Die Chroniken von Khad-Arza - Die Herrscher der Geisterwinde von Linchan ================================================================================ Kapitel 4: Wintermond --------------------- Nalani ärgerte sich über ihren Verlobten. Sie verstand ihn einfach nicht, egal, wie sehr sie es versuchte. Sie hatte ganz genau gesehen, dass er innen auch ein guter Mensch sein konnte, er konnte sich freuen und glücklich sein und sogar ehrlich lachen – aber irgendwie versteckte er diese Seite hinter seiner arroganten Hülle. Vielleicht, um so seinem noch arroganteren, grausamen Vater besser zu gefallen, Nalani wusste es nicht. Und wenn es so war, bei allem Eifer und bei aller kindlichen Pietät, wie konnte man sein eigenes Wesen verbergen oder verändern, nur, um den Vater stolz zu machen? Die Geister schenkten jedem Menschen bei der Geburt einen Lebensgeist, ein Wesen, das man ehren sollte und nicht verstecken. Sie verstand einfach nicht, wie dieser Kerl alles aufgeben konnte nur für den abartigen Wunsch seines Vaters, dass er auch einmal ein Mistkerl wie er werden sollte? Überdies hatte sie aber auf Tabaris Verhalten oder Entwicklung wenig Einfluss, eigentlich gar keinen. Meistens war ihr Verlobter nicht zu Hause. Entweder war er mit seinem Vater irgendwo unterwegs, oder auch oft ohne ihn, vermutlich um den Umgang mit der schwereren Magie noch mehr zu üben, oder er ging auf die Jagd. Darin war er gar nicht so ungeschickt, hatte das Mädchen einst feststellen müssen. Jagen war eine Sache der Geschicklichkeit und der Ausdauer, Geduld hatte sie ihm gar nicht zugetraut, wo er doch versuchte, wie sein doch relativ jähzorniger Vater zu sein. Vielleicht war es auch ein Zeichen, dass Tabari Kelar weniger ähnelte, als er gerne wollte. Kelar kümmerte sich plötzlich mit übergroßem Eifer um die Politik seines Reiches, wie er es nannte, was Salihah beunruhigte. Ihr Mann hatte eine sehr viel abartigere Art entdeckt, wie er den Senat in Yiara loswerden konnte – die Senatoren waren die Einzigen, die ihm zur ranghöchsten Spitze Dokahsans im Weg standen, sie bekamen ihre Aufträge direkt vom König des Landes und waren für das ganze Volk von Dokahsan zuständig. Die meisten Bewohner der Provinz waren Schamanen, aber nicht alle. Der König von Kisara akzeptierte keine alleinige Herrschaft von Magiern, in keiner der Provinzen, und obgleich Dokahsan, der Norden des Landes, als kulturelle Wiege des Schamanenvolkes galt, auch dort nicht. Irgendwann hatten die Menschen und die Magier sich geeinigt, sich die Verwaltung von Dokahsan zu teilen, daher saßen im Senat die Nichtmagier, die aber nichts ohne die Zustimmung des Rates der Geisterjäger reformieren konnten, ebenso wenig konnten die Geisterjäger ohne den Senat etwas ändern. Kelar Lyra hatte es schon so weit geschafft, dass er den Rat der anderen Geisterjäger umgehen konnte, jetzt arbeitete der Senat nur noch mit ihm als Herrn der Geister zusammen, obgleich die Senatoren sich fragten, ob das für die vier anderen Geisterjäger in Ordnung war, einfach so übergangen zu werden. Es war definitiv nicht recht so, das wussten die Geisterjäger, das wusste Kelar und das wusste Salihah, die meistens als Vermittlerin zwischen ihrem Mann und seinen übergangenen Kollegen fungierte. „Dein Mann verliert langsam den Verstand,“ schnarrte Zoras Chimalis einmal zutiefst verärgert, als die Frau sich mit den vier Geisterjägern traf, um sie über Kelars eigenartige Schachzüge zu informieren. „Jetzt tut er, als wären wir Luft, und was ist mit dem Rat?“ „Der rat wurde, so hat Kelar gesagt, offiziell aufgelöst,“ meldete Salihah, „Und, passt auf, er sagt, es läge daran, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht und es deswegen kaum noch ein Rat wäre, deswegen übernimmt er jetzt die alleinige Verantwortung für das Volk, weil er als Herr der Geister ja am meisten Ahnung hat.“ Sie wurde von acht Augen fassungslos angestarrt. „A-aufgelöst?!“ keuchte Nomboh, „Das ist nicht dein Ernst!“ Sein Bruder warf die Arme in die Luft. „Sein eigenes Süppchen!“ schnaubte er, „Der Einzige von uns, der nicht am selben Strang zieht, ist Kelar! Außerdem habe ich immer mehr das Gefühl, dass er aus Prinzip gegen alles ist, was wir sagen, so eine kleinkindliche Trotzphase, wenn wir A sagen, sagt er garantiert B, dann wird nicht darüber beraten, nein, dann wird der Rat aufgelöst und einfach das gemacht, was er sagt! Das ist doch… das ist doch… mir fehlen die Worte!“ „Das entwickelt sich in eine sehr falsche, üble Richtung,“ bemerkte Minar Emo ebenfalls beunruhigt, „Was hat er vor, Salihah? Das endet nicht nur in einer Diktatur, das endet in einer Katastrophe.“ „Als nächstes ist der Senat dran, ich wette,“ machte Nomboh. Salihah seufzte. „Wette gewonnen, natürlich ist der Senat dran. Die alten Männer haben keine Ahnung. Ich weiß noch nicht genau, wie er es macht, aber irgendwie hintergeht er die Senatoren jetzt schon, tut vor ihnen so, als würde er sich freiwillig fügen und alles befürworten, was sie tun, und hinter ihrem Rücken macht er dann sein eigenes Ding. Im Volk ist es unruhig, die Menschen sind nicht zufrieden, selbst die dümmsten Bauern merken, dass die Verwaltung chaotisch ist und kein System mehr hat, dass alle gegeneinander arbeiten und die Menschen darunter leiden müssen.“ „Ich habe auch so einiges gehört in den letzten Monden in Yiara,“ bemerkte Hakopa Kohdar dumpf, „Ich weiß nicht, ob Kelar die Leute gegen die Senatoren und Nichtmagier aufhetzt oder ob sie es von selbst tun, jedenfalls höre ich viele böse Worte gegen den Senat. Da fallen Sprüche wie ‚Dokahsan ist das Reich der Magier gewesen, die Menschen haben kein Recht, es uns zu nehmen und uns in ihre dumme Politik einzugliedern, wir haben nicht entschieden, in das Land Kisara eingegliedert zu werden, die Menschen sollen verschwinden und uns in Ruhe lassen…‘ und so fort.“ „Es sind alles die Bastarde aus Anthurien Schuld,“ murrte Zoras Chimalis, „Die uns angegriffen haben und versucht haben, uns aus Dokahsan zu vertreiben, da war es genau andersrum, da hieß es ‚Verjagt die Magier, sie sind uns gruselig, Kisara ist ein Reich der Menschen!‘ . Vor diesem Krieg gab es überhaupt kein Problem hier und wir und die Nichtmagier konnten friedlich nebeneinander leben, aber jetzt denken die Narren hier, alle Menschen wären darauf aus, Dokahsan Magierfrei zu machen, das ist wahrlich ein Problem.“ „Die Senatoren und Gouverneure von Anthurien haben auch ihr eigenes Süppchen gekocht damals,“ seufzte Minar Emo, der als Ältester der Geisterjäger am meisten mitbekommen hatte von den Kriegen, „Das war nicht Schuld oder Sache des Königs oder Viallas, das waren allein die Leute aus Anthurien. Der Spinner, der da ganz oben gesessen hat damals, muss auch etwa so ein merkwürdiger typ gewesen sein wie Kelar.“ „Das ist beunruhigend,“ murmelte Nomboh, „Unser Herr der Geister mutiert zu einem Diktatoren von Anthurien.“ „Was ist eigentlich mit Tabari?“ wechselte Hakopa Kohdar dann unverblümt das Thema, „Wird der nicht auch Geisterjäger? Oder ist er noch nicht soweit?“ „Er wird siebzehn,“ meinte Salihah, „Nein, er ist noch lange nicht bereit für die Prüfung. Erstaunlicherweise hat er sich ganz gut gemacht, obwohl sein Vater kein offizieller Lehrer ist. Das liegt sicher weniger an Kelar als daran, dass Tabari eben einen gesunden Menschenverstand hat. Er ist ein Mensch des Geistes, er versteht es von Natur aus, mit den geistern eins zu sein und die Natur zu verstehen. Bei seinem Vater bin ich mir inzwischen nicht mehr so sicher.“ „Tabari ist letzten Endes ja auch dein Sohn,“ seufzte Zoras Chimalis, „Wie könnte ein Sohn von dir ein schlechter Magier sein?“ „Auf jeden Fall müssen wir verhindern, dass Kelar den Senat umwirft,“ meinte Hakopa Kohdar ernst, „Wenn er das schafft, ist er quasi tatsächlich Alleinherrscher über ganz Dokahsan und wir alle wissen, was dann passiert, das wäre ein Graus!“ „Ich werde tun, was ich kann,“ meinte Salihah dumpf, „Er redet nicht mehr mit mir in letzter Zeit, er vertraut mir nicht.“ Nomboh seufzte. „Hat er das je getan?“ Im Wintermond des Jahres machten die Mondgeister Nalani zur Frau. Es waren einige Jahre vergangen, seit sie zu den Lyras gekommen war. Das Vergießen ihres Mondblutes war eine wichtige Sache, denn dass sie jetzt eine Frau war, bedeutete, dass Tabari und sie endlich heiraten konnten. Am begeistertsten war davon Kelar, die Freude der anderen hielt sich in Grenzen. „Muss das jetzt sein?“ fragte Tabari an dem Morgen, an dem seine Mutter in die Küche zum Frühstück kam und verkündete, was geschehen war. „Ich hoffe, ihr wartet mit dem Blutritual, bis sie ihre Blutzeit beendet hat, sonst ist das echt widerlich.“ „Wenigstens rutscht es dann,“ schnaubte sein Vater, während Salihah sich räusperte, „Sei nicht so undankbar. Es wurde Zeit, dass sie endlich ihre Mundblutung bekommt! Wir verbinden eure Hochzeit mit dem Öffnungsritual, das du ihr geben wirst! Und wenn du dich anstrengst, zeugst du dabei auch gleich den Erben für den Clan, dann schlagen wir drei Fliegen mit einer Klappe!“ Tabari errötete und wagte nicht zu widersprechen. Aber so wirklich aufregend fand er den Gedanken nicht, das störrische Mädchen zu schwängern, das ihn sowieso hasste. Nalani sah ihn nicht mal mit dem Rücken an und wenn sie tatsächlich einmal miteinander sprachen, dann waren es böse, giftige Worte – nicht nur von ihr, musste er zugeben, er war auch nicht besonders nett gewesen. Und wenn er etwas wusste, das absolut nicht erregend war, dann der Gedanke daran, mit ausgerechnet diesem bockigen, beschämenden Mädchen das Bett zu teilen. Aber was sollte er machen… sie war seine Verlobte, er hatte ja keine Wahl. Öfter als nötig würde er es jedenfalls nicht tun, am besten nur so lange, bis sie einen Sohn geboren hatte, dann war sein Vater stolz und zufrieden und er brauchte nicht mehr zu arbeiten. „Muss ich auch so ein Ritual machen?“ fragte Kiuk verlegen, und seine Mutter lachte. „Natürlich musst du das, alle Schamanen bekommen so ein Blutritual. In früheren Zeiten gab es das nur bei jungen Mädchen, irgendwann haben sie es auch bei Jungen eingeführt. Damals hieß es, man sollte die Jungen für ihr erstes Mal zu einer erfahrenen Frau schicken, damit die ihnen beibrachte, wie man es richtig macht. Sowas war schließlich wichtig, um Nachkommen zu zeugen, um die Menschheit zu vergrößern.“ Kiuk errötete. „Aber das ist alles so peinlich, Mutter.“ „Kann Kiuk nicht mit Nalani das Ritual machen?“ fragte Tabari blinzelnd, „Dann bekommen sie es gleichzeitig und wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe!“ Er fand seine Idee gut… Sein Vater nicht so. „Du spinnst wohl, damit sie nachher von deinem dummen, unfähigen Bruder schwanger wird?! Außerdem ist er noch ein Junge, sie darf das Ritual nur von einem erwachsenen Mann bekommen, du Dummkopf! Du hörst wohl nie zu!“ Tabari wurde noch röter und räusperte sich sichtlich beschämt über Vaters harten Tadel. Er hasste es, von Vater getadelt zu werden… das war verletzend, er wollte ihn doch stolz machen und nicht ärgern… „Dein Vater hat recht,“ stimmte seine Mutter ihrem Mann zur Abwechslung mal zu, „Das wird wohl an dir bleiben, Tabari. Da du sowieso ihr Mann sein wirst, ist es das Logischste, das wir tun können. Ich würde mir wünschen, dass du nach oben zu ihr gehst und mit ihr sprichst. Ihr werdet bald heiraten und du hast dich nicht mal bemüht, dich um sie zu kümmern.“ „Sie kümmert sich ja auch nicht um mich,“ brummte Tabari, „Es kann nicht jede Zwangshochzeit so laufen wie bei euch, die ihr euch freiwillig mochtet.“ „Du wirst als Mann für sie verantwortlich sein und dafür, dass sie es gut hat,“ sagte seine Mutter streng, „Bislang war ich für sie da, habe sie erzogen und mich gekümmert als Schwiegermutter, in ein paar Tagen wird meine Aufgabe beendet sein, Tabari. Gewöhne dich an den Gedanken, sie an deiner Seite zu haben, es ist der Wille der Mächte der Schöpfung.“ Tabari erhob sich rasch und schnaubte nur, bevor er den Raum verließ, nicht ohne vorher die Nase hochzuwerfen. Kiuk verdrehte nur die Augen, Salihah sagte nichts und Kelar brummte. „Mir egal, ob die sich mögen, Hauptsache, es gibt viele Söhne, und zwar bald.“ „Nun mal langsam,“ mahnte seine Frau ihn, „Wir müssen die Hochzeitszeremonie und das Ritual vorbereiten, also hör auf zu reden und komm in die Hufe.“ Nalani war unglücklich. Sie wollte keine Frau werden und schon gar nicht Tabaris. Sie hatte Angst vor dem Ritual, das ihr bevorstand, Angst vor dem Zerreißen, wenn sie das erste Mal von einem Mann berührt werden würde. Die Geister würden sie sicher mit Schmerzen strafen. Sie hatte vor einigen Monden, als sie geahnt hatte, dass es bald soweit sein würde, versucht, die Mondgeister zu verfluchen, ihren Körper nie zu dem einer Frau werden zu lassen. Und sie hatten nicht auf sie gehört, das machte sie wütend und unglücklich. Sie stand in ihrem Zimmer vor dem Spiegel und betrachtete verärgert ihren nackten Körper. Sie hatte Brüste, verdammt. Sie wollte keine Brüste, sie wollte keine Mondblutung, sie wollte kein Ritual, sie wollte keinen Mann! Aber was sollte sie dagegen tun? Das Blutritual war seit Ewigkeiten Tradition unter den Schamanen, es zu verweigern beleidigte sämtliche Geister. Sie würden sie hart bestrafen, würde sie es wagen, wegzurennen, sich zu verstecken oder sonst wie das Ritual verweigern. Es klopfte an der Tür und sie schrak hoch, als sie plötzlich Tabaris Stimme hörte. „Äh, Nalani? Können wir mal reden?“ „Komm nicht rein!“ fauchte sie, und er blinzelte draußen, blieb aber, wo er war, während sie sich rasch anzog und dann grimmig die Tür öffnete. Er sah sie verdutzt an. „Was willst du?“ fragte sie kaltherzig, und er fragte sich erneut, wie er ihr ein Ritual bescheren sollte. Er räusperte sich sichtlich verwirrt. „Wir werden in ein paar Tagen heiraten,“ sagte er dann diplomatisch und zwang sich, kalt zu sprechen, „Du solltest nicht so kaltherzig zu mir sein, Nalani.“ „Du bist es doch auch,“ machte sie schnippisch. Darauf schien ihm nichts mehr einzufallen, er sagte jedenfalls lange nichts. „Nun, ich denke… mögen werden wir uns vielleicht nie, Nalani, du hasst mich und mir bist du egal-…“ fing er dann an, und sie starrte ihn an. Wenn sie ihn vorher gehasst hatte, hasste sie ihn jetzt erst recht. Sie war ihm egal? Und das sagte er ihr einfach ins Gesicht? Na toll, was für ein Charmeur. Ihr Gesicht verfinsterte sich deutlich und Tabari fragte sich beunruhigt, ob er jetzt etwas völlig falsches getan hatte – er sprach doch die Wahrheit und wollte sie nicht anlügen… das gehörte sich schließlich nicht. „Also…“ machte er irritiert weiter, von ihrem bösen Blick völlig aus der Bahn geworfen, „Ich, ähm… meine… wir sollten uns wenigstens… also, äh, normal miteinander reden können ohne uns mit Blicken zu töten. Denkst du nicht? Ich kann nichts dafür, das wir heiraten, das war nicht meine Wahl. Wir sollten aufgrund unserer Lage kooperieren, Nalani.“ „Kooperieren?“ zischte sie, „Ich werde deine Frau und du redest mit mir wie mit einem Militär! Ich bin nicht dein General, Tabari!“ „Entschuldige, wenn dir ein besseres Wort für kooperieren einfällt, bereichere mich, Gnädigste!“ schnaubte er jetzt auch erzürnt. Wie konnte man so dermaßen unkooperativ sein? Sein Vater hatte ihn gelehrt, dass man manchmal auch mit dem Feind – Tabari nannte es lieber Leuten, die man nicht mochte – kooperieren musste, wenn man den Frieden erhalten wollte. „Dein Ton gefällt mir nicht,“ gab sie kalt zu hören, er schnaubte und es reizte ihn allmählich, ihr eine saftige Ohrfeige zu geben für ihre Frechheit. Wie konnte sie es wagen, so mit ihm zu sprechen? Er war diesen Ton höchstens von seiner Mutter gewohnt, aber die war ja auch seine Mutter und obwohl sie eine Frau war eine Respektsperson in seinen Augen, die sich anmaßen durfte, ihre Kinder zu tadeln. Aber Nalani war noch nicht mal vor dem Gesetz eine Frau. Er beherrschte seine Hände zum Glück und atmete verärgert ein und aus. „Du machst es dir selbst sehr schwer mit deinem Verhalten,“ sagte er zornig, „Was hat meine Mutter aus dir gemacht? Eine undankbare, aufmüpfige Wachtel, wie mein Vater dich gerne nennt, und ich denke, er hat recht!“ Nalani keuchte. Jetzt platzte ihr langsam der Kragen. Was bildete der sich ein? „Undankbar?!“ schrie sie ihn wutentbrannt an, „Soll ich dem Riesenarschloch von deinem Vater etwa auch noch dankbar dafür sein, dass er verdammt noch mal meine Eltern ermordet hat?!“ Sie schrak unmittelbar nachdem sie es ausgesprochen hatte zurück und fragte sich, was über sie gekommen war. Das hätte sie nicht sagen dürfen… auf gar keinen Fall hätte sie es sagen dürfen! Wenn Kelar erfuhr, dass sie es wusste, würde er sie töten… Sie hatte Tabaris Loyalität vergessen. Jetzt rutschte ihm tatsächlich die Hand aus und er schlug ihre Wange, dass es laut knallte. Nalani schnappte nach Luft und sah ihn verbittert an, während er wütend auf sie herab starrte. „Dich haben wohl alle guten Geister verlassen!“ bellte er sie an, „Wie kannst du… wie kannst du es wagen, so etwas auch nur zu denken?! Was maßt du dir an, so eine… so eine grausame Lüge zu erzählen, du Miststück! Du bist es, die an allem Schuld ist, du entzweist die Familie, wahrscheinlich hast du meiner Mutter auch schon diesen Mist erzählt und deswegen sind sie und Vater jetzt so kalt zueinander! Und seit du da bist wird selbst mein Bruder frech! Du… du bist eine Zerstörerin, ein bösartiger Todesgeist, der Schatten über meine Familie bringt!“ „Das ist nicht wahr!“ rief sie, „Ich lüge nicht, ich habe es selbst gesehen!“ Zumindest was ihre Mutter anging. „Und sie lügt einfach weiter, die Dämonenbraut!“ zischte er aufgebracht und trat zurück, worauf sie keuchte. Würde er es jetzt seinem Vater erzählen? Das war nicht gut. Aber seine Worte verletzten und verwirrten sie, deshalb konnte sie nichts entgegnen, so blieb sie zitternd stehen, als er sich umdrehte und davon stampfte. Sie senkte langsam den Kopf und murmelte noch, bevor er ging: „Du siehst durch einen rosa Nebel, Tabari, der dir alles schön zu reden versucht… aber die Welt hinter dem Nebel ist manchmal grausam und widerwärtig.“ Tabari entschied sich dagegen, einem Vater direkt zu sagen, was Nalani ihm unterstellte. Es war eine Frechheit, die das Mädchen sich herausnahm, und er würde seinen Vater nicht entehren, es war einfach zu beschämend. Wie konnte sie so etwas Furchtbares behaupten? Das hatte sie sich nur ausgedacht, weil sie seinen Vater so hasste, weil der sie aus ihrer Familie geholt hatte. Er dachte an Nalanis Worte. „Du siehst durch einen rosa Nebel…“ Sie lügt, entschied er grimmig, SIE sieht durch einen schwarzen Nebel voller Hass und Schatten, das ist es! „Die neue Frau entehrt dich und erzählt Lügen!“ petzte er seinem Vater entrüstet, „Sie ist ein Unglücksbringer, ich kann sie nicht heiraten! D-das würde alle Geister der Ahnen entehren! Es wird den Lyra-Clan in den Untergang jagen, Vater!“ Kelar Lyra sah seinen Sohn missgelaunt an. Dass er wegen der Hochzeit so ein Theater machte, nervte den Herrn der Geister extrem. Er sollte die blöde Wachtel einfach schwängern und basta. Aber jetzt wurde er plötzlich aufmerksam… Untergang des Lyra-Clans? Das hatte er schon einmal gehört nach Ende des Krieges. „Das Ende des Krieges wird dir Macht und Ehrfurcht des Volkes bringen… aber es wird… Hand in Hand gehen mit dem Fall des Clans.“ Wenn Salihah doch recht gehabt hatte und das Mädchen der Schlüssel war? Wenn sie wirklich Unglück brachte, wäre es tatsächlich verhängnisvoll, sie Tabari zur Frau zu geben – vielleicht würden ihre Söhne missgebildete Krüppel werden, unfähig zu herrschen! Andererseits hätten die Geister ihn dann gewarnt. Er war der Herr der Geister, sie würden ihm so etwas nicht verschweigen, das würden sie nicht wagen. Selbst die Geister zitterten vor seiner Macht, er wusste es genau… die Senatoren waren so gut wie erledigt, bald würde er die Kontrolle über Dokahsan haben. Verdammt, selbst wenn Nalani ein Dämonenkind wäre, ein Unglücksbringer, er würde sie schon erledigen, wenn sich das herausstellte. Sie war eine Tochter von mächtigen Magiern, in ihren Adern floss das beste Blut, das er sich wünschen konnte für Tabari und dessen Söhne. Wenn es Krüppelkinder wären, könnte er sie immer noch von der Klippe werfen, Nalani gleich mit und Tabari eine neue Frau suchen. Was war eigentlich mit Zoras Chimalis‘ Tochter Enola…? Nein. Definitiv nicht. Er würde niemals Kinder von Zoras Chimalis mit seinen verheiraten. Und nicht nur deshalb, weil er den Chimalis-Clan ohnehin nicht mochte, weil sie die stärkste Konkurrenz zu seiner eigenen Familie waren, gegen den Clanführer Zoras hatte er eine persönliche Abneigung. Er dachte verärgert an seine Frau. Was dachte sie eigentlich, wie dumm und blind er war? Sein Kollege und seine Frau sprachen zu vertraut miteinander, sahen sich zu lange an… Basta, er würde Nalani zu Tabaris Frau machen, egal, wer was dagegen hatte. Das sagte er seinem Sohn, und Tabari seufzte resigniert. Er würde nicht wagen, seinem Vater zu widersprechen, außerdem schien er zornig zu sein. „Was machen wir, wenn es doch stimmt, Vater?“ fragte er kleinlaut, und Kelar Lyra lachte grantig. „Na, da wirst du ja wohl mit ihr fertig werden, du bist mein Sohn, der zukünftige Herr von Lyrien! Von dir erwarte ich natürlich, mit einer blöden Frau fertig zu werden… du wirst mich nicht enttäuschen, keine Sorge.“ Das war keine Prophezeiung, das war eine Drohung, die Tabari sehr gut verstand. „Und wenn nicht, reiße ich dich in Stücke…“ sagten die Augen seines Vaters dazu, und der Blonde schluckte ratlos. Er hoffte inständig, die Hochzeit und das Blutritual zu überleben… Nalani würde ihn töten, da war er sicher. In etwa mit denselben Gedanken trat der arme Kerl dann einige Tage später die Hochzeitszeremonie an. Normalerweise kamen enge Verwandte oder Freunde zu so einem Anlass, doch weil Kelar Lyra keine Lust auf Leute in seinem Schloss hatte, hielten sie es im kleinstmöglichen Kreis, es kam niemand. In Städten gab es extra einen Menschen, der dafür zuständig war, Paare zu trauen, in Dörfern verheiratete stets das Dorfoberhaupt. Bei den Lyras verheiratete Kelar, denn er war das Clanoberhaupt und außerdem der Herr von Lyrien. Die Diener hatten das Schloss fein herausgeputzt und auch jedes Familienmitglied zog sein prächtigstes Gewand an. Nalani als Braut wurde besonders hübsch zurecht gemacht, obwohl Kelar das egal gewesen war, aber Salihah hatte darauf bestanden, dass man der Braut die Ehre der Schönheit erwies. Wobei dazu nicht viel Mühe nötig war, Nalani war eine sehr schöne junge Frau. Sie hatte ein gut proportioniertes Gesicht und einen schlanken, aber nicht dürren Körper. „Nach der Zeremonie wirst du die Erfahrung des Öffnungsrituals bekommen,“ sagte Salihah zu Nalani, während sie im Ankleidezimmer der Schlossherrin standen und die Dienerinnen die Braut für die Hochzeit zurecht machten. Nalani sah konfus an sich herunter. Ihre Haut war mit rituellen Mustern bemalt worden und sie glänzte von der öligen Farbe wie ein neugeborenes Baby. Der Stoff, den sie trug, war sicher überaus edel und wertvoll, das Gewand war gut gearbeitet und angenehm zu tragen. Eine Dienerin zupfte eifrig an dem Kleid, eine andere machte Nalanis lange, schwarze Haare zu einer aufwendigen Hochsteckfrisur. „Warum werde ich so fein herausgeputzt, wenn sich der heutige Tag nur darum dreht, dass Tabari mich gleich wieder auszieht?“ fragte sie, und Salihah lächelte leicht. „Ja, deswegen ist es verhältnismäßig schlicht für ein Brautkostüm. Das Ausziehen würde ja länger dauern als das Ritual, wenn ich da an mein Kleid damals denke…“ Nalani zog eine Braue hoch. Das war schlicht? Na gut… „Hattest du dein Ritual auch bei der Hochzeit, Salihah?“ fragte sie dann dumpf, und Salihah schüttelte den Kopf. „Ich war jünger als du, als ich mein erstes Mondblut bekam, Kelars Mutter hielt mich noch nicht für fähig, Kinder zu empfangen oder gar zu gebären, deshalb haben wir erst später geheiratet. Die Männer sagen gerne, dass es die größte Aufgabe einer Frau ist, sobald sie geheiratet hat, schwanger zu werden und Kinder zu erziehen.“ „Die Männer sagen das? Dann teilst du diese Ansicht nicht?“ murmelte die Braut und sah der Dienerin konfus zu, wie sie weiter an dem Gewand herum tüdelte. Es war ein dünner Stoff und sie spürte, dass sie langsam fror. Hoffentlich dauerte die Zeremonie nicht so lange und sie konnte sich bald etwas Wärmeres anziehen; es war immer noch Winter. „Sehe ich so aus, als würde ich mich seit meiner Hochzeit nur mit dem Erziehen von Kindern befassen?“ fragte die schwarzhaarige Frau erstaunt, „Oh nein, Nalani… und du wirst bestimmt erfahren, dass die Frau für ihren Mann sehr viel mehr ist als nur eine Gebärmaschine. Die Männer sind ohne Frauen aufgeschmissen, und nicht nur, weil sie ihnen ihre großartigen Erben gebären… so, sie ist jetzt fertig, danke, ihr beiden.“ Das letzte galt den Dienerinnen, die sich tief verneigten und dann aus dem Raum eilten. Nalani sah an sich herunter und die Frau vor ihr betrachtete sie auch eine Weile lächelnd. „Du siehst wunderschön aus.“ Nalani seufzte leise und drehte den Kopf zur Seite. „Alles hat seinen Nutzen bei euch, denke ich immer,“ murmelte sie, „Man heiratet, weil es nützlich ist, alles tut man oder lässt man, weil es einen oder keinen Nutzen hat. Ihr denkt alle so pragmatisch, gibt es eigentlich so etwas wie… Gefühle bei euch?“ Die Schwiegermutter in spe sah sie kurz an, bevor sie den Kopf etwas senkte und bitter lächelte. „Würde ich nach Gefühlen entscheiden, Nalani, würde ich dieses Land mit meinen eigenen Händen ins Chaos stürzen… und das wäre sehr viel grausamer als das, was Kelar momentan so tut.“ Das Mädchen erwiderte nichts. Sie stellte nur bedrückt fest, dass egal, wie viel Salihah ihr schon von sich erzählt und ihr beigebracht haben mochte, sie die Frau noch immer kaum mehr kannte als am ersten Tag. Es dämmerte, als sie mit der Zeremonie begannen. Im Winter dämmerte es früh. Die Sonne schickte ihre letzten, kaum wärmenden Strahlen durch das Fenster der fein hergerichteten Stube und erhellte den Raum dadurch spärlich, in dem ansonsten nur diverse Kerzen angezündet worden waren. Kelar Lyra stand imposant vor der uralten Kommode mit dem wahren Blick eines Herrschers, der über Leben und Tod bestimmen konnte, vor ihm standen Tabari und Nalani, einander gegenüber, sich irgendwie ansehend und auch nicht ansehend. Tabari war ein Stück größer als seine Verlobte und konnte so getrost über sie hinweg sehen; er würde ihr sicher nicht in die Augen sehen, damit sie ihm nachher mit ihrem Mörderblick die Seele aus dem Leib saugte. Nalani ihrerseits wollte sein verblendetes Gesicht hinter dem rosa Nebel auch nicht sehen. An der Seite und halb vom Schatten des dunklen Raumes verborgen standen Salihah und Kiuk. „Wir versammeln uns heute hier im Angesicht der Geister, vor den Augen Vater Himmels und Mutter Erdes, um die Vereinigung des Fleisches und des Blutes zweier Menschen zu vollziehen!“ begann Kelar Lyra mit dunkler, bedrohlicher Stimme seine Rede, und die Anwesenden erschauderten. Seine Stimme war zum Fürchten, wenn er es darauf anlegte. „Die Himmelsgeister sollen meine Worte hören, wenn ich sage, dass Tabari und Nalani ab heute Mann und Frau sein werden. – Bist du bereit, Tabari, die Verantwortung für diese Frau Nalani zu übernehmen und für sie zu sorgen?“ Tabari sah zu seinem Vater und fragte sich, ob das eine ernst gemeinte Frage war. Vermutlich nicht. „Ja, Vater,“ sagte er deshalb kühl. Nalani überlegte sich noch, ob ihr etwas richtig Freches zum Antworten einfallen würde, aber da wurde sie auch schon gefragt: „Sprich, Frau! Bist du bereit, diesen Mann Tabari als deinen Mann anzusehen, ihm treu zu sein ihn zu ehren nach dem Willen der Himmelsgeister?“ Nalani hütete sich, ihm ins Gesicht zu sagen, dass es so ziemlich das Demütigendste war ihr gegenüber, dass er sie zu Gehorsam und Ehrerbietung zwang aber von Tabari mit keinem Wort verlangte, sie zu ehren – denn normalerweise wurde der Mann auch gefragt, ob er seine Frau ehren würde, da war sie sich sehr sicher. Die Tatsache, so abgestempelt zu werden, machte sie so wütend, dass sie zu zittern begann. Sie blickte hinauf in Kelars Gesicht und lange starrten sie einander feindselig an. Sie wusste genau, dass er nur darauf wartete, dass sie widersprach, dass sie sich aufregte und sich widersetzte, und vermutlich freute er sich schon diebisch darauf, irgendein Ass aus seinem Ärmel ziehen zu können, würde sie es wagen, Nein zu sagen. Den Gefallen würde sie ihm sicher nicht tun. Oh nein… sie würde die Frau seines verblendeten Sohnes werden und sowohl ihn als auch seinen Vater den Rest ihres Lebens lang bereuen lassen, sie zu dem gemacht zu haben, was sie jetzt war. Nalani hob ihr stolzes Gesicht und Kelar ließ sich nichts anmerken, als ihn ihr kalter Blick traf. „Ja,“ sagte sie dann, „Das bin ich.“ Die Hälfte der anderen war von ihrer prompten Einwilligung überrascht, und zwar die deutlich jüngere Hälfte. Tabari hatte erwartet, sie würde ihn jetzt ermorden oder etwas anderes Schlimmes vorhaben und Kiuk hatte gedacht, sie würde wenigstens versuchen, Widerstand zu leisten, wie es doch sonst ihre Art war. Salihah und Kelar hatten nicht daran gezweifelt, dass die Hochzeit stattfinden würde. Dass alles danach reibungslos laufen würde, hatte niemand behauptet. „Dann vereine ich euch beide hier im Angesicht der Geister zu Mann und Frau,“ schloss Kelar Lyra seine Rede und in seiner Stimme schwang mehr Drohung als Feierlichkeit mit, und zu Tabaris Entsetzen galt der Blick nicht nur Nalani, sondern auch ihm selbst. „Mach mir keine Schande und erfüll deine Pflicht!“ sagte der Blick seines Vaters, und Tabari gab ein Keuchen von sich und nahm hastig Nalanis Hand in seine als Zeichen der Vereinigung. Sie wehrte sich nicht, erwiderte seinen Griff aber auch nicht und stand still neben ihm, als sich beide zu Kelar umdrehten. „Und die Geister sind Zeugen dieser Vereinigung,“ belehrte der Herr der Geister die zwei finster, „Ehrt sie… und ihr werdet Glück und Ehre finden.“ Nalani bezweifelte das. Aber wenn Kelar von den Geistern sprach, meinte er sowieso sich selbst oder zumindest seinen Clan. Behauptete dieser wahnsinnige Mann vor ihr tatsächlich, sich mit den Geistern vergleichen zu können? In diesem Moment spürte sie zum ersten Mal den Schatten, der sich langsam über dem ganzen Land verbreitete. Ein bösartiger Schatten, der vom Machthunger dieses einen Mannes ausging, der sich selbst für einen Gott hielt, unsterblich und unbezwingbar. Sie hörte in dem Moment, in dem sie da stand und in dem Tabari ihre Hand hielt, eine Stimme der Vergangenheit in ihrem Kopf, die zu ihr sprach: „Seine Macht und sein Wahnsinn werden… Hand in Hand gehen mit dem Fall des Clans.“ Nach der sehr kurzen Zeremonie wurden die beiden getrennt, damit alle Vorbereitungen für das so wichtige Ritual im Anschluss getroffen werden konnten. Salihah brachte die Braut in das dafür hergerichtete Zimmer oben im Schlossturm, abgeschieden von den anderen Räumen. Sie waren hoch oben; aber je höher, desto besser, denn desto näher war man den heiligen Geistern, die für das Wohlergehen der neuen Frau und für ihre zukünftige Fruchtbarkeit sorgen sollten. In dem Raum war es düster bis auf das Licht einer einzigen kleinen Schale, in der Fett brannte. Obwohl es Winter war und es im Turm meistens zugig war, war der Raum warm. Es roch merkwürdig, aber angenehm nach einer Mischung aus dem brennenden Fett und verschiedenen Kräutern. Nalani erschauderte kurz, als sie mit ihrer Schwiegermutter in dem Zimmer stand, und die ältere Frau legte ihr die Hände auf die Schultern. „Du musst dich nicht fürchten, Nalani. Es ist weniger körperlich als du denkst, es ist eine Sache des Geistes, das Blutritual; dummerweise wird heutzutage die rituelle Bedeutung nicht mehr mit demselben Respekt betrachtet wie früher, zu den Zeiten vor den Städten, als die Menschen noch in Stämmen lebten. Trotzdem muss das Blutritual keine niveaulose Orgie sein.“ Nalani schauderte. „Wäre es eine rein körperliche Sache, hätte ich weniger Angst…“ murmelte sie beklommen, „Um körperliche Dinge muss… ich mir keine Gedanken machen.“ Salihah sah sie eine Weile stumm an und nickte dann verständnisvoll. Sie ließ sie los und kehrte zurück zur Tür. „Du wartest hier. Die Blutgeister werden dich auf diesem Schlaflager zur neuen Frau machen, Nalani. Und du… musst dir keine Gedanken machen.“ Dann neigte sie höflich den Kopf und ging, die Tür hinter sich schließend. Nalani fröstelte, obwohl ihr nicht wirklich kalt war, als sie sich auf das ordentlich hergerichtete Schlaflager niederließ, das eigentlich nur aus einer großen Matratze und vielen Tüchern bestand. Ja, sie verehrte die Geister und sie würde sie nicht beschämen, indem sie das Ritual verweigerte; würde sie das tun, würde sie nie eine Frau sein und war aber auch kein Mädchen mehr, dann war sie ein Nichts… ein Nichts, das es nicht würdig war, die Himmelsgeister zu befehligen. „Du bist Schwarzmagierin. Eines Tages wirst du wie Tabari die Lehre der Schwarzmagie bekommen,“ hatte Salihah einst zu ihr gesagt, es schien ihr ewig her zu sein… „Ich sehe in dir großes Potential…“ Du hast eine mächtige Sehensgabe… du kannst eines Tages ebenso Geisterjäger sein wie dein Mann, Nalani… und wie dein Vater. „Vater…“ wisperte sie und senkte weit den Kopf, während sie erneut erschauderte bei dem Gedanken an das Kommende. Ihr war schwindelig vor Unbehagen. „Vater, sei stolz auf deine tapfere Tochter… sie fürchtet weder Tod noch Schatten. Und dieses Mädchen, deine tapfere Tochter, wird die Blindheit ihres neuen Mannes nicht in ihren Geist dringen lassen.“ Sie hatte die Schritte nicht gehört und schrak deshalb gehörig zusammen, als die Tür plötzlich aufging und bei dem Windzug das Feuer in der Schale flackerte. Als Nalani hochsah, stand Tabari vor ihr. Er hatte sich umgezogen und jetzt war seine Haut genau wie ihre eingeölt und bemalt mit Mustern, die die Geister sanftmütig stimmen sollten. In seinen Händen war ein großer Becher aus Ton, den er ihr hinhielt. „Die neue Frau muss das rituelle Geistergetränk trinken,“ sagte er zu ihr, und sie nahm erstaunt das seltsame Gefäß an sich. Seine Stimme klang fremd und belegt, als wäre er in einem Trancezustand und nicht richtig anwesend. Nalani erinnerte sich an Salihahs Worte… es war eine Sache des Geistes. Dazu musste er mit den Geistern sprechen und sie bitten, die neue Frau zu öffnen und zu einer richtigen Frau zu machen. Sie hob das Getränk an ihre Lippen und verzog das Gesicht. Es roch unangenehm nach Blut gemischt mit dem Saft aus gegorenen Beeren. Widerwillig trank sie von dem Gebräu und schüttelte sich darauf unwillkürlich beim grauenhaften Geschmack. Sie gab Tabari den Becher zurück und als hätte er seit Wochen kein Wasser gesehen nahm er selbst noch einen kräftigen Schluck, ehe er den Becher zu Boden stellte und sich ebenfalls schüttelte. Dafür, dass es eklig schmeckte, war er ganz schön gierig, stellte sie benommen fest, als das Getränk ihr langsam zu Kopf stieg und eine eigenartige, abartige Wärme durch ihren Körper zu fließen begann. Es war fast, als hätte das Gebräu ihr Blut erwärmt und sie rutschte keuchend vor Tabari rückwärts, weiter nach hinten auf das Schlaflager, als er sich zu ihr hockte, bis er direkt vor ihr kniete. „Wie können die Geister einer Vereinigung zwischen uns zustimmen, wenn ich doch so ein Unglücksbringer bin?“ fragte sie ihn dumpf, und er schnaubte kurz. „Bin ich etwa ein Geist? Ich weiß nicht, was die Geister sich dabei denken.“ „Sollst du nicht Geisterjäger werden?“ machte sie und blieb vor ihm sitzen, obwohl ihr leicht schwindelig wurde. Das Gebräu war wirklich widerlich gewesen… die Wärme im Raum schien zuzunehmen und die Luft dichter zu werden. „Dann solltest du den Willen der Geister doch verstehen… dachte ich.“ „Spotte nicht über mich, Frau,“ tadelte er sie, „Das, was zwischen uns geschehen wird, ist keine Sache zwischen dir und mir. Ich werde mich nur im Körper mit dir vereinigen, mein Geist wird so lange eine Reise machen, damit die Blutgeister durch meinen Körper deinen berühren und dich zur Frau machen können.“ „Das weiß ich,“ behauptete sie dumpf und atmete unregelmäßig ein und aus wegen der stickigen Luft, als er die Hände hob und nach dem seltsamen Hochzeitsgewand griff, das sie noch trug. Nalani war erstaunt darüber, wie einfach und schnell es zu öffnen war, wo die Dienerinnen so ewig gebraucht hatten, um es ihr anzuziehen. Jedenfalls glitt es ihr nach wenigen Handgriffen von ihm von den Schultern und an ihrem Körper hinab auf die Matratze. Unter dem Gewand war sie nackt. Im ersten Moment war es kalt, als sie so vor ihm saß, aber die Kälte verflog, als sie ihn ansah und stutzte bei der Art, mit der er sie plötzlich anstarrte und die sie an ein Beute witterndes Raubtier erinnerte. Sie hatte ja gelehrt bekommen, dass Männer wie Tiere sein konnten, wenn es um Frauen ging, besonders bei Vereinigungen, aber es wirklich zu erleben war etwas anderes, und es jagte ihr einen Schauer über den Rücken und ließ sie leise keuchen. Sie spürte ihren Puls rasen, vermutlich noch eine Wirkung des abscheulichen Getränks, und sie spürte seine Augen über jeden Zoll ihrer nackten Haut gleiten, die Flamme seines seltsamen, fremdartigen Blickes auf ihren kleinen Brüsten, ihren Oberschenkeln… etwas in ihm hatte sich verändert, obwohl sie es nicht benennen konnte, aber sie wusste es, sobald sie ihn ansah und sein Blick wieder hoch in ihr Gesicht fuhr. „Ich wünschte…“ murmelte er heiser und sie erschrak über seine eigenartig belegte Stimme, die noch seltsamer klang als vorher, „Ich müsste das hier nicht tun… aber wir alle müssen uns dem Willen der Geister beugen.“ Ehe sie Zeit bekam, seine Worte zu verstehen, ergriff er plötzlich ihre Handgelenke und drückte sie nieder auf die Matratze, ehe er sich über sie beugte und ihre Lippen mit seinen verschloss. Nalani bekam keine Luft. Sie rührte sich nicht, zitterte aber innerlich mit jeder Faser bei dem seltsamen, fremden und erdrückenden Gefühl des Kusses, den er ihr gab, während sie auf dem Rücken unter ihm lag. Die Laken und Kissen unter ihre waren weich, aber wie er ihre Handgelenke fest umklammerte und sie damit herunterdrückte war dennoch schmerzhaft, so dass ihr ein wimmernder Ton entrann und er sich mit einem heftigen Keuchen von ihr löste. „Du tust mir weh…“ murmelte sie japsend und schnappte nach Luft. Auf ihrem Gesicht wurde es merkwürdig warm, obwohl sie nicht wusste, warum. Tabari ließ ihre Handgelenke los und kniete sich über sie, sah auf sie herab und schnappte auch verzweifelt nach Luft. Der Anblick des nackten Mädchens unter ihm ließ eine grauenhafte, treibende Hitze in ihm wach werden, und es wurde schlimmer, je länger er sie ansah. Er empfand nichts für diese Frau, die jetzt seine Frau war, höchstens fürchtete er sich davor, dass sie Unheil über seine Familie bringen würde. Aber der starke Alkoholgehalt des rituellen Getränkes aus Blut und gegorenem Beerensaft ließ ihn diese Angst plötzlich vergessen… Ob sie Unheil brachte oder nicht, sie war eine Frau und er war ein Mann. „Sprich nicht,“ befahl er ihr dumpf, „Und es wird noch mehr Schmerzen geben, gewöhn dich daran, neue Frau.“ Das war eine Ansage. Nalani atmete heftig ein und aus und ihr schwindelte erneut, obwohl sie bereits lag, als seine Hände begannen, auf sanfte und dennoch energische Weise über ihren eingeölten, nackten Körper zu streichen. Wo er sie berührte, hinterließ er seine Spur aus Feuer, als würde er mit einem seltsamen Zauber ihre Haut in Brand stecken. Man konnte es nicht sehen, aber sie spürte es deutlich, und es wurde schlimmer, als seine Finger über ihre Brüste und danach weiter hinab wanderten, über ihren bebenden Bauch hin zu ihren Hüften. Sie sah ihm flackernd ins Gesicht in dem Moment, als er auch den Kopf hob, und ihre Blicke trafen sich. Tabari erschauderte bei dem Blick in ihren Augen, beim unregelmäßigen, nervösen Zittern ihres nackten Körpers unter sich, dessen bloßer Anblick ihn erregte und das Feuer in seinem Unterkörper schürte. In seinem Kopf pochte es. Verdammt, er hatte einfach zu viel von dem Beerensaft geschluckt, er würde morgen grausame Kopfschmerzen haben, das wusste er schon jetzt. Aber wie sonst hätte er seinen Körper unterwerfen können, um das Schattenmädchen zu wollen wie eine Frau – wie seine Frau, die sie jetzt war? Es war nicht sein erstes Mal, er hatte natürlich auch ein Blutritual gehabt während der einjährigen Reise durch das Land, mit einer Frau, deren Namen er nicht kannte, die sein Vater dafür auserkoren hatte, ihn zum Mann zu machen. Es war keineswegs unangenehm gewesen, aber das hier war anders. Was, wenn er nicht gut genug dafür war, die Blutgeister zu ihr zu bringen? Würden sie ihr dann die Ehre verwehren, eine Frau zu werden? Vielleicht würde sie nie Kinder bekommen… das würde seinen Vater äußerst erzürnen… Er konnte nicht länger über all den nützlichen Kram oder die Zukunft nachdenken, als er wieder hinunter sah auf Nalani, sie heftig atmete, wobei sich ihr Brustkorb hob und senkte und er mit den Augen wachsam das Zittern ihrer Brüste verfolgte. Es musste geschehen, und er musste es tun. Es war der Wille der Geister. Das Pochen in seinem Kopf und das entsetzte Lufteinziehen des Mädchens unter sich ignorierend schob er die Hand zwischen ihre Schenkel, um das weiche, heiße Fleisch seiner Frau zum ersten Mal zu berühren. Sie lehnte den Kopf zurück und stöhnte auf, während auch er kurz erzitterte, als die Anspannung mit der Erregung wuchs. Unter ihm lag nicht das bockige, Unheil bringende Kind, das vor Jahren zu ihnen gekommen war, das seinen Vater einen Mörder schimpfte… Nalani war kein Kind mehr. Sie war eine Frau mit dem Körper einer Frau, und egal, wie sehr sie sich sträuben mochte, ihr Körper entriss sich genauso ihrer Kontrolle wie sein eigener. „Shh… schrei nicht, Nalani… es ist ein Zauber,“ murmelte Tabari und fuhr mit den Augen jede Kurve ihres glänzenden Körpers nach, „Es ist ein Zauber der Geister, der dich zur Frau machen wird.“ „Ich fürchte mich… vor den Geistern…“ keuchte sie atemlos und starrte benebelt zu ihm hinauf, als seine freie Hand über ihre Hüften zu ihrem Oberschenkel rutschte und ihn sanft etwas nach oben zog, damit sie die Beine weiter spreizte. Sie wusste nicht, was sie fühlen sollte. Abscheu, weil sie ihn nicht mochte…? Oder viel mehr, weil ihr eigener Körper ihr nicht mehr gehorchte und reagierte auf die Berührungen, die so seltsam waren. Die Geister herrschten über sie, sie waren mit dem Getränk in ihren Körper eingedrungen und beherrschten ihren Körper, zwangen sie, sich willig zu fügen. Sie keuchte leise und spürte die Hitze im Raum so dicht werden, dass sie glaubte, sie demnächst greifen zu können… bis zu dem Moment, wo er von ihrem Fleisch abließ und sich leicht erhob. Sie sah in verzweifelter Sehnsucht und gleichzeitiger Abneigung gegen ihren eigenen Körper und seinen Ungehorsam in Tabaris Gesicht. Sein Blick war so fern und so eigenartig, das war nicht Tabari, der über ihr lag… es war eine Hülle der Geister, und die Blutgeister starrten aus Tabaris grünen Augen auf die junge Frau herab, während er an seinem eigenen Gewand zu nesteln begann. „Du sollst dich nicht fürchten,“ sagte er, „Du bist ein Mensch des Geistes, ein Schamane. Ein Schamane, der die Geister fürchtet, wäre ja erbärmlich…“ Dann löste er seine Kleidung, sodass sie an seinem auch eingeölten Körper hinab rutschte auf das Lager, und er nahm sie und warf sie zur Seite, damit sie nicht länger im Weg war. Dann beugte er sich wieder über die Frau, und Nalani erschauderte. Wenn sie auch als Kind mal ihren Vater beim Baden nackt gesehen hatte, war dieser nackte Mann vor ihr doch etwas anderes. Unwillkürlich zog sie die Luft ein und versuchte, ihren Blick von ihm loszureißen. Er half ihr in dem Moment dabei, indem er mit dem Finger ihr Kinn hochzog und sie somit zwang, ihm ins Gesicht zu sehen, während er sich zwischen ihre Schenkel legte und sie keuchen hörte. „D-die Geister…“ stammelte sie langsam und sah in seine Augen, die nicht wirklich seine zu sein schienen. Es waren Geisteraugen, Augen des Zaubers, der sie berühren würde. Zitternd hob sie in einer instinktiven Abwehrreaktion die Hände und drückte sie sanft gegen Tabaris Brust. Sie zuckte zusammen und stöhnte, als sie die Hitze seines Mannknochens zwischen ihren Beinen spüren konnte und wie ihr Körper bei der bloßen Berührung in Flammen aufzugehen schien. Als sie schrie, verschloss er abermals ihren Mund mit seinen Lippen und küsste sie heftig. „Nein!“ stöhnte er ebenfalls und erschauderte, als er sie wieder ansah, „Schrei nicht… füge dich dem Willen der Blutgeister, neue Frau.“ Sie keuchte nur entsetzt, während er die Hitze seiner eigenen Erregung kaum noch zu bändigen vermochte, als er sich über ihr bewegte und ihr dann den ersten Schmerz brachte, als er langsam in sie eindrang. Nalani stieß ein kurzes, aber dennoch lautes Schreien aus und erstarrte, und er keuchte ebenfalls beim Gefühl ihres weichen Fleisches. Nalani spürte den Schmerz nicht lange. Um sie herum war nur Hitze, die sie verschlang, und in ihr der Zauber der Geister, der sie berührte, der ihren Körper verbrennen wollte so lange, bis sie wieder schrie und Tabari sie abermals küsste. Als wäre er ein Fels mitten im Meer umklammerte sie plötzlich heftig seinen Nacken und zerrte ihn stöhnend an sich heran, da einzig Menschliche, das sie im Moment finden konnte, umgeben von Geistern, Feuer und der Hitze, die ihren Körper einnahm und sie sich keuchend gegen die Quelle des Feuers bewegen ließ, als würde sie sterben, täte sie es nicht. Sie verfluchte die Geister, sie verfluchte alle Mächte der Schöpfung, die ihren Körper zu Ungehorsam angeleitet hatten, die ihr Fleisch so willig machten und ihrer Seele nicht erlaubten, sich gänzlich zu fügen… sie durfte sich nicht fügen… sie war eine Tochter der Geister, sie würde sie beherrschen und sie zwingen, es enden zu lassen… aber je länger sie daran dachte, je größer die Hitze wurde, desto weniger schändlich erschien es ihr, wie sie sich fügte… sie spürte Tabaris Hitze über sich, in sich, und sie hörte, wie er heftig keuchte, als sie ihn wieder herunter zerrte und ihre Brüste seinen nackten Oberkörper berührten. Dann spürte sie, wie er über ihr erstarrte und sie heftig atmend ansah, ehe er sich mit einem letzten, heftigen Stoß in ihr ergoss. Sie keuchte und klammerte sich zitternd an seinen Oberkörper, bis er sich aus ihr zurückzog und sich keuchend neben ihr auf das Lager fallen ließ. Sie war noch benommen nach der Vereinigung und spürte noch immer die Hitze zwischen ihren Schenkeln, als sie jetzt zitternd die Beine anzog und eines der Laken über sich warf, um sich zuzudecken. Dann umfing sie eine lange Dunkelheit aus Wärme und einem eigenartigen kribbeln, und das erste, das sie nach langer Zeit in völliger Stille wieder spürte, waren Kopfschmerzen. Der Hungermond brachte viel Regen. Obwohl Tabari ein so begabter Jäger war, gab es wenig Wild und die Vorräte wurden knapp. Kelar Lyra war verärgert. „Um jeden kleinsten Scheiß muss man sich selber kümmern!“ schnappte er fuchsteufelswild an einem Tag, als sein Sohn abermals mit quasi leeren Händen nach Hause kam. Quasi hieß, er hatte ein kleines Kaninchen auftreiben können. Sein Vater warf die Beute achtlos auf den Fußboden. „Bah! Frauenfleisch!“ spuckte er, und Tabari seufzte. „Es tut mir leid Vater, aber es ist einfach nichts da, nicht mal ein Aas ist irgendwo! Die Wildherden sind über den Winter weggezogen, sie werden erst im Frühjahr wiederkommen.“ „Bah!“ machte sein Vater abermals. Salihah, die aus der Stube kam, runzelte die Stirn bei der Szene. „Tabari hat recht, sie werden mit dem Frühlingsmond zurückkommen, Kelar. Und wirf nicht Mutter Erdes Gaben so achtlos auf die Erde! Wir müssen ihr danken dafür, dass sie uns wenigstens Frauenfleisch, wie du es nennst, gewährt! Wir lassen es uns hier ziemlich gut gehen, ich glaube kaum, dass wir das eigentlich verdienen, dieses Kaninchen!“ „Schweig still!“ fuhr ihr Mann sie an, „Dieses Kleinvieh ist Dreck, da ist ja nichts dran! Und es entehrt jeden Mann, Frauenfleisch zu essen, das solltest du wissen!“ Seine Frau hob seufzend das tote Kaninchen auf und klopfte den Dreck vom blutverschmierten Fell, bevor sie es ordentlich glatt strich, als wäre es ein Hut. „Dann werden Nalani und ich es uns eben teilen, wenn ihr euch dafür zu fein seid, und ihr kriegt solange vergammeltes Obst aus dem Keller,“ war ihre Antwort, dann kehrte sie ihm den Rücken und ging in die Küche. Tabari seufzte resigniert und versuchte, seinen Vater gnädig zu stimmen. „Sei nicht wütend, das Wild wird zurückkehren.“ „Nein, du gibst dir nicht genug Mühe!“ schnaubte er, „Daran liegt es! Und deine Frau ist immer noch nicht schwanger! Wenn du mir beweisen willst, dass du der Ehre, die ich dir zuteil werden lasse, würdig bist, schwängere endlich diese verfluchte Wachtel und bring was Ordentliches von der Jagd mit!“ „Vater, wir sind erst seit fast einem Mond verheiratet, so schnell geht das eben nicht!“ meinte Tabari ratlos und wich vor dem wütenden Vater zurück, als der plötzlich nach ihm schlug. „Rechtfertige dich nicht, du gibst dir nicht genug Mühe! Du hast doch ein Ritual bekommen, dir wurde doch beigebracht, wie man eine Frau nimmt, oder nicht?! Dann tu es, verflucht!“ Tabari errötete verlegen, weil sein Vater so laut über so intime Themen im Schloss herumbrüllte, dass es jeder gehört haben musste, und er räusperte sich und neigte gehorsam den Kopf. „E-es tut mir leid, Vater. Ich werde mir nächstes Mal mehr Mühe geben… sowohl beim Jagen, als auch bei meiner Frau.“ „Das rate ich dir, ich habe üble Laune!“ Kelar Lyra sah seinem Sohn mürrisch nach, als der machte, dass er weg kam, dann stampfte er zu Salihah in die Küche. Das Küchenmädchen nahm gerade das Kaninchen aus, während Salihah am Tisch stand, in ihrer Hand ein Messingteller, auf dem vier verschrumpelte Trauben lagen. An einer fünften lutschte sie gerade, spuckte sie dann aber wieder auf den Teller und hüstelte gekünstelt, als ihr Mann zu ihr kam. „Die Trauben sind längst schlecht,“ verkündete sie, „Wieso stehen die hier und niemand isst sie?“ „Woher soll ich das wissen?!“ fauchte er sie an, „Die Vorratskammern sind beinahe leer! Tabari ist ein Nichtsnutz, verdammt!“ „Das liegt nicht an Tabari, es ist Hungermond, der verdient seinen Namen,“ meinte die Frau, „Im ganzen Land jammern und hungern die Leute. Das Volk von Vikhara wendet sich schon an uns, wir als Verwalter müssen dafür sorgen, dass alle einigermaßen durch den Winter kommen.“ „Hast du dann etwa den blöden Bauern unser gepökeltes Fleisch gegeben?!“ schnaubte Kelar, „Das würdest nicht mal du wagen, du bist eine verwöhnte Nutte!“ Das Küchenmädchen stieß ein erschrockenes Piepsen aus bei dem Schimpfwort, und Salihah drehte den Kopf zu ihr hin. „Lass uns bitte einen Moment allein,“ bat sie höflich, und mit rotem Kopf verschwand das Küchenmädchen. „Nein, Kelar, ich habe niemandem unsere Vorräte gegeben, das haben wir selbst aufgegessen! Bei der Hochzeit im Wintermond ist viel draufgegangen für das Festgelage, dass du hier veranstaltet hast zu Ehren der Blutgeister, während Tabari Nalani oben zur Frau gemacht hat…“ „Jetzt bin ich noch Schuld! Und sie ist eine unfruchtbare Frau, sie hat kein Kind in ihrem Bauch!“ „Sie wird noch eins bekommen, sei nicht so ungeduldig! Kümmere dich um das Wohlergehen der Menschen, das ist unsere Pflicht. Du bist doch so gerne ein großer Herrscher, ein guter Herrscher lässt sein Volk nicht verhungern!“ Kelar brummte verärgert. „Halt mir nicht schon wieder deine grausamen Moralpredigten, Salihah! Was scheren mich die Menschen, das ist ja nicht mein Verdienst, sondern der des Senats, dass hier keine Ordnung herrscht! Ich werde den Senat bald kontrollieren und auflösen, das schwöre ich dir… wenn es erst mal keinen Senat in Yiara mehr gibt, wird das Land blühen und es wird keine fleischlosen Winter mehr geben! Die Menschen werden mir zu Füßen liegen, weil ich als Herr der Geister den Seelen der Tiere befehlen werde, sie werden nach meinem Willen kommen und gehen…“ Er stellte sich hinter sie und sie verengte die Augen zu Schlitzen, als er sich gegen sie nach vorn lehnte und sie seine Stimme neben ihrem Ohr hören konnte. „Es wird ein glorreiches Zeitalter sein, Weib, und du wirst mir dankbar sein für alles, was ich getan habe und tue.“ Sie keuchte, als seine Hände nach vorn auf ihren Bauch fassten und über ihrem Samtkleid hinauf zu ihren Brüsten fuhren, die er energisch ergriff und drückte. „Nicht in der Küche,“ murmelte sie, „Hier wollen noch Menschen Essen zubereiten…“ „Du hast mich betrogen, Salihah… viele Male, habe ich recht? Und ich meine nicht nur körperlich…“ Sie rührte sich nicht, als er bedrohlich leise weitersprach. „Du verrätst mich die ganze Zeit, dein Blick sagt es mir, deine Haltung sagt es mir… du undankbare, schmutze Hure… ich weiß, dass du hinter meinem Rücken mit den Geisterjägern Räte abhältst und sie gegen mich aufstachelst… oder du von ihnen gegen mich aufgestachelt wirst… aber weißt du was…? Egal, was du mir angetan hast, ich werde dich verschonen… ich vergebe dir, Salihah, wenn du dich mir vom heutigen Tage an beugst und dich… vor mir auf die Knie wirfst und um Vergebung bettelst, dann werde ich sie dir geben! Sag, meine Teure, meine wunderschöne, kalte Salihah… bin ich nicht barmherzig?“ Sie erschauderte bei seinen grausamen Worten, die so viel Gift enthielten wie nicht alle seine Gräueltaten zusammen es je getan hatten. Tief in ihrem Inneren spürte sie das Gift wirken und ihr wehtun… sie schnappte unwillkürlich nach Luft und reckte den Kopf in die Höhe, als er ihre Brüste losließ, aber hinter ihr blieb, und sie bebte. Dann drehte sie sich langsam zu ihm um und richtete sich zu voller Größe auf, ehe sie ihn ansah mit dem Stolz einer gefangenen Königin, deren Mann vom Feind getötet und deren Kinder ihr weggenommen worden waren. „Niemals werde ich deine Sklavin sein, Kelar Lyra,“ sprach sie kühl und voller Verachtung, „Dann… wirst du mir nicht vergeben.“ Er trat zurück und lächelte grausam, ehe er sie diabolisch ansah. „Ah… auch gut. Du hast… dich entschieden. Und du wirst es bereuen, nicht gebettelt zu haben… meine Barmherzigkeit kennt Grenzen. Du wirst es bitter bezahlen und ebenso all deine verräterischen Freunde unter meinen ehemaligen Kollegen…“ Er trat zur Tür und Salihah erstarrte, als er erneut den Kopf drehte und jetzt ohne die gespielte Freundlichkeit unverblümt fortfuhr. „Ist sich Zoras Chimalis nie gedemütigt vorgekommen, wenn er zwischen deinen Schenkeln lag, weil du inzwischen so glatt und weit wie ein Lederbeutel bist… du sadistische, unersättliche Schlampe?“ Das war alles, was er sagte, dann ging er und ließ sie zurück in der Küche mit vor Scham und Demut flammendem Gesicht, das sie heftig keuchend in ihren Händen verbarg, als das Küchenmädchen hereinkam und sie besorgt fragte, was los wäre. ____________ muaaaahahaha ist Kelar nicht ein vulgärer Mistarsch? XDD boah ist er scheiße im Kopf XDD lol^^ und wow, wie die zeit vergeht o.o Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)