110! The god of insanity(!)... von G_O_D (... and the hellhound.) ================================================================================ Kapitel 4: abhauen ------------------ Get away (Jay) Für Jay war das Gefühl der Flucht nichts Unbekanntes. Jay mochte von vielen für noch so mutig gehalten worden sein, er selbst wusste, wie er oft er einfach abgehauen war. Sei es nun um seinen Problemen zu entkommen oder sich den Schmerzen nicht stellen zu müssen. Doch seine größte Glanzleistung war, dem Tod entkommen zu sein, als dieser auf Lacrima Belli seine gnadenlosen Finger nach ihm ausgestreckt hatte. Es gibt viele Formen der Flucht und Wegrennen ist nur eine davon. Verleugnen ist ebenfalls eine Form der Flucht. Als er jung war, waren seine Freundin und eine seiner Töchter gestorben und alle waren erstaunt gewesen, mit welcher Leichtigkeit Jay das alles weggesteckt hatte. Vielleicht hätte er eine anständige, gesunde Trauer an den Tag legen können, hätten sie nicht von dort verschwinden müssen. So hatte er nur kurz Zeit gehabt um zu trauern, dafür hat er dabei Blut geweint. Es war seine erste Flucht, nicht nur vor den Agenten der Regierung und dem Tod, sondern vielmehr eine Flucht vor seinen Gefühlen. Es war eine Flucht vor allem. Der Gefahr und den Schmerzen. Jay war viel, oft sogar ein Idiot, der sich ohne ersichtlichen Grund in jede Gefahr stürzte, doch er war nur selten so dumm gewesen nicht die Beine in die Hand zu nehmen und Fersengeld zu geben, als es die Situation erforderte. Vielleicht war das auf lange Sicht gesehen ein Fehler gewesen, dass er sich nie die Zeit genommen hatte um ein Problem zu lösen, sondern immer davor abgehauen war. Abhauen war seine Lösung und in seinen Augen war es eine der effektivsten Lösungen gewesen, die er hätte finden können. Abhauen bedeutete keine Probleme und keine Sanktionen aber dafür das Gefühl der Freiheit. Auch wenn manche etwas anderes behaupteten, war er selbst der Ansicht, dass er niemals erwischt oder gestoppt worden war, sondern jede Flucht bis zum Ende durchgezogen hatten. Abhauen, war ein Bestandteil seines Lebens gewesen, doch dann kam der Tag, an dem er die Gewohnheit brach und sich einem schier unbezwingbaren Feind stellte. Er stellte sich dem Feind, besiegte ihn und bekam dafür dessen Kraft. Es war der Tag, an dem er die Amaru eroberte und somit auf ein unbezwingbares Schiff unter seiner Kontrolle hatte. Ab diesem Tag wurde die Option des Abhauens zu einer letzten Instanz, welche nur noch eingesetzt wurde, sollte der Feind zu stark sein. Aber diese Situation traf aufgrund der gewonnen Stärke niemals ein, zumindest nie im Kampf Schiff gegen Schiff. Auf dem Land behielt Jay seine Ansicht einer ehrenhaften Flucht bei. Sei es nun, dass ihre Position von einer Überzahl an Aliens überrannt wurde, oder er einfach nur Stress hatte und nicht unbedingt wieder ein Wochenende vor Gericht verbringen wollte, so wählte er die schnelle Flucht seitwärts von der Bühne und seine Freunde mussten immer zusehen, dass sie mit ihm Schritt hielten. War Jay erst einmal losgelaufen, gab es für ihn kein Anhalten mehr, bis er sich in Sicherheit fühlte. Ihm war auch egal, ob er bei seiner Flucht in eine noch größere Gefahr lief, sondern er behielt seinen Kurs bei, im Ganzen betrachtet, bahnten sich einen Weg und setzte öfter als nur einmal seinen Schädel ein um ein Hindernis aus dem Weg zu räumen. Und doch gab es kein besseres Beispiel für Jays Fluchtwahn, als jene Situation, als man ihn und Chris für ein Spezialkommando auswählen wollte und sie dafür einige Eignungstests ablegen mussten. Die körperlichen Tests stellten keine Probleme für sie dar und ihre Ergebnisse beim Schusstest war überdurchschnittlich, was die beiden gleich damit abtaten, dass sie einen guten Lehrer hatten, was den Umgang mit Waffen betraf. Dann kamen die psychischen Tests und in denen schnitten sie dann nicht mehr ganz so gut ab. Sie waren zwar belastbar in jeglicher Stresssituation, die feindbedingt war, doch auf eine interne Stresssituation reagierten die beiden seltsam. Jeder auf seine Art... „Was heißt hier ich kann das nicht?!“, brüllte Chris den Vorgesetzten an, „Beweisen Sie mir, dass ich das nicht kann!“ „Mr. Owens, beruhigen sie sich.“ erwiderte der Mastersergeant gepresst. „Ich bin doch ruhig!“ erwiderte Chris gereizt. „Dann setzen Sie sich hin und halten Sie die Klappe!“ forderte der Mastersergeant und zeigte auf den Stuhl, der ihm gegenüber vor dem Tisch stand. „Schon gut, schon gut.“ murrte Chris nun wieder etwas ruhiger und ließ sich auf dem Stuhl nieder. Die beiden MPs neben der Tür entspannten sich und einer stieß die Luft endlich wieder aus, die er lange angehalten hatte. Das Gespräch zwischen Christoph Owens und dem Mastersergeant Raekon dauerte erst zehn Minuten aber den MPs waren diese zehn Minuten wie eine Ewigkeit vorgekommen, da Chris einem Tornado glich, der gleich das ganze Büro in Schutt und Asche legen würde. Es war ein psychologischer Test, doch das wusste Chris nicht. Ihm war nur gesagt worden, dass eine Truppe, in der ein Freund von ihm war, auf einem Planeten vermisst wurde und aufgrund einer letzten Meldung, welche von großen Mengen Zerg berichtete, war ihm ausdrücklich untersagt worden, dass er aufbrechen und die Leute retten solle. Kurz gesagt, er solle sie ihrem Schicksal überlassen. Man konnte da natürlich über Chris sagen, was man wollte, sogar dass er ein Arschloch war, aber wenn es um seine Freunde ging, war ihm kein Opfer zu groß und keine Dummheit zu gefährlich. „Mr, Owens, ich bitte Sie, dass Sie verstehen, dass wir unter solchen Umständen kein Rettungskommando losschicken können.“, meinte der MSgt ruhig, „Es wäre reiner Selbstmord.“ „Das ist mir egal!“, schrie Chris gleich und sprang wieder auf, „Ich fliege dorthin und hole die Jungs raus! Ich weiß da zwei oder drei Idioten, die mir ohne lange zu überlegen folgen würden!“ Der MSgt seufzte. „Und wenn sie zu spät kämen, was wohl mit Sicherheit der Fall ist?“ fragte er. „Dann mischen wir diese scheiß Viecher auf!“ sagte Chris lautstark und überzeugend. „Zu viert?“ fragte der Mann hinter dem Schreibtisch nach und blickte Chris durchdringend an. „Ich sagte nur, dass ich zwei oder drei Idioten kenne, die ‚mir’ ohne zu zögern folgen würden!“, erwiderte Chris und beugte sich über den Tisch, „Wenn die Jungs erfahren, dass Odin vermisst wird, dann... dann...“ Chris holte tief Luft und brüllte: „Dann wird sich die Hölle über den Zerg auskotzen!“ Die Augen des MSgt waren vor Angst geweitet, da er inzwischen dem jungen Mann, der ihm gegenüberstand, alles zutraute. Schließlich räusperte sich Raekon und meinte sachlich: „Eine sehr interessante Aussicht. Sie glauben also, dass sie etwas schaffen, woran eine ganze Flotte scheitern würde.“ „Im Notfall würden wir den Viechern auch einfach den Planeten unter dem Arsch wegsprengen!“ erwiderte Chris schlug in die Luft und drehte sich dabei um. Er stapfte vom Schreibtisch weg. „Das würde dann möglichen Überlebenden auch nicht helfen.“ merkte Raekon nüchtern an. „Aber sie wären nicht von den Zerg getötet worden!“ erwiderte Chris lautstark. „Was sicher ein großer Trost für ihre Seelen sein wird.“ meinte Raekon und stempelte in Gedanken Chris als geisteskrank ab. „Es geht ums Prinzip, verdammt!“ fluchte Chris, war wieder blitzschnell vor Raekons Schreibtisch und hatte mit beiden Handflächen daraufgeschlagen. Chris schien vor Zorn schon beinahe elektrisch aufgeladen zu sein und Raekon konnte sich des Gefühles nicht erwehren, dass er gleich durchdrehen würde. Der MSgt senkte den Kopf und schüttelte ihn traurig, wobei er sagte: „Ich fürchte, Sie sind im Moment für Vernunft nicht ansprechbar. Wegtreten!“ „Weg-... Wegtreten?!“, wiederholte Chris vor den Kopf gestoßen, „Sie glauben, dass ich die Sache einfach so belasse?!“ „Das werden Sie, ansonsten muss ich Sie unter Arrest stellen!“ erwiderte Raekon ruhig und warf den beiden MPs einen Blick zu. Diese nickten und traten vor. „Das letzte Wort ist in dieser Sache noch nicht gesprochen!“ knurrte Chris. „Oh doch, das ist es.“ erwiderte Raekon. Chris’ Hand schoss vor, packte den MSgt an der Kehle und drückte zu. Sofort reagierten die beiden MPs. Einer holte den Elektroschocker hervor und verpasste Chris einen betäubenden Schlag. Sofort verdrehte er die Augen, lockerte seinen Griff und brach zusammen. Besorgt sah Raekon nun auf den ohnmächtigen Mann, der auf seinem Tisch lag und er rieb sich den Hals. „Bringen Sie ihn in an ein nettes Plätzchen, wo er in Ruhe aufwachen kann und sagen sie Mr. Stone bescheit, dass er besser mit ihm redet.“, trug Raekon auf und bereute, was er dem jungen Mann hatte antun müssen, „Er ist vielleicht kein guter und pflichtbewusster Soldat, aber ein verdammt guter und loyal Kämpfer.“ Einer der MPs nickte, dann fassten sie Chris unter den Schultern und zerrten ihn hinaus. MSgt Raekon schaffte noch schnell etwas Ordnung auf seinem Schreibtisch, dann drückte er einen Knopf auf seiner Sprechanlage und sagte möglichst ruhige: „Man soll Jaykoff Smith reinschicken.“ Es verstrich beinahe eine halbe Minute, dann wurde ein weiterer junger Mann in den Raum geschleift. Raekon starrte ihn irritiert an. Chris war wenigstens noch selbstständig in den Raum gegangen, aber Jay musste bereits von zwei MPs reingeschleift werden. Sein Blick wirkte paranoid und ihm waren Handschellen und Fußketten angelegt worden. „Äh. Was...?“ fing Raekon an, doch er wusste nicht, wie er die Frage genau formulieren sollte. „Er wollte abhauen.“ erwiderte einer der MPs und Raekon sah, dass er eine Platzwunde über dem linken Auge hatte. „Und was ist mit ihrem Gesicht passiert?“ fragte Raekon weiter. „Als er abhauen wollte, hat er mich geschlagen.“ erklärte der MP. Raekon zeigte auf den Stuhl vor seinem Tisch und Jay wurde von den beiden MPs zu diesem geführt. Zögernd ließ er sich darauf nieder. „Entspricht das der Wahrheit?“ fragte Raekon und klang noch höflich. Jay nickte, doch sein Blick wanderte durch den Raum auf der Suche nach einem Fluchtweg. „Und warum?“ erkundigte sich Raekon. „Weil ich nicht mit ihnen reden wollte.“ erwiderte Jay und klang nervös. „Haben Sie etwa Angst vor mir?“ fragte Raekon überrascht. Jay nickte. „Warum?“ fragte Raekon weiter. „Ganz einfach, sie haben es geschafft, dass Chris durchdreht.“, antwortete Jay, „Ich habe Angst, dass sie auch schaffen, dass ich wütend werde.“ Raekon legte die Stirn in Falten. „Könnten Sie mir bitte erklären, was Sie mit dieser Aussage meinen?“ fragte Raekon. Jays Augen hörten auf hektisch nach einem Ausweg zu suchen, fixierten den MSgt. und mit einer leisen, zitternden Stimme sagte er: „Es ist gefährlich, wenn ich wütend werde.“ „Gefährlich.“ wiederholte Raekon, aber er klang nicht überzeugt. Jay nickte und konkretisierte: „Sehr gefährlich.“ Raekon schob seinen Oberkörper vor und stützte sich mit seinen Ellbogen auf dem Tisch ab. „Eine Interessante Aussage, oder sollte ich es eher als Ausrede bezeichnen.“ meinte der Vorgesetzte abwertend. „Ausrede?“ wiederholte Jay und glaubte, seinen Augen nicht zu trauen, da ihm Raekon nicht glaubte. Er versuchte gerade das Leben des Mannes zu retten und dieser... dieser glaubte ihm einfach nicht, sondern behandelte ihn wie einen Verrückten. Nun, vielleicht war Jay ja tatsächlich verrückt, aber würde das dann seine Warnung nicht noch dringlicher machen? „Nun, Mr. Smith.“, erwiderte Raekon und klar erklärend, „Ich bin ja nicht zum Psychologen ausgebildet, aber ich sehe es so, als würden sie ihre ‚Wut’ als Schutzschild verwenden um vor Problemen zu fliehen.“ Einer der MPs legte die Stirn in Falten. Er hatte vor ein paar Tagen mit Prince gepokert und dabei eine Menge über Jay erfahren. Was er dabei erfahren hatte, war im Grunde genau das, was der MSgt. gerade ausgesprochen hatte. Jay verdrängte die Probleme meist mit Wut. Prince hatte gesagt, dass er sich ein Ziel sucht und dann nur noch auf dieses fokussiert. So gesehen war Raekons Aussage eine Analyse von Jays Psyche. Eine zutreffende Analyse. Ein kurzes Blitzen war durch Jays Augen gegangen und sein ganzes Gesicht hatte sich mit einem Mal entspannt. Nun war sein Blick leer und er wirkte wie in Trance. Raekon schien das nicht zu bemerken, denn er fuhr fort: „Es scheint, als würden Sie die Sorgen um Ihre Umwelt als einen Vorwand verwenden, um sich Probleme vom Leib zu halten. Sie spielen eine labile Persönlichkeit um nicht belastet zu werden.“ „Ich bitte Sie, schweigen Sie!“ keuchte Jay gepresst. Er kniff die Augen zusammen, sein Gesicht war verzerrt und auch so war jeder Muskel seines Körpers angespannt. Raekon hielt kurz inne. „Stellen Sie sich den Problemen!“, befahl ihm Raekon und fügte noch dazu, „Das ist ihre Pflicht als Soldat.“ „Ich bin kein Soldat.“ erwiderte Jay und seine Stimme bebte vor Anstrengung und Schmerz. „Sie sind ein Soldat.“, widersprach ihm Raekon, „Was sollten Sie sonst sein?“ „Ein Pirat.“ war die Antwort. Raekon schnaubte verächtlich auf. „Ein Pirat.“, wiederholte er, „Das sieht ihnen gleich. Ein Pirat wird niemals über die Stärke und Disziplin verfügen, die ein Soldat hat. Ein Pirat wird immer nur schwach sein.“ „Und doch... bin ich stärker... als jeder Ihrer Soldaten.“ keuchte Jay und schaffte für einen Augenblick zu grinsen. Raekon schüttelte den Kopf und sagte ruhig: „Ihre sogenannte ‚Stärke’ baut auf Ihr Schiff auf. Was wären Sie ohne ihr Schiff?“ „Immer noch ich selbst.“ antwortete Jay und er wirkte wieder etwas ruhiger. „Ja. Immer noch Sie selbst.“ bestätigte Raekon und nahm eine Mappe, welche er vor sich auf dem Tisch liegen hatte. Es war eine Art Lebenslauf von Jay, welche aufgrund der Tatsache, dass die Aufzeichnungen erst begannen, als er mit acht Jahren in einem Waisenhaus auftauchte, nicht als vollwertiger Lebenslauf bezeichnet werden konnte. Raekon tat so, als würde er ihn schnell überfliegen, doch in Wahrheit war ihm schon bekannt, was darin stand. „Sie wären noch immer dieselbe Person, welche einfach floh, nachdem ihre Freundin und ihre Tochter...“ sagte Raekon, doch er wurde unterbrochen. Zwei rot leuchtende Punkte hatten seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen und nun starrte er in Jays Augen, welche rot glommen. Sein gesamtes Gesicht wirkte vor Zorn verzerrt und seine Haut färbte sich im Rhythmus seines Pulses immer wieder in einem dunklen grau-braunen Ton. Sein Atem ging schnaubend und die Wut die er ausstrahlte, war fühlbar. Dann blinzelte er, sein Gesicht erschlaffte und seine Augen hörten auf zu glühen. „Ich... ich muss hier abhauen.“ keuchte er, sprang auf, wobei die Ketten einfach rissen, als sie zu weit gespannt wurden. Er war über die Lehne seines Stuhles gesprungen, auf die Tür zugestürmt und mit dem Kopf dagegen gerannt, was nur ein gewaltiges Loch in der Titantür hinterließ. Raekon sah dem jungen Mann mit angstgeweiteten Augen hinterher und murmelte: „Vielleicht hat er aber auch Recht mit seiner Warnung, was seine Wut anbelangt.“ Als die, seltsam unmenschlich klingenden, Schritte Jays verklangen, wandte sich Raekon an die beiden MPs und er fragte: „Haben Sie davon gewusst.“ Der, der am Vorabend mit Prince gepokert hatte, antwortete militärisch perfekt: „Sir, nein, Sir!“ Der zweite zögerte kurz, was ihm den Blick seines Kollegen und des MSgt. bescherte. Als ihm das bewusst wurde, seufzte er und antwortete zivil: „Ich habe davon gehört, als ich in einer Bar namens Eden saß.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)