Zwischen den Fronten II - Auf der falschen Seite? von Kiajira ================================================================================ Kapitel 17: Frust und ein Duell ------------------------------- Kapitel 17 – Frust und ein Duell Als Ginny wieder aus dem Bad kam, fertig angezogen, packte sie ihr Osterei und lief schnurstracks in die Kammer des Schreckens hinunter. Kaum hatte sie die Statue in den Kerkern passiert, atmete sie auf, und ihr Körper entspannte sich. Sie war sich sicher, seit Hermines Fragen mit den Zähnen geknirscht zu haben. Hermine war eindeutig schlauer, als gut für sie - und Ginny - war. So langsam bekam Ginny Angst, sie könnte die Wahrheit herausfinden. Sie atmete tief durch und trat in die Kammer. Die beruhigende Wirkung, die die Kammer auf sie ausübte, half ihr ein wenig, sich zu beruhigen, aber sie konnte die Sorgen auch nicht verdrängen. Sie blickte frustriert zu Salazar Slytherin auf. "Was soll ich nur machen?", fragte sie ihn leise. "Was hättest du getan?" Einen Moment später musste sie lächeln. "Du wärst niemals in eine solche Situation gekommen, ich weiß." Sie rollte mit den Augen und zwinkerte der Statue zu. Täuschte sie sich, oder erwiderte das steinerne Antlitz das Zwinkern? Sie schüttelte den Kopf. Wurde sie langsam verrückt? Jetzt redete sie schon mit Statuen. Sie setzte sich im Schneidersitz auf den kalten Boden, wirkte rasch einen Wärmezauber und öffnete ihr Osterei. Sie riss eine zweite Brausepulvertüte auf und ließ sich das Pulver auf die Zunge rieseln. Mit geschlossenen Augen atmete sie tief durch und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Sie beschloss, sie laut auszusprechen. Irgendwer hatte ihr mal gesagt, das half, um Situationen objektiver zu sehen. War es Dumbledore gewesen? Egal. "Ich bin in Lord Voldemort verliebt. Lord Voldemort tut jedoch grausame Dinge, die ich verabscheue. Ich habe ihm bei einem Mord geholfen. Meine Freunde und Familie wissen davon nichts. Ich habe Angst, dass sie es erfahren. Ich liebe auch sie alle und will sie nicht verlieren oder enttäuschen. Sie würden mich wie jeden Anhänger Voldemorts verurteilen, wenn sie dahinter kommen, und keine Rücksicht darauf nehmen, dass ich anders bin. Voldemort hat mir einmal versprochen, ihnen nichts zu tun, hat dieses  Versprechen jedoch schon einmal gebrochen. Ich habe Angst um sie. Zusätzlich soll ich für meine Freunde Slytherins ausspionieren. Wenn ich es nicht tue, werden sie Verdacht schöpfen. Hermine hat bereits Verdacht geschöpft. Ich muss aufpassen, worüber ich mit ihr rede. Sie darf nicht noch mehr Anhaltspunkte finden, die darauf hinweisen, dass ich auf Voldemorts Seite stehe. Dabei bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich komplett auf seiner Seite stehe. Und ich muss mich darauf gefasst machen, dass ich eines Tages auffliege. Ich brauche einen Plan, was ich tue, sollte es soweit kommen." Sie atmete tief durch, öffnete die Augen wieder und stand auf. "Ich muss wissen, wie ich mich gegen Moody und McGonagall verteidigen kann. Und dazu muss ich diese Kammer in einen Zustand bringen, dass man sich hier drin gefahrlos duellieren kann." Sie nickte einmal, um ihre Worte zu bekräftigen, verkleinerte das Osterei, steckte es in die Innentasche ihres Umhangs und sah sich um. Das Wasser musste verschwinden - es konnte jemand darauf ausrutschen. Außerdem brauchte sie Leuchtkristalle. Hier konnte man leicht stolpern, so dunkel, wie es war. "Dieses ganze Getier sollte auch verschwinden", murmelte sie, während sie ihren Zauberstab durch die Luft wirbeln ließ. "Ich hab zwar nichts gegen Spinnen, aber hier stören sie." Die Putzerei nahm sie völlig gefangen. Die Kammer war riesig - in so gewaltigen Ausmaßen hatte sie reine Magie noch nie angewendet. Sie vergaß alles außerhalb der Kammer. Es war faszinierend, was sie alles mit einem einfachen Winken ihres Zauberstabs und einem Magiestrom in ihrer Hand anstellen konnte. Das Wasser hatte sie alles auf einmal verschwinden lassen. Wie viel war es gewesen? Bestimmt die Hälfte der Kammer war von Wasser bedeckt gewesen, und das teilweise bis zu einem Meter tief. Es musste enorm viel gewesen sein. Auch sämtliche Spinnweben, Spinnen, Insekten, Ratten und andere Tiere waren mit einem Wink fort gewesen, ebenso wie der Staub. Sie hatte es gespürt. Leuchtkristalle zu erschaffen, um die Kammer zu beleuchten, war schon schwieriger. Sicher, sie hatte im Unterricht gelernt, einen Leuchtkristall zu erschaffen, doch der reichte kaum für mehr Licht als eine Kerze. Hier jedoch brauchte sie Kristalle mit mindestens einer Leuchtkraft eines Kronleuchters, und sie brauchte viele davon. Ihr erster Versuch war zu schwach, der zweite ebenfalls. Beim dritten Mal gelang ihr ein Kristall, der hell genug leuchtete, allerdings musste sie irgendetwas anderes verkehrt gemacht haben. Der Kristall war leuchtete in einem grellen Pink. "Willst du das da ernsthaft hier aufhängen? Slytherin würde Amok laufen, wenn er das sehen könnte." Ginny wirbelte herum. Hinter ihr, bei dem Ausgang, der zu der Statue in den Kerkern führte, stand Severus und musterte sie stirnrunzelnd. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Musstest du mich so erschrecken?" Severus zuckte nur mit den Schultern. "Ich wusste gar nicht, das du so schreckhaft bist", gab er zurück. "Ich habe es geschafft, die Statue so zu verhexen, dass sie jetzt neben Parsel auch ein menschliches Passwort akzeptiert. Es lautet 'Aconitum'." Ginny zog eine Augenbraue hoch. "Typisch. Musste es etwas giftiges sein?" "Natürlich. Obwohl du wissen müsstest, dass die Menge das Gift macht. In geringen Dosen kann man es auch in Heiltränken verwenden." Sie verdrehte die Augen, ließ den pinken Kristall verschwinden und erschuf einen neuen. Diesmal hatte sie es richtig gemacht. Er leuchtete hell genug und das in einem warmen, gelblichen Licht, ähnlich dem von Kerzen. Sie ließ ihn zur Decke hinauf schweben und klebte ihn mit einem Dauerklebefluch fest. Als sie sich Severus zuwandte, sah sie, wie er die Kammer musterte. "Weißt du, woran mich das erinnert, Gin?" "Woran?" "An die Putzanfälle deiner Mutter." Ginny klappte der Mund auf. "Niemals!" Severus blickte sie ernst an, doch seine Augen funkelten amüsiert. "Das sagt sie auch immer, wenn man sie darauf hinweist, dass sie zu viel putzt." Ginny verschränkte entschlossen die Arme vor der Brust. "Schon, aber hier war es im Gegensatz zum Fuchsbau nötig!" Severus lächelte. "Stimmt. Noch ein paar Kristalle mehr und wir können uns hier duellieren." Ginny nickte und beschwor den nächsten Kristall herauf. Severus sah ihr schweigend zu, wie sie noch ein paar Kristalle mehr beschwor, bis die Kammer hell erleuchtet war. Sie blickte ihn mit funkelnden Augen an. "Lust auf ein Duell?" Severus schnaubte. "Denkst du, du hast eine ernsthafte Chance gegen mich?" "Ich habe Bellatrix geschlagen." "Ich auch. Und das sicher öfter als du Küken." "Küken?" Ginny blitzte ihn empört an. "Jetzt will ich erst Recht ein Duell." Severus zog seinen Zauberstab. "Kannst du haben. Aber sage hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt." Ginny grinste bloß und stellte sich ihm gegenüber. Er zog eine Augenbraue hoch. "Du kennst die Regeln für ein Duell?" Sie lächelte. "Natürlich. Das war eins der wenigen Dinge, die Lockhart mir beigebracht hat." Severus zog eine Grimasse. "Danke auch. Ich dachte, ich habe ihn vollständig verdrängt." "Gern geschehen." Severus antwortete nicht, sondern schenkte ihr einen Todesblick und neigte leicht den Kopf. Ginny tat es ihm nach. Als sie sich beide umdrehten und voneinander weggingen, schlich sich Severus in Ginnys Geist. 'Wir sollten eine Verbindung offen halten, nur für den Fall, dass etwas passiert.' 'Ist klar.' Zeitgleich blieben sie stehen, wirbelten herum - und schickten ihre ersten Flüche los. Ginny war wieder auf normale, ungesagte Zaubersprüche umgestiegen. So schnell, wie sie hier reagieren musste, konnte sie sich noch nicht auf die einzelnen Ergebnisse der Flüche konzentrieren. Severus war gut. Seine ebenfalls ungesagten Flüche jagten in einer Mordsgeschwindigkeit auf sie zu, so dass sie oft nicht die Zeit zum Erwidern hatte, sondern nur noch aus dem Weg hopste. Außerdem schickte er oft viele schwächere Flüche und versteckte darin dann einen stärkeren. Ginny erinnerte das an sie selbst, wie sie Bellatrix einmal einen Flederwichtfluch aufgehalst hatte. Doch sie hatte nicht lange Zeit zum Nachdenken. Severus gönnte ihr keine Sekunde Pause. Eine Weile kam sie ganz gut gegen ihn an - doch dann traf sie einer dieser miesen, versteckten Flüche mitten in die Magengrube. Sie wurde nach hinten geschleudert, flog durch die Luft - und krachte mit einem Brüllen gegen eine der steinernen Riesenschlangen. Schmerz schoss heiß in jede Zelle ihres Körpers. Sie keuchte auf und rappelte sich langsam wieder hoch, die Zähne zusammengebissen. "Sollen wir aufhören?", fragte Severus. Ginny funkelte ihn an. Der Schmerz pulsierte durch ihren Körper, zusammen mit ihrer Magie. Oder war der Schmerz ihre Magie? Sie bündelte sie langsam in ihrer Zauberstabhand, spürte, wie der Schmerz nachließ, stellte sich Severus vor, wie er gegen die Wand der Kammer geschleudert wurde - "Ginny? Alles in Ordnung?" Sie ließ die Magie mit einem kleinen Schnippen ihres Zauberstabs gehen. Mit kalter Befriedigung sah sie zu, wie Severus, genau wie in ihrer Vorstellung, ebenfalls durch die Luft geschleudert wurde und gegen die Rückwand der Kammer krachte. Er war im Nu wieder auf den Beinen. "Gut, wie du willst." Sofort legte er wieder los. Ginny schnappte entsetzt nach Luft, als ein neuer Fluchhagel auf sie zukam. Ihr gesamter Körper schmerzte, sie konnte nicht mehr schnell genug ausweichen. Rasch bündelte sie ihre Magie erneut und ließ einen Schild entstehen. Sie stieß erleichtert die Luft aus, als auch der stärkere von Severus' Flüchen daran abprallte. Rasch verstärkte sie ihn und konterte mit ein paar wenigen, aber mit reiner Magie abgefeuerten Strahlen. Sie traf zwar nicht, doch sie schaffte es von Strahl zu Strahl schneller, ihre Magie zu bündeln. Sie musste nur ihren Schild solange mit Magie füttern, bis sie Severus Paroli bieten konnte. Doch der war nicht untätig geblieben: Auch er war jetzt von einem Schild umgeben, an dem Ginnys Flüche abprallten. Und seine Flüche wurden weder schwächer noch langsamer. Im Gegenteil: Ein paar hatten beinahe schon Ginnys Schild zerrissen. Sie erkannte jetzt die Nachteile eines Schildes: Er brauchte permanent neue Magie, die sie eigentlich zum Angriff verwenden wollte. Zum ersten Mal, seit sie zauberte, spürte sie, dass ihre Magie begrenzt war. Sie pulsierte durch ihren ganzen Körper, doch das Pulsieren wurde schwächer. So etwas hatte sie noch nie zuvor wahrgenommen. Sie schluckte. Ihre Flüche aus reiner Magie musste um einiges stärker sein als die, die sie zuvor immer mit Zaubersprüchen abgeschickte hatte. Sie musste aufpassen, dass sie sich nicht allzu sehr verausgabte. Wer wusste schon, was dann geschah? Ihre Flüche wurden wieder weniger, je stärker Severus' Angriffe wurden, doch sie waren nun ebenfalls stärker. Dafür reichte ihre Kraft noch. Sie stellte sich vor, wie ihr neuester Strahl Severus' Schild durchschlug, und legte ihre ganze restliche Kraft hinein. Der Effekt war verblüffend. Der Schild leuchtete vor Ginnys Augen auf, zerfiel, der Strahl flog weiter, hob Severus von den Füßen und ließ ihn gegen die Decke der Kammer krachen. Während er fiel, wedelte er allerdings schon wieder mit dem Zauberstab und wirkte einen Schwebezauber auf sich selbst. Sanft schwebte er zu Boden und funkelte Ginny wütend an. "Na warte. Dafür wirst du bezahlen!" Schon flog der nächste Fluchhagel auf sie zu. Wurde der Mann denn nie müde? "Nein, warte!", rief sie. Keine Reaktion. Nur ein paar neue Flüche. Ginny ergriff die Flucht. Das Pulsieren in ihren Adern war jetzt so schwach, dass sie es kaum noch spüren konnte. Ihr Blut fühlte sich eigenartig leer an, und ihr wurde ein wenig schwindelig. Hinter einer Schlangensäule verborgen, tastete sie sich die geistige Verbindung zwischen ihnen beiden entlang und sandte Severus eine kurze Nachricht. 'Meine Magie ist verbraucht. Bitte, hör auf.' Der Strom aus Flüchen riss ab. "Was?!", kam Severus' entgeisterte laute Antwort. Ginny wagte sich etwas wacklig auf den Beinen aus ihrem Versteck hervor. "Wie zur Hölle hast du das denn angestellt? Hat der Dunkle Lord dir nicht gesagt, dass du darauf achten sollst?" Ginny schüttelte den Kopf. Severus rollten mit den Augen. "Natürlich. So was vergisst er wieder. Lass mich in deinen Körper schauen, das kann gefährlich werden, wenn man es nicht rechtzeitig bemerkt." Ginny trat etwas unsicher vor ihn. "Wie?" "Lass das meine Sorge sein. Halt einfach still und konzentriere dich auf deinen Magiefluss." Ginny holte tief Luft, als Severus seine Hände an ihre Schläfen legte, und schloss die Augen. Sie spürte dem Rest des einmal so mächtigen Pulsierens hinterher. Plötzlich spürte sie noch ein anderes Pulsieren an ihren Schläfen. Es war nicht ihres. Sie musste Severus' Finger spüren und seine Magie. Plötzlich strömte etwas von dieser Magie durch ihre Haut an den Schläfen, und sammelte sich in den Adern, die direkt darunter lagen. Ihr eigenes Pulsieren verstärkte sich ein wenig, jetzt stand sie wieder fest auf ihren Füßen. Severus' Hände verschwanden. Sie schlug die Augen auf. Er blickte sie grimmig an. "Das war verdammt knapp. Du hast es gerade noch rechtzeitig bemerkt. Komm mit in mein Büro, du brauchst noch einen Zaubertrank, der dir hilft, die Magie zu regenerieren. Ansonsten würde es Tage dauern, bis du deine Reserven wieder gefüllt hast." Ginny nickte stumm und folgte ihm zurück in die Kerker. Als sie gehorsam ihren Trank geschluckt hatte und neue Energie sie durchströmte, meinte Severus: "Deine Magie ist deine Lebenskraft. Wenn nichts mehr davon da ist, stirbst du. Denk immer daran. Noch ein winziger Zauber mehr, und ich bin mir sicher, dass du ohnmächtig geworden wärst." Ginny musste schlucken und nickte schnell. "Ich werde daran denken." Dann runzelte sie die Stirn. "Warum spürt man seine Magie eigentlich nicht, wenn man nur mit Zaubersprüchen zaubert? Ist das nicht gefährlich? Dann weiß man ja gar nicht, wann man aufhören muss." Severus schüttelte den Kopf. "Zaubersprüche gelingen dir nicht mehr, wenn du zu wenig Magie hast. Wenn du Zaubersprüche benutzt, leitet dein Zauberstab deine Magie. Wenn nicht, musst du dich um deine Magie selbst kümmern. Dein Zauberstab streikt einfach, wenn es für dich gefährlich wird. Außerdem sind Zauber aus reiner Magie um einiges stärker als Zaubersprüche, deshalb kommt magische Erschöpfung bei gewöhnlichen Zauberern so gut wie nicht vor." Ginny nickte langsam. "Beherrschen viele Zauberer reine Magie?", wollte sie wissen. Severus schüttelte den Kopf. "Nein. Die allermeisten wissen nicht, dass so eine Art des Zauberns überhaupt existiert. Dumbledore wusste davon, der Dunkle Lord natürlich... Lucius und ich sind die einzigen Todesser, die sie beherrschen. Moody dürfte auch darüber Bescheid wissen, auch wenn das nicht zur standardmäßigen Aurorenausbildung gehört. Minerva und Filius würde ich es auch zutrauen. Aber sonst? Ich glaube kaum, dass es in unserem Umfeld noch jemanden gibt, der sie beherrscht." Ginny seufzte schwer. "Moody und McGonagall. Wunderbar." Severus legte ihr die Hand auf die Schulter. "Nimm es nicht so schwer. Du schaffst sie schon. Ich habe heute so gekämpft, wie Moody es am liebsten tut. Du hast erstaunlich lange durchgehalten, bis ich endlich einen Treffer gelandet habe. In der Zeit hättest du genauso gut fliehen können, und das ist alles, was du tun musst, wenn du wirklich auffliegst. Keine Angst, wenn wir öfter trainieren, dann packst du das." Ginny nickte langsam. "Meinst du?" "Ich bin mir sicher." Sie lächelte ihn an und lehnte sich an ihn. "Dann ist ja gut." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)