Die Chroniken von Khad-Arza - Die Herrscher der Geisterwinde von Linchan ================================================================================ Kapitel 5: Schwindende Sonne ---------------------------- Das Wetter im Winter war düster, ebenso wie die Stimmung im Anwesen der Lyras. Der einzige, der bis dahin gute Laune gehabt hatte, war Kiuk, und der traute sich jetzt auch nicht mehr, etwas zu sagen. Seine Eltern schwiegen sich eisern an und warfen sich tötende Blicke zu, Kelar mehr als Salihah. Aber auch in seiner Mutter war etwas passiert, sie war so kalt und unnahbar, dass er das Gefühl hatte, einen kalten Hauch zu spüren, wenn er ihr zu nahe kam. Tabari war genervt, weil er erfolglos beim Jagen und bei seiner Frau war, und Nalani war mit ihrem kompletten Leben unzufrieden und völlig verbiestert, weil sie jetzt Tabari Frau war und damit direkt unter seinem Befehl stand, wenn man so wollte. Nicht, dass sie auf ihn hören würde. Und Nalani war es, die sich als erste mit Kiuk zusammensetzte, da es kein anderer tat. Die Eltern waren sehr viel unterwegs in der Zeit, wo genau wusste niemand, weil weder Kelar noch Salihah noch sagte, wohin es gehen sollte; vermutlich ging es um die Politik, um das Land, die Geisterjäger oder sonst so etwas. Wobei Tabari sich vernachlässigt und hintergangen fühlte, weil sein Vater sonst immer mit ihm darüber gesprochen hatte, was das Land anbetraf. „Es ist, als wäre ein bösartiger Geist im Schloss und ergreife Besitz von allen hier,“ beschwerte Kiuk sich bei seiner Schwägerin, als sie eines Tages zu ihm kam, während er verdrossen in der Stube saß und sich selbst einen halb verfaulten Apfel in Stücke schnitt, den er im Keller gefunden hatte. Es wurde Zeit, dass der Frühling kam. „Sie sind kalt und tot in ihrem Inneren,“ fuhr der Junge fort, „Na, bei Vater und Tabari war ich das ja schon beinahe gewohnt, aber was ist mit Mutter? Sie redet nicht mal mehr mit mir, dabei habe ich ihr gar nichts getan.“ „Ich glaube nicht, dass es an dir liegt,“ meinte Nalani, „Ich spüre es genauso, dieser Argwohn hier. Ich glaube, es liegt daran, dass deine Eltern sich momentan offenbar sehr streiten. Sie sind nicht so, wie ein Paar zueinander sein sollte… also, das waren sie noch nie, solange ich sie kenne, aber jetzt wird es noch schlimmer.“ „So, wie du und Tabari auch kein Paar seid, wie es sein sollte?“ fragte er verdrossen und steckte sich widerwillig ein Stück Apfel in den Mund. Er konnte das inzwischen ganz gut… an etwas Leckeres denken, etwas Gutes, und ignorieren, dass man verfaultes, widerliches Zeug aß. Da er von seinem Vater, der das Essen verteilte, ja immer benachteiligt worden war, war er auch gewohnt, immer der Erste zu sein, der den Müll essen musste. Nalani ging es da vermutlich nur deshalb besser, weil sein Vater hoffte, dass sie bald schwanger und seinen tollen Erben gebären würde. Die schwarzhaarige junge Frau senkte seufzend den Kopf. „Sprich nie mehr davon,“ warnte sie ihn dumpf, „Das, was zwischen ihm und mir ist, sollte verboten werden, es sollte niemand darüber sprechen. Die Geister sind zornig und unruhig, ich höre sie in der Nacht oft in meinen Träumen zu mir flüstern. Das Land ist im Wandel… und nicht nur das Land, die ganze Welt.“ Kiuk sah sie groß an. „Du träumst richtige Visionen?“ fragte er sie, „Die Geister sprechen richtig mit dir? Es wird Zeit, dass du auch eine Lehre der oberen Magie bekommst, wie Tabari… du bist schließlich auch Schwarzmagierin.“ Sie blinzelte überrascht. „Ja… was ist mit dir? Haben Telepathen keine solche Lehre?“ „Die geht anders als bei Schwarzmagiern,“ sagte der Junge, „Meine Mutter wollte mich unterweisen. Sie hat im Herbst gesagt, nach Neujahr fangen wir an, aber jetzt ist sie so kalt und unbarmherzig, dass ich mich nicht traue, sie danach zu fragen…“ Seine Schwägerin erhob sich. „Dann gehe ich mit dir zusammen zu ihr, wenn sie zurück kommt. Einverstanden, Kiuk?“ Er errötete und sah verlegen auf seinen halben, gammligen Apfel. „Du bist so lieb… ich bin so ein Dummkopf, ich traue mich nicht, zu meiner eigenen Mutter zu gehen, wie peinlich… und mit einer Frau an meiner Seite fühle ich mich stärker? Na, wenn das mein Vater hört, kriege ich aber Dresche.“ „Du bist kein Dummkopf,“ lächelte sie ihn wohlwollend an, „Und auch nicht peinlich. Du bist der einzige hier, der eine Seele hat, habe ich das Gefühl.“ „Was ist denn hier los?“ fragte der kleine Meoran Chimalis verwirrt, der um die Ecke in den Salon des Anwesens lugte, hinter ihm hüpfte seine blonde Cousine Enola im Gang auf und ab und zählte dabei, so weit sie konnte – sie war gerade bei fünfhundertsiebenunddreißig. Im Salon standen sein Vater, seine Mutter und sein Onkel Zoras und auf einem Hocker saß die Frau des Herrn der Geister und trank aus einem Glas irgendein merkwürdiges Zeug, das sicher ein Erwachsenengetränk war. „Geht spielen!“ mahnte Meorans Mutter den elfjährigen Jungen und seine Cousine. „Wir haben zu tun, Meoran, bitte.“ „Fünfhundertachtunddreißig… fünfhundertneununddreißig…“ johlte Enola im Gang und hopste weiter. Meoran ignorierte das Augenrollen seiner genervten Mutter, weil die Männer viel interessanter waren. „Du solltest umgehend die beiden anderen benachrichtigen, langsam läuft das aus dem Ruder, Nomboh,“ sagte sein Onkel gerade, und er klang angespannt. „Wer weiß, wo Kelar jetzt wieder hin ist und wer als nächstes dran glauben muss.“ „Noch nicht…“ stöhnte Salihah im Hintergrund und sah mit eigenartig flammendem Blick zu den Männern und der Frau empor. Sie griff die Flasche auf dem Tisch und goss sich ein weiteres Glas mit der seltsamen Flüssigkeit voll. „Er wird nichts anstellen… ich habe… nichts gesehen. Ich wollte nur weg, ich will euch gar nicht weiter stören. Bitte… lasst mich nur einen Moment bei euch ausruhen, ich muss nachher ja doch wieder heim. Zu meinen Kindern.“ „Du liebe Güte,“ murmelte Keisha ihrem Mann Nomboh beunruhigt zu, „Welche Dämonen besitzen sie, sich dermaßen zu betrinken? So habe ich die Gute ja noch nie erlebt.“ „Shh, geh mit den Kindern runter,“ bat Nomboh sie dumpf und sah zu seinem vorwitzigen Sohn, „Ich sehe dich ganz genau, Meoran, und dass du Dinge siehst und hörst, die nicht für deine Augen und Ohren bestimmt sind!“ „Was habe ich euch gesagt? Und Enola, hör auf, zu zählen, du machst mich noch verrückt! Wo ist deine Mutter, warum erzieht sie dich nicht?“ So murrend schob Keisha ihren Sohn aus dem Raum und ging mit den Kindern die Treppe hinunter, während Nomboh die Salontür zuschob. „Was ist denn nun mit Kelar?“ wollte Zoras Chimalis wissen, der sich vor Salihah auf den Boden hockte, „Wo ist er hin?“ „Das weiß der Geier!“ fluchte sie zornig, „Langsam bin ich seiner überdrüssig! Er schimpft und flucht und will Macht, Macht, Macht! Er betrügt und hintergeht mich, demütigt und beschämt mich auf das allerniederste Niveau, irgendwann zerbricht daran selbst mein Geist!“ „Das tut mir so leid,“ war alles, was Nomboh unbeholfen dazu einfiel, „Sag, wie können wir dir helfen, Salihah?“ „Ach,“ klagte sie, trank ihr Glas aus und zitterte plötzlich am ganzen Köper, „Ach, ich garstige, grausame Frau habe es vielleicht verdient! Ich wollte nur einmal mit jemandem darüber sprechen, das ist alles. Ich kann doch nicht vor meinen Söhnen und meiner Schwiegertochter jammern, wie arm ich altes Mütterchen doch dran bin, weil mein Mann mich eine Hure nennt und sich hinter meinem Rücken fröhlich das Bett mit einer anderen teilt… ach, ich will einfach nur trinken und danach schweigen!“ Damit griff sie zur Flasche, aber Zoras zog sie ihr behutsam aus der Hand und stellte sie weg. „Du hast erst mal genug getrunken,“ seufzte er, „Das Zeug ätzt dir den Magen weg, wenn du davon zu viel trinkst, das ist nicht gesund. Du bist ja schon völlig dusselig.“ Sie schwankte tatsächlich, obwohl sie saß, und sah ihn schnaubend an. „Er ist ein Idiot!“ rief sie dann, „Er denkt wohl, ich würde nichts sehen! Ich wäre blind, meint er, ach! Und mich nennt er Hure!“ „Liebe Zeit, Salihah, du weißt, dass du keine bist, ich weiß es, wir alle wissen es,“ versuchte Zoras sie zu beruhigen, „Gräm dich doch nicht so. Was immer er demütigendes zu dir gesagt haben mag, es war sicher unrecht und ich verstehe deinen Zorn. Aber lass… uns das angehen wie erwachsene Menschen. Wir müssen versuchen, ihn zu stoppen, wenn er wirklich vorhat, den Senat zu übernehmen und aufzulösen, das darf auf keinen Fall passieren. – Nomboh, hole bitte endlich Minar und Hakopa hierher, ich will, dass alle versammelt sind und sich beraten!“ „Ist gut,“ sagte der jüngere Bruder, „Kommt ihr beide allein klar?“ Zoras Chimalis zögerte kurz. Dann nickte er und sah wieder zu der schwankenden Frau vor sich, die plötzlich zu summen begonnen hatte, als wäre sie gerade verrückt geworden. „Ich… ja, ich glaube schon. Lass uns allein und schick niemanden hoch, bis die anderen beiden hier sind.“ Nomboh ging und schloss die Tür hinter sich wieder. Salihah hörte auf zu summen und fing aus heiterem Himmel an zu weinen. „Ich will das nicht mehr!“ schluchzte sie aufgelöst, „Ich weiß nicht, wie lange ich das noch kann, ich bin am Ende meiner Kräfte und meines Verstandes… es ist, als würde sein Wahnsinn auf mich übergehen, als würden die bösen Geister, die ihn verfluchen, nun auch mich packen! Ich habe so grauenhafte Kopfschmerzen gehabt in den letzten Tagen, dass ich glaubte, Vater Himmel wolle mich bestrafen für irgendetwas Schlimmes, das ich getan habe…“ „Du hast nichts Schlimmes getan,“ sagte er ruhig und legte nach einer Weile die Hände sanft auf ihre Schultern, „Sieh mich an, Salihahchen.“ Sie tat es und eine Träne rann über ihre Wange. Er seufzte. „Du hast nichts Schlimmes getan… du kämpfst gegen seinen Dämon an und zähmst ihn seit Jahren, du bist die einzige, die das je konnte, auf die er je gehört hat. Du hast Dokahsan, unser Land, vor Schlimmerem bewahrt, wärst du nicht gewesen, wäre der Senat vielleicht längst Geschichte.“ „Ich hätte ihn töten sollen…“ keuchte sie, und er starrte sie an, als ihre Augen seltsam glasig wurden. Der Alkohol machte sie verrückt, er fragte sich, ob das, was sie redete, überhaupt sinnvoll war. „Ich hätte ihn töten sollen, als ich geahnt habe, dass der Dämon des Wahnsinns ihn greifen würde, bevor es zu spät war… aber ich hänge an ihm, mein Geist hängt an ihm… liebt ihn immer noch, obwohl ich mich dafür… so sehr hasse, ihn noch zu lieben… den Menschen in ihm, der immer mehr stirbt… und während er stirbt, stirbt auch ein Teil von mir… ich hätte nicht egoistisch sein dürfen, ich hätte ihn töten sollen, dann wäre alles gut! Und jetzt ist es zu spät, meine Macht schwindet, mein Einfluss ist dahin…“ „Du hättest ihn nicht töten können,“ machte der Geisterjäger, „Und natürlich liebst du ihn, er ist dein Mann.“ Sie schwankte und kippte nach vorne in seine Arme, er fing sie auf und hielt sie fest, als sie ihr Gesicht stöhnend in seiner Schulter vergrub. „Ich bin eine scheußliche Frau!“ wimmerte sie, „Ich bin garstig und bösartig! Ich habe mit dir geschlafen… ich habe so oft mit dir geschlafen, und verdammt, es war so gut, es war so angenehm, ich habe es keinen Moment bereut, ich habe es verdammt noch mal genossen, wenn du mich geliebt hast, ja! Liebe Güte, i-ich bin eine Nymphomanin!“ „Du bist noch lange keine Nymphomanin, wenn du Spaß an Sex hast,“ murmelte er leise, zog sie sanft von ihrem Hocker in seine Arme und hielt sie weiterhin fest, jetzt mit ihr am Boden sitzend. „Doch, weil ich nur deswegen gekommen bin, weil Kelar mir damals den Rücken kehrte und ich es einfach nur nötig hatte! Ich bin abscheulich.“ „Alle Menschen haben Bedürfnisse, Salihah… du bist nicht abscheulich. Hör auf damit, du tust dir nur weh.“ „Ich habe meinen Mann betrogen und du sagst, es wäre nicht abscheulich? Na, du hattest deine Frau damals ja noch nicht…“ „Kelar ist schwierig, und außerdem ist er nicht besser, er hat dich doch auch betrogen, denke ich.“ „Ich hasse ihn…“ stöhnte sie und klammerte sich verzweifelt an seinen Oberkörper, „Ich hasse ihn und mich selbst und den Himmel und die Erde! Ich hasse die Geister, weil sie mir diese scheußliche Gabe gegeben haben, alles zu sehen, alles zu wissen! Ich wollte, ich wäre blind und dumm und hätte das alles nie erfahren, dann könnte ich sagen, ich wusste es nicht, es ist nicht meine Schuld… aber ich wusste es… ich wusste, er würde wahnsinnig werden, ich wusste, er würde Kandayas töten, den Senat auflösen wollen, und ich hätte etwas tun sollen… ich hätte etwas tun sollen, aber ich war zu stolz und wollte den Funken seiner Seele in mir verschließen, ihn behalten wie ein… ein egoistisches Kind, das seinen angelutschten Bonbon nicht hergeben mag! Bah!“ „Zürne nicht den Geistern oder Himmel und Erde, Salihah,“ machte er ruhig und strich ihr zärtlich durch die schwarzen Haare, „Du sagst so viel Schlechtes, als wärst du der Tod bringende Seelenfänger oder etwas Schlimmeres. Ich war auch egoistisch, ich habe dich gewollt, obwohl ich wusste, dass du verheiratet bist und ich dich nicht begehren dürfte. Ich hätte dich zurückweisen sollen, habe es aber nicht. Also sind wir wenigstens beide abscheulich.“ „Ich will nicht mehr, ich will, dass es aufhört!“ Sie fing wieder zu weinen an und drückte sich keuchend gegen ihn, „Ich will sterben! Töte mich, Zoras… von deiner Hand wäre es mir eine Ehre… du wärst ein weit besserer Herr der Geister gewesen als Kelar.“ „Die Geister haben es aber anders entschieden,“ meinte er, „Sie haben ihn nun mal zum Führer gemacht und nicht mich.“ „Die Geister sind launisch und grausam!“ schrie sie und riss den Kopf verzweifelt hoch, „Und ich verfluche sie für alles, was sie uns Menschen antun auf dieser-…!“ Sie kam nicht weiter, weil er mit einer Hand ihr Gesicht hochzerrte und sie heftig küsste. Sie erstarrte und riss die blauen Augen weit auf, als sie seine Lippen auf ihren spürte und wie er sanft, aber energisch mit der Zunge in ihren Mund drang. Wie lange hatte sie das nicht gespürt? Viele Jahre lang nicht… sehr lange nicht… und es fühlte sich immer noch gut an… obwohl es unrecht war. Er löste sich von ihr und räusperte sich, während sie noch wie erstarrt da hockte. „Verzeih mir,“ murmelte er verlegen, „Das hätte nicht geschehen dürfen, Salihah. Vergib mir, Seherin.“ Sie löste ihre Starre und sah ihn sanft an, als er das Gesicht wieder hob, und sie erschauderte. „Nenn mich nicht Seherin…“ wisperte sie, „Bitte nicht jetzt.“ Dann packte sie den Kragen seines Hemdes, zog ihn zu sich heran und küsste ihn noch einmal. Sie intensivierten ihren Kuss schnell und sie begann flüchtig mit den Händen über seine Brust und seine Seiten zu streichen, am ganzen Leibe zitternd, bis sie spürte, wie er ebenfalls die Hände hob und ihre Taille umschlang, sie dichter an sich heran ziehend. Leise stöhnend löste sie sich aus dem Kuss und sah mit flammendem Gesicht auf ihren Schoß. „Jetzt bin ich wirklich eine Hure…“ seufzte sie, „Kaum beschämt mein Mann mich, werfe ich mich in die Arme eines anderen.“ „Und ich küsse fremd, Tehya wird mich vermöbeln,“ sagte er kleinlaut, und Salihah runzelte die Stirn. „Sowas tut sie? Sie ist doch so nett und brav?“ „Oh, der Eindruck täuscht, stille Wasser sind tief… was glaubst du denn, nachdem ich gerade dich so begehrt habe, dass ich eine brave Maus heirate?“ Sie sagte nichts, musste aber jetzt etwas besserer Dinge leicht lächeln. „Ach, so ist das…“ Er seufzte auch und strich ihr abermals über die schwarzen Haare, ehe er ihr noch einen sanften Kuss auf den Mundwinkel gab, der sie kurz zucken ließ. „Aber lass mich dir eines sagen, Salihahchen… was immer zwischen uns geschehen ist… ich bereue keinen einzigen Moment.“ Zoras und der Rest des Chimalis-Clans hielten es für besser, die geräderte Frau in ihrem angetrunkenen Zustand über Nacht in Tuhuli zu behalten. Nomboh musste Tabari eine Feder schicken mit der Botschaft, seine Mutter käme erst am nächsten Morgen zurück. Tabari fühlte sich extrem veräppelt. „Wieso macht hier eigentlich jeder, was er will?!“ schimpfte er mit seiner Frau und seinem Bruder, die er unten in der Stube gefunden hatte, was ihm übrigens auch nicht gepasst hatte – was wollte seine Frau eigentlich dauernd bei Kiuk? „Vater ist ständig weg, Mutter übernachtet auch noch in Tuhuli, u-und was sollen wir hier machen?!“ „Das gleiche wie jeden Tag,“ machte Nalani kühl, „Uns alle gegenseitig angiften und streiten. Hast du etwas anderes erwartet?“ Ihre gnadenlose Antwort riss ihn aus dem Konzept und er starrte sie eine Weile völlig belämmert an, ehe er sich maulend umdrehte und die Stube wieder verließ. Kiuk seufzte. „Spielen wir ´ne Partie Schach?“ Als Salihah am nächsten Tag zurück zum Anwesen kehrte, wurde sie von ihrem jüngeren Sohn und ihrer Schwiegertochter sehr pietätvoll am Tor empfangen. „Ich habe gewusst, du würdest bald kommen, deswegen sind wir schon mal hinaus gegangen,“ erklärte Kiuk, als sie fragte, warum sie so eifrig auf ihre Ankunft gewartet haben mochten. Sie ging hinein und die beiden folgten ihr wie ein Schatten. Kelar war nicht daheim und von Tabari war auch keine Spur. In der Halle fegte ein Dienstmädchen den Boden. „Mutter…“ begann Kiuk dann kleinlaut, als Nalani ihn aufmunternd anstieß, „Ähm… i-ist alles in Ordnung mit dir? Ich… wir… ähm, wir haben uns Sorgen gemacht in letzter Zeit.“ „Tatsache?“ fragte seine Mutter und drehte sich verblüfft zu ihm und Nalani um. Er senkte beschämt den Kopf und Nalani rührte sich nicht. „Das… wäre doch gar nicht nötig gewesen, Kiuk. Ich danke dir dennoch… euch beiden, dass ihr euch sorgt. Mir geht es gut, keine Angst. Ich bin nur beschäftigt.“ „Wir wollten noch etwas fragen,“ warf Nalani ein, „Was ist mit der Magielehre für Kiuk? Er sagt, du hättest vorgehabt, ihn zu unterweisen.“ Salihah fasste nach ihrem Kopf. Ach, du liebe Güte. „Oh weh,“ seufzte sie leise, „Oh weh, das habe ich… in meinem Eifer vollkommen verdrängt! Vergib mir, Kiuk… es war nicht mein Wille, dich zu vernachlässigen… entschuldige bitte… ich mache es wieder gut, versprochen. Natürlich lehre ich dich die Seelenmagie.“ Der Junge hob strahlend den Kopf, während Nalani zufrieden lächelte. „Ehrlich?!“ rief Kiuk begeistert, „Heute noch?“ Seine Mutter musste lachen, seufzte dann aber. „Oh, nein, heute besser nicht. Ich habe grauenhafte Kopfschmerzen, ich werde mich lieber hinlegen. Verzeih, Kiuk, aber ich kann… dir nur mit freiem Kopf Magie beibringen, fürchte ich.“ Kiuk nickte heftig und kam sich dumm vor wegen seiner vorigen Begeisterung. Was hatte er sich gedacht, so schnell ging das doch nicht. „Morgen…“ seufzte sie da und ging bereits zur Treppe, um hinauf ins Bett zu gehen, „Morgen fangen wir damit an.“ Nalani wünschte sich den Frühling zurück. Der Winter ärgerte sie, die Kälte in Dokahsan zwang sie, das Anwesen kaum zu verlassen, denn schon ein kurzer Aufenthalt an der eisigen Luft war unangenehm. Die Menschen, die hinaus mussten, waren dick eingepackt in alle Mäntel, Schals und Hüte, die sie finden konnten, und trugen Stoff vor den Gesichtern, nur einen schmalen Schlitz für die Augen frei lassend, damit ihnen die Nasen nicht abfroren. Und den ganzen Tag im Anwesen zu sitzen war furchtbar. Jetzt, wo Kiuk seine Lehre bekam und beschäftigt war, hatte sie niemanden mehr, zu dem sie gehen konnte… und das hieß, sie musste mehr Zeit mit ihrem Mann verbringen, obwohl sie ihm so oft wie möglich aus dem Weg ging. Tabari war anstrengend. Er bildete sich ein, sie herumkommandieren zu können oder sie zu kontrollieren, was er beides einfach nicht tat, das wusste er auch genauso gut wie sie. Sie würde ihm niemals den Gefallen tun, ihn sie beherrschen zu lassen. Und genau das war sein größtes Problem. „Nalani… du weißt, dass du nicht darum herum kommst!“ sagte er energisch zu ihr und versuchte, einschüchternd zu wirkten, während er sich in voller Größe vor dem Bett aufbaute, auf dem sie an einem Abend lag und störrisch in sein Gesicht sah, nicht die Spur eingeschüchtert. Wenn er versuchte, sie Respekt zu lehren, machte er sich ohnehin meistens lächerlich. Nalani hatte schnell begriffen, was er für einer war; er versuchte sein Leben lang wie sein Vater zu werden, aber dazu fehlte ihm das Entscheidende: seines Vaters Grausamkeit und sein Egoismus. Tabari konnte sich noch so viel einreden oder versuchen, imposant zu wirken, er war es einfach nicht und egoistisch war er auch nicht. Und schon gar nicht grausam. Seine beinahe fast ein wenig und irgendwie doch nicht beeindruckende Erscheinung, wie er da vor dem Bett stand und sie gekünstelt herrisch anstarrte, bröckelte in dem Moment und brach ganz zusammen, als er fortfuhr: „Ich meine… du musst nur einen einzigen Sohn gebären, danach lasse ich dich für immer in Ruhe! Wenn du einen gesunden Sohn geboren hast, rühre ich dich nie wieder an, wirklich!“ „Nein,“ sagte Nalani dreist. Keine Frau in Dokahsan durfte sich erlauben, zu ihrem Mann in diesem Ton Nein zu sagen. Selbst Salihah wäre vermutlich von Kelar geschlagen worden. Aber Tabari schlug sie nicht, das wusste sie, deswegen wusste sie auch, dass sie viel weiter gehen konnte als jede andere Frau. „Wie, nein?!“ schnappte ihr Mann jetzt langsam verzweifelt – was sollte er denn nur machen? Lange könnte er vor seinem Vater nicht mehr mit der Ausrede stehen, so etwas bräuchte ja seine Zeit… seit dem Blutritual im Wintermond waren bereits zwei Monde vergangen und er hatte seitdem kein einziges Mal bei ihr als Mann gelegen. Hatte er gewagt, es zu versuchen, hatte sie gedroht, ihn zu töten und so lange wild um sich geschlagen, bis er es aufgegeben hatte aus Angst, sie würde ihm mit einem Kinnhaken das Genick brechen. Seinem Vater sagte er, wenn der nachfragte, er würde sich immer fleißig Mühe geben… aber das war nicht so einfach. Er versuchte es seit einigen Wochen auf die diplomatische Weise zu lösen. „Du kannst nicht Nein zu mir sagen, Nalani!“ „Wie du siehst, kann ich das,“ machte sie unverblümt, „Ich werde nicht deine Gebärmaschine sein! Oder wohl eher die deines Vaters, denn dir ist es doch egal, ob du Kinder bekommst oder nicht, du willst nur deinen Vater glücklich machen.“ „Du bist doch paranoid, vergiss endlich meinen Vater!“ schnaubte er, „Wir sind verheiratet, alle verheirateten Paare haben Kinder! Du bist eine Frau, du lebst allein zu diesem Zweck, Kinder zu gebären! Du musst das doch instinktiv wollen…“ Er hatte die dumme Angewohnheit, erst dann zu merken, dass er in ein Fettnäpfchen getreten war, wenn seine Füße bereits klebten. Nalani schoss aus dem Bett hoch und starrte ihn fassungslos an. „Wie war das?!“ keuchte sie, „Ich höre wohl nicht recht, ich bin – ich lebe nur für diesen Zweck?! Zweck?! Sag mal, hat bei dir alles seinen Zweck?! Welchen Zweck hat deine erbarmungslose, grausame Dummheit?!“ Ehe er eine Chance hatte, etwas zu antworten, stürmte sie an ihm vorbei aus dem Schlafzimmer und knallte mit Wucht die Tür hinter sich zu. Zweck! Sagte sie sich wutentbrannt, während sie durch das Schloss stampfte und sich überlegte, welche Foltermethode am qualvollsten wäre für diesen Vollidioten. Ich habe also den Zweck, Söhne zu werfen! Pah! Der kann was erleben! Und das Schlimmste war, dass sie ihm nie richtig böse sein konnte… er konnte eigentlich nichts dafür, das alles war nicht seine Entscheidung gewesen. Er war nur furchtbar dumm und sagte dauernd was Falsches, aber nur, weil er es nicht besser wusste. Er konnte eben nur seinen Vater nachplappern… wenn er selbst etwas sagen sollte, fiel ihm nichts ein. Irgendwie war Tabari ein bedauernswerter Mann, fiel Nalani auf, und plötzlich bemitleidete sie ihn sogar im Voraus für den Tag, an dem ihm endlich jemand die Augen öffnete und ihm beibrachte, was für einen grausamen Mörder er sich zum Vorbild gemacht hatte. Davon, die Augen zu öffnen, war Tabari weit entfernt. So, wie es lief, konnte es nicht weitergehen. Wenn Nalani sich weigerte, mit ihm das Bett zu teilen, konnte sie nicht schwanger werden, und wenn sie keine Söhne zur Welt brachte, würde sein Vater fuchsteufelswild werden. Es gab jetzt mehrere Optionen für ihn: entweder, er ließ die bockige Nalani links liegen, nahm sich eine zweite Frau und machte der einen anständigen Sohn – denn einer von einer schlechteren Frau als Nalani war besser als keiner, dachte er sich. Oder er ging zu seinem Vater, klagte ihm sein Leid und bekam vielleicht einen guten ratschlag, wie er es besser machen könnte. Letztere Option war nicht ganz angenehm, denn sein Vater würde es nicht gerne hören, dass Nalani bockig war… aber vielleicht war das noch einfacher als sich erst eine neue Frau zu suchen, mit der Kelar letzten Endes vielleicht nicht mal einverstanden wäre. Wobei Tabari sich fragte, wie Nalani die perfekte Mutter für die Clanerben sein konnte, wo sie so stur, egoistisch und ein Unglücksbringer war. „Sie gehorcht mir nicht und weigert sich, schwanger zu werden!“ erzählte Tabari seinem Vater also unglücklich, und dieser stierte ihn nur grimmig an. „I-ich habe doch gesagt, dass sie eine Dämonenbraut ist! Wenn schon ein Kindeskeim in ihrem Bauch war, hat sie ihn vielleicht mit einem bösartigen Fluch entsorgt, und das alles nur, um unseren Clan zu vernichten! Wir müssen sie loswerden, all das Unglück ist ihre Schuld, Vater!“ Kelar Lyra war nicht ganz so naiv, wie Tabari gehofft hatte. „Oder die deiner Unfähigkeit, Sohn!“ entgegnete er schnaubend, und Tabari verletzte es, dass sein Vater offenbar das Vertrauen in ihn verlor. War er nicht sonst immer sein perfekter Mustersohn gewesen? Und plötzlich schien alles, was er tat, falsch und dumm zu sein, er verärgerte sowohl Nalani als auch seinen Vater, egal, was er machte oder sagte. „Meiner Unfähigkeit?“ jammerte er jetzt gekränkt, „Vater, ich tue alles so, wie du es mich gelehrt hast! Wie kann ich da unfähig sein?“ „Weil du nichts zu Stande bringst momentan!“ schnaubte der Vater, „Deine Frau ist nicht schwanger, deine Jagdfähigkeiten lassen nach und meine Erwartungen, die ich in dich als meinen Nachfolger hatte, werden offenbar auch enttäuscht! Du musst lernen, dich durchzusetzen, wenn du je Herrscher von Lyrien sein willst! So tanzen dir die dummen Bauern ja auf der Nase herum!“ „Ich versuche es doch, es geht einfach nicht, sie hört nicht auf mich…“ „Dann zwinge sie, verdammt noch mal!“ Kelar funkelte seinen Sohn ärgerlich an, „Schlag sie, verprügel sie, mach sie dir mit Gewalt hörig, wenn sie sich nicht fügen will! Sie ist nur eine Frau, verflucht, sie wurde geboren, um deine Kinder zu gebären, sie sollte glücklich sein, bei uns so behütet leben zu können!“ „Was würdest du an meiner Stelle tun?“ murmelte der Blonde, und sein Vater zischte. „Sie mit Gewalt nehmen, von mir aus so lange, bis sie blutet, Hauptsache, sie hat endlich ihren Kindeskeim! Merke dir, sie hat dir zu gehorchen, tut sie es nicht, musst du sie bestrafen! Du bist ein Lyra, du sollst einmal Herrscher sein, Tabari! Wenn du schon bei einer Frau versagst, wie willst du dann ein ganzes Volk kontrollieren?!“ Der Sohn senkte beschämt den Kopf und nickte dann artig. „Ich werde tun, was dich stolz macht, Vater. Ich verspreche dir, du bekommst deinen Enkelsohn.“ Kelar wollte schon davon gehen, als sie lange schwiegen, dann fuhr Tabari fort: „Hast du… Mutter jemals vergewaltigen müssen, weil sie nicht hörig war?“ Er drehte sich in der Tür um und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Er, Salihah vergewaltigen? Nein, gewehrt hatte sie sich nie… „Deine Mutter war mir immer hörig,“ versetzte er dann kalt. „Aber würde sie es wagen, würde ich sie mit Gewalt nehmen, ja.“ Damit ging er. Tabari blieb zurück und fragte sich, ob er das über sich bringen würde. Salihah hatte es in Kelars Augen mehr als nur gewagt, ihn herauszufordern, ihm ungehorsam zu sein mit allem, was sie getan und gesagt hatte. Aber ihm war die Lust danach, sie zu nehmen, gehörig vergangen, ihr Anblick reizte ihn höchstens noch, sie zu erschlagen, ihr den Hals umzudrehen oder ihr die Augen auszustechen. Aber er konnte sich beherrschen… er würde sie auf viel dezentere Weise foltern, schleichender, grausamer, als sie einfach nur zu schlagen. Sie hatte mehr Grausamkeit verdient für alles, was sie getan hatte… und es ging längst nicht nur um ihr Verhältnis mit seinem ewigen größten Konkurrenten Zoras Chimalis. Sie stachelte die Leute gegen ihn auf, sie versuchte, seine Herrschaft zu unterbinden… das war Hochverrat. Eigentlich verdiente sie den Tod, aber der Gedanke, sie zu quälen, bis sie um den Tod bettelte, gefiel ihm besser. Sie sprachen nicht mehr miteinander. Inzwischen sahen sie sich kaum noch einmal an. Umso perplexer war Kelar, als er ins verdunkelte Schlafzimmer kam, wo seine Frau wie seit Tagen so oft mit Migräne im Bett lag, und sie plötzlich mit ihm zu sprechen begann. „Was hast du da unten mit Tabari geschimpft…?“ Kelar sah sie erst konfus an und brauchte etwas, um sich an die Dunkelheit im Raum zu gewöhnen und sie hinter den dünnen Vorhängen des Bettes überhaupt zu entdecken. Dann brummte er, ging zum Fenster und riss die Gardinen auf, sodass das gräuliche, helle Licht des Tages hereinströmte. Salihah drehte keuchend den Kopf weg, als der Schmerz in ihrem Kopf beim Licht zunahm und sie beunruhigende Lichter vor ihren Augen tanzen und flackern sah. „Bitte mach sie wieder zu…“ stöhnte sie, „Das Licht schmerzt mich gerade…“ „Ach, stell dich nicht so an, du Simulantin!“ schnappte er und öffnete das Fenster, sodass es jetzt auch noch kalt im Zimmer wurde. „Du mit deinen Kopfschmerzen! Trink dein Laudanum und sei friedlich, Weib!“ Sie seufzte leise vor Schmerzen, versuchte aber, sich zusammenzureißen, um ihm nicht den Gefallen zu tun, vor ihm zu wimmern. Sie wusste, wie gierig er auf einen Moment wartete, sie am Boden zu sehen, zu sehen, dass ihre Kraft am Ende war, dass sie vor ihm am Boden kroch… nein, diesen Moment würde sie ihm nicht gönnen. Solange noch Leben in ihr war, würde sie kämpfen. Er antwortete prompt auf ihre Frage. „Tabari ist unfähig, die Wachtel zu schwängern,“ beklagte er sich, „Du hast sie falsch erzogen, Weib. Oder hast du ihr beigebracht, wie man ungeborene Früchte im Leib tötet?“ „Nein… und es liegt sicher nicht an meiner Erziehung, dass sie nicht schwanger wird, jetzt drehst du völlig durch. Sie ist fruchtbar, an ihr kann es nicht liegen.“ „Dann liegt es an Tabari, oder was?!“ keuchte ihr Mann und erbleichte, „Willst du sagen, er kann keine Söhne zeugen?!“ „Das weiß ich nicht, ich bin keine Heilerin!“ knirschte Salihah und schloss bebend die Augen. Seine laute Stimme tat grausam weh… er wusste das sicher und sprach absichtlich laut. „Ich denke, es liegt nur daran, dass er zu weich ist und sich nicht durchsetzt! Ich habe ihm gesagt, er soll sie mit Gewalt nehmen, wenn sie sich wehrt! Dass sie nicht spurt, ist wohl Schuld deiner Erziehung, du spurst ja auch nicht so, wie ich will!“ „Weil ich eine Frau bin, Kelar, und keine Kutsche, die du nach deinem Willen lenken kannst, wohin du willst! Für Nalani gilt dasselbe, sie ist ein Mensch und keine Maschine. Ich spure nicht, sagst du, pff… undankbar bist du, ohne mich wärst du längst tot, vergiss das nicht.“ „Falsch,“ sagte er kalt, „Ohne deine Vorhersagen wäre ich vielleicht tot, ohne deine Sehkraft… aber das liegt nicht an dir, das hätte jede andere Frau mit unglaublichen Visionen auch geschafft. Du bedeutest mir gar nichts.“ Sie unterdrückte ein schmerzhaftes Stöhnen. Auch, wenn es nicht neu war, es schmerzte dennoch, wenn er es aussprach. Es war einmal anders gewesen… früher, vor Ewigkeiten, wie es ihr erschien. Aber daran erinnerte sich sein wahnsinniger Geist nicht mehr, der nur noch Macht sah… Macht, Herrschaft… sie musste sich zwingen, weiter zu sprechen, obwohl die Kopfschmerzen sie beinahe blendeten. „Und doch hast du mich nie vergewaltigt…“ seufzte sie, „Weil du genau weißt… dass du an meinen geist gebunden bist… wir mögen uns jetzt hassen, aber ohne einander können wir nicht… du weißt das genauso gut wie ich, Kelar.“ „Unterschätze nicht meine Unbarmherzigkeit,“ zischte er grantig, „Ich hätte dich vergewaltigt, ich fürchtete nur, du würdest nie wieder Vorhersagen machen, und das wäre ungünstig gewesen!“ „Oh, natürlich.“ Sie drehte den Kopf mühsam zu ihm hin und sah ihn diabolisch an, sodass er kurz zuckte. Er kannte diesen Blick… einen Blick an ihr, den er immer gefürchtet hatte. Oh, war sie grausam… sie war nicht weniger grausam als er. „Natürlich, Kelar… du hast mich niemals besessen oder Macht über mich gehabt… wenn hier jemals jemand vergewaltigt worden wäre, dann wärst du es von mir.“ „Ich vergaß, dass du eine sadistische, unersättliche Nymphomanin bist,“ räumte er kaltherzig ein, als sie ihren diabolischen Blick von ihm abwandte. Salihah rief nach dem Dienstmädchen, und es kam mit unterwürfig geneigtem Kopf ins Zimmer. „Ja, Herrin? Was kann ich tun?“ „Sei so gut und bring mir mein Laudanum für meine Schmerzen. Und beeile dich etwas…“ Das Mädchen nickte hastig und verließ sofort wieder das Zimmer, als Kelar sie anlinste. Kaum war sie weg, ging er auch zur Tür. Die Gardinen und das Fenster ließ er offen. „Ich weiß, was du vorhast,“ sagte er unverblümt, „Aber ich werde den Senat kontrollieren und stürzen, du kannst nichts dagegen tun. Schon gar nicht, wenn du mit deiner Migräne hier herumliegst, mach dir also keine Hoffnungen. Und mir ist es gleich, wie viele Armeen du gegen mich hetzt… du kannst mir die rechtmäßige Herrschaft über dieses Land, für dessen Freiheit ich gekämpft habe gegen Anthurien, nicht nehmen! Und ich werde dafür sorgen, dass du das einsiehst, ehe deine Zeit gekommen ist.“ Dann ging er aus dem Raum und schloss die Tür. In der Halle traf er auf das Dienstmädchen, das auf einem kleinen Tablett die Flasche mit Laudanum und ein Wasserglas trug. Er hielt sie an und griff nach der Flasche mit dem Schmerzmittel. „Statt das alles mit nach oben zu schleppen, kannst du das auch gleich verdünnen und ihr nur das Glas bringen, du dämliches Stück,“ sagte er grantig, öffnete die Flasche und kippte mit Schwung die Medizin in das Glas. Das Mädchen keuchte. „H-Herr! A-aber so viel könnte Eurer Frau schaden…“ „Willst du mir vorschreiben, wa ich meiner Frau geben und was nicht?!“ blaffte er sie gedämpft an, „kennst du dich mit Medizin aus? Bist du Heilerin?“ „N-nein, Herr…“ „Na also, du hast keine Ahnung. Du siehst doch, die Frau hat grässliche Schmerzen, da braucht sie eine stärkere Dosis, du dummes Drecksstück! Zweifel nie wieder an meinen Taten, oder ich lasse dich im Keller einsperren und verhungern!“ Mit einer ehrfürchtigen Verneigung lief das Mädchen samt dem Tablett die Treppe hinauf und wagte nicht, zu widersprechen. Er sah ihr schnaubend nach. Ja, trink nur dein Laudanum, es wird dich nicht gesund, sondern kränker machen… versprach er seiner Frau in Gedanken, Bald wirst du nicht mehr ohne können und eine erbärmliche, süchtige Made sein… ich werde die Schmerzgeister zwingen, dich zu zerstören, langsam und von innen heraus, sodass es lange und grausam wehtut, Salihah… oh, du wirst deine Strafe bekommen für deinen Ungehorsam, das schwöre ich! Obwohl die Gardinen noch immer offen waren, weil Salihah vergessen hatte, das Mädchen zu bitten, sie zuzuziehen, umfing sie Dunkelheit. Die Wirkung der Medizin war wie eine Mauer aus Dunkelheit und Stille, die sich um sie schloss und sie von der Welt wegschloss… plötzlich war es so angenehm ruhig und sie Schmerzen waren weit, weit weg irgendwo hinter der Mauer. Trotz der beruhigenden Wirkung des Laudanums machte sie sich Sorgen. Sorgen um ihre Familie, um das Volk, das Kelar in eine Tyrannei trieb, um die Zukunft der Welt… es war düster und unheilvoll gewesen in ihren letzten Träumen. Mit Entsetzen hatte die Frau feststellen müssen, dass ihre Sehkraft immer mehr schwand. Es war, als würde das, was ihr diese Kraft verlieh, waren es Geister, Mutter Erde, Vater Himmel oder was auch immer, seine Kraft nach und nach verlieren und sie damit auch schwächen. Zum ersten Mal erlebte Salihah es, nicht genau vorhersagen zu können, was geschehen würde. Als hätte sich ein dicker Nebel vor ihre Augen gelegt, nicht zulassend, dass sie weiterhin so viel sah und wusste… und das war schlecht, denn wenn sie nicht alles wusste, was Kelar tat, verlor sie die Kontrolle über ihn komplett. Sie verfluchte die Schmerzgeister in ihrem Kopf und ihre eigene Schwäche, die mit jedem Tag größer wurde, ihre Unfähigkeit, ihre Arbeit zu tun und ihren Mann zu kontrollieren, dann zog sie sich in die Benommenheit des tiefen, dunklen und traumlosen Schlafes unter dem berauschenden Laudanum zurück, um der Welt für eine Weile den Rücken zu kehren. Vielleicht fand sie ja auf der Reise durch die Geisterwelt im Traum ihre Sehensgabe wieder… So wie die Schwarzmagier mit den Geisterjägern ihren Rat der Mächtigsten unter ihnen hatten, hatten auch die Telepathen und Heiler ihre Räte. Früher einmal hatten Schwarzmagier, Telepathen und Heiler alle zusammen gearbeitet, inzwischen teilte sich das Volk der Schamanen in die drei Unterarten auf. Von der Regierung und Verwaltung waren die Telepathen und Heiler vor Zeiten ausgeschlossen worden, weil die Geisterjäger den Anspruch darauf erhoben hatten, für die ganze Schamanenschaft zu sprechen, denn der Herr der Geister war ja von allen der Mächtigste, daher hatten die anderen nichts zu sagen. Der Senat in Yiara besprach sich mit dem Rat der Geisterjäger, hatte aber zu den Telepathen und Heilern keinerlei wichtigeren Kontakt in der Politik. „Das Volk ist entzweit,“ sagte Hakopa Kohdar, als die vier Geisterjäger ohne Kelar, aber dafür mit Salihah, die ihre Kopfschmerzen vorübergehend los geworden war, wie es aussah, eine weitere Krisensitzung abhielten in Tuhuli. Der Frühling war gekommen. „Entweder sie verfluchen den Senat oder sie sind loyal. In Yiara sind sie grauenhaft geworden, die Menschen. Sie misstrauen sich alle gegenseitig und meckern über die andere Seite, über alle, die anderer Meinung sind als sie. Ich frage mich, wo die Toleranz geblieben ist.“ „Toleranz?“ brummte Zoras Chimalis, „So etwas gibt es nicht mehr, seit Kelar das Land Lyrien nennt und denkt, ihm würde das alles zu Füßen liegen müssen! Dieser Mann glaubt, es wäre Wille der Geister, dass er über alle alleiniger Herrscher wird! Das ist doch lächerlich.“ „Nein, es ist schlimmer,“ machte Salihah, „Ich glaube, er glaubt, den geistern seinen Willen aufzwingen zu können – bald wird nichts mehr Wille der Geister sondern nur noch sein Wille sein, sagt er.“ Sie wurde von den vier Männern verblüfft angestarrt. „Das ist nicht dein Ernst!“ keuchte Minar Emo, „Das erklärt auch, dass die Geister immer zorniger und bösartiger werden… die Visionen in meinem Kopf verheißen nichts Angenehmes.“ „Ich habe noch nie eine angenehme Vision gehabt seit Kelar Herr der Geister wurde, mein Guter,“ stöhnte Zoras und sah dann zu Hakopa, „Aber ich verstehe, was Hakopa sagen will, wir sollten versuchen, das Volk zumindest zu einen, sonst bricht das ganze System nämlich zusammen wie ein instabiles Kartenhaus!“ Er erntete eifriges Nicken. „Salihahchen…“ Er drehte sich zu der Frau um, die den Kopf senkte. „Du bist als begnadete Seelenmagierin Mitglied des Rates der Seelenmagier. Kannst du dich mit denen mal zusammensetzen und sie bitten, sich mit uns zusammenzutun? Wenn wir alle drei Räte vereinen und vor allem wenn alle Bescheid wissen, können wir den Sturz des Senats vielleicht besser verhindern. Dass die Telepathen und Heiler von der Politik ausgeschlossen werden ist ohnehin eine Schnapsidee, sie sind genauso Schamanen wie wir und ihr Anteil ist nicht minder wichtig als der unsere. Du biste s sicher leid, Vermittlerin zu spielen, Salihahchen, ich bedaure es sehr, aber… würdest du uns diesen Gefallen trotzdem tun?“ „Natürlich,“ murmelte sie, „Als Mitglied des TO ist es meine Pflicht, mit ihnen zu beraten. Ich werde auch versuchen, mich an die Heiler zu wenden, wenn ihr wollt. Wir haben keine Zeit zu verlieren, am besten breche ich noch heute auf.“ „Des… TO?“ wunderte sich Nomboh, und sie erhob sich. „Tele-Orden. Wir nennen den Rat so, weil wir Seelenmagier auf Dinge wie Telekinese, Telepathie und Teleport spezialisiert sind.“ „Unser Rat hat gar keinen Namen,“ meinte Nomboh darauf, „Hey, wir sollten uns mal einen ausdenken.“ „Ich hab schon einen,“ brummte sein Bruder, der sich auch erhob, da die Sitzung fürs erste zu vertagen war, „Runde der Narren, die statt sich zu beraten lieber darüber streiten, wessen Clan der Größte ist! So war es schon immer und daran scheitert jetzt die gesamte Politik Dokahsans.“ Er wurde von allen groß angesehen, und Nomboh zog eine Augenbraue hoch. „Das ist mir zu lang… denk dir was Kürzeres aus!“ Nalani freute sich über den Frühling. Jetzt konnte sie draußen sein und musste nicht den ganzen Tag bei ihrem Mann verbringen, der sich ohnehin jetzt darauf konzentrierte, den Umgang der höheren Magie zu trainieren, damit er eines Tages wie sein Vater Geisterjäger werden konnte. An Magie dachte sie auch öfter, aber Gelegenheiten, damit zu üben, hatte sie selten, daher beschränkte sie sich darauf, den Schwertkampf weiter zu üben mit allen Techniken, die Salihah sie einst gelehrt hatte. Manchmal kam sie dazu, ihre Fertigkeiten im Zaubern zu trainieren; dabei war Kiuk ihr eine große Hilfe und sie ihm gleichzeitig auch. Er als Telepath musste üben, Barrieren zu erstellen, die ihn schützen konnten, dabei war es perfekt, wenn Nalani ihn mit Zaubern bewarf und er versuchte, sie abzuwehren. „Du musst schneller werden!“ mahnte Nalani Kiuk, als eine weitere seiner Barrieren von dem harten Wasserstrahl aus ihren Händen durchbohrt wurde und er schreiend zur Seite stolperte, um nicht auch durchbohrt zu werden. Er stolperte über einen Stein auf der Wiese und fiel keuchend zu Boden. „Au…“ stöhnte er, „Ja, ich probiere es ja… du bist eben zu schnell für mich…“ „Umso besser, dann kannst du üben,“ sagte sie dazu und warf ihre schwarzen Haare nach hinten, die ihr ins Gesicht gefallen waren. Seit Kiuk begonnen hatte, mit seiner Mutter zu trainieren, um ein richtiger Seelenmagier zu werden, waren schon drei Monde vergangen. Der Sommer rückte mit dem Kirschmond langsam näher. Nalani mochte den Kirschmond, in dem sie unten beim Dorf die vielen Kirschbäume rosa blühen sehen konnte. Es war eine schöne, angenehm warme Jahreszeit. In Dokahsan wurde es nicht extrem warm im Sommer, da die Provinz ganz im Norden war. Aber wenn man die eisigen Winter gewohnt war, freute man sich über jedes bisschen Wärme. Kiuk rappelte sich auf und putzte sich das Gras von der Hose, ehe er seine Hände ausschüttelte. „Deine Zauber sind zu hart für meine Popelbarriere,“ stöhnte er und raufte sich die braunen Haare. Inzwischen vierzehn geworden war er etwas gewachsen und jetzt sogar größer als Nalani. Nalani war für eine Frau nicht gerade klein, während sie und Kiuk als Kinder etwa gleich groß gewesen waren, war sie früher in die Höhe geschossen als er und hatte ihn einige Zeit überragt; er war froh, wenigstens jetzt nicht mehr der Kleinste in der Familie zu sein. „Dann musst du an deiner Popelbarriere arbeiten,“ sagte Nalani zu ihm und ging in einiger Entfernung auf und ab, darauf wartend, dass es weiterging. „Deshalb sind wir hier, während deine Mutter wegen der Politik unterwegs ist und dich nicht unterweisen kann. Sie hat mich gebeten, mit dir zu üben, und genau das tue ich. Also jammere nicht und mach weiter!“ Sie war eine strenge Trainerin, fand Kiuk beklommen, während er seine Hände ausschüttelte und sich wieder zu konzentrieren begann, um mit Hilfe seiner Geisteskontrolle eine Barriere vor sich zu bauen. Nalani drehte sich um und riss die Hände ebenfalls hoch, um zwischen ihren Handflächen einen Wasserstrudel entstehen zu lassen, den sie sich drehen ließ, schneller und schneller, dabei verformte sich das Wasser zwischen ihren Händen langsam zu einer gigantischen Speerspitze. „Bist du bereit?“ fragte sie düster, und Kiuk starrte sie und ihren mächtigen Wasserzauber an. Er nickte heftig. „Ja, hau rein!“ Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Macht der Magie, die durch ihren Körper floss, aus ihren Händen strömte und das Wasser schuf, es verhärtete und verformte, wie sie es befahl. Sie spürte, wie der Strom stärker wurde, mächtiger, und ihr Körper erzitterte. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie vor sich ihren Wasserzauber, größer und beeindruckender denn je, und sie bebte mit jeder Faser ihres Körpers, als wäre es Mutter Erde selbst, die ihr das Wasser brachte, sie ihren Geist beherrschte und diesen mächtigen Zauber erschuf. „Ihr Geister!“ keuchte sie fassungslos über das Ausmaß ihres eigenen Zaubers, und sie starrte zu Kiuk, der seine Barriere vor sich erschaffen hatte und darauf wartete, dass sie das Wasser auf ihn schmetterte. „Nein… das ist zu viel!“ japste sie, „Es ist zu groß, es wird ihn töten!“ Sie spürte in dem Moment, wie ihr die Kontrolle über die gewaltige Macht entrann, und sie schrie auf und fuhr herum, als sie das Wasser in ihren Händen nicht länger halten konnte. Aus dem Himmel ertönte ein langes, düsteres Grollen und es wurde schwarz. „KIUK, HAU AB DA, SCHNELL!“ brüllte sie noch, ehe der Wasserspeer sich ihren Händen entriss und sie ihn damit ungewollt auf ihren Schwager schmetterte. Kiuk vergaß seine Barriere und ließ sich instinktiv zur Seite fallen, als das Wasser mit rasender Geschwindigkeit auf ihn zukam. Es rauschte an ihm vorbei und traf den Boden hinter ihm, worauf es die Erde mit einem lauten Krachen und einem grellen Blitzen in Stücke schmetterte. Erdbrocken flogen durch die Luft und der Boden erzitterte, sodass Kiuk hochgeworfen wurde und wieder landete, worauf er hustend liegen blieb. Neben ihm war ein kleiner, aber tiefer Krater entstanden, wo sich das Wasser durch die Erde gebohrt hatte wie ein richtiger, scharfer Speer, den Tabari zum Jagen hätte nehmen können. Der Junge setzte sich keuchend auf und starrte auf das Loch neben ihm, bevor er sich zu Nalani umdrehte… und erstarrte. Das Mädchen lag am Boden und zuckte in ungesunder Heftigkeit, als hätte sie irgendeinen grauenhaften Krampf. „Nalani!“ schrie er und stürzte panisch zu ihr herüber, um nach ihr zu greifen. Aber sie wand sich auf dem Erdboden und schrie und schlug seine Hand weg. „Nicht anfassen! Ich… spüre sie noch, die Macht in mir… s-sie ist zu groß, ich könnte dich verletzen… geh weg, rasch!“ „nein, ich lasse dich hier nicht alleine liegen!“ rief er verzweifelt. Was sollte er tun? Sie zuckte erneut und keuchte mit verdrehten Augen. „H-hast du Schmerzen?“ „Es brennt…!“ stöhnte Nalani, „E-es ist, als w-wollten die Geister… mich zerreißen… i-ich weiß nicht, wieso das plötzlich passiert ist-…!“ „Oh nein, was soll ich denn machen?!“ Seine Frage beantwortete sich, als urplötzlich seine Mutter neben ihm aus dem Nichts auftauchte. Kiuk schrie vor Schreck und machte einen Satz rückwärts. „Mutter?! W-wo kommst du denn her?“ „Mein Augenlicht scheint doch noch zu funktionieren, wenn die Geister mich warnen, dass ich zurückkehren sollte, ehe der Vollmond kommt,“ war ihre Begrüßung, sie schob ihn zur Seite und beugte sich hastig über Nalani, die sich wand und keuchte und versuchte, die brennenden Schmerzen in ihrem Inneren zu bekämpfen. „Sieh mich an, Nalani!“ befahl sie streng, „Komm, sieh mich an! Alles ist gut, ich bin da. Ich mache, dass es aufhört.“ „Die Geister werden mich in Stücke reißen!“ schrie das schwarzhaarige Mädchen hysterisch. Salihah packte ihre Handgelenke und hielt sie fest, richtete ihren strengen Blick genau auf die Augen des Mädchens. „Nein, das werden sie nicht!“ rief sie lauter, und Nalani erstarrte plötzlich. Kiuk sah gebannt zu, wie das Zucken aufhörte und wie das Mädchen plötzlich schlaff und erschöpft auf dem Boden lag. Salihah lockerte jetzt beruhigt den Griff um ihre Handgelenke und seufzte tief. „Es ist vorüber,“ sagte sie sanft. „Alles ist gut, keine Angst. Ich habe deinen Geist beruhigt.“ Nach einer Weile, in der sie keuchend da gelegen hatte, setzte Nalani sich auf und fasste nach ihrem pochenden Schädel. „Was ist mit mir passiert, Salihah? Wir haben nur trainiert… aber der Wasserzauber, den ich gemacht habe, war so unglaublich groß… er war so mächtig, er ist mir entflohen und hätte Kiuk beinahe aufgespießt… ich weiß nicht, wieso das p-passiert…“ Die Ahnungslosigkeit machte sie panisch, und als sie zitterte und leise schluchzte, schloss Salihah sie zärtlich in ihre Arme, um sie zu beruhigen. Kiuk kam jetzt auch wieder näher. „Ja, sie hat da hinten ein riesiges Loch gemacht!“ bestätigte er, und Salihah brauchte nicht nachzusehen, um zu wissen, was passiert war. „Es ist deine Macht, Nalani,“ sagte sie dumpf, „Du bist ein Kind des mächtigen Kandaya-Clans, einer Familie mit Wurzeln, die fast so alt sind wie die der Lyras. Aber dein Körper und dein Geist sind der Macht nicht gewachsen… du bist zu stark für dich selbst, Nalani. Diesen Punkt… erreichen einige Schwarzmagier, vor allem in höheren Kreisen…“ „Aber das passiert nicht noch mal, oder?“ fragte Kiuk perplex. Salihah seufzte. „Doch, es wird wieder passieren, wenn du deinen Körper und Geist nicht stärkst und dich bereit machst dafür, diese Macht zu beherrschen, sie zu kontrollieren.“ „Und wie mache ich das?“ „Indem… du die Lehre der oberen Magie bekommst. Es ist Zeit für dich, das eine Jahr in der Isolation zu verbringen und alles zu lernen darüber, wie du deinen Geist und auch die Geisterwinde beherrschen kannst. Das ist die schwierigste und mächtigste Aufgabe der Schamanen, die nur die Schwarzmagier erlernen können.“ Die Frau erhob sich und zog Nalani dabei vorsichtig auf die Beine. „Ich werde dich im Sommer zu Nomboh Chimalis nach Tuhuli schicken.“ ___________________ buahaha XD eigentlich wollte ich in diesem kapi Sukutai einbringen... die musste verschoben werden, der andere Laberkram hat so lange gedauert uû' ziemlicher Salihah-Fokus war das... aber ich mag Salihah, sie ist sone Poserin^^ Laudanum kennen alle?^^ Lösung aus Opium und Alkohol, war früher sehr populär als Schmerz- und Beruhigungsmittel^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)