One litre of Tears von Ikeuchi_Aya (~100 fanfiction challenge~) ================================================================================ 016. Purple ----------- „Jeder von euch sucht sich jetzt eine Farbe aus. Aya-chan, welches Papier möchtest du?“ Die Lehrerin für Hauswirtschaft und Handarbeit wandte sich ihrer Schülerin mit einem freundlichen Lächeln zu, gewillt, ihr das gewünschte Papier zu reichen, sobald sich diese entschieden hätte. Ayas Augen durchsuchten die reiche Auswahl. Es gab so viele hübsche Muster und Farben. Eigentlich hätte sie ein sattes Rot oder eines der Blumenmuster gewählt... Stattdessen musste sie aber immer wieder auf die kleine violette Ecke blicken, welche zwischen all den Mustern hervorblitzte. Es war ein simples Blatt, ganz ungemustert, einfach nur unifarben, und trotzdem zog es Aya in seinen Bann. Sie kannte sich dank Ako ein wenig mit der Farbenlehre aus. Selbst war sie allerdings nicht besonders künstlerisch veranlagt. Seitdem ihre Feinmotorik nachgelassen hatte, war es zudem nur umso schwieriger für sie geworden mit Farben zu arbeiten. Das überließ sie also lieber ihrer Schwester und konzentrierte sich stattdessen auf Worte und Sprache. Jetzt aber war ihr danach, dass sie unbedingt den violetten Ton nehmen müsste. Er stand für Außergewöhnlichkeit, Magie, Originalität, aber auch für Künstlichkeit. Trotzdem... die positiven Assoziationen überwogen für sie. Aya hob die Hand und deutete langsam auf das Blatt: „Ich... möch...te... das... v...vio...lette.“ „Das hier?“ Die Lehrerin zog das quadratische Blatt hervor und lächelte, „Bitte!“ Sie reichte es Aya in die Hände und wartete geduldig, bis diese es genommen hatte. Die anderen Schüler wählten bunt gemusterte oder jene Farbnuancen mit helleren Tönen. Doch wie immer schien es Aya nicht zu irritieren. Es machte ihr nichts aus, dass sie anders war und sich nach anderen Dingen fühlte als der Rest ihres Kurses. Das war in Ordnung. Auch ihre Aufsichtspersonen im Schülerinternat wussten, dass sie sich erst dann Sorgen oder Gedanken machte, wenn es darum ging, wie sich andere in ihrer Gegenwart fühlten. Ob sie ihnen Kummer bereitete, Unannehmlichkeiten heraufbeschwor, … Ganz für sich kam Aya mit ihrer Krankheit und den Reaktionen der Gesellschaft auf deren sichtbare Symptome ziemlich gut zurecht. Vielleicht war auch das der Grund, warum ihre Lehrerin so gelächelt hatte, als sich ihre Schülerin für Violett entschied: Mit ihrer Art, die wichtigen Dinge im Leben zu betrachten, sich nicht von Nichtigkeiten ablenken zu lassen und ihren Weg zu gehen, war sie für viele ein Vorbild, ohne dass sie es merkte. Sie trug jene Magie in sich, die andere mit in ihren Bann zog, ohne dass sie sich verstellte. Sie war einfach nur sie selbst. „So... ich zeige euch jetzt, wie wir eine Taube falten können. Keine Sorge, ich werde euch helfen!“, erklärte die Lehrerin dann motiviert, und wählte ihr eigenes Blatt Origamipapier, um es dann vor sich zu legen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)