Memory Fragments von Rejah ================================================================================ Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Kapitel 7 Ich hatte ziemlich gute Laune, als wir Narutos Wohnung erreichten, geradezu euphorisch. Wir hatten noch so über dies und das geredet und darüber hinaus hatte ich ganz den stechenden Schmerz in meinem Knöchel vergessen. Vor der Tür stand Sakura, die etwas mürrisch wirkte und offensichtlich schon auf uns gewartet hatte. „Da seid ihr ja endlich!“, rief sie uns entgegen. „Wo seid ihr den ganzen Tag gewesen?“ Doch als sie mich ansah, strahlte sie und zusammen gingen wir hinein. Es war inzwischen schon dunkel geworden und Naruto machte das Licht an, damit Sakura meinen Fuß erneut untersuchen konnte. „Tsunade hat Sasuke angenommen.“, berichtete Naruto ihr. „Ja, ich weiß.“ Sie lächelte. „Ich soll dir von ihr sagen, dass dein Training direkt morgen beginnt. Und rate mal, wer dein Lehrer sein wird.“ Sie sah mich direkt an, dann schweifte ihr Blick auf einmal zu Naruto, der anfing zu grinsen. „Jetzt ehrlich? Wow, ich wusste doch, dass Tsunade meine Fähigkeiten erkennen würde!“ ~~~~~*~~~~~ Zur Feier des Tages lud Naruto uns doch tatsächlich zum Ramenessen ins Ichiraku ein, auch wenn ich ihm immer wieder beteuerte, dass ich das Zeug nicht mochte. Als er jedoch ein beleidigtes Gesicht zog – Ramen war ihm offenbar heilig – ging ich trotzdem mit, aß aber im Gegensatz zum ihn nicht drei Schüsseln davon. Der Mann hinter der Theke warf mir einen überraschten Blick zu, sagte jedoch nichts. An diese Blicke würde ich mich wohl gewöhnen müssen. „Und ... wie fangen wir morgen an?“, fragte ich zögerlich, als das Gespräch zwischen uns dreien zum Erliegen gekommen war. Naruto schlürfte seine letzte Schüssel aus, dann schien er zu überlegen. „Ich weiß nicht. Bis morgen hab ich mir schon noch was überlegt!“ „Naruto!“, rief Sakura entrüstet. „Nimm deine Aufgabe gefälligst ernst, sonst muss Tsunade-sama jemand anderes dafür suchen!“ „Jaja ...“, winkte Naruto ab, grinste dabei jedoch. Dann stand er auf und zog mich gleichzeitig mit hoch. „Komm, Sasuke, ich zeig dir unseren Trainingsplatz.“ Wir ließen Sakura bei Ichiraku zurück, die erst später bemerken würde, dass Naruto vergessen hatte, die Rechnung zu bezahlen, und gingen an den Rand des Dorfes. Vor uns baute sich eine riesige Felswand auf, in deren Stein die Gesichter der vorangegangenen Hokage gemeißelt waren. Ich erkannte Tsunade darauf und fragte mich, wer wohl der nächste Hokage werden würde und wie sich Narutos Gesicht wohl darauf machen würde, sollte sein Traum tatsächlich in Erfüllung gehen. Naruto ging voraus zu einem mit hohen Gras bewachsenen Platz, der von einigen Bäumen gesäumt wurde. Weiter hinten sah ich die Mauer, die das Dorf schützte. In der Dunkelheit waren die Einzelheiten nur schwer zu erkennen. „So, wir sind da.“ Naruto verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lächelte mich an. „Haben wir früher hier trainiert?“, fragte ich. „Manchmal. Aber du warst auch immer gern alleine.“ Narutos Stimme hörte sich eine Spur traurig an, doch ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Stattdessen ließ ich mich auf das weiche Gras sinken, da mein Fuß nach der ganzen Anstrengung nun doch begonnen hatte zu pochen. Schweigend saßen wir schließlich nebeneinander und schauten über den Platz, auch wenn dort nicht wirklich etwas Spannendes passierte. Es herrschte irgendwie eine seltsame Atmosphäre, auch wenn ich in diesem Moment unmöglich hätte benennen können, woran das lag. Daran, dass keiner sprach, jeder von uns beiden seinen eigenen Gedanken nachhing? Oder an der Erinnerung Narutos, der sicherlich daran dachte, wie wir hier früher trainiert hatten, er, um Hokage zu werden, ich, um meinen Bruder eines Tages töten zu können. Ein Schauder lief mir über den Rücken und ich schob es auf die Kälte. Dieser Itachi. Er ging mir nicht mehr aus dem Kopf, ich glaube, das wäre auch zu viel verlangt gewesen. Ich war in einer Zwickmühle. Ich konnte mit meiner Vergangenheit abschließen. Das, was meinem früheren Ich immer verwehrt gewesen war, weil er die Erinnerung an diese schreckliche Tat Tag für Tag mit sich herumgeschleppt hatte, das konnte ich jetzt tun. Doch irgendetwas hinderte mich daran. Möglicherweise der Gedanke, damit diesen Sasuke zu töten. Ihn auszulöschen vielmehr. „Ich bin froh, dass du wieder da bist, Sasuke.“ Narutos Stimme durchschnitt die Stille. Ich sah zu ihm herüber, aber sein Gesicht lag im Dunkeln. Für ihn war ich immer noch derselbe, doch ich wusste nicht, ob ich diesen Anspruch erfüllen konnte. Es war selbstsüchtig von mir gewesen, ihm meine Freundschaft anzubieten, obwohl wir uns gar nicht kannten. ~~~~~*~~~~~ Der nächste Tag kam schnell. Als ich aufwachte, hatte ich das Gefühl, die Augen gerade erst geschlossen zu haben. Müde drehte ich mich noch einmal um und wickelte die Decke um mich, doch das Zimmer war bereits viel zu hell, als dass ich wieder hätte einschlafen können. Verschlafen setzte ich mich auf und stellte fest, dass mein Fuß gar nicht mehr weh tat. Verblüfft bewegte ich das Gelenk hin und her und setzte den Fuß dann auf dem Boden auf. Sakura hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Die Decke auf dem Sofa lassend durchstreifte ich das Zimmer und ging in die Küche, auf der Suche nach etwas Essbarem, und blieb überrascht stehen, als ich Naruto bereits am Tisch sitzen sah. Ich begrüßte ihn und setzte mich zu ihm. Als mein Blick auf die halb zerdrückte Milchpackung fiel, nahm ich das Paket vom Tisch und las das Datum, das auf dem Boden stand. „Du, Naruto ...“ „Hm?“ Naruto konnte nicht sprechen, er trank gerade aus einem großen Glas Milch. „Ähm, ich glaube, du solltest das besser nicht trinken, hier steht, das ist vor zwei Wochen abgelaufen.“ Naruto hielt sofort im Trinken inne, die Wangen aufgeplustert von der Milch, die er noch im Mund hatte, starrte ganz entsetzt auf die restliche Milch, stand dann ganz langsam auf und eilte schließlich zur Spüle, um die Milch dort auszuspucken. Dann ließ er sich wieder auf seinen Stuhl sinken. „Sorry“, sagte er, als er meinen Gesichtsausdruck sah. „Ich hab so meine Erfahrungen mit schlecht gewordener Milch.“ Ich zog die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts dazu. Jedes Mal, wenn Naruto oder jemand anders mich daran erinnerte, an was ich mich alles nicht erinnerte, kam in mir ein ungutes Gefühl hoch, das ich schnell zu verdrängen versuchte. Deshalb war ich auch jetzt so erpicht darauf, das Thema zu wechseln. „Gehen wir direkt nach dem Frühstück trainieren?“ Naruto nickte und fragte dann: „Willst du nichts essen?“ Ich verneinte, mir war definitiv nicht danach. Irgendetwas sagte mir, dass dieser Tag noch mehr bereithielt als eine Trainingsstunde – auch wenn die zugegebenermaßen etwas Besonderes für mich war. ~~~~~*~~~~~ Naruto schien es aus irgendeinem Grund eilig zu haben, zum Trainingsplatz zu kommen; dieses Mal nahm er keine Rücksicht darauf, dass mein Fuß noch nicht ganz verheilt war und ich deswegen auch noch nicht so schnell laufen konnte. Als wir schließlich angekommen waren, war ich etwas außer Atem. „Also.“ Naruto stellte sich breitbeinig vor mir hin, die Arme verschränkt. „Als Erstes musst du wissen, dass es sowas wie Chakra gibt. Du musst versuchen, nur so wenig wie möglich davon zu verbrauchen, weil ...“ Naruto fuhr fort und ich hörte aufmerksam zu, doch er war kein besonders guter Lehrer. Jedenfalls glaubte ich nicht daran, dass ich alles verstand, was er sagte, nur weil er es sagte. Es war, als würde ich ein Wissen, dass ich irgendwo in meinem Innersten verborgen hatte, bloß auffrischen und nicht völlig neu erwerben. „Versuch's mal.“ Naruto hatte mir gerade erklärt, wie ich ohne Hilfsmittel an einem Baum hochlaufen konnte. Der Baum, der vor mir hochragte, sah nicht gerade vertrauenserweckend aus, da er keinerlei Halt bot, gleichzeitig konnte ich jedoch auch nicht behaupten, Angst zu haben. Es schien eine leichte Übung zu werden. Ich nahm Anlauf, konzentrierte mich auf mein Chakra und leitete es zu meinen Füßen weiter, wo es sich sammelte – und lief. Den Baum hinauf. Bis zur Spitze und als ich oben angekommen war, erfasste mich kurz ein Schwindel, als ich ganz Konoha und noch darüber hinaus sehen konnte und ich rannte schnell wieder hinunter. Unten am Boden starrte Naruto mich an. „Du lernst ganz schön schnell.“, war alles, was er sagte. Es dauerte einen Moment, bis ich verstand, was das für mich bedeutete. Meine Knie gaben nach und ich sank auf das vom Morgentau nasse Gras. „Ähm – Sasuke?“ Naruto hörte auf zu starren und ging zu mir herüber, legte mir eine Hand auf die Schulter. „Alles in Ordnung?“ „Ja ...“ Meine Stimme kam kaum aus mir heraus. „Ja ... alles in Ordnung.“ Als er mich jedoch losließ, als ich ihn nicht mehr an meiner Schulter spürte, packte ich blitzschnell seinen Arm und zog ihn zu mir herunter, schlang meine Arme ungelenk um seinen Nacken. „Ich – ich habe das Gefühl, dass ich mich an etwas erinnere ...“ Ich spürte, wie sich Naruto versteifte und sich schließlich von mir losmachte, um mir in die Augen zu schauen. „Und? An was kannst du dich erinnern?“, wollte er wissen. „Das ...“ Ich schüttelte den Kopf. „Das ist ja gerade das Problem, ich habe nur das Gefühl, aber wenn ... wenn ich danach greifen will, ist es wieder weg.“ Ich holte tief Luft. „Glaubst du ... glaubst du, ich kann mich an all das hier erinnern? Irgendwie?“ Ein Schatten huschte über Narutos Gesicht. „Ich weiß nicht.“ Es hörte sich eher danach an, dass er nicht darauf hoffte. „Naruto.“ Ich nahm seine Hand. Ich spürte, dass er sie wegziehen wollte, ließ sie los. Zum ersten Mal in Konoha fühlte ich mich allein. „Ich weiß, was damals passiert ist. Kakashi hat es mir erzählt. Ich meine damit nicht, was mein ... Bruder getan hat. Sondern, was ich für ein Mensch gewesen war. Dass ich ihn gehasst habe ... dass ich mein ganzes Leben darauf ausgerichtet habe.“ Er war viel zu weit weg. „Naruto ... waren wir wirklich Freunde? Oder erzählst du mir die ganze Zeit nur Märchen?“ Diese Frage schien Naruto wirklich zu schockieren. Weil ich so etwas annahm oder weil ich die Wahrheit herausgefunden hatte? Ich wagte es nicht mehr, ihn anzusehen. Wir schwiegen und nach einer Weile stand er auf und ging ein paar Meter weit von mir weg, den Rücken mir zugedreht. Anscheinend hatte auch ich, genauso wie dieser Sasuke, das Talent, Freundschaften, wenn sie denn eine war, genauso schnell wieder zu zerstören, wie ich sie geschlossen hatte. Die erste Freundschaft, an die ich mich erinnerte. „Nein.“ Naruto sah mich nicht an. „Wir waren keine Freunde.“ Ein Stich durchfuhr mich. Obwohl ich es gewusst hatte – sonst hätte ich nicht gefragt – traf es mich doch, dass er es noch nicht einmal leugnete. Als er nichts mehr sagte, stand ich schließlich auf, sah noch einmal kurz seinen Rücken an und drehte mich dann um. Schritte, schnell, die sich mir näherten, eine Hand an meiner Schulter, die mich an einen Baum drückte. Ich wehrte mich instinktiv, erstarrte jedoch, als ich Narutos Gesicht sah. Die seltsamen schwarzen Striche auf seinen Wangen hatten sich vertieft und ich konnte beinahe spüren, wie ihn etwas umgab, dass ich als Wut bezeichnet hätte, wenn Gefühle so spürbar gewesen wären. „Wir waren Verbündete!“, zischte er. „Ich war genauso allein wie du!“ Mit diesen Worten fing er an, sein Hemd aufzuknöpfen und zum Vorschein kam ein schwarzes Mal, das sich um seinen Bauchnabel wand. „Ich war das 'Monster'. Ich war immer allein.“, wiederholte er. „Und obwohl wir nie freundlich miteinander gesprochen haben, wusste ich, dass wir Verbündete waren! Solange einer von uns beiden da war, waren wir nicht allein. Aber dann bist du einfach gegangen! Das lass ich nicht mehr zu!“ Er schlang hastig seine Arme um mich. „Das hast du früher nie zugelassen.“ Naruto flüsterte an meinem Nacken. „Weil du ja immer so ernst sein musstest. Wie hast du das nur ausgehalten?“ Er schwieg eine Weile. Dann: „Aber eigentlich frage ich mich, wieso du schon wieder so wirst. Lass dein altes Leben doch endlich zurück!“ „Aber ...“ Ich schob ihn von mir. „Dann bin ich nicht mehr der, den du kanntest.“ „So ein Schwachsinn!“ Naruto packte mich wieder an den Schultern und schüttelte mich. „Du bist immer noch Sasuke! Nur versteckst du dich nicht mehr! Du kannst endlich du selbst sein, also mach endlich!“ Das machte mich für eine Weile sprachlos. Dann fragte ich zaghaft: „M-Meinst du das wirklich?“ „Ja, verdammt!“ Auch ohne Erinnerungen wusste ich, dass Naruto anders war. Er hatte etwas an sich, das mir ein Gefühl gab, dass ich noch nie kennengelernt hatte. Und ich war mir sicher, dass das der andere Sasuke auch noch nie gespürt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)