Zwischen den Fronten II - Auf der falschen Seite? von Kiajira ================================================================================ Kapitel 15: Der Stolz eines Malfoys ----------------------------------- Kapitel 15: Der Stolz eines Malfoys Am nächsten Tag traf sich Ginny mit Draco und Severus. Die drei machten sich auf den Weg zum Hintereingang der Kammer. Als sie in den besagten Korridor einbogen, meinte Draco: "Ich kann nicht lange mit runter kommen, ich muss noch für die Ferien packen. Mein Vater holt mich morgen früh ab." Ginny blickte ihn verwirrt an. "Aber... morgen ist doch noch Unterricht!" Draco zuckte nur mit den Schultern und schenkte ihr einen herablassenden Blick. "Malfoy." Ginny rollte mit den Augen. "Hör schon auf, es an die große Glocke zu hängen. Ein Malfoy ist auch nichts besseres." Er zog bloß eine Augenbraue hoch. "Nichts besseres als was? Als du?" , Ginny sah sich um und senkte die Stimme. "Ich bin ein schlechter Vergleich, wenn du angeben willst. Ich bin mit Voldemort befreundet - du kriechst vor ihm im Staub." Draco schnaubte. "Befreundet? Er wollte dich umbringen!" Ginny zuckte bloß mit den Schultern. "Er neigt nun mal dazu, Leute umzubringen. Aber glaub mir, unser Verhältnis ist um einiges gleichberechtigter als eures." Sie blieb vor einer Statue stehen. "Öffne Dicccchhh", zischte sie und grinste schadenfroh, als Draco zusammen zuckte. Severus zog eine Augenbraue hoch. "Parsel, was? Ich frage mich, ob man die Statue modifizieren kann, dass man sie auch auf andere Weise öffnen kann..." Ginny blickte ihn verwirrt an. "Wozu?" "Damit zum Beispiel auch Draco und ich ohne dich trainieren können." "Versuch es einfach mal, ich hab keine Ahnung. Kommt mit!" Sie trat auf eine enge Wendeltreppe in dem stockdunklen Loch. Severus und Draco folgten ihr mit gezückten Zauberstäben. Wie schon am vorigen Tag, entzündete Ginny den ihren nicht, als sie die lange Treppe in die Grundfesten des Schlosses hinunterstieg. Sie brauchte ihn hier nicht. Kaum hatte sie die Treppe betreten, übermächtigte sie wieder das Gefühl des Nach-Hause-Kommens, stärker noch als in ihrem Gemeinschaftsraum oder Schlafsaal. Mit einem Mal spürte sie Voldemorts Anwesenheit in ihrem Kopf. 'Tom.' 'Ginny.' Ihre Seelen berührten sich. Ginny seufzte wohlig. Sie hatte ihn wirklich vermisst. 'Möchtest du mir etwas bestimmtes mitteilen oder ist dir langweilig?', fragte sie. 'Ich will bloß zusehen, wie ihr meine schöne Kammer verschandelt, damit ich es euch hinterher heimzahlen kann', kam es belustigt zurück. Ginny lächelte. 'Erstens ist das nicht deine Kammer, sondern Salazar Slytherins. Und zweitens haben wir nicht vor, die Kammer zu "verschandeln", sondern wollen bloß trainieren.' Sie konnte spüren,wie Voldemort die Augen verdrehte. 'Erstens, ich bin Slytherins Erbe, also ist es sehr wohl meine Kammer. Und zweitens heißt trainieren auch fehlgeschlagene oder abgeleitete Zauber und die machen meine Kammer kaputt.' Ginny gluckste und drehte sich im Gehen um. "Severus, Tom hat Angst, dass wir ihm mit fehlgeleiteten Zaubern seine geliebte Kammer kaputtmachen", informierte sie ihn amüsiert. Im selben Moment explodierte Voldemorts Stimme in ihrem Kopf. 'DAS IST KEIN GRUND ÜBER MICH ZU LACHEN!' Ginny zuckte zusammen und stolperte. Sie schrie auf, als sie plötzlich den Boden unter den Füßen verlor. Wild ruderte sie mit den Armen, doch zu spät. Sie purzelte die Treppe hinunter, ein paar Mal im Kreis herum, schlug gegen die Wände und kam schließlich auf einem harten Steinboden zum Liegen. "Aua", murmelte sie und stemmte sich mühsam wieder auf. Sie biss die Zähne zusammen, als sie die Schmerzen wahrnahm. Das würde ein paar schöne blaue Flecken geben... Severus und Draco kamen die Treppe heruntergelaufen. "Alles in Ordnung?", fragte Severus. Ginny nickte. "Nicht der Rede wert." Voldemort schnaubte in ihrem Kopf. 'Nicht der Rede wert? Was muss ich tun, damit es bei dir bleibenden Eindruck hinterlässt?' Ginny schlurfte langsam den dunklen Gang entlang, Severus und Draco im Schlepptau. Sie rief sich einige Erinnerungen vor Augen. 'Was einen bleibenden Eindruck hinterlässt? Das hast du schon geschafft. Schau.' Der Tag, an dem sie ihm versprach, Harry zu verraten, lief an ihrem inneren Auge vorbei, der Tag, an dem er ihr einen Cruciatus aufgehalst hatte, der Tag, an dem sie ihn geküsst hatte, der Tag, an dem Harry gestorben war, der Tag, an dem er Bellatrix folterte, der Tag, an dem er um ein Haar Ron getötet hatte... 'Drei von sechs bleibenden Eindrücken waren Crucios, einer ein Avada. Das sollte dir zu denken geben, Tom.' Voldemort schnaubte bloß. 'Und worüber sollte ich nachdenken?' 'Darüber, ob Gewalt das einzige Mittel war, mit dem du diese Situationen hättest meistern können, oder ob es nicht anders hätte gehen können.' Ein erneutes Schnauben. 'Hätte, wäre, könnte - was bringt mir das? Geschehen ist geschehen und nicht mehr zu ändern.' Sein Geist zog sich zurück, bis Ginny ihn nur noch schwach in weiter Ferne spüren konnte. In diesem Moment endete der dunkle Korridor und mündete seitlich in die Kammer des Schreckens. Sie seufzte und trat ein. Der süßliche Verwesungsgeruch des Basilisken schlug ihr wie eine Wand entgegen. War er gestern auch schon so stark gewesen? Sie konnte sich nicht erinnern. Hinter ihr schnappte Draco nach Luft. "Warum bin ich nochmal mit hier runter gekommen?", fragte er leise. "Weil ich dich gezwungen habe", gab Ginny, mit einem Mal wieder gut gelaunt, zurück. Draco brummte leise vor sich hin, als Severus sich vor das geöffnete Maul des toten Basilisken kniete. Seine Augen weiteten sich, als er den Kadaver betrachtete. "Was ist los?", wollte Ginny wissen. Severus zog seinen Zauberstab und erschuf mit einem Schlenker eine kleine Phiole. "Die Giftzähne sind noch vollkommen erhalten! Das Gift ist zwar eingetrocknet, aber das kann man rückgängig machen. Wisst ihr, wie wertvoll Basiliskengift zum Tränkebrauen ist?" "Wertvoller als das eigene Gewicht in Gold", antwortete Draco wie aus der Pistole geschossen. Ginny blickte von der toten Schlange zu ihm auf. "Woher weißt du das? Ich wusste bisher noch nicht einmal, dass man das Gift für Tränke benutzt." Draco schnaubte. "Weil die Tränke alle verboten sind. Mein Vater handelt auf dem Schwarzmarkt damit. Ich wette, ein guter Teil der Ausstattung unseres Manors wurde mit Schwarzhandel von Basiliskengift finanziert." Severus richtete sich mit einem Schwung seines pechschwarzen Umhangs auf. Ginny stellte wieder einmal fest, dass Rons Spitzname für ihn, die alte Fledermaus, gar nicht so weit hergeholt war. Seine dunklen Augen glühten förmlich, als er den beiden die mit einer weißlichen, milchigen Substanz gefüllte Phiole zeigte. "Das ist ein Vermögen wert. Aus jedem Tropfen davon kann man einen ganzen Kessel eines Tranks brauen, von dem wiederum jeder einzelne Tropfen tödlich ist." Ginny schluckte. Und so etwas hatte sie tatsächlich auf die Schüler losgelassen? Ihr wurde eiskalt. Und das lag nicht an der Kammer. Sie hätte Hermine töten können... auch der Blick der Schlange hätte gereicht, um Hermine und die anderen zu töten... Sie senkte den Blick und ballte die Fäuste. Wie nahe sie daran gewesen war... es wurde ihr erst jetzt klar. Einige Momente lang herrschte Still in der Kammer, dann spürte sie einen langen, dünnen Finger an ihrem Kinn, der ihren Kopf hob. "Es besteht absolut kein Grund für dich, dich schuldig zu fühlen. Du hattest keine Macht darüber, was du getan hast, und es ist niemand getötet worden", meinte Severus behutsam. "Hör auf, Trübsal zu blasen, und lass den Kadaver verschwinden." Ginny nickte und schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. Sie zog den Zauberstab, richtete ihn auf den toten Körper der Schlange, schloss die Augen und konzentrierte sich auf ihre Magie. Sie dachte gar nicht erst daran, einen Zauberspruch zu verwenden. In den letzten Wochen hatte sie im Unterricht sämtliche neuen Zauber mit reiner Magie geübt, anstatt wie befohlen die Zaubersprüche stumm anzuwenden. Sie kannte die Zaubersprüche zwar, doch sie hatte sie nicht einmal angewendet. Wozu auch, wenn sie mit einem kleinen Magiestoß in ihrer Hand, den sie mit nur einem Gedanken lenken konnte, das gleiche Resultat erzielen konnte? Je mehr sie die reine Magie geübt hatte, desto mehr war ihr diese andere Art des Zauberns in Fleisch und Blut übergegangen. Manchmal vollbrachte sie mittlerweile kleinere Zauber, wie Accio oder Lumos, so schnell, dass sie selbst, wenn sie die Formel nur gedacht hätte, mehr Zeit benötigt hätte. Es war einfach. Fast zu einfach. Manchmal fragte sie sich, warum es überhaupt Zaubersprüche gab und nicht alle Menschen so zauberten. Sie schickte einen großen Stoß Magie in ihre Hand, schubste ihn in ihren Zauberstab, schwang ihn einmal und ließ die Magie gehen. Es ploppte leise. Das Ploppen hallte von den Wänden wieder. Draco holte neben ihr zischend Luft. Ginny öffnete die Augen. Die Schlange war verschwunden, ganz so, wie sie es gewollt hatte. Ginny lächelte zufrieden. Erst jetzt bemerkte sie, dass Draco sie fassungslos anstarrte. "Ist was?", fragte sie. "Welchen Zauberspruch hast du benutzt? Der Evanesco funktioniert doch bei so großen Sachen nicht!" Ginny blickte ihn ein wenig ratlos an. "Ähm... keinen?" "Hä?" Sie seufzte. "Severus kann es dir sicher besser erklären als ich." Severus trat neben sie. "Ich bin sicher, dein Vater spricht ab und an darüber. Ginnys Art zu zaubern entspricht in etwa stabloser Magie, nur eben noch mit Zauberstab zum Bündeln der Magie." Ginny schnappte erstaunt nach Luft. "Das ist dasselbe wie stablose Magie? Heißt das, ich könnte theoretisch auch ohne Zauberstab zaubern?" Severus schenkte ihr einen ernsten Blick. "Ich weiß es nicht. Vielleicht. Aber versuche es bloß nicht, ohne dass ich dabei bin. Das kann fürchterlich schief laufen - im schlimmsten Fall sprengst du dich selbst in die Luft." "In Ordnung." Einen Moment lang schwiegen die drei sich an, dann meinte Draco: "Ich muss dann wieder nach oben, packen. Kommt... kommt ihr noch mit bis in die Kerker?" Ginny setzte ein schadenfrohes Grinsen auf. "Och, will Klein-Dracy nicht allein durch die Dunkelheit?" Schneller als sie blinzeln konnte, hatte sie die Spitze seines Zauberstabes vor ihrer Nase. "Treib es nicht zu weit", knurrte er. Ginny grinste bloß. "Severus, ich befehle dir, Draco das anzutun, was auch immer er mir antut, selbst wenn es ein Unverzeihlicher sein sollte. Draco, an deiner Stelle wäre ich nett zu mir." Draco schenkte ihr einen Todesblick und steckte den Zauberstab wieder ein. "Das werde ich meinem Vater erzählen", murmelte er, als die drei sich wieder auf den Weg in die Kerker machten. Ginny hopste fast vor Vergnügen. "Mach das. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass Voldemort eher auf mich hört als auf ihn." Draco hätte am liebsten frustriert aufgeschrien. Wie konnte es sein, dass eine Weasley - ausgerechnet eine Weasley! - so mit ihm umspringen konnte wie sein Vater oder der dunkle Lord? Das war einfach ungerecht! Er war schließlich ein Malfoy! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)