“, brummte Kaiba mitleidlos und lugte neugierig über die Bettkante. „Außerdem wirst du es überleben.“ „Was für eine Entschuldigung soll das denn sein?“ „Keine. Wieso? Hattest du gedacht du bekommst eine?“ Yami musste unwillkürlich lachen. „Nun, es gibt auch noch andere Arten, wie du es wieder gut machen kannst“, schlug er anzüglich vor und streckte eine Hand aus zum Zeichen, dass Kaiba ihm hoch helfen sollte. Der jedoch ignorierte ihn, befreite sich aus dem zerwühlten Laken und der Decke und verkroch sich in sein eigenes Bett. Yami sah ihm perplex zu. „Moment, das war es jetzt?“, fragte er ungläubig und Kaiba bestätigte die düstere Prognose mit einem entschiedenen Nicken. Die kleine Pause hatte gereicht, um seinen gesunden Menschenverstand wieder einzuschalten und egal, wie sehr sich ein Teil von ihm immer noch nach Yami verzehrte, würde er sich sicherlich nicht von Yami hier und heute flachlegen lassen. Kaibas Brauen zogen sich finster zusammen. Den Entschluss musste er korrigieren: Er würde sich weder heute noch morgen noch übermorgen noch irgendwann von Yami flachlegen lassen! „Und wenn überhaupt, sollte er unten liegen“, beschloss Seto insgeheim und nahm ein paar tiefe Atemzüge, um sich zu beruhigen und seinen unkooperativen Körper wieder unter Kontrolle zu bringen. Im Anschluss daran zeigte er seufzend auf Yamis verdächtig ausgebeulte Kleidung im Hüftbereich. „Ich denke, wir haben bereits mehr als genug getan“, erläuterte er und Yami musste letztlich widerwillig zustimmen. Noch konnte er sein kleines Problem mit einer alt bewährten Dusche lösen, so gesehen, sollte er vermutlich dankbar sein. Und wie er Kaiba vor einigen Minuten selbst klar zu machen versucht hatte, war dies ohnehin nicht der richtige Ort. Wenn sie zu laut werden und die Aufmerksamkeit eines Lehrers auf sich ziehen würden, könnten sie von der Schule fliegen. Trotzdem war Yami schwer versucht, es darauf ankommen zu lassen. Schließlich war die Raumtür zwar nicht abschließbar, konnte aber behelfsmäßig mit einem Stuhl blockiert werden und solange sie sich bemühten leise zu bleiben... Yami schüttelte verärgert den Kopf. Die Stimmung war inzwischen auf dem Tiefpunkt und er plante sowieso in naher Zukunft eine Wiederholung seiner Aktivitäten mit dem unerwartet willigen Kaiba. Es gab demnach keinen Grund, die Dinge nun zu überstürzen. Mit dem Gedanken getröstet, verschwand er im Badezimmer, um sich ebenfalls für die Nacht fertig zu machen und zudem sein dringendes körperliches Bedürfnis zu stillen. Kaiba für seinen Teil starrte nur stumm an die Wand, die genauso blank war, wie seine Nerven. Wie hatte es nur so weit kommen können? Wie konnte ihn Yamis Kuss nur so aus dem Konzept bringen, dass er alles Andere um sich herum vergass? Seine Aufmerksamkeit sollte auf das Finden des Yakuza und generell seinen Bruder gerichtet sein, nicht auf Yami und darauf, wie gut sich dessen Berührungen anfühlten. Stöhnend vergrub er sein Gesicht in seinem Kissen. Diese verfluchte Schule und der ebenso verfluchte Yami hatten ihn weich gemacht! Und was Kaiba erst recht die Galle hochsteigen ließ: Er konnte sich einfach nicht dazu durchringen, auf sich oder Yami angemessen wütend zu sein. Kapitel 9: Der alltägliche Wahnsinn ----------------------------------- Kapitel 9 – Der alltägliche Wahnsinn Als Kaiba am nächsten Morgen aufwachte, wurde er gleich mit zwei äußerst unliebsamen Überraschungen konfrontiert. Die erste war Izumi, die in einem der beiden überzähligen Betten glückselig vor sich hin döste (zumindest vermittelte ihm das dümmliche Grinsen auf ihren Lippen diesen Eindruck), die andere war Yami, der sich über ihn beugte und mit nach Gnade erheischender Miene auf ihn herab sah. Bevor Kaiba auch nur irgendetwas tun konnte, vorzugsweise loszubrüllen, legte ihm Yami schnell einen Finger auf den Mund. „Ich weiß, ich weiß. Du bist stinksauer und wie konnte ich es nur wagen sie hier hereinzulassen und überhaupt bin ich ein Idiot. Überspringen wir diesen Teil und hör mir stattdessen nur zu, ja?“, flüsterte er eilig und warf immer wieder prüfende Blicke auf Izumi, um sicherzugehen, dass sie nicht plötzlich aufwachte. Unwillig schlug Kaiba die störende Hand zur Seite und zwang sich mit sichtlicher Mühe zur Ruhe. „Fein. Ich werde dich erst anhören, bevor ich dich umbringe, also erkläre mir das da“, befahl er barsch und zeigte anklagend auf das schlafende Mädchen. „Erkläre es mir gut, erkläre es mir schnell, aber erkläre es. Jetzt.“ „Schon gut, das hatte ich sowieso gerade vor“, beschwichtigte Yami und streichelte geistesabwesend über Kaibas Arm, der das Ganze mit unverhohlener Faszination beobachtete. Die Geste wirkte zärtlich, liebevoll sogar und Kaiba konnte nicht anders, als sich zu fragen, ob das Verhalten für Yami normal oder exklusiv auf ihn allein beschränkt war. Die Vorstellung, Yami könnte dies auch mit Yuugi oder gar Bonkotsu treiben, verursachte ihm jedenfalls Übelkeit und der analytische Part von ihm kam nicht umhin festzustellen, dass sich dieses eklige, bittere Gefühl in seinem Inneren auch als Eifersucht in Reinform definieren ließ. Doch weil Kaiba solche Feststellungen von jeher nicht leiden mochte, verbannte er die peinliche Erkenntnis in den Untiefen seines Bewusstseins, auf dass sie dort verrotten möge und konzentrierte sich erneut auf seine Wut auf Yami und Izumi und die Tatsache, dass es noch viel zu früh am Morgen für solcherlei Schockmomente war. Yami derweil hatte sich zu ihm auf das Bett gesetzt und versuchte aufmerksam Kaibas Mimik zu lesen in der Hoffnung, dort einen Hinweis für das beste Vorgehen zu entdecken. Sie hatten sich erst vor wenigen Stunden wegen Izumi gestritten und nun würde er schon wieder für sie Partei ergreifen und Kaibas Unmut auf sich ziehen müssen. „Izumi hat mitten in der Nacht bei uns geklopft und nach mir gerufen“, erklärte er und musste reumütig mit ansehen, wie sich Kaibas Augen zusehends verdunkelten. „Du hast fest geschlafen und ich wollte dich nicht wecken. Wir schließen alles, was uns verraten könnte, ohnehin immer ab, also bestand kein wirkliches Risiko und da sie mir so leid tat...“ „Komm zur Sache“, knurrte Kaiba ungeduldig und Yami seufzte leise. „Gerne, wenn du endlich aufhören würdest, mich zu unterbrechen“, tadelte er und rückte dabei so nah an Kaiba heran, dass dessen Wangen rot anliefen. Ob aus Ärger oder Verlegenheit konnte Yami zwar nicht beurteilen, aber das hinderte ihn nicht daran, den Anblick voll auszukosten. „Jedenfalls konnte sie nicht in ihr eigenes Zimmer, weil ihre Mitbewohnerin Makoto...Herrenbesuch hatte und sie rausgeworfen hat. Izumi wusste nicht wohin und hat mich förmlich angebettelt, hier bei uns schlafen zu dürfen...“ „Und du hast ja gesagt“, beendete Kaiba den Satz und strich sich nachdenklich durch sein wirres Haar. „Und ich habe ja gesagt“, bestätigte Yami und zog stirnrunzelnd seine Hand von Kaibas Arm. Dass er nicht einmal gemerkt hatte, was seine Hand da trieb, war bereits verwunderlich; dass Kaiba jedoch nicht einmal protestiert, geschweige denn sich der Berührung entzogen hatte, kam beinahe einem kleinen Wunder gleich. Er verkniff sich ein Lächeln. Er würde sich hüten etwas dazu zu sagen, aber es war unübersehbar, dass sie wirkliche Fortschritte machten. Ihr gestriges Gespräch war ein weiterer Beweis dafür. 'Ich bin zufrieden, dass du nicht ins Jenseits gegangen, sondern hier geblieben bist.' Kaibas Worte waren zwar schlicht gewesen, aber umso wertvoller, da sie eben von Kaiba kamen; einer Person, die kaum eine Nettigkeit über die Lippen brachte, ohne gleich noch ein, zwei Beleidigungen hinterherzuschieben. „So oft habe ich mich gefragt, ob ich noch in diese Welt gehöre; so oft hatte ich Gewissensbisse, weil ich eigentlich mit meiner Familie, meinen Priestern und Freunden im Jenseits vereint sein sollte. Stattdessen aber bin ich trotz aller Zweifel geblieben.“ Müßig sah er in Kaibas wachsames Gesicht. Seto brachte in mehr als nur einer Hinsicht Yamis Blut regelmäßig zum Kochen und er war schlichtweg noch nicht bereit gewesen, Kaiba kampflos zu verlassen; erst Recht nicht, nachdem ihnen das Schicksal diese zweite Chance gewährt hatte. Wenn Izumi nicht gleich nebenan liegen würde, hätte er sich schamlos auf Kaiba gestürzt und ihre Aktivitäten von letzter Nacht fortgeführt. So aber musste er sich mit einer Umarmung begnügen, die Kaiba steif über sich ergehen ließ und murmelte ein leises Danke, mit dem Kaiba natürlich überhaupt nichts anfangen konnte, weswegen er nur ein verwirrtes „Uh, gern geschehen?“, von sich gab, während er gleichzeitig angestrengt versuchte, aus Yamis seltsamem Verhalten schlau zu werden. Schließlich kam er zu dem Schluss, dass Yami sich einfach nur freute, dass er wegen Izumi keinen Aufstand veranstaltete und lehnte zufrieden seufzend seinen Kopf auf Yamis Schulter. Dieser nutzte die Gelegenheit, um federleichte Küsse auf Setos Nacken zu verteilen und als Kaiba geschockt scharf die Lust einzog und schauderte, konnte er ein kleines Lachen nicht mehr länger zurückhalten. „Empfindlich, hm?“, fragte er belustigt und der Luftzug von Yamis Atmen ließ Kaiba nur noch mehr zusammenzucken. „Halt den Mund“, entgegnete Kaiba beleidigt und drückte Yami hart in die Matratze, der das Ganze kommentarlos hinnahm, war er doch neugierig, was Kaiba denn nun mit ihm vorhatte. Der jedoch starrte nur ratlos auf ihn hinab. Kaiba hatte zwar keine Lust mehr Yami noch länger die Kontrolle über dieses kleine Spiel zu überlassen, aber wie genau er das Blatt zu seinen Gunsten wenden konnte, wusste er selbst nicht genau. Zu viel konnte er nicht wagen; nicht mit Izumi in ihrem Raum, aber einfach den Rückzug anzutreten widerstrebte ihm. Küssen jedenfalls stand außer Frage; die Gefahr, dass die Dinge von da an ungebremst eskalieren würden, war einfach zu groß, aber was dann...? Die Brauen in Überlegung gefurcht, strich Kaiba seine Finger unter Yamis übergroßes T-Shirt und über dessen straffen Bauch. Yami zitterte ob der Berührung und Kaiba schob den Stoff ermuntert weiter nach oben, um die nun nackte Brust leichter nach Belieben zu malträtieren. Er küsste die einladende Haut sachte und saugte sanft an ihr, bis Yami nicht mehr länger still sein konnte und sich auf die Lippen beißen musste, um nicht noch versehentlich Izumi zu wecken. Oh, sie sollten unbedingt damit aufhören, bevor sie erwischt wurden, aber verdammt, es fühlte sich einfach zu gut an! Wider besseren Wissens schob sich Yami Kaiba nur noch mehr entgegen. Der machte auch gleich fleißig Gebrauch davon und verstärkte seine Streicheleinheiten, wobei seine Hände immer weiter nach unten und sein Mund immer weiter nach oben wanderte, bis er endlich Erfolg hatte und Yami ein lustvolles Stöhnen entwich. Nur ein paar Sekunden später jedoch verwandelte sich das Vergnügen in einen kurzen, stechenden Schmerz an dessen Schlüsselbein, der Yami aufschrecken ließ. „Was zum Teufel war das?“, wollte er keuchend wissen und bedachte den grinsenden Kaiba mit einem giftigen Blick. „Eine kleine Erinnerung an mich“, informierte ihn Kaiba rau und küsste sich unberührt seinen Weg abwärts. „Damit du mich nicht so schnell vergisst.“ „Als ob ich das könnte“, widersprach Yami und hatte Mühe, das Verlangen aus seiner Stimme zu verbannen. „Du glaubst ja gar nicht, was ich mir dir anstellen würde, wenn Izumi nicht...“ Wie aufs Stichwort war Izumis herzhaftes Gähnen zu hören und sowohl Kaiba als auch Yami wandten sich entsetzt um und mussten Izumi erkennen, die sich gerade kräftig reckte und streckte und den Schlaf aus den Augen rieb. Mit einer Geistesgegenwart, die Yami nur bewundern konnte, schnappte sich Kaiba seine Schuluniform und verschwand geschwind im Badezimmer, während Yami hastig seine Kleidung zurecht zog und hoffte, dass er nicht so rot und erregt aussah, wie er sich fühlte. „Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?“, fragte er unverfänglich und Izumi gähnte erneut, bevor sie sich Luft schnappend eilig aufsetzte. „Oh, du glaubst ja nicht, was für einen Mist ich geträumt habe“, verkündete sie mit großen Augen und Yami befürchtete bereits nichts Gutes. Waren er und Kaiba am Ende doch zu laut gewesen? Dabei hatte er sich so bemüht... „Weißt du, was ich für einem Moment echt gedacht habe, bevor mir klar geworden ist, dass das nur meine Einbildung sein kann?“, wollte sie mit Grabesstimme wissen und Yamis vormals unangenehme Vermutung verwandelte sich in puren Horror. „Ich habe geglaubt, Ayumi-san würde auf dir sitzen und ihr würdet rumknutschen und, ewww, die Vorstellung! Ich muss noch traumatisiert gewesen sein von Makotos nacktem Anblick mit diesem Jungen, als ich da aus Versehen reingeplatzt bin und das Bild muss sich in meinem Unterbewusstsein festgesetzt und auf euch übetragen haben! Dabei, also ich meine, du und Ayumi, von allen Leuten! Und Ayumi sah auch noch total seltsam aus, weißt du, gar nicht wie ein Mädchen. Aber du und Ayumi und Ayumi ein Junge...Bescheuert, nicht wahr?“, lachte sie mit einem Mal und Yami nickte wie betäubt. „Bescheuert, ja“, stimmte er unbehaglich zu und wurde gleich mit dem nächsten Schock konfrontiert, als Izumis Mund ein verwundertes „Oh“ formte. „Du, Yumi-chan“, begann sie und Yami rückte unbehaglich weiter nach hinten auf Kaibas Bett. „Deine Haare sind aber sehr, sehr seltsam heute...“ „Meine Haare sind seltsam?“, wiederholte Yami, sichtlich verwirrt und fasste sich automatisch an den Kopf. Ihn begrüßten vertraute Stacheln inklusive Strähnen, die teils ins Gesicht fielen und teils nach allen Seiten hin abstanden. War doch alles so wie immer. Plötzlich kam ihm die grauenhafte Erkenntnis: Er hatte heute morgen noch keine Gelegenheit gehabt, seine Haare mit viel Gel und Haarspray zu glätten und in eine wenigstens einigermaßen feminine Frisur zu verwandeln! Kaiba mochte ohne ein wenig Rausgeputze (oder auch ein wenig mehr) nicht wie ein Mädchen aussehen, Yami jedoch auch nicht und Izumi hatte sie nun beide praktisch in vielerlei Hinsicht inflagranti erwischt. Zu seinem Glück reichte Izumis Aufmerksamkeitsspanne von Zwölf bis Mittag und bevor Yami mit einer Ausrede aufwarten konnte, war sie bereits zum Badezimmer gerannt und rüttelte wie eine Wilde an der Klinke. „Da ist besetzt“, erklärte Yami, nun völlig mit seiner Weisheit am Ende, das Offensichtliche, was Izumi einen wehklagenden Laut entlockte. „Ich muss aber mal“, meckerte sie und hämmerte an der Tür. „Mach hin, Ayumi-san! Es ist dringend!“ Um ihrer Not Nachdruck zu verleihen, nahm ihre Stimme den weinerlichen Unterton an, von dem Yami wusste, dass Kaiba ihn nicht ausstehen konnte. „Nicht mein Problem“, war dann auch Kaibas gleichgültige Antwort und Izumi warf einen hilfesuchenden Blick auf Yami, der nur mit den Schultern zuckte. „Ach Mensch, immer hältst du zu ihr“, beschwerte sich das Mädchen unglücklich und Yami seufzte innerlich. „Warum gehst du nicht zurück in dein Zimmer?“, schlug er vor und fügte auf Izumis entsetztes „Nein!“, noch hinzu: „Makoto ist bestimmt mittlerweile fertig mit ihrem Treiben. Außerdem gehört der Raum nicht nur ihr allein. Statt dich ständig von ihr herumschubsen zu lassen, solltest du wenigstens versuchen, dich gegen sie zu wehren.“ „Ich könnte ihr Verhalten der Direktorin melden“, überlegte Izumi zweifelnd und starrte auf den Boden. „Würde ihr Recht geschehen.“ Ein schadenfrohes Grinsen schlich sich in ihre Gesichtszüge. „Und bei den ganzen Verstößen, die sie bereits hat, fliegt sie dieses Mal bestimmt von der Schule! Die Schulleiterin hat schon so was angedeutet...“ Das gesagt stürmte sie prompt davon. Kurz überlegte Yami, ob er ihr Beistand leisten sollte, aber zum Einen musste Izumi lernen, selbst für ihre Rechte einzutreten, zum Anderen traute sich Yami in seinem gegenwärtigen Aufzug nicht wirklich raus in die Öffentlichkeit. Für einige Minuten vergrub er das Gesicht in seinen Händen; einfach nur froh über den ruhigen Moment, bevor ihm Kaiba wieder einfiel. „Sie ist weg“, informierte er Seto und wie von ihm erwartet, lugte dieser daraufhin argwöhnisch aus dem Türrahmen. „Und sie bleibt auch weg?“, vergewisserte er sich und trat auf Yamis Bestätigung hin zu diesem ans Bett. „Halt mir die Nervensäge für den Rest des Tages fern“, meinte er grimmig und musterte Yami abwertend. „Es ist mir ein Rätsel, was du an dem Gör findest und es ist mir auch egal, aber...“ Er sah prüfend auf die Uhr auf dem Nachtschrank. „...Frühstück ist gleich fertig und ich habe heute Morgen wahrlich keinen Nerv für ihre üblichen, hirnverbrannten Nichtigkeiten. Es reicht schon, dass ich sie und den Rest ihrer Geschlechtsgenossinnen im Unterricht ertragen muss.“ „Verstanden“, antwortete Yami schlicht, wenngleich ihn Kaibas plötzlich miese Laune doch ein wenig verwunderte. „Wahrscheinlich ist er genauso sexuell frustriert wie ich“, überlegte er und musste ob des Gedankens lächeln. In dem Fall jedenfalls war Yami nämlich mehr als nur willig und fähig, Kaiba ein wenig aus der Klemme zu helfen und nach dem Motto, ein Mann, ein Wort, zog er Kaiba flugs zu sich herunter. Kaiba keuchte und stützte seine Arme schnell zu beiden Seiten von Yami ab, um diesen nicht unter seinem viel größeren Körper zu erdrücken, während Yami ungerührt begann Kaibas Bluse aufzuknöpfen und dessen Hals zu küssen. Zu seinem Bedauern löste sich Seto jedoch schnell von ihm. „Kannst du an nichts Anderes mehr denken?“, wollte er scharf wissen, doch seine Lust verschleierten Augen verrieten Yami untrüglich, dass Kaiba nicht wirklich was gegen Yamis Idee einzuwenden hatte, außer vielleicht dem Ort und der Zeit. „Die Frage lautet eher: Will ich überhaupt an was Anderes denken“, zwinkerte Yami und verpasste Kaiba, quasi als Zugabe, noch einen Schmatzer auf die Lippen. Belustigt stellte er fest, dass Kaiba nach Zahncreme schmeckte. „Aber wie du schon sagtest: Frühstück wartet und ich bin nicht einmal gewaschen. Also man sieht sich später.“ „Oh Freude“, kommentierte Kaiba flach und sah Yami genervt hinterher, bis dieser im Badezimmer verschwunden war. Er sollte wirklich, wirklich Yamis Herumgeflirte ein Ende setzen; sollte sich selbst ein für alle mal davon überzeugen, dass er außer Mokuba und seiner Firma niemanden und nichts brauchte. Nur, dass er das nicht tun würde. Mittlerweile war es ohnehin zu spät, denn Yami jetzt noch zurückzuweisen und sich so zu verhalten, als ob er nichts für seinen Rivalen empfinden würde, käme nicht nur einem Akt der Feigheit gleich, sondern würde ihn wie einen Narren aussehen lassen. Es war peinlich, es war vielleicht wirklich eine Schwäche, aber Kaiba wollte Yami inzwischen nicht mehr aus seinem Leben missen. Während Yami sich um seine Morgentoilette kümmerte, entschied sich Kaiba ebenfalls für eine produktivere Beschäftigung als nur tatenlos herum zu sitzen und ging seine Emails durch. Seine fast einwöchige Abwesenheit hatte der Kaiba Corporation noch keinen finanziellen Schaden zugefügt, aber inzwischen kamen doch die ersten Gerüchte auf, von denen das Harmloseste besagte, der Präsident wäre tatsächlich wie angekündigt lediglich auf Geschäftsreise und eines der bedenklicheren verbreitete, Seto Kaiba wäre endlich unter dem Druck in so jungen Jahren bereits eine so bedeutende Stelle inne zu haben zusammengebrochen und befand sich nun, zwecks psychischer und physischer Erholung, in einer entsprechenden Einrichtung, was so viel heißen mochte, wie dass er in der nächstbesten Irrenanstalt steckte. Was, musste Kaiba feststellen, im Grunde genommen nicht einmal eine wirkliche Lüge war. Mokuba jedenfalls hatte eine Pressekonferenz gegeben und alle diesbezüglichen Vermutungen dementiert, aber Kaiba war dennoch mehr denn je bewusst, dass er seiner Firma nicht mehr lange fernbleiben konnte; nicht zu vergessen, dass auch Mokuba seinen großen Bruder brauchte und vermisste. Aber eins nach dem Anderen. Zuerst war nun Frühstück dran, gefolgt von Geschichte, Mathematik und schließlich Sport. Auf den freute er sich besonders, und das nicht nur, weil der Sportunterricht für ihn quasi Freistunden bedeutete, sondern auch, weil er sich sehr sicher war, dass Yami etwas Entscheidendes für die heutige Stunde verpasst hatte. Und Kaiba war nur zu gerne dabei, wenn ihm die Erleuchtung kam. Eine der besonderen Art durfte er sogar bereits jetzt erleben, als Yamis aufgebrachtes „Du Mistkerl hast mir einen Knutschfleck verpasst!“ quer durch den ganzen Raum tönte und in Kaiba ein tiefes Gefühl der Befriedigung erzeugte. ---------------------------------------------- „Schwimmen?! Das kann nicht Ihr Ernst sein, Sensei?!“, rief Yami entsetzt und blickte sich so panisch um, als stünde die nächste Sintflut bevor und niemand hatte ihn auf die Arche eingeladen. Sein Lehrer zumindest nickte mehr als nur überrumpelt. „Es ist bloß Wasser und nichts, was dich gleich auffressen wird, Yumi-san.“ „Darum geht es gar nicht! Mein Problem ist vielmehr, dass ich...“ Lautes Kichern lenkte ihn kurzzeitig ab und mit Bestürzung erkannte Yami eine kleine Gruppe Mädchen in Badeanzügen, die sich um ihn versammelte. „Höchste Zeit hier zu verschwinden.“ Vielleicht hatte der Lehrer ein Einsehen mit ihm, wenn er auf niedlich machte? Einen Versuch war es allemal wert und angestrengt setzte Yami sein süßestes Gesicht auf; große Kulleraugen inklusive. „Sensei, ich...ich kann nicht schwimmen“, log er und blickte traurig gen Boden. Kaiba neben ihm schnaubte abfällig. „Geht es nicht ein bisschen dramatischer? Wo bleibt das Gefühl? Wo bleiben die dicken Tränen?“, flüsterte er spöttisch und Yami warf ihm einen fiesen Blick zu. Auch der Lehrer war nicht überzeugt. „Nun, Yumi-san“, meinte er und kratzte sich am Kinn. „Dass jemand in deinem Alter nicht schwimmen kann, ist ungewöhnlich, aber kein Grund, sich zu schämen.“ Er klopfte ihm aufmunternd auf den Rücken. „Ich persönlich werde es dir beibringen und selbst wenn du absaufen solltest: Als ausgebildeter Rettungsschwimmer komme ich selbstredend sofort zu deiner Rettung!“ „Na siehst du, Yumi, für die Mund zu Mund Beatmung wäre gesorgt“, stichelte Kaiba fröhlich und ungerührt von Yamis leisen Flüchen in seine Richtung. Yami derweil hatte eine neue Idee. „Ich habe eine Chlorallergie?“, probierte er zweifelnd, doch sein Lehrer war erbarmungslos. „So ein Quatsch. Davon habe ich in all meinen Jahren noch nie gehört“, tadelte er und runzelte die Stirn. „Warum stellst du dich wegen etwas Wasser nur so an?“ „Es ist diese gewisse Zeit im Monat?“ „Dafür gibt es Tampons.“ „Das Wasser ist Algen verseucht?“ „Dafür ist das Chlor da.“ „Es ist zu kalt?“ „Das Becken ist beheizt.“ „Ich könnte einen Hitzschlag bekommen?“ „Es sind 20 Grad und keine Kochtemperatur.“ „Ah, ich...“ Mit seinem Latein am Ende, griff er nach dem letzten Strohhalm. „Ich habe keinen Badeanzug!“, verkündete er triumphierend und war sich sicher, jetzt die rettende Lösung gefunden zu haben. Leider hatte Kaiba noch ein Wörtchen mitzureden. „Ich war so frei und habe dir bereits einen Passenden besorgt“, griente er und zog tatsächlich einen aus seiner Büchertasche. Der Lehrer nickte ihm anerkennend zu. „Gut mitgedacht, Ayumi-san“, lobte er und gestikulierte dann Richtung Umkleide. „Nachdem das geklärt wäre, kannst du dich ja nun endlich fertig machen. Alle Anderen sind bereits so weit.“ „Gar nichts ist geklärt“, giftete Yami, riss aber dennoch Kaiba den Badeanzug aus der Hand und verschwand damit ordnungsgemäß. Kaiba sah ihm überrascht nach. „Er kann doch nicht wirklich schon aufgeben? Wenn er das Teil anzieht, merkt doch jeder sofort, dass er ein Mann ist. Was hat er also vor?“ Er wollte gerade Yamis Verfolgung aufnehmen, als dieser mit einem Schrei auf den Boden sank und sich stöhnend den linken Fußknöchel hielt. „Ich bin umgeknickt“, verkündetet er wehklagend und sofort waren der Lehrer und Kaiba an seiner Seite. Beide beäugten ihn skeptisch. „Umgeknickt?“, wiederholte sein Lehrer und betastete den fraglichen Knochen vorsichtig, den Yami ihm aber sofort mit einem kleinen Laut des Schmerzes entzog. „Was für ein Zufall. Gerade jetzt, wo du dich doch schon so aufs Schwimmen...gefreut hast.“ Anklagend starrte er in Yamis Gesicht, der sich allerdings keine Blösse gab. „Wirklich ein dummer Zufall“, bestätigte er und winkte Kaiba zu sich heran, damit der ihm aufhalf und stützte. „Aber was soll man machen?“ Er drehte vorsichtig seinen linken Fuß und ächzte qualvoll. „Verstaucht, so ein Pech auch“, diagnostizierte er und der Lehrer schluckte unbehaglich. Er war verdammt sicher, dass Yumi nur simulierte, doch für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie es nicht tat, konnte er kein Risiko eingehen und am Ende noch den Zorn ihrer Familie wegen Misshandlung einer Schutzbefohlenen auf sich ziehen. Vor allem dann nicht, wenn diese Familie Kaiba als Nachnamen trug. Die Zähne zusammengepresst, traf er eine Entscheidung. „Gut, du und Ayumi-san könnt verschwinden. Lass dich von der Ärztin untersuchen und dir einen Krankenschein geben. Und jetzt haut ab.“ Dem kamen Kaiba und Yami nur zu gerne nach. Einen Arm um Yamis Taille geschlungen, schleppte Seto seinen Rivalen langsam zurück ins Schulgebäude. „Beeindruckendes Theater, Yami“, meinte er leise. „Deine Performance war ziemlich überzeugend. Glückwunsch dazu.“ „Dir verdanke ich das nicht“, murrte Yami und humpelte stetig weiter. „Ganz im Gegenteil warst du sogar alles andere als hilfreich. Was, wenn wir aufgeflogen wären?“ Kaiba schüttelte den Kopf. „Soweit hätte ich es nicht kommen lassen. Aber“, und ein breites Grinsen erschien in seinem Gesicht. „Ich war mir ohnehin sicher, dass du einen Ausweg finden würdest. Als der Einzige, der mich jemals fair in Duelmonsters geschlagen hat, habe ich schließlich vollstes Vertrauen in deine Fähigkeiten.“ „Nein, wie überaus schmeichelhaft“, erwiderte Yami unwirsch, wenngleich ihn in Wahrheit Kaibas Worte doch mit Stolz erfüllten. „Aber wenn du mich ins Schwitzen bringen willst, gäbe es durchaus angenehmere Alternativen.“ Zum Beweis ließ er seinen Arm von Kaibas Schultern runter zu dessen Hintern wandern, den er kräftig drückte. Kaibas Atem stockte kurz, bevor er sich hastig umblickte. „Lass das“, zischte er und ruckte mit dem Kopf. „Und bleib mir mit deinen ständigen Alternativen weg, vor allem hier, wo uns jemand sehen könnte.“ „Unsinn. Alle sind im Unterricht“, widersprach Yami gelassen, sondierte aber trotzdem schnell die Umgebung. Für das, was er vorhatte, konnte er keine Zeugen gebrauchen. Als er sicher war, dass sie so schnell nicht gestört werden würden, drückte er Kaiba hastig an die nächste Wand und legte ihm einen Finger auf die Lippen. „Keine Sorge, ich habe nur eine kleine Frage“, beruhigte er Kaiba, der bereits kurz vor einem Wutausbruch stand. „Woher wusstest du, dass heute Schwimmen dran war anstelle des normalen Sportunterrichts?“ Kaibas Brauen furchten sich. Dafür wurde er hier gerade von Yami im Gang festgehalten? Für so eine schrottige Auskunft? Kaiba verstand es zwar nicht, antwortete aber dennoch ehrlich: „Es wurde gestern in Mathe bekannt gegeben als du auf der Toilette warst. Es war klar, dass die Turnhalle wegen dem Fest heute noch nicht wieder benutzbar sein würde, deshalb blieb für den Sportunterricht nur noch das Schwimmbecken übrig.“ Er lachte leise. „Das, oder draußen Sport, aber das wollte keiner. Hatten alle Angst, sich dreckig zu machen.“ Er sah Yami auffordernd an. „So, lässt du mich jetzt los, oder muss ich Gewalt anwenden?“, wollte er wissen, doch Yami schüttelte den Kopf. „Warum hast du mir nichts gesagt?“, war Yamis Gegenfrage und Seto seufzte. „Mir war langweilig“, entgegnete er und rollte die Augen. „Und als König der Spiele kommt dir eine kleine Herausforderung doch sowieso immer entgegen.“ Er hob sein Knie und drückte es leicht gegen Yamis Bauch. „Und nun mach Platz, sonst wird es schmerzhaft für dich.“ Yami jedoch rührte sich keinen Millimeter. „Einen Augenblick noch“, bat er und das Funkeln in seinen Augen ließ Kaibas Warnleuchten angehen. Was Yami auch immer vorhaben mochte, es war bestimmt nichts Gutes. „Weißt du, Kaiba“, meinte Yami mit rauchiger Stimme, beugte sich vor und zeichnete mit seinem Zeigefinger kleine Muster auf Kaibas Brust. „Eigentlich hast du dir eine Strafe verdient. Das Schwimmen...deine Nettigkeit von heute morgen...“ Auf die Zehenspitzen gestellt, leckte er an Kaibas Ohr. „Oder wie du sie nanntest...“ Er biss sachte zu und Kaiba stöhnte leise. „...eine 'Erinnerung' an dich.“ Während seine Lippen noch mit Kaibas Gesicht beschäftigt waren, hatten Yamis Hände bereits begonnen, die Schleife der Schuluniform aufzuknöpfen und die Bluse von Kaibas Schultern zu streifen. Kaibas Augen verdunkelten sich in einem Mix von Lust und böser Vorahnung. „Wag es nicht“, flüsterte er heiser und sein Tonfall wurde gleich noch tiefer als gewöhnlich. „Wenn du das tust, werde ich mich fürchterlich an dir rächen müssen.“ „Oh, das macht nichts“, grinste Yami und küsste sich abwärts. „Genau genommen zähle ich darauf.“ Bevor Kaiba richtig registrieren konnte, was Yami da trieb, saugte er einmal kräftig an Setos Haut und brachte sich dann lachend aus Kaibas Reichweite in Sicherheit, der entsetzt das rote Mal auf seiner Schulter betrachtete. „Bastard“, schimpfte er und zog sich hastig die Bluse über die verräterische Stelle. „Das werde ich noch Tage mit mir herumtragen!“ „Du meinst so wie ich meinen Knutschfleck von dir?“, neckte Yami und streichelte entschuldigend über Kaibas Wange, bevor er ihre Körper zusammendrückte und Seto einen ordentlichen Kuss auf den Mund verpasste, der sie beide atemlos zurückließ. „Zimmer?“, hauchte Yami und sah dabei so verführerisch aus, dass Kaiba am Liebsten zugestimmt hätte. Aber einer von ihnen musste schließlich einen kühlen Kopf bewahren, und da Yami ganz klar für den Job ausfiel, blieb nun einmal nur noch er übrig. „Arzt“, erinnerte er bedauernd und Yamis Mundwinkel verzogen sich schmollend nach unten. „Stimmt, der Krankenschein“, entsann sich nun auch Yami und schnippte enttäuscht mit den Fingern. „Verdammt, immer diese elenden Unterbrechungen.“ „In der Tat“, stimmte Kaiba nüchtern zu und schob Yami von sich. „Und jetzt bewege dich.“ Yami beobachtete ihn fast schon beleidigt. Warum war es immer nur er, den ihr Treiben dermaßen erregte? So kalt konnte Kaiba doch gar nicht sein. „Dir macht das wohl gar nichts aus, was?“, beschwerte er sich und bekam als Antwort ein Schulterzucken. „Vielleicht habe ich mich einfach besser unter Kontrolle“, vermutete Seto nonchalant und spazierte demonstrativ an Yami vorbei, der allerdings just in diesem Moment eine interessante Entdeckung machte. „Von wegen Kontrolle!“, grinste Yami selbstzufrieden und unterdrückte ein süffisantes Lachen. Sein Rivale mochte noch so unberührt tun, aber Yami wusste es definitiv besser. Denn wie sonst ließ sich Kaibas wackliger Gang und die unübersehbare Gänsehaut erklären? ----------------- AN: Danke sehr für die bisherigen Kommentare :) Kapitel 10: Ausflüge und Aussprachen ------------------------------------ Kapitel 10 – Ausflüge und Aussprachen „Ausflug, Ausflug! Heute geht’s nach Domino“, trällerte Izumi fröhlich und hüpfte beschwingt um Yami herum, der das Ganze mit einem kleinen Lächeln quittierte. Izumi konnte eine unglaubliche Nervensäge sein, aber in Momenten wie diesen war Yami sich sicher, dass er sie vermissen würde. Wenn sein Aibou nicht bereits in Anzu verliebt wäre, hätte er versucht die beiden zu verkuppeln. Ihre unbeschwerten Persönlichkeiten jedenfalls hätten sich bestimmt prima ergänzt. Er legte überlegend den Kopf schief. Trauerte Jounouchi eigentlich immer noch Mai nach? Oder wie wäre es mit Honda? Der schien ohnehin ständig auf der Suche zu sein nach seiner 'Mrs Right' und an Shizuka kam er wegen Jounouchis Argusaugen sowieso nicht heran... Im Gegensatz zu Yami konnte Kaiba es kaum erwarten Izumi inklusive Internat auf immer und ewig hinter sich zu lassen. Obwohl er sich gut eingelebt hatte (was auch damit zusammenhing, dass er alle außer Yami konsequent zu meiden versuchte), konnte er nun mit Fug und Recht behaupten, dass er die Nase gestrichen voll hatte. Er vermisste Mokuba, er vermisste sein Büro, er vermisste sein eigenes Bett, er vermisste seine Privatsphäre; zum Teufel noch mal, inzwischen vermisste er sogar den Stress und Termindruck sowie seine hinterhältigen Geschäftspartner! Seit heute waren Yami und er genau eine Woche auf dem Internat und wie auf der Schule üblich, fand an jedem Donnerstag ein mehrstündiger Trip nach Domino statt. Während Izumi ihnen seit geraumer Zeit die Ohren abkaute mit all den nutzlosen Dingen, die sie in der Stadt erledigen wollte, sah Kaiba die Sache wesentlich pragmatischer und plante, Ausschau nach verdächtigen Gestalten zu halten und vielleicht sogar ein kurzes Treffen mit Mokuba zu arrangieren. Sein Bruder wusste mittlerweile über die Yakuza Bescheid, aber wie Kaiba ihn kannte, würde ihn das dennoch nicht davon abhalten, seinen Niisama mit Fragen zu löchern bis der einem Schweizer Käse glich. Dies war jedoch ein Risiko, was Kaiba gerne bereit war einzugehen, solange er sich nur selbst von Mokubas Wohlergehen vergewissern konnte. „Ausflug, Ausflug, la, la, la!“ Es war nicht so, dass Seto Yuugi und seiner Familie misstraute; sie hatten ihm versprochen, auf Mokuba Acht zu geben und Kaiba glaubte ihnen das auch, aber letzten Endes war Mokuba sein kleiner Bruder und seine Verantwortung und nicht Yuugis. „Oh, ich bin so aufgeregt. Das ist das erste Mal, dass ich mit Freunden unterwegs sein werde. Ausflug jup dip tup!“ Apropos Yuugi, ob Yami wohl seine schwächere Hälfte heute ebenfalls wiedersehen wollte? „Ausflug, Yumi-chan! Und ich weiß schon, was ich tragen werde, dum di dum!“ Kaiba selbst hatte nicht unbedingt ein Problem mit Yuugi per se, nur, dass der Zwerg in der Regel nie allein war, sondern ständig den drittklassigen Duellanten und seinen Fanclub dabei hatte und sich bestimmt alle auf Yami stürzen würden, der dann... „Aaaaauuuuuussssssfffffluuuuugggggg!“ „Verdammt Izumi, jetzt halt endlich die Klappe!“, schnappte Kaiba wutentbrannt und das Mädchen erstarrte augenblicklich. „Entschuldigung“, quiekte sie kleinlaut und brachte sich hinter Yami in Sicherheit, der die letzten Minuten über nur nachdenklich da gesessen und keinen Mucks von sich gegeben hatte. Nun aber seufzte er laut. „Izumi, es geht erst gegen Mittag los, also warum machst du bis dahin nicht deine Matheaufgaben oder lernst ein wenig für den morgigen Test? Ich komme später und hole dich ab, okay?“, schlug er vor und Izumi nickte traurig. „Na gut, aber vergiss es nicht“, meinte sie niedergeschlagen und verbeugte sich, zu Kaibas großer Verwunderung, kurz vor ihm. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht nerven, Ayumi-san“, erklärte sie reumütig und verschwand dann aus dem Zimmer. Yami seufzte erneut. „Sie ist ein bisschen übereifrig, aber kein Monster, Kaiba“, mahnte er und setzte sich Kaiba gegenüber an den Tisch, auf dem sie ihre Hausaufgaben zu machen pflegten. Geistesabwesend sammelte er die losen Blätter auf der Platte zusammen, die er dann fein säuberlich nach Fächern geordnet zu mehreren Haufen aufschichtete. Kaiba beobachtete das ungewohnte Treiben interessiert. Yami wirkte unsicher und Kaiba konnte sich nicht wirklich erklären, woher diese Zurückhaltung plötzlich kam. Noch befremdlicher war, dass Yami bisher nicht einmal versucht hatte, ihn zu küssen oder zu gar mehr zu überreden. „Jetzt sag schon, was los ist“, brummte Kaiba und massierte sich den Nasenrücken. Ein depressiver Yami war fast noch nerviger als eine hyperaktive Izumi und er hatte keine Lust den ganzen Tag herum rätseln zu müssen, was denn mit seinem Rivalen nun genau nicht stimmte. Dessen Gesicht verzog sich. „Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich eine so gute Idee ist, wenn wir nach Domino gehen“, rückte er schließlich mit der Sprache heraus und lachte leise, als Kaiba ihn mit aus Überraschung geweiteten Augen fragend ansah. „Was ist, wenn uns die Yakuza über den Weg läuft? Ist das nicht zu gefährlich?“, erinnerte er und Kaiba schnaubte verächtlich. „Deswegen machst du dir Gedanken? Wir haben doch unsere Tarnung; ganz abgesehen mal davon, dass Isono nichts aufgefallen ist, und zwar weder um den Spieleladen herum noch um meine Firma oder die Villa. Ich bezweifle mehr und mehr, dass uns der Yakuza erkannt hat. Uns wird schon nichts passieren.“ „Das kannst du aber nicht wissen“, beharrte Yami und starrte Kaiba eindringlich an. Der verschränkte stur die Arme vor der Brust. „Gut, dann lass es mich so sagen Yami: Wenn ich heute nicht hier rauskomme, dann laufe ich Amok mit dir als meinem ersten Opfer. Es wird blutig, es wird schmerzhaft und es wird auf keinen Fall schnell. Ergo: Mach was du willst, aber ich werde mit nach Domino fahren.“ Yami betrachtete ihn in einem seltsamen Mix aus milder Resignation und leichter Verzweiflung, die Kaiba ehrlich verblüffte. „Schon gut, vergiss meine Einwände; ich bin's gewohnt“, lenkte Yami jedoch nur schlicht ein und hielt seine Hand auf. „Kann ich mal dein Handy? Bei meinem ist der Akku leer und ich muss mit Yuugi telefonieren.“ „Sicher“, erwiderte Kaiba und reichte ihm das gewünschte Objekt. Weder verstand er Yamis plötzliche Melancholie noch behagte sie ihm, aber wenn für Yami die Angelegenheit damit erledigt war, würde Kaiba sie bestimmt nicht wieder aufgreifen, selbst wenn er deutlich spürte, dass Yamis Widerwille bezüglich des Ausfluges nicht allein auf die Yakuza zurückzuführen war. ---------------------------------------- „Ach warum mag sie mich nur nicht? Ich kapier das nicht“, jammerte Izumi still vor sich, (oder zumindest so still, wie sie nur sein konnte) und stierte trostlos auf ihre Füße. Makoto grinste hinterhältig, legte ihr in falscher Kameradschaft eine Hand um die Schultern und kniff Izumi leicht in die Wange. „Das kann ich dir verraten: Weil dich niemand mag. Ende der Geschichte.“ Aus dem Kneifen wurde ein kleiner Schlag auf die Backe. „Sei froh, dass ich rausgeschmissen worden bin, denn sonst hätte ich dir das Leben hier zur Hölle gemacht“, meinte Makoto dann wie beiläufig und ging zurück zu ihrem Koffer, in den sie mit unverhohlenem Frust ihre Sachen stopfte. „Ich weiß, dass ich dir das zu verdanken habe, du kleine Petze.“ Makotos Bewegungen wurden immer aggressiver und Izumi, die befürchtete, ein falsches Wort von ihr und Makoto würde sich auf sie stürzen, hielt in weiser Voraussicht dieses eine Mal den Mund. „Du kriegst keinen Kerl ab und deshalb gönnst du mir auch keinen. Du bist echt das Hinterletzte; weniger wert als der Dreck unter meinen Schuhen“, beleidigte Makoto derweil weiter und klappte schließlich geräuschvoll den Deckel zu. „Oh und bevor ich es vergesse: Viel Spaß in Domino und lass dich nicht vom Bus überrollen.“ Sie bedachte Izumi mit einem bösartigen Blick und stemmte höhnisch die Hände in die Hüfte. „Obwohl ich bezweifle, dass dich einer ernsthaft vermissen würde. Selbst deine geliebte Yumi sieht die meiste Zeit so aus, als stünde sie in deiner Gegenwart kurz vorm Kotzen.“ „Stimmt nicht“, kam der leise Widerspruch, der selbst in Izumis Ohren furchtbar schwach klang. „Klingt ja wenig überzeugend“, entgegnete Makoto achselzuckend und machte sich samt Gepäck davon, nicht jedoch, ohne Izumi vorher noch ihren Kaugummi ins Haar zu kleben. Diese seufzte erschöpft, griff nach der Schere in ihrer Federmappe und schnitt die ruinierte Strähne kommentarlos ab. Gut, dann war sie halt eine Petze, aber sie war immerhin Makoto losgeworden und da nahm sie den Verlust einiger Haare gerne in Kauf. Weniger unberührt ließen sie jedoch deren letzte Worte. Yumi war die erste und einzige Freundin, die sie auf dem Internat hatte und Izumi mochte sie wirklich sehr. Nur dass Yumi anscheinend Ayumis Gesellschaft bevorzugte, was die Sache schwierig gestaltete, denn Ayumi zeigte tagtäglich, wie wenig sie von Izumi hielt. Wenn Izumi also die Freundschaft mit Yumi aufrecht erhalten wollte, musste sie mit Ayumi klar kommen. Wenn dieses Mädchen nur nicht so unhöflich, dickköpfig und, das vor allem, besitzergreifend wäre! Immer, wenn sich Izumi in Yumis Nähe wagte, verfinsterte sich Ayumis Miene, als ob sie es kaum erwarten könne Izumi ungespitzt in den Boden zu rammen. Keine viel versprechende Ausgangsposition für eine Freundschaft also. „Vielleicht sollte ich Ayumi was Schönes in der Stadt kaufen? Ein Buch wäre bestimmt nicht schlecht. So viel wie sie liest...“ Begeistert von ihrem Einfall klatschte sie in die Hände. „Außerdem ist sie dann beschäftigt, so dass ich Yumi-chan ganz für mich alleine habe!“ „Meine Güte, du warst schon immer nicht ganz dicht, aber nun auch noch Selbstgespräche? Echt traurig“, unterbrach eine Stimme Izumis Gedankengang und als sich Izumi umdrehte, erkannte sie Cho, die die Hände hinter dem Kopf verschränkt an der Wand lehnte. „Kann ich dir helfen?“, fragte Izumi höflich; begierig, dass Cho schnell verschwand, aber zu ängstlich, das andere Mädchen direkt aus ihrem Raum zu werfen. Cho, selbst nicht gerade die Geduldigste, kam sofort auf den Punkt: „Wo ist Hitomi? Wir wollten zusammen lernen.“ „Hitomi?“, wiederholte Izumi und trommelte überlegend mit den Fingern auf der Tischplatte herum. „Ja, Hitomi. Schon mal gehört? Deine zweite Zimmerpartnerin; besser gesagt nach Makotos unfreiwilligem Abgang deine einzige Zimmerpartnerin. Wo ist sie?“, fragte Cho erneut und verdrehte die Augen. „Wenn du noch langsamer wirst, gehst du bald rückwärts.“ Jetzt reichte es sogar der gutmütigen Izumi. Genervt stand sie ruckartig von ihrem Stuhl auf, der dabei klappernd umfiel. „Es ist ja nun nicht gerade so, als ob sie sich bei mir an- oder abmeldet, aber ich glaube, sie ist in der Bücherei“, antwortete sie bissig und Cho gluckste laut. „Na siehst du, geht doch. Mehr wollte ich gar nicht wissen.“ Winkend trat sie auf den Flur, wo sie sich erneut umdrehte und Izumi interessiert musterte. „Übrigens, was deine Freundin Yumi und ihre Kollegin Ayumi betrifft, solltest du, und es ist natürlich nur ein Vorschlag, mal etwas genauer hinsehen. Selbst einem Dummchen wie dir dürften dabei ein oder zwei Dinge auffallen.“ „Was für Dinge?“ „Oh, keine Ahnung. Schwänze?“ „Schwänze?“, blinzelte Izumi, nun völlig konfus, doch statt weiterer Auskünfte, bekam sie nur ein neuerliches Lachen seitens Cho zu hören. Während Izumi noch angestrengt grübelte, verschwand Cho kichernd im Gang. Izumi war wirklich nicht die Hellste, aber Cho war zuversichtlich, dass Izumi über kurz oder lang eine Eingebung kriegen würde. Cho hegte bereits seit der ersten Sportstunde mit den beiden einen speziellen Verdacht und wenngleich sie keinen hundertprozentigen Beweis für ihre Annahme hatte, war sie sehr sicher, dass Ayumi und Yumi ebenso wenig dem weiblichen Geschlecht angehörten wie Izumi Chancen auf den nächsten Nobelpreis hatte. Jedoch, aus der ersten und letzten Konfrontation mit Ayumi schlau geworden, war sie keinesfalls töricht genug, um sich selbst noch einmal mit dieser anzulegen. Nein, für diese ehrenvolle Aufgabe hatte sie einen Anderen auserkoren und wer wäre dafür besser geeignet als die unbeliebte Izumi, der sowieso ein Denkzettel verpasst gehörte? ---------------------------- Missmutig rührte Yami in seinem Tee herum. Das Telefonat mit Yuugi war schon lange beendet und obwohl Yami sich gefreut hatte nach gut einer Woche Yuugis Stimme zu hören, so graute sich auch ein Teil von ihm vor dem heutigen Treffen mit seinen Freunden. Das Internat war Kaibas und seine eigene kleine Welt gewesen; der Ort, an dem sie sich näher gekommen waren als all die Monate zuvor. „Irgendwie habe ich in den letzten Tagen vergessen, dass dies nicht mehr als ein Versteck ist; nicht unser richtiges Leben und keinesfalls von Dauer.“ Er ließ stöhnend seinen Kopf auf das dicke Mathebuch fallen, in dem all die lustigen Formeln und Rechnungen standen, denen eigentlich seine Aufmerksamkeit hätte gelten sollen. Aber wen interessierte in einem solchen Moment schon ein dummer Mathematiktest? Der Ausflug nach Domino sollte im Grunde nur ein paar Stunden dauern, danach wären er und Kaiba wieder zurück in ihrem Zimmer; nur sie zwei und keine ernsthaften Verpflichtungen; nichts, was Kaibas Interesse auf etwas Anderes als Yami ablenken könnte. Bloß, und der Gedanke tat Yami in der Seele weh, dass es sicherlich nicht so einfach bleiben würde. Seit das Wort „Domino“ gefallen war, wurde er kontinuierlich an die Außenwelt erinnert und daran, dass Kaiba immer noch seine Firma hatte, sein Leben als Präsident und großer Bruder und Yami... Yami hatte seine Freunde, doch so gern er auch mit ihnen zusammen war, er wusste, dass es bei Weitem nicht mehr reichte. Erst in Kaibas Gegenwart hatte er sich das erste Mal seit 3000 Jahren wirklich lebendig gefühlt und, egoistisch, wie es war, er wollte, nein, mehr noch, er konnte dieses Gefühl einfach nicht wieder verlieren. Aber würde nicht genau dies passieren, sobald Kaiba erst einmal wieder im Alltagstrott gefangen war? Würde er Yami und ihre gemeinsame Zeit aus seinem Leben ausschließen und ihre einzigen Begegnungen auf ein gelegentliches Duelmonster Turnier beschränkt sein? Die Vorstellung versetzte Yami einen Stich im Herzen. Das Objekt seiner Sorge kam derweil frisch geduscht zu ihm an den Tisch und warf einen kritischen Blick auf die leeren Zettel. Kaiba war zwar, sehr zu Yamis Ärgernis, bereits bekleidet mit einer dünnen grauen Hose und einem schwarzen T-Shirt, doch noch immer roch er nach Shampoo und auch von seiner nass glänzenden Haut perlten vereinzelt Wassertropfen, von denen einige auf Yamis Hand landeten. Der Klumpen in Yamis Magen verwandelte sich in pure Lust, die er mühsam zu unterdrücken versuchte. „Wolltest du nicht lernen?“, fragte Kaiba und wedelte mit einem leeren Blatt. „Viel hat sich hier nicht getan. Kein Wunder, dass du nicht besser wirst.“ „Kann auch daran liegen, dass du mir keine richtige Nachhilfe geben willst“, konterte Yami verdrossen. „Dabei habe ich dich mehr als einmal höflich darum gebeten.“ „Ah, das mag sein, aber erinnern wir uns an den letzten Versuch, dir was beizubringen.“ In einer schwungvollen Bewegung kehrte Kaiba Yami den Rücken zu und setzte sich auf sein Bett. „Wir waren gerade bei Japans Geschichte, insbesondere dem Einfall der Europäer und die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und Kultur, als jemand...“ Und Kaiba erlaubte sich ein unverfängliches Grinsen. „Das Thema wenig geschickt ablenkte auf Ägyptens Kultur zur Zeit der Herrschaft eines gewissen Pharaos und die Vorzüge des Wetters dort bezüglich des Kleidungsstils im Kontrast auf, wie nanntest du es, meine Art mich von oben bis unten zu bedecken und dir bewusst bösartig den Blick zu verwehren auf alles, und ich zitiere, Interessante.“ „Tust du auch“, verteidigte sich Yami halbherzig, trottete zu Kaiba hinüber und zog zum Beweis an dessen Shirt. „Wenn du nicht gezwungen wärst außerhalb dieses Zimmers einen Rock zu tragen, würdest du so gut wie gar keine Haut zeigen.“ Er lehnte sich an Kaibas Brust und ließ seine Hände unter dessen Kleidung wandern. „Es ist mühselig, dich erst unter haufenweise Schichten von Stoff freilegen zu müssen, um...“ Er schob langsam das T-Shirt hoch und verteilte kleine Küsse auf Kaibas Bauch, der behaglich die Augen schloss und zufrieden brummte. „...das hier zu tun.“ Eigentlich hätte Yami ihre Aktivitäten gerne noch ein wenig weiter vertieft, aber Kaibas Nähe erinnerte ihn nur allzu deutlich an seine vorherigen Befürchtungen. Mit einem leisen Seufzen kuschelte er sich an Kaiba, der nach einigem Zögern seine Arme um Yami legte und ihn drückte. „Du bist schon den ganzen Tag über reichlich seltsam drauf, Yami. Äußerst befremdlich, zumal ich angenommen hätte, dass du ekstatisch sein würdest, deine bescheu...ah, deine Freunde wieder zu sehen.“ „Bin isch ausch“, kam Yamis dumpfe, genuschelte Antwort, der seinen Kopf inzwischen derart tief in Kaibas Shirt vergraben hatte, dass dieser außer einem bunten Haarschopf nicht mehr viel von Yamis Haupt erkennen konnte. „So?“, zweifelte Kaiba und piekte Yami sachte in die Seite. „Mein Fehler. Ich Narr dachte doch tatsächlich, dass du schmollst. Aber natürlich ist so etwas für einen ehemaligen Pharao undenkbar.“ Erneut piesackte er Yami mit einem Finger, der grummelnd zusammenzuckte. „Hör auf damit“, wimmerte er und Kaiba musste ob des weinerlichen Tonfalls leise glucksen. „Ich bin kein Kopfkissen. Wenn du willst, dass ich stoppe, geh von mir runter.“ „Will aber nicht.“ Seinen Kopf leicht angehoben, küsste Yami grinsend die Unterseite von Kaibas Kinn. „Du bist bequem und ich habe gerade Lust auf etwas Bequemlichkeit.“ „Nicht Lust auf mehr? Ich bin begeistert.“ Yami lachte verhalten. „Das höre ich. Aber ja, ausnahmsweise gehen mir momentan andere Dinge an die Substanz.“ „Die da wären?“, fragte Kaiba ruhig und schob Yami dabei vorsichtig etwas von sich herunter, um seine Muskeln zu entlasten, die mittlerweile kurz vom Einschlafen waren. „Nun...“, begann Yami, aus dessen Gesicht schlagartig alle Amüsiertheit gewichen war. “...zum Beispiel habe ich mich gefragt, ob du nicht wieder auf die Schule in Domino gehen willst. Mit Yuugi und mir in eine Klasse.“ „Mit Yuugi und dir?“, echote Kaiba und versuchte angestrengt aus Yamis Mimik schlau zu werden, was jedoch dadurch vereitelt wurde, dass Yami ihn partout nicht ansehen wollte. „Du weißt schon, deinen Abschluss nachmachen. Mir selbst ist das zwar aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vergönnt, da mir einfach zu viele Grundkenntnisse fehlen, aber für dich wäre es doch bestimmt ein Leichtes die Prüfungen zu bestehen. Und ein Diplom macht sich immer gut“, druckste Yami herum, während er gleichzeitig geistesabwesend damit begonnen hatte, seine Finger über Kaibas Schenkel zu gleiten. Bevor Yami in gefährlichen, da erregenden Gefilden landen konnte, schnappte sich Kaiba Yamis Handgelenk und stoppte so alle weitere Wanderung. Er tat ein paar tiefe Atemzüge, bevor er sich an Yami wandte. „Lass mich das klarstellen: Du willst, dass ich meinen Abschluss mache, während du deinen eigenen bereits als so gut wie unmöglich abgehakt hast. Solltest du unter den Umständen nicht lieber an dich selbst denken?“, fragte er scharf, woraufhin Yami sichtlich unwohl die Lippen zusammenpresste und die Hände zusammenballte. Yamis ganzer Körper war angespannt und Kaiba fühlte sich schuldig dafür, obwohl er sich sicher war nichts gesagt zu haben, was Yamis plötzliche Reaktion rechtfertigen würde. Er schüttelte irritiert den Kopf. „Warum interessiert ihn überhaupt, ob ich zur Schule gehe oder nicht? Das hat ihn doch sonst auch nicht gekümmert.“ Bevor er jedoch nachfragen konnte, winkte Yami bereits ab. „Vergiss es. Es war eine blöde Idee“, meinte er harsch, stand abrupt auf und marschierte schnurstracks ins Badezimmer. „Ich mache mich jetzt fertig und gehe dann Izumi abholen. Ich schätze, ich sehe dich beim Bus“, erklärte er noch, bevor er lautstark hinter sich die Tür schloss. Kaiba war zu perplex, um sich zu rühren. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was in Yami gefahren sein könnte, aber irgendetwas sagte ihm, dass es mit ihm zu tun hatte. Nun musste er nur noch herausfinden, was dieses etwas war, denn mit einem unleidlichen Yami wollte er sich wahrlich nicht länger als unbedingt nötig herumplagen. Und, wie Kaiba im Privaten feststellte, war selbst ein 'nicht länger als unbedingt nötig' viel länger, als er ertragen konnte. -------------------------- Gleich auf das erste Klopfen hin rannte Izumi eilig zur Tür und stolperte dabei fast über ihre eigenen Füße. Egal, was Makoto gesagt hatte, Yumi-chan mochte sie also doch und war wie versprochen gekommen! Strahlend öffnete sie ihrem Besuch und zog ihn prompt in eine ebenso erdrückende wie herzliche Umarmung. „Uff, womit habe ich denn das verdient?“, wollte Yami reichlich überrumpelt wissen und versuchte dabei diskret seine verrutschten Brusteinlagen zu richten, die Izumi hoffnungslos platt gequetscht hatte. Izumi kicherte glücklich. „Ach, ich freue mich nur, dass du gekommen bist“, erklärte sie übermütig, vollführte ein paar reichlich merkwürdige Pirouetten, die sie schwindelig werden ließen und hüpfte dann zu ihrem Kleiderschrank, aus dem sie sich eine knallbunte Jacke griff. „Tada“, präsentierte sie stolz ihre neuste Katalogerrungenschaft, die Yami schon beim Hinsehen Kopfschmerzen bereitete. „Sehr...farbenfroh“, meinte er vorsichtig und wie üblich ging Yamis mangelnder Enthusiasmus bei Izumi zu einem Ohr rein und zum anderen postwendend wieder raus. „Dir gefällt sie also? Das ist gut!“, rief das Mädchen erfreut und tänzelte mit der Jacke in der Hand auf Yami zu, der bereits Böses ahnte. „Yumi-chan, seit dem Tag, an dem du hier bist, warst du mir eine gute Freundin und hast, obwohl ich nicht immer leicht zu ertragen war, immer treu zu mir gehalten. Und deshalb...“, mit funkelnden Augen überreichte sie Yami feierlich das...das Ding (die Bezeichnung Jacke hatte es Yamis bescheidener Meinung nach nicht verdient), „...möchte ich dir dies als Zeichen meiner Dankbarkeit schenken, auf dass du dich immer an mich erinnern mögest.“ Mit spitzen Fingern nahm Yami die angebotene Scheußlichkeit an sich. Das orange-gelbe Machtwerk eines zweifelsohne psychopathisch veranlagten Designers war nicht nur über und über mit grell glitzernden Strasssteinchen besetzt, sondern brillierte überdies noch mit einem flauschigen roten Kragen, der jedem Wischmop Ehre machte. Und nun gehörte es ihm ganz alleine. Yami war ja so dankbar. „I-ich weiß nicht, was ich sagen soll“, stammelte er schließlich; krampfhaft bemüht, eine tapfere Miene für die erwartungsvoll dreinblickende Izumi aufzusetzen, die vor Freude jauchzte. „Ich wusste, dass sie für dich genau das Richtige ist! Passt sie nicht perfekt zu deinen Haaren? Hach, ein Traum. Ich bin hin und weg“, verkündete Izumi selig. „Die 30.000 Yen haben sich also gelohnt. Na los, anziehen! Anziehen!“ Yami wusste nicht, worüber er mehr entsetzt sein sollte: Das Izumi mal eben so viel Geld für ihn ausgegeben hatte, dass sie erwartete, dass er das Ding tragen würde oder dass der Hersteller tatsächlich die Frechheit besaß, einen derart hohen Preis für einen derartigen Mist festzusetzen. „Dabei wäre geschenkt noch zu teuer gewesen“, seufzte Yami innerlich, fügte sich jedoch ergeben in sein Schicksal. Dann würde er eben die Jacke anziehen, ein bisschen für Izumi damit posieren und gut war. Leider hatte Izumi andere Pläne, denn kaum, dass er die Jacke trug, nickte sie anerkennend und meinte zufrieden: „Das steht dir ja sooooo gut, Yumi-chan!“ Sie wischte sich einige Tränen der Rührung aus den Augen. „Du wirst der Hingucker auf dem Ausflug sein. Ich bin wirklich froh, dass ich dir genauso wichtig bin, wie du mir. Kurz hatte ich nämlich echt Angst, dass du dich weigern würdest, sie zu tragen und dir unsere Freundschaft nichts bedeutet. Das hätte ich nicht ertragen können. Aber nun bin ich beruhigt und kann es kaum erwarten live mit zu erleben, wie die anderen reagieren, wenn sie dich mit meinem Geschenk sehen.“ Yami war zu geplättet für Widerspruch, selbst dann noch, als ihm die grausige Wahrheit klar wurde: Alle Schüler und Lehrer würden ihn so sehen! Ganz Domino inklusive seinen Freunden würde ihn so sehen! Kaiba würde ihn so sehen! „Du, Yumi-chan“, unterbrach Izumi seine unschönen Gedankengänge. „Ich habe mir überlegt, ob ich Ayumi-san auch was schenken sollte. Damit sie mich besser leiden kann ...“ „Oh bitte nicht“, schoss es Yami spontan durch den Kopf, der sich nicht ausmalen mochte, wie ausgerechnet Kaiba auf eine von Izumis gut gemeinten, doch leider gar grausigen Aufmerksamkeiten reagieren würde. „Ach weißt du, Ayumi ist nicht gerade ein Fan von offenen Zuneigungsbeweisen“, antwortete er vorsichtig, „Wenn du ihr etwas Gutes tun willst, gönne ihr besser öfter ihre Ruhe vor...“ Er wollte nicht direkt sagen 'dir', „...deinen, ah, allzu überdrehten Momenten.“ „Äh, okay“, entgegnete Izumi, die offensichtlich kein Wort verstanden hatte. „Aber egal, genug von ihr“, wechselte sie erneut das Thema, legte ihre Hände in Yamis und starrte ihn mit geröteten Wangen unverwandt an. „Ich will nichts überstürzen“, wisperte sie und sah dem nur minimal größeren Yami tief in die Augen. „Doch ich glaube, jetzt, wo ich weiß, was du für mich empfindest, muss ich noch einen Schritt weiter gehen und dir sagen, dass ich dich sehr gern habe. Mehr als alle anderen Mädchen und mehr als nur eine Freundin.“ Während Yami noch die Tragweite ihres Geständnisses zu erfassen versuchte, verpasste ihm Izumi ungefragt einen feuchten Kuss auf die Lippen. Als sie jedoch merkte, dass Yami einfach nur regungslos dastand mit einem Ausdruck puren Entsetzens im Gesicht, wandte sie sich niedergeschlagen von ihm ab. „Oh, du fühlst offensichtlich doch nicht das Gleiche“, schniefte sie und machte sich gar nicht erst die Mühe die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. „Ich weiß, dass wir beide Mädchen sind und dass es falsch ist, aber du bist so anders und...“ „Izumi...“ „...deine starken Arme und deine selbstsichere Art und deine tiefe Stimme und deine ganzen Muskeln...“ Sie schniefte in Ermangelung eines Taschentuchs kräftig in ihren Ärmel. „Ich habe noch nie ein Mädchen wie dich getroffen und da ist es einfach über mich gekommen. Sei mir bitte nicht böse!“ „Ich bin dir nicht böse“, tröstete Yami und wusste nicht genau, ob er Lachen oder Weinen sollte. Die meisten der Eigenschaften, die sie eben aufgezählt hatte, würde er nicht unbedingt an erster Stelle als typisch Frau betiteln. Dass sie noch nie ein Mädchen wie ihn getroffen hatte, glaubte er ihr allerdings gerne. „Sag mal, Izumi“, begann er sanft. „Bist du sicher, dass es wirklich Mädchen sind, die du auf diese Weise magst?“ „Hm? K-Klar bin ich sicher“, wimmerte sie und ließ sich wenig graziös auf ihr Bett fallen. „Du bist ein Mädchen und ich mag dich mehr als jeden anderen, also ist es doch logisch, dass ich le...les...“ Ihr Kopf wurde dermaßen rot, dass Yami schon fürchtete, er würde jeden Moment platzen. „...dass ich auf Frauen stehe halt. Auf dich.“ Mit einem verhaltenen Lachen drückte Yami sanft ihre Schulter. „Das ist zwar sehr schmeichelhaft, aber was das angeht...“ Er zögerte. Sollte er Izumi wirklich die Wahrheit erzählen? Lieber nicht, entschied er nach umsichtiger Überlegung, denn wenngleich Izumi sie bestimmt nicht bewusst verraten würde, gab es keine Garantie dafür, dass es ihr nicht beiläufig herausrutschen würde. Und eine kleine Notlüge sollte durchaus erlaubt sein. „Izumi, ich muss dir leider sagen, dass ich bereits in einer festen Beziehung bin...“ Wie gesagt, kleine Notlügen waren erlaubt und Kaiba würde ohnehin nie von diesem Gespräch erfahren, „...und deshalb habe ich kein Interesse an...“ „Ich versteh schon“, wurde er von Izumi unterbrochen, die sich laut seufzend die letzten Tränen aus dem Gesicht wischte. „Es ist Ayumi-san, nicht wahr? Jetzt weiß ich auch, warum sie mich nicht leiden kann. Sie ist eifersüchtig.“ „Ah, das könnte sein“, stimmte Yami zu, wiewohl ihn diese treffende Feststellung der sonst so naiven Izumi doch ein wenig wunderte. Oder waren er und Kaiba einfach nur so offensichtlich? Mit einem Mal kicherte Izumi und schnippte dreist einen Finger gegen Yamis Stirn. „Dann war das gestern Morgen gar keine Einbildung von mir. Du und Ayumi-san habt tatsächlich rumgemacht.“ Jetzt war es Yami, der rot anlief. Er schämte sich nicht für seine Taten mit Kaiba, doch wenn Izumi diesem gegenüber jemals ausplaudern würde, dass sie sie beobachtet hatte, war Yami ein toter Mann. Schon wieder. „Und dabei habe ich mich gerade erst an meinen neuen Körper gewöhnt.“ Yamis Grübelei wurde jäh gestoppt, als Izumi ihm eine Hand entgegenstreckte. „Ich glaube, ich war zu eifrig“, entschuldigte sie sich und zuckte die Schultern. „Ich bin es nicht gewohnt, dass mich jemand mag und habe mehr in die Sache hinein interpretiert, als da wirklich war. Aber“, sie lachte so breit, dass ihre Zähne blitzten, „um eins kommst du nicht herum.“ Argwöhnisch schüttelte Yami ihre Hand. „Und das wäre?“, wollte er wissen und erkannte überrascht, dass Izumi nun ungewohnt schüchtern unter ihren langen Ponyfransen zu ihm aufblickte. „Freunde?“, fragte sie leise und Yami lächelte ebenso herzlich wie erleichtert. Das war ein Wunsch, den er ihr gerne erfüllen würde. „Jederzeit“, antwortete er daher simpel und ließ es zu, dass sie ihn erneut freudig drückte. Nur mit dem Unterschied, dass er dieses Mal die Umarmung erwiderte. -------------------- AN: 30.000 Yen sind ca. 250 Euro. Bezüglich Kaiba und Schule: Im Manga verlässt Kaiba die Schule nach dem ersten verlorenen Duel mit Yami; im Anime scheint es genauso zu sein. Ich denke auch nicht, dass bei ihm noch die Schulpflicht besteht, da er schließlich jahrelang Privatunterricht hatte und er zudem bereits Präsident seiner eigenen Firma ist. So, und nun zu was Anderem: Es fehlen noch zwei Kapitel und ein Epilog, die ich, wenn alles glatt läuft, an den folgenden drei Wochenenden hochladen werde. Über Kommentare würde ich mich freuen und ansonsten noch wünsche ich allen frohe Pfingsten =D Kapitel 11: Ein unverhofftes Wiedersehen ---------------------------------------- AN: Ein ganz liebes Dankeschön an Saedy und Atemu-chan für ihre Kommentare =D ------------ Kapitel 11 – Ein unverhofftes Wiedersehen Kaiba war fassungslos, hatte er doch nicht geglaubt, dass Yamis platte Haare als Modesünde noch zu überbieten gewesen wären. Nun jedoch reichte ein Blick auf seinen Rivalen, um feststellen, dass er sich geirrt hatte. Und zwar gewaltig. „Was zur Hölle trägst du da?“, wollte er ungläubig wissen und wusste gar nicht, wo er zuerst hinsehen sollte. Auf die schreckliche Farbe, die sich furchtbar mit Yamis Haaren biss oder doch lieber den riesigen Kragen, der sicher ein frohes Heim für Milben aller Art bot? Entscheidungen, Entscheidungen. „Schrei nicht so“, zischte Yami derweil und zog die Jacke tief in sein Gesicht in der Hoffnung, dass ihn keiner erkennen möge. Ein nutzloses Unterfangen, da Kaibas lauter Ausruf bereits die Aufmerksamkeit aller Umstehenden auf sie gezogen hatte. Trotzdem wollte Yami es wenigstens versuchen. „Geschenk von Izumi“, murmelte er und schaute beschämt zu Boden. Zumindest hatte er eines bereits gelernt: So wie Kaiba ihn ansah, brauchte Yami in diesem Aufzug gar nicht erst zu versuchen ihn zu verführen. Schade, während der Busfahrt konnte Yami zwar ohnehin nicht viel machen, aber zumindest ein wenig unauffälliges Anfassen hätte schon drin sein können. Dann wiederum...Jacke hin oder her, warum sollte er überhaupt darauf verzichten? Umgeben von all den anderen Schülerinnen konnte Kaiba außer ein paar leeren Drohungen eh nicht viel mehr tun und ein bißchen Risiko machte die Sache sowieso gleich umso spannender. Yami grinste vor Vorfreude. „Izumi also, aha“, sagte Kaiba langsam und verschränkte abweisend seine Arme. „Ich verstehe.“ Der bittere Tonfall war unüberhörbar und erinnerte Yami daran, wie wacklig seine Beziehung zu Kaiba war. Erst vor seinem Gespräch mit Izumi hatte er noch darüber nachgedacht, ob Kaiba und er eine gemeinsame Zukunft nach dem Internat haben würden und nun, nur kurze Zeit später, tat er schon wieder so, als wäre alles super zwischen ihnen. Sie mussten dringend miteinander darüber reden; am Besten sofort, wenn sie wieder vom Ausflug zurück waren. Doch zumindest in einer Hinsicht konnte er Kaiba bereits jetzt beruhigen. „Nein, du verstehst offensichtlich nicht“, konterte Yami und zog Kaiba in eine ruhige Ecke seitlich des Schulgebäudes, in der sie ungestört sein würden. „Wenn sie sich die ganzen Kosten macht, um mir die Jacke zu kaufen, sollte ich wenigstens den Anstand haben, sie zu tragen.“ Er zuppelte unglücklich an dem missratenen Kleidungsstück. „Und wenn sie noch so hässlich ist. Aber“, setzte er hinzu, nachdem er seine Arme um Kaibas Hüfte gelegt hatte und Seto innig drückte, was diesem ein kleines Seufzen entlockte. „Das heißt nicht, dass noch mehr dahinter steckt. Es ist nur eine simple Freundschaftsgeste.“ „Danach habe ich gar nicht gefragt“, murmelte Kaiba und senkte seinen Kopf. Die Chance ließ Yami selbstverständlich nicht ungenutzt. Er zog Kaiba noch ein Stück zu sich herunter und küsste ihn leicht auf den Mund. „Ich weiß, dass du nicht gefragt hast“, erklärte er geduldig. „Doch ich fand, dass du es trotzdem wissen solltest.“ „Hn, wenn du meinst“, zuckte Kaiba unbehaglich die Schultern, löste sich aus Yamis Umarmung und machte sich auf den Weg zum Bus. Logisch betrachtet hatte er nie geglaubt, dass zwischen Izumi und Yami was laufen könnte, trotzdem tat es gut, dies von Yami bestätigt zu bekommen. Auch wenn es Kaiba nach wie vor wurmte von Yami so leicht durchschaut zu werden. „Trag was du willst; mir ist das egal“, versuchte er schroff seine Unsicherheit zu überspielen. „Du siehst schließlich aus wie ein entflogener Tropenpapagei, nicht ich.“ Auch wenn es eine Schande war, dass sich sein Rivale freiwillig dermaßen verunstaltete. Da war Kaiba Yuugis viel zu enger Lederaufzug fast noch lieber. „Ugh, kein guter Gedanke“, rügte sich Kaiba im Stillen selbst, während er versuchte das ungebetene Bild des Zwerges mit dem von Yami zu überdecken. Dieser derweil ließ seine Hand frech über Kaibas verlängerten Rücken gleiten, was prompt in einen erschrocken zurücktretenden Kaiba resultierte, der auf Yamis Fuß trat. Yami keuchte vor Schmerz und nahm flink seine Finger weg. „Schon verstanden, nicht anfassen“, deutete er die Attacke falsch und Kaiba sah wenig Sinn darin ihn zu berichtigen. Yami sollte ihn schließlich wirklich nicht ungefragt antatschen, wenngleich Kaiba ihm in diesem Fall nicht absichtlich weh getan hatte. Als Yami jedoch mit einem unübersehbaren Humpeln enttäuscht an ihm vorbei schlich, überkam Seto ein Anflug von Mitleid. „Ich mache es später wieder gut“, wisperte er rau in Yamis Ohr und drückte leicht die Stelle auf Yamis Brust, von der er wusste, dass dort sein Knutschfleck war. Yami zuckte zwar kurz zusammen, ließ sich ansonsten aber nichts weiter anmerken und setzte ungerührt seinen Weg fort. Kaiba runzelte die Stirn. Da bot er Yami zur Abwechslung etwas von sich aus an und den interessierte das nicht einmal?! Er öffnete gerade den Mund, um Yami eine Beleidigung entgegen zu schleudern, als dieser ihn über die Schulter hinweg mit einem lüsternen Grinsen bedachte. „Überlege dir besser schon einmal, wie genau du es wieder 'gut machen' willst. Ich habe gewisse Ansprüche“, informierte er Kaiba, der ebenso anzüglich zurück grinste. Wenn Seto Kaiba auf eines stolz war, dann dass er immer sein Bestes gab; Yamis gewisse Ansprüche inklusive. -------------------------------------- Die Busfahrt nach Domino stellte sich zu Yamis Enttäuschung als eine recht eintönige heraus. Er bekam gar nicht erst die Gelegenheit Kaiba ein wenig zu ärgern, da sich Izumi ihnen direkt gegenüber gesetzt hatte und sie die ganze Fahrt über ununterbrochen bequatschte. Kaiba steckte seine Nase in ein Buch und ignorierte Izumi gewohnt geflissentlich und Yami gleich mit, den es nach wie vor überraschte, wie schnell Kaibas Persönlichkeit zwischen reserviert und verspielt hin- und her schwanken konnte. Jedenfalls war Yami, so gern er Izumi auch hatte, heilfroh, als sie endlich in der Stadt angekommen waren und er vor Izumi flüchten konnte. Ganz in der Nähe des Busbahnhofs war ein Kartengeschäft, das Yami sofort zielstrebig ansteuerte. Kaiba folgte ihm weitaus gemächlicher. Er bezweifelte zwar, dass der Laden irgendwelche seltenen Karten anbot, war aber andererseits neugierig, ob Yamis etwas Nützliches finden würde, um sein Deck zu modifizieren. Außerdem hatte er momentan sowieso nichts Sinnvolleres zu tun. „Wartet, ich will mit!“, rief ihnen Izumi hinterher und gesellte sich, von ihrem Sprint ganz außer Atem, an Kaibas Seite. Dieser betrachtete sie abwertend. „Solltest du nicht Yumi hinterher hecheln?“, fragte er übellaunig, doch Izumi schüttelte entschieden ihren Kopf. „Nein, ich dachte nämlich, wir könnten uns mal unterhalten“, erklärte sie; schwer bemüht, mit Kaibas langen Beinen Schritt zu halten. Kaiba verzog das Gesicht; glaubte er doch nicht, dass das Mädchen irgendetwas Vernünftiges zu sagen hatte. „Und worüber?“, wollte er dennoch wissen und fragte sich augenblicklich, warum er nicht einfach den Mund gehalten hatte, denn Izumi würde die Frage bestimmt gleich als Aufforderung verstehen, ihm ihre Lebensgeschichte aufzutischen. Glücklicherweise irrte er sich. „Über Yumi-chan und mich“, verkündete Izumi und merkte gar nicht, wie sich Kaibas Körper ob der einfachen Aussage wütend anspannte. „Was ist mich euch beiden?“, hakte er gefährlich ruhig nach. Glaubte dieses Mädchen wirklich Yami hätte Interesse an ihr? Die Seifenblase würde Kaiba nur zu gerne zum Bersten bringen. „Wir haben uns unterhalten und ich“, sie beugte sich verschwörerisch vor und stoppte Kaiba mit einer ungebetenen Hand auf seinem Arm. „Ich weiß Bescheid“, erklärte sie großspurig und tippte sich mit einem Finger auf ihre Nasenspitze. „Bescheid?“, echote Kaiba unverständig und Izumi nickte. „Hoffentlich meint sie nicht, dass sie unsere Verkleidung durchschaut hat“, mutmaßte Kaiba düster, doch dann fiel ihm ein, dass es hier immerhin um Izumi ging; das Mädchen, das genauso dämlich war wie Bonkotsu und mindestens ebenso nervig. „Ja, über euch zwei.“ Sie holte tief Luft und blies ihre Backen in der Imitation eines Hamsters auf. „Ich werde den anderen aber nichts verraten“, schwor sie feierlich. „Was in eurem Schlafzimmer passiert, ist eure Sache. Ihr habt meinen Segen und ich wünsche euch von Herzen alles Gute.“ Das losgeworden, rannte sie beschwingt weiter zu Yami, während Kaibas vorherige Anspannung purer Verwunderung Platz machte und sein Kopf um den einen Gedanken kreiste, der ihn in letzter Zeit geradezu zu verfolgen schien: „Was hat denn das jetzt schon wieder zu bedeuten?“ ---------------------------------------- Gelangweilt nahm Izumi eine Packung Karten in die Hand. Natürlich hatte sie schon von Duel-Monsters gehört, sich aber nie weiter dafür interessiert, so dass es ihr schleierhaft war, was Ayumi und Yumi daran fanden. Die beiden jedenfalls trieben sich seit geschlagenen 20 Minuten in dem kleinen Geschäft herum und unterhielten sich gerade angeregt über die beste Strategie – von vornherein auf Angriff spielen oder doch lieber mit Fallen tricksen – und schienen Izumi völlig vergessen zu haben. Nachdem sie von den kleinen Päckchen genug hatte, heftete Izumi ihre Augen an die mit Postern zugekleisterten Wände, auf denen zahlreiche Monster, Werbung für Turniere und Produkte der Kaiba Corporation abgebildet waren. Ein Poster fesselte besonders Izumis Aufmerksamkeit, denn die zwei Personen auf dem Plakat, die sich rivalisierend gegenüberstanden und dabei von ihren Monstern flankiert wurden, kamen ihr seltsam bekannt vor. „Die Meister von Duel-Monsters Seto Kaiba und der ultimative Champion Yuugi Mutou“, las Izumi den kleinen Hinweis auf dem Poster. „Ist ja witzig, die sehen fast genauso aus wie...“ Ihre Augen weiteten sich gleichermaßen erstaunt wie ungläubig. Die beiden kamen ihr deshalb vertraut vor, weil sie sie kannte! Waren am Ende Yumi und Ayumi etwa Yuugi Mutou und Seto Kaiba höchst persönlich? War das möglich? Nein, war es nicht, bei Ayumi würde Izumi nicht die Hand ins Feuer legen, aber Yumi war ihre liebe Freundin und kein Kerl und, okay, so wie Yumi und Ayumi gerade dicht and dicht beieinander standen und sich herausfordernd anblickten, war eine frappierende Ähnlichkeit zu den Personen auf dem Poster unverkennbar und ja, ihre Stimmen waren für Frauen ebenfalls sehr tief, besonders die von Ayumi und sie hatten echt wenig Busen und Hüfte, dafür umso mehr Muskeln und Schultern und bisher hatte auch noch niemand die beiden jemals nackt oder zumindest in Unterwäsche gesehen und nicht zu vergessen Yumis vehemente Weigerung zu schwimmen... Izumis Kinnlade klappte nach unten. Das konnte doch nicht sein, das war bestimmt nur Einbildung, das war...absolut das, was Cho gemeint haben musste. „Yumi-chan ist ein Junge!“ Izumis Gefühle überschlugen sich förmlich. „Sie und Ayumi-san sind Jungs! Mit Schwänzen und allem drum und dran!“ Sie gab einen erschrockenen Laut von sich, als ihr die Tragweite ihrer Entdeckung bewusst wurde. Wen interessierte schon, warum die zwei sich als Mädchen ins Internat geschmuggelt hatten, wen interessierte schon, ob die zwei Seto Kaiba und Yuugi Mutou waren, wen interessierte schon, wer außer ihr und Cho noch davon wusste... Nein, für Izumi zählte nur eins: Sie hatte ihren ersten Kuss an einen schwulen Mann in Mädchenuniform verloren! Das Leben war so unfair zu ihr. „Izumi, geht es dir nicht gut? Du bist ungesund weiß“, drang Yamis Stimme in ihr Bewusstsein und Izumi schluckte ein paar Mal und versuchte überallhin zu starren nur nicht auf Yamis Schritt, was ihr aber nicht gelingen wollte, weil ihr immer wieder grafische Bilder durch den Kopf schossen über das, was sich vermutlich dort befand. „Ist sie wirklich...?“ Nur ein Griff zwischen Yumis Beine und sie wüsste definitiv Bescheid. Nur ein kleiner, dummer Griff... I-ich“, stotterte sie und zwirbelte nervös eine Strähne ihres langen Haares zwischen ihren Fingern. Sie konnte doch nicht ernsthaft Yumi dahin packen! So verrückt war selbst sie noch nicht. „Du~“, half Yami ihr nach, nachdem Izumi seit einer geschlagenen Minute kein Wort mehr herausbekommen hatte und legte ihr eine Hand auf die Stirn, um ihre Temperatur zu fühlen. „Bist du krank? Du schwitzt furchtbar“, stellte er fest und seine unverhohlene Sorge trieb Izumi die Röte in die Wange. „Ich bin nur müde“, log sie ausweichend und klopfte Yami dermaßen kräftig auf den Rücken, dass dieser husten musste. „Kümmere dich besser um Ayumi-san, die bedroht nämlich schon wieder den Rest der Menschheit“, setzte sie hinzu und zeigte auf Kaiba, der tatsächlich gerade eine lautstarke Diskussion mit einem kleinen Jungen darüber führte, warum ein Drachendeck sehr wohl spielbar und kein totaler Schrott war. Und so zusammen gekauert und ängstlich, wie das arme Kind sein Deck an sich gepresst nach einem Fluchtweg suchte, kannte Kaiba in seiner Argumentation wie üblich kein Erbarmen. „Tja, das war zu erwarten. Ein Schulausflug und Ayumi konnte nicht gut gehen“, seufzte Yami und verzog das Gesicht. „Zeit für Schadensbegrenzung. Wir sehen uns später, entweder hier oder zurück im Internat“, verabschiedete er sich hastig von Izumi und eilte an Kaibas Seite, der nicht gerade glücklich über die Einmischung wirkte, aber seine Tirade immerhin einstellte. Izumi musste lächeln. Egal, wer oder was Yumi-chan wirklich war, in erster Linie war sie ihre Freundin und wenn Yumi und Ayumi Geheimnisse hatten, dann sollte Izumi sie auch respektieren. Allerdings, das nahm sie sich ganz fest vor, würde sie im Sportunterricht zukünftig nicht mehr vor Yumi in Slip und BH herumtanzen. Nur für alle Fälle. ------------------------- Das letzte Mal waren Yami und Kaiba während des Battle City Turniers zusammen durch die Stadt gelaufen. Doch während damals Yamis Freude über die gemeinsame Zeit mit Kaiba getrübt wurde von Jounouchis und Anzus Entführung und Kaibas Besessenheit von den Götterkarten, war ihr heutiger Ausflug wesentlich entspannter. Es tat gut, wie selbstverständlich neben Seto herlaufen zu können und Yami genoss jede einzelne Sekunde. Kein Fan erkannte sie, niemand sprach sie an, Izumi war in die nächstbeste Kleiderboutique verschwunden und Yami wagte es sogar, kurz Kaibas Hand zu drücken, der ihm einen strafenden Blick zuwarf, Yamis Aktion aber ansonsten unkommentiert hinnahm. Yami wünschte sich wirklich, dass es zukünftig auch noch so sein würde. Ein unerfüllbarer Traum; Kaiba war viel zu bekannt, als dass er sich öffentlich in einer Beziehung mit einem Mann sehen lassen könnte, dennoch hoffte Yami, dass er und Seto zumindest privat so manch eine ruhige Stunde wie diese haben würden. Yamis konstantes Lächeln entging Kaiba derweil nicht; ebenso wenig die Art und Weise, wie sich Yami immer dichter an ihn drängte und mit seinen Fingern diskret über Kaibas Arm fuhr. Kaiba war niemand, der sich von seiner Libido leiten ließ, aber nach einer Woche voller neckender und nicht gerade unschuldiger Berührungen bekam er allmählich doch den Drang, sich mit Yami in das nächstbeste Hotelzimmer einzuschließen für ein wenig ungestörte Zeit zu zweit. Und dem perversen Grinsen Yamis nach zu urteilen, mit dem dieser Kaiba gerade beglückte, erging es seinem Rivalen da nicht anders. „Gut zu sehen, dass du wieder besser gelaunt bist“, bemerkte Kaiba allerdings neutral und stellte zufrieden fest, dass weder seine Stimme noch sein Körper seine Anspannung verrieten. „Heute Morgen warst du nämlich unausstehlich.“ „Ach ja, heute Morgen“, entsann sich Yami bitter. Warum musste ihn Kaiba ausgerechnet jetzt daran erinnern, dass ihre Beziehung quasi nur auf geborgter Zeit im Internat basierte? „Deswegen sollten wir noch eine kleine Unterredung führen, aber das kann warten, bis wir zurück sind. Jetzt würde ich erst einmal lieber was Essen gehen und den Tag genießen.“ Yamis Tonfall hatte etwas Endgültiges und wenngleich Kaiba schon gerne wüsste, was Yamis Problem war, gab er sich in diesem Fall vorerst geschlagen. Er musste hier schließlich keinen Streit anzetteln und möglicherweise noch die Aufmerksamkeit unerwünschter krimineller Individuen auf sich ziehen. „Fein, später dann“, stimmte er darum zu und ruckte sein Kinn in Richtung eines kleinen, nur wenige Meter von ihnen entfernten Restaurants. „Wie wäre es damit?“, schlug er vor und Yami stimmte sofort zu; froh, dass Kaiba nicht auf eine sofortige Aussprache bestand. ------------------------------------- „Mensch, wo bleibt er denn?“, maulte Jounouchi und hielt sich eine Hand über die Augen, um die Gegend zu sondieren. „Ich habe Hunger. Hättest du den Treffpunkt mit Yami nicht in einen Imbiss oder so verlegen können?“ Jounouchis Magen knurrte laut und er sank stöhnend auf die Knie. „Huuunnngggerrr“, jammerte er lauthals, was Honda neben ihm dazu veranlasste, ihm in Sympathie den Kopf zu tätscheln. „Hör auf rumzuspinnen und halt lieber die Augen offen. Yami müsste jeden Moment kommen“, tadelte Anzu genervt und kramte einen Schokoladenriegel aus ihrer Tasche. „Hier, das sollte für den Anfang reichen.“ Sofort griff der nach eigener Aussage halb Verhungerte nach dem kostbaren Stück Nahrung, doch Honda war schneller und schnappte sich den Riegel noch ehe Jounouchi ihn auch nur berührt hatte. „Das ist meiner! Gib ihn sofort wieder“, schnappte Jounouchi und stürzte sich auf seinen Freund, der mit dem Finger wackelte. „Ich sehe hier nicht deinen Namen drauf stehen“, verteidigte Honda sich und inspizierte den Riegel genau. „Nope, nichts zu sehen. Tja Alter, Pech für dich.“ „Her damit, du Mistkerl!“ „Zwing mich doch!“ „Jungs, jetzt hört schon auf“, mischte sich Yuugi beherzt ein und stellte sich zwischen die Streithähne. „Es ist nur ein blöder Schokoladenriegel. Dafür bringt man sich nicht um.“ Honda und Jounouchi wechselten einen schnellen Blick. „Aber Yuugi“, weihte Jounouchi seinen besten Freund ein und legte ihm einen kameradschaftlichen Arm um die Schulter. „Hierbei geht es nicht nur ums Essen; es geht ums Prinzip.“ „Genau“, stimmte Honda mit ein, der eine Hand auf sein Herz legte und todernst nickte. „Wir als Männer sind dazu verpflichtet, uns unsere gegenseitigen Stärke zu beweisen und ständig heraus zu fordern, denn in diesem ewigen Kampf des Lebens haben nur die Besten eine Chance auf Ruhm und Ehre.“ „Ruhm und Ehre?“, wiederholte Yuugi und seine großen Augen blinzelten verwirrt. „Absolut“, griff Jounouchi den Faden auf und drückte Yuugi fest an sich. „Und nicht zu vergessen die Frauen! In diesem Sinne...“ Seine Stimme schwoll dramatisch an. „Es kann nur einen geben!“ Anzu stemmte erbost ihre Hände in die Hüfte. „Erstens redet ihr Stuss und zweitens hast du das Zitat geklaut“, beschwerte sie sich und zeigte auf Yuugi, den Jounouchi immer noch fest im Griff hatte. „Und Drittens erwürgst du gerade Yuugi, also wenn du vielleicht die Güte besäßest ihn loszulassen?“ „Oh, sorry Kumpel“, lachte Jounouchi heiser und kratzte sich verlegen am Kopf. „Es ist wohl gerade ein wenig über mich gekommen.“ Er boxte Yuugi leicht in die Schulter. „Noch alles heile bei dir?“ „Ja, danke“, lächelte Yuugi und nahm Honda den Riegel aus der Hand. „Mir würde es aber noch besser gehen, wenn ihr zwei einfach teilen würdet.“ Er brach den Riegel entzwei und reichte ihnen je eine Hälfte. „Ärks, wenn es denn sein muss“, murrte Jounouchi halbherzig und verspeiste mit einem großen Bissen seinen Anteil. Honda tat es ihm gleich. „Nur fürs Protokoll“, mampfte er mit vollem Mund und leckte sich die Finger sauber. „Meine Frauen teile ich nicht mit dir!“ „Welche Frauen? Du hast doch gar keine.“ „Aber du was?“ „Im Gegensatz zu dir“, Jounouchi tippte sich zur Verdeutlichung auf seine stolz geschwellte Brust, „verpassen mir nicht alle Weiber einen Korb. Wenn ich wollte, könnte ich eine an jedem Finger haben!“ „Die Weiber will ich überhört haben“, mischte sich Anzu beleidigt ein, was aber sowohl Honda als auch Jounouchi nicht weiter beachteten. „Beweise!“, verlangte Honda und gestikulierte in eine vorbeigehende Menschenmenge. „Da, lauter Mädchen. Dann mal ran, oh du großer Frauenheld.“ „Das, mein Freund, kannst du haben. Ich wähle die Kleine dort drüben, dann kannst du mal sehen, wie man das richtig macht“, zeigte Jounouchi auf ein Mädchen und marschierte mit arrogant erhobenem Kinn davon. Yuugi warf einen zweifelnden Blick auf die Auserwählte. „Uh, Jounouchi-kun“, warf er zaghaft ein, nachdem er das Mädchen genau in Augenschein genommen hatte. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass das...“ „Ja, ja, ich weiß schon“, tönte Jounouchi und winkte ab. „Du willst sagen, dass das eine dumme Idee ist. Lass mich nur machen.“ Damit rannte er in Rekordtempo auf sein ahnungsloses Opfer zu, das gerade interessiert einige Schaufenster inspizierte. Jounouchi räusperte sich. „Hallo, schönes Wetter heute, was?“, grinste er und verschränkte lässig die Arme hinter seinem Kopf. Das Mädchen an seiner Seite versteifte sich. Uh oh, das war nicht gut. „Ähm, bist du öfter in der Gegend?“, wollte er dann schnell wissen und legte so viel Verführung in seinen Tonfall, wie er ohne Vorbereitung nur konnte. Was nicht viel war, wenn er die Reaktion des Mädchens bedachte, das nun leise lachte und ansonsten weiterhin stur die Geschäftsauslagen betrachtete. Aus der Ferne drang Hondas selbstgefälliges Gelächter an seine Ohren. „Na gut, Zeit für Plan B“, dachte Jounouchi grimmig. Eigentlich hatte er nicht so weit gehen wollen, aber Honda ließ ihm keine Wahl. Er würde es seinem angeblichen Freund schon zeigen. „Ich heiße Jounouchi Katsuya“, stellte er sich mit weiß blitzenden Zähnen und funkelnden Augen vor. „Und es wäre mir eine Freude dich auf einen Kaffee einzuladen. Klingt doch super, oder?“ Gedanklich verabschiedete er sich bereits schweren Herzens von seinen hart erarbeiteten letzten Yen und dem leckeren Essen, das er sich eigentlich davon hatte kaufen wollen. „Ach, ich weiß nicht“, stammelte das Mädchen und starrte auf ihre Schuhe. „Ich und du, ganz alleine...“ „Wirke ich wirklich so kriminell?“, wunderte sich Jounouchi beleidigt. Das verlangte eine sofortige Klarstellung. „Hey, ich bin ein ganz Lieber! Jeder, der mich kennt, wird dir das bestätigen und diejenigen, die es nicht tun, kennen mich nicht und zählen deshalb nicht. Also? Ich gebe dir auch noch ein Stück Kuchen dazu aus.“ „Na gut“, gab sich das Mädchen geschlagen und drehte sich zu ihm um. „Aber ich muss dich warnen, mein Freund ist von der eifersüchtigen Sorte. Genau genommen ist er gerade ganz in der Nähe und wenn er uns zusammen sieht, kann ich für nichts garantieren.“ „W-was?“ Erschrocken trat Jounouchi zurück. „Nee, darauf kann ich verzichten!“, rief er entschieden und sah sich panisch nach irgendwelchen wütend auf ihn zustürmenden Freunden um, die planten ihn zu Mus zu hauen. Das Mädchen lachte lauthals ob des Anblicks und als Jounouchi erneut seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf sie richtete, traf es ihn wie ein Hammerschlag. Er blinzelte einmal, zweimal, doch noch immer wollte das Bild nicht verschwinden. Verblüfft rieb er die Augen, was ebenfalls keine Änderung herbei führte. Er konnte es drehen und wenden, wie er wollte, dieses Mädchen sah genauso aus wie Yami! „Yami?“, fragte er deshalb vorsichtig und dieser grinste breit und salutierte in falscher Hochachtung. „Der einzig Wahre“, bestätigte er und sah aus den Augenwinkeln Yuugi und seine restlichen Freunde, die zu ihnen eilten. „Ich muss schon sagen, deine Erleuchtung kam ganz schön spät.“ „Ja, gut, aber warum siehst du auch aus wie...“ Er machte eine hilflose Geste. „Wie das da halt. Warum trägst du einen Rock und alles? Bist du plötzlich eine Transe oder was?“ Yamis Brauen hoben sich überrascht. „Hat Yuugi dir nichts erzählt?“, wollte er wissen und Jounouchi zuckte die Schultern. „Schon, er hat irgendetwas von Yakuza, Flucht und Schule gesagt. Klang wie ein schlechter Film, deshalb habe ich irgendwann nicht mehr richtig zugehört.“ Bevor Yami dazu eine Erwiderung einfallen konnte, war Yuugi schon bei ihm und riss ihn in eine dicke Umarmung. „Mensch, Yami, ich habe mir furchtbare Sorgen gemacht“, war seine vorwurfsvolle Begrüßung, die in Yami die Schuldgefühle hochsteigen ließ. „Tut mir Leid. Ich hätte mich ja öfter gemeldet, aber...“ „Aber?“, harkte Anzu nach und umarmte ihn nun ebenfalls, wobei Yami von der ganzen Umarmerei vor Luftmangel schon rot anlief. Als Honda ihn ebenfalls noch drückte, hatte Yami das Gefühl, jeden Moment ohnmächtig umzufallen. 'Aber ich war so glücklich allein mit Kaiba zu sein, dass ich alles andere um mich herum vergessen habe' wäre die ehrliche Antwort gewesen. Selbstredend war das etwas, was er seinem Aibou nicht sagen konnte, denn noch mehr verletzen wollte er Yuugi nun wirklich nicht. „Es ist kompliziert“, meinte er stattdessen und Yuugi, dem Yamis Unbehagen nicht entging, akzeptierte die nichtssagende Aussage widerspruchslos. „Wir hätten dir helfen können“, warf Anzu leise in die Runde und Honda und Jounouchi stimmten sofort mit ein. „Ja Mann, diese Typen machen wir gemeinsam platt!“ „Wie in alten Zeiten. Zusammen besiegen wir jeden Feind.“ „Genau, du sagst es“, bekräftigte Jounouchi und reckte eine Faust in die Höhe. „Zeig mir das Arschloch, das dich umbringen will und ich mach ihn für dich alle.“ Yami fehlten die Worte. Das war ja furchtbar lieb (und bescheuert), dass sich seine Freunde dermaßen für ihn engagierten und ihre eigene Sicherheit dabei über Bord warfen, aber keinesfalls würde Yami zulassen, dass sie sich seinetwegen in Gefahr brachten. „Kaibas Männer haben den Schuldigen bereits ausfindig gemacht und die Polizei verständigt“, schwindelte er und setzte ein unbeschwertes Lächeln auf. „Ihr kommt also zu spät.“ „Wirklich?“, fragte Yuugi, der nicht sicher war, ob er Yami wirklich Glauben schenken sollte. „Dann kommen du und Kaiba-kun bald nach Hause?“ „Ja“, bestätigte Yami und wich Yuugis misstrauischem Blick aus. „Wir müssen nur noch ein paar Sachen erledigen. Dauert aber bestimmt nur zwei, drei Tage.“ Mit einem Mal blickte er hastig auf seine Uhr. „Ah, schon so spät“, erklärte er und rannte unvermittelt los. „Der Bus fährt gleich, ich habe es also eilig!“ Das war eine glatte Lüge, aber bevor Yuugi und die Anderen ihn stoppen konnten, war Yami bereits um die nächste Ecke verschwunden. Es war ihm wahrlich nicht wohl dabei seine Freunde dermaßen abblitzen zu lassen, doch wenn sich diese erst einmal vorgenommen hatten, ihn zu beschützen, würde er sie niemals davon abbringen können. Und für Yami stand fest, dass Yuugi im weiteren Gesprächsverlauf sein Lügengebilde durchschaut und gemerkt hätte, dass die Angelegenheit mit der Yakuza nicht so erledigt war, wie Yami ihm weismachen wollte. Zurück bei Kaiba begrüßte ihn dieser mit einem mürrischen „Wo warst du? Ich warte schon seit Ewigkeiten auf dich.“ Mit Schwung warf er Yami dessen Jacke entgegen. „Jedenfalls habe ich keine Lust, noch länger deinen Kleiderständer zu spielen. Nur weil deine Freunde dich damit nicht sehen sollten, musst du nicht mir dein Zeug aufdrücken.“ Yami ignorierte das Gemecker, zog sich seine Jacke über und blickte sich suchend um. „Nicht, dass ich mich nicht freue, dich zu sehen, aber wo ist Mokuba? Du wolltest dich doch hier mit ihm treffen, oder nicht?“, wollte er wissen und Kaibas Augen verdunkelten sich unheilvoll. „Er kann nicht“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und auch wenn seine Worte in erster Linie wütend klangen, konnte Yami deutlich die Enttäuschung in Setos Gesicht erkennen. „Isono hat mich vorhin angerufen und mir mitgeteilt, dass Mokuba Nachsitzen und Aufräumdienst als Strafe für eine Prügelei bekommen hat und noch für die nächsten zwei Stunden in der Schule festsitzt.“ Yami stutzte verwundert. „Mokuba hat sich geprügelt?“ „Ah“, meinte Kaiba ohne weitere Ausführung und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. „Und warum?“, bohrte Yami weiter, bekam als Antwort aber nur ein Schulterzucken, womit Kaiba offenbar das Thema als beendet ansah. Es war nicht so, dass Kaiba das 'warum' nicht kannte; vielmehr war er der Meinung, dass es Yami schlichtweg nichts anging. Ein besonders übles Gerücht über einen angeblichen Zusammenbruch Seto Kaibas hatte leider den Weg in Mokubas Schule gefunden und als dieser deswegen von einem extrem vorlauten Jungen immer wieder aufgezogen worden war, hatte sein Bruder schließlich die Nerven verloren und zugeschlagen. Unschlüssig kaute Kaiba auf seiner Unterlippe. Mokuba hatte ihn nur verteidigen wollen und an dessen Stelle hätte Seto, wenn es um seinen kleinen Bruder gegangen wäre, genauso gehandelt, aber er fand es dennoch beunruhigend zu sehen, wie ähnlich ihm Mokuba in gewisser Hinsicht war. Kaiba war klar, dass er selbst nicht immer das beste Vorbild abgab. Umso mehr hoffte er, dass zumindest Yuugi einen mäßigenden Einfluss auf den Kleinen haben würde, selbst wenn das bedeutete, dass er dafür hin und wieder Yuugis Gegenwart (sowie die seiner ihm ewig nachlaufenden Freunde) ertragen musste. „Zumindest Yami dürfte dies gefallen. Der liegt mir ohnehin ständig in den Ohren, dass ich zu dem Versagerpack netter sein soll. Yami wäre somit glücklich und Mokuba hätte jemanden zum Spielen. Alles in allem kein schlechter Handel“, tröstete er sich, wenngleich der Gedanke dennoch einen fahlen Nachgeschmack bei ihm hinterließ. Zum Glück hatte Yami nie erwähnt, dass Kaiba bezüglich seiner Nettigkeit keine Hintergedanken haben durfte. Dennoch, nachdem Mokuba heute nicht mehr auftauchen würde, war für Kaiba der Ausflug gelaufen. „Wir sollten zurück zum Bahnhof gehen und dort in einem Cafe auf die Abfahrt des Busses warten“, beschloss er und wartete Yamis Reaktion erst gar nicht ab, sondern setzte sich sogleich in Bewegung. Yami folgte ihn mit einem verhaltenen Seufzen. ----------------------------------- Wenn der Mann im schwarzen Anzug und mit Sonnenbrille seine Woche mit einem Wort zusammen fassen müsste, so wäre es das folgende: Ein Trauerspiel. Seit Tagen nun suchte er schon seine ungebetenen Zeugen, um sie abzuknallen und die ließen sich nicht mal ansatzweise blicken! Jiro war nur froh, dass er dies bis jetzt vor seinem Boss hatte geheim halten können und auch die Polizei von seinen Zeugen noch nicht eingeschaltet worden war, doch ewig würde dieser Umstand sicher nicht halten und was für Konsequenzen ihm dann drohten, wollte sich Jiro nicht mal in seinen kühnsten Albträumen vorstellen. Umso wichtiger war es, dass er endlich diese Jungs in die Finger bekam. „Man sollte meinen, dass die schräge Frisur von dem Zwerg ein todsicherer Anhaltspunkt wäre, aber nein...scheiß Jugendliche mit ihren scheiß Trends und ihren scheiß Haaren!“, grollte Jiro und kickte verärgert eine leere Dose über den Bürgersteig. Wie hätte er denn ahnen sollen, dass Stachelköpfe unter den Jugendlichen gerade der Renner schlechthin waren? Besonders verbreitet in Jugendgangs, die einfach nur mit ihrem Aussehen provozieren wollten, aber auch unter diesen sogenannten Duellanten von diesem blödsinnigen Kartenspiel, die damit ihrem ebenso blödsinnigen König nacheiferten und huldigten. Ein gewisser Yuugi Mutou, wie ihm berichtet wurde. Diesen hatte Jiro in einem kleinen Spielegeschäft ausfindig machen können, doch nur ein Blick auf den kleinen Jungen mit den großen, violetten Augen, der unbeschwert lachend aus der Ladentür getreten war und Jiro hatte bereits gewusst, dass er schon wieder den falschen Typen erwischt hatte. Sein Zeuge hatte einen größeren, kräftigeren Körperbau gehabt und selbst aus der Entfernung eine viel stolzere, um nicht zu sagen arrogantere Haltung sowie mehr Stachel auf dem Kopf. Angesäuert sah sich Jiro in den überfüllten Straßen Dominos um. Es war hoffnungslos; er würde bei diesen ganzen Menschenmassen nie seine beiden Gesuchten finden; insbesondere, da sich seine Kenntnisse über die Gestalt des zweiten auf 'er ist groß, schlank und männlichen Geschlechts' beschränkten. Zur Nervenberuhigung zündete sich Jiro eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug, während er gleichzeitig seine Umgebung im Auge behielt. Vielleicht sollte er einen Privatdetektiv anheuern, der ihm unterstützend unter die Arme griff? Oder er könnte eins seiner Bandenmitglieder einweihen. Irgendjemand schuldete ihm bestimmt noch einen Gefallen und würde ihrem Boss gegenüber dicht halten und... ...Und meine Güte, war das eine abscheuliche Jacke! Das Mädchen stach mit dem grellen Kleidungsstück geradezu aus der Menge heraus und Jiro konnte nicht anders, als hemmungslos zu starren. Das war das Schöne an der Kin-Yakuza-Bande: Sie legte Wert auf ein gepflegtes Äußeres, so dass dort solche Modeentgleisungen gar nicht erst vorkamen. Aber selbst von der Jacke abgesehen, war die junge Dame ein Fall für sich; ihre rötlichen Augen und das blond-schwarz-rote Haar jedenfalls waren zweifelsohne ungewöhnlich und fesselten nachhaltig Jiros Interesse. Plötzlich kam ein kräftiger Windstoss auf und pustete Jiro beinahe die Brille von der Nase. Die Frisur des Mädchens sowie die ihrer hochgewachsenen Begleiterin litten ebenfalls und wurden ordentlich zerzaust, doch während sich das große Fräulein nur genervt durch die Haare strich, musste sich die Kleinere einen komplett neuen Pferdeschwanz binden. Und in dem kurzen Moment, in dem sie das Gummiband gelöst hatte, sprangen ihre Haare in perfekter Sternenform nach oben. Jiro fühlte sich wie vom Blitz erschlagen. Das – genau das – war das Bild, das er vor einer Woche in der Dunkelheit auf diesem alten Fabrikgelände gesehen und was ihn seither verfolgt hatte! All die Punks und Nachahmer, denen er seither begegnet war, waren seiner Erinnerung zwar nahe gekommen, aber bei weitem nicht so nahe wie dieses...Mädchen. Die Stirn des Yakuza legte sich in zahlreiche Falten. Er suchte kein Weib, er suchte zwei Kerle! Wenngleich bezüglich nichts anderem, so war er sich in diesem Punkt zumindest ganz sicher. Allerdings, wenn er genau darüber nachdachte, so sahen diese beiden Mädchen gar nicht mal so besonders mädchenhaft aus und es war wirklich ein seltsamer Zufall, dass ihr Aussehen (vom Geschlecht mal abgesehen) mit dem seiner gesuchten Zeugen übereinstimmte; sie sich zudem in dem Bereich Dominos aufhielten, in dem Jiro damals die Zeugen verloren hatte. Es war ein Schuss ins Blaue, aber dennoch der beste Treffer, den Jiro bisher vorweisen konnte. Außerdem war er verzweifelt. Diskret befühlte er die Waffe in seiner Jackeninnentasche, rückte seine Sonnenbrille zurecht und nahm die Verfolgung auf. Mit ein wenig Glück fand seine elende Suche heute endlich ein Ende und – er tastete erneut nach seiner Pistole – er würde sicherstellen, dass es ein endgültiges war. Kapitel 12: Schlussaufführung ----------------------------- Nja, erstmal gibt es hier ein etwas längeres Vorwort: Re: Izumi: Es stimmt schon, dass sie sich keine Gedanken über die "Cousinensache" macht, aber ich fand, dass sich das einfach nicht gelohnt hat, denn nur kurz darauf findet sie ohnehin Yamis und Kaibas wahre Identitäten heraus (außerdem glaube ich, dass sowas in Japan wie auch in Dt. zwar verpönt, aber nicht verboten ist). Es stimmt ebenfalls, dass sie ein sehr, ich nenne es mal leichtes, Gemüt hat, doch da sie mein eigener Charakter ist, kann ich guten Gewissens sagen "Die ist halt so" ^-^ Zu sehr ausbauen, wollte ich sie nämlich nicht, da sie letztendlich nur ein Nebenchara ist. Okay, das wärs. Und natürlich ein Dankeschön für die Kommentare. -------------------------- Kapitel 12 - Schlussaufführung Kaiba wusste, und er konnte Gozaburo dafür danken, dass er leicht paranoid veranlagt war und vor allem erst an das Schlechte denn das Gute im Menschen glaubte. Nichtsdestotrotz konnte sein gegenwärtiges ungutes Gefühl beobachtet zu werden keine pure Einbildung sein; so viel verriet ihm zumindest sein Instinkt. Vorsichtig suchte er die Straße nach einer möglichen Gefahr ab und obwohl nichts Konkretes zu erkennen war, glaubte er einen verdächtigen Schatten zu sehen, der sie zu verfolgen schien; nahe genug an ihnen dran, um sie nicht aus den Augen zu verlieren, doch gleichzeitig weit genug entfernt, dass es unmöglich war die schwarze Gestalt richtig zu erkennen. Dass es bereits dunkelte, war in diesem Fall auch nicht unbedingt hilfreich und steigerte Kaibas Unbehagen nur noch mehr. Den Blick fest geradeaus gerichtet, stupste er Yami leicht in die Seite, der ihn daraufhin fragend ansah. „Unerwünschte Gesellschaft im Anflug“, erklärte Kaiba leise und nutzte somit genau die gleichen Worte wie Yami damals auf dem Industriegelände. Yami verstand den Wink sofort. „Scheint so“, entgegnete er ruhig und blieb probeweise unter dem Vorwand stehen, sich seine Jacke zuknöpfen zu müssen. Auch ihr Beschatter stoppte seine Schritte. „Keine Chance, dass das nicht unser verehrter Yakuza ist, oder?“, wisperte er und Kaibas Augen verengten sich in Unmut. „Ich würde sagen, die Chancen dafür stehen Null bis negativ“, stimmte er zu. „Zurück ins Internat können wir nun jedenfalls nicht mehr. Nicht mit den Schullogo auf unseren Blusen und ihm uns so dicht auf den Fersen.“ Yami, der sich mittlerweile wieder in Bewegung gesetzt hatte, griente dermaßen hinterhältig, dass Kaiba froh war, dass es nicht ihm galt. „Ich hatte nicht vor, weiter zu flüchten“, bemerkte Yami wie beiläufig. „Vielmehr wäre ich dafür, die Karten neu zu mischen und dieses kleine Spiel zu unseren Gunsten zu drehen.“ „Nun, hoffentlich bedenkst du dabei auch, dass dein Gegner bei diesem speziellen Spiel auf unfaire Mittel zurückgreifen wird“, erinnerte Kaiba und schlug einen Weg fernab des Bahnhofs ein, der sie nach einem längeren Fußmarsch zu genau dem verlassenen Fabrikkomplex bringen würde, wo der ganze Schlamassel begonnen hatte. „Er wird eine Waffe haben; wir nicht.“ Für einen kurzen Moment wandelte sich Yamis Gesichtsausdruck zu einem sanften Lächeln. Er wusste, wohin Kaiba sie führte. Es war wie bei ihren gemeinsamen Duellen, bei denen sie auch blind verstanden, wie der nächste Zug des jeweils anderen aussehen würde; wie sie ihre Gegner verwirren und letztlich besiegen konnten. Und auch in diesem Fall schien Kaiba den gleichen Plan wie Yami selbst gefasst zu haben. Die Erkenntnis verlieh Yami eine ungebremste Zuversicht. „Ich weiß“, stimmte er schließlich gelassen Setos vorheriger Feststellung zu. „Dafür sind wir aber zu zweit und er alleine.“ „Sofern er nicht noch irgendwo irgendwelche Komplizen versteckt hat.“ „Nun“, Yami drückte kurz Setos Hand. „Was wäre das Leben ohne ein bisschen Risiko?“ Kaiba lachte leise. „Langweilig natürlich“, antwortete er mit einem wölfischen Grinsen, das Yami nur zu gerne erwiderte. -------------------------------------- War Jiro vormals noch froh darüber, dass er den Patzer mit seinen Zeugen vor seinem Boss hatte geheim halten können, musste er nun den Nachteil seiner Ein-Mann-Aktion erkennen, als sich seine vermeintlichen Opfer unerwartet trennten. Zurück blieb Jiro mit dem Dilemma, wen von den beiden er weiterhin verfolgen sollte. „Den Kleinen“, entschied er letztendlich. Der hatte nämlich die kürzeren Beine, konnte folglich nicht so schnell weglaufen und sah auch sonst wie der ungefährlichere, leichter zu Erledigende aus. Gerne hätte Jiro einfach seine Waffe gezückt und der Angelegenheit ein schnelles Ende gesetzt, aber Yami hielt sich ständig inmitten von Menschenmassen auf und schlug einen regelrechten Zickzackkurs ein, was es Jiro unmöglich machte, ihn klar ins Visier zu nehmen. Die Verfolgung jedenfalls gestaltete sich schwieriger als erhofft und Jiro hatte das dumpfe Gefühl, dass der Zwerg wusste, dass er beobachtet wurde. Jiro brauchte seine ganze Konzentration, um überhaupt an seinem Opfer dran zu bleiben und war dementsprechend geschockt, sich nach einem gut 30 minütigen Marsch durch halb Domino auf dem alten Fabrikgelände wieder zu finden. Nun war es klar: Die zwei hatten ihn definitiv bemerkt und sich absichtlich aufgeteilt; vermutlich in der Hoffnung, ihn dadurch leichter abschütteln zu können. „Tja, den Plan habe ich euch gründlich versalzen“, dachte Jiro schadenfroh und folgte Yami durch die verschlungenen und unbeleuchteten Gänge der dicht an dicht stehenden Hallen. Zumindest einen der beiden würde er heute noch töten können und was den anderen betraf, nun, Jiro hatte das Abzeichen gesehen und es würde ein Leichtes sein herauszufinden, zu welcher Schule es gehörte, womit auch das Ableben des Zweiten nur noch eine Frage der Zeit war. Nachdem sie endlich aus der Stadt raus und somit ohne Zuschauer und Mithörer waren, würde er sich aber zunächst einmal um den Zwerg kümmern, der plötzlich zu rennen angefangen hatte. Bevor er Jiro völlig entwischen konnte, zog dieser seine Waffe und drückte ab, doch die Kugel flog harmlos an Yami vorbei und prallte an einer Wand ab. Jiro fluchte lautstark. Auf diese Entfernung konnte er einfach nicht vernünftig zielen! Er musste näher ran. Schnaufend eilte er dem geschickt ausweichenden Yami hinterher, den es Jiro einfach nicht gelang zu treffen. Trotzdem ballerte Jiro wütend weiter und endlich erwischte er Yami am Arm. Dieser geriet kurz ins Straucheln, fing sich aber wieder, setzte seine Flucht sogar noch schneller fort und Jiro musste erkennen, dass es nur ein Streifschuss gewesen war, der außer etwas Jackenstoff nicht viel zerfetzt hatte. „Scheiße“, knurrte Jiro und konnte kaum mehr mit Yami mithalten. „Dem Bastard werde ich die Rübe wegpusten!“ Er hatte furchtbares Seitenstechen und sein Magazin war ebenfalls fast leer, so dass er seine blindwütigen Schiessübungen vorerst einstellen musste. Wenn er nicht aufpasste, würde seine Jagd ansonsten nämlich heute schon wieder ohne Beute enden. Yami verschwand derweil um die nächste Biegung und als Jiro endlich ebenfalls dort angekommen war, war zu seinem großen Ärger Yami weit und breit nicht mehr zu finden. „Muss in einem der Gebäude verschwunden sein.“ Bedächtig sah er sich um. Soweit konnte der Bengel noch nicht gekommen sein, davon war Jiro überzeugt und ein unüberhörbares Poltern bestätigte seine Vermutung. Die Pistole nach wie vor gezückt, schlich Jiro um die Ecke und rein in eine offene Tür. Da! Da, notdürftig hinter ein paar Kisten versteckt, war ein leuchtender Fleck! Jiro entwich ein seliges Grunzen. Nun hatte er den Zwerg. Mit dem Lächeln des Siegers im Gesicht marschierte er auf Yami zu, als hinter ihm Schritte ertönten und bevor Jiro reagieren konnte, spürte er bereits einen harten Schlag im Nacken, der ihn ohnmächtig zu Boden schickte. ------------------------------------------- Zusammengekauert hockte Yami in einem alten Lagerhaus und versuchte angestrengt seinen harschen Atem unter Kontrolle zu bringen. Sein Herz schlug schmerzhaft gegen seine Brust, während er seinen Arm abtastete, um sicher zu gehen, dass wirklich nichts verletzt war und er gleichzeitig nach seinem Verfolger Ausschau hielt. Der letzte Schuss war viel näher gewesen, als Yami lieb war und er verdankte es reinem Glück, dass es letztendlich nicht ihn, sondern nur seine Jacke erwischt hatte, um die es eh nicht schade war. Ganz im Gegenteil hegte Yami viel eher den Verdacht, dass der grelle Stoff dem Yakuza hervorragend als Signalleuchte diente. Kaiba und Yami hatten nicht viele Worte wechseln können, bevor sie sich getrennt hatten; ihr Plan bestand lediglich daraus sich aufzuteilen, den Yakuza eine Weile hinzuhalten und letztendlich hier zu diesem Schuppen zu führen, wo dann der andere, der nicht verfolgt wurde auf sie warten und versuchen würde, den Yakuza zu überwältigen. Die offene Halle mit der Reihe Kisten war Yami während ihrer ersten unfreiwilligen Erkundung des Geländes aufgefallen. Damals war er der Meinung gewesen, dass der Raum ein gutes Versteck für sie gewesen wäre, doch Kaiba hatte das entschieden anders gesehen, so dass sie bis zur Erschöpfung weiter gerannt waren. Und nun, wo der Yakuza trotz der hier herrschenden Dunkelheit unbeirrt auf ihn zuging, musste Yami Kaiba Recht geben: Dieses Versteck war kein Versteck, sondern purer Mist. Wenn Yami bereits auffiel, wäre Kaiba mit seiner großen Gestalt erst Recht unübersehbar gewesen. Yami schluckte schwer und presste sich noch dichter in seine Ecke. „Verflucht, Kaiba! Wo bleibst du?!“ Er vertraute fest darauf, dass Seto ihn nicht hängen lassen würde, aber so langsam sollte der sich hier wirklich mal blicken lassen, sonst wäre von Yami nicht mehr viel übrig, was es noch zu retten galt. Just in diesem Moment gesellten sich zu den Schritten des Yakuza noch weitere hinzu, dann hörte Yami ein dumpfes 'uff' und einen auf die Erde aufschlagenden Körper. „Yami?“, ertönte Kaibas besorgte Stimme und Yami schloss kurz seine Augen und versuchte das dicke Grinsen aus seinem Gesicht zu wischen. Sie hatten auf Risiko gespielt und überlebt! Was Besseres konnte er sich zum Abschluss dieses Tages nicht wünschen. Dennoch zitterte er am ganzen Körper, als er sich aus seinem Versteck herauswagte und misstrauisch den bewusstlosen Yakuza musterte. Der Mann hatte eine blutende Platzwunde am Hinterschädel, war aber noch am Leben. Yami hob eine Augenbraue und betrachtete Kaiba vorwurfsvoll. „Du bist spät“, tadelte er und schlang unsicher seine Arme um sich. Hauptsache der Yakuza blieb auch liegen und stand nicht jeden Moment wieder auf. Yami fühlte sich, als könne er keinen einzigen Schritt mehr gehen; von einer weiteren spontanen Flucht gar nicht erst zu reden. „Womit hast du ihn niedergeschlagen?“, wollte er dann wissen und gesellte sich an Kaibas Seite, der ihn stirnrunzelnd beäugte. „Hiermit“, erwiderte er und hielt Yami ein altes, nun blutverschmiertes Rohr hin. Dann zeigte er auf Yamis Arm. „Hat er dich getroffen?“, wollte er wissen und wenn er nicht dermaßen müde gewesen wäre, dann hätte Yami Kaiba aufgrund der unverkennbaren Besorgnis in seiner Stimme und seinem Gesicht ein wenig geärgert. Jetzt aber beschränkte er sich darauf Kaiba an dessen Bluse zu seiner Höhe herunterzuziehen und ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu verpassen. „Das heißt wohl, dass es dir gut geht“, grinste Kaiba verhalten. „Das ist jetzt schon das zweite Mal innerhalb einer Woche, dass ich dir deinen Hintern rette.“ „Und mein Hintern ist dir auch sehr dankbar“, lächelte Yami schief und lehnte sich an Kaiba. „Ich...“ „D-das hält...das hält ja kein Me-Mensch aus“, erklang eine tiefe Stimme hinter ihnen und erschrocken erkannten Kaiba und Yami Jiro, der schwach wieder auf die Beine kam und mit seiner Waffe auf sie zielte. Kaiba hätte sich am liebsten selbst dafür geschlagen, ihm nicht die Pistole weggenommen zu haben, aber wie hatte er bei der Wunde damit rechnen sollen, dass der Yakuza so unglaublich schnell wieder fit war? Wobei fit vielleicht nicht der richtige Ausdruck war. Jiro sah alles doppelt und dreifach. Sein Kopf tat höllisch weh und er spürte das Blut seinen Nacken herunterlaufen. Ihm war klar, dass er jeden Augenblick wieder zusammenbrechen würde. Yami und Kaiba indes wussten dies nicht und traten vorsichtig von Jiro weg, der ob dieser Geste laut grunzte. „Stehenbleiben“, mahnte er und fuchtelte mit seiner Pistole. Er hatte nur eine Kugel übrig. Wen von beiden sollte er erschießen? Am Besten den Großen, der ihn so zugerichtet hatte. Er kniff die Augen zusammen und zielte vage in Kaibas Richtung. Noch bevor sich die drei schemenhaften Gestalten Kaibas wieder zu einer vereinigten und Jiro sicher sein konnte, auf einen Menschen und nicht in die leere Luft zu schießen, trat Yami blitzschnell vor, packte Jiros Arm mit der Waffe und drückte ihn nach oben. Kaiba nutzte den Moment um das Rohr wieder aufzuheben und Jiro damit gegen die Beine zu schlagen, der daraufhin einknickte, die Waffe jedoch nach wie vor nicht losließ und den Finger gefährlich nah am Abzug hatte. Kaiba rannte zu Yami, wollte ihm bei dem Versuch den Yakuza zu entwaffnen beistehen, und wie beim ersten Mal entstand auch nun ein wilder Kampf um die Pistole. Mit roher Gewalt drückte Kaiba den Schussarm des Yakuza von sich und Yami weg und plötzlich löste sich ein lauter Schuss. Abrupt taumelte Jiro Blut spuckend nach hinten und fiel zu Boden. Das alles passierte so schnell, dass Yami und Kaiba kaum zu reagieren wussten und sobald Yami Jiros Leiche Gewahr wurde, sank er mit einem undeutbaren Laut neben Jiro auf die Knie. Kaiba tat es ihm gleich. Den beiden stand der Schweiß auf der Stirn und Yami betrachtete geradezu ungläubig den Leichnam vor ihm. Es war nicht der erste Tote, den er sehen musste, doch die Kugel hatte Jiro in den Kopf getroffen und der Anblick war alles andere als schön. Yami würgte leise und auch Kaiba musste den Blick abwenden. „Hast du auch dieses Déjà-Vu Erlebnis?“, fragte er sarkastisch und in einem vergeblichen Versuch, die Fassung wieder zu gewinnen, während sich sein Brustkorb hektisch hob und senkte und er unruhig seine Hände ballte. Er hatte keinen Zweifel daran, dass es Jiro verdient hatte, aber dennoch behagte ihm der Gedanke, zusammen mit Yami innerhalb von nur einer Woche für bereits zwei Tote mitverantwortlich zu sein, so überhaupt gar nicht. Zumindest war er sich sicher, die Pistole nicht angerührt zu haben und dass es Jiro gewesen war, der schlussendlich, wenn auch unabsichtlich, den Abzug betätigt hatte. „Ah“, war Yamis kurzangebundene Antwort. Er war müde, ihm war schlecht und obwohl Kaibas Gesellschaft ihm Trost und Halt zugleich gab, wusste Yami dennoch, dass sie nicht ewig hier untätig würden sitzenbleiben können. Vor allem jedoch wollte er von der Leiche weg. Mit einem auffordernden Klopfen auf Kaibas Schenkel rappelte sich Yami ächzend auf. „Na komm schon. Wir sind noch nicht ganz fertig“, erinnerte er und Kaiba holte nickend sein Handy hervor. „Wenigstens“, erwiderte Kaiba in einem Anflug von Galgenhumor, „ist uns diesmal das Auftauchen eines weiteren Yakuza erspart geblieben. Wir sollten also vor noch mehr Toten sicher sein.“ Und damit das auch so blieb, wählte er schnell die Nummer der Polizei. ------------------------------------------ Epilog: Nachspiel ----------------- So, und mit diesem letzten Kapitel wäre die FF auch beendet. Ich danke allen Lesern fürs, ähm, Lesen und natürlich für die Kommentare =D --------------------------------- Epilog - Nachspiel „...die örtlichen Behörden sperrten daraufhin das Gebiet weiträumig ab. Da der Tote keinerlei Papiere mit sich führte, kann dessen Identität nicht festgestellt werden, doch aufgrund der speziellen Tätowierungen geht die Polizei davon aus, dass der Mann Mitglied der in diesem Distrikt agierenden Kin-Yakuza-Bande ist. Ob er von seinen eigenen Leuten oder einer rivalisierenden Gruppe einer Hinrichtung gleich durch einen Kopfschuss getötet wurde, steht zu diesem Zeitpunkt nicht fest. An der gefundenen Waffe konnten keine Fingerabdrücke gesichert werden, ebenso wenig Spuren an und um den Mann herum. Der einzige Hinweis der Polizei ist ein anonymer Anruf, der eine Schießerei im Ostteil des Domino Industriegebiets meldete, wo der Leichnam schließlich entdeckt wurde. Für Hinweise, die zur Klärung des Falles beitragen können, melden sie sich bitte bei der zuständigen Polizeidienststelle. Soviel zu den Nachrichten. Weiter geht es mit dem Wetter...“ „Ach Mensch, wen interessiert das denn? Ich will noch was von der Leiche hören“, nörgelte Mokuba Kaiba, der bis eben noch gebannt die Nachrichten verfolgt hatte und schaltete schmollend den Fernseher ab. „Das ist so cool. Mein Nii-sama hat einen Yakuza erledigt!“ „Yami war auch dabei“, erinnerte Kaiba mürrisch und konzentriere seine Aufmerksamkeit für den Moment weg von seinem Laptop und auf seinen kleinen Bruder. „Und cool ist nicht das Wort, was ich dafür nehmen würde.“ Mokuba zog eine Schnute. „Besser er als ihr“, meinte er stur, bevor er vom Sofa aufsprang und sich zu seinem Bruder an den großen Schreibtisch begab, der vor Papierbergen nur so überquoll. „Wo wir gerade von Yami reden, es gibt etwas, das ich fast vergessen hätte, dir zu sagen“, erklärte Mokuba dermaßen ernst und feierlich, dass Kaiba sich ein Schmunzeln verkneifen musste. „Was ist mit ihm?“, fragte Kaiba jedoch nur neutral und stützte abwartend sein Kinn auf seinen gefalteten Händen ab. Er hatte Mokuba nicht erzählt, was genau zwischen ihm und Yami vorgefallen war, wenngleich es seinem aufgeweckten kleinen Bruder nicht entgangen war, dass irgendetwas passiert sein musste. Auch jetzt beobachtete ihn Mokuba ganz genau; versuchte eine Reaktion Kaibas auf die Erwähnung von Yamis Namen zu erhaschen, die ihm verraten könne, was genau mit den beiden los war. Fakt war, dass Seto, als er ihn von den Mutous abgeholt hatte, nicht nur ungewohnt nett (er hatte niemanden beleidigt oder angeschrien) zu Yuugi und seinen Freunden gewesen war, sondern sogar noch freiwillig für einige Stunden dort blieb. Am Verdächtigsten aber war Mokuba das Verhalten seines Bruders in Yamis Gegenwart erschienen. Die beiden hatten den Abend ständig zusammen gehockt und leise miteinander geredet und einmal hatte es sogar so ausgesehen, als hätte Yami geistesabwesend mit einer Hand über Kaibas Bein gestrichen. Was Mokuba zu dem Zeitpunkt als Halluzination seinerseits abgestempelt hatte, denn mal ehrlich, wenn Yami wirklich seinen Bruder auf die Art berührt hätte, wäre Seto doch sicherlich ausgerastet. Nun jedoch war sich Mokuba gar nicht mehr so sicher, ob das wirklich nur eine Einbildung gewesen war. „Sind die beiden etwa ein...Paar?“ Er schüttelte verwirrt den Kopf. „Das würde so einiges erklären. Aber Yami und Nii-sama zusammen?" Er hatte kein Problem mit Yami, er hatte auch kein Problem damit, wenn sein Bruder Männer bevorzugte, aber die Vorstellung von Seto in einer Beziehung war einfach...seltsam. Das war etwas, woran sich Mokuba erst noch gewöhnen musste. Trotzdem war er fest entschlossen, seinen Bruder selbst hierbei zu unterstützen. „Mokuba?“, fragte Kaiba irritiert. „Wolltest du mir nicht etwas sagen?“ Mokuba starrte seit gut einer Minute nur ins Leere und Kaiba wurde allmählich wirklich ungeduldig. Er musste noch mehrere Berichte schreiben, Verträge überprüfen, kurz: Die Arbeit einer Woche nachholen und hatte keine Zeit zu vertrödeln, zumal er sich von seinem Bruder bereits hatte überreden lassen, möglichst viel zu Hause in ihrer Villa zu machen, anstatt sich, wie zunächst von Kaiba geplant, in der Kaiba Corporation einzuquartieren. „Oh, äh, 'tschuldigung, Nii-sama“, lachte Mokuba verlegen und rieb sich den Hinterkopf. „Ich habe wohl gerade abgeschaltet. Also ich wollte dir nur mitteilen, dass Yami seit etwa einer halben Stunde im Foyer wartet und dich sprechen möchte.“ „Was?!“ Kaiba sprang tatsächlich vor Überraschung von seinem Stuhl, wie Mokuba interessiert bemerkte. „Warum erzählst du mir das jetzt erst?“ Mokuba zuckte die Schultern. „Na ja, ich war bereits auf dem Weg zu dir, aber dann bekam ich Hunger und musste erst was essen und anschließend lief der Bericht über den Yakuza und da ist mir Yami halt irgendwie entfallen“, versuchte er sich halbherzig zu rechtfertigen und scharrte mit den Füßen auf dem teuren Teppich. „Ich gehe ihn holen“, setzte er noch flott nach und rannte aus dem Raum, bevor sein Bruder auf die Idee kommen konnte ihm eine Standpauke zu halten. Kaiba derweil speicherte seufzend seine Arbeit, klappte seinen Laptop zusammen und wartete ungeduldig auf Yami. Seine eigene Vorfreude überraschte ihn, aber es war das erste Mal seit ihrem Aufenthalt in der Schule, dass er Yami unter normalen Umständen und ohne dessen nervige Freunde sehen würde. Außerdem war er neugierig, was Yami von ihm wollte. Wie aufs Stichwort kam dieser gerade mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen zu Kaiba ins Wohnzimmer spaziert und Kaiba stellte zufrieden fest, dass Yami nun wieder statt Rock und Bluse seine typische enge Hose samt schwarzem Shirt trug und auch dessen Haare wie gewohnt in alle Himmelsrichtungen abstanden und nicht mehr länger in diesem furchtbaren Zopf gefangen waren. „Ah, Kaiba, sehe ich dich heute also doch noch. Ich hatte bereits fast die Hoffnung aufgegeben“, spöttelte Yami und Mokuba, der hinter ihm hergetrottet kam, zuckte schuldbewusst zusammen. „Es ist nicht Nii-samas Schuld, sondern meine. Ich habe nämlich vergessen dich anzukündigen“, verteidigte er Seto und Yami winkte beruhigend ab. Er war zwar zunächst wütend gewesen, dass Kaiba ihn so lange warten ließ, bis in ihm sogar der Verdacht aufgekeimt war, dass Kaiba ihn vielleicht einfach nicht in seinem Haus haben wollte und deshalb mied, aber nun zu hören, dass alles nur auf Mokubas Nachlässigkeit beruhte, war eine große Erleichterung für ihn. „Schon in Ordnung, Mokuba. Ich bin weder dir noch deinem Bruder böse“, meinte er darum schlicht, während er seinen Rucksack absetzte und eine DVD herauszog. „Yuugi hat mir das hier für dich mitgegeben“, erklärte er dem strahlenden Jungen, der ihm den Film begeistert aus den Händen riss. „Super! Den wollte ich schon seit langem gucken.“ Er schaute grinsend zu seinem Bruder, der den kleinen Austausch bis dahin schweigend beobachtet hatte, nun aber misstrauisch zurückblickte. „Nii-sama, ich gehe jetzt in mein Zimmer und bin für die nächsten Stunden gut beschäftigt“, teilte er seinem verblüfften Bruder zwinkernd mit, dem daraufhin ein wenig intelligentes „Huh?“ entwich. „Na ja, ich sag es nur“, erläutere Mokuba weiter und ging vorsorglich einige Schritte rückwärts, um im Bedarfsfall schnell flüchten zu können, „damit du Bescheid weißt, dass du und Yami für die nächste Zeit allein seid und ich bestimmt nicht mitkriegen werde, was ihr so...uhm, treibt.“ Okay, Kaibas und Yamis geschockten Gesichtsausdrücken nach zu urteilen, hätte er das besser formulieren können, schlussfolgerte Mokuba und machte sich winkend eilig aus dem Staub. „Mokuba!“, polterte Kaiba erbost, doch sein Bruder war bereits die Treppe hochgestürmt und Kaiba, der von Verfolgungsjagden fürs erste genug hatte, schnalzte nur einmal mit der Zunge und ließ Mokuba unbehelligt ziehen. Dennoch fragte er sich, wie viel Mokuba bezüglich ihm und Yami wusste. Plötzlich schlangen sich Yamis Arme von hinten um seine Taille und Kaiba konnte dessen Finger spüren, die sich dreist unter sein Hemd stahlen und seinen Bauch massierten. „Alleinsein gefällt mir“, schnurrte Yami und presste grinsend seinen Körper an Kaibas Rücken. „Könnte viel öfter der Fall sein.“ „Hn. Wir haben uns erst vorgestern bei Yuugi gesehen“, widersprach Kaiba leise; bemüht, ein Schaudern zu unterdrücken. „Und davor eine ganze Woche lang in diesem verfluchten Internat. Meiner Meinung nach ist das oft genug.“ Yami stellte sich auf die Zehenspitzen und saugte leicht an Kaibas Hals, der sich halb umdrehte und ihm warnend seinen Ellbogen in die Rippen stieß. „Kein neuer Knutschfleck“, erinnerte er und Yami, sichtlich unbeeindruckt, widmete sich daraufhin enthusiastisch der Freilegung von Kaibas Schulter, an der er sachte knabberte. „Immer noch nicht oft genug“, entgegnete Yami überzeugt. „Insbesondere, da du meine Idee, dass du wieder in Domino zur Schule gehst, weiterhin rigoros ablehnst.“ „Es reicht doch schon, wenn du mich bei mir zu Hause heimsuchst.“ „Ah, wenn deine Stimme gerade nicht diesen erregten Tonfall hätte, könnte ich dir diesen Einwand vielleicht sogar abkaufen, aber so...“ „Wer ist hier erregt?“, murmelte Kaiba beleidigt und löste sich trotzig aus der Umarmung. „Außerdem bin ich wenigstens fähig meine Hände bei mir zu behalten.“ „Dass du das aber nicht brauchst, weißt du, oder?“, lachte Yami ungeniert, ging zurück zu seiner Tasche und holte nun ein Englischbuch hervor. „Ich habe nachgedacht“, begann er, wurde aber sogleich von Kaibas sarkastischem „Tatsächlich? Es geschehen noch Zeichen und Wunder“ unterbrochen. Yami verzog das Gesicht. „Also, wie ich gerade zu sagen versuchte“, begann er erneut und blickte Kaiba warnend an, auf dass er den Mund halten möge. „Ich habe nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass, wenn du nicht mit mir in eine Schule gehen willst, es auch noch andere Möglichkeiten für uns gibt, Zeit miteinander zu verbringen.“ „Wer behauptet denn, dass ich das überhaupt will?“ „Du willst und alles andere steht nicht zur Debatte“, ließ sich Yami nicht beirren. Seine und Kaibas Beziehung war mittlerweile zu weit fortgeschritten, als dass Yami sie einfach aufgeben würde und er hatte keinesfalls vor, seine Befürchtungen, sie könnten sich, zurück in ihrem gewohnten Dasein, auseinanderleben, wahr werden zu lassen. Er hielt Kaiba das Englischbuch hin, der es zögerlich entgegennahm. „Ich brauche nach wie vor Nachhilfestunden“, erklärte Yami und sah Kaiba ernst an. „Vor allem aber möchte ich mit dir zusammen sein.“ Kaiba presste unsicher die Lippen aufeinander. Nicht nur, dass sich Yami durch das offene Zugeben seiner Gefühle Kaiba gegenüber in eine verletzliche Position brachte, legte er ebenso ihr weiteres Schicksal in Setos Hände. Nur dass dieser nicht recht wusste, wie er nun reagieren sollte. Er wollte Yami um sich haben, mehr noch, er wollte Yami, aber der Gedanke an eine Beziehung mit seinem Rivalen war gleichermaßen aufregend wie beängstigend. Um Zeit zu gewinnen, ging Kaiba langsam zu seinem Schreibtischstuhl und setzte sich mit kühler, doch gespielter Überlegenheit, die Yami verunsicherte. Kaiba hatte zwar die Sensibilität eines Vorschlaghammers, doch selbst er kam nicht umhin zu bemerken, dass er mit den falschen Worten alles zerstören konnte, noch ehe es richtig angefangen hatte. Und das beabsichtigte er nun wirklich nicht. „Wir können...“ Kaiba schluckte nervös. „Wir können das mit der Nachhilfe zumindest einmal ausprobieren. Sehen, wie es läuft. Sehen, wie es...allgemein läuft.“ Vorsichtig sah er zu Yami und versuchte abzuwägen, ob er das Richtige gesagt hatte. Offensichtlich ja, denn keine Sekunde später kam Yami lächelnd vor Erleichterung zu ihm herum, studierte intensiv Kaibas Mimik und nickte dann zufrieden. „Einverstanden“, erklärte er und setzte sich ungefragt auf Kaibas Schoss, der geschockt einen Schwall Luft einsog. „Sitzt du gut?“, funkelte er Yami an und versuchte angestrengt zu verdrängen, wo genau sich Yamis Hände gerade befanden. „Ich sitze sogar ausgezeichnet. Danke der Nachfrage“, antwortete Yami lachend und strich mit den Fingern federleicht über Kaibas Oberschenkel, der unbehaglich hin und her rutschte. „Lass das“, raunte er und seine blauen Augen nahmen einen dunklen Schimmer an, was Yami nur noch mehr anspornte. Als Yami sich jedoch vorbeugte, um sich Kaibas arg vernachlässigtem Mund zu widmen, fiel sein Blick auf eine ein Stück weit offen stehende Schreibtischschublade. Vorwitzig zog er das Fach ganz auf. „Oho, was haben wir denn da?“, ärgerte er fröhlich den vor Scham glühenden Kaiba, der sich vergeblich umzudrehen versuchte um Yami noch aufzuhalten, bevor es völlig zu spät war. Mit Yami, der immer noch hartnäckig auf ihm saß und ihm fast jegliche Bewegungsfreiheit raubte, war dies jedoch ein unmögliches Unterfangen, so dass dieser in aller Seelenruhe das Objekt seiner Neugierde betrachten konnte. Es handelte sich um ein kleines Foto und obwohl die Qualität nicht besonders gut war, erkannte Yami in der abgebildeten Person sich selbst; Mädchenuniform und Lockenstab inklusive. Das Bild war nicht unbedingt schmeichelhaft, doch für Yami zählte einzig, dass Kaiba überhaupt ein Foto von ihm besaß. „Ich habe gar nicht mitbekommen, dass du mich fotografiert hast“, meinte er leise und Kaiba wollte gerade zu einer Ausrede ansetzen, als ihm Yamis glücklicher Gesichtsausdruck auffiel. Kaiba wandte sich unbehaglich ab. „Es ist nur ein dummes Foto“, murmelte er. „Nichts Besonderes.“ „Es ist ein Foto von mir“, beharrte Yami und legte seufzend seinen Kopf auf Kaibas Schulter ab. Eine Weile verbrachten sie in angenehmer Ruhe, bis Yami plötzlich anfing zu lachen. „Was?“, wollte Kaiba wissen und zog verärgert die Stirn kraus. „Was ist so witzig?“ „Ach, ich musste nur gerade an Izumi denken und daran, ob sie wohl auch noch an einem Bild von mir interessiert wäre“, erklärte Yami und Kaiba schnaubte irritiert. „Muss toll sein, seine eigene, private Stalkerin zu haben“, bemerkte Seto pikiert und mit, wie Yami nicht entging, einer kleinen Portion Eifersucht, die sich nach Yamis Vermutung allerdings weniger gegen Izumi richtete als gegen die Tatsache, dass Yami sie überhaupt erwähnt hatte. „Meine eigene, private Stalkerin“, grinste Yami und küsste Kaiba als Entschuldigung zärtlich auf die Lippen, „hat ein anderes Opfer gefunden. Ich habe gestern mit ihr telefoniert und mich auf den neusten Stand bringen lassen. Demnach haben uns alle unseren erneuten Schulwechsel abgekauft und niemand weitere Nachfragen gestellt. Aber was viel Wichtiger ist...“ Er legte eine dramatische Pause ein. „Izumi hat eine neue Mitbewohnerin bekommen, mit der sie sich bisher bestens versteht. Mit ein wenig Glück wird das auch so bleiben und sie in Zukunft nicht mehr länger allein sein müssen. Ich freue mich wirklich für sie.“ „Und ich mich erst“, bemerkte Kaiba trocken und musste keuchen, als Yami strafend seine Schulter mit den Zähnen malträtierte. „Verflucht, das tat weh!“, beschwerte er sich und betrachtete die betroffene Stelle argwöhnisch. Yami hatte nicht wirklich fest zugebissen, aber die Haut war gerötet und das allein war für Kaiba Grund genug zur Rache. Aggressiv küsste er Yami auf die Lippen, der die Aktion jedoch nur zu gerne erwiderte und leise in den Kuss stöhnte. „Sagte Mokuba nicht etwas davon, dass wir für eine Weile unsere Ruhe hätten?“, hakte Yami mit lustverklärtem Blick nach und Kaiba nickte zustimmend. „In dem Fall...“ Er öffnete geschickt Kaibas Hemd, während sich dieser für seinen Teil Yamis Nacken entlang nippte, „Wäre es doch furchtbar unhöflich, das Angebot ungenutzt verstreichen zu lassen, nicht wahr?“ „Ah“, stimmte Kaiba heiser zu und Yami sprang sogleich von Kaibas Schoss; zog seinen Rivalen vom Stuhl und schließlich aus dem Raum, was dadurch erschwert wurde, dass sie voneinander nicht die Finger lassen konnten und kaum darauf achteten, wo sie überhaupt hintraten. „Wo ist dein verdammtes Schlafzimmer?“, fragte Yami dementsprechend ungeduldig, nachdem sie bereits gegen den dritten Türrahmen gestoßen waren. „Dieses Haus ist viel zu groß.“ Kaiba dirigierte ihn energisch die Treppe hoch. „Dritte Tür rechts und nimm deine Finger da weg“, erklärte er zwischen zwei Küssen und schlug Yamis Hände von seiner Hose, die sich erst eifrig am Reißverschluss zu schaffen gemacht hatten, um dann weiterzuwandern zu Setos Hintern, den sie fest drückten. „Schlag dir das gleich aus dem Kopf, Yami. Du wirst unten liegen, nicht ich.“ „Ach, ist das so?“, war Yamis herausfordernde Antwort, die Kaiba vor Erwartung schaudern ließ. „Das, mein lieber Seto, werden wir noch sehen.“ Mit einem letzten Kuss hastete er die restlichen Stufen hoch und öffnete auffordernd Kaibas Schlafzimmertür. „Außerdem...“ Er holte eine kleine Tube aus seiner Gesäßtasche, von der Kaiba sich schon denken konnte, wofür sie gedacht war und präsentierte sie ihm triumphierend. „...wenngleich ich mir sehr sicher bin, dass du genauso wenig...Übung in diesen Dingen hast wie ich, so kann ich im Gegensatz zu dir zumindest behaupten entsprechend vorbereitet zu sein. Oder irre ich mich?“ Kaiba, der Yamis These tatsächlich nicht widerlegen konnte, zumindest nicht ohne zu lügen, schwieg geflissentlich. Gut, dann hatte er eben in der Hinsicht noch keine praktischen Erfahrungen, aber ganz ahnungslos war er nun wirklich nicht und bloß weil Yami das Gleitgel dabei hatte, sicherte ihm das noch lange nicht den dominanten Part. Leicht verärgert über Yamis Dreistigkeit, trat er schnell zu diesen in den Raum, schloss die Tür hinter sich und drängte ihn auf das Bett, wo er ihn entschlossen festhielt. „Momentan sieht es nicht gut für dich aus. Und zu deinem Pech überzeugt mich deine Argumentation bei Weitem nicht“, erklärte er rau; schwer bemüht die Lust aus seiner Stimme zu verbannen, was angesichts des sich lasziv auf dem Laken räkelnden Yami gar nicht so einfach war. „Ha, das lässt sich ändern“, gab Yami unbeeindruckt zurück und drückte sein Bein kurz, aber kräftig gegen Kaiba Schritt, der mit einem überraschten, kleinen Aufschrei prompt von ihm zurückwich und ihn fast schon beleidigt betrachtete. „Keine Bange. Ich lerne schnell, insbesondere mit regelmäßiger Wiederholung“, lachte Yami leise und ließ seine Hände beruhigend über Kaibas Bauch gleiten, bevor er sich zuversichtlich der seiner Meinung nach längst überfälligen, vollständigen Entkleidung seines zeitweise kooperativen Rivalens widmete. Kaiba erlaubte sich ein schiefes Grinsen. Wie auch immer ihr kleiner Kampf um die Position enden würde, es versprach ein höchst interessanter Abend zu werden. Und das Beste war, dass es erst der Erste von vielen war. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)