Wolfswege von Scarla ================================================================================ Kapitel 8: Tariq ---------------- Zum wiederholten Mal blieb Tariq stehen und blickte sich voller Verwunderung um. Alles war hier so schmutzig und in den Gängen war kaum ein Mensch anzutreffen, das kannte er nicht. »Sieht es in anderen Städten auch so aus?«, fragte er leise. »Das kommt drauf an, wer in der Stadt wohnt, wie groß sie ist, ob es viele Fremde gibt, wie die Wasserversorgung ist«, antwortete Nea und hob ihren Rock, damit er nicht schmutzig wurde. Tariq schaute sie mit zur Seite geneigtem Kopf an. »Wie kann denn ein Mensch in so einem Dreck leben? Und wieso sind hier nur so wenige Häuser und kaum Menschen?«, fragte er verwundert. Nea und Lugh Akhtar warfen sich einen viel sagenden Blick zu. Er schien nicht das Leben eines gewöhnlichen Jungen gelebt zu haben, sondern kam aus reichem Hause aus einer der großen Städte. »Woher kommst du?«, fragte Nea neugierig, denn es gab nicht viele solche Städte, und wer wusste schon, was es vielleicht für Vorteile mit sich brachte, jemanden aus einer dieser Städte zu kennen. »Aus Lanta, das liegt in den östlichen Bergen«, antwortete er zögernd. »Der Königsstadt?!«, rief Nea erstaunt aus. Sie hatte mit Rosaly oder Irian oder sogar mit Altena gerechnet, aber nicht mit Lanta. »Ja«, antwortete er schüchtern und schaute sie aus großen braunen Augen so treuherzig an, wie es sonst nur ein Hund vermochte. Nea und der weiße Wolf blickten sich abermals viel sagend an, dann wieder zu Tariq. »Unter den Umständen können wir ihn nicht allein reisen lassen, er kennt deinen Namen und weiß, dass du eine Zauberin bist. Wenn seine Eltern erfahren, dass du ihn nach Lanta alleine hast laufen lassen, dann wirst du ein Problem haben«, bemerkte Lugh Akhtar. »Ich weiß«, stöhnte sie auf. »Was ist?«, fragte Tariq verblüfft. »Och, nichts, nur dass wir dich nach Hause bringen müssen, Kleiner«, knurrte Nea. »Nein, müsst ihr gar nicht!«, widersprach er sogleich, doch Nea wischte seine Worte mit einer Handbewegung beiseite. »Wenn du aus Lanta kommst und solche Städte nicht kennst, dann heißt das, dass du aus gutem Hause stammst und was meinst du, was die mit jemandem wie mir tun, wenn ich dich alleine diesen Weg gehen lassen würde?«, fragte sie missgelaunt. »Nein nein, so ist es aber nicht, keine Angst«, winkte Tariq sofort ab. »Wie sonst?«, fragte Lugh Akhtar, und blickte so auffordernd, dass der schwarzhaarige Junge wusste, was der Wolf wollte, ohne ihn zu verstehen. »Meine Eltern arbeiten im Schloss, ich bin dort aufgewachsen. Deswegen kenne ich mich hier nicht so gut aus, sie haben mir verboten, es zu verlassen«, erklärte er und lächelte verlegen. Nea schaute fragend ihren Wolf an. »Was sagst du dazu?« »Ich bin mir nicht sicher. Er scheint die Wahrheit zu sagen... und trotzdem klingt es irgendwie zu plausibel, wie vorher zurecht gelegt«, überlegte der Wolf und neigte den Kopf auf die Seite. Nea schaute ihn nachdenklich an, dann zuckte sie mit den Achseln. »Wenn das so ist, dann verschwinde, wir haben zu tun«, herrschte sie ihn an. Tariq jedoch bewegte sich kein Stück, sondern biss sich unwillig auf die Lippe. »Wohin werdet ihr jetzt gehen?«, fragte er unsicher. »Nach Altena, wir haben etwas wichtiges mit dem Ordensmeister zu besprechen«, erklärte sie. »Wieso?« »Ich wollte... fragen, ob ich euch noch ein wenig begleiten kann. Ich...« Er sprach nicht weiter, doch sowohl Nea als auch Lugh Akhtar konnten sich denken, was er sagen wollte. »Frag ihn nach der Wahrheit, wenn uns seine Antwort gefällt, nehmen wir ihn mit, wenn nicht, dann soll er zusehen, wie er alleine nach Hause kommt«, überlegte der weiße Wolf. »Das kann ich nicht tun, Lugh Akhtar und das weißt du. Ich habe dir geholfen, also muss ich ihm auch helfen«, antwortete Nea. »Das ist ein Unterschied, mein Problem hat mit der Zauberergilde zu tun, seines nicht. Wärst du ein Waldläufer würde ich dir recht geben. Aber nun gut, mir soll es egal sein. Bringen wir den Welpen nach Hause und gehen dann nach Altena. Wer weiß, vielleicht kennt mich ja jemand in der Stadt.« Zum wiederholten Mal schien es so, als würde der Wolf mit den Schultern zucken. »Lugh Akhtar, jetzt sei nicht so! Warum bist du denn jetzt so grummelig?«, fragte sie ihn misslaunig. »Ich bin nicht grummelig, ich finde bloß, dass er uns nichts mehr angeht. Ich weiß auch nicht, immer wenn ich ihn anschaue habe ich das Gefühl, ihn kenne zu müssen, aber mir fällt einfach nicht mehr ein, woher«, brummte er. »Und ich finde aber, dass er uns durchaus noch etwas angeht. Lugh Akhtar, ich kann ihn nicht allein gehen lassen«, erklärte sie. »Deswegen ja, mir soll es recht sein, ihn erst nach Lanta zu bringen. Vielleicht kommen wir ja schon von da aus weiter«, antwortete er, doch Nea gefiel sein Ton so gar nicht, denn es war ein Ton, als wäre der Wolf allen Ernstes beleidigt über ihr Vorhaben. »Ach, mein Wolf, du bist schwierig«, seufzte sie und stieß die Tür zum Wirtshaus auf. Sie deutete Tariq, sich zu setzen und schickte auch Lugh Akhtar in die Richtung, um allein mit dem Wirt zu sprechen, dann setzte sie sich zu ihnen. »Wir bleiben die Nacht hier und morgen Früh ziehen wir weiter. Die Frage ist nur, wohin, und ich muss dir ganz ehrlich sagen, dass mir deine Haltung nicht gefällt, mein Wolf.« Sie schaute das weiße Tier böse an, der zeigte sich jedoch unbeeindruckt. »Mir ist es egal. Es ist nur so, dass ich den Besuch in Altena gerne schnell hinter mich bringen würde«, erklärte er. »Und Tariq möchte bestimmt schnell nach Hause, oder?«. Sie schaute den Jungen fragend an, der ein wenig ratlos von ihr zu Lugh Akhtar und wieder zurück geschaut hatte. »Ja, ja, natürlich«, antwortete er schnell. »Dann lass uns erst dorthin gehen«, antwortete der Wolf resignierend, der keine Lust hatte, auf die typisch weiblichen Gebärden seiner Begleiterin. Der war das jedoch herzlich egal und sie machte fleißig weiter. »Jetzt hör aber mal auf, mit deinen Anwandlungen!«, fuhr sie ihn an. »Was denn für Anwandlungen?! Ich sag doch, dass es mir recht ist!«, antwortete er verzweifelt. »Du meinst es aber nicht so! Sag doch, was du willst!« »Hab ich doch schon! Aber das war dir doch auch nicht recht!« »Aber...!« Nea wusste nicht wie sie das, was sie eigentlich störte in Worte kleiden sollte und so fuchtelte sie sinnlos mit den Armen herum, um dann heftig aufzustehen und ihn anzuschauen, als wäre alles böse der Welt seine Schuld. »Darf ich eine Frage stellen?«, machte Tariq leise auf sich aufmerksam. Sofort blitzte Nea ihn an, doch sagte sie nichts, sondern machte eine entsprechende Handbewegung. »Warum sprichst du mit ihm, als wärt ihr verheiratet?«, fragte der Junge neugierig. Nea und Lugh Akhtar starrten ihn verblüfft an, sodass er sich zu einer Erklärung genötigt fühlte. Er zuckte mit den Schultern und sagte: »Irgendwie wirkts, wie der weibliche Part eines alten Ehepaares.« Stirnrunzelnd und leicht irritiert über diese Aussage schaute sie den Wolf an. Der kicherte ein wenig und erklärte dann: »Er hat recht, Nea.« Sie strafte Beide mit einem eisigen Blick, setzte sich wieder und erklärte dann unterkühlt: »Wir müssen nach Altena, ich muss mit meinem Ordensmeister sprechen. Wenn du magst kannst du mit kommen, danach würden wir dich nach Lanta bringen, aber das ist wichtig.« »Dann würde ich euch gerne ein Stück des Weges begleiten und dann schauen, was die Zeit bringt«, erklärte Tariq. Und so war der weitere Weg beschlossene Sache. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)