Innermost - Bis(s) zu deinem Schutz von *Fane* (The Bella & Edward Story geht weiter !) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Es gibt Situationen über die man sich wundert, die einen erschrecken oder enttäuschen. Es gibt aber auch Begebenheiten, die einem das Gefühl vermitteln, von hinten im Dunklen, bei völliger zeitweiliger Orientierungslosigkeit, erdolcht worden zu sein. Man wiegt sich in Sicherheit und stirbt daran innerlich, weil man es nie geglaubt oder auch nur in Erwägung gezogen hatte. Vielleicht wäre der Dolch in den Rücken auch ein falscher Vergleich. Von innen vergiftet… innerlich zermürbt… Diese Gefühl durchströmte meinen ganzen Körper und ich wusste, egal was ich tat, egal was wir tun würde, nichts würde wie vorher sein und es würde ein böses Ende nehmen. Wir würden jemanden verlieren. Mindestens einen. »Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.« Abraham Lincoln Kapitel 1: Zusammenfassung Vorgänger-FF "Infinite" -------------------------------------------------- Zusammenfassung „Infinite“ => Ich denke mit der Zusammenfassung kann man gut in Innermost einsteigen, wenn ihr fragen habt, könnt ihr gerne schreiben! Oder hier nachlesen: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/93123/224403/ Viel Spaß^^ --------------------------------------------------------------------------------- PROLOG Wie viel Schmerzen füge ich denjenigen, die ich liebe, noch zu? Wie viel Schmerzen kann ich ertragen, wenn ich sehe, wie sehr ich ihnen wehtue? So perfekt mir mein Leben erscheint, seit ich Edward kenne, so grausam kann es enden. Habe ich überhaupt eine Chance? Was soll ich tun, wenn Schutz meiner Liebsten heißt, dass ich gehen muss? Ich hatte keine großen Ansprüche an mein Leben gehabt. Durchschnittlichkeit war nicht die beste Voraussetzung dafür. Doch niemals hätte ich geglaubt, dass das gesamte Schicksal aller Cullens von mir abhing. Dass nur ich allein, alles zum Guten oder zum Schlechten wenden konnte. Tod oder Leben. Und dabei war die Lösung am Ende doch so einfach. So einfach und doch so grausam und schmerzhaft – zumindest für mich. » Der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme. « Friedrich Schiller ------------------------------------------------------------------------------ ZUSAMMENFASSUNG: Nachdem Bella Edward ein wenig zu sehr verführt hat, beißt dieser sich selbst, um Bella zu schützen und zu widerstehen. Carlisle bringt Edward nach Hause und bedeutet Bella, dass Edward sehr schwach ist. Eine Selbstverletzung hat gravierende psychische Auswirkungen selbst für einen Vampir. Bella nimmt das hin und wartet. Doch ihr geht es auch nicht gut, sie verliert den Appetit, wird krank und ist am Boden zerstört. Als Edward endlich wieder bei Bella auftaucht und sie zum Essen einlädt ist Bella bestürzt, dass er einfach wieder zum Alltag übergehen will. Bella bricht, da sie tagelang kaum etwas gegessen hat, im Restaurant zusammen. Carlisle behandelt Bella bei diesen zu Hause und Edward beschließt im Einverständnis mit Bella weg zu fahren. Sie fliegen zu der Insel „Santa Catalina Island“ und verbringe schöne Tage dort, jedoch mit Zwischenfall: Alice und Jasper besuchen die beiden und erschrecken Bella beim schwimmen im Meer zu Tode (sie glaubt, dass Hai auf sie zu stürmen). Bella fühlt sich gedemütigt und beginnt an der ungleichen Beziehung zwischen Edward und ihr zu zweifeln, obgleich sie ihn innig liebt. Alice und Jasper wollten Edward warnen, dass sie eine neue Spur von Victoria haben, die die Cullens immer noch suchen, und, dass gewarnt war, falls sie sich der Insel näherte. Kurz darauf treffen Emmett und Jasper ein, die die beiden sofort mit zurück nehmen, denn Victoria hat in Charlies Haus herumgeschnüffelt. Daraufhin trifft Bella eine Entscheidung: Sie will ein Vampir werden und wenn Edward ihr nicht hilft wird sie sich andere Wege suchen. Als sie, Edward will sie in Sicherheit wissen wenn er nach Victoria sucht, bei den Cullens übernachtet, Charlie wird weiterhin überwacht, weiht sie Alice in ihre Entscheidung und bittet sie um Hilfe. Alice will helfen. Bella bleibt noch eine Weile bei den Cullens. Als Charlie Verdacht schöpft, er ist sehr misstrauisch und sieht Schatten, und Victoria kein Interesse mehr an ihm zu zeigen scheint, sehen die Cullens davon ab ihn vierundzwanzig Stunden zu bewachen. Ein folgenschwerer Fehler: Charlie wird von Victoria getötet. Bella ist völlig verzweifelt und schiebt sich selbst die Schuld zu, dass Charlie wegen ihr, für sie, gestorben ist und isst, zu Edwards Besorgnis, kaum etwas. Die Beerdigung wird vorbereitet, René reist an (Bella ist entsetzt, dass sie sich nun in Forks bzw. in der Nähe von Victoria aufhält) und Charlies Testament wird geklärt. Bella ist fest davon überzeugt, dass sie ihren Vater hätte schützen können, wäre sie eher ein Vampir geworden und setzt ihren Plan in die Tat um: Sie sucht tief im Wald nach Victoria – und findet sie. Victoria lässt es sich nicht zweimal sagen und beißt sie. Allerdings ist sie nicht so gnädig sie sofort zu töten, sondern beißt sie unzählige Mal und injiziert ihr dabei so wenig Gift, womit sie Bellas Tod durch psychische Nervenschwäche beabsichtigt. Sie will Bella in den Wahnsinn treiben. Edward findet Bella und Bella überlebt, erleidet jedoch eine sehr schmerzhafte und übermäßig lange Verwandlung. Doch die Verwandlung verläuft nicht normal. Zwar ist Bella danach ein Vampir und unsterblich, allerdings glänzt sie nicht in der Sonne, kann weinen, schafft es nicht ihre Kräfte und ihre Schnelligkeit bewusst zu kontrollieren und ist nicht durstig. Kurz darauf erkennt Carlisle ihre Fähigkeit: Bella kann gegenwärtige, nicht zukünftige oder deren Wirkungen, sehen und verändern. Edward schenkt Bella ein Cabrio. Bella bekommt ein eigenes Zimmer, welches sie mit Edward zusammen zu ihrem gemeinsamen Schlafzimmer machen will. Sie kommt ins grübeln über den körperlichen Teil ihrer Beziehung, der nun möglich geworden ist, und bittet Esme und Alice um Rat. Esme klärt Bella auf, wie das mit Vampiren hinsichtlich Sex und Verhütung ist. Carlisle vermutet derweil, dass Bellas Verwandlung doch nicht abgeschlossen ist und sie sich nur in einem „Übergangsstadium“ befindet. Edward und Bella richten ihr Schlafzimmer ein, doch Edward will nicht mit Bella schlafen. Er sagt, dass ihre Seele und ihr Körper momentan noch nicht in Einklang ist und er vorher nicht mit ihr schlafen möchte. Kurz darauf erinnert sich Bella wieder an ihren Vater, an den sie, wie sie erschreckt feststellt, kaum mehr gedacht hatte. Ihre Erinnerungen verblassen. Sie wird panisch und bittet Edward sie zu Charlies Haus zu bringen. Dort rennt sie wie eine Besessene herum, damit ihre menschlichen Erinnerungen erhalten bleiben. Edward kann das nicht mit ansehen und bringt sie gegen ihren Willen zurück zum Haus der Cullens. Sie ist außer sich, als sie dort ankommen und alle Gefühle prasseln wieder auf sie ein. Sie hört ihre Fähigkeit wieder und spürt das zerbersten ihres Kopfes. Zum ersten Mal spürt sie Durst und bringt zwei Menschen um. Die Cullens können sie nicht aufhalten, da sie sie im Rausch mit ihrer Fähigkeit zurück hält. Bella hat große Schuldgefühle. Ihre Kräfte und Fähigkeiten kommen wieder. Die Verwandlung scheint weiter zu gehen. Doch als Edward Anstalten einer Verführung macht, blockt nun Bella ab. Sie fühlt sich schäbig und will in diesem Zustand nicht mit Edward schlafen. Die Cullens wollen helfen, ihre Kräfte zu kontrollieren, weshalb Edward und Emmett mit ihr in den Wald gehen und sie gegen Emmett „kämpft“. Sie gewinnt, zum Leidwesen von Emmett. Doch das Training hat nicht viel genützt. Bella kann sich bei ihrem nächsten „Anfall“, wie sie heimlich nennt, nicht ausreichend kontrollieren, um die Entscheidungen der Cullens, ihr zu helfen, nicht zu verneinen. Sie töten drei Menschen und fasst den Entschluss, sich entweder beim nächsten Mal besser im griff zu haben oder zu gehen. Alleine zur Besinnung zu kommen. Die Cullens trainieren weiter mit ihre Fähigkeit. Natürlich hat Alice ihren Entschluss gesehen und warnt sie, es nicht zu tun. Auch Edward erfährt unfreiwillig durch Alice von Bellas Vorhaben. Alle Cullens reden auf sie ein, so etwas nicht einmal in Erwägung zu ziehen, als Alice plötzlich eine Vision hat und die Volturi: Aro, Caius, Jane, Demetri, Sempre und Felix. Sie wollen zu Bella. Sie wollen sie mit nach Italien nehmen unter dem Vorwand, testen zu wollen, wie gefährlich sie ist und ob sie das Geheimnis bewahren und sich beherrschen kann. Genau genommen hat Aro eigentlich nur Interesse daran, dass Bella eine von ihnen wird. Sie stellen ihr ein Ultimatum für die Tests nach Italien zu kommen und verschwinden selbst wieder. Bella hat keine andere Wahl und muss, zu Edwards Unmut, nach Italien reisen. Die Nacht davor haben die beiden das erste Mal miteinander. Edward, Alice und Carlisle begleiten sie zwar nach Volterra, doch Bella setzt sich durch und geht alleine zu den Volturi. Die Cullen sagen, dass sie, wenn Bella in drei Tagen nicht wieder bei Ihnen ist, einschreiten und zu den Volturi gehen. Die Volturi testen Bella, um ihre Fähigkeiten und Abnormalitäten festzustellen, die sich sogleich auch äußert: Bella wird ohnmächtig. Sie versuchen immer wieder Kräfte aus ihr herauszukitzeln, nur während der „Essenspausen“ der Volturi ist Bella allein, Edward hat sie gewarnt, ihren Drust nicht mit den Volturi zu stillen, und versucht ihre Fähigkeit zu disziplinieren und bewusster werden zu lassen, damit sie fliehen kann. Sie entdeckt einen runden warmen Fleck um ihren Bauchnabel, den Edward auch schon entdeckt hatte und nun größer zu werden scheint. Doch Bella hat keien Zeit sich darüber Gedanken zu machen, denn sie erfährt den wahren Grund ,weshalb sie da ist: Die Volturi haben sie längst abgeschrieben und benutzten sie nur als Köder an die Cullens zu kommen. Daraufhin kann Bella ihrem immer größer werdenden Durst nicht standhalten und stillt diesen schließlich doch, auf sehr stümperhafte und menschliche Art und Weise, mit den Volturi. Sie erkennen, zu Unrecht, dass an Bella absolut gar nichts besonders ist. Als sie dann wieder alleine ist, fasst sie ein Entschluss sofort zu fliehen. Entweder sie schafft es jetzt zu fliehen und ihre Fähigkeit in Griff zu kriegen oder nie, sagte sie sich. Denn sie glaubt nicht, dass es besser wird. Mit größter Anstrengung schafft sie es die Gedanken der Volturi zu beeinflussen, damit diese sie nicht zurückhalten können. Sie gelangt nach draußen und fliegt mit den Cullens auf dem schnellsten Wege wieder zurück. Zurück in Forks ist Bella häufiger schwindelig und schwummerig zumute. Carlisle fragt nach irgendetwas Auffälligem und Bella berichtet Carlisle von dem Bauchnabelfleck. Carlisle ist ratlos. Um Bellas Durst vorzubeugen gehen die Cullens mit ihr auf die Jagd und Bella muss feststellen, dass ihr tierisches Blut gar nicht schmeckt, genauso genommen findet sie es widerwärtig, was die anderen doch sehr überrascht. Als Carlisle davon hört, hat er nur eine Erklärung: Bella ist schwanger. Mehr weiß er nicht. Keiner weiß wie das geht und wie es weiter gehen kann, doch eines wissen sie und vor allem Edward: Sie freuen sich riesig auf das Kind. Nur Bella ist, abgesehen von Rosalie, die wegen der Gefahr, dass die Volturi gefallen an dem Kind haben könnten, gar nicht begeistert von Bellas Schwangerschaft, ein wenig missmutiger und muss sich erst an den Gedanken gewöhnen. Fortan muss Bella menschliche Nahrung zu sich nehmen, die aber auch wie solche für sie schmeckt. Carlisle bestätigt ihr via Ultraschallgerät die Schwangerschaft und bereits den zweiten Schwangerschaftsmonat. Bella ringt mit sich, was sie ihrer Mutter sagt und vor allem wie. Sie entschließt sich ihr einen Brief zu schreiben und Ultraschallbilder mitzuschicken. Bella macht sich zunehmend mehr Gedanken über die Zukunft und ist schrecklich besorgt, ob sie das richtige tut und später eine gute Mutter werden kann. Zu allem Übel reist ihre entsetzte Mutter an und fordert sie auf mit nach Jacksonville zu kommen oder, dass sie selbst dann nach Forks zieht und wenigstens in ihrer Nähe bleibt. Bella kann das auf keinen Fall zulassen, weil sie Angst hat, dass ihr dasselbe widerfährt wie Charlie. Victoria stellt immer noch eine Gefahr dar. Sie muss ihrer Mutter sehr weh tun, damit diese endlich einsieht, dass sie nicht an dem Leben ihrer Tochter teilhaben kann. Bella besucht Charlies Grab und „redete mit ihm“. Sie ist sehr traurig. Bald darauf wird Bella krank. Ihr Wärme- und Kälteempfinden spielt völlig verrückt. Bella schläft zwei Tage, danach muss sie wieder kräftig essen, und genest. Zum ersten Mal spürt sie dann das Baby in ihr strampeln. Des Weiteren entscheiden die Cullens einvernehmlich nach Vancouver umzuziehen. Erstens wegen eines Kinderzimmers und zweitens wegen ihres Alters. Innerhalb von drei Tagen ist ein Haus ausgesucht, gekauft und eingerichtet. Mittlerweile kennt Bella auch das Geschlecht ihres Kindes: Es wird ein Mädchen. Edward macht Bella einen Heiratsantrag den sie überschwänglich annimmt. Sie entscheiden alleine zu heiraten, an einem anderen Ort und vor der Geburt des Kindes. Doch Bella kommen relativ schnell Zweifel. Will sie die Heirat wirklich oder nur weil sie weiß, dass er es so gerne möchte? Oder nur weil ein Kind unterwegs ist? Sie ist hin- und hergerissen zwischen ihren Wünschen und ihren Pflichten, bleibt jedoch letztendlich bei ihrer Zusage. Doch bevor die beiden Heiraten wird das Kinderzimmer eingerichtet, denn Schwangerschaft verläuft bei Bella schneller als bei Menschen. Bella, Edward, Alice und Esme kaufen gemeinsam alles nötige ein. Bella fühlt sich jedoch von den wissenden und dominierenden Vampirdamen bevormundet und nicht ernst genommen. Traurig äußert sie ihre Wünsche kaum noch. Als Esme und Alice dann zu Hause das Ruder beim Einrichten übernehmen, stürmt Bella aus dem Haus. Sie hat das Gefühl nicht erwünscht zu sein und, dass sie nie so viel Wissen haben kann wie die anderen. Sie glaubt, keine gute Mutter sein zu können. In Tränen aufgelöst steigt sie in ihr Auto, fährt los und baut einen Unfall. Doch Bella hatte Glück im Unglück, dem Baby und ihr geht es gut. Esme und Alice entschuldigen sich bei Bella und sehen ihren Fehler ein. Nun darf Bella entscheiden und die anderen helfen ihr bei den Möbeln. Doch kaum kehrt ein bisschen Ruhe, Bella und Edward fahren nach Forks um nach dem Haus zu sehen, hört Edward Gedanken von Personen, die sich im Haus befinden: Victoria und Renée. Während Renée glaubt, dass Victoria eine Freundin von Bella ist und mit ihr auf Bellas Rückkehr wartet, hegt Victoria die Absicht, herauszufinden was mit Bella passiert ist und Edward das liebste zu nehmen. Renée erzählt ihr von Bellas Schwangerschaft und Victorias Ziel ist es nun, das Baby zu töten, um Edward endgültig sein liebstes zu nehmen. Doch dazu kommt es nicht. Zwar wiegt Victoria sich in Sicherheit, da Edward vor Renée nichts tun kann, doch Bella setzt Renée ungeschickt für einen Moment außer Gefecht, sodass der viel schnellere Edward Victoria ein für alle mal bewältigen kann. Bella ist zwar erleichtert, doch sie muss Renée, die an Bellas Seite bleiben will, eine herbe Abfuhr geben und sagt ihr „leb wohl“. Tags darauf gehen Esme und Alice in die Stadt um Bella ein Brautkleid zu kaufen. Zwar ist Alice immer noch eingeschnappt weil es keine große Feier geben wird, doch das lässt sie sich nicht nehmen. Letztlich kaufen sie ein dunkelblaues Abendkleid, das Alice auf Bellas Größe umnäht. Am selben Abend äußert sich das letzte und sehr verspätete Schwangerschaftsanzeichen: Bella erbricht sich bis zur Erschöpfung. Mehrere Tage erbricht sie, kann kaum etwas zu sich nehmen und schläft sehr lange. Übergangsweise bekommt Bella Infusionen, damit das Kind ernährt wird. Als sie wieder einigermaßen normal essen kann, bespricht Carlisle mit Edward und Bella die Geburt. Bella entscheidet sich für einen Kaiserschnitt im Hause der Cullens. Bella und Edward wollen noch vor der Geburt heiraten, weshalb alles relativ schnell gehen muss, da das Baby rasch wächst. Edward bereitet alles vor, er beherzigt ihre Wünsche, überrascht sie aber. Bella hört ein Gespräch zwischen Carlisle und Esme mit. Beide machen sich Sorgen wie das nach Geburt wird und vor allem, was es wird. Carlisle gibt zu Bedenken, dass es schlimm enden könnte, wenn das Baby ein Mensch wird und Bella sich direkt nach der Geburt wieder verwandelt. Während des kleinen „Junggesellinnenabschiedes“ macht sich Bella Gedanken und ruft schließlich Carlisle an und bittet um eine Vollnarkose, während des Kaiserschnittes. Carlisle willigt ein. Bella will ihr Kind nicht direkt nach der Geburt sehen, da alles noch zu ungewiss ist. Gegen Mittag bringt Alice ihre Bald-Schwägerin in ein abgelegenes Waldstück, wo Edward mit Bella allein in einer kleinen Kapelle heiratet. Nach der Trauung, beim Tortenanschneiden und -essen, spürt Bella mehrmals einen heftigen Schmerz in ihrem Unterleib. Edward reagiert sofort und fährt mit ihr nach Hause. Im Auto platzt ihre Fruchtblase, sodass Carlisle das Kind sofort holt. Edward verwundert darüber, dass Bella sich eine Vollnarkose gewünscht hat, wendet aber nichts ein. Als Bella nach der Narkose aufwacht und Esme das Kind zu ihr bringen will, schreit sie sie panisch aus dem Raum und begutachtet sich. Sie stellt erleichtert fest, dass sie sich noch nicht wieder verwandelt hat und ihre Haut, um den Bauch herum warm und farbig, noch nicht wieder die Alte ist. Sie weiht den irritierten Edward ein, dass sie gehen und sich von ihrer Tochter fernhalten will, wenn Alice sieht, dass sie sich verwandelt und somit eine Gefahr für das Kind darstellt. Edward kann sie von ihrem Entschluss vorerst nicht abbringen. Bella sieht danach zum ersten Mal ihre Tochter, doch sie ist entsetzt, als sie feststellt, dass sie nichts für das Kind, ein Mensch (Carlisle glaubt, dass sie sich irgendwann verwandeln wird), in ihren Armen empfindet. Sie schiebt es verwirrt über ihre Gefühle Esme zu und will mit dem Kind nichts mehr zu tun haben. Sie glaubt, es nie oder nicht genug lieben zu können und äußert Edward ihre Ängste. Carlise und Edward bitten sie Tabletten zu nehmen, damit sich ihr Geist wieder ordnet und sie endlich die Muttergefühle in sich „wiederfindet“. Sie kann so ihre Depression überwinden und etwas für Nela, Esme gab ihr mit Edward zusammen den Namen, während Bella tagelang im Bett lag, empfinden. Kaum hat Bella sich mit ihrer Tochter und ihrer neuen Rolle angefreundet, als die Cullens ihr etwas offenbaren müssen: Sollte sich Nela verwandeln, wenn sie noch ein Kind ist, müssen sie sie töten. Sonst würde es die Volturi tun und die Cullenfamilie mit hinzu. Es kommt wieder mal zu einem Streit zwischen Rosalie und Edward. Bella ist geschockt, doch es sind alles nur Vermutung, was mit Nela passiert und wann sie sich verwandeln wird. Wie ein schlechtes Omen, findet Bella dann einen hellen kalten Fleck um Nelas Bauchnabel und befürchtet das schlimmste, doch es geschieht nichts und Carlisle kann nur vermuten. Sie müssen abwarten. Doch auch zwischen Bella und Edward kommt es zum Streit. Ausgelöst von einem beiläufigen Witz von Emmett kommen beide auf das Thema „zweites Kind“ zu sprechen und Edward ist mürrisch, als er verlautet, dass er sie in keinem Fall noch mal schwängert. Bella fühlt sich gekränkt und erkennt eine weitere Fähigkeit, bzw. eine Ergänzung ihrer. Sie kann nicht nur Entscheidungen hören und beeinflussen, sondern auch neue Entscheidungen dem anderen. Bella und Edward söhnen sich wieder aus, können jedoch, wegen es nicht geklärtes Punktes der Verhütung, erstmal nicht mit einander schlafen, und genießen die Zeit mit ihrer Tochter. Tags darauf macht Bella mit Nela allein einen Ausflug in die Stadt und geht zum ersten Mal als Mutter in die Öffentlichkeit. Sie trifft während eines Einkaufs ein genauso überfordertes Elternteil namens David, der auch fragend vor dem Milchpulverregal stehen. Sie kommen ins Gespräch und David läd’ sie zu einer Babyparty ein. Bella willigt spontan ein. Bella erkennt des Weiteren, dass sie wieder menschlichen Hunger verspürt und, dass damit die Verwandlung wohl noch in die Ferne gerückt wird. Auch wenn es, nach Carlisle, nur ein Gefühl und kein Bedürfnis des Körpers sein kann, soll sie diesen Hunger stillen. Das Thema Verhütung kommt wieder auf. Edward macht Bella einen Vorschlag, dass sie die Pille ausprobiert und Carlisle die Wirkung über einen Hormonspiegeltest herausfindet. Bella willigt ein. Am nächsten Tag sagt David die Babyparty ab, doch sie wird nur verschoben. Ebenso kommt an diesem Tag ein Brief der Denalis an, die auf Bella und Nela gespannt sind und sie einladen. Die Cullen brechen gleich auf. Bella ist ängstlich. Sie weiß nicht wie sich den Denalis gegenüber verhalten und fühlt sich ihnen gegenüber lächerlich. Die Denalis heißen sie herzlich gekommen und hören sich die ganze Geschichte rund um Bella und Nela an. Sie können jedoch ihre Angst, die Cullens durch die Volturi zu verlieren, wenn Nela ein unsterbliches Kind werden sollte, nicht verbergen. Bei einer Erkundungstour durchs Haus, während alle anderen jagen sind, findet Bella ein Foto auf dem Nachttisch von Tanya – von Edward. Ihre Vermutung bestätigt sich, als sie ein Gespräch zwischen Tanya und Edward mitbekommen. Edward beschwichtigt sie aber, als sie ihn darauf anspricht und sagt ihr, dass er ihr deutlich gemacht hat, dass ihre Gefühle nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Am Tag darauf fährt sie zu der verschobenen Babyparty, die sich eher als Großevent herausstellt und auf einem riesigen Privatgrundstück stattfindet. Bella genießt die Zeit mit Nela, David und dessen Sohn Linus. Sie fühlt sich unheimlich wohl mal nur Mensch sein zu dürfen und alle Sorgen zu vergessen. Doch genau in diesem Augenblick kommt ihr vampirischer Hörsinn wieder und schlägt ein wie ein Blitz – sie hört Edward und Alice weiter weg. Bella verabschiedet sich rasch, es sie schon spät und sucht Edward und Alice im nahegelegenen Waldstück auf. Ohne etwas zu sagen, Bella ist verwirrt und glaubt, dass ihre Verwandlung nun doch weiter geht, fahren sie zurück. Doch Carlisle hat ganz andere Vermutungen. Er glaubt, dass Bella sich nur dann verwandeln würde, wenn sie kein Vampir werden will. Solange sie ein Vampir werden und bleiben will, wird sie – im Gegenteil – immer menschlicher. In dem Moment, wo sie das Menschsein genoss, kamen Fähigkeiten wieder, die Alice als Visionen sah. Da sie allerdings mehrere Visionen sah, bis hin zum zurückkehren von Bellas Durst, fuhren Alice und Edward ihr nach, um nachzusehen. Zunächst findet Bella diese Nichtverwandlung nicht weiter schlimm, schließlich würde sie grauenvollen Neugeborenenjahre überspringen, doch als die Cullens alles andere als glücklich darüber sind, erfährt sie, dass noch mehr dahintersteckt: Nela. Ihrer Tochter wird es genauso gehen. Wird sie den Wunsch hegen ein Mensch zu werden, verwandelt sie sich, selbst wenn sie ein Kind ist. Identifiziert sie sich jedoch mit den Vampiren und will so werden wie sie, verwandelt sie sich vorerst nicht und es ist anzunehmen, dass die komplette Verwandlung erst kommt, wenn sie kein Kind mehr ist. Doch Carlisle offenbart ihr schnell das Problem an der Sache: Das Kind wird in Bella einen Mensch sehen und sich mit ihr als Mensch identifizieren. Wenn das geschieht, wird Nela ein unsterbliches Kind. Für Bella steht es fest: Sie muss gehen. Sie muss sich von den Cullens fernhalten, damit ihre Tochter überlebt und erst dann wieder kommen, wenn sie alt genug ist. Bella geht unter Tränen und fährt wahllos umher bis sie sich entscheidet zu ihrer Mutter zu gehen. Diese nimmt irritiert aber liebevoll auf. Edward folgt ihr nach Jacksonville und will mit ihr reden. Er will sie überreden zurückzukommen, damit sie eine andere Lösung finden. Er bitte sie, ihn nicht zu verlassen. Doch Bella hat Angst, wenn sie zurückkehrt und trotzdem in Edward Nähe bleibt, der Nähe ihrer Tochter nicht widerstehen kann. Bella hat eine andere Idee. Sie hatte vor ihrem Gespräch mit Edward mit Tanya telefoniert. Sie will, dass Tanya ihre Rolle als Mutter von Nela und Partnerin von Edward (zumindest zum Schein für Nela) einnimmt. Für Edward kommt das nicht im entferntesten in Frage und bittet Bella wieder ihn nicht zu verlassen. Bella erbittet Bedenkzeit. Sie bleibt lange bei ihrer Mutter und telefoniert nur mit Tanya, die zu der Zeit bei den Cullens ist. Bella trifft eine Entscheidung und bittet Edward her zu kommen, was er auch am gleichen Tag noch tut. Sie sagt, sie käme zurück nach Vancouver, wenn Tanya bleiben kann. Doch auch Edward ist vorbereitet. Er aht Alice und Jasper mitgenommen. Alice will Tanyas Rolle einnehmen, doch das kann Bella nicht akzeptieren. Sie kommen überein, indem Bella zusagt, Tanya nicht bei den Cullens haben zu wollen und Alice zusagt, die Rolle nicht einzunehmen. Bella geht zurück mit nach Vancouver. Sie bittet die verärgerte Tanya, sie hatte sich mehr erhofft, vor allem in Bezug zu Edward, zu gehen. Tanya düst missmutig zurück nach Denali. Rosalie und Edward geraten wieder mal aneinander, doch Carlisle kann den Streit besänftigen. Bella verabschiedet sich von ihrer Familie. Sie wird sie nicht oft sehen können und Nela fünfzehn bis zwanzig Jahre nicht. Edward fährt sie zu ihrer neuen Wohnung, die Alice eingerichtet hat. Ihr Domizil zum Schutz ihrer Tochter… ----------------------------------------------------------------------------- Den Epilog habe ich nicht zusammengefasst, weil er sowieso sehr kurz ist und quasi die Einleitung für „Innermost“ ist… EPILOG Edward „Gib her, ich kann alleine lesen“, murrte Nela Esme an und nahm ihr das Buch weg. „Was hat sie denn?“, fragte Alice, die gerade zur Tür hereinkam. Ich hatte das Fenster geöffnet und den Vorhang zur Seite geschoben. „Sie ist sauer auf mich, weil ich nicht erlaubt habe, dass sie mit Emmett flussabwärts geht“, sagte ich seufzend und bekam einen bösen Blick von Nela gesteckt. Flussabwärts, Richtung Forks. Unmöglich. „Liebling, du weißt doch genau warum oder?“, fragte Esme sanft und legte einen Arm um sie. Nela schüttelte ihn mürrisch ab und verschränkte die Arme. Genauso stur wie ihre Mutter, dachte ich grinsend. „Ja ich weiß. Da sind Menschen in der Nähe und wenn ich mich verwandel und wegen der Sonne, ich soll nicht zu weit weg von euch blablabla“, motzte Nela. „Richtig“, sagte Esme und küsste ihr rasch auf die Wange, bevor sie es abwehren konnte. „Ihr könnt gehen, ich gehe ins Bett“, sagte Nela mit finsterem Gesicht und stand auf. „Ohne Abendessen?“, sagten Alice und ich gleichzeitig. Sie enttäuscht (Ich habe mich heute extra an einer neuen Gewürzmischung probiert, dachte sie), sie kochte immer für Nela, ich verwundert. Nela sah uns böse an, dann ging sie stampfend an uns vorbei. Wir lachten so leise, dass sie es nicht hören konnte. „Mach dir keine Gedanken-“, begann Esme und legte einen Arm um meine Schultern. „Keine Sorge ich höre eure, das reicht“, erwiderte ich. Esme lachte. Alice war schon Nela hinterher gehuscht. „Emmett“, hörte ich Nela im Erdgeschoss flüstern, „wir tun so, als ob wir einfach auf die Terrasse gehen und dann laufen wir ganz schnell weg.“ Emmett lachte und redete in normaler Lautstärke: „Nelli, eines musst du lernen. Du kannst Alice nichts vor machen und deinem Vater auch nicht, auch wenn er deine Gedanken nicht lesen kann. Außerdem kannst du noch so leise flüstern, alle hier im Haus hören es.“ Ich hörte Nela in die Küche stapfen und ein paar Teller und Schüsseln unwirsch verrücken. Esme und ich kamen nach Alice ins Wohnzimmer. Ich sah so eben noch wie Emmett Nela in die Küche folgte. „Du kennst doch unsere Gründe oder?“ „Blablablabla“, zischte Nela und hantierte weiter mit Küchenutensilien herum. „Komm Nela, Rose und ich sind nicht extra aus Belgien eingeflogen, um ein missmutiges Kind zu treffen“, Emmett beugte sich zu ihr runter, „lächeln liebe Nichte, sonst wird das nichts mit schönem Wetter an deinem zehnten Geburtstag.“ „Schönes Wetter? Also schlechtes Wetter?“, brummelte sie. „Lass gut sein“, sagte ich und legte Emmett dankbar eine Hand auf die Schulter. Hab’s versucht, aber Bellas Gene sind nach wie vor zu dominant, du bist der einzige der sie zur Vernunft bringen kann, lachte er in Gedanken. Ich nickte nachdenklich und ging selbst zu ihr. Esme, Emmett und Alice hinter mir verstreuten im Haus. Emmett und Alice waren sehr wichtig für Nela. Umso wichtiger noch, dass sie die Zeit mit Emmett auskosten konnte, wenn er denn mal hier waren. Und ich hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Natürlich mochte sie das nicht. „Kleines, hör zu“, ich kniete mich neben sie, fasste ihre Hände und drehte sie zu mir, „du weißt doch-“ „Ich kenne die Gründe Papa!“, schrie sie mich an. „Und warum verstehst du es dann nicht?“, fragte ich ruhig. „Ich verstehe es ja, aber- man muss auch mal was riskieren, weil-“ Du haargenau wie deine Mutter bist, ergänzte ich in Gedanken. „Wir gehen auch nicht in Sichtweite an die Stadt heran und ich halte mir die Nase zu-“, versuchte sie es wieder und sah mich mit meinen früheren grünen Augen bittend an. „Tut mir leid Schatz, darüber diskutiere ich nicht“, sagte ich sanft, aber betont bestimmt. Sie sah mich bitterböse an und versuchte sich wegzudrehen. Ich hielt sie fest, küsste ihre Stirn und ließ sie in der Küche allein (allein mit Alice, muss ich hinzufügen). Sie tat mir leid. Eingesperrt von ihrem Vater. Doch es ging nicht anders. Wenn Bella schon so ein großes Opfer für ihre Sicherheit brachte, dann durfte es nicht daran scheitern, dass der Vater sich gegenüber seiner störrischen Tochter nicht durchsetzten konnte. Auch wenn ich dadurch der Sündenbock war. Ich setzte mich ins Wohnzimmer. Draußen wurde es immer dunkler. „Papa! Mach mal bitte Kanal 3 an!“, rief Nela mir aus der Küche zu, während sie mit Alice kochte. Ich tat wie mir geheißen. Kurz darauf strauchelte Nela mit zwei Tellern beladen ins Wohnzimmer und lümmelte sich neben mich. Sie legte einen Teller mit Reis und Gemüse auf den Schoss und einen kleinere mit Eis und heißen Kirschen neben sich. Sie sah auf den Bildschirm, wo ihre Lieblingsserie begann. Esme, Alice und Emmett gesellten sich zu uns. Ich beobachtete Nela verstohlen von der Seite, wie sie ohne hinzusehen mit der Gabel im Teller herumstocherte, kaum etwas zum Mund führte und konzentriert zum Fernseher sah. Ich strich ihr über den Kopf. Sie lächelte mich kurz an und sah dann wieder auf den Bildschirm. Sie war so schön. Meine grünen Augen, Bellas Haarfarbe und den Glanz meiner Haare. Sie hatte viel von Bella, fand ich, auch wenn Bella immer das Gegenteil behauptete, wenn ich ihr von Nela berichtete. Bellas Temperament hatte sich ja eben gezeigt, lächelte ich und wurde sogleich wieder ernster. Ich durfte so viel Zeit mir ihr verbringen, während Bella jeden Tag aufs Neue begierig auf jedes kleinste Detail wartet. Und wartet. Und immer noch wartet. Warten, bis Zeit umgeht und sie zu Nela darf. Nela legte den Teller zur Seite und nahm das schmelzende Eisschälchen in die Hand. Sie kuschte sich bedenkenlos an meine Schulter. Ich hob sie hoch und schob ein Kissen dazwischen. Sie verdrehte die Augen, lächelte mich zwar dann an. Während sie weiter ihre Serie guckte, nahm ich den Löffel aus ihrer Eisschale, die sie kaum beachtet und nahm einen Löffel Eis. „Bah Papa“, sie sah mich angewidert an, die anderen lachten, „Alice sagt immer euch schmeckt das nicht!“ Ihr Ton war ein wenig fragend. „Es schmeckt auch nicht“, sagte Alice, die auf dem Boden vor uns saß und sich zu uns umgedrehte hatte. Aber dein Vater hat manchmal ein paar selbst zerstörerische masochistische Allüren, ergänzte sie in Gedanken und schnitt eine Grimasse zu mir. Nela überging das, zuckte mit den Schultern, legte mir die Schale in den Schoß und lümmelte sich an meine Seite. Kaum hatte ich noch ein wenig vom Eis genommen, stolzierte Rosalie herein. Sie ignorierte uns und ging mit kalter Miene an uns vorbei. Familieglück auf meine Kosten, dachte sie. Ich sah wie Nelas Blick zu Rosalie wanderte und ihr Körper sich aufrichtete und versteifte. „Magst du vielleicht mit sehen?“, sagte sie sehr unsicher. Eher würde ich mich eigenhändig umbringen. Die kann froh sein, dass sie überhaupt noch lebt. Rosalie stolzierte weiter, als hätte sie es nicht gehört. Ich unterdrückte ein Knurren. Aber das waren noch nette Gedanken ihrerseits. Nela schaute ihr noch nach, dann wandte sie ihren Blick wieder nach vorne und krallte sich fest an meine harte Haut. Ich spürte, wie gekränkt sie war. Sie hatte bisher nie viel mit Rosalie zu tun gehabt. Selbst wenn Emmett und sie mal da waren, sah Nela sie kaum. Nela hatte immer wieder Annäherungsversuche gemacht und war bei Rosalie abgeblockt. Es tat mir sehr weh, doch ich wollte mich nicht mit Rosalie vor ihr streiten. Das tat ich schon genug, wenn sie schlief. Ich versuchte Rosalie zu ignorieren, ihre Gedanken, ihre Worte. Vor allem Esme zuliebe. Sie litt sehr darunter, dass Emmett und Rosalie weg waren. Mich konnte Rosalie beleidigen wie sie wollte, aber Nela sollte das nicht abbekommen. „Es ist nicht deine Schuld“, flüsterte ich ihr zu und streichelte sie über das Haar, sodass sie dachte, dass nur sie es hören konnte. „Wessen dann?“, fragte sie mit fester Stimme, die mich erschreckte. Sie war sehr gefasst. Ich war nicht erpicht darauf, aber ich hatte erwartet, dass sie trauriger war. Ich hoffte nicht, dass sie so abgestumpft von dieser Abweisung und Kränkung war. Ich sagte nichts. Sie hatte mich so oft danach gefragt und ich war ihr mehr oder weniger gekonnt ausgewichen. Sie musterte mich und ging dann aus dem Zimmer. „Sie geht zu Carlisle“, sagte Alice mit dem Blick zur Tür gerichtet, durch die Nela gegangen war. „Er wird ihr nichts sagen, er weiß, dass du das nicht willst“, sagte Esme zu mir. „Ich habe ihn darum gebeten ihr mehr zu sagen, wenn sie ihn fragt“, sagte ich. „Wieso?“, fragte Emmett. „Carlisle ist diplomatischer als ich und hat sich besser im Griff“, gestand ich. Das sagte der, der mit einem Mensch zusammen war und dessen Tochter ein Mensch ist, dachte Emmett. Ich schnaubte. „So meinte ich das nicht.“ Außerdem würde sie sich nicht so sehr dafür interessieren, wenn es von Carlisle kam und nicht von mir. Das hoffte ich. Nela war mittlerweile nach dem Klopfen in Carlisles Büro eingetreten. „Na, willst du wieder etwas wissen? Oder dir ein Buch ausleihen?“, fragte Carlisle sie. Doch ich hörte einen leicht nervösen Ton heraus, vielleicht verriet ihr Blick etwas. Ich hörte sie nah an ihn treten. „Kannst du mir vielleicht sagen, warum Rosalie mich hasst?“ „Hartes Wort“, sagte Emmett tonlos, doch ich hörte heraus, dass er, wir alle, wussten, dass es stimmte. „Sie ist nicht dumm“, zischte Alice leise. „Nela, eines musst du mir glauben, es liegt nicht an dir“, begann Carlisle behutsam, doch Nela unterbrach ihn sogleich: „Das hat Papa mir auch schon gesagt. Aber an was liegt es dann?“ Man hörte heraus, wie sie ihre drängelnde Neugier unterdrückte. Eine Pause. Carlisle schritt um den Tisch herum auf sie zu. „Rosalie und deine Mutter sind während der Schwangerschaft und auch schon davor immer wieder aneinander geraten. Rosalie scheint diese Missstimmung nun auf dich Übertragen zu haben, zu Unrecht.“ „Meine Mutter ist tot!“, schrie Nela sodass wir alle zusammenzuckten, „Wie kann sie da noch so sauer sein? Warum hasst sie mich und warum hat sie meine Mutter gehasst? Und warum hasst sie sie immer noch? Über ihren Tod hinaus!“ „Ich kann es dir nicht sagen, ich weiß es nicht. Keiner von uns kann es dir sagen“, sagte Carlisle in zärtlichem Ton. „Papa kann“, entgegnete Nela. „Eines Tages wirst du es verstehen“, sagte Carlisle abschließend. Sanft aber zweifellos. „Gute Nacht.“ „Nacht.“ Nela ging sehr langsam in ihr Zimmer. Esme sah nach ihr. Das wird nicht einfacher, wenn sie jetzt schon so unangenehme Frage stellte, hörte Alice in meinem Kopf. „Berechtigte Fragen“, murmelte ich. Was willst du ihr sagen? Emmett „Habe ich eine Wahl? Ich werde sie anlügen müssen“, antwortete ich auf seine gedachte Frage. „Ich gehe zu Bella“, sagte ich und entschwand den kritischen, aber wahren Gedanken meiner Familie. Kapitel 2: Ein neues Leben -------------------------- Woah, woah, woah. Fortsetzungs-FF! Nicht schlecht! Ich freu mich riesig, dass so viele wissen wollen wie es bei "meinem" Edward und "meiner" Bella weiter geht... und hier das erste Kapitel! Viel Spaß! Freue mich auf Kommentare!!!!! ----------------------------------------------------------------- Ich saß auf meinem Balkon in einem herrlich bequemen Gartenstuhl, die Füße übereinandergeschlagen auf einem Hocker und ein Buch im Schoß. Der Wind blies mir sanft durch die Haare und kitzelte meine Haut. Er roch gut in der Dunkelheit, die nur durch schwaches Licht, welches durch die Balkontür fiel, getrübt wurde. „Hallo Edward“, sagte ich ohne aufzusehen und las seelenruhig weiter in meinem Buch. Edward war gerade am Balkon hochgekletterte und verharrte nun auf dem Geländer. Ich zuckte nicht mit der Wimper, als er sagte: „Du wirst immer besser.“ „Das ist nicht schwer“, entgegnete ich, während er über das leichtfüßig über das Geländer glitt, „man kann die Uhr nach dir stellen.“ Ich neigte die Wange zu ihm ohne die Augen von dem Buch abzuwenden. Er küsste sie mit einem schiefen Lächeln und sprang elegant über meine Beine in die Wohnung. Er machte mir essen. Es war schon routiniert, fast wie ein Ritual, dass er jeden Abend, nachdem Nela zu Bett gegangen war, kam und mir essen machte. Ab und zu kam er auch tagsüber, wenn die Sonne es zuließ und der Abstand zwischen seinem Jagdtouren es für Nela glaubhaft machte. Ich klappte das Buch zu, schloss die Augen und hielt das Gesicht in den Wind. Er umspielte meine Nasenspitze. Gut sechzehn Jahre waren vergangen. Es hatte eine Weile gedauert bis ich mich so angenehm wie jetzt fühlte. So angenehm wie es bei dieser Situation eben ging. Ich kann mich genau an die Zeit erinnern, kurz nachdem ich mich von den Cullens verabschiedet hatte und mit Edward zum ersten Mal in meine neue Wohnung gefahren war… Edward wartete am Auto. Er sagte, dass er fahren würde, wenn ich das wünsche, aber erst wollte er zehn Minuten warten. Wenn ich ihn dann nicht angerufen hätte und ihm sagen würde, dass alles okay sei und er fahren könne, würde er hoch kommen. Ich schloss offen. Diesmal fand ich das Schloss trotz zitternden Händen. Ich musste nur fünf Stufen hoch und stand bereits vor der Tür, die ein Namensschild „Bella Cullen“ trug (ich war dankbar, dass Alice meinen Spitznamen geschrieben hatte, so kamen die Nachbarn erst gar nicht in Versuchung, obgleich ich sowieso nicht mit ihnen reden wollte). Ich schloss hier wiederum offen, nachdem ich meine Schuhe auf der weinroten Fußmatte – ich ahnte wie meine Wohnung aussah – auszog. Und tatsächlich. Weiß und weinrot. Die Farben von – ich schluckte heftig, mein Hals war trocken – Nelas Kinderzimmer. So lieb es von Alice gemeint war, so sehr schmerzte es mir. Es erinnerte mich zu sehr an Nela. Ich machte überall Licht an und betrachtete alles. Die Wohnung war groß, für eine Person eigentlich zu groß, aber das war ja absehbar gewesen, und mit vielen kleinen Lichtern bestückt, da die Fenster nicht so gigantisch waren, wie ich es seit den Cullens gewohnt war. Ich schritt hindurch und kam im Wohnzimmer an. Klein, vergleichsweise, und kuschelig – und nicht fertig: Es fehlte die Wanddekoration. Ich verdrehte unbeabsichtigt die Augen. Ich trat näher zum weinroten Sofa, wovor eine Kiste stand. Ich setzte mich auf das Sofa und zog die Kiste näher an mich ran. Bilderrahmen. Weiße Bilderrahmen mit Bildern. Ich nahm eins heraus und rührte unwillkürlich das Bild, als glaubte ich Nelas Haut spüren zu können. Ich presste das Bild an meine Brust, während mir stumm die Tränen über das verzerrte Gesicht liefen. Ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Ich fühlte jetzt umso mehr, wie sehr ich sie liebte, obgleich ich es anfangs nicht gespürt hatte. Doch nun durfte ich, zu meinem eigenen Schutz, diese Gefühle nicht zu sehr heraufbeschwören. Ich musste lernen, meine Muttergefühle für Nela zurückzustellen, bis ich sie wiedersehen durfte. Rasch nahm ich mein Handy und atmete dreimal tief durch. Vielleicht konnte ich ihn überzeugen, dass alles gut war und er würde fahren. „Edward? Hi. Es ist alles-“ Auflegt. Natürlich glaubte er mir nicht. Ich hatte das Handy kaum auf den gläsernen Couchtisch gelegt, als er im Wohnzimmer stand und dann neben mir saß. „Bella, es tut mir alles so leid, dass ich bei ihr sein darf und du nicht, dass-“ Er verstummte, als ich einen Finger auf seine Lippen legte und mich mit der anderen Hand wie ein kleines Kind in sein Hemd krallte. Ich drückte die Stirn und meine nassen Wangen an seine Brust und kniff die Augen fest zusammen. Edward legte locker die Arme um mich und wartete, während ich weinte. So wie er es immer tat. Gelegentlich strich er mir sanft über den Kopf. Ich weinte stumm. Den ganzen restlichen Tag. Die ganze Nacht. „Guten Morgen meine Schöne“, sagte er, als ich die Augen öffnete und in grelles Licht blinzelte. Ich lag auf dem Bauch alle Viere von mir gestreckt auf der Couch. Eine weiße dünne Baumwolldecke über mir. Edward hockte neben mir. Auf dem Couchtisch war Frühstück angerichtet. Ich richtete mich ein wenig auf und bemerkte, dass ich nackt war – bis auf die Unterwäsche. Ich sah ihn mit offenem Mund und aufgerissenen Augen an. „Haben wir…“ „Nein“, er lächelte, „du warst nur sehr erhitzt, ich glaube du hattest zwischenzeitlich sogar Fieber.“ „Hab ich gar nicht gemerkt“, sagte ich nachdenklich. Edward strich mir mit einem schiefen Lächeln über die Wange. „Natürlich nicht, du hast geschlafen wie ein Murmeltier.“ „So langsam wird’s unheimlich, sonst hab ich Schlafen wenigstens noch bewusst erlebt, aber jetzt als Mensch-“ Ich brach ab. Meine Eingeweide zogen sich schmerzhaft zusammen. „Hunger?“, fragte Edward. Ich nickte und murmelte: „Ja leider.“ Er bot mir ein Croissant an. Vielleicht war Ablenkung gar nicht schlecht, doch verdrängen konnte ich es nicht… augenblicklich spürte ich wieder den heftigen Drang mich einfach zu verkriechen und weiter zu weinen. Edward beugte sich vor und reichte mir Marmelade. Meine Hand wanderte kurz Richtung Marmelade, dann ergriff ich mit einer, für mich, schnellen Bewegung seinen Hemdkragen, zog ihn zu mir heran, er machte ein verwirrt aber belustigtes Gesicht, und küsste ihn leidenschaftlich. Ich zerrte so sehr an seinem Kragen, dass er um den Couchtisch herum kam und sich schließlich zu mir auf die Couch setzte. Ich kniete mich hin, sodass ich über ihm war, griff fest in seine Haare und küsste ihn weiter. Als ich seine Hemdknöpfe öffnete, flüsterte er: „Meinst du das ist eine gute Idee?“ „Die Beste“, sagte ich nach Luft schnappend, während ich seine Lippen weiter stürmisch küsste. „Trost-Sex?“, murmelte er. „Hmmmm“, machte ich. „Wir wissen nicht, ob die Pille wirkt“, gab er zwischen zwei Küssen tonlos zu bedenken. Ich wich ein paar Zentimeter von ihm zurück und sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen in die Augen. „Ich schlafe wie ein Mensch, kriege Fieber wie ein Mensch, habe Hunger wie ein Mensch – wieso sollte das nicht funktionieren?“ Ich öffnete den letzten Knopf, schob das Hemd zurück und berührte seine glatte Haut. Meine Lippen fuhren an seinem Hals auf und ab. „Vermutlich ja“, sagte Edward schließlich und schob mich trotzdem weg, „aber ich will kein Risiko eingehen.“ „Gut“, sagte ich finster und warf mich trotzdem auf ihn. Meine Tränen verließen mein Gesicht und benetzen seines, während sich unsere Lippen berührten. Ich weinte nicht, weil er nicht mit mir schlafen wollte, solange er bei mir war, war mir alles egal und außerdem würde es sowieso nicht mehr allzu lange dauern, dass er sein okay gab, sondern weil ich einfach die Gedanken und Erinnerungen an meine Tochter und an die Jahre ohne sie nicht abschalten konnte. Es tat so weh. Noch mehr weh tat, dass es kein Schlupfloch gab, die Entscheidung war wasserdicht und notwendig. Nichts gab es, was sie unsinnig und belanglos erschienen lassen konnte. Es gab keine Entschuldigung, dass ich mich nicht von Nela fern ließ, auch wenn Edward das vielleicht nicht wahrhaben wollte. Ich schluchzte heftig, während ich in begierig küsste. „Bella“, sagte er sanft, schob mich weg um dann einen Arm um mich zu legen, „ich glaube nicht, dass dir das gut tut. Es ist schrecklich dich so leiden zu sehen“, flüsterte er und ich wehrte mich nicht. „Es geht mir bestens“, murmelte ich unglaubwürdig, während ich das Gesicht in die Hände gelegte und weinte. „Es tut mir-“, begann er, als er mich fester an sich drücken wollte. „Bitte!“, kreischte ich fast und hielt eine Hand abwehrend in seine Richtung. Ich ertrug sein Leid, sein Mitleid nicht. Es machte mir nur die mir bevorstehende schreckliche Zukunft bewusst. „Ich will dir nicht weh tun“, sagte ich und blickte zu ihm auf. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. „Kannst du mich ein paar Tage allein lassen?“ „Ich möchte ungern-“ „Bitte, ich melde mich bei dir ja? Bitte“, schluchzte ich, obwohl wir beide genau wusste, dass Einsamkeit das letzte war was ich brauchte. Er nickte widerwillig und hob am Kinn meinen Kopf an. „Ich bin immer für dich da“, sagt er noch, küsste mich auf die Stirn und war verschwunden. Ich beobachtete die sich im Winde wiegenden Blätter. Trotz des Versprechens hatte ich mich damals nicht bei ihm gemeldet. Ganze drei Wochen lang. Ich hatte alle Vorhänge zugezogen und alle Rollos heruntergemacht, fast überall das Licht gelöst und mich unter der Decke verkrochen. Mein Gesicht schmerzte damals so sehr vom Weinen, dass ich vollkommen erschöpft sehr viel schlief. Ich ging kaum raus. Nur ab und zu um Lebensmittel zu kaufen, die ich dann doch nicht aß. Mein „kleines Essproblem“ von früher kam wieder hervor. Doch jeglicher Gedanke, egal welcher Art, machte mich krank. Es drehte sich immer in irgendeiner Weise um Edward oder Nela oder die Cullens oder meine menschliche Familie. Eine Baustelle nach der anderen. Ich legte das Buch, das bisweilen noch auf meinen Beinen verweilt hatte, auf den Balkonboden. Die Anfangszeit war eine der Schlimmsten meines ganzen Lebens gewesen – zumindest hoffe ich, dass es nicht noch schlimmer wird. Ich hatte mich jetzt damit abgefunden, dass ich eine Gefahr für Nela war und mein Schicksal, an ihrem Leben und ihrer Entwicklung vorerst nicht teilhaben zu dürfen, angenommen. Jetzt wartete ich einfach nur. Ich zog Knie an meinen Körper und stellte die Füße auf die Kante des Stuhls. Nela kannte mich nicht. Sie wusste nicht, dass es mich gab. Das hatte mich zu Anfang fertig gemacht. Eine grausame Lüge. Die Cullens hatten ihr erzählt, dass ich bei der Geburt gestorben war. Ein guter Grund, weshalb es keine Fotos gab (zumindest für Nela). Auch über solche hätte sie sich mit mir identifizieren können. Nela sollte nicht wissen, dass ich lebte, damit sie mich nicht suchte und sich für mich interessierte. Wir wollten alle Wege ausblenden, die auch nur in entferntester Weise in Frage kamen. Die Cullens sprachen auch nicht über mich. Nela sollte keinen Hauch von Interesse an mir zeigen, so weh es mir auch tat. „Alice lässt dich grüßen, sie hat Nela endlich nähen beigebracht“, hörte ich Edward aus der Küche rufen. Ich lachte kurz auf. Typisch Alice. Alice war Nelas beste Freundin und innigste Bezugsperson geworden, hatte Edward mir erzählt. Sie waren unzertrennlich. Aber Edward versicherte mir lachend, dass er schon zusehen würde, dass sie nicht so ein hinterlistiges Biest werden würde wie Alice. Doch das würde bestimmt nicht einfach werden, grinste ich in Gedanken, denn die Cullens mussten immer im Haus bleiben. Sie waren nach Santa Fe gezogen. Sehr sonnig und das mit Absicht, denn so hatten sie eine Ausrede, mit Nela nicht rauszukönnen. Nela war nicht in den Kindergarten gegangen, nicht in die Schule, nirgendwohin, wo sich Menschen waren. Wir wollten alle Gefahren diesbezüglich von ihr fernhalten. Nela wusste auch, wer wir waren und was wir sind. Von Anfang an. Dass jede kleine blutende Schramme, die Cullens in größte Versuchungen führte und sie dabei in Lebensgefahr schwebte, machte ihr genauso wenig aus wie mir damals – sie hatte nur einen Wunsch: Ein Vampir werden. Unser Plan ging auf, denn Nela hatte sich bisweilen nicht verwandelt. Lediglich den kalten Fleck um den Bauchnabel hatte sie behalten. Sie wusste, dass sie sich eines Tages verwandeln würde und freute sich riesig darauf „so hübsch und geschickt zu werden wie Alice“, zitierte Edward sie einmal. Der einzige Problempunkt war Nelas unbändige Neugier. Die Cullens mussten sich sehr viel einfallen lassen, um sie nicht mit Gewalt ans Haus zu binden, sondern aus Interesse. Notfalls sagten sie, dass sie Nela nicht alleine draußen rumlaufen lassen wollten und sie selbst wegen der Sonne nicht kommen konnten. Doch mit zunehmendem Alter hatte diese Ausrede weniger Gewicht. Die gängige Ausrede war, dass sie sich jederzeit verwandeln könnte und somit gefährlich für andere Menschen sein würde. Das war sogar ein Großteil der Wahrheit. Wenn sie von Menschen fasziniert sein würde, wenn sie ihnen begegnete, könnte das tatsächlich eintreten. Wenn ich dieser Mensch sein würde, wäre es vorprogrammiert. Und noch ein Problem gab es Anfangs: Rosalie. Es hatte keine gute Lösung, aber vorübergehend eine weniger gefährlichere gegeben. Edward und Rosalie waren häufig wegen Nela, der Gefahr und Edwards – meine – Selbstsüchtigkeit aneinandergeraten, bis Rosalie fuchsteufelswild mit Emmett im Schlepptau gegangen war. Sie streifen nun durch die Länder, Emmett rief hin und wieder an, und beide kamen ein paar Mal im Jahr zu Besuch. Damit war das Problem zwar aus der Welt geschafft, aber nicht gelöst, denn sobald die Sache mit Nela überstanden war, würde meine nächste Aufgabe darin bestehen, die Cullens wieder völlig zu versöhnen bzw. mich wieder mit Rosalie zu versöhnen. Ein köstlicher Geruch von Käse lag in der Luft. Lärm drängte von der Straße zum Hinterhof, an dem mein Balkon lag. Die Cullens waren mittlerweile zweimal umgezogen und ich mit ihnen. Immer nah genug an Edward, aber weit genug weg von Nela. Ich hatte mir dieses Mal eine Wohnung in Albuquerque genommen. Direkt an einer Einkaufsstraße in einem sehr lebendigen Viertel. Ich hatte die Ruhe am Anfang gebraucht, Alice’ Wohnung war in dem kleinen Wohngebiet sehr ruhig gelegen gewesen, aber nun brauchte ich Ablenkung und die bekam ich nicht, indem ich in völliger Stille grübelte. Im Gegenteil. Ich studierte an der Uni New Mexico Literaturwissenschaft und Geschichte als Nebenfach – zum dritten Mal. Das erste Mal hatte ich noch zusammen mit den anderen Cullens studiert. Doch nun war Nela zu alt, als dass man sie hinters Licht führen konnte. Schließlich durften die Cullens nicht raus. Auch abends gingen sie nicht raus. Nur zum jagen. Nela war komplett menschlich, was Jasper sehr viel Überwindung und Kraft kostete. Er konnte nicht rund um die Uhr in ihrer Nähe sein und ging daher fast jeden Tag jagen oder wenigstens außer Haus. Einzig und allein Nelas Haut war härter als menschliche aber weicher als die der Vampire, erzählte mir Edward. Bei meiner Haut was es genauso. Nela war auch begabter als normale Kinder, in vielerlei Hinsicht. Sie konnte sehr gut logisch denken, fand Carlisle und Edward bestätigte, dass sie äußerst sportlich und koordinativ war („Das kann nicht meine Tochter sein“, hatte ich geseufzt). Sie hegte auch ein ausgeprägtes Abenteuerbedürfnis, dass sie immer wenn „Onkel Emmett“ da war, mittlerweile nannte sie ihn nur noch Emmett, auslebte. Sie streiften dann in abgelegenen Gegenden durch die Wälder. Edward erzählte mir alles von ihr. Bis ins kleinste Detail. Begierig saugte ich alles in mir auf. Doch das war nicht immer so gewesen. „Hallo Liebes, ich habe dir noch ein paar neue Kleidungsstücke von Alice ins Schlafzimmer gelegt“, grüßte Edward mich. „Hmmm“, machte ich desinteressiert, während ich die Kanäle durchzappte und meine Bücher und Hefter sortierte. Ich hatte gerade erst mit Jasper und Alice angefangen zu studieren. „Und? Wie gefällt’s dir an der Uni?“ Er setzte sich zu mir. „Gut.“ „Und du bleibst bei deinen Studienfächern?“ „Ja.“ Er legte einen Arm um mich. „Schau mal, das hat Alice vorhin ausgedruckt“, sagte er und reichte mir ein Bild von Nela. Sie saß breit lächelnd und kicherte in Jaspers Armen. Sie war nun gut ein Jahr alt. Ich warf einen flüchtigen Blick darauf und legte es zur Seite. „Sie hat heute Esmes Küchenschränke ausgeräumt. Keine Sorge, sie hat nur die Plastikschüsseln ausgeräumt“, ergänzte er. „Ich mache mir keine Sorgen, schließlich bin ich ja nicht dabei.“ Ich spürte, dass mein Ton ein wenig zu rau war. Mein Blick war immer noch an meinen Unterlagen geheftet, die mich aber kaum mehr interessierten. Meine Gedanken schweiften zu meiner Tochter und ich wollte mir diese innigen Gedanken verbieten. Obgleich es schon ein Jahr her war, ich war immer noch nicht darüber hinweg. Ich hörte mir ihre Geschichte nur um Edwards Willen an. Am liebsten hätte ich alles verdrängt, aber das hätte Edward sehr weh getan. Im Moment wollte ich all das, was vorher gewesen war, am liebsten beiseite schieben. Gänzlich. „Gestern hat sie zum ersten Mal gesprochen“, verkündete Edward glücklich, „und heute früh-“ „Was hat sie gesagt?“, fragte ich nach. Ich merkte genau, dass Edward das mit Absicht überging. Ich hantierte weiter abwesend an meinen Zetteln herum (vermutlich machte ich sie keineswegs ordentlicher als vorher) und sah Edward nicht an. „Sie hat ‚Mama’ gesagt“, sagte er leiser. „Zu wem?“, fragte ich nach. Meine Finger fühlten sich merkwürdig taub an. „Zu allen eigentlich, derjenige der gerade in ihrer Reichweite war.“ „Zu wem zuerst?“, konkretisierte ich. „Esme.“ „Da war Alice bestimmt sauer.“ Ich versuchte aufzulachen. Es klang eher wie ein Husten. Edward sagte nichts und regte sich nicht. Ich verzog das Gesicht und biss fest die Zähne zusammen. Nicht weinen Bella, nicht weinen, mahnte ich mich, blinzelte schnell die Tränen fort und fasste mich wieder. „Sie wird mich nie Mama nennen, sie kann sich nicht mehr an mich erinnern“, rutschten mir meine Gedanken heraus und ich bereute es sogleich, da Edward mich fest an sich zog und meine Schläfe küsste. Reichte es nicht, dass ich leide? Musste ich Edwards Leid auch immer wieder beschwören? „Du wirst immer ihre Mutter sein“, hauchte Edward. Ich nickte mechanisch, doch das stimmte nicht. Ich würde erst ihre Mutter sein können, wenn sie erwachsen war und vielleicht würde ich es ja dann gar nicht dürfen, vielleicht wollte sie mich dann gar nicht. Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Ich reckte mich und hob das Buch auf. Und da war noch etwas. Etwas sehr unangenehmes: Meine Mutter. Nicht sie selbst, doch die Frage, wie ich mit ihr umgehen sollte. Sie durfte Nela nicht sehen, da sie ein Mensch war. Sie durfte mich nicht sehen, weil ich ein Vampir war (genau genommen weil ich unsterblich war, denn als Vampir würde man mich wohl kaum bezeichnen). Sie durfte mit Nela noch nicht einmal reden, weil ich für meine Mutter ja lebendig war. Aber Nela vermisste sie auch nicht, weil sie sie gar nicht kannte. Die Cullens hatten Nela ebenfalls erzählt, dass ihre Großmutter, wie ihr Großvater (da konnten wir sogar mal bei der Wahrheit bleiben), gestorben war. Doch Renée kannte Nela. Edward hatte sie mit Nela in Jacksonville besucht, als Nela ein gutes halbes Jahr alt war. Ich hatte mein okay gegeben, weil ich nicht hätte ertragen können, wenn meine Mutter niemals ihr Enkelkind sah und in diesem jungen Alter war es ausgeschlossen, dass sie sich an Renée erinnern konnte. Doch ein Risiko war es so oder so gewesen. Auch für Edward, der sich einiges hatte einfallen lassen müssen, um der Sonne zu entkommen. Am Tag nach Edwards und Nelas Abreise von dort, hatte meine Mutter mich angerufen. „Oh Bella, Liebes, Nela ist hinreißend! So ein kleiner Sonnenschein! Schade, dass du Prüfungen hast“, setzte sie schmollend hinzu. „Hast du dich denn mit Edward verstanden?“, versuchte ich von Nela abzulenken. „Ja natürlich!“, sagte sie, als wäre es selbstverständlich (in Forks hatte sie ihn damals mehr als nur ignoriert), „Er ist sehr nett und wie er mit Nela umgeht. Wirklich Bella, du hast eine gute Wahl getroffen.“ Sie lachte ein wenig heiser. „Ich konnte viel mit Nela unternehmen. Edward war häufig zu Hause, er hatte viel für die Uni zu tun, wie du“, plapperte sie weiter, „Ich war mit Nela einmal im Freibad. Du glaubst gar nicht wie niedlich ihr die Rüschenbadehose gestanden hat, die ich zuvor für sie gekauft hat. Aber sie war vom schwimmen nicht begeistert. Sie hat lieber auf der Decke herum gelümmelt.“ Sie lachte wieder. Ich hörte nur noch mit einem halben Ohr zu, denn ich versuchte mich zusammenzureißen und die Bilder, die sie mir beschrieb, nicht an mich ranzulassen. Lass dir bloß nichts anmerken, bloß nicht weinen!, sagte ich mir. „Phil war auch ganz angetan von ihr! Wir waren mit ihr auch am Meer und haben mit ihr Sandburgen gebaut“, wieder lachte sie ausgelassen, „und weißt du was auch toll war? Sie mochte deine Spieluhrmelodie von damals genauso gerne wie du! Sie ist sofort eingeschlafen“, rasselten mir ihre Worte ins Ohr. Sie seufzte leise. „Nächstes Mal musst du unbedingt mitkommen Bella- Bella?“, ich hatte geschluchzt und ich hätte mich ohrfeigen können, „Bella? Ist alles okay mit dir?“ „Ja“, meine Stimme war zittrig und hörte sich alles andere als normal an, „ich Zwiebel nur grad schneiden- ich meine ich schniebel zweiben- ich-“, stotterte ich wirr herum. „Ach so.“ Sie schwieg, während ich die Luft anhielt. „Edward ist gerade kommen, Mum“, sagte ich zu meiner großen Erleichterung einen guten Grund zu haben aufzulegen, als er lässig, aber mit zusammengezogenen Augenbrauen, im Flur stand. „Ja, okay…“, sie klang nachdenklich, „dann drück ich dir für deine Prüfung die Daumen und grüß mir die Kleine.“ „Mach ich“, meine Stimme klang immer noch nicht fest, „bis dann.“ Ich schmiss das Telefon zur Seite. „Deine Mutter.“ Er fragte nicht, denn er hatte es gehört. Ich nickte mit verweinten Augen. „Wie- wie soll das gehen? Die nächsten Jahre? Und überhaupt? Sie darf Nela nie wiedersehen oder sprechen dürfen“, sagte ich schluchzend. Edward setzte sich zu mir und nahm meine Hand. „Nur du darfst in Zukunft noch mit ihr Kontakt halten und musst dir viel einfallen lassen, warum Nela oder du sie nicht besuchen können und später auch warum sie nicht mit Nela reden darf.“ Ich nickte an seiner Schulter. Er strich mir mit den Fingerspitzen über die Handinnenfläche. „Und irgendwann…“, begann ich mit rauer Stimme. Edward nickte an meinem Kopf und küsste meine Schläfe. Irgendwann werde ich den Kontakt ganz zu ihr abbrechen, für immer. Ich stand auf und ging vom Balkon ins Wohnzimmer, wo ich mich vor die mit Bilderrahmen tapezierte Wand stellte. Anfangs brachte mir Edward Bilder mit, doch ich ertrug es seinerzeit nicht sie anzusehen. Erst nach und nach konnte ich an meine Tochter denken, ohne direkt zu weinen oder von Schmerz innerlich zerrissen zu werden. Edward hatte mir nach einer Weile auch Filme und Tonaufnahmen mitgebracht, doch diese wollte ich bis heute nicht. Ich wollte zwar wissen wie sie aussah, aber ihr Verhalten, ihre Gestik und Mimik wollte ich selbst, im persönlichen gegenüber mit ihr, ergründen. „Fertig“, sagte Edward. Ich nickte und setzte mich an den Tisch und machte mich über sein Käseomelett her. „Du machst Alice Konkurrenz“, sagte ich und verspeiste es genüsslich. Er strich mir sanft lächelnd die Haare hinter das Ohr. „Alles Gute zum Hochzeitstag“, flüsterte er. „Ebenso“, murmelte ich und küsste ihn halb kauend auf die Lippen. Den Hochzeitstag an sich feierten wir nicht. Nicht an dem Tag zumindest, da er immer mitten im Semester und direkt vor Nelas Geburtstag lag. Wir fuhren immer in den Sommersemesterferien davor weg. Dieses Jahr waren wir in Mexiko gewesen. Das Telefon klingelte. „Mist“, nuschelte ich und lief zum Telefon. Ich hatte das Treffen mit Leni und den anderen heute Abend völlig vergessen, wie mir sofort einfiel. „Bella Cullen?“ „Bella wo bleibst du?! Wir warten auf dich!“, rief Leni ins Telefon, im Hintergrund waren laute Gespräche zu hören. „Tut mir leid Leni! Ich komme sofort“, ich warf Edward einen entschuldigenden Blick zu, doch er saß immer noch am Tisch und somit mit dem Rücken zu mir, „ich bin gleich da.“ Ich legte hastig auf und lief plappernd ins Schlafzimmer: „Es tut mir leid, Edward, ich hab das total verschwitzt. Wir haben Treffen wegen der Stiftung“, ich wühlte in meinen Klamottenbergen (alles Kleidung, die Alice mir gebracht oder Edward mitgegeben hatte), „immer den zweiten Samstag im Monat im ‚Divano’, wie konnte ich das vergessen?!“, ergänzte ich zu mir selbst. Ich nahm ein lockeres rotes Spagettiträgerkleid und eine schwarze Dreiviertelhose und zog sie über. Es war nicht mein Stil, so herumzulaufen, doch ich war bereits vier Jahre hier und dementsprechend 22 (ich hatte direkt noch einen weiteren Abschluss draufgesetzt). Ich konnte nicht in Jeans und T-Shirt herumlaufen, um meine Jungsein noch mehr zu betonen. Alice hatte mir alles genau erklärt. Wie ich meine Haare und mein Make-up machen musste und wie ich mich kleiden sollte, damit ich älter wirkte. Ich hastete ins Bad kontrollierte mein Puder und zog die Wimpertusche und den hellen Gloss nach (man musste es ja nicht übertreiben). Ich knetete mit etwas Schaumfestiger meine seichten Locken durch und kam zu Edward zurück. Er hatte abgeräumt und war in Küche. Ich umarmte ihn von hinten. „Bitte, bitte sei mir nicht böse, jetzt bist du extra hergekommen…“ Er wandte sich zu mir um. „Für jede Sekunde mit dir, würde ich noch so viele Meilen fahren“, flüsterte er und wollte mich küssen, doch stattdessen hielt er mich von sich weg und musterte mich. „Woah, vielleicht sollte ich öfter tagsüber kommen. Abends sehe ich dich nur in deiner Jogginghose“, sagte er lachend, „aber eigentlich…“, er spielte mit meinen Haaren, „macht das auch keinen Unterschied.“ Er küsste mich. „Wirklich nicht?“, hauchte ich. „Hmm… nein, für mich nicht, du bist immer wunderschön.“ Seine Lippen berührten wieder meine. „Na toll“, sagte ich gespielt säuerlich und legte den Daumen an seine Lippen, um meinen Gloss von seinen wunderschönen Lippen abzustreichen. „Darf ich dich fahren? Oder kommst du dann nicht zurück?“, fragte er mit einem Hauch Unsicherheit. „Nein, du kannst mich gerne fahren. Leona wohnt in der Nähe, sie nimmt mich bestimmt mit“, Edward öffnete den Mund, ich sprach einfach weiter, „und wenn das nicht geht, dann rufe ich mir ein Taxi.“ „Okay.“ „Einen Augenblick noch“, sagte ich schnell, nahm meine große Tasche in die ich hastig meine Ordner und Unterlagen der Stiftung stopfte und warf noch meinen Mantel über die Schulter. Die Bremsen gaben nach. Edward legte eine Hand in meinen Nacken und küsste mich nochmals. „Bis morgen“, sagte er zärtlich. „Bis morgen“, erwiderte ich ebenso zärtlich und stieg aus. Ich konnte durch die großen Fenster des ‚Divanos’ bereits Leni und die anderen sehen. Ein paar beobachteten mich, wie ich hereinkam und mich schließlich zu ihnen setzte. Leni hatte einen Platz neben sich freigehalten. Leni sah mich vorwurfsvoll an, doch bevor sie etwas sagten konnte, sagte ich schnell: „Jaja ich weiß, tut mir leid, können wir anfangen?“ „Klar Chefin“, murrte Leni. Ich verdrehte die Augen. Seit neustem war ich Vorsitzende der Stiftung. Die Uni gab ein paar Prozent ihrer Einnahmen durch Sponsoren für wohltätige Zwecke aus. Das Geld floss in verschiedene Stiftungen der Fachrichtungen, die von Studenten selber organisiert, verwaltet und umgesetzt wurden. Die Stiftung, der ich vorsaß, Leni hatte ihren Posten an mich abgegeben, weil sie in zwei Monaten mit ihren Eltern umzog, war vorgesehen für Bildungsförderung und wir hatten uns entschieden, bzw. ich hatte mich besonders dafür stark gemacht, Kinder zu fördern. Ich wollte mich von Anfang an für Kinder engagieren. Ich hatte alle Zeit der Welt und wollte helfen. Aber sehr erpicht war ich auf den „Chef-Posten“, wie Leni ihn nannte, nicht gewesen, denn bisher hatte nie viel in meinem Leben geleitet. Im Gegenteil ich hatte mich meist anderen Meinungen und Mächten gebeugt. Und wie man sah, war ich auch nicht dafür gemacht. Ich verpasste fast das Treffen. „Habt ihr schon was besprochen?“, fragte ich in die Runde, während ich meine Unterlagen ausbreitete und zwischendurch eine Cola bestellte. „Nein“, antwortete Leona, „nur Max hatte schon etwas vorgeschlagen, um weitere Gelder einzunehmen.“ „Das wäre?“, fragte ich. Mein Blick war auf die Abrechnungen geheftet, Leni nahm den anderen Ordner und blätterte ihn durch. „Ich war heute Morgen auf einer Benefizveranstaltung und da war eine Aktion besonders gelungen. Die Sponsoren würfelten einen Betrag, von 5 bis 50 $ und für diesen bekamen sie einen Kuss von einem hübschen Mädchen. Auch Leute von außerhalb kamen dazu. Solch eine Aktion wäre mit Sicherheit ein voller Erfolg, wenn wir das an unserer Uni machen!“, berichtete Max begeistert. „Ja und wir brauchen noch Gelder zusätzlich zum Uni-Etat. Das Schulprojekt wird teuer“, gab Miriam zu bedenken. „Ja ich weiß“, stöhnte ich, als ich durch die Finanzen sah. Ich hatte ein Projekt für die städtischen Schulen in den an die Uni grenzenden Bezirken geplant, indem unsere Stiftungsmitglieder und Ehrenamtliche den Kindern vorlasen, dazu malten und bastelten und Kinderbibliotheken aufstockten oder mit aufbauten. „Aber dazu müsste sich jemand finden, der das machen würde“, lachte ich und sah auf. Ich fand die Idee absurd bis nicht umsetzbar. Ich sah in sechs erwartungsvolle Gesichter. Mir klappte der Mund offen. „Das ist nicht euer ernst?! Oh nein, oh nein, ohne mich!“ „Die Kerle würden Schlange stehen!“, sagte Leni begeistert. „Die Mädchen auch!“, lachten Sara und Leona überschwänglich. „Ich bin verheiratet!“, warf ich wütend ein. „Bella, die Typen laufen dir reihenweise hinterher, sie würden für einen Kuss alles bezahlen! Überleg doch mal, was wir dadurch einnehmen würden? Du sollst nicht mit ihnen in die Kiste springen, sondern ihnen nur einen kurzen Kuss geben und gut. Meinst du nicht Edward hätte dafür Verständnis?“, sagte Leni eindringlich. Ich klappte den Ordner zu. „Ich habe dafür aber kein Verständnis. Habt ihr noch so tolle Vorschläge? Sonst würde ich gerne nach Hause gehen und mir selbst Gedanken machen. Ich schlage vor wir treffen uns ein anderes Mal noch mal, morgen am besten“, sagte ich kühl. „Na schön“, sagte Max Schulter zuckend und reichte mir einen großen Umschlag, „vielleicht überlegst du es dir ja noch anders.“ Ich nahm widerwillige den Umschlag und murmelte: „Wohl kaum“, und ging. Ich nahm mir kurzerhand mit misslicher Stimmung ein Taxi. Alice machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich hatte kaum meinen Mantel an die Garderobe gehangen, meine Ordner und Unterlagen auf den Couchtisch gelegt und die Füße hochgelegt, als Edward hereinspazierte (er hatte einen Schlüssel). Das war wohl nichts mit dem „sich Gedanken machen“, dachte ich sehr halbherzig. Ich freute mich immer Edward zu sehen. „Alice hat-“ Ich legte den Finger an die Lippen und winkte ihn stumm zu mir. „Jetzt siehst du mich mal nicht in Jogginghose, du solltest es genießen“, flüsterte ich und küsste ihn dann. Seine Lippen verzogen sich zu einem schiefen Grinsen, während er über meinen Rücken strich. Edward nahm eine Hand von meinem Rücken weg und griff nach der Decke neben dem Couchtisch, während sein Blick an mir haftete. „Entschuldige“, murmelte er, da die Decke meine auf der Kippe liegenden Unterlagen zu Boden gerissen hatte. Er bückte sich danach, ich hielt ihn fest. „Ach lass doch“, sagte ich, doch er wurde reglos und ich spürte, dass etwas seine Aufmerksamkeit erregt hatte. „Was ist?“, fragte ich und sah hinab. Auf dem Boden waren merkwürdige größere und kleinere bunte Blätter verteilt. Max Umschlag, dachte ich. Ich kniff die Augen zusammen, doch ich erkannte, im Gegensatz zu Edward, erst was darauf war, als Edward mir stumm einen Zettel reichte. Mir stockte der Atem. Ein Bild von mir bei unserem letzten Treffen. Wir hatten Fotos für unsere Stiftungshomepage gemacht. Mein Bild war darauf und darüber prangte die Aufschrift „Don’t kiss a frog, kiss her!“. Unten drunter standen fiktiv Ort, Zeit, Bedingungen und wohin das Geld floss. Während ich den Zettel mit aufgerissenen Augen musterte, merkte ich, wie Edward mich ununterbrochen ansah. „Sollte ich mir Sorgen machen?“, sagte er und grinste, als ich ihn erschrocken ansah. „Edward! Das ist- das ist nicht, nicht so wie denkst-“, sprach ich mit bebender Stimme. Edward lachte. Ich sah finster drein. Dafür würde Max büßen. „Was denke ich denn?“, fragte Edward und presste die Lippen feste zusammen vor lauter Anstrengung ein Lachen zu unterdrücken, war ich mir sicher. Ich spürte wie meine Wangen heiß wurden. Außer meiner härteren Haut war mir nichts Vampirisches geblieben. Sie war nicht kalt, sondern menschlich warm und sicherte nur meine Unsterblichkeit. Edward konnte mich nicht zerdrücken. Aber für einen normalen Menschen war diese Härte nicht unbedingt spürbar, dafür war sie zu weich. Wie bei Nela. „Also d-das stimmt nicht! Ü-Überhaupt!“, stotterte ich. Edward beugte sich immer noch grinsend zu mir, schob mein Kleidträger die Schulter hinab und küsste mich von der Schulter hinauf zum Hals, dann zur Wange. Er nahm mir den Zettel aus der Hand und ließ ihn auf den restlichen Haufen fallen. „Warum könnt ihr euch nicht einmal wie ein Mensch verhalten, wo ihr es doch jeden Tag so sehr versucht?“ „Was meinst du?“, hauchte er an meinem Hals, den er mit den Lippen entlang fuhr, dass es mir den Verstand raubte. „Du hättest eifersüchtig und sauer sein können“, sagte ich leise. „Bist du enttäuscht?“, fragte er und blickte mir direkt in die Augen. „Ein wenig“, gestand ich ohne den Anflug eines Lächelns, „du scheinst dir deiner Sache sehr sicher zu sein.“ Edward richtete sich lachend auf. „Weißt du“, sagte er über sein Lachen, „nicht eifersüchtig zu sein, gehört bei mir zum Selbstschutz, sonst würde ich wahrscheinlich verrückt werden. Du glaubst gar nicht wie viel männliche Menschen in deinem Umkreis mir in Gedanken fast entgegen schreien, dass sie alles dafür geben würden, dir näher zu kommen… mit dir intim zu werden.“ Ich verdrehte die Augen. „Du übertreibst.“ Ich legte die Füße auf den Couchtisch. „Du weißt genauso gut wie ich, dass das nur an der ‚Opferverführung’ von Vampiren liegt, dass sie mich attraktiv finden.“ „Und du weißt genauso gut wie ich, dass das nicht zur Gänze stimmt. Schließlich fand Mike dich in Forks schon vor deiner Verwandlung umwerfend, von mir, Tyler und all den anderen ganz zu schweigen, und du hast ja auch nicht das typische Vampiraussehen, viel besser...“ Er küsste meine Wange und ich gab mich seiner Verführung hin. --------------------------------------------------------------------- Freue mich auf Kommis :) :) :) Kapitel 3: Nebenwirkung ----------------------- Und weiter geht's, hoffe es gefällt euch, lg Vanessa ------------------------------------------------------------------- Wie sehr ich Sonntage hasste. Samstags konnte ich Zusatzkurse nehmen, sonntags nicht. Hinzu kam, dass Edward jeden Sonntag den Spielfilm mit Nela sah und er dann so spät erst hier sein könnte, dass ich ihm gesagt hatte, dass er nicht kommen bräuchte. Ich schliefe dann schon. Doch ich bereute jeden Sonntag aufs Neue. Was hätte ich für nur eine Minute mit ihm gegeben? Noch etwas anderes kam an diesem Tag hinzu: Heute war Nelas siebzehnter Geburtstag, weshalb Emmett und Rosalie dort waren. Doch ich fand sehr rasch eine Beschäftigung an diesem – für mich traurigen – Tag (wieder ein Geburtstag, wieder ein weiteres Jahr ohne, dass ich meine Tochter gesehen hatte): Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Fieber. Ich schleppte mich nach dem Aufstehen auf die Couch und nahm mein Handy. Ich rief Alice an. Natürlich wusste sie bereits, dass es mir nicht gut ging. „Alice? Bitte sag Edward nichts, er soll nicht lügen um herzukommen. Er soll bei Nela bleiben. Bitte sag nichts“, bat ich sie. „Du bist gut Bella. Natürlich sage ich ihm nichts“, sagte sie mit vorwurfsvollen Unterton, den ich sofort verstand. „Ich weiß, bitte lenk dich ab. Denk an Nelas Geschenk oder sag ‚Happy Birthday’ rückwärts auf! Bitte!“ „Bella-“ „Bitte, Alice!“, bat ich noch eindringlicher. „Ich gebe mein Bestes“, sagte Alice schließlich. „Danke, Alice, das wird reichen“, sagte ich und wollte direkt wieder auflegen, doch Alice sagte: „Mach einen Test Bella, du kannst nicht hundertprozentig davon ausgehen, dass es nur an dem Pillenwechsel liegt.“ „Was?“ Ich war verwirrt, obgleich ich sie eigentlich verstanden hatte. „Du glaubst doch, dass du das deswegen hast, weil Carlisle dir wieder eine andere Pille verschrieben hat. Nebenwirkungen und so. Aber du darfst da nicht zu sehr von ausgehen, du könntest auch-“ „Ist gut ja“, sagte ich rasch, „danke Alice.“ Ich legte auf Meine Hände zitterten, denn sie hatte Recht. Carlisle verschrieb mir ab und an eine andere Pille und testete in regelmäßigen Abständen meinen Hormonspiegel (ich traf ihn bei sich auf der Arbeit an). Carlisle glaubte, dass es mit der Pille bei mir so war wie mit Antibiotikum bei Menschen: Der Körper konnte sich an die Wirkungen gewöhnen und sie dann nichtig machen. Daher hatte ich diese Nebenwirkungen auch schon einige Male mitgemacht. Aber Alice hatte Recht, wenn wir diesen Wechsel auf eine andere Sorte zu spät vollzogen hatten, konnte ich- Ich raste ins Badezimmer, um mich erst zu übergeben und nach ausführlichem waschen in meinen Badezimmerschränken zu suchen. „Irgendwo…“, murmelte ich. Ich durfte nicht schwanger sein, oh bitte nicht, flehte ich innerlich und mir wurde ganz mulmig im Magen. Edward wäre- ja was wäre er? Sauer? Wahrscheinlich. Wir hatten uns damals – damals, wie viel Zeit war seitdem vergangen?, schoss es mir durch den Kopf – heftig gestritten. Total panisch riss ich alle Schränke auf. Ich hatte schreckliche Angst vor Edwards Reaktion, wenn… Ich fand einen Schwangerschaftstest und führte ihn sofort durch. Ich setzte mich auf den Badewannenrand und wartete. Ich trank einen Schluck Wasser aus dem Hahn. Mein Kopf tat weh und ich fühlte mich zu schlaff um aufzustehen. „Ein Strich nur, komm schon, bitte“, flüsterte ich und fixierte das Stäbchen. Ich sah auf die Uhr und wieder auf das Stäbchen. Wieder auf die Uhr. Ich trommelte mit den Fingern auf das Waschbecken und wippte mit den Beinen. Ich sah auf das Stäbchen. Auf die Uhr. Wieder aufs Stäbchen. Ein Strich. Ich atmete auf. Ich entspannte mich wieder und eine Welle der Erleichterung, aber auch Enttäuschung, ich konnte nichts gegen diese unwillkürliche Gefühlsregung tun, überkam mich. So sehr ich wusste, dass es richtig war, dass Edward und ich kein Kind mehr bekamen, so sehr wünschte ich es mir doch tief in mir drin. Doch wie sollte das gehen? Sollte ich das Kind bekommen, direkt in Edwards Arme legen und mich für weitere Jahre verabschieden? Ich kroch unter die Decke auf der Couch. Mein Schädel brummte und ich hatte schreckliche Unterleibsschmerzen. Magen- und Unterleibsschmerzen hatte ich seit den letzten Pillenwechseln häufiger. Immer nur ein kurzer stechender Schmerz. Meistens betäubte ich den Schmerz mit Tabletten, denn ein Zusammenbruch in der Uni war nicht von Vorteil. Trügerisch schien die Sonne durch das Fenster. Ich strampelte die Decke wieder weg. Ich fühlte mich überhitzt. Mein Magen rebellierte. Ich stand auf und trank einen Liter Wasser und machte mir gleich darauf einen Tee. Ich setzte mich auf den Boden, während der Wasserkocher rauschte. Nela wurde heute sechzehn Jahre alt. Sie war bald erwachsen und ich hatte alles verpasst. Ihre ersten Schritte, ihre ersten Worte, wie sie lesen lernte, wie sie mit Carlisle über die Vegetation diskutierte, wie sie entdeckte, dass sie Salami nicht mochte, wie sie zum ersten Mal auf einen Baum kletterte, wie sie- Hör auf Bella!, schrie ich mich selbst an, während mir Tränen die Wange herunter kullerten, immer dieselben deprimierenden Gedanken! Wenn du nicht gegangen wärst, wäre sie tot und niemand hätte das miterleben können. Mein Körper spielte völlig verrückt. Mal tat mir der Magen weh, mal der Kopf weh, mal der Unterleib, mal war mir so schwindelig, dass ich dachte ich fahre Achterbahn, obwohl ich saß oder lag und mal alles zusammen. Und ich hatte unheimlichen Durst. Mal war mir nach was heißem, mal fühlte ich mich selbst so heiß, dass ich eiskaltes Wasser aus dem Kühlschrank trank. Gegen Mittag riss ich alle Fenster auf und schloss die Vorhänge und Jalousien. Mein Magen und mein Unterleib hatten sich – vorerst – beruhigt, was aber auch an den Schmerztabletten konnte, doch mein Gesicht glühte und meine Augen ertrugen kein Licht. Ich war vollkommen erschöpft und legte mich mit einem Kissen auf die kalten Küchenfliesen. Ich schlief ein. Zwar tat mir alles weh, als ich wieder zu mir kam, doch ich spürte nicht den unangenehm harten Boden unter mir. Im Gegenteil. Ich seufzte bevor ich die Augen öffnete. „Edward, es ist Nelas Geburtstag“, sagte ich vorwurfsvoll und erblickte auch sogleich jemanden. Er kam mit einer Kanne Tee zu mir. „Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen, aber ich bin’s nur. Wie geht es dir?“, fragte Jasper. Ich überging letzteres. „Was- wieso-“ Ich hatte kaum Stimme. Er fühlte meine Stirn. „Fühlt sich schon besser an, glaube ich“, sagte er und ich erwischte mich wie ich seine kalte Hand an meinem Gesicht genoss. Er hielt sie noch einen Moment an mir und langte dann nach der Tasse, die er mir reichte. „Ich habe eine gute Ausrede, wie du weißt“, es klang ein wenig mürrisch, „nicht immer in Nelas Nähe sein dürfen, weshalb ich gekommen bin. Andernfalls wäre Edward sofort gekommen. Wir haben ihn überredet bei Nela zu bleiben. Es wäre zu auffällig gewesen, weil Edward erst gestern jagen war und Nela wusste das. Und dann an ihrem Geburtstag. Ich hoffe du bist mir nicht böse, dass ich gekommen bin?“ „Nein, nein, natürlich nicht. Danke“, sagte ich zwischen ein paar Schlücken Tee. „Dann hoffe ich, dass du mir nicht auch nicht böse bist, dass ich dich gekühlt habe. Keine Sorge, ich habe dich – in diesem Sinne – nicht irgendwo berührt.“ Er lächelte sanft. Ich sah automatisch an mir runter. Ich trug ein leichtes Hemd und eine kurze Boxershorts. Ich spürte wie ich rot wurde. „Äh ja, nein, danke, klar, kein Problem“, stotterte ich und wurde noch röter, da fiel mir etwas ein: „Geht das denn für dich? Ich meine wegen meines Blutes…“ „Du riechst sehr wenig menschlich, verglichen mit normalen Menschen ist das fast nichts“, beschwichtigte Jasper. Ich nickte. „Wie… wie war es heute? Wie geht es Nela?“ „Bestens natürlich. Es geht ihr wunderbar. Du weißt wie Alice immer aufblüht, wenn es ums feiern geht.“ Wir grinsten. „Und was hat sie sich gewünscht gehabt? Bzw. was hat sie bekommen?“, wollte ich wissen und unterdrückte die stechenden Unterleibsschmerzen, denn das interessierte mich viel mehr, als die blöden Schmerzen. „Sie hat sich natürlich nichts gewünscht. Sie wünscht sich ja nie was, weil Alice ja sowieso voraussehen kann ob sie sich freut oder nicht, sagt sie immer“, er lachte kurz auf, „wir haben ihr ein kleines eigenes Labor in der Bibliothek eingerichtet, weil sie sonst immer bei Carlisle war und ihm über die Schulter gesehen und sich Geräte ausgeliehen hat, jetzt hat sie ihre eigenen Sachen und Alice hat ihr eine eigene Nähmaschine geschenkt, jetzt wo sie nähen kann“, plapperte Jasper. Ich beäugte ihn misstrauisch. Jasper war sonst nicht so locker und gesprächig. „Du verschweigst mir etwas“, schloss ich. Jasper sah ertappt aus, überspielte es dann aber gekonnt. „Ja. Aber das wird Edward dir selber sagen. Er kommt heute Abend, allerdings wird es später.“ Ich nickte, denn es hätte keinen Sinn ihn zu überreden. „Ach und“, Jasper griff hinter sich auf den Couchtisch und reichte mir zwei Packungen, „Carlisle sagt am besten wäre es wenn du noch ein paar Tage abwartest, ob die Nebenwirkungen abklingen. Wenn das der Fall ist, dann sollst du die Pillen weiter nehmen, wenn nicht, dann sollst du die absetzen und die neuen nehmen“, er deutete auf die obere der beiden Packungen, „die anderen Tabletten sind die alten, die du jetzt nimmst.“ „Okay gut, danke“, sagte ich zwar, doch ich wusste, dass ich die alten einfach weiter nahm. Zumindest wenn Übelkeit, Schwindel und Fieber zurück gingen. Die Unterleibs- und Magenkrämpfe erlitt ich, wie immer, und wenn sie schlimmer wurden nahm ich Schmerzmittel… na ja wenn ich ehrlich war, nahm ich seit Monaten Schmerzmittel, weil die Schmerzen sonst unerträglich waren. Ich wollte Edward damit nur nicht belasten, denn ich konnte nicht jeden Monat andere Anti-Baby-Pillen nehmen, weil die Mittel und Kombinationsmöglichkeiten begrenzt waren und ich nicht allzu schnell gegen alle immun werden wollte. Ich riss mich zusammen, damit Jasper meine Schmerzen nicht bemerkte oder spürte. Ich musste ihn irgendwie los werden, nur für eine Minute, damit ich ein paar Medikamente nehmen konnte. Doch ich musste mir gar nichts Großartiges einfallen, denn Jasper nahm mir das ab. „Ich schau mal ob ich irgendwo etwas Frisches zu kaufen kriegen, ich kann dich kurz allein lassen?“, fragte er während er überflüssiger Weise die Jacke über warf. „Ja, klar“, sagte ich perplex und die Tür fiel ins Schloss. Ich tapste zur Tür und horchte ob er wirklich weg war, obwohl ich es sowieso nicht gehört hatte, lief dann rasch ins Bad und schmiss mir die letzten beiden Schmerztabletten aus der Packung ein. „Du kannst wirklich nach Hause gehen, ich komme allein klar. Es geht mir wunderbar“, versuchte ich Jasper zu überzeugen, der an einem Berg von Gemüse und Obst herumhantierte und mir strickte Bettruhe (auf der Couch) erteilt hatte. „Ich riskiere nicht mein Leben, indem ich jetzt von deiner Seite weiche“, lachte er, „ich habe es Edward geschworen.“ Ich seufzte und lehnte mich zurück in die Kissen. Die Schmerzen waren weg (klar, ich hatte ja auch Medikamente genommen), ich musste mich nicht mehr übergeben und das Fieber war auch fast weg. Einzig und allein schlapp und ein wenig schwindelig fühlte ich mich noch. „Sag mal“, begann ich lachend, als mir ein köstlicher Geruch in die Nase stieg, „hat euch Alice allen Kochstunden gegeben oder warum könnt ihr alle so gut kochen?“ Das war mir bei Edward auch schon aufgefallen. Er war viel viel besser geworden. Viel besser als manch anderer Mensch (ich schloss mich darin mittlerweile ein, obwohl ich eigentlich gar nicht so schlecht in kochen war). „Ja“, antwortete Jasper aus der Küche vollkommen ernst, „sie hat uns ein paar Nächte lang mit Esme alles gezeigt, wegen Nela und für Notfälle.“ Ich hörte mit aufgerissenen Augen zu. Alice hatte, während Nela schlief, Vampiren Kochstunden gegeben?! „Notfälle?“, fragte ich hingegen. „Jaah… wie jetzt zum Beispiel“, sagte er langsam. Ich nickte nachdenklich, obwohl Jasper es natürlich nicht sehen konnte. „Was willst du zuerst essen? Ich habe-“ Doch was er hatte hörte ich nicht mehr, da mein Festnetztelefon klingelte. „Bella Cullen“, meldete ich mich. „He Bella, hier ist Leni. Wann treffen wir uns denn jetzt heute? Bleibt es dabei?“ Oh nein, dass hat ich – wieder – völlig vergessen. „Ähm, lass uns morgen nach dem Seminar treffen, was hältst du davon?“ „Leona, Lucas und Sara sind aber nicht in unseren Seminaren, sie haben danach noch Uni“, erwiderte Leni. „Dann treffen wir uns eben mit Miriam und Max und im großen Team ein anderes Mal“, sagte ich rasch, mir war das Projekt nicht unwichtig, aber ich wollte Edward heute Abend unbedingt noch sehen (genauer gesagt war ich zu neugierig), „tut mir leid Leni, aber mir geht es heute nicht gut, aber morgen bin ich ganz sicher wieder fit.“ „Oh, oh na gut, okay, dann morgen ja? Gute Besserung“, sagte sie noch und legte, nachdem ich geantwortet hatte, auf. „Du willst morgen wirklich schon wieder zur Uni?“, fragte Jasper, während er weitere Teller auf dem nun frei geräumten Couchtisch platzierte. „Mir geht es super und nach der Verpflegung bin ich fit wie ein Turnschuh“, sagte ich munter und legte mir einen Teller auf den Schoß. Kaum hatte ich die Hälfte des Tellers verspeist und Jasper berichtete mir weiter von der Geburtstagsparty heute Morgen, vibrierte sein Handy. Er ging schnell heran. „Ja, hmmm, hmmm, ihr geht es gut, mhhmm ich denke schon, warte, Edward“, sagte er zu mir, „er fragte, ob du dich fit genug fühlst, dass ich dich heute sehr spät am Abend mit zu uns nehme, wenn Nela schläft.“ Ich nickte heftig. Unbedingt, ich wollte mit Edward reden und so konnte ich Esme sehen. Ich telefonierte zwar ab und zu mit ihr, aber sie kümmerte sich rund um die Uhr um Nela, weshalb sie mich selten besuchen konnte (ich hatte ja auch viel zu tun) und die Cullens hatte ich ewig nicht besucht. „Ja, ich bringe sie dann nachher mit. Rufst du mich an, wenn- gut okay, ja gut, tschüß.“ Er sah mich nachdenklich und irgendwie fast entschuldigend an. „Keine Sorge“, murmelte ich, „ich frage nicht.“ Jasper grinste frech, während er seinen Wagen Richtung Santa Fe fuhr. Meine Finger gruben sich tief in den Sitz ein, mein Körper versteifte sich, damit ich nicht anfing zu wibbeln. Ich war total nervös, wegen so vielem, und Jasper spürte das natürlich. Eine Woge der Ruhe durchflutete mich. „Danke“, sagte ich mit einem angespannten Seitenblick zu ihm. Wir sprachen kaum etwas während der Fahrt, aber eigentlich nur, weil ich kaum Stimme hatte. Ich hatte ein komisches Magengefühl und das nicht wegen der Nebenwirkungen, die Schmerzmittel wirkten sehr gut, sondern wegen dem Ungewissen was mich erwartete. Ich war mir sehr sicher, dass etwas passiert war und damit meinte ich nicht in erster Linie den Geburtstag meiner Tochter. Außerdem, und das war das einzig beruhigende (es überwiegte aber nicht), sah ich gleiche alle auf einmal wieder, meine Familie. Es war sehr lange her, dass ich dort war. Ich hoffte, dass ich mich zusammenreißen konnte und nicht vor Rührung heulen würde. Nein, das würde mir nicht passieren. Ich musste gefasst sein und abwarten. „Alles okay bei dir?“, fragte Jasper, der mich aus meinen Gedanken riss und sogleich in die Einfahrt der Cullens einfuhr. „Alles bestens“, sagte ich und richtete meinen Rock. Ich fühlte mich gut. Körperlich zumindest. Ich sah Edward schon neben der Tür lehnen. Kaum war Jasper zum stehen gekommen, öffnete Edward mir die Tür und ich fiel ihm in die Arme. „Dir geht’s wieder gut?“ „Ja, alles bestens“, wiederholte ich nach einem kurzen Kuss. „Danke Jasper“, sagte Edward, der einen Arm um meine Taille gelegt hatte und nun hinter Jasper in Richtung Haus ging. „Keine Ursache“, sagte dieser überflüssigerweise. Edward wusste das natürlich schon aus seinen Gedanken. „Esme!“, rief ich und stürmte sofort auf sie zu. „Bella, gut siehst du aus“, sagte sie und musterte meine Kleidung, „ich habe dich so vermisst, Liebes.“ Carlisle stellte sich neben sie. „Ich dich auch“, sagte ich und drückte sie noch mal an mich. Carlisle legte einen Arm halb um mich. „Wie geht es dir Bella?“, sagte in seinem fachmännischen Ton. Ich wusste sofort worauf er anspielte. „Alles wunderbar, ich fühl mich fit.“ Er nickte. „Wir müssen aufpassen. Umso mehr andere Präparate du nimmst bzw. umso mehr du gegen sie immun wirst, desto mehr Ersatz-Präparate muss ich suchen und letztendlich zusammenmischen. Je mehr ich mische, desto gefährlicher kann es werden. Wir wissen nicht wie dein Körper darauf reagiert“, erklärte er, „Und du hast wirklich keine Nebenwirkungen mehr? Spürst du noch etwas? Irgendetwas?“, wollte er wissen. Ich schüttelte bereits den Kopf. „Nein, es geht mir super. Ich fühle mich total gut.“ „Das wird dir niemand glauben“, hörte ich Alice mit kühlem Unterton sagen, die sich zu Jasper hinter mich gesellt hatte. Emmett war mit ihr hereingekommen. Ohne Rosalie. „Wieso?“, fragte ich misstrauisch und sah über die Schulter zu Alice. Alice ging einen Schritt nach vorne und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Weil ich sehe, wie du morgen in die Apotheke gehst und dir Schmerzmittel kaufst“, konterte Alice mit kühlem Gesichtsausdruck. Ich biss mir auf die Lippen und mied Edwards Blick. Ich funkelte Alice an, doch ich bekam es nicht so finster hin, wie ich vor hatte. Ich fühlte mich entlarvt und schämte mich. „Bella, wie lange schon? Und wo hauptsächlich?“ Es war Carlisles Stimme und nicht halb so vorwurfsvoll wie ich es bei Edward erwarten würde. Ich sah Edward nur kurz in die Augen, doch ich sah sofort wie enttäuscht und geschockt er war. Stattdessen sah ich Carlisle an. „Nicht lange… ein paar… Monate“, sagte ich sehr leise, als konnte ich damit entgehen, dass die anderen es auch hörten. „Magen und Unterleib.“ Carlisle nickte und wollte weiterreden, doch Edward fasste mich am Handgelenk und warf Carlisle einen vielsagenden Blick zu. „Wir fahren sofort ins Krankenhaus“, sagte er, doch ich blieb stehen und zerrte an ihm. „Nein, auf keinen Fall, lass mich los!“, forderte ich. Edward drehte sich zu mir um. „Bella das ist Wahnsinn was du machst! Du kannst nicht monatelang Nebenwirkungen betäuben! Was glaubst du warum du diese Schmerzen hast? Weil die Pillen dir nicht gut tun und dich krank machen!“ „Das ist doch gar nicht gesagt! Es sind nur Nebenwirkungen, die eben länger anhalten als sonst“, versuchte ich mich herauszureden und blieb immer noch steif stehen, „aber ich kann auch nicht jeden Monat die Sorte wechseln! Irgendwann wirkt nichts mehr!“ „Dann finden wir eine andere Lösung!“ „Ach ja? Und hast bestimmt schon eine in petto, nicht wahr?“ Natürlich hatte er keine. Stumm standen die übrigen um uns herum und beobachteten unseren Streit. „Ich gehe nicht weg, ehe ich nicht weiß was los ist“, zischte ich, als Edward mich immer noch nicht losließ. „Edward es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn wir ihr sagen, was heute vorgefallen ist und ihr eure Auseinandersetzung woanders hin verlegt, sonst wird Nela noch wach“, schlug Esme diplomatisch vor. Edward nickte und ließ mich los. Ein paar Meter Luftlinie entfernt liegt meine nun sechzehnjährige Tochter und schläft, dachte ich kurz, doch besann mich auf das was jetzt kam. Edward und ich funkelten uns an. „Gut, dann bitte, ich warte“, ich verschränkte die Arme, „was war hier heute los?“ Edward atmete tief aus, machte einen Schritt zurück und setzte sich auf die Couch. Emmett, Alice und Jasper setzten sich ebenfalls. Carlisle und Esme blieben bei mir in der Mitte des Raumes stehen. „Nela hat mich heute gefragt, ob sie sich etwas wünschen darf“, begann Edward, der mich ununterbrochen ansah, „sie hat gefragt, ob ich ihr ein Foto von dir zeigen kann.“ Ich zog die Augenbrauen hoch. Das hatte ich nicht erwartet. „Ich habe ihr gesagt, dass ich keins habe und sie hat mich darum gebeten zusammen mit ihr zu suchen. Sie meinte, sie habe schon im Internet gegoogelt und alte Zeitungen gewälzt. Mehr als Charlies Todesanzeige hat sie allerdings nicht gefunden. Sie hat gefragt, wo sie deine finden könnte. Ich habe ihr gesagt, dass ich sie raussuchen werde, wir fälschen eine.“ Ich nickte und wartete. „Wir haben alle Seite im Internet gesperrt, wo sich ein Foto oder irgendetwas über dich finden könnte, aber…“, fuhr nun Emmett fort. „Sie wollte, dass ich ihr etwas über dich erzähle. Alles, wie wir uns kennen gelernt haben, wie du warst, alles wollte sie wissen. Eine Frage nach der anderen. Ich hätte kaum antworten können, weil sie alles wissen wollte und ihr immerzu neue Fragen einfielen. Sie meinte, sie ist jetzt alt genug, damit wir ihr alles erzählen können, was wir ihr immer vorenthalten haben. Sie wolle wissen, wer ihre Mutter war und ob ich es nicht verstehen könne, wenn ein Kind nach seinen Wurzeln fragt. Sie hat nicht mit Vorwürfen gespart. Ich weiß nicht mehr was ich ihr sagen soll.“ „Und was machen wir jetzt?“, fragte ich. „Was meinst du wie alt sie werden soll?“, fragte Edward zurück. Ich spürte wie ich zu zittern begann. Durfte meine Tochter sehen? Bald? „Das sollte sie entscheiden oder?“, sagte ich schließlich. „Ich habe sie gefragt. Sie sagte, dass sie nicht älter werden wolle, als ihre Mutter bei ihrem Tod war.“ Ich hatte mich kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag verwandelt, überlegte ich. 2 Jahre also noch. Maximal. „Wenn du willst, kannst du sie morgen sehen“, sagte Edward. „Nein. Sie soll noch älter werden bis sie sich wirklich sicher ist. Ein Jahr mindestens. Am besten wäre es, wenn wir- wenn ihr sie an ihrem siebzehnten Geburtstag noch einmal fragt. Ich glaube nicht, dass sie solche eine Entscheidung jetzt schon treffen kann“, wand ich ein. „Sie ist sehr klug. Sie weiß genau, dass wir ihr etwas verschweigen. Dass ich ihre Gedanken nicht lesen kann, macht es nicht einfacherer.“ „Ein Jahr“, sagte ich. „Wir müssen abwarten wie es sich entwickelt“, schaltete Carlisle sich ein, „vielleicht haben wir keine andere Wahl. Wir möchten sie ungern mit Gewalt festhalten und durch die Verwandlung könnte sie wieder unter Menschen, zumindest nach einiger Zeit“, ergänzte er. „Frag’ sie am besten Mal, wann sie gern sich verwandeln wollen würde, wenn sie es entscheiden könnte“, sagte ich zu Edward, der wiederum nickte. „Gut, ist dann alles geklärt? Dann können wir ja fahren“, sagte Edward lässig und stand vom Sofa auf. „Fahren?“, fragte ich irritiert, doch wusste sofort was er meinte, als ich seinen Gesichtsausdruck sah. „Ins Krankenhaus“, antwortete er nüchtern. „Du glaubst doch nicht, dass ich mitkomme. Na schön, ich nehme die Neuen, die Jasper mir mit gebracht hat und gut“, log ich stur. „Bestimmt nicht. Das macht dich kaputt. Carlisle muss dich zumindest einmal durchchecken, wer weiß was du angerichtet hast. Wir müssen uns etwas überlegen-“ „Na gut, dann setzte ich sie eben komplett ab, wenn dir das so wichtig ist, wenn du meinst, dass das besser ist“, Edward stand nun nur noch einen Meter von mir entfernt, „keinen Sex, wir werden ja sehen wer zuerst schwach wird“, ich funkelte ihn an, „kein Wort Emmett“, fügte ich eisig hinzu. „Bella das ist kein Wettbewerb“, sagte Edward vollkommen ernst, „aber die Nebenwirkungen werden immer stärker, je schwieriger es wird andere Präparate zu bekommen und je mehr Substanzen Carlisle zusammen mischen muss. Am Anfang hattest du gar keine Beschwerden und jetzt? Ist dir das gar nicht aufgefallen?“ Genau genommen, nein… doch jetzt wo er es sagte… es stimmte. Wenn ich die Pille wechselte hatte ich immer stärkere Nebenwirkungen gehabt als zuvor und seit ein paar Wechseln auch noch lange danach, bis sie schließlich gar nicht mehr aufhörten. „Trotzdem, was ist so schlimm daran, wenn ich Schmerzmittel nehme? Ich kann daran nicht sterben, schließlich ist mir das von euch geblieben“, sagte ich. „Ich will aber nicht, dass du leidest“, flüsterte er und strich mir über die Wange. „Sie leidet wohl eher, wenn sie enthaltsam leben-“, gluckste Emmett. „Emmett! Setz ihr nicht solche Hirngespinste ins Ohr!“, fauchte Edward, der Emmetts weitere Gedanken vorweggenommen hatte. Emmett räusperte sich. Ich grinste. „Er hat recht.“ Edward verdrehte die Augen. „Warum muss ich immer derjenige sein, der vernünftig ist?“ „Vor sechszehn Jahren war ich es“, entgegnete ich, „ein kleines Zugeständnis deinerseits könnte nicht schaden.“ „Es würde dir schaden.“ Ich wandte mich seufzend um. „Die ganze Diskutiererei bringt doch nichts, ich fahre jetzt erst mal-“ „Shhh!“, zischte Alice plötzlich. Edward reagierte sofort, hob mich hoch und rannte mit mir in ein angrenzendes Zimmer. Verwirrt ließ Edward mich allein zurück und schloss die Tür hinter sich. Ich befand mich im Klavierzimmer. Ich horchte an der Tür und wartete begierig auf eine neue Stimme. Natürlich kannte ich den Grund. Wir hatten uns nicht leise unterhalten. „Was macht ihr denn für einen Krach? Sonst redete ihr absichtlich so leise, dass ich es nicht verstehen- Was schaut ihr mich denn so an?“ Ich ging kraftlos in die Hocke. Meine Hände waren schweißnass und zitterten. Ich schluckte. Meine Tochter. Und sie hörte sich so… fremd und erwachsen an… und ich musste mich vor ihr verstecken… „Nichts ist Schatz, tut uns leid. Schlaf weiter“, sagte Edward betont sanft. „Ihr habt nicht zufällig gestritten? Oder über meine Verwandlung diskutiert?“, fragte sie misstrauisch. „Es war ein langer Tag, du solltest-“, versuchte Edward es und hörte, wie viel Schmerz in seinen Worten lag. Er hasste die Lügengebäude um Nela herum, die nur ihrem eigenen Schutz dienten. „Geh mir nicht immer aus dem Weg! Ich habe etwas gefragt!“, unterbrach Nela ihn lauter werdend. Ich war fasziniert von ihrer Stimme und stellte mir ihren Gesichtsausdruck vor. „Wir haben tatsächlich über deine Verwandlung gesprochen“, sagte nun Carlisle, „und uns gefragt, wann du es dir wünschen würdest, wenn du es dir wünschen könntest“, zitierte er meine Frage für Nela von vorhin. „Ihr könnt machen, dass es dazu kommt nicht wahr? Abgesehen vom Beißen“, fragte sie direkt. Sie war wirklich sehr schlau und ließ sich nicht so schnell einwickeln. „Und wenn es so wäre?“, fragte Carlisle zurück. „Dann sofort“, konterte sie. Nun schaltete sich Edward ein. „Können wir uns auf deinen siebzehnten Geburtstag einigen?“, kam Edward meiner Bitte nach. „Warum?“ „Können wir?“ Einen Augenblick war es still. Dann sagte Nela: „Abgemacht. Aber nur unter der Bedingung, dass ihr mir vorher alles erzählt, was ich über meine Mutter wissen will. Alles.“ „Nur, wenn ich entscheide, wann davor ist“, stellte Edward eine Bedingung auf. „Aber vor der Verwandlung?“, fragte Nela nach. „Vor der Verwandlung“, wiederholte Edward, „aber zu einem Zeitpunkt, den ich bestimmt.“ „Gut“, sagte sie und schien sichtlich zufrieden mit sich, „und macht nicht wieder so einen Lärm.“ Ich hörte sie die Treppen hoch schlurfen, öffnete langsam die Tür und ging zurück zu den anderen. „Gut gehandelt Papa“, sagte ich grinsend, als hätte es unseren Streit eben nicht gegeben. „Tja, deine Tochter ist eben nicht von schlechten Eltern“, sagte er breit grinsend. „Spinner“, flüsterte ich und küsste ihn. „Also ein Jahr noch…“ „Ja, an ihrem siebzehnten Geburtstag werde ich ihr alles erzählen und dann kannst du zu ihr“, stimmte Edward mir zu. „Außer sie überlegt es sich noch anders“, wand ich ein. Edward nickte. „Aber das wird sie nicht, das weißt du genauso gut wie ich. Hast du dich damals abhalten lassen?“ Er grinste schief. „Nein“, sagte ich und küsste ihn auf die Oberlippe. Wir sahen einander an. Ich wollte das Thema von eben nicht wieder heraufbeschwören und Edward schien nicht zu wissen, wie er mich überreden sollte. Carlisle trat zu uns. „Ich schlage vor, wir fahren zu dir und ich sehe mir an, was du genommen hast und dann sehen wir mal ob wir ins Krankenhaus fahren, ich habe sowieso nachher Schicht“, sagte er zu mir, „ich verspreche dir, dass ich nichts gegen deinen Willen tun werde.“ Ich nickte ergeben, zuckte mit den Schultern und sah meinem verblüfften Ehemann in die Augen: „Konstruktive Vorschläge kommen immer gut.“ Ich grinste. „Du bist unmöglich“, sagte Edward, küsste mich und wir gingen dann, nachdem ich mich von allen verabschiedet hatte, hinter Carlisle aus dem Haus. „Entschuldigt das Durcheinander“, murmelte ich, während Edward und Carlisle warteten und ich im Badezimmer nach den Tablettenpackungen suchte. Ich kam mit zweien wieder. „Ich nehme sie immer abwechselt. Die einen sind stärker, die anderen schwächer. Man hat mir gesagt, ich soll die starken nicht am Stück nehmen“, erklärte ich schnell und gab Carlisle die Packungen. Er sah mit großem Entsetzen auf die Packungen und dann zu mir. Edward sah ihm über die Schulter. „Bella! Weißt du was das ist?!“ Ich hatte Carlisle noch nie so zwanghaft beherrscht gesehen. Er schien innerlich völlig außer sich zu sein. Er hielt die Packung mit den stärkeren Schmerzmitteln, in der noch einige Tabletten raschelten (die Schwächeren waren leer, weshalb ich sie auch morgen in der Apotheke nachgekauft hätte), hoch. „Nein…“, sagte ich langsam. Edward starrte auf die Packung und hatte die Stirn fassungslos in Falten gelegt. „Das sind sehr starke Schmerzmittel. Eine der stärksten, die wir im Krankenhaus, wo ich arbeite, überhaupt haben. Die werden für Schmerztherapien benutzt“, sagte er in betont ruhigem Ton. „Wie viele hast du davon genommen?“, fragte Carlisle dann. „Jeden zweiten Tag eine Tablette… und an dem anderen Tag dazwischen zwei von den Schwächeren“, sagte ich kleinlaut. Mir war das so unheimlich peinlich und unangenehm. „Wo hast du die überhaupt her?“, wollte er weiter wissen. „Ich habe einen Medizinstudenten hier gefragt, die schwächeren wirken nicht so gut bzw. nicht immer“, gab ich zu. Carlisle zog die Augenbrauchen hoch. „Die ‚Schwächeren’ sind immerhin die stärksten frei verkäuflichen…“, murmelte er mehr zu sich und sah mich dann wieder an, „und er hat sie dir einfach so gegeben?“ „Ja, also nein, ich hab ihn überredet, dass das alles seine Richtigkeit hat, also… dass ich nur nicht zu meinem Arzt käme…“ „Du hast mit ihm geflirtet“, konstituierte Edward mit ausdrucksloser Miene, „und Geld war bestimmt auch im Spiel.“ Ich öffnete den Mund, doch Carlisle sprach gedankenverloren weiter: „Ich habe an dieser Uni einen Lehrstuhl angeboten bekommen, ich sollte mir überlegen, ob ich mit so unfähigen leichtsinnigen Studenten wirklich zusammen arbeiten will…“ Edward warf Carlisle einen vielsagenden Blick von der Seite zu. Ich seufzte. Klar. Natürlich. „Edward hat dich überredet“, stellte ich nun fest. „Wie auch immer, es wäre wirklich besser, wenn ich dich einmal untersuchen könnte. Mit dem Zeug ist nicht zu spaßen.“ Carlisle sah mich eindringlich an. „Gut, meinetwegen“, sagte ich schnaubend. Edwards Miene war hart, aber ein Hauch Erleichterung blitzte darin auf. Edward wartete auf dem Flur, während Carlisle mich durchcheckte. Natürlich bekam er durch Carlisles Gedanken trotzdem alles mit – und wusste somit mehr als ich. Denn Carlisle beschränkte sich auf das nötigste und sprach kaum. Er meinte, dass er mich ganz normal untersuchen konnte, nur, dass ich wegen der harten Haut nicht großartig operiert werden könne (was ich sowieso nicht zugelassen hätte), zumindest glaubte Carlisle das. „Du kannst dich wieder anziehen“, sagte er und wusch sich die Hände. Sofort war Edward im Zimmer. Er hätte sich das warten draußen auch sparen können, dachte ich, doch er hatte darauf bestanden. Ich saß immer noch auf der Liege, Edward lehnte daran. Carlisle wand sich zu mir um. „Deine Leberwerte sind nicht sehr gut, um nicht zu sagen sehr schlecht. Aber mehr Sorgen macht mir der Magen-Darm-Trakt. Der ist sehr angeschlagen.“ „Hm okay, dann nehme ich keine Schmerzmittel mehr und nehme die neuen Tabletten von Jasper“, sagte ich leichthin. „Ganz so einfach wird das nicht. Ich vermute, dass du die Pille mittlerweile gar nicht mehr verträgst und die Nebenwirkungen nicht nur von dieser einen Sorte kommen. Ich schaue mal, ob ich noch etwas anderes finde, was wir ausprobieren können. Aber…“ Carlisle sah Edward lange an. Edwards Blick war zu Boden geheftet, er nickte unmerklich. „Ich sehe mal nach einem Patienten“, sagte Carlisle schließlich und verschwand. Kaum war Carlisle hinausgegangen, drehte sich Edward zu mir, legte eine Hand rechts und eine links von meinem Oberschenkel und sah mir tief in die Augen. Ich wäre fast ein Stück zurückgewichen, so sehr erschreckte mich sein besorgter Blick. „Wir werden auf diese Art und Weise nicht mehr lange verhüten können, glaubt Carlisle. Die Schmerzen werden immer schlimmer und die Schmerzmittel greifen die Organe an-“ „Aber ich kann doch sowieso nicht sterben“, warf ich mit einem schmalen Lächeln ein. „Darum geht es auch nicht. Nur irgendwann werden selbst die stärksten Schmerzmittel nicht mehr anschlagen und du wirst, selbst wenn du dann die Pille absetzten würdest, weiterhin starke Schmerzen haben, gegen die wir dann nicht viel tun können. Es wäre also besser, wenn du die Pille jetzt absetzt, bevor es zu spät ist.“ Ich runzelte die Stirn. „Und wie hast du dir das vorgestellt? Ich verzichte nicht eine Ewigkeit, das meine ich wörtlich, auf Sex. Das kann auch nicht in deinem Interesse sein.“ „Es gibt noch eine Methode, durch die du keine Schmerzen hast und die sehr sicher ist“, sagte Edward, doch mir gefiel der vorsichtige Unterton nicht. „Die wäre?“, fragte ich fordernd. „Eine Sterilisation“, sagte er neutral. Ich rutschte unwillkürlich von ihm weg. „Kommt überhaupt nicht in Frage!“ Edward schien mit dieser Reaktion gerechnet zu haben, denn er richtete sich seufzend auf und blieb stehen wo er war. „Es ist nur ein kurzer Eingriff und es müssen nur sehr kleine Schnitte gemacht werden. Carlisle und ich sind der Überzeugung, dass es bei dir funktionieren dürfte“, er sah meinen entsetzen Gesichtsausdruck und schien zu bemerken, dass ich das nicht meinte, „Bella du glaubst doch nicht, dass wir noch ein Kind bekommen werden“, sagte er ruhig. „Vielleicht nicht jetzt, aber wir haben alle Zeit der Welt… die ganze Ewigkeit und wenn wir es hinterher bereuen?“, stammelte ich nervös. Wie konnte er einen so entscheidenden Schritt von mir verlangen? „Was sollten wir bereuen? Dass wir bereits eine gesunde großartige Tochter haben und unser Glück nicht überstrapazieren wollen? Dass du dann gesund bist und keine Schmerzen hast?“ „Was ist an dem Gedanken so abwegig, dass wir noch ein Kind bekommen?“, fragte ich und überging seine Argumente. Edward atmete scharf aus. „Was daran abwegig ist? Das fragst du mich nicht wirklich oder? Was hast du denn die letzten sechzehn Jahre gemacht? Willst du das ganze Theater wieder von vorne spielen? Nur eben in 20 oder 30 Jahren noch mal? Wenn du dann nicht schon verrückt vor Schmerz geworden bist!“ Ich war den Tränen nahe, nahm meine Tasche und lief aus dem Zimmer. Ich hielt die andere Hand vor das Gesicht um meine Tränen zu verbergen, doch die Schwester und Angehörige wandten sich zu mir um. Mein Kopf war leer. Wie konnte er das verlangen? Ich wollte nicht vernünftig sein! Ich wollte einfach nur diese Chance, die kein anderer Vampir hatte, nicht einfach so leichtsinnig aufgeben. Ich wusste, dass ich es irgendwann schrecklich bereuen würde. Vielleicht würde ich diese Verhütungsmethode ja doch irgendwann in Erwägung ziehen, aber das konnte ich jetzt noch nicht entscheiden. Ich setzte mich vor die Klinik auf den Bürgersteigrand und malte mit den Füßen in den Kies. Ich dachte unwillkürlich darüber nach, wie es wäre, ein zweites Kind zu bekommen. Meine Hand fuhr automatisch zu meinem Unterleib. Ich konnte mich noch genau an das Gefühl erinnern. An die Schwangerschaft. An das Gefühl, Nela in mir zu tragen. Es musste nicht jetzt sein, nicht heute, nicht morgen. Aber vielleicht irgendwann… mich würde allein die Vorstellung, dass ich noch ein Kind haben könnte, wenn ich mich jetzt nicht sterilisieren lassen würde, nicht loslassen. Ich war froh, dass Edward mir diese Minuten gelassen hatte, dass er mich hat weglaufen lassen, was ich immer tat, obwohl es so sinnlos war. Edward setzte sich neben mich und sah geradeaus. „Es tut mir leid wegen eben“, sagte er sanft und sah mich dann an. Ich hatte auch geradeaus gesehen und wand jetzt den Kopf zu ihm. „Tut mir auch leid.“ Ich betrachtete wieder meine Finger in meinem Schoß. „Ich will mich nicht mit dir streiten.“ „Ich auch nicht.“ Wir schwiegen ein paar Minuten und sahen einander nicht an. „Warum hast du es mir nicht gesagt?“ Ich wusste, dass er die Schmerzmittelgeschichte meinte. „Da fragst du noch?“, sagte ich leise, „Weil ich wusste, wie du reagieren würdest.“ Edward sah mich direkt an. „Bella, bitte, du kannst mir alles sagen, es tut mir leid, wenn es den Anschein macht, als würde ich dich bevormunden wollen. Das will ich nicht.“ Ich sah ihn kurz an und starrte dann geradeaus. Er tat es mir gleich. Ich versuchte ruhiger zu werden und hörte meinem Atem zu. Wir saßen nah genug aneinander um uns berühren zu können, doch weit genug weg, um es nicht zu tun. Wir schwiegen wieder. „Bella… denkst du ernsthaft darüber nach noch ein Kind zu bekommen?“ „Nicht jetzt“, sagte ich schnell, „aber… vielleicht irgendwann…“ „Nach allem was passiert ist?“ Sein Unterton war merkwürdig. Ich dachte an die Cullens. „Ist es zu selbstsüchtig?“ Edward lächelte geradeaus. „Nein, das meinte ich nicht. Ich meinte die letzten sechzehn Jahre. Deine letzten sechzehn Jahre.“ „Ich habe es nicht bereut“, entgegnete ich lediglich. „Ich weiß“, Edward atmete ein, „und doch hast du gelitten.“ Ich sah ihn von der Seite an. „Du willst kein Kind mehr.“ „Unter diesen Umständen nicht.“ Ich blickte ebenfalls gerade aus. „Und notfalls schläfst du eben nicht mehr mit mir.“ Meine Stimme war merkwürdig rau. „Ich würde es zumindest versuchen.“ Er lächelte mich unsicher an. Ich nahm es nicht ernst. „Können wir diese Entscheidung vertagen-“ „Oh nein Bella. Es ist deine Entscheidung. Ich werde dir keine Vorschriften machen, auch wenn mir wünschen würde, dass du zur Vernunft kommst.“ Ich schluckte. Vernunft… Vernunft war noch nie eine meiner Stärken gewesen. Einer meiner wenigen Stärken. „Ich möchte Carlisle vorher bitte, alles erdenklich andere zu tun, bis es keinen anderen Ausweg mehr gibt“, sagte ich leise und obwohl es sich so anhörte, als wenn ich dann einwilligen würde, wusste ich, dass ich es dann trotzdem nicht tun würde. Es würde immer einen Weg geben, jedenfalls einen der für mich in Frage kam. Das hieß nicht, dass Edward das auch so sah. Edward nahm meine Hand und sah mir intensiv in die Augen. „Gut. Aber versprich mir, dass du wenigstens auf Carlisle hörst, ja?“ Ich nickte. „In Ordnung.“ Wir standen auf und ich hörte Edward noch etwas wie „Was haben ich falsch gemacht, dass sie Carlisle aus der Hand frisst und mir nicht?“ murmeln. ------------------------------------------------------------------ Freue mich über Kommis, kuss V Kapitel 4: Vertrauensbruch -------------------------- Next one...^^ ------------------------------------------------------------------------- Carlisle nahm prompt den Lehrstuhl an. Ich sagte zwar nichts, aber mir war klar, dass Edward ihn dazu überredet, wenn nicht gar gedrängt hatte. So konnte Carlisle mich jeden Tag sehen – und andersherum, was nicht unbedingt schlecht war, wenn ich mal unbefangen mit jemandem reden wollte. Trotzdem. Ich fand es übertrieben, aber ich gab keinen Widerspruch. Wenn es Edward glücklich machte. Emmett und Rosalie waren, zu Nelas Unmut bezüglich ersterem, wieder abgereist und auch Alice war zerknirschter denn je. Jedoch nicht wegen Emmett und Rosalie, sondern wegen Nelas plötzlichem Interesse an Biologie, Medizin und Naturwissenschaft. Sie war nur noch in ihrem Labor oder blätterte in allen in der Bibliothek und in Carlisles Büro auffindbaren naturwissenschaftlichen Büchern. Sie hatte kein Interesse mehr an Nähen und Kleidung („wenn sich ihr Geschmack dem ihrer Mutter anpasst, wandere ich aus“, hatte Alice geknurrt). „Und wie war dein Treffen?“, fragte Edward, der bereits in der Wohnung auf mich wartete, als ich vom Treffen der Stiftung nach den Seminaren kam. „Anstrengend“, nuschelte ich und ließ sämtliche Unterlagen auf den Esstisch fallen. „Nächste Woche fängt unser Schulprojekt an, aber ich glaube, dass unser Stiftungsetat nicht für das gesamte Projekt reicht. Die Bücher sind nicht gerade billig.“ Ich zog mich aus und schlüpfte in Shirt und Jogginghose. Zwar hatten die Cullens – wir – sehr viel Geld, doch es wäre zu auffällig, wenn ich als Studentin auf einmal ein paar Tausende spendete. „Na ja abwarten“, gähnte ich, wischte mir mit der Hand durchs Gesicht und streckte mich. Edward grinste mich schief an und reichte mir einen Teller mit meinem Lieblingsobst. „Was?“, fragte ich halb grinsend. Edward legte die Hand an mein Gesicht und strich mit dem Daumen unter meinem Augen. Er nahm die Hand wieder weg. Auf seiner weißen Haut war meine schwarze Mascara. Ich seufzte. „Jaja, ich vergesse das hin und wieder mal“, murmelte ich und verschwand ins Bad um mich von dem Zentner Make-up zu entfernen. „Auch wenn die ‚ältere Bella’ seinen Reiz hat, so mag ich dich immer noch am liebsten“, sagte Edward, als ich mich danach in seine kühlen Arme auf das Sofa legte. „Da bist du wahrscheinliche der einzige“, sagte ich mit geschlossenen Augen. „Und das ist auch gut so“, flüsterte er mir ins Ohr und küsste meine Lippen. „Ich habe dir übrigens neue Anti-Baby-Pillen ins Bad gelegt, die du anstelle der jetzigen nehmen sollst. Ich soll dir von Carlisle ausrichten, dass du keine Schmerzmittel nehmen sollst, weil diese Pillen sehr schwach dosiert sind und wir sehen wollen, ob es damit vielleicht geht. Allerdings müssen wir sehr aufpassen, weil sie daher eben möglicherweise gar nicht wirken. Carlisle wird in nächster Zeit noch ein paar Hormonspiegeltests bei dir machen“, erklärte er beiläufig. „Hmmm“, machte ich leise, „sehr aufpassen.“ Ich spürte wie sich Edwards Lippen auf meinen zu einem Grinsen verzogen. „Und… habt ihr mittlerweile herausgefunden, was Nela genau macht? Oder herausfinden zu sucht?“ Edward hatte mir erzählt, dass sie mittlerweile von morgens bis abends in der Bibliothek bzw. ihrem Labor hockte. Sie verließ es nur, wenn sie auf Toilette musste oder Hunger hatte (in letzter Zeit aß sie aber auch immer öfter in ihrem Labor, hatte Edward gesagt). Sie verbot, dass jemand sich ihrem Labor näherte und sprach auch nicht darüber. „Ja.“ Ich richtete mich auf und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Und? Sag schon!“ „Alice hat ein paar ihrer Visionen zusammengebastelt, sodass wir uns sehr sicher sind, obwohl Nela versucht hat, und das nicht schlecht, es vor uns zu verbergen“, begierig sah ich ihn an, „sie untersucht ihr Erbgut und ihr Blut, um herauszufinden, wie sie selbst die Verwandlung herbeiführen kann.“ „Was?! Warum?“, fragte ich erschüttert. „Entweder will sie mich damit… na ja erpressen ist ein hartes Wort, aber vielleicht ein wenig weich kochen, wenn es darum geht, ihr etwas über dich zu erzählen oder sie traut uns nicht, dass wir sie wirklich an ihrem achtzehnten Geburtstag verwandeln, bzw. dass du das tust.“ Ich runzelte die Stirn. Das war nicht gut. „Keine Sorge, sie wird es nicht herausfinden können, weil es gar nicht geht“, sagte Edward leichthin, „wir müssen uns keine Sorgen machen. So hat sie wenigstens etwas zu tun und macht keinen Blödsinn“, lächelte Edward. Ich war nicht sehr begeistert. „Es gibt wirklich keine Möglichkeit?“ Edward schüttelte den Kopf. „Nein, wir sind uns sehr sicher.“ Ich war misstrauisch. „Das heißt, es könnte doch sein?“ „Nein, theoretisch ja, aber das kann sie nicht. Sie müsste sich selbst sehr viel Blut abnehmen und das Gift heraus segregieren und sich dies dann selbst wieder zuführen. Das ist wirklich unmöglich, zumal sie nicht mal ausreichend Geräte hat.“ Ich glaubte ihm. Doch ich hatte nicht nur meine kleinen speziellen Probleme. Hinzu kamen die Menschlichen. Es war Anfang des Semesters und alles noch mehr oder weniger in Vorbereitung. Meine Kurse standen zwar schon, aber bei der Stiftung gab es noch einiges zu tun, schließlich hatte ich gerade erst den Vorsitz von Leni bekommen. Ich hatte ihn mit gemischten Gefühlen angenommen. Einerseits konnte ich mich so richtig in die Arbeit reinhängen und es machte mir großen Spaß mit den Kindern zu arbeiten, andererseits wusste ich nicht was mich erwartet, ich war nie oft „Chef“ gewesen. Und genau das würde mir bewusst, als ich am nächsten Tag zum Direktor zitiert wurde. „Mrs Cullen, setzten Sie sich doch bitte“, sagte er, als ich sein Büro betrat und mich dann vor seinen Schreibtisch setzte. „Ms Cenedy hat mich unterrichtet, dass sie nun den Vorsitz der Bildungsstiftung sind. Herzlichen Glückwünsch.“ „Vielen Dank“, sagte ich in seiner Atempause und war gespannt, was er nun von mir wollte. Ein gutes Gefühl hatte ich nicht. „In dieser und nächster Woche ist Stiftungswoche für unsere Sponsoren und Universitätsleiter. Das heißt ich erwarte einen Bericht über die Erfolge und Misserfolge, sowie Bilanzen des letzten Semesters und eine Vorausschau über Mittel und bildungsfördernde Programme für dieses Semester. Also ein kleiner Businessplan über den Sie dann vor uns referieren.“ Ich schluckte. Was?, schoss es mir durch den Kopf, während ich mir mit zitternden Händen Notizen machte. „Wäre Ihnen nächsten Montag recht?“ „Ähm wir fangen bereits nächste Woche mit den Schulbesuchen an-“ „Gut, dann diesen Freitag? Kommen sie einfach um 12:00 Uhr in mein Büro, wir gehen dann nach nebenan in den Konferenzraum“, sagte er und deutete auf die kirschfarbene Tür am anderen Ende des Büros, „oder ist Ihnen das zu kurzfristig?“ „Hm, also ich weiß nicht- doch das müsste gehen“, sagte ich schnell, bevor er es noch weiter vorverlegte oder nach hinten schob, wo unser Projekt schon startete. „Sehr gut, ich freue mich schon“, sagte er, ich stand auf und er reichte mir die Hand. „Ja, ich mich auch“, sagte ich höflich und verließ das Büro ehe ich eine Möglichkeit finden würde zusammen zu brechen. Ich blieb neben der Bürotür stehen, die schweren Bücher in meinen Armen. Ich atmete ruhiger. Ich? Einen Vortrag halten? Ich lief gedankenverloren durch das Unigelände Richtung Parkplatz. Ich? Vor anderen Leuten reden? Ich parkte aus und befand mich auf dem Heimweg. Ich? Mit errötetem Kopf vor Sponsoren und Professoren referieren? Ich stieg aus, schloss erst die Haus-, dann die Wohnungstür auf und legte alles ab. ICH?! Ich ließ meine Unisachen liegen und arbeitete nur den Berg Arbeit von der Stiftung durch. 3 Tage nur noch! Und ein Konzept hatten wir noch nicht. Ich hatte Leni angerufen, damit sie mir einen Bericht zusammenstellte vom letzten Jahr, wo sie Vorsitz war (ich war zwar schon dabei gewesen, aber sie kannte sich besser aus, da sie schließlich bei allem anwesend gewesen war). Dann hatte ich noch Miriam und Max angerufen, die beide hauptsächlich die Finanzen machten und sie um eine Zusammenstellung gebeten. Leona, Lucas und Sara bereiteten während dessen unseren Projektbeginn nächste Woche vor. Darum konnte ich mich jetzt nicht auch noch kümmern. „Unsere Ziele, wie wir sie erreichen wollen, bei welcher Zielgruppe, mit welchem Personaleinsatz und welchen finanziellen Mittel. Und nenn Aktionen, wie wir weiter Geld rein bekommen“, hatte Leni mir noch gesagt. Ich hatte zwar alle gebeten sich dazu ein paar Gedanken zu machen, wir trafen uns morgen Abend, doch vortragen und die Vorschläge vertreten musste schließlich ich allein, dachte ich seufzend. Ich hatte kaum auf die Zeit geachtet und so erschrak ich heftig, als Edward mir am Abend über die Schulter sah und meinen Nacken mit seinen kühlen Lippen berührte. „Au“, sagte ich, nachdem ich zusammen gezuckt und mit dem Kopf gegen sein unnachgiebiges Kinn gestoßen war. „Entschuldige“, sagte er, „was machst du da?“ „Das weißt du doch bestimmt schon“, nuschelte ich. Meine Augen waren immer noch ans Papier geheftet. „Würdest du es mir trotzdem erzählen?“ Er hatte sich auf die Eckbank rechts neben mir gesetzt. „Es ist schrecklich“, fluchte ich und sah ihn verzweifelt an, „ich kann so was nicht. Ich war noch nie gut darin im Mittelpunkt zu stehen! Wenn ich versage und den Sponsoren das Konzept nicht gefällt, kann sich das auf unseren Etat bzw. unsere gesamte Stiftung auswirken!“ „Mehr Selbstbewusstsein, Bella. Du bist immerhin eine Cullen“, lachte er. Ich zog eine Grimasse. Ich fand das absolut nicht witzig. „Aber vielleicht kann ich dich beruhigen. Die Kleiderfrage hat Alice bereits für dich geklärt“, sagte Edward und griff hinter mich. Er hatte einen Bügel an den Schrank hinter mir gehangen. „Beruhigen?“, fragte ich mit möglichst gelassener Stimme, doch ich war überhaupt nicht gelassen. Das Kleid war ein schwarzes schräg abgeschnittenes Kleid, wozu parallel rote Streifen verliefen. Es war tief ausgeschnitten, aber Alice hatte ein trägerloses schwarzes Top angezogen, auch wenn sie es sicherlich bedauert hatte, doch sie kannte meine Grenzen. „Du wirst darin bezaubernd aussehen“, sagte Edward, der mein entrüstetes Gesicht sah. „In jedem Fall ziehe ich das erstens nicht an und zweitens würde das nichts nützen, wenn ich nur Müll rede“, murrte ich und kritzelte auf mein Papier. Ich war so verbissen konzentriert, dass ich gar nicht merkte, dass mehrere Stunden vergingen. Erst als die Lampen am Balkon sich bei Dunkelheit automatisch einschalteten, sah ich auf und wand mich suchend nach Edward um. Er saß auf der Couch und schaute aus dem Fenster. Als er meinen Blick bemerkte, lächelte er mich an. „Entschuldige, ich hab… die Zeit vergessen“, sagte ich, er schritt auf mich zu, „ich bin wohl keine sehr gute Gastgeberin.“ Er sah mich gespielt entsetzt an und legte die Arme von hinten um mich. „Ich bin nur Gast?!“ „Nein“, sagte ich lachend, wandte das Gesicht nach rechts und küsste seine glatte Wange, „du bist viel viel mehr.“ Seine Augen fixierten meine Unterlagen. „Bin mal gespannt, was du da hinschreibst.“ Ich folgte seinem Finger auf dem Papier. Er deutete auf „eigene Motivation“. Ich seufzte. „Nicht die Wahrheit zumindest. Ich kann ja schlecht sagen, dass es mir Trost spendet, wenn ich mit anderen Kindern zusammen sein kann, anstelle meines Eigenen. Und dann noch hinzusetzen, dass ich mein Kind aus Schutz davor von den Volturi als unsterbliches Kind zerfetzt zu werden siebzehn Jahre lang nicht sehen darf“, brachte ich es auf den Punkt. Ich spürte wie abgestumpft ich bereits war und das ängstigte mich. Doch Edward nickte nur und ging nicht weitere darauf ein. „Trag mir doch mal vor, was du bisher hast.“ „Hm“, machte ich und sah nun wieder zu meinem Gekrakel, „okay… gut.“ Kaum hatte ich das ausgesprochen war Edward zurück zur Couch gesaust und sah mich in erwartungsvoller aufrechter Haltung an. Ich schnaubte, stand auf und stellte mich in die Mitte des Wohnzimmers. Ich sah auf den Zettel in meinen Händen, dann auf Edward, der mit einem intensiven Blick und einem kleinen Lächeln musterte. Ich sah auf meinem Zettel, der immer mehr zu verschwimmen schien. Ich spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss. Keiner wusste wie es in mir drin aussah, da meine Haut vermutlich zu fest für Operationen war, doch fest stand, dass bei mir alles Menschliche funktionierte – außer dem Herzen. So widersprüchig es klingen mag. Ich öffnete den Mund und merkte, wie das Blatt in meinen Händen zu zittern begann und mein Hals trocken wurde. Ich seufzte, verdrehte die Augen und drehte mich um. „Das hat so keinen Zweck. Ich kann nur froh sein, dass kein Cullen an dem Tisch sitzen wird.“ „Hm, das könnte man bestimmt einrichten“, gluckste Edward. Ich warf ihm einen finsteren Blick zu und setzte mich in die Essecke. „Ich schaffe das nie und nimmer, hätte ich das eher gewusst, hätte ich den Vorsitz nicht übernommen“, jammerte ich kindisch und legte das Gesicht in die Hände und die Ellenbogen auf die Knie. „Schatz. Wie wär’s wenn du jetzt erst mal duschen gehst und ich mache dir was zu essen? Auf irgendetwas bestimmtes Hunger?“ Ich schüttelte den Kopf, eigentlich mehr weil ich keinen Hunger hatte, als dass ich auf seine Frage antwortete, und schlurfte ins Bad. Es würde zwar nichts helfen, abgesehen davon, dass ich sauber wurde, aber in Selbstmitleid zu zerfließen war genauso schlimm. Ich stocherte wenig später in Edward sicherlich köstlichem Auflauf herum. „Bella, es ist nur ein kleiner Vortrag“, sagte Edward und legte eine Hand auf meine. „Nur ein kleiner peinlicher sehr wichtiger Vortrag“, korrigierte ich mürrisch mit Blick auf den Teller. Am Mittwoch und Donnerstag ließ ich die Kurse sausen, was eigentlich nicht meine Art war, doch ich musste Prioritäten setzen, und sammelte die Berichte der anderen Stiftungsmitglieder ein. Gedankenverloren saß ich Donnerstagnachmittag vor dem ganzen Zettelkram und war mit meiner Rede nicht zufrieden, geschweige denn, dass ich sie mochte. Ich konnte mich nicht konzentrieren und ging stattdessen ins Bad um die Packung Pillen zu holen. Genau genommen waren nur die Pillen in ihrer Hülle, ungewöhnlicherweise nicht mehr mit Verpackung oder Packungsbeilage. Ich presste eine Pille aus der Hülle und drehte die Hülle um. Komisch. Der Name kam mir nicht bekannt vor, aber das hieß auch nichts. Was mich stutzig machte, war der Wirkstoff. Ich hatte immer die kompletten Wirkstofflisten gelesen und mir angesehen, ob sie sich mit den Schmerzmitteln vertrugen. Es waren fast immer ähnliche oder gleiche Wirkstoffe nur in anderen Kombinationen und Mengen. Doch diese hatte ich noch nie gelesen und ich hatte schon viele verschiedene Pillen genommen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen ließ ich die herausgepresste Pille liegen und ging ins Wohnzimmer zu meiner Arbeitsecke an den Laptop. Ich googelte nach dem Wirkstoff. Ich fand ihn kurzerhand und starrte fassungslos auf den Eintrag dazu: Placebo. Ich stürzte zurück zum Esstisch zum Telefon und schmiss die Pillenhülle auf den Tisch. Vorsichtig sein, ja klar, die Pille wirkte nur sehr schwach, ja klar, von wegen. Wollte er mich auf den Arm nehmen?! Ich tippte Edwards Handynummer auswendig ein, doch bevor ich ihn anrufen konnte, klingelte es an der Tür. Ich klappte das Handy zu. „Umso besser“, nuschelte ich und drückte auf. Er hätte sich das klingeln auch sparen können, so hatte ich nur noch mehr Zeit mit aufzuregen. Doch statt Edward kam Alice die Treppe hoch getänzelt. „Alice-“ „Ich dachte ich wahre deine Privatsphäre“, sagte sie, küsste mich einmal links einmal rechts und schwebte an mir vorbei. „Alice-“ „Ich dachte ich ergreife mal Partei für meinen Bruder“, unterbrach sie mich wieder. „Was- Achso“, verbesserte ich mich, als ich sah, wie sie die Pillenhülle betrachtete. Alice setzte sich auf die Eckbank und deutete auf den freien Stuhl, auf den ich mich verkehrt herum setzte. Ich seufzte, als ich ihren strengen Blick sah. „Warum hat er das gemacht? Will er mich veräppeln? Ich dachte wir wären ehrlich zueinander!“, stöhnte ich. „Bella, Edward macht sich sehr sehr große Sorgen um dich, andernfalls hätte er das auch nicht gemacht“, sagte Alice entschuldigend. „Du hast das gewusst?!“, rutschte es mir dummerweise raus. Alice zog die Augenbrauen hoch. „Egal, vergiss es. Warum belügt er mich?“, fragte ich, als ob die Antwort nicht auf der Hand lag. „Was soll das ganze Theater? Dann brauche ich auch gar nichts nehmen!“ Ich hatte Tränen in den Augen und verschränkte die Arme. „Bella, es gibt keinen neuen Wirkstoff mehr, Carlisle ist ratlos“, sagte sie mit sehr ernstem Ton, „alles was du nehmen könntest, hat immer schlimmer werdende Nebenwirkungen, die du wie bisher mit Schmerzmitteln unterdrücken müsstest.“ „Ich mache das nicht, egal was sie sagen“, sagte ich leise und wand den Blick von Alice ab. Ich dachte an die einzige Alternative – für Edward. „Bitte versteh ihn doch und sei nicht sauer-“ „Nicht sauer? Er wollte mich wie ein kleines Kind reinlegen!“, die Tränen verließen meine Augen, „sag Alice, wenn du in meiner Situation wärst, wenn du diese Chance hättest– würdest du es machen?“ Alice sah mich lange an und sagte schließlich: „Ich weiß es nicht.“ „Ich weiß auch nicht mehr was ich noch denken soll“, grummelte ich, nahm die einzelne herausgedrückte Pille und die Hülle mit den übrigen, schmiss sie in der Küche in den Müll und blieb aufgebracht neben Alice stehen. „Jedenfalls brauchen wir kein Theaterspiel. Siehst du Edward heute Abend kommen?“ Alice nickte. „Gut.“ „Aber ich sehe auch, dass es nicht gut ausgeht…“, setzte Alice hinzu. „Nicht gut für wen?“, fragte ich nach. Alice zuckte mit den Schultern. „Für beide.“ Ich ließ mich seufzend auf den Stuhl fallen. Ich hatte genug. „Bitte Bella, macht ihm keine Vorwürfe-“ „Du kannst mir glauben, dass ich nicht mit Vorwürfen sparen werde“, sagte ich gereizt. „Ich hätte Jasper mitnehmen sollen“, sagte Alice mit einem frechen grinsen, „er hätte dich etwas abkühlen können.“ Ich sah bei Betonung des Wortes hektisch auf und kniff die Augenbrauen zusammen. Achso… das… mit dem Fieber, schoss es mir in den Kopf. „Sehr witzig“, murrte ich. Alice kicherte. Alice stand auf. „Kann ich dir irgendwie helfen?“, sie deutete auf die Zettelberge, „sieht nach viel Arbeit aus…“ „Du brauchst nicht auf mich aufpassen, im Gegensatz zu früher kann ich mich nicht mehr umbringen.“ Meine Stimmung war noch mieser als vorher. Alice lächelte. „Jaja, also, was kann ich tun?“ Ich schob ihr widerwillig die Finanzakte zu. „Da könnte mal nachgerechnet werden“, murmelte ich. Alice nickte triumphierend und machte sich sofort darüber her. Alice verschwand kurz bevor Edward kommen würde. „Bitte bleib sachlich“, hatte sie noch gesagt und war über das Treppenhaus verschwunden (sie sagte Edward würde über den Balkon kommen). Ich lehnte die Balkontür an, sie knatschte ein klitzekleines bisschen, druckte den Eintrag zu dem „Wirkstoff“ aus und legte den Zettel neben mich. Ich setzte mich auf den Stuhl an den mit Akten übersäten Esszimmertisch und starrte auf die Zettel vor mir. Ich las kein einziges Wort, ich wartete nur auf einem Luftzug, ein minimales Geräusch, das Edward ankündigte. Da. Ein ganz leises Knirschen. Er schlang die Arme kurz um mich und küsste mich auf den rechten Wangenknochen, da ich den Kopf starr gerade aus hielt. „Na, gerüstet für morgen?“, fragte er munter. Er hatte meine starre Haltung und den Zettel neben mir noch nicht bemerkt. „Hmm“, machte ich in kühlem Ton, den er sehr wohl bemerkte. Er nahm die Arme von mir und stellte sich aufrecht hinter mich. Ich sah aus dem Augenwinkel wie er mit der Hand den Zettel neben mir nahm. Es war beinahe zu hören, wie er im Kopf eins und eins zusammen zählte. „Bella, ich-“ Er brach ab. Ich wartete und sah weiter auf das Papier vor mir. Ich schrieb nicht. Ich las nicht. Er setzte sich seitlich neben mir, immer noch den Zettel in den Händen haltend. Ich sah ihn nicht an. Ich wollte mich nicht weich kochen lassen, denn ich war wirklich wütend. Ich hörte wie er einatmete und Anstalten machte, sich zu erklären, doch er schwieg. Das machte mich noch wütender. Hatte er nicht mal den Mumm dafür gerade zu stehen? Mir schossen die Tränen in die Augen. „Ganz schön beschissen, wenn die Ehefrau nicht so dumm ist, wie man denkt oder?“, provozierte ich. Ich hielt den Kopf unverändert und warf nur mit den Augen einen Blick zu ihm und sah, wie er große Augen machte. „Bella, es tut mir leid, ich hätte-“ „-mich nicht belügen sollen“, beendete ich mit scharfem Ton. „Warum hast du mich belogen?“ Ich sah ihn direkt in die Augen. Doch ich erkannte ihn kaum, denn alles war verschwommen. „Ich wollte dich nur schützen-“ „Eine Lüge mehr oder weniger“, murmelte ich dazwischen und sah bereits wieder auf die Blätter vor mir. Er sagte nichts. Gut, dann fang ich eben wieder an. Ich sah ihn direkt an. „Tut mir leid Edward, aber ich habe geglaubt, dass mich für ein wenig klüger hältst. Was soll das ganze Theater? Sag mir doch gleich, dass du entweder nicht mehr mit mir schläfst, oder ich mich sterilisieren lassen soll!“ Meine Stimme war Tränen erstickt und brüchig. Ich atmete tief ein und aus und schloss die Augen, um mich zu beruhigen. Ich spürte Edwards kühlen Finger an meinem Kinn. Er zog mein Gesicht in seine Richtung. Ich öffnete die Augen, ließ ich ein paar Tränen freien Lauf und sah ihn warmes fließendes Gold. „Ich wollte dich nicht hintergehen, aber ich möchte nicht, dass du Schmerzen hast“, sagte er leise. Ich stand auf, um mich von ihm frei zu machen. „Du und Carlisle ihr tüftelt irgendwelche perfiden Pläne hinter meinem Rücken aus, die doch sowieso nur auf eins hinauslaufen oder?“, schrie ich, „Dann bitte! Setz es mit Gewalt durch, anstatt mich für dumm zu verkaufen!“ „Bella bitte, dass kann doch nicht dein Ernst-“ „Ich weiß gar nichts mehr Edward!“, meine Stimme war kaum mehr als ein Krächzen, „ich habe euch vertraut, vor allem Carlisle, und ihr belügt mich!“ „Carlisle hat damit nichts zu tun“, sagte Edward mit klarem Ton. „Schön, dann eben nur du! Gib’ es doch wenigstens zu, dass deine Entscheidung schon gefallen ist!“ Ich stand immer noch mit verschränkten Armen und verweintem Gesicht vor ihm. Zwei oder drei Meter trennten uns. Edward sah mich lange an. Ich konnte seinen Blick nicht deuten. „Ja, ja gut, wenn du es sehen willst“, ich starrte ihn entsetztem Blick und offenem Mund an, „Ja, ich habe eine Entscheidung getroffen, und zwar die, das zu schützen, was mir-“ „Dann treffe ich jetzt auch eine Entscheidung. Geh, ich will dich nicht mehr sehen. Ich hab zu tun“, sagte ich und erschrak fast, weil gefasst und eiskalt mein Tonfall gefasst war. Doch so meinte ich es auch. Ich sah ihn nicht an und hörte wie er leise hinter sich die Wohnungstür schloss. Ich setzte mich wieder an den Schreibtisch. Alice hatte gelogen, dachte ich, es war zwar wirklich nicht gut, aber eigentlich doch nur für mich. So egoistisch das jetzt klang. Schließlich setzte er mir das Messer auf die Brust. Er stellte mich vor vollendete Tatsachen, auch wenn er das sicher nicht so nennen wollte: Sex und Sterilisation oder kein Sex und keine Pille. Mein Gesicht zwar nass, aber ich weinte nicht mehr. Ich war zu geschockt von Edwards Entscheidung bzw. in meinen Augen Erpressung. Denn er wusste genau, dass ich das nicht aushielt (meine menschlichen Hormone waren da alles andere als förderlich) und ich wusste genau, dass er sich sicher mehr zusammenreißen könnte als ich und mit Sicherheit strikt enthaltsam sein konnte. Sehr lange Zeit. Ich fand das so unfair und war wirklich froh, so sehr ich ihn auch liebte, jetzt allein zu sein. Ich hätte sein besorgtes verständnisvolles Gesicht nicht ertragen können. Egal Bella, egal egal egal, jetzt konzentrierst du dich auf deinen Vortrag morgen, sagte ich mir, verbannte Edward irgendwohin, nur ganz weit weg in meinem Kopf, und widmete mich gefühllos meinen Aktenbergen. Erleichtert verabschiedete ich mich von dem Direktor, der mich noch zur Tür begleitet hatte. Ich trug das rot-schwarze Kleid, ich wusste auch nicht, was mich geritten hatte, aber nun sah ich so aus wie ich mich fühlte: Eine kalte, emotionslose Geschäftsfrau. Ich hatte alles verdrängt und mich voll auf den Vortrag konzentriert. Ich hatte ein Ziel gehabt, doch jetzt drohte ich zusammenzubrechen. Ich ging schnurstracks in Richtung zu Hause. Ich war mir bis dato sehr sicher gewesen auf keinen Fall meine Fruchtbarkeit aufgeben zu wollen, doch nun zweifelte ich und stellte mir vor, wie ich mich fühlen würde, wenn ich die Sterilisation zulassen würde. Doch sobald der Gedanke präsent wurde, überkam mich die Entschlossenheit, das doch nicht zu wollen. Nicht jetzt. Es war verwirrend. Ich hatte erst siebzehn Jahre meiner Ewigkeit gelebt und ich wusste nicht, was ich die nächsten hundert Jahre wollte und empfinden würde, wie sich alles mit Nela entwickeln würde. Natürlich bestand die Chance, dass ich bemerkte, dass ich Kinder nicht mochte und mir das alles nicht lag, aber ich glaubte – befürchtete – dass genau das Gegenteil der Fall war, dass ich noch ein Kind, wenigstens eines, wollte, mit allen Konsequenzen. Ich blieb die nächsten Tage nie zu Hause. Ich ging in die Stadt, blieb in der Uni, lernte, hängte mich ab Montag ins Projekt ein (ich hatte ja die Ausrede als Vorsitzende überall dabei sein zu sollen) und schlief nur noch in der Wohnung. Ich ging früh aus dem Haus und kam erst so spät wieder, dass ich sofort ins Bett ging. Ich wollte mir selbst keinen Raum geben, um über alles nachzudenken. Ich weinte nicht. Stattdessen nahm ich jeden Tag Schlafmittel und meist auch Schmerzmittel, da ich immer häufiger, obwohl ich die Pille nicht mehr nahm, Magenkrämpfe bekam. Ich fühlte mich mechanisch und funktionierte, doch selbst wenn ich gewollt hätte, ich hätte Edward nicht anrufen können. Es gab 2 Möglichkeiten: Erstens Edward kam oder meldete sich bei mir. Zweitens ich ging zu ihm oder meldete mich bei ihm. Das Problem an erstem war, dass ich Edward rausgeworfen hatte, warum sollte er auf mich zu kommen? Allerdings fiel Möglichkeit zwei flach, weil ich meine Meinung nicht geändert hatte und nicht wusste, was ich zu ihm sagen sollte. Aber sollte er sich nicht eigentlich melden? Hatte er mich nicht verletzt? Musste er sich nicht melden? Ich schüttelte den Kopf, während ich in der Bibliothek wahllos irgendetwas lernte. Nein, es ging hier nicht um Recht und Unrecht, nicht um Stolz oder Eitelkeit, sondern um Liebe. Ich packte meine Sachen zusammen und verließ nach endlosen sinnlosen Stunden die Bibliothek bei Dunkelheit. Ich träumte, während ich an der roten Ampel mit den Fingern auf das Lenkrad trommelte. Die erste Projektwoche an einer Grundschule, eine Fußweg von meiner Wohnung entfernt, war großartig gewesen. Es hatte mir unheimlich viel Spaß gemacht. Wir waren jeden Tag für zwei Unterrichtsstunden dort gewesen, immer abwechselnd, nur ich war immer dabei gewesen, und hatte Bücher mit den Kindern gelesen und dazu Spiele gespielt und gebastelt. In einem Monat war die nächste Projektwoche, wo wir jedoch mit beim ein- und errichten der Schulbibliothek halfen. Ich freute mich schon riesig darauf. Ich seufzte. Jetzt hatte ich erst mal etwas anderes zu tun... doch was sollte ich ihm sagen? Ich musste es einfach darauf ankommen lassen. Alice würde meine Entscheidung gesehen haben und somit auch Edward. Wir hatte beide Zeit in Erfahrung zu bringen, was wir einander sagen wollten. Ich würde eine Stunde brauchen, bis ich dort war (Edward brauchte ca. 20 Minuten). Zeit genug sollte man meinen, doch als ich schon die Einfahrt zu den Cullens sah, wurde mir mulmig, denn ich hatte nichts in petto. Gar nichts. Ich wusste einfach nur, dass ich Edward unendlich liebte und die Distanz nicht länger aushielt. Ich fuhr schnurstracks zum Haus der Cullens. Es war kurz nach Mitternacht und ich hoffte, dass Nela schon schlief oder nicht zu Hause war. Andernfalls, da war ich mir sicher, hätte Edward mich vorher abgefangen. Ich überlegte hin und her. Gab es nicht einen anderen Weg? Eine Alternative? Gab es nicht immer eine Alternative? Mir kamen die absurdesten Ideen und eine davon, mit der ich mich abwegiger Weise immer mehr anfreunden konnte. Ich würde meine Sterilisation vortäuschen und weiter die Pille und Schmerzmittel nehmen. Ich nickte zu mir selbst. Erst als ich geparkt hatte und den Motor nur leise summen hörte, fand ich einen klaren Kopf und dachte über die Konsequenzen dieses Vorschlags nach. Wie trieb ich einen Arzt auf, der es verantwortete mir immer schlimmere Hormoncocktails zu verschreiben? Geld, dachte ich prompt. Aber wie rechtfertigte ich es, den Eingriff nicht von Carlisle durchführen zu lassen? Oder noch schwieriger: Wie konnte ein fremder Arzt den Eingriff durchführen ohne zu erkennen, was ich war? Das Schlimmste an dem Ganzen fiel mir erst spät ein: Ich belog Edward. Er machte sich auch nichts auf Ehrlichkeit, sagte eine bittere Stimme in mir. Nein, das geht nicht. Nein, dass war unmöglich. Ich hatte das Auto neben der Garage geparkt, sodass Nela es nicht, falls sie aus dem Fenster gucken würde, sehen könne. Ich überlegte kurz ob ich einfach draußen warten sollte, mir war es peinlich vor den anderen Cullens, doch ich ging trotzdem rein. Sie waren Merkwürdigkeiten schon von mir gewöhnt. Ich lugte nervös ins Wohnzimmer. Leer. Unüblich. Auch sehr still, fand ich, auch wenn es bei den Cullens nie laut zuging. Ich schritt durch das Wohnzimmer, durch die angrenzende Küche und sah ins Klavierzimmer. Leer. Ich horchte. Kein Geräusch. Ich ging ganz langsam ins erste Stockwerk und betete nicht auf Nela zu treffen. Alles ruhig. Es brannte zwar überall Licht, doch das ganze Haus war komplett leer, wie ich nach ein paar weiteren Minuten feststellte. Ich ging in Edwards – unser – Schlafzimmer. Es stand nur unser rundes Bett darin. Bis auf ein Regal war es sonst komplett leer. Ich löschte das Licht in dem Zimmer und stellte mich vor die Glaswand. Mondlicht schien matt herein. Wo waren die Cullens? Noch dazu mit Nela? War etwas geschehen? Doch das hätte Edward mir erzählt? Oder? Hätte er? Nach unserem Streit? Ich legte mich aufs Bett und strich mit der Armaußenseite über den freien Platz neben mir – Edwards Platz. Mir schossen die Tränen in die Augen, bevor ich es verhindern konnte. Konnte ich bleiben? Was wenn sie mit Nela zurück kamen? Ich war leichtsinnig und es war mir egal, was noch leichtsinniger war… ich würde einfach warten… --------------------------------------------------------------------- DANKE FÜR DAS INTERESSE! Freue mich über Kommis =) Kapitel 5: Begegnung am Grab ---------------------------- Hallo ihr lieben Leser! Und nun das vierte Kapitel von Innermost! Viel Spaß ^^ Kuss Vanessa ---------------------------------------------------------------------------- Natürlich war ich erst sehr spät eingeschlafen, ich hatte nicht wie sonst Schlafmittel genommen, und dementsprechend spät wachte ich auf. Die Sonne erhellte bereits das gesamte Zimmer. Ich lag zugedeckt, aber noch in voller Kleidung auf dem apricotfarbenen Bett. Ich richtete mich blinzelnd auf. Es war also jemand da, schloss ich, denn die Vorhänge waren zugezogen worden und die Tür, ich war mir sicher sie zugemacht zu haben, stand offen. Ich rutschte aus dem Bett und richtete mich wieder auf einen Streifzug durchs Haus ein, doch als das Wohnzimmer leer war, nur der Wasserkocher war zu hören, ertönte eine herrliche Melodie. Ich lauschte einen Moment und lief nun ein wenig rascher ins Klavierzimmer. Edward saß mit dem Rücken zu mir am Klavier und spielte ein ruhiges beschauliches Lied. Ich lauschte genüsslich und dachte an nichts. Als er es beendete, nahm er die Hände vom Klavier und blieb mit leicht hängenden Schultern dort sitzen. Ich stellte mich hinter ihn und legte die Arme rechts und links neben seinen Hals. Er nahm locker meine Hände. Ich genoss diese kleine Berührung unheimlich. Ich atmete tief durch. „Es tut mir leid“, flüsterte ich. „Mir tut es leid“, sagte Edward mit einem langsamen Kopfschütteln, „ich hätte dich nicht so unter Druck setzten dürfen, es tut mir leid.“ Ich beugte mich zu ihm herunter, schlang die Arme um seinen Hals und legte die Wange an seine. Auch wenn ich sauer auf ihn war, ich hasste es, ihn traurig zu sehen. Es brach mir das Herz. Eine Weile verharrten wir in dieser Position. Dann machte sich Edward sanft von meinen Armen frei und hielt mich an den Händen fest. Er sah mir lange in die Augen. „Wollen wir ein wenig raus gehen? Zum Fluss?“ Ich nickte. Er nahm meine Hand und lenkte mich aus dem Haus. Jetzt fiel mir wieder die Stille und Leblosigkeit des Hauses auf. Ich blieb starr stehen. „Edward! Wo warst du? Wo sind die anderen? Ist etwas passiert?“, ratterte ich mit lauter erregter Stimme runter. „Beruhig dich Schatz, alles ist in Ordnung. Wir waren in Denali bzw. die Anderen sind noch dort. Ich bin so schnell hergekommen, wie ich konnte, als Alice die Vision sah“, sagte er ruhig und nahm meine beiden Hände. „Bei Tanya? Mit Nela?“ Ich sah ihn entsetzt an. Wie konnte er das zulassen?! „Ja, aber mach dir keine Sorgen. Tanya hat sich zurück gehalten. Wir waren eigentlich wegen Carmen dort. Sie hängt so an Nela und hat sie jetzt seid sie das letzte Mal bei uns war nicht gesehen. Tanya reißt sich zusammen, sie sagt nichts, mach dir keine Sorgen.“ Edward sah mich sanft an. „Sie hasst mich! Warum sollte sie sich nicht an Nela rächen? Das wäre doch die beste Vergeltung für sie!“ Ich war völlig aufgebracht. Warum war er so ruhig? Tanya könnte alles zunichtemachen! „Bella, ich habe ihre Gedanken gelesen. Sie ist zwar nicht sehr gut auf dich zu sprechen, aber sie hegt keine bösen Absichten und wird nichts sagen. Vertrau mir.“ Ich blickte ihm in die Augen. Vertrauen… konnte ich das? Wo er mich belogen hat? Mich hinhalten wollte? Ich nickte knapp. Er führte mich aus dem Haus heraus in die Sonne. Seine Hand in meiner glänzte. Ich schloss kurz die Augen, atmete den Wind und den Geruch ein und ging Hand in Hand mit Edward Richtung Fluss. „Edward, ich weiß, dass… dass das nur klappt, wenn einer nachgibt“, er hob mich über einen Felsen, „aber ich werde nicht nachgeben. Ich weiß auch, dass du auch nicht nachgeben wirst. Was sollen wir tun?“ Ich war neben dem Felsen stehen geblieben. Seine Hand immer noch fest umschlossen. Edward sah seitlich zu Boden. „Das heißt wir verzichten, solange wie ich mich nicht bereit erkläre, den Eingriff durchzuführen?“ Ich versuchte meine Stimme betont ruhig zu halten und nicht zu zittern. Doch es fiel mir sehr schwer. Edward nickte kaum merklich. Er wartete meine Reaktion ab. „Okay… dass heißt dann übersetzt, du bekommst deinen Willen, weil ich- weil ich dich zu sehr liebe, als dass ich darauf verzichten kann.“ Meine Stimme erstarb am Schluss, als mir klar wurde, was ich gerade gesagt hatte. Die Bäume wiegten sich im Wind und ein paar Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht. Trügerisch angenehm. „Lass mir bitte Zeit“, sagte ich dann, während er schwieg. „Natürlich, so viel du willst.“ Er drückte meine Hand und wollte mit mir weiter laufen. Doch ich hielt ihn zurück. „Eine Frage noch. Bitte beantworte sie ehrlich.“ Ich wartete. Edward nickte. „Wirst du niemals, wirklich niemals bereuen, dass wir kein Kind mehr bekommen werden? Wirst du dir nie wieder auch nur einen Augenblick ein weiteres Kind von mir wünschen?“ „Nein, niemals.“ Es kam gerade heraus, gefasst und neutral. Es war sein ernst. Ich zuckte ein wenig zusammen. Wie kalt das klang. „Und du versprichst mir, dass du das nicht nur sagst, weil es um mich geht?“ „Ich verspreche es“, sagte er und legte die Hände auf meine Arme, „Bella ich liebe dich mehr als alles andere. Wenn es dir schlecht geht, geht es mir auch schlecht“, fügte er hinzu und machte damit sein Versprechen, dass es nicht um mich gehen sollte, gleichsam wieder zunichte. „Ich denke darüber nach“, sagte ich abweisend. Edward lächelte nicht und wir gingen weiter. Hatte ich wirklich eine Wahl? „Bella?“, fragte Edward als wir den Fluss erreichten, „es gibt noch eine andere Möglichkeit.“ „Was für eine ‚Möglichkeit’?“, fragte ich irritiert. „Wenn du unbedingt deine Fruchtbarkeit behalten willst, dann wäre es auch möglich, dass ich deinen Part übernehme. Vielleicht wäre das gar keine schlechte Idee, allerdings muss ich erst Carlisle fragen ob das geht… aber wenn-“ „Warte mal, stopp“, redete ich dazwischen, als ich sah wie begeistert er von der Idee war. „Du kannst dann immer noch ein Kind kriegen und wir können-“ „Aber ich will doch kein Kind von einem anderen!“, schrie ich. Er war so in seine Idee vertieft, dass er mich fast gar nicht mehr wahrnahm. „Und was würde es ändern? Das Kind würde sich trotzdem verwandeln“, versuchte ich zu argumentieren. „Es ist anzunehmen, dass das Kind dann ein Mensch wird, solltest du von einem menschlichen Wesen ein Kind bekommen. Du bist nicht mehr Vampir genug um vampirisches Gift oder Erbgut weiterzugeben“, erklärte er neutral. Er schien lange darüber nachgedacht zu haben. Er hatte die Autofahrt scheinbar genutzt. Er sah mit leicht zusammengekniffenen Augen zu Boden und nickte zu sich selbst. „Edward! Schlag dir das aus dem Kopf! Außer-“ „Außer?“ Edward sah mit hochgezogenen Augenbrauen auf. „Außer man kann es rückgängig machen… hey, wie ist es eigentlich bei der Sterilisation der Frau, kann man-“ „Ach Bella!“, seufzte Edward, „worum geht’s hier eigentlich?“ „Darum, dass wir miteinander schlafen können, ohne, dass ich meine Fruchtbarkeit verliere“, entgegnete ich leichthin. Das lag doch auf der Hand. „Bella nein, versteh’ mich nicht falsch, ich liebe Nela, aber ich möchte kein Kind mehr mit dir bekommen!“, sagte er nachdrücklich. Ich ließ seine Hand los und glitt am Rand des Flusses in die Knie. Die Hände vor dem Gesicht. Ich wollte nicht weinen und gefasst sein, aber ich konnte nicht anders. „Ich weiß! Ich weiß ja!“, schluchzte ich, „Aber je länger ich darüber nachdenke, desto schöner finde ich den Gedanken.“ „Wie kannst du etwas schön finden, dass dich jahrelang von deiner Familie trennt und dich so leiden lässt?“, flüsterte Edward und strich mir über den Kopf. „Das verstehst du nicht“, entgegnete ich bitter. Wie konnte er auch… er hatte das alles nicht durchgemacht… die Schwangerschaft, die Sorgen, die Ängste und doch die Freuden über ein gesundes Kind, das wuchs und lebte, das unsere Liebe zeigte. Muttergefühle. „Scheinbar nicht“, murmelte Edward. Ich sah auf. Er hatte sich ans Ufer gesetzt. Ich atmete tief durch und setzte mich neben ihn. Er rückte ein wenig näher, sodass ich den Kopf auf seine Schulter legen konnte. „Es ist alles so kompliziert“, sagte ich sehr leise. „Hmmm“, machte Edward zustimmend. Wir saßen eine Zeit lang einfach so da und sahen dem Wasser zu unseren Füßen zu. Ich schloss die Augen und lauschte dem plätschern des Flusses und den rauschenden Bäumen hinter uns. Ich wand den Kopf zu ihm. „Das hört sich jetzt vielleicht komisch an, aber ich würde gerne mit meinem Vater reden. Können wir nach Forks fahren?“ „Hast du was dagegen wenn wir fliegen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Wenn ich fliege?“ Ich schüttelte wieder den Kopf. „Vielleicht wäre es besser, wenn ich mich umziehe… älter kleide… wenn ich in Forks jemanden treffe…“, wand ich ein, während wir zurück gingen, obwohl ich dort als vierunddreißig gelten würde und „älter kleiden“ da auch nicht nützten würde. „Ja, du hast recht“, stimmte Edward mir zu. „Kannst du mir etwas aus Alice’ Zimmer holen?“, bat ich. „Du kannst dir auch selbst etwas aussuchen“, fragte Edward irritiert. „Wäre ihr das recht? Wenn ich einfach in ihr Zimmer-“, ich brach ab, da Edward stehen geblieben war, seine Hand meiner entnommen und in seine Hosentasche gesteckt hatte. Er holte sein Handy aufgeklappt hervor und hielt es mir hin. Ist mir ganz recht, stand da. Wir konnten uns ein kleines Lächeln abgewinnen. Kaum waren wir weitergegangen, vibrierte das Handy wieder. Nimm den grauen Anzug in deinem Schrank hinten links, stand nun dort. „Meinem Schrank?“ „Alice hat für jeden von uns einen Schrank. Zusätzlich zu unseren Eigenen. Sie bestückt sie immer wieder neu, du kennst sie ja“, erklärte Edward tonlos. Ich nickte und wir gingen weiter. Wieder vibrierte sein Handy. Edward klappte es auf, seufzte und reichte es dann mir. „Sie hat geschrieben, dass die nächste SMS nur für dich ist“, sagte er mit den Händen in den Hosentaschen. Sogleich kam eine SMS an. Sei nett zu Edward! Keiner von euch hat es verdient, dass ihr euch so quält! Versetz’ dich einfach mal in seine Lage! Ich verstehe dich ja und Esme auch, aber überleg’ mal ob ihr eine Wahl habt. Nicht weit von Santa Fe war ein kleiner Privatflughafen auf dem Edwards kleines Flugzeug stand. Mittlerweile hatte er ein eigenes. Abwesend sah ich die kleinen Punkte unter uns her flitzen. Das letzte Mal, dass ich dort gewesen war, war sehr lange her. Die Cullens hatte eine Grabpflege bestellt, da wir nicht alle paar Tage Woche hinfliegen und uns darum kümmern konnten. Ich erinnerte mich noch an das erste Mal, als ich mit Alice dorthin gefahren war… ich hatte ihm erzählt, dass ich schwanger war… das war jetzt sechszehn Jahre her… „Ich werde etwas weiter gehen, dann bist du ungestört. Ich muss telefonieren“, sagte Edward, als wir vor dem Friedhof vom Taxi abgesetzt wurden. „Carlisle?“, fragte ich nach. Edward nickte knapp. Ich nickte ebenso und ging in Richtung Friedhof. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Edward sich kurz umsah, über die Straße in den Wald lief und dann rannte. Ich seufzte. Es war alles so schwierig. Ich ging an der Kirche vorbei und suchte verwirrt das Grab. Ich war mir sicher wo es war, doch als ich davor stand machte ich große Augen. Das Grab war sehr pompös geschmückt. Wunderschön – aber unheimlich prunkvoll und vor allem auffällig. Ich sah mir das Grab daneben an. Davor stand auch ein Schild mit der Grabpflegefirma. Das sah normal aus, schlicht und einfach. Ich schüttelte den Gedanken daran ab. Egal. Wahrscheinlich hatten die Cullens einfach nur viel Geld springen lassen. Ich kniete mich vor dem Grad hin und fuhr mit den Fingern über den Namen meines Vaters auf dem Grabstein. „Weißt du, ich will mir doch nur später nur keine Vorwürfe machen… meine Entscheidung später nicht bereuen. Wenn ich nur ein normales Leben hätte, dann käme dieser Zeitpunkt vielleicht nicht, aber ich lebe ewig. Meinst du nicht auch, dass ich irgendwann an den Punkt komme, wo ich meine Tochter ansehe und mir denke, dass ich gerne noch so ein Kind hätte? Und dann wäre es zu spät…“, erzählte ich leise. Meine Finger gruben sich einen Zentimeter in die weiche Erde. „Ich weiß nicht, ob ich Carlisle mal fragen sollte, ob man das rückgängig machen könnte, doch hat es überhaupt einen Sinn, wenn Edward meinetwegen so dagegen ist? Wir müssen uns doch beide dafür entscheiden oder? Natürlich war Nela nicht geplant, wir wusste ja nicht mal, dass das ging, aber wir hatten uns beide im Nachhinein dafür entschieden und uns so sehr gefreut.“ Mir kam ein neuer Gedanke. „Meinst du er bereut es? Meinst du deshalb will er kein weiteres Kind?“ Mir kamen die Tränen. „Was soll ich tun? Was soll ich nur tun? Bitte sag es mir“, schluchzte ich verzweifelt. Ich strich mit den Fingern über den weißen Lilienkranz und setzte mich vor sein Grab. „Warum muss ich eigentlich immer an deinem Grab weinen Dad? Du hättest dir gewünscht, dass ich fröhlicher bin oder?“ Ich strich mir die Tränen und die von diesen nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich vernahm ein leises Knirschen auf dem Kies. So leise, dass es nur Edward sein könnte. Ich stand auf. „Alles in Ordnung mit dir?“, sagte er, als er neben mir stand. „Ja, alles bestens“, sagte ich heftig nickend und ging an ihm vorbei in Richtung Straße. Als ich aus dem Augenwinkeln bemerkte, dass er mir nicht folgte, wand ich mich um. „Edward?“ Er stand genau da, wo er eben gestanden hatte. Er hatte sich nicht gerührt. Ich ging zu ihm zurück, stellte mich vor ihn und sah in sein Gesicht. Er hatte die Augen aufgerissen und die Augenbrauen zusammengezogen. Er sah irritiert zum Grab, aber nicht halb so irritiert wie ich es gemustert hatte. „Was ist?“, sagte ich erschrocken, doch es wurde noch merkwürdiger. Er beugte sich zum Grab, rupfte ein paar Blätter und Blumen aus und hielt sie an sein Gesicht. Dann neigte er den Kopf so weit zu Boden und zu dem Grabstein, dass seine Nase sie fast berührten. Er roch daran. Beunruhigt sah ich ihm zu. „Edward was ist los?“ Er richtete sich auf und machte immer noch ein verzerrtes Gesicht. „Nichts.“ Ich seufzte und verdrehte die Augen, als er sich vom Grab entfernte. Ich rannte ein Stück und stellte mich vor ihn, sodass er stehen bleiben musste. Ich war mir sicher, dass das nichts mit der Dekoration zu tun hatte. „Sag mir, was da war“, forderte ich. „Nichts, du musst dir keine Sorgen machen“, versicherte er mir. „Worüber könnte ich mir denn Sorgen machen?“, fragte ich nach, „Sag es mir!“ Nun seufzte Edward und verdrehte die Augen. Doch er sprach endlich: „Ich habe einen Vampir gerochen. Aber keiner von uns oder keinen den ich kannte. Allerdings…“ Er stoppte und dachte nach. „Ein fremder Vampir in Forks?! Und ich soll mir keine Sorgen machen?!“, schrie ich ihn an, „auch wenn ich Angela und all die anderen Jahre lang nicht gesehen habe und nicht mal weiß, ob sie hier noch leben-“ „Komm wir fahren zurück“, schnitt er mir grob das Wort ab. Mit verschränkten Armen und finsterem Gesicht trottete ich hinter ihm her. Als wir an der Straße ankamen, holte er sein Handy heraus, um ein Taxi zu bestellten. Ich jedoch blieb nicht stehen, sondern ging weiter den Bürgersteig entlang. „Bella was machst du?“, fragte er und lief nun hinter mir her. Er wirkte leicht genervt. Mir war es egal. „Ich will zu Charlies Haus. Und ich laufe“, sagte ich kühl. „Schön, wie du willst“, sagte er mit ebenso kaltem Ton. Schweigend liefen wir nebeneinander her. Die Distanz und die Kälte wären unerträglich und gleichsam unvermeidlich. Ich konnte ihm jetzt, so sehr ich es vielleicht wollte, nicht einfach wieder in die Arme fallen. Zudem hatte er mir nicht gesagt, was er mit Carlisle besprochen hatte. Obwohl… vielleicht war es auch besser, dass ich es nicht wusste. Charlies Haus stand nur drei Straßen weiter. Edward blieb an der Straße stehen und wandte sich zu mir. „Ich werde noch mal kurz weggehen. Telefonieren“, sagte er knapp, „bleib’ bitte im Haus.“ Die Schultern zuckend nickte ich und ging ins Haus. Ich wusste gar nicht genau, was ich hier wollte. Ich wollte nur noch länger bleiben, egal wo, nur weg von meinem oder Edwards vertrautem zu Hause, welche mich mit meinen Problemen konfrontierten. Doch selbst hier konnten sich meine Sorgenfalten nicht entspannen. Mich beunruhigte es einerseits, dass ein Vampir in Forks war, andererseits beunruhigte es mich, dass es Edward so sehr verunsicherte. Schließlich gab es viele Vampire auf der Welt und dass es einen nach Forks verschlagen hatte, sollte doch nicht weiter verwunderlich sein oder? Ich ging durch alle Zimmer. Sie waren verstaubt und düster. Nur eines fiel mir ins Auge. Auf dem Sessel in der Ecke des Wohnzimmers stand ein Karton. Ich sah ihn mir genauer an. Darin waren- ich schluckte. Grabschleifen und -dekoration. Ich runzelte die Stirn. Sie sahen denen auf dem Grab ähnlich… oder? War der Karton vielleicht noch von Alice? Sahen sich nicht alle Grabschleifen ähnlich? Ich musste es herausfinden. Ich musste wissen, ob es dieselben waren. War jemand Fremdes im Haus gewesen? Vielleicht sogar ein- ein Vampir?! Ich überlegte nicht lange, nahm zwei Schleifen in die Hand, schloss nicht mal ab und rannte die Straße entlang zum Friedhof. Edward müsste nicht wissen, was ich hier tat. Er würde sich nur aufregen, weil ich nicht auf ihn gehört hatte. Ich kam japsend am Friedhof an und hastete zu Charlies Grab. Ich hockte mich hin und legte beide Schleifen auf das Grab und verglich sie mit der übrigen Dekoration. Obgleich sie farblich und von der Form her nicht identisch waren, hatten sie doch dasselbe Symbol rechts unten – eine Sonnenblume. Ich starrte immer noch auf die Dekoration, als ich den Kies sehr sehr leise knirschen hörte. Ich sah nicht auf. So konnte nur Edward gehen (ich verdrehte die Augen bei dem Gedanken, ich hatte keine Lust auf eine weitere Auseinandersetzung) oder – „Kannten Sie den Mann?“ Ich erschrak so heftig, dass ich aus der Hocke auf den Kies purzelte und mich mühsam aufrappelte. Ich sog schnell Luft ein, als ich die weibliche hohe Stimme der Frau neben mir zuordnete: Victoria. Oder auch nicht. Ich musterte sie mit aufgerissenen Augen. „Ja, ich bin genau wie du. Wenn auch nicht ganz“, sagte sie lächelnd, wand den Blick von mir ab und kniete sich ans Grab. Sie richtete die Schleifen. Ich musste meine Gedanken ordnen. Vor mir stand eine Frau – zweifelsohne eine Vampirdame – mit wellendem rotem, wenn auch ein wenig aschfarbenem, Haar. Sie war alt bzw. alt gewesen bei ihrer Verwandlung. Sie erinnerte mich unweigerlich an Victoria. Was machte sie hier? Was wollte sie hier? Woher kannte sie meinen Vater, dass sie sein Grab pflegte? Mein Hals war trocken und ich konnte nicht sprechen. Ich musste mich an alles erinnern, was mit Victoria zusammenhing und spürte einen Kloß im Hals. „Woher kannten Sie den Mann?“, fragte sie mich. Sie hatte sich mittlerweile aufgerichtet und die kaum vertrockneten Tulpen aus der Vase genommen. „Er war mein Vater“, brachte ich mühsam so hervor. Zu geschockt um selbst eine Frage stellen zu können „Oh“, die Frau sah mich mitleidig an, „das tut mir leid.“ Ich nickte nur. Dann atmete ich einmal tief durch und sagte: „Sagen Sie bitte, kannten Sie-“ „BELLA!!“ Kaum, dass ich Edwards Stimme vernommen hatte und ihn neben der Kirche am anderen Ende des Friedhofs entdeckt hatte, war er binnen einer Sekunde bei mir. Er stieß mich ein paar Schritte zurück und stellte sich meinem Arm zur Seite gestreckt vor mir. Er war augenblicklich in Kauerstellung und zischte die Frau an. Die Frau sah ein wenig verwundert drein, tat aber sonst nichts. Edward reagierte viel zu heftig, war ich der Meinung. „Edward lass das, sie tut mir nichts!“ Ich trat vor Edward, der mich versuchte wieder hinter sich zu ziehen. „Lass das! Lass mich mit ihr reden!“, wiederholte ich. Ich sah, dass Edward sie konzentriert fixierte. Er las ihre Gedanken und schien zu demselben Ergebnis zu kommen, denn er richtete sie langsam wieder auf. Er sah auch irgendwie überrascht aus. Doch kaum wollte ich mich noch ein Stück von ihm entfernen, um mit der Frau besser reden zu können, stellte er sich wieder schützend vor mir. Ich war stinksauer. „Es reicht! Ich kann auf mich selbst aufpassen!“, schrie ich ihn an. Er schnaubte (betrachtet man die Vergangenheit, war das nicht sonderlich überzeugend), ließ mich dann aber vor ihn treten. Die Frau wartete noch einen Augenblick, sie sah fast amüsiert aus, stellte ich irritiert fest, und begann dann zu erzählen: „Nein, ich kannte Ihren Vater nicht. Und doch fühle ich mich ihm verpflichtet-“ „Verpflichtet?“, fuhr ich dazwischen. Sie nickte. Edward, der nun neben mir stand, entspannte sich allmählich. Er hatte vermutlich ihre Gedanken vorweggenommen. „Meine Tochter hat ihn getötet, nicht wahr?“ „Ihre Tochter? Victoria war ihre Tochter? Ihre richtige- ich meine-“ „Ja, ich bin sowohl ihre Schöpferin, als auch ihre leibliche Mutter“, sagte sie zustimmend, „nachdem ich verwandelt wurde, habe ich meine Tochter angefallen. Ich habe mich so geschämt, dass ich seit dem nie wieder einen Menschen gebissen oder getötet habe.“ Sie sah reumütig zu Boden. „Aber- aber ihr Augen-“ „Ich trinke Menschenblut, aber nur Spenderblut. Ich bin Krankenschwester“, erklärte sie. „Deshalb ist der Geruch so gleich, nicht wahr? Weil Sie auch ihre biologische Mutter sind“, schaltete sich erstmals Edward ein. „Ja, das stimmt. Sie haben es sofort bemerkt“, stellte sie fest. „Ich bewundere euch sehr“, sie starrte in Edwards goldschmelzende Augen, „Ich kann zwar menschlichem Blut widerstehen, jedoch nicht darauf verzichten. So stark wie ihr bin ich nicht.“ Ich hörte kaum auf ihr Geständnis, mich interessierte etwas anderes: „Aber warum sind Sie hier? Warum kümmern Sie sich um das Grab meines Vaters?“ „Ich entdecke hin und wieder Victorias Geruch wieder, ich kann Gerüche um ein vielfaches besser wahrnehmen, als es normale Vampire sowieso schon können“, erklärte sie. „Das ist Ihre Gabe“, fügte Edward hinzu. Sie nickte. „Ich schäme mich für sie und möchte wenigstens ihren Opfern die letzte Ehre erweisen, schließlich habe ich Victoria geschaffen und das alles angerichtet. Wir haben uns damals schrecklich gestritten, weil sie nicht so leben wollte wie ich und ist weggelaufen. Es ist unverzeihlich. Es tut mir leid“, sie machte eine kurze Pause, „ich habe ihren Geruch verfolgt und er endete in dem Haus dieses Mannes-“ „Es tut mir leid, dass wir-“ Sie schüttelte mit dem Kopf. „Als sie gegangen ist, wusste, dass ich sie nie wieder sehen würde. Nun habe ich wenigstens Gewissheit.“ Ich sah die Traurigkeit und Ehrlichkeit in Ihren Augen. Nun tat sie mir leid. Sie war alleine, ich nicht. „Wollen Sie nicht mit zu uns kommen?“, rutschte es mir sogleich heraus. Ich merkte wie Edward unruhig wurde. Er fand meinen Vorschlag nicht so toll. Er schien ihr nicht zu trauen, obgleich er ihre Gedanken lesen konnte. Sie lächelte. „Vielen Dank, aber ich fühle mich hier ganz wohl. Die Kollegen im Krankenhaus sind sehr nett. Entschuldigen Sie, ich habe mich nicht mal vorgestellt“, sie machte zum Leidwesen Edwards einen Schritt auf mich zu, er tat jedoch zu meiner Erleichterung nichts, „ich heiße Elisabeth“, sagte sie und gab mir die Hand. „Ich bin Bella.“ „Bella, es tut mir sehr leid, was meine Tochter Ihnen angetan hat“, sagte sie noch mal. Ich nickte. „Bella? Wollen wir?“, fragte Edward leise. Ich nickte wieder, blieb jedoch vor Elisabeth stehen. „Danke“, sagte ich nur, ließ sie neben dem Grab stehen und ging mit Edward vom Friedhof runter. Ich dachte noch lange darüber nach. Wir saßen bereits in Edwards Flugzeug, als ich wusste, warum mich das so sehr beschäftigte. Es war wie bei Nela und mir, stellte ich mit Schrecken fest. So könnte es auch bei mir sein… es war nicht gesagt, dass Nela so leben wollte wie die Cullens, auch wenn sie das jetzt immer wieder sagte, hatte Edward mir berichtet. Wenn sie eine Neugeborene werden würde, dann hatte sie ganz andere Sinne und Begierden, wer weiß- Mir wurde eins klar, wenn ich mit jemandem reden konnte, über alles, dann mit Elisabeth. Sie würde mich am ehesten verstehen. Ich musste mit ihr reden, nicht nur wegen Nela, wie es bei ihr und Victoria damals war und was ich tun könnte, sondern auch wegen, wegen eines weiteren Kindes… wegen unseres Streits. Wenn ich mit jemandem reden konnte, dann mit ihr, dachte ich, als wir aus dem Flugzeug aus- und in ein Taxi einstiegen. Ich musste noch mal zurück nach Forks und mit ihr reden. Ohne Edward. Ich kramte hastig nach meinem Handy, als mir bewusst wurde, dass Alice meine Entscheidung wohl möglich bemerkt haben würde. Edward musterte mich kritisch von der Seite. Ich tippte hastig in mein Handy und verdeckte das Display, damit er nicht sehen konnte, was ich schrieb. Er sagte nichts und ich war dankbar nicht lügen zu müssen. Bitte behalt’ es so lange du kannst für dich, bitte!, schrieb ich und sendete die SMS. Edward brachte mich nach Hause und begleitete mich hoch in die Wohnung. „Bella-“ „Später, ja? Wir reden später ja?“, sagte ich schnell. Edward nickte und trat einen Schritt auf mich zu. Er legte eine Hand an mein Gesicht und sah mir tief in die Augen. „Eins noch. Ein Eingriff ist bei mir… nicht möglich.“ Ich nickte hastig, um ihm zu zeigen, dass ich ihn verstanden hatte. „Du musst nach Denali zurück, Nela wird sonst misstrauisch“, sagte ich rasch, „wir reden später.“ Ich wollte ihn nicht allzu lange ansehen, weshalb ich die Initiative ergriff und ihn schnell auf die Lippen küsste. Er sollte keinen Verdacht schöpfen. Er verschwand. Ich wartete noch ein paar Minuten, bis ich ganz sicher sein konnte, dass er außer Hörweite war. Ich stürzte zum Telefon, um mir schnellstmöglich einen Flug zu buchen, auch wenn ich meine bewährte Methode vom Flughafen in Seattle wiederholen musste. Ich bekam sehr schnell noch einen Flug. Edward würde einige Zeit brauchen, wenn auch nicht allzu lang, bis er in Denali war und dann hoffte ich, dass Alice erstens vielleicht nicht in seiner Nähe war und zweitens ihre Gedanken möglichst lang für sich behalten konnte. Ich hastete aus dem Flugzeug und wartete mit dem Fuß auf den Boden tippend auf mein Gepäck. Ich war unheimlich nervös und mit den Gedanken woanders. Ich würde zuerst ins Krankenhaus fahren und dort nach ihr fragen bzw. suchen. Andere Anhaltspunkte hatte ich ja erstmal nicht. Wenn sie nicht dort war, würde ich einfach warten. Vielleicht bekam ich auch eine Auskunft, wann sie das nächste Mal Schicht hatte, obgleich ich noch nicht mal ihren Nachnamen kannte. Ich langte nach meiner notdürftig gepackten Reisetasche, lief aus dem Flughafen heraus zu den Taxiständen und sprang direkt in das nächst freie. Ich wibbelte mit den Beinen auf und ab und fummelte mit den Händen an meinem Sommermantel herum, während der Taxifahrer die verregneten vertrauten Straßen entlang fuhr. Wusste Edward schon Bescheid? Hatte er Alice schon getroffen? Konnte sie sich ablenken?, ging es mir die ganze Zeit durch den Kopf. „Miss?“ „Ja?“, fragte ich irritiert und bemerkte, dass das Taxi bereits stand und der Fahrer mir die Tür geöffnet hatte. „Oh ja“, sagte ich hastig, reichte ihm ein paar Scheine und nahm meine Reisetasche. Ich überlegte nicht lange und ging direkt zu dem Empfang. „Entschuldigen Sie bitte, ich suche eine Krankenschwester. Sie heißt mit Vornamen Elisabeth, sie hat rote Haare-“, versuchte ich mein Glück. „Ach, Sie meinen Misses Cantrell. Tut mir leid, sie ist gerade im OP. Das wird noch eine Weile dauern“, plauderte die Empfangsdame direkt drauf los, „Kann ich etwas ausrichten?“ „Nein vielen Dank. Hat sie danach noch Schicht? Ich würde dann lieber warten.“ „Augenblick bitte“, sie blätterte in einem Ordner, „nein, normalerweise ist schon Schichtende, aber die OP dauert länger.“ „Gut, danke“, sagte ich und ließ mich auf einen Plastikstuhl im Flur fallen. Draußen war es bereits dunkel. Ich spürte zwar Müdigkeit in mir hoch kommen, aber die Aufregung endlich mal mit jemanden zu reden, der mir wirklich zuhörte, war zu präsent, als dass ich die Müdigkeit mich übermannen lassen konnte. Es war schon weit nach Mitternacht und ich hatte den Kopf an die Wand gelehnt und döste unsanft, als mich jemand an den Schultern leicht rüttelte. Ich blinzelte in das grelle Deckenlicht. „Fräulein Bella, hallo, Sie wollten zu mir?“ „Ja, Elisabeth, hallo“, sagte ich reflexartig. Sie stand in Kittel und Handschuhen vor mir. „Kann ich mit Ihnen reden?“ „Aber nicht hier“, sie lächelte, „ich ziehe mich um und dann gehen wir zu mir, okay?“ Ich nickte mit kleinen Augen und richtete mich etwas auf. Während ich auf Toilette eilte und mich frisch machte, zog sie sich um. Wir trafen uns am Ausgang. „Es ist nicht weit. Nur über die Straße und dann links“, erklärte sie, als wir in die Dunkelheit hinaustraten. Das Haus war ein Mehrfamilienhaus, ihre Wohnung lag unter dem Dach. Es war klein und spärlich, aber gemütlich eingerichtet. Sie verschwendete keinen Platz an menschlichen Dingen, die sie sowieso nicht benötigte, weshalb im Wohnzimmer zwei Sofas und deckenhohe Bücherregale standen. In der Ecke erkannte ich noch einen Fernseher. Im ursprünglichen Schlafzimmer standen ein weißes Sofa in der Ecke und vier Schreibtische an der Wand. Alte medizinische Untersuchungsgeräte waren darauf platziert. Über die Wand verteilt hingen weitere Bücherregale. Die Küche sah unbenutzt aus und war so gut wie leer (vermutlich vom Vorgänger übernommen, dachte ich). Sie lotste mich in das Wohnzimmer und machte Licht an. Nachdem sie ihre Tasche fallen gelassen hat, setzte sie sich mir gegenüber auf die Couch. „Ich habe mir ehrlich gesagt fast gedacht, dass ich Sie noch einmal wieder sehen würde.“ Sie lächelte. „Wieso?“, fragte ich überrascht. „Sie sahen so aus, als hätte Sie mir auf dem Friedhof noch mehr zusagen gehabt.“ Ich nickte. „Das stimmt. Ich- aber zuvor, darf ich Ihnen das ‚Du’ anbieten?“, fragte ich vorweg. „Gerne. Elisabeth, aber das weißt du ja schon.“ Sie strich sich die Haare zurück und wartete. Ich senkte den Blick und überlegte wie ich anfangen sollte. Elisabeth wartete geduldig und stumm. „Ich brauche deinen Rat oder einfach jemanden der mich vielleicht am ehesten verstehen kann…“ Sie blickte mich erwartungsvoll an, während ich zu erzählen begann. Ich erzählte ihr von meiner Begegnung mit Victoria, meiner „Halb-Verwandlung“, den Volturi, meiner Schwangerschaft, Nelas Geburt und den letzten sechzehn Jahre und schließlich auch Edwards und meine Differenzen momentan. Ich ließ kaum etwas aus. Ich fühlte mich wohl bei ihr und hatte das Gefühl ihr voll und ganz vertrauen zu können. Es fühlte sich fast wie ein Mutter-Tochter-Gespräch an. Sie sagte nichts und hörte sich meine Geschichte aufmerksam an. „Das heißt“, sagte sie zusammenfassend, „dein Mann möchte, dass du dich sterilisieren lässt und du ringst mit dir, weil du eigentlich dieses Privileg nicht aufgeben willst.“ Ich nickte. „Und dein Mann setzt die gewissermaßen ein Ultimatum, weil er sich weigert mit dir zu schlafen, wenn du nicht verhütest. Somit hat er dich also in der Entscheidung dessen gleichsam übergangen“, konstatierte sie. Ich nickte heftig. „Sie verstehen mich nicht“, ich meinte die Cullens, „Ich liebe meine Tochter, obwohl ich sie kaum kenne. Ich will mich nicht vorschnell entscheiden, aber Edward klammert die Möglichkeit ein weiteres Kind zu kriegen gänzlich aus. Ich fühle mich für so einen bedeutenden Schritt, eine Sterilisation, nicht bereit. Ich glaube ich werde es fürchterlich bereuen, schließlich weiß ich nicht, was in ein paar hundert Jahren ist. Was soll ich nur tun?“, fragte ich mehr zu mir selbst und legte die Hände aufs Gesicht. „Ich glaube, dass du das schon öfter gehört hast und trotzdem muss auch ich dir das sagen. Ich kann dir die Entscheidung nicht abnehmen, das ist eine sehr persönliche, intime Sache, und doch möchte ich dir ein Rat geben“, ich sah sie begierig an, „tu das, was du mit deinem Gewissen vereinbaren kann. Hör auf dein Herz und deinen Bauch, auf das, was dein Gefühl dir sagt. Alles andere ist in meinen Augen falsch. Es geht hier nicht um eine Lappalie.“ Ich nickte mit gesenktem Blick. Ich betrachtete meine Hände. „Ich will Edward nicht verlieren und mich weiter mit ihm streiten, aber- aber eine Sterilisation fühlt sich so, ja so falsch an“, gestand ich und zitierte sie damit. „Glaubst du, du könntest mit dem Gedanken leben, nie wieder ein Kind zu bekommen?“, fragte sie mich. Ich dachte nach und zuckte schließlich mit hängenden Mundwickeln mit den Schultern. „Hör zu. Eine Sterilisation kann man, wenn auch schwerlich und es muss nicht immer funktionieren, rückgängig machen. Ich möchte dir als Krankenschwester keineswegs dazu raten“, sagte sie ehrlich, aber eindringlich, „aber vielleicht kann dir dieser Gedanken helfen, damit umzugehen, weißt du. Oder eine künstliche Befruchtung. Das wäre immer noch möglich, denke ich. Vielleicht kannst du dich besser damit anfreunden, wenn du das immer im Hinterkopf hast.“ „Vermutlich würde ich dann trotzdem nie ein zweites Kind wollen, aber die Vorstellung, dass die Chance immer noch bestünde würde mir gut tun“, dachte ich den Gedanken weiter. Elisabeth nickte und legte ihre Hand auf meine. „Ich denke du solltest dich jetzt erstmal schlafen legen. Es ist schon sehr spät“, genau genommen war es fast morgen, „Wir reden morgen weiter in Ordnung?“ „Vielen Dank“, sagte ich leise. Elisabeth lächelte und richtete mir die Couch in dem anderen Zimmer, ich nannte es „Arbeitszimmer“, her. „Wundere dich nicht, wenn ich nicht da bin, ich werde mal schauen, ob ich etwas Essbares für dich auftreiben kann. Gute Nacht liebe Bella“, sagte sie und verschwand, bevor ich irgendetwas einwenden konnte. Kaum, dass ich den Kopf auf das Kissen gelegt hatte, war ich eingeschlafen, ohne einen weiteren Gedanken an unser Gespräch zu hegen. --------------------------------------------------------------------------- Würde mich sehr über Kommis freuen, lg V Kapitel 6: Endgültig -------------------- Ein bisschen kürzer als sonst, hoffe ihr mögt es, lg V -------------------------------------------------------------------- Die Sonne schien sehr hell, als ich nach kurzer Desorientierung aufwachte. Mein Unterleib rumorte, was ja auch kein Wunder war, schließlich hatte ich die Pille mitsamt den Schmerzmitteln erst vor gut einer Woche abgesetzt. Auf dauerhafte Begleitschmerzen musste ich mich jetzt erstmal einstellen. „Guten Morgen“, grüßte Elisabeth und reichte mir, nachdem ich mit aufgerichtet hatte, eine Tasse mit etwas Heißem. „Danke“, murmelte ich und nahm sogleich einen Schluck, ohne auf die Hitze zu achten. Ich schmeckte auch nicht großartig. „Elisabeth, es ist noch etwas anderes, wo ich deinen Rat brauche…“, begann ich sofort. Ich wollte die Zeit nutzen (wer weiß wie schnell Edward hier war und mich mit zurück nehmen wollte). Sie nahm es mir nicht übel. „Wegen deiner Tochter oder?“ Ich nickte wieder. Elisabeth war Mensch mit guter Menschenkenntnis und sehr aufmerksam für Gefühle und non-verbale Kommunikation, wie ich die Gespräche über festgestellt hatte. Dies erleichterte einiges. „Wie war das mit dir und Victoria nach ihrer Verwandlung? Ich werde in einer ähnlichen Situation sein. Auch sie wird sich verwandeln, zumindest ist es sehr wahrscheinlich, und als Neugeborene von neu anfangen müssen.“ Ich wärmte mich an der Tasse in meinen Händen und zog die Decke bis zur Brust. „Ich habe mir nie wirklich verziehen, was ich Victoria angetan habe. Sie hätte ein erfülltes Leben haben können. Mein einziger Trost ist, dass sie sich anscheinend sehr gut mit ihrem Vampir-Dasein arrangiert hat und dies nicht abgelehnt hat.“ „Es tut mir leid, was Edward getan hat“, sagte ich sehr leise. Das tat es wirklich. Bei aller Abscheu. Bun, wo ich Elisabeth kannte, tat es mir aufrichtig leid. Doch sie schüttelte bereits mit dem Kopf. „Nein. Sie war rachsüchtig und trachtete dir nach dem Leben. Dein Mann hat das einzig verständliche getan.“ Ich nickte dankend, dass sie mir nicht sauer war. „Das einzige was du nächstes Jahr für deine Tochter tun kannst, egal wie sie sich entscheidet und wie sie zur dir stehen wird, ist, ihre Entscheidung zu akzeptieren und ihr zu signalisieren, dass du immer für sie da sein wirst und sie liebst. Mehr kannst du nicht tun, obgleich das eine Menge ist“, sagte sie überlegt. Ich bewunderte die Weisheit und Lebenserfahrung mit der sie sprach. Sie verstand mich und half mir wirklich. „Ich habe dir Frühstück gemacht“, sagte sie nach einer längeren Pause, in der gedankenverloren an der Tasse nippte, und lief in die Küche. Ich ging ihr hinterher. „Ich bin nicht sehr auf Menschen- menschliche Bedürfnisse eingerichtet, daher ist es etwas spartanisch“, sagte sie lächelnd über die Schulter hinweg. „Elisabeth… ich danke dir. Zum ersten Mal glaube ich, dass mir jemand wirklich unvoreingenommen zuhört“, gestand ich mit gedämpfter Stimme und blinzelte ein paar Tränen weg, die mir plötzlich in die Augen geschossen waren. „Ach Liebes“, sagte Elisabeth nur und nahm mich kurz in den Arm. Ich nahm mir eine Scheibe Brot und ein Stück Käse, mein Hunger hielt sich in Grenzen, und stiefelte ihr ins Wohnzimmer nach. Ich nagte an dem Brot, während ich nachdachte. Insgeheim hatte ich die Entscheidung für eine Sterilisation seit dem Gespräch gestern längst getroffen. Und doch bereitete mir diese Vorstellung Bauchschmerzen – nicht unbedingt nur im übertragenen Sinne. „Du siehst sehr mitgenommen und traurig aus“, stellte Elisabeth fest, die mich während des Essens musterte. „Ich sollte fröhlicher sein. Allein schon, weil ich eine so tolle Gastgeberin habe“, murmelte ich mit einem kleinen Anflug eines Lächelns. „Verstell dich nicht. Auch nicht gegenüber Edward oder irgendjemand anderen“, sagte sie leise und mit einem merkwürdigen Unterton. Ich sah auf und blickte ihr fragend in die Augen, ohne sie zu sehr drängen zu wollen. „Ich habe meinem Mann in meinem Menschenleben sehr lange etwas vorgespielt. Er hat mich betrogen. Ich wusste das und habe darüber hinweggesehen und keine Gefühle an mich herangelassen, weil ich nur an mein Kind und die Familie gedacht habe“, sie sprach sehr gefasst, was mir imponierte, „ich habe gute Ehefrau gespielt und alles getan, um es ihm recht zu machen, damit er blieb. Das war ein großer Fehler“, sie atmete einmal tief durch, „für klare Verhältnisse zu sorgen und zu zeigen wer man ist und was man will, ist das wichtigste. Letztlich haben wir uns sowieso getrennt und ich bin mit Victoria weggezogen. Es war unvermeidlich und ich hätte mir einiges erspart, wenn ich von Anfang an ehrlich zu mir selbst gewesen wäre.“ Ich nickte und hielt die Tasse an meine kalte Wange. Sie sah auf die große altmodische Wanduhr. „Tut mir leid Bella, aber ich arbeite zusätzlich noch in Port Angeles in eine Klinik. Die Arbeitszeiten wären mir sonst zu… human“, sie lächelte, „meine Schicht beginnt nachher… ist es okay, wenn ich-?“ „Ja, natürlich. Ich komme klar, sicher“, sagte ich schnell dazwischen und nickte eifrig. Elisabeth verschwand aus dem Zimmer. Ich lehnte mich zurück und hörte dem prasselnden Regen zu, bis mir die Augen zufielen. Ich hatte unbequem gelegen, weshalb ich mich aufrappelte, reckte und streckte. Wieder hatte ich nicht gut geschlafen. Mein Geist wollte nicht zur Ruhe kommen. Seid ich wieder menschlicher war, plagten mich Albträume. Auch gute Träume, aber die waren eher selten. Meist verarbeitete ich nur schlechte Dinge in Träumen, so wie eben. Ich hatte geträumt ich stünde irgendwo wo es ganz schwarz um mich herum ist und kein Geräusch zu hören war. Nicht mal meine Schritte hatte ich vernommen. Ich schrie nach jemandem und rannte, doch es war einfach alles nur Schwarz um mich herum. Wenn ich den Boden mit den Fingern berührte, war er nicht mehr da, obwohl ich immer noch auf ihm stand. So ging es weiter bis ich, kurz bevor ich aufwachte, Edwards Gesicht überdimensional groß, wie eine Projektion, direkt vor mir sah. Nur näher, nur das Gesicht. Ich war zurück gestolpert und schließlich aufgewacht. Ich fuhr mir mit den Fingern durch die zerwuschelten Haare und stand auf. Elisabeth war noch nicht wieder zurück, aber es dürfte auch nicht mehr lange dauern, denn es war bereits dunkler draußen. Ich schritt zum Fenster und zog den Vorhang beiseite. Es regnete immer noch unaufhörlich. Ich konnte mir ein kleines Lächeln abgewinnen. Typisch Forks. Ich machte das Fenster auf und reckte dem Kopf. Der Duft von frisch gemähtem (hatte es zwischendurch mal aufgehört zu regnen?) nassem Gras drang mir in die Nase. Ja, es roch auch nach Forks. Ich sah nach unten auf die im grau der Wolken liegenden Straßen und Häuser. Insgeheim erwartete jede Faser meines Körpers Edwards Ankunft. Nicht so jedoch mein Verstand. Der fürchtete sich. Edward würde entsetzlich wütend sein – oder verständnisvoll, obgleich ich nicht wusste, was ich schlimmer finden sollte. „Du wartest auf ihn, nicht wahr?“ Ich neigte den Kopf nach hinten und erkannte Elisabeth, die gerade ihre Sachen auf der Couch ablegte. Ich seufzte. „Ich sollte es eigentlich nicht“, murmelte ich. „Es ist verständlich, dass du ihn wieder sehen willst. Du hast dich doch entschieden oder?“ Ich nickte. Wahrhaftig, das hatte ich. „Aber es fällt mir schwer den nächsten Schritt zu tun, dass es wirklich… endgültig ist.“ „Nimm dir so viel Zeit wie du brauchst“, sie stand nun direkt hinter mir, „er wird es verstehen.“ Natürlich wird er das, weil er dann das kriegt, was er will, dachte eine grimmige Stimme in mir. Ich schüttelte den Kopf, als könnte ich die Stimme so verstummen lassen. Er wollte nur dein bestens, es ging ihm nicht um kleine Machtspielchen, sondern um dein Wohl Bella, sagte ich mir. Denn das war die Wahrheit. „Weißt du“, kam es mir kurz darauf, während wir so plauderten, in den Sinn, „wenn er wenigstens ehrlich wäre und mir sagen würde, dass er gerne noch ein Kind hätte, irgendwann, und, dass er es nur wegen mir nicht will…“, ich holte Luft, „aber vielleicht ist es ja auch die Wahrheit und selbst unter anderen Umständen-“ „Nein“, unterbrach Elisabeth mich, „das glaube ich nicht. Ich kenne deinen Mann nur vom Friedhof, aber ich glaube, er würde alles tun um dich zu beschützen, so sehr auch ein Kind haben wollen würde. Er hat es nur gesagt, damit du nicht noch mehr von deine Entscheidung, eine Sterilisation käme überhaupt nicht in Frage, überzeugt bist. Das wärst du doch sicher, oder?“ Ich nickte und schwieg eine Weile, bis ich wieder begann: „Edward hat früher, als wir uns kennen lernten, so oft über richtig und falsch nachgedacht, dass ich es ihm jetzt nicht verdenken kann. Früher war ich empört gewesen, dass er sich so viel gesorgt hat und ich habe immer wieder versucht ihn zur überzeugen, dass wir uns lieben und es das einzig Richtige ist. Na ja letztendlich sind wir zusammengeblieben und er ist zu demselben Schluss gekommen…“, ich machte eine Pause, „aber jetzt fällt es mir schwer das Richtige zu tun. Edward war immer der Vernünftige in unserer Beziehung, abgesehen von meinem Entschluss Nela fernzubleiben, aber jetzt muss ich mal vernünftig sein, das bin ich ihm schuldig.“ Elisabeth legte eine Hand auf meine. „Nein Bella, so darfst du nicht denken. Ein Entschluss, den du nur fällst, weil du glaubst, dass du es anderen schuldig bist, ist ganz und gar nicht richtig. Vor allem in solch einem persönlichen Fall. Egal was du tust, du musst es dein ganzes Leben vor dir selbst verantworten können.“ Ich schwieg mit gesenktem Blick. Wie recht sie hatte und wie einfach sich das alles anhörte. „Wie wär’s wenn du erst mal duschen gehst und ich schaue ob meine Kochkünste noch etwas taugen?“, fragte sie aufmunternd. Ich zwang mich nachdenklich zu einem Lächeln und ging ins Bad. „Wann hast du vor zurück fliegen?“, wollte Elisabeth wissen, während ich aß (mir war mehr danach drin herumzustochern, nicht, weil es nicht schmeckte, sondern weil ich absolute keinen Hunger verspürte, doch als Krankenschwester würde sie nur zu gut wissen, wie viel ein Mensch essen sollte). „Du kannst so lange bleiben wie du willst“, ergänzte sie, damit ich es nicht falsch verstand. Es war Montag und den Unitag hatte ich heute sowieso verpasst. Es würde keinen Sinn machen jetzt überstürzt zurück zu fliegen. Aber ich konnte nicht ewig bei Elisabeth bleiben, allein schon wegen der Seminare, ich hatte viele verpasst, und der Stiftung. Außerdem wäre das nur ein aufschieben einer Notwendigkeit. Davonlaufen. „Ich denke ich werde im Laufe des Abends einen Flug nehmen. Ich will nicht, dass Edward her kommt und da ich mich entschieden habe, habe ich keinen Grund mehr, es länger hinauszuzögern“, sagte ich mit matter, mir fast fremder Stimme. „Edward wird sich freuen“, setzte ich schnaubend hinzu und sprach sogleich weiter, da ich Elisabeths Gesichtsausdruck sah, „ja ich weiß, es ist meine Sache und deshalb werde ich ihm auch nicht vom Schlupfloch erzählen. Er würde mir nur zigmal versichern, dass ein weiteres Kind nicht in Frage kommt, wenn ich ihm erzähle, dass ich daran denke, in ein paar Jahren oder irgendwann überhaupt die Sterilisation vielleicht rückgängig zu machen. Oder es zumindest in Erwägung zu ziehe.“ Ich nahm kurzerhand das Handy heraus und telefonierte mit dem Flughafen. Mein Flug ging leider, wie ich mir im Nachhinein dachte, relativ spät bzw. landete ziemlich spät. Das hieße Edward hätte die Möglichkeit zu mir zu kommen, da Nela dann mit Sicherheit schon schlief. Aber um eine Aussprache kam ich so oder so nicht herum. Eigentlich wollte ich es alles langsam angehen lassen, aber wenn ich ihn heute noch sah, oder morgen je nach dem, hatte ich es wenigstens hinter mir. Ich packte meine wenigen Sachen und seufzte innerlich als Elisabeth mir die Arme entgegen streckte und mich umarmte. „Egal wie du letztendlich entscheidest, Bella, du tust das Richtige, davon bin ich überzeugt“, sagte sie mir ins Ohr. Wir lösten uns aus der Umarmung, sie hielt ihre Hände noch links und rechts an meinen Oberarmen. „Vielen Dank für alles, dass du mich ernst genommen und mir zugehört hast“, sagte ich aufrichtig. Sie lächelte. „Du bist jederzeit willkommen. Du kannst mich immer anrufen, wenn du möchtest.“ „Danke“, flüsterte ich, umarmte sie noch mal, bevor sie mir zum Flughafen brachte. Mit dem Gefühl eines laut klopfenden Herzens schloss ich meine Wohnungstür auf. Der Flug war wieder einmal zu kurz gewesen, um mich völlig zu sammeln, doch es musste reichen. Ich wusste, dass Edward da war. Licht schien durch die Türritzen. Ich schloss die Tür hinter mir und legte meine Sachen ab. Es war still. Unheimlich still. Ich schluckte kurz und suchte nach ihm. Er stand im Wohnzimmer vor dem Fenster. Das Wohnzimmer war dunkel. Kaum erblickte er mich, obwohl er mich natürlich längst gehört hatte, kam er auf mich zu. „Warum bist du weggelaufen?“, fragte er vorwurfsvoll und mit harter Miene. „Bin ich gar nicht“, verteidigte ich mich reflexartig, „ich musste nur mal mit jemanden reden.“ „Du hättest doch auch mit einem von uns reden können-“ „Ich musste aber mal mit jemanden reden, der mich wirklich versteht, der mich wirklich verstehen will.“ Ich funkelte ihn an. Ich war sauer. Ich tat das doch, damit ich seine Entscheidung vor mir selbst rechtfertigen konnte! „Und da ist die Mutter der Mörderin deines Vaters natürlich genau die Richtige?“ Sein Ton war leise, aber eiskalt. Ich sah ihn entrüstet an und drehte mich weg. Meine Hände lagen auf der Stuhllehne des Esszimmerstuhls, genauer gesagt fasste ich so fest zu, dass sie schmerzen. „Bella“, hörte ich ihn sanft sagen, „es tut mir leid“, er stand nun hinter mir und tätschelte zögernd meinen Rücken, „ich habe mir nur große Sorgen gemacht.“ „Mir geht’s bestens“, ich drehte mich zu ihm um, „und außerdem habe ich mich dafür entschieden“, sagte ich und sah ihm direkt ins Gesicht. Er sah mich fragend an, obwohl er sogleich doch verstand und ich sah ganz kurz Freude über sein Gesicht huschen. „Für eine Sterilisation“, setzte ich leiser hinzu. Er nickte geschäftsmäßig, doch ich sah das glückliche Funkeln in seinen Augen. Er versuchte seinen Freudentaumel zu verbergen. Er zögerte kurz und umarmte mich dann leicht. Ich erwiderte seine Umarmung. „Können wir das relativ schnell, zeitnah, über die Bühne bringen?“, bat ich, als ich ihn wieder ansah. Bevor ich es mir anders überlege…, fügte ich in Gedanken hinzu. Er schien etwas Ähnliches im Sinn zu haben, denn er nickte hastig und nahm prompt sein Handy aus der Hosentasche. „Natürlich, wie du willst. Soll ich Carlisle direkt anrufen? Wie schnell-“ „Morgen oder übermorgen“, unterbrach ich ihn. Er nickte und tippte in sein Handy. Währenddessen, ich wollte gar nichts von dem Gespräch mitbekommen, dass mir die Auswirkungen meiner Entscheidung (ich tue es wirklich!, schoss es mir die ganze Zeit unaufhörlich durch den Kopf) bewusst machte, ging ich ins Bad und wusch mir durchs Gesicht. „Wie war’s bei den Denalis?“, fragte ich, als ich bettfertig wieder zu ihm stieß. Meine Frage hätte auch lauten können: Hat sich Tanya benommen? Er wusste das. „Tanya hat nichts gesagt. Das würde sie nie tun, auch wenn sie es wollte“, sagte er, „allerdings ist Nela noch bei dort.“ Ich sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Dann bist du wieder alleine zurück gekommen?“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Nein-“ „Sie ist alleine dort?!“, fiel ich ihm mit piepsiger Stimme, aber kraftloser Stimme ins Wort. „Sie mag Carmen sehr und sie meinte, als wir abreisen wollen, dass sie genauso gut auch noch dort bleiben könne. Zu Hause erwartet sie ja nichts“, er zuckte zustimmend mit den Schultern, „und sie hat recht. Dort hat sie zur Abwechslung mal andere Leute um sich und eine andere Gegend. Was hätte wir ihr sagen sollen?“ Ich sah ihn ratlos an und wusste, dass er natürlich recht hatte. „Wir haben Carmen alles erklärt und sie hat versprochen gut auf sie aufzupassen. Nela war ganz hin und weg von Eleazers Büchern-“ „Und wenn sie noch mehr herausfindet?“, warf ich ein. „Es ist unmöglich“, sagte Edward schlicht und ich ließ das Thema fallen. „Warum magst du Elisabeth nicht?“, versuchte ich ein neues Thema auszugreifen. Er zuckte leicht mit den Schultern. „Sie ist Victorias Mutter, Victoria wollte dich töten“, sagte er lediglich und streichelte mir für den Kopf. „Du kannst doch ihre Gedanken hören. Vertraust du deiner eigenen Gabe nicht mehr?“ Er lächelte schwach. „Doch, aber hast du Alice nicht schon oft gebeten, mir etwas in zu verheimlichen? Gedanken kann man auch lügen… wenn auch schwerlich.“ Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und wartete. „Aber ja, doch, ich glaube, dass sie ehrlich ist und nicht wie ihre Tochter.“ Ich nickte. Nach einer Pause, er hatte nun die Arme um mich gelegt, begann er leise: „Ich habe mit Carlisle gesprochen. Ich hole dich morgen, also heute, nach der Uni ab und bringe dich zu ihm. Wir müssen sehen, wie wir das machen, wegen deiner Haut. Es müssen zwei kleine Schnitte gemacht werden, aber Carlisle glaubt, dass das möglich ist.“ Ich hörte kaum zu und kuschelte mich mit der Wange an seine Brust. Ich nickte abwesend. „Ist es dir recht, wenn ich Carlisle assistiere?“ Ich nickte wieder an seiner Brust. Niemand anderes wäre mir lieber, ergänzte ich gedanklich. „Es tut mir leid“, er küsste mein Haar, „ich muss jagen gehen. Ich will morgen nicht in Versuchung geraten“, murmelte er. Ich sah auf. Er führte mein Gesicht am Kinn zu sich und küsste meine Lippen. Danach ging er. Ich versuchte an nichts zu denken und schlief später unruhig ein. „Bella“, zischte Leni. Ich sah hoch. Das Seminar war beendet und ich hatte meinen Gedanken freien Lauf gelassen. Ich schaffte es gerade so meine Konzentration für die neunzig Minuten aufrechtzuerhalten, dass ich gar nicht bemerkte, dass der Dozent vor mir stand und mit mir redete. „Fühlen Sie sich nicht wohl, Misses Cullen?“ „Entschuldigen Sie bitte“, sagte ich und setzte mich hastig zurecht, „Was haben Sie gesagt?“ Mr. Thompson lächelte milde, aber verwirrt. „Ich wollte Ihnen nur zu ihrem grandiosen Vortrag gratulieren. Ich fand ihn sehr gelungen. Weiter so und noch viel Erfolg mit der Stiftung.“ „Danke.“ Ich zwang mich zu einem gekünstelten Lächeln. „Was ist denn los mit dir?“, fragte Leni mich als wir den Seminarraum verließen, „So neben der Spur hab’ ich dich noch nie erlebt.“ „Ich- ich bin nur etwas überarbeitet“, sagte ich rasch und machte eine wegwerfende Handbewegung, um nicht mehr darauf eingehen zu müssen. Doch Leni hatte vollkommen recht. Ich war total neben der Spur. Ich hätte mir den Unitag heute auch schenken können, sagte ich mir, als ich zu meinem letzten Seminar trottete. Inhaltlich bekam ich nichts mit. Ich hörte zwar die Worte, doch sie rauschten inhaltslos durch meinen Kopf oder aufs Papier, ohne, dass ich sie verstand. Hin und wieder überkam mich der Gedanken an das, was mir nach der Uni blühte und ich fuhr mit der Hand unwillkürlich zu meinem Unterleib. Einmal sah Leni verstohlen zu mir und ich glaubte, dass sie es gesehen hatte. Ich hoffte nicht, dass sie die falschen Schlüsse zog. Ich dachte nicht weiter darüber nach, was diese sein würden und konzentrierte mich darauf mitzuschreiben. Edward würde, wenn es bewölkt war, am Haupteingang warten. Bei sonnigem Wetter fände ich ihn am kleinen Eingang im Süden des Campus. Natürlich war es sonnig, sodass er mit Carlisles verdunkelten Mercedes vorfuhr. Ich stieg schnell ein, damit wir nicht alle Blicke auf uns zogen. „Hi“, sagte ich. Er beugte sich zu mir rüber und küsste mich, als ich keine Reaktion zeigte, kurzerhand auf die Wange. Ich starrte geradeaus und versuchte gleichmäßig zu atmen. Meine Fingernägel krallten sich in meine Oberschenkel. Ich spürte seinen Blick auf mir. Er sagte jedoch nichts und fuhr sogleich los. Ich hasste dieses Gefühl. Das Gefühl auf einem Weg zu sein, der am Ende grausam sein würde und ich wusste das es so werden würde. Ein Weg zur Schlachtbank, dachte ich innerlich belustigt. Wie so oft… Carlisle wartete bereits vor dem Krankenhaus in Santa Fe. „Bella, alles in Ordnung? Bereit?“, fragte er in neutral ärztlichem Unterton. Ich nickte nur. Mein Hals fühlte sich trocken an. Ich sah wie Carlisle Edward einen kurzen, aber vielsagenden Blick zu warf, ich wettete, dass er ihm in Gedanken etwas sagte, und dann rein ging. Wir folgten ihm. „Ich muss noch kurz drinnen etwas mit Edward besprechen, wir holen dich dann rein, ja?“, sagte Carlisle mit einer Gelassenheit, um die ich ihn beneidete. Ich nickte heftig und setzte mich in den Flur. Mein Körper pulsierte. Mein Atem raste. Der Schweiß stand mir auf der Stirn. Alles in meinem Körper schrie danach es nicht zu tun und ich bekam Zweifel, ob eine solch heftige Reaktion meines Körpers wirklich ignorieren durfte. Ich schloss die Augen und ließ die Gespräche mit Elisabeth Revue passieren, um mich zu beruhigen. Mit hochrotem Kopf und nach Luft ringend in die Operation zu gehen, wäre wohl nicht von Vorteil. Mein Magen drehte sich um. Operation. Ich gebe alles auf!!, schrie es ihn mir und doch konnte mich nichts dazu bewegen es nicht zu tun und zu gehen. Ich spürte jedes Gefühl heftig in meinem ganzen Körper, bis in die Fingerspitzen. Ich öffnete die Augen und merkte, dass ich blinzeln musste, damit die Tränen nicht überliefen. Ich sah zur Decke und fühlte das erhitzte Kribbeln unter meiner Haut, obgleich ich Gänsehaut hatte. Ich hörte wie die Tür ein paar Meter weiter aufging. Ich schloss ganz kurz die Augen und atmete tief durch. Edward stand vor mir, die Haut ausgestreckt. „Bella?“, fragte er mit seiner Samtstimme. Ich schluckte und nahm seine Hand. Langsam führte er mich zu der geöffneten Tür. Ich blieb abrupt stehen, als ich einen kurzen Blick in den Raum warf. Ich ließ Edwards Hand los, zu sehr zitterte meine Hand. Carlisle stand konzentriert mit Mundschutz und Kittel neben einer halb verdeckten Liegen. Er sah vor sich, auf irgendetwas, was ich nicht sehen konnte. Ich hörte etwas metallisches ganz leise klirren. Mein Atem ging so schnell, dass ich glaubte, meine Brust zerbarst innerlich. NEIN!, schrie mich alles in mir an. „Moment“, formten meine Lippen, ich wusste nicht, ob es hörbar war, machte einen Schritt zurück und rannte den Flur entlang. Irgendwohin, nur weg. Ich rannte noch einen weiteren Flur bis ich mich außer Atem an eine Wand lehnte. Die Handinnenflächen daran gepresst. „Oh Bella“, flüsterte ich zu mir selbst. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen und nichts mehr denken. Ich spürte eine Hand an meinem Arm. Sie fuhr an meinem Unterarm sanft rauf und runter. Carlisle stand neben mir. Er hatte den Mundschutz herunter gezogen und sah mich ruhig an. Ich hoffte, dass mein Gesicht nicht allzu entsetzt aussehen würde. „Bella, wenn es dir so zuwider ist, wird Edward dafür Verständnis haben“, sagte er mit gedämpfter Stimme. Ich sah wieder geradeaus und schüttelte leicht den Kopf. Ich biss mir auf die Lippen, um den Tränen zu widerstehen. „Nein, es ist alles in Ordnung.“ Meine Stimme klang merkwürdig. Fremd, als wäre es nicht meine. Ich sah wie er nickte und wartete. Ich atmete einmal tief durch und ging dann neben ihm her, den Flur entlang. Unwillkürlich umfasste ich seine Hand ganz leicht. Carlisle sah kurz hinab und dann mit einem sanften Lächeln zu mir. Ich sah wie erleichtert Edward war, als er mich mit Carlisle den Flur zurückkommen sah. Carlisle ging vor uns rein, er schloss die Tür hinter sich, ich blieb bei Edward stehen. „Ich würde dir das gerne ersparen, Bella, aber du weißt, das kann ich nicht“, sagte er sehr leise und strich mir eine Strähne aus dem wohlmöglich angsterfüllten Gesicht, „es tut mir leid.“ Ich nickte nur, während ich mich sammelte und er wartete. Ich legte die Hand an die Türklinke und betrat den Raum. -------------------------------------------------------------- Würde mich über Kommis riesig freuen^^ Kuss V Kapitel 7: Leere ---------------- Viel Spaß!!!!! =) Danke für die zahlreichen Kommis :-* -------------------------------------------------------------- Grelles Licht stach mir ins Auge. Ich legte den Kopf zur Seite um nicht hinein sehen zu müssen. Ohne eine Chance es zu verhindern, lief mir eine Träne quer über die Nase und perlte von meinem Gesicht herab. Ich erkannte ein Krankenhauszimmer. Ich lag flach in einem Bett. Nun sah ich Edward auf Kopfhöhe sitzen. Er lächelte zärtlich und strich mir mit dem Daumen die Träne weg. Er sagte nichts. Ich drehte den Kopf wieder nach vorn. Ich traute mich nicht etwas anderes an meinem Körper zu bewegen. Ich überlegte. Nun war es vorbei, konnte ich lediglich denken. Nicht sehr hilfreich. Die Stille und die Leere in mir erdrückten mich. Ich sah Edward wieder an. Besorgnis lag in seinem Gesicht. „Wie geht’s dir?“, sagte ich um einfach irgendetwas zu sagen. Meine Stimme klang dünn. „Gut“, sagte er ernst. Er klang nicht belustigt und streichelte meine Wange. „Wie geht es dir?“ „Gut“, sagte ich und schluckte. Er wartete. Doch als ich ein paar Minuten lang nichts sagte, begann er: „Es ist alles gut verlaufen. Wenn du dich in der Lage fühlst, darf du gehen.“ Ich sah von ihm weg und aus dem Fenster. Es wurde langsam dunkel. „Hat es so lange gedauert?“, fragte ich mechanisch. „Wir haben die Narkose wesentlich höher dosiert als gemusst, damit du auf keinen Fall eher aufwachst. Es ist schwierig ein richtiges Maß zu finden“, sagte er und ich wusste sofort, dass er den Grund, ich war abnormal, absichtlich verschwieg. Ich nickte nur. Ich sah an mir hinab. Mein Körper war bis zu meinen Schultern zugedeckt. Ich atmete heimlich tief durch und bewegte meine, sich eingerostet anfühlenden Arme, dann meine Beine. Erleichtert stellte ich fest, dass alles in Ordnung war. Ich setzte mich abrupt auf und spürte keinen Schmerz. Oder irgendetwas anderes. „Deine Sachen sind dort im Schrank“, sagte Edward. Ich nickte und zog mich um. Ich wand ihm den Rücken zu, um verstohlen an mir herabzusehen, als ich das Oberteil wechselte. Am Bauchnabel war eine sehr kleine Narbe, die man lediglich erfühlen konnte. Weiter unten war ein größerer, aber immer noch kleiner Schnitt gemacht worden. Die Haut dort sah merkwürdig aus. Als wäre sie versetzt zusammengewachsen. „Keine Sorge, dass sieht bald wieder aus wie vorher“, Edward stand seitlich hinter mir und reichte mir mein Oberteil. Als ob ich mir darüber Sorgen machen würde, seufzte ich innerlich. Ich fühlte mich wie eine leere Hülle, das machte mir Sorgen. Ohne weiter darauf einzugehen oder überhaupt irgendetwas zu sagen, zog ich mich an und verließ mit ihm das Krankenhaus. Ich erkundigte mich noch nach Carlisle, doch Edward sagte, dass er bereits in einer anderen OP war. Hand in Hand gingen wir vom Parkplatz zum Haus. Nicht mal die kühle Abendluft und die beruhigend leuchtenden Sternen konnten mir zu einem klaren Kopf verhelfen. Ich fühlte mich merkwürdig immun gegen Einflüsse von außen. Wir gingen die Treppe hoch und Edward schloss auf. Ich blieb an der Garderobe stehen, zog Schuhe, Jacke und Halstuch aus, während Edward schon in die Wohnungen spaziert war. Ich kam ihm hinterher und legte meine Unisachen auf den Esstisch. Ich bemerkte das flackernde gedämpfte Licht erst gar nicht, während die übrige Wohnung stockdunkel war. Erst als ich vor dem Wohnzimmer stand, nahm ich überhaupt wahr, was vor sich ging. Das Wohnzimmer war geschmückt mit roten Blütenblättern, weißen Kerzen, vielen Kissen und Decken. Der Couchtisch war übersät mit Köstlichkeiten. Mich berührte das nicht im Mindesten. Ich fühlte nichts, außer dem Zittern meiner Hände. Nicht vor Aufregung oder Freude oder sonst irgendetwas Verständlichem in dieser Situatio, sondern vor Kälte. Ich frorEdward stand seitlich hinter mir. Seine Brust berührte kaum merklich meine Schulter. Ganz langsam schob er den Haarvorhang auf meiner Schulter beiseite und fuhr mit den Fingern über meinen Hals. „Es tut mir leid, dass ich dir so viel Kummer bereitet habe“, hauchte er mir ins Ohr, sein Atem kitzelte meine Wange, „aber jetzt ist alles vorbei.“ Er fuhr mit den Lippen von meinem Ohr abwärts. Ich stand stocksteif da und starrte geradeaus. Ich verzerrte das Gesicht und atmete schleppend. Er strich mit dem Zeigefinger meinen rechten T-Shirt-Ärmel über die Schulter. Ich nahm seine Zärtlichkeiten wahr, fühlte sie jedoch nicht. „Mir ist jetzt nicht danach“, sagte ich kraftlos, schüttelte ihn ab und zog meinen Ärmel wieder hoch. Ich spürte seinen irritierten Gesichtsausdruck in meinem Nacken, als ich mich wegdrehte. Natürlich, schließlich hatten wir das ganze Theater nur deswegen gemacht… „Ich hab viel versäumt“, murmelte ich, setzte mich an den Esstisch und zog mir ein paar Bücher und Seminarmitschriften heran. „Hm okay“, hörte ich Edward sagen, während ich begann mir zu den Texten, die ich las, Notizen zu machen. Genauer gesagt, schrieb ich sie eigentlich nur ab. Mein Kopf war leer, taub, meine Gedanken sickerten daher, ohne, dass ich sie fassen konnte. Ich saß eine ganze Weile über meine Unterlagen gebeugt da, ohne aufzusehen oder mich mal aufzurichten. Mein Nacken schmerzte. Als ich dann endlich aufgab, die Müdigkeit übermannte mich, ging ins Bad und sah flüchtig, aus den Augenwickeln, dass das Wohnzimmer wieder wie vorher aussah und Edward auf der Couch saß. Er sah mit undeutbarem Gesichtsausdruck in Richtung Balkon. Ich fühlte mich elend. Immerhin fühlte ich irgendwas, sagte ich mir, während ich mich umzog und wusch. Ich war merkwürdig nervös, als ich vor Edward trat und leise und schuldbewusst sagte: „Ich gehe mal in Bett.“ Ich wand den Blick ab. „Darf ich bleiben?“, fragte er mit einer Vorsicht, die mich kurzzeitig erschaudern ließ. „Klar“, sagte ich unsicher. Das hatte er lange nicht gemacht. Er war immer gegangen, wenn ich mich zu Bett gelegt hatte. Ich zögerte und ging ins Schlafzimmer. Wollte er sich zu mir legen oder nur zusehen?, schoss es mir durch den Kopf. Irgendwie fühlte sich nichts mehr selbstverständlich an. Ich dachte nicht darüber nach und legte mich ins Bett. Kaum hatte ich es mir bequem gemacht und die Augen geschlossen, war ich eingeschlafen. Als ich aufwachte, wusste ich, dass ich nichts Gutes geträumt hatte. Ich war schweißnass, ich zitterte, mir war heiß und jede Stelle meines Körpers tat mir weh. Doch diese Art von Schmerz war mir sehr willkommen. Sie überspielte den anderen Schmerz, der irgendwo in mir drin war und sich im Moment nicht die Blöße gab. Mein Bett war durcheinander und ich hatte den Kopf unbequem an die Wand gelehnt. Doch ich konnte mich nicht mehr an den Traum erinnern. So greifbar er vor einer Minute noch gewesen war, so fern erschien er mir jetzt. Zuerst einmal wollte die Toilette aufsuchen. Ich kletterte aus dem Bett, rappelte mich mühsam auf. Bei den Bewegungen zwickte es in mir unangenehm, doch das hatte nichts mit der OP zu tun. Ich presste die Hand auf meinen Magen, der höllisch zu brennen begann. Ein merkwürdiges Gefühl, dass ich am liebsten sofort mit Schmerzmittel zunichte gemacht hätte. Doch genau genommen hatte ich diese Schmerzen diesen zu verdanken. Ich war auf Entzug. Sogleich erstarb der Schmerz und ich sah einen Zettel auf dem Boden liegen. Ich hob ihn auf. Verzeih mir. Ich bin Brötchen holen. Edward, stand darauf. Ich musste kurz auflachen, weil mir kurz in den Sinn kam, dass sich das erstere auf den Satz danach bezog, doch ich wurde sofort wieder ernst. Lachen fühlte sich komisch an. Wofür verzeihen?, schoss es mir dann durch den Kopf. Ich zog mich an. Gerade schlüpfte ich in meine Socken, als ich das Rascheln von seinen Schlüsseln vor der Wohnungstür vernahm. Ich lugte aus dem Schlafzimmer hervor. „Hallo“, sagte ich nur. Ich zwang mich zu einem Lächeln. Es fühlte sich so komisch an wie eben. „Guten Morgen“, er lächelte mir strahlend entgegen. Seine kleine Sorgenfalte auf der Stirn entging mir selbst in dieser Distanz nicht. Ich strauchelte rasch in meine Klamotten und setzte mich an den bereits fertig gedeckten Frühstückstisch. „Entschuldige meine Erbostheit gestern Nacht“, begann er, als ich an einem Schokobrötchen mümmelte, „aber ich musste wissen was du denkst.“ Ich sah auf. „Du musstest wissen was ich denke?“, wiederholte ich verwirrt. So eine Antwort hatte ich nicht erwartet. „Ja. Ich wollte dich nicht länger bedrängen, deshalb bin ich geblieben.“ Ich senkte den Blick und legte das Brötchen hin. „Tut mir leid wegen gestern. Das war wirklich schön, was du vorbereitet hast, aber-“ Ich ließ den Satz in der Schwebe. Edward schüttelte nur den Kopf und strich mir eine Strähne hinter das Ohr. Er ging nicht weiter darauf ein. „Und? Wie- woher- kennst du jetzt meine Gedanken?“, begann ich mehrmals. „Du redest im Schlaf“, erinnerte er mich. „Oh“, machte ich nur und kaute weiter. Wir schwiegen eine Weile. Ich überlegte noch, ob ich es wirklich wissen oder nicht, als meine Neugier längst gesiegt hatte und ich fragte: „Was habe ich denn gesagt?“ Er verzog sofort das Gesicht und blickte mit verzerrtem Blick zur Seite. „Etwas schlimmes?“, fragte ich weiter. Als er nicht sofort mit dem Kopf schüttelte, wurde ich misstrauisch. Misstrauisch, ob er mir vielleicht nicht die Wahrheit sagen würde, wenn es so wäre. „Du hast geschrieen. Immer wieder. Ich konnte dich kaum beruhigen und wecken wollte ich dich nicht. Ich weiß gar nicht, ob ich es wenn überhaupt geschafft hätte. Du warst völlig verängstigt, panisch-“ Er brach ab. Ich sah auf das Brötchen in meinen Fingern. „Was habe ich gesagt?“, fragte ich wieder, aber meine Stimme war nun kaum mehr hörbar. Edward antwortete nicht gleich. Ich glaubte, dass er gut überlegte, was er sagen wollte. „Du hast gesagt ‚Nimm mir nicht alles weg’, ‚Lasst mich, geht weg’ und… ‚Gib mir Nela zurück’.“ Er senkte die Stimme. Ich sah ihn mit aufgerissenen Augen an und schüttelte langsam den Kopf. „Edward das stimmt nicht. Das mit Nela stimmt nicht, es-“ „Und das andere?“ Ich wusste nicht, was er in meinem Gesicht sah, aber er schien mir bezüglich Nela zu glauben. Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Ich bemerkte erst jetzt, dass ich die ganze Zeit mit den Beinen auf und ab wippte. Ich versuchte ruhiger zu werden und sah ihn dann eindringlich an. „Können wir über etwas anderes reden?“ „Vielleicht sollte wir gerade darüber reden“, gab er zu bedenken. „Jaah, vielleicht…“ Ich ließ das halb gegessene Brötchen endgültig liegen. „Bella, empfindest du es so, als ob ich dir etwas weggenommen habe?“ Bei dieser direkten Frage zuckte ich unwillkürlich zusammen. Edward wartete. „Ich weiß nicht“, blieb ich bei der Wahrheit, „im Moment fühle ich gar nichts“, gestand ich bitter. „Ich glaube, dass ich dir keine große Hilfe sein werde, wenn doch lass es mich bitte wissen“, fügte er schnell hinzu, „aber… möchtest du mal mit Esme reden? Soll ich sie mal fragen?“ „Nein, nein ist schon okay“, antwortete ich ohne Zögern, „ich komme klar.“ „Bella du musstest schon mit so vielem alleine klar kommen, meinst du nicht, es könnte dir helfen, wenn du mit Esme sprichst? Wie sie damit umgeht?“ „Ich muss so langsam mal los“, ich stand auf und wollte an ihm vorbei in Richtung Bad gehen, „wenigstens noch die letzten beiden Vorlesungen mitbekommen-“ „Bella.“ Edward hielt meine Hand fest und sah mich bedeutungsvoll an. „Ja, vielleicht hast du recht. Frag sie bitte. Ich komme heute Abend zu euch. Oder ist Nela wieder da?“ Ich merkte wie selbstverständlich und ohne Traurigkeit ich im Moment an sie dachte bzw. von ihr redete. Ich wusste nicht, ob ich das gut oder schlecht finden sollte. „Nein, ich denke, dass sie auch noch eine Weile bei Carmen und Eleazer bleiben wird. Es gefällt ihr dort sehr gut.“ „Okay.“ Er ließ mich los. Nachdem ich Leni, die sich unbedingt wegen der Stiftung mit mir treffen wollte (natürlich hatte sie recht, ich hatte die Stiftung ziemlich vernachlässigt), auf morgen vertröstete, stieg ich in den Wagen und fuhr nach Santa Fe. Mittlerweile hasste ich Auto fahren. Ruhe und viel zu viel Zeit zum nachdenken, war in letzter Zeit nicht sonderlich förderlich für mich gewesen. Und doch dachte ich nach. Konnte Esme mir helfen? Meine Hand fuhr vom Lenkrad zu meinem Unterleib und so sehr ich mir nicht ins Gedächtnis rufen wurde, so sehr konnte ich an nichts anderes denken: Unfruchtbar. Willentlich. Diese beiden Wörter zusammen bereiteten mir Qualen, seelische Qualen, auch wenn ich es Edward gegenüber nicht zugeben wollte. Die körperlichen Schmerzen klammerte ich ganz aus. Die Entzugsschmerzen waren nichts gegen die quälende Leere. Die körperlichen Dinge konnte ich gut ignorieren, alles andere nicht. Das Haus der Cullens lag still in der untergehenden Sonne. Ich sog tief Luft ein und spürte ein kleines Glücksgefühl, dass das vertraute Haus in mir auslöste. Doch als ich das Haus betrat, kam mir nicht Esme oder Edward entgegen, sondern Carlisle. „Hallo Bella, alles in Ordnung mit dir?“, erkundigte er sich freundlich. Ich nickte. „Danke Carlisle.“ Er wusste was ich meinte und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Bella… ich habe sehr viel zu tun und brauche meinen Computer und die Bücher. Ich könnte zwar etwas mitnehmen, aber es dauert auch nicht lange und… ich weiß, dass das sehr persönlich ist-“ „Nein, du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Vor dir ist es mir nicht unangenehm“, unterbrach ich ihn, als ich wusste, worauf es hinauslaufen sollte, „natürlich kannst du bleiben“, verdeutlichte ich. „Danke für dein Vertrauen“, sagte er sanft und legte einen Arm um mich, „Esme wartet auf dich im Wohnzimmer“, sagte er noch, wandte sich um und verschwand ein Stockwerk höher. Wie Carlisle gesagt hatte, traf ich auf Esme im sonst verlassenen Haus, wie mir ziemlich schnell klar wurde. Sobald ich in Esmes liebreizendes, verständnis- und mitleidvolles Gesicht sah, brach das aus mir heraus, was dir ganze Zeit unter der Oberfläche gebrodelt hatte. Ich legte verschämt die Hände aufs Gesicht und schritt in ihre Richtung weiter. Wie ein kleines Kind lehnte ich mich an ihren Körper, während sie mir übers Haar strich. Esme sagte lange nichts. Ich weinte einfach nur. Dann begann sie langsam: „Ich hab mir viele Gedanken gemacht, was ich dir sagen soll, was ich dir sagen kann, nachdem Edward mich gebeten hatte, mit dir zu reden“, ich sah zu ihr auf, „und ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.“ Sie sah mich mit einem zärtlichen Gesichtsausdruck an, nahm meine Hand und führte mich zur Couch. Dann sprach sie weiter: „Unsere Situationen und Empfindungen sind, dessen bin ich mir sicher, komplett verschieden. Es fällt mir schwer dir einen Rat zu geben der ehrlich ist, aber nicht geraten.“ Ich hatte den Kopf an ihre Schulter gelehnt und fühlte immer wieder über meinen Unterleib. „Wie gehst du damit um?“ „Bella weißt du, der Unterschied ist, dass wir es nicht mitbekommen haben und keine Wahl hatten“, Willentlich, schoss es mir durch den Kopf und ich unterdrückte ein Schaudern, „und doch sind die Begebenheiten bei Rosalie, Alice und mir gleichsam wieder völlig verschieden.“ Ich horchte auf und blickte zu ihr. Ich erkannte nur ihr Kinn. „Wie meinst du das?“ „Ich war schon mal Mutter. Wenn auch für kurze Zeit, aber ich kann wenigstens das nicht vermissen. Die Schwangerschaft, die Vorfreude, die Vorbereitung“, sie lächelte zu mir herunter, „diese ganzen Gefühle. Bei Rosalie ist das anders. Sie hat sich in ihrem Menschenleben schon sehr danach gesehnt und hat es nie bekommen. Durch die Verwandlung wird sie es jetzt auch nie bekommen. Es nagt sehr an ihr, dass sie niemals Kinder haben wird.“ „Deshalb hasst sie mich oder?“ Esme küsste meine Stirn. „Bella… du weißt, dass Carlisle Rosalie mit der Absicht verwandelt hat, dass sie Edwards Partnerin wird oder?“ Ich nickte. Das hatte Edward mal flüchtig erwähnt. „Sie ist ein unglaublich stolzer Mensch und dass Edward sie abgewiesen hat, war sehr schwer für sie zu verkraften, obgleich sie keine großen Gefühle für ihn hegte. Durch Emmett konnte sie aber darüber hinwegkommen. Als du schwanger warst, war das ein weiterer Rückschlag für sie. Dadurch, dass sie mit Emmett nun nicht mehr hier wohnt, kann sie das alles besser verarbeiten.“ Sie machte eine Pause. „Hat Edward dir das alles erzählt?“ Esme nickte. „Er hat mir nie davon erzählt… also nicht so ausführlich…“ Esme neigte den Kopf und lächelte. „Natürlich nicht, du hättest dich nur noch mehr gesorgt“, ich schwieg, „aber als Edward mich gebeten hat mit dir zu sprechen, wusste ich, dass er wollte, dass du nun mehr weißt.“ Wir sagte lange nichts. Der Wind rauschte am Haus vorbei und die Dunkelheit ergoss sich über die Wälder. „Na ja und bei Alice ist das wieder anderes“, fuhr sie fort, „es macht zwar jedem von uns zu schaffen, aber ich glaube nicht, dass sie das sehr starke Bedürfnis hat, ein Kind zu bekommen. Sie ist zwar sehr vernarrt in Nela, aber Alice ist ein sehr heiterer Mensch und schätzt das, was sie hat und nicht das, was sie nicht hat oder nie haben wird.“ Ich richtete mich von ihrer Schulter auf und sah auf meine Hände. „Wir sind eigentlich alle sehr neidisch auf dich“, resümierte Esme, „nur, dass Rose-“ Sie brach ab. Ich sah auf. „Sie gönnt es mir nicht.“ Esme seufzte leise, nickte aber. Dann legte sie einen Arm um mich. „Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Edward hat gesagt, dass es ihr viel besser geht. Durch den Abstand hat sie mehr Zeit sich allein damit auseinander zu setzten, glaub mir, irgendwann werdet ihr euch gut verstehen.“ „Hmmm“, machte ich und versuchte wirklich darauf zu hoffen, doch es fiel mir schwer. Es schien nahezu unmöglich. „Carlisle möchte noch mal deine Narben untersuchen, ist dir das recht?“, fragte Esme höflich nach einer langen Zeit des Schweigens. Ich nickte und ging mit Esme hoch zu Carlisle. Sie ließ mich allein eintreten und schloss die Tür hinter mir. „Bella“, sagte er, kam hinter seinem Schreibtisch hervor und trat auf mich zu. „Ich möchte, dass du eines weißt“, er legte meine rechte Hand zwischen seine beiden, „wäre ich nicht der Auffassung gewesen, dass es wirklich keine andere Möglichkeit gibt, dass nichts anderes verantwortbar wäre, dann hätte ich das niemals getan.“ Ich sah in seine ehrlichen aufrichtigen Augen und spürte meine Augen feucht werden, doch ließ nicht zu, dass sie überliefen. „Danke“, flüsterte ich. „Komm“, er legte eine Hand in meinen Rücken, „ich seh’ mir das mal an.“ Er schob mich ins Licht. Ich hielt mein Oberteil hoch. Er hockte sich hin und tastete lange, ohne hinzusehen, über die Narbe am Unterleib (die am Bauchnabel war nicht mehr zu sehen). Die Unterleibsnarbe sah eigentlich noch nicht wirklich anders aus. „Hm, ich hätte erwartete, dass das schneller verheilt“, sprach Carlisle langsam, „aber gut, ich sehe mir das demnächst noch mal an“, er stand auf, „keine Sorge, das verheilt. Hast du sonst noch Schmerzen?“ Ich war drauf und dran ‚Nein’ zu sagen, doch scheinbar sprach mein Gesicht bereits Bände. Carlisle nickte. „Intervallartig oder durchgehend? Wo hauptsächlich?“ Ich liebte Carlisle dafür, dass er mich immer ernst nahm und sich neutral mit etwas auseinander setzen konnte, bei dem Edward vor Sorge schon durchgedreht wäre, so schmeichelhaft das war. „Das übliche. Magen und Unterleib. Mal merke ich es kaum, aber die ganze Zeit, mal ist es sehr heftig und nur für Sekunden.“ Mein Hals fühlte sich rau an. „Wir müssen abwarten“, sagte Carlisle leise, fast mehr zu sich selbst. Ich übernachtete dort und fuhr aber am morgen wieder sehr früh in meine Wohnung, sodass ich Edward nicht sah. Ich wollte mal wieder anfangen regelmäßig meine Vorlesungen zu besuchen. Ich traf Leni bereits in der Eingangshalle. „Das Treffen heute bleibt oder?“ „Ja, komm doch einfach heute Nachmittag zu mir ja?“ Leni nickte. „Klar gerne, aber sag mal, hast du neue Ideen wegen der Geldeinnahmen der Stiftung? Oder hast du dir das mit dem Küssen-“ „Nein auf keinen Fall“, sagte ich strikt und lief ein wenig schneller neben ihr. „Warte Bella, meinst du nicht, dass die Idee ziemlich gut ist?“ „Meinst du nicht, dass du das nicht auch machen könntest?“, fragte ich kühl zurück. „Es geht hier um die Stiftung und du weißt genau, dass du viel mehr einnehmen würdest“, entgegnete Leni, während sie mit mehreren Büchern beladen neben mir herstrauchelte. Ich zuckte mit den Schultern und verschwand hinter ihr in den nächsten Raum, wo mein nächstes Seminar stattfand. Eines, dass ich – Gott sei Dank – nicht mit Leni zusammen hatte. Nach der Uni entschied ich spontan mal meine Backkünste auf die Probe zu stellen – und das wird nicht ungefährlich, dachte ich grinsend. Ich hatte das schon ewig nicht mehr gemacht, aber da Leni nachher kam, hatte ich wenigstens einen guten Grund. Ich schlenderte durch die Stadt und sammelte mir die Zutaten zusammen. Ich kaufte Zutaten für drei Kuchen ein. Zwei würde ich wirklich backen und die Zutaten für den dritten waren Reserve. Von den zwei gebackenen, einen Schokokuchen und einen Käsekuchen, würde ich den besten Leni vorsetzten. So war alles doppelt und dreifach abgesichert. Ich ging schnurstracks wieder zum Auto, als ich zufrieden mit meinen Einkäufen war, doch ich blieb mit einem Mal mitten in der Fußgängerzone stehen. Eine Traube Menschen und viele bunte Ballons hatten mich darauf aufmerksam gemacht: Ein neuer Dessousladen hatte eröffnet. Ich biss mir auf die Lippe und entschied ohne darüber nachzudenken. „Ach was soll’s“, murmelte ich und ging, beladen mit Einkäufen, in das neue Geschäft. Anschließend hatte ich noch ein paar „spezielle“ Dinge für den gemeinsamen Abend mit Edward, von dem er noch nichts wusste, gekauft. Ich war es ihm schuldig. Und mir selbst auch, denn ich wollte es so sehr. Ich hoffte, dass Leni nicht allzu lang blieb, bzw. wir recht schnell fertig wurden. Ich schob die Kuchen in den Ofen und huschte schnell unter die Dusche. Immerhin riechen sie gut, dachte ich, als ich wieder in die Küche kam. Doch ein paar Minuten konnten sie noch vertragen. Ich stellte mich ans Fenster und grübelte nach. Ich brauchte gute Vorschläge für Leni, sonst würde es gleich ewig dauern... Also erstmal könnte man einen Spendenaufruf für alte Kinderbücher machen. Daran dürfte es nicht mangeln. Und wir mussten uns darum kümmern weitere Ehrenamtliche zu rekrutieren. Die konnte man auch nie genug haben. Ich seufzte und strich die Haare am Haaransatz zurück. Aber Geld durfte auch nicht fehlen… vielleicht… „Puh, ich weiß ja nicht, aber soll der schwarz sein?“ Ich erschrak und wandte mich um. Edward war unangemeldet oder sagen wir unerwartet hereingeschneit und hatte die Ofenklappe geöffnet. Er kniete davor. „Ach herje“, stieß ich hervor und schob ihn unwirsch zur Seite, um das Blech herauszunehmen. Doch den Schritt davor, ein Tuch oder Lappen zu nehmen, war ich großzügig übergangen. „Ah heiß“, murmelte ich und hielt meine Finger unter kaltes Wasser. Sie waren feuerrot. Edward nahm meine Hände unter dem Wasser weg und legte sie sanft ins seine. Dagegen war das Wasser aus dem Hahn badewannenwarm. „Danke“, sagte ich erleichtert. Er küsste meine Stirn und sah dann wieder zu den verkokelten Kuchen. „Das ist aber nett, dass du für deinen Ehemann backst.“ „Sehr witzig“, sagte ich grimmig. Ich verdrehte die Augen und sah mir die missglückten Kuchen an. „Nein im ernst. Ich werden nie von dir bekocht“, gluckste er. „Du!“, murrte ich gespielt und grinste ihn breit an. Ich versuchte ihm meine Hände zu entwenden, doch er hielt sie zu fest, sodass ich nur auf die Zehenspitzen stieg um ihm tief in die Augen zu sehen. „Demnächst backe ich dir 10 Kuchen und die musst du dann alle essen – auch die verkohlten! Plus Hauptgang!“ Edward kicherte und rümpfte die Nase. „Na siehst du!“, ich lachte, „Was machst du überhaupt hier?“ Erst jetzt fiel mir seine Anwesenheit auf. Und das kam mir gar nicht recht, denn ich wollte doch was vorbereiten… „Kannst du wieder gehen?“, ruschte es mir raus. Er bekam sich vor lachen gar nicht mehr ein. „Leni kommt gleich-“ „Ich warte und höre auch nicht zu, versprochen. Ich bin leise wie der Wind“, unterbrach er mich rasch und verließ die Küche. Ich tapperte ihm hinterher. Er schien geradewegs in mein Schlafzimmer zu gehen. Ich rannte an ihm vorbei, er ging nicht sonderlich schnell, und stellte mich mit erhobenen Händen in die Tür. „Ähm, warte doch besser-“, ich dachte scharf nach, „in deinem Auto?“ Er verkniff sich ein grinsen und sagte nüchtern: „Alice hat mich hergebracht.“ Alice, oh oh. Dann wusste er bereits was ich plante? Er musterte mich eindringlich, während ich verbissen vor ihm stand und nachdachte. Ich wettete, dass es ihn genau in diesem Moment wurmte, dass er meine Gedanken nicht lesen konnte. „Und wie geht’s Alice so?“, murmelte ich beiläufig. „Gut…“, sagte er langsam und fügte ebenso beiläufig hinzu, „aber sie ist die ganze Fahrt über das chinesische Alphabet durchgegangen…“ Ich spürte Erleichterung in mir aufkommen, die ich rasch unterdrückte, damit sie nicht nach außen drang. „Äh ja, sehr merkwürdig“, sagte ich unwillkürlich, um noch mehr Aufmerksamkeit darauf zu lenken. „Ich warte in deinem ‚Schrankzimmer’, wenn es dir recht ist.“ Er grinste schief. „Ja ist okay“, sagte ich und schob ihn sogleich dort hinein, wo ich mich rasch für meinen Besuch umzog. Gentlemenlike sah Edward zur Gardine. Ich schmunzelte. „Ich denke die Vorschläge sind ausreichend. Kannst du sie den anderen mitteilen? Ich muss noch viel nachholen…“, sagte ich rasch und warf wieder mal einen Blick auf die Uhr. Schon zehn. Wir hatten, wie erwartet, sehr lange gebraucht. „Ja klar, kein Problem“, sie sah mich ein klitzekleines bisschen verwirrt an, „aber sonst ist bei dir alles okay oder? Du bist in letzter Zeit so… wuschig.“ „Nene, alles bestens, nur viel zu tun“, murmelte ich, während ich damit beschäftigt war, die Unterlagen zusammenzulegen. Leni beobachtete mich noch einen Moment kritisch und half mir dann. Kaum, dass sie aus der Tür war, rannte ich zur Schrankzimmertür, aus der Edward gerade herauskommen wollte. Ich presste meine Hände auf seine Brust und er kam meiner Absicht nach, sonst hätte ich es natürlich nicht geschafft, und ging rückwärts ins Zimmer zurück. „Du wartest hier“, drohte ich mit erhobenem Zeigefinger. Er sah mich belustigt und mit hochgezogenen Augenbrauen an, nickte aber. Ich lief ins Schlafzimmer und sah mir alles an. Ich hatte alles dekoriert. Genau wie Edward letztens: Rote Blütenblätter, weiße Kerzen, vielen Kissen und Decken. Nur das Essen hatte ich weggelassen, stattdessen hatte ich Champagner gekauft, was auch nicht wirklich sinnig war, doch es sah gut aus und ich konnte davon so viel trinken wie ich wollte (Alkohol bzw. Drogen allgemein schlugen bei Vampiren gar nicht und bei mir kaum an). Ich schritt durch das Zimmer und begutachtete alles. Hier und da legte ich noch etwas anders, aber im Großen und Ganzen war ich zufrieden. Als ich aus dem Zimmer gehen wollte, striff ich das Tablett mit den Champagnergläsern und prompt fiel es mir zu Füßen. Die Gläser erhaschte ich, zu meiner eigenen Überraschung, so eben noch, doch das Metalltablett fiel laut klirrend zu Boden. Sogleich klopfte an die Tür. „Bella? Ist bei dir alles in Ordnung?“ „Ja, ja! Geh, alles okay“, rief ich ihm hastig zu und ordnete wieder Tablett und Gläser an, „warte noch, warte einfach im Wohnzimmer!“ Als wieder alles wie vorher war, öffnete ich die Tür einen Spalt breit und konnte Edward nirgendwo erblicken. Ich huschte ins Bad. Jetzt kam Part zwei. Ich langte nach der Einkaufstasche und ging ins Bad. Dort wechselte ich meine Alltagsunterwäsche gegen die neugekauften Dessous aus. Braun, wie meine Augen es mit der Zeit wieder geworden waren, mit beiger Spitze. Als ich mich darin im Spiegel begutachtete, bemerkte ich, wie mir das Blut durch die Adern schoss und meine Hände bebten. „Was hast du denn?“, fragte ich mein Spiegelbild kaum hörbar. Ich kämmte meine Haare durch und knete meine Locken. Dann trug ich etwas hellen Lidschatten und Wimperntusche auf. In meinem Bauch kribbelte es. Angenehm, vor Aufregung und unangenehm- vor Angst?! Ich beantwortete mir diese Frage nicht. Stattdessen gab ich ein wenig Lipgloss auf Lippen. Ich wusste, dass Edward nicht viel Wert auf Make-up und schöne Kleidung legte, aber ich fühlte mich dann hübscher und nicht ganz so hässlich einfältig neben ihm. Ich begutachtete mich und war zufrieden. Doch ich spürte auch das merkwürdige Gefühl in meinem Inneren… als würde man meine Eingeweide auswringen wollen… ich schüttelten Kopf, atmete mehrmals tief durch und trat aus der Badtür heraus. Meine Hand fuhr unbeabsichtigt über meine Narbe, die wegen des Pantys nicht zu sehen war. Doch, doch, ich war mir sicher, dass ich das wollte, sagte ich mir und untertrückte das Gefühl zu erschaudern, als die Leere meine Körper durchströmte. Ich schritt durch den Flur zum Wohnzimmer, wo er wartend saß. Ich drehte zwei Pioretten auf ihn zu, seine Verblüffung entging mir nicht, dann stand ich vor ihm und hielt ihm meine Hand hin. Er nahm sie und stand auf. Irgendwie gekehrte Welt. Normalerweise war genau andersrum, aber nichts bei uns war normal und das würde sich auch nicht ändern. Er lächelte mich zwar an, doch ich erkannte Misstrauen in seinem Gesicht. Natürlich fand er meinen Sinneswandel merkwürdig. Er streckte eine Hand nach mir aus, doch ich drehte mich um und zog ihn an der Hand in mein Schlafzimmer. In mir kribbelte immer noch alles und meine Hände waren schweißnass, wie er mit Sicherheit schon festgestellt hatte. „Ich wollte deine Bemühungen wieder gut machen“, flüsterte ich, als er stehengeblieben war und alles musterte. Ich zog ihn weiter aufs Bett. Sobald wir daraufsaßen fiel ich förmlich über ihn her, meine zitternden Hände ignorierte ich, und küsste seine Lippen, sein Gesicht in meinen beiden Händen. Erst als ich die Augen wieder öffnete, merkte ich, dass Edward nicht ganz bei der Sache war. Ich folgte seinem zur Seite ausgestreckten Arm. Er reichte mir ein Glas Champagner und nahm sich selbst eins. „Auf das größte Glück meines Lebens“, hauchte er zärtlich. „Auf das größte Glück meines Lebens“, wiederholte ich grinsend und stieß mit ihm an. Ich senkte rasch den Blick, um einen Schluck zu nehmen (meine Hände zitterte so sehr, dass ich glaubte, das Glas nicht halten zu können), doch Edward hob mein Gesicht am Kinn hoch. Ich sah ihn erwartungsvoll an. Meine Wangen glühten. „Obwohl… was sind eigentlich sieben Jahre?“ Er küsste mich kurz. Ich schaltete erst sehr spät und spürte wie ich rot wurde. Er legte seine Hand an meine Wange und streichelte mit dem Daumen über mein erhitztes Gesicht. Ich schloss die Augen und genoss die Kälte. Ich taste mit der rechten Hand nach dem Glas und trank es in einem Zug aus. Mir war unglaublich warm. Ich hörte Edward leise in mein Ohr kichern, während seine Lippen meinen Hals und mein Dekolletee liebkosten. Großmotorisch knüpfte ich endlos lang sein Hemd offen. Bella verdammt!, schrie ich mich in Gedanken ab, bleib locker, sonst bist du doch auch nicht so aufgeregt?! Er legte sich hin und hob mich mit einer sanften aber kraftvollen Bewegung auf seinen spiegelglatten Körper. Ich vergrub die Hände in seinen Haaren und küsste ihn weiter, ohne auf meine rebellierende Lunge zu achten, da mein Atem unheimlich schnell ging. Ich stemmte die Knie rechts und links neben sein Becken. Er fuhr mir mit den Händen über den Rücken zu meinem Panty. „Du siehst nicht gesund aus“, flüsterte er mit einem schmalen Grinsen, welches die Besorgnis aber nicht im Mindesten überschattete. Er strich mir die schweißnassen Haare aus dem Gesicht und legte mein Gesicht in beide Hände. Mein Gesicht schien in seinen Händen zu dampfen, zumindest kam es mir so vor. Ich griff nach der Flasche Champagner, goss mir ein Glas ein und leerte es rasch. Er grinste schief, wohl wissend, dass er mich nie betrunken sehen würde, richtete sich auf und küsste meinen Nacken. Ich schloss die Augen und genoss die Küsse, obwohl ich den Drang an etwas anderes, viel präsenteres, zu denken krampfhaft unterdrückte. „Bella?“ „Hmmm.“ Ich hielt die Augen geschlossen. „Das war nicht optimal, oder?“ „Hat es dir nicht gefallen?“ Ich sah von seiner Brust zu ihm auf. Als ich ruckartig den Kopf bewegte, spürte ich einen stechenden Schmerz in meinem Kopf, den ich erst jetzt bemerkte (ich war Schmerzen mittlerweile gewohnt, sie waren alltäglich geworden). „Ah“, machte ich leise und zuckte zusammen. Er strich mir über den Kopf. „Kopfschmerzen?“ „Ja, hast du auch- dumme Frage“, unterbrach ich mich selbst. Er lachte ein kleines hüstelndes Lachen. „Du hast die ganze Flasche in- hm sagen wir zwei Minuten geleert.“ Er hielt die leere Champagnerflasche neben dem Bett hoch. „Ja, ich hatte tierischen Durst“, rekonstruierte ich, „oh man.“ Ich legte den Kopf schlapp auf seine Brust und massierte mit zusammengekniffenen Augen meine Stirn. Eine Weile war es still, sodass ich meinen Gedanken an die letzten Stunden nachhängen konnte. Genau genommen tat allerdings nur eins: Vergleichen. Sex vorher nachher quasi. „Hat es dir gefallen?“, drehte er meine Frage von vorhin um. Ich hob den Kopf an, um ihn anzusehen. Er sah mich mit warm golden blitzenden Augen an. Doch ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Ich legte die Wange schwach wieder an seine Brust. Es war wunderschön gewesen, wie sonst auch, aber meine Gedanken waren immer zu dem einem Thema abgewichen. Ich glaube sogar, dass ich mir mehrmals unwillentlich an den Unterleib gefasst hatte und, dass Edward es gesehen hatte, was die Sache nicht verbesserte, dachte ich mürrisch. „Doch doch“, sagte ich schließlich. „Schatz du hast schon immer schlecht gelogen.“ Er beugte sich vor und küsste mich aufs Haar. „Nein… es war schön… wie immer“, sagte ich und versuchte so zu klingen, dass man es mir abnahm, denn eigentlich war es ja die Wahrheit. Edward sagte nichts. Ich schwieg. „Ich warte auf das ‚aber’“, wand er ein, als ich keien Anstalten machte weiter zu reden. Ich seufzte. „Du lässt wohl nie locker oder?“ Er gab keine Antwort und ich erwartete keine. „Weißt du, stell dir vor du isst etwas Leckeres und es schmeckt dir wirklich. Naja doofes Beispiel“, wand ich kurz ein, fuhr aber fort, „aber es ist wirklich köstlich und du kannst nicht genug davon kriegen, aber du musst trotzdem die ganze Zeit darüber nachdenken, wie es hergestellt wurde und was dadrin ist. Vorgänge und Dinge, die du eigentlich gar nicht wissen willst, die eklig sind, sodass du das Essen, so lecker es ist, nicht im Geringsten genießen kannst. Aber irgendwann… irgendwann denkst du einfach nicht mehr daran und dann ist alles wieder wie vorher…“ Er schwieg und ich lauschte eine Weile seinem Atem, bis mein Magen ungnädig zu knurren begann. „Mein Körper ist einfach hoffnungslos unromantisch“, seufzte ich und küsste seine Lippen kurz bevor ich mich aufrichtete. Sogleich wurde mir bewusst, dass man das auch auf unser Gesprächsthema davor bezeihen konnte. Edward bemerkt zu haben, sagte jedoch nichts, nahm stattdessen meine Hand und wir gingen in die Küche. ------------------------------------------------------------------------ Freue mich auf Kommis =) Kuss Vanessa Kapitel 8: Unaufschiebbarer Aufbruch ------------------------------------ Halli Hallo ^^ Das Kapitel ist zwar wieder etwas kürzer, aber das nächste dafür länger^^ Hoffe ihr mögt es, lg Vanessa ------------------------------------------------------------------ Edward verschwand kaum, dass ich aufgegessen hatte. Die Sonne war bereits aufgegangen. Ich ließ das Schlafzimmer wie es war und ging erst mal duschen. Mein Kopf brannte, doch das Wasser konnte mir auch keinen kühlen Kopf bereiten. Auch wenn ich es später bereuen werde, nahm ich eine Kopfschmerztablette und hoffte, dass die Nebenwirkungen nicht, kaum oder wenigstens erst nach der Uni einsetzten. Ich traf mich mit Leni im Foyer. Wir hielten heute zusammen ein Referat, das wir schon vor Wochen ausgearbeitet hatten und bei mir, wenn ich ehrlich war, in Vergessenheit geraten war. Ich war sichtlich nervös, denn ich hatte es – zugegeben – nicht mehr sehr oft geübt. „Bella, du hast bei den Direktoren und Sponsoren eine Glanzleistung hingelegt. Wieso sollte das jetzt anders sein?“, fand Leni, „Wir müssen uns Mühe geben, immerhin zählt die zu fünfzig Prozent zur Note dazu.“ Ich nickte die ganze Zeit. Meine Gedanken waren überall, völlig durcheinander. Doch meinen Augen entging nichts. Ich blieb sofort wie versteinert stehen und hielt den Atem an. Das Blut pulsierte in meinen Adern. Leni lief zu mir zurück. „Was ist denn?“ Ihr Ton klang genervt und mürrisch. Ich zog sie rasch in den Gang um die Ecke. „Leni- ich kann nicht- ich-“, murmelte ich atemlos. Leni sah mich mit zusammengekniffenen Augen und einem irritiertem Gesicht an. Doch ich sah ihr an, dass sie wusste was ich meinte. „Bella- was? Was kannst du nicht? Was ist denn los?“, murrte Leni dennoch ungnädig. „Leni, es tut mir leid“, sagte ich nun ein kleines bisschen gefasster, aber meine Stimme zitterte. Ich sah ihr entschuldigend in die Augen und rannte den Gang entlang zurück. Die Tränen kullerten bereits. Ich ignorierte Lenis Rufe. Warum jetzt? Warum gerade jetzt? Ich konnte es immer noch nicht glauben, doch ich musste meinen Augen trauen. Zu Fuße des Verwaltungstraktes hatte David seitlich zu mir gestanden. In Anzug und mit einem erwartungsvollen Lächeln gegenüber dem Direktoren. Was machte er hier? Würde er hier eine Stelle annehmen? Undenkbar, dass ich blieb. Egal, weshalb er hier war. Ich musste weg, wegziehen, sofort. In seinen Augen war ich vierunddreißig. Ich ging mit Schminke und den richtigen Kleidungsstücken mit Glück noch für vierundzwanzig oder fünfundzwanzig, aber niemals für vierunddreißig. Er durfte mich nicht sehen. Ich rannte bis zum Auto, schloss hastig auf, raste ein paar Straßen weiter, sodass mir keiner folgen konnte und hielt wieder an. Ich wählte Edwards Nummer. „Edward, ich muss sofort hier weg!“, rief ich, kaum, dass er abgenommen hatte, „David ist hier, er darf mich nicht sehen, er würde-“ „Bella!“, sagte er laut, sodass ich kurzzeitig verstummte, „ich komme vorbei-“ „Wenn er mich sieht! Er weiß, dass ich nicht vierunddreißig sein kann!“, warf ich ein. Mein Atem ging so schnell, dass ich darüber hinweg kaum sprechen konnte und es trotzdem tat. „Beruhig dich und komm zu deiner Wohnung, ich erwarte dich dort“, sagte er in leisem entspanntem Ton. Ich nickte während ich sprach: „Okay, bitte beeil dich.“ „Immer“, sagte er und das meinte er auch so. Wie ein aufgescheuchtes Huhn lief ich in meiner Wohnung von links nach rechts, während ich wahllos Sachen zusammen suchte und versuchte zu packen. Warum jetzt? Warum musste er hierher kommen? Ich schmiss meine Sachen von einer Ecke in die andere und versuchte mich zu konzentrieren, um meine Sachen systematisch zu ordnen, doch es gelang mir nicht ansatzweise. Ich spürte bei meinem schnellen Atem kaum Sättigung, denn meine Brust brannte unerlässlich. Dass sich mein Magen unangenehm zusammenzog, kam noch hinzu. Als ich Edwards Schlüssel im Schloss hörte, ließ ich alles stehen und liegen und rannte zu Tür. Direkt in Edwards Armen. „Du bist ja ganz aufgelöst“, sagte er und strich mir die zerzausten Haare aus dem Gesicht. „David ist hier! An der Uni! Ich muss weg! Wenn er mich hier sieht! Nicht auszudenken!“ Edward lächelte milde. „Das ist doch kein Problem. Wir packen kurz-“, er brach ab, als der die völlig verwüstete Wohnung sah (wie hatte ich in so kurzer Zeit so viel Unordnung anrichten könne?, schoss es auch mir durch den Kopf), „wir packen in Ruhe und suchen dann was neues aus. Wo sollen wir denn hinziehen?“ Ich biss mir auf die Lippen. „Es tut mir leid, dass ihr schon wieder weg müsst…“ „Spätestens nächstes oder übernächstes Jahr hätten wir sowieso wieder weiter gemusst. Vielleicht ist es gar nicht schlecht jetzt umzuziehen, wenn Nela sich nächstes Jahr verwandeln sollte“, wog er ab. „Wieder in wärmere Gegenden?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass wir diese Ausrede jetzt noch brauchen. Nela bleibt auch so im Haus, weil sie weiß, dass sie sich unter Menschen bzw. menschlichem Geruch verwandeln könnte. Und dann kann ich dich öfter sehen“, flüsterte er und küsste meine Aufregung sanft fort. Mit Vampiren umzuziehen war einfach. Ich musste nur drei Worte sagen und schon war es innerhalb von Minuten zusammengeräumt. Meine Wohnung war ja nur ein Bruchteil des Hauses und somit nur ein kleiner Teil dessen was alles mit musste. Wir gingen mehrere Städte und Immobilien durch. Die Suche war nicht so einfach. Wir brauchten eine etwas größere Stadt für mich mit einer Uni die in der Umgebung irgendwo ein großes Waldstück und besser noch Nationalparks hatte. Dort brauchten wir ein Haus für die Cullens. Und die Stadt sollte diesmal in kühleren Gefilden liegen. Auf Anhieb erschienen uns viele Städte Kanadas als geeignet und entscheiden uns letztendlich für Edmonton, wo wir auch direkt eine Wohnung für mich fanden, die mit dem Auto nicht allzu weit von der „University of Alberta“ entfernt war. An Edmonton grenzten zwei Nationalparks, Banff National Park und Jasper National Park (Alice bekam sich vor Lachen gar nicht mehr ein) und weitere Waldstücke. Das Haus der Cullens lag am Brûlé Lake an einer verlassenen Straße. Es war zwar noch restaurierungs- und renovierungsbedürftig, aber das war für Esme, sie freute sich riesig darauf, kein Problem. Allerdings würde das schon mehr als ein paar Stunden in Anspruch nehmen, auch wenn sich Esme beeilte. Edward meinte zwar, dass ich auch schon nach Edmonton umziehen könne, doch ich sagte, Esme versicherte, dass es sich nur um eine Woche handele, dass ich solange eben nur in der Wohnung bleiben und auf sie warten würde. Doch das erwies sich als nicht so einfach. „Bella! Bella mach auf! Ich weiß, dass du da bist!“, schrie Leni und donnerte mit den Fäusten gegen die Tür, „Du bist mir eine Erklärung schuldig! Weißt du wie dumm ich bei der Teilprüfung ausgesehen habe?! Und es ist deine Schuld! Rede mit mir! Mach auf!“ Ich atmete tief ein und aus. Das ging nun schon seid mehreren Minuten so und es schien nicht besser zu werden. Edward legte einen Arm um mich. Ich sah ihn mit verzerrtem Gesicht an. „Erklär’ es ihr, sag ihr… irgendetwas“, meinte er zu mir. Ich lehnte mich mit dem Rücken an seinen Körper und seufzte. Er führte meinen Kopf am Kinn zu seinem Gesicht und sah mir tief in die Augen. Dann gab er mir einen Kuss. „Es war die richtige Entscheidung und unerlässlich. Du hattest keine Wahl“, flüsterte er mir zu. Ich nickte wenig überzeugt. „Bitte bleib“, sagte ich leise und schritt zur Tür. Mit zitternden Händen öffnetete ich. Sogleich stürmte Leni rein und stellte sich mit in die Hüfte gestemmte Hände vor mich. Sie wartete und funkelte mich an. „Leni es tut mir leid“, sagte ich nur. Edward kam zu mir und nahm meine Hand. Ich sah wie Lenis Blick kurz zu ihm huschte und eine Nuance wärmer wurde, doch sich dann wieder verfinsterte, als sie mich ansah. „Ich bin durch die Prüfung geflogen, weil es dem Dozenten egal war, wo du warst und ich ja auch keine gute Ausrede hatte“, zischte sie scharf, „Ich konnte deinen Teil ja nicht, aber vielen Dank Bella, jetzt darf ich die Prüfung an der neuen Uni wiederholen. Vielen Dank.“ Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen was auch immer das sein würde, doch Edward trat neben mir einen Schritt nach vorne. „Entschuldige Leni, es ist meine Schuld. Ich hatte mit Bella einen Termin beim Makler ausgemacht, der genau zu der Zeit war. Wir werden wegziehen, weil ich eine Stelle in Chicago bekommen habe.“ Ich kniff Edward leicht in die Seite bzw. versuchte vergeblich einen Stein einzudrücken. Lenis Reaktion war absehbar. Ihr Gesicht sprach Bände, dafür brauchte ich Edwards Gabe nicht. Sobald Edward neben mir nach vorne getreten war, waren ihre Gesichtszüge weicher geworden. Sie neigte sich kaum sichtbar ein Zentimeter vor, zweifellos um ihn besser riechen zu können. Ich sah wie sie den Mund leicht öffnete und die leicht gesenkten Lider hingen an Edwards Lippen – im wahrsten Sinne des Wortes. Ich kannte Edwards Wirkung nur zu gut, wenn er wollte, konnte er sie sogar noch bewusster einsetzen, als manch einem lieb war. Ich würde mich zwar nicht als immun bezeichnen, das würde ich wahrscheinlich nie werden, aber ich war in manchen Situationen gefestigter und mehr daran gewöhnt. „Ja, jaah“, brachte sie hervor und setzte immer wieder an, weiter zu reden, doch sie starrte nur Edward an, der ihr ziemlich nah war. Ich zog ihn am Hemd leicht zurück. Er gehorchte meiner ansonsten kraftlosen Bemühung. Lenis Augen hefteten noch kurz an Edward, dann sah sie mich an, genau genommen funkelte sie mich an. „DU GEHST?!“, platzte es aus ihr heraus, „Und was ist mit der Stiftung?! Du kannst nicht gehen Bella!“ „Es ist längst entschieden, es tut mir leid“, sagte ich wieder. Lenis Blick huschte an mir vorbei und erkannte jetzt erst die zur guten Hälfte leer geräumte Wohnung. „Das glaube ich nicht“, nuschelte sie kopfschüttelnd. „Leni-“, ich machte einen Schritt auf sie zu, doch sie wich zurück und unterbrach mich: „Lass mich, wenn du gehen willst, dann geh doch, wenn dich hier nichts wichtiges hält. Wenn du gehst und ich in ein paar Wochen auch, dann wird die Stiftung mit Sicherheit aufgelöst. Wenn dir das alles nicht wichtig ist, hab ich dir nichts mehr zu sagen. Tschüß.“ Sie schlug die Tür unsanft hinter sich zu. Ich lehnte mich seufzend an Edwards Schulter. „Das war unfair, du wusstest genau wie sie reagiert“, murmelte ich, doch Edward ging gar nicht darauf ein. „Leni ist einfach nur fürchterlich sauer und frustriert. Erst die Prüfung und dann gehst du ganz und lässt ihrer Ansicht nach die Stiftung im Stich. Das, was sie hart aufgebaut hat. Ich glaube nicht, dass sie noch mal kommen wird. Und in einer Woche bist du weg.“ Ich seufzte wieder und räumte weiter mit Edward meine Sachen zusammen. Doch wiederum war es nicht so einfach, da ich für die Exmatrikulation noch mal in die Uni musste. Hinzu kam, dass der Direktor mich persönlich sehe wollte und mir war natürlich klar, dass es um die Stiftung ging. Ich plante alles mit Alice und Edward durch, damit ich David nicht sah, doch der sonnige Tag machte uns einen Strich durch die Rechnung. Alice und Edward konnten nicht mitkommen, weshalb sie in Carlisles Wagen, den sich Edward aus Denali geholt hatte, warteten. Ich hielt die ganze Zeit das Handy am Ohr, während ich durch langsam durch die Gänge taperte und mich immer wieder umsah. Edward las die Gedanken der Menschen um mich und suchte nach Davids oder denen anderer, die ihn sehen könnten (ich hatte Edward ihn beschrieben und ihm alles gesagt, was ich über David wusste). Alice konzentrierte sich auf meine Visionen. Ich fühlte mich wie eine Spionin auf geheimer Mission, Schwerverbrecherin, wie ich so durch die Gänge schlich. Es war fast schon belustigend. „Ich bin jetzt am Sekretariat“, murmelte ich ins Telefon, griff nach der Türklinke und wollte mein Handy gerade zuklappen, als Alice mir etwas durchs Handy zischte: „HALT! Er ist da drin! Du begegnest ihm, wenn du jetzt reingehst! Er arbeitete in der Rechtsabteilung der Verwaltung!“, ergänzte sie erklärend. Meine Hand gefror an der Türklinke. „Was soll ich denn jetzt machen?“, fragte ich verzweifelt. „Geh erst mal zum Direktor“, hörte ich Edwards Stimme. Hastig entfernte ich mich aus dem Verwaltungsgebäude und ging ins danebenliegende Dozentengebäude und schließlich in den Direktorentrakt. Mit zitternden Händen klopfte ich an. „Herein?“, ertönte die Stimme des Direktors im Inneren, „ah, Misses Cullen, schön sie zu sehen, bitte setzen sie sich doch“, sagte er fröhlich, als ich eintrat. Ich grüßte ihn höflich und tat wie mir geheißen. „Ich habe gehört, dass sie uns verlassen wollen?“, er legte die Fingerkuppen an einander und zog die Augenbrauen hoch, „Unsere Institution und die Stiftung?“ „Ja das ist richtig.“ Meine Stimme war dünn. Er sah mich lange an. Er wusste, dass er kein Recht hatte, mich nach Gründen zu fragen und auch, dass er mich nicht aufhalten konnte. „Ich bedauere ihr Fortgehen sehr“, begann er langsam und beobachtete mich immer noch eindringlich, „es ist sehr schade, wirklich sehr schade, aber die Stiftung wird vorerst auf Eis gelegt, da wir keine Nachfolgeleitung finden konnten.“ Ich legte ein Stück Papier, es war Edwards Idee gewesen, auf den Schreibtisch zwischen uns und schob es dem Direktor zu. Er musterte es irritiert. „Ein Scheck?“, fragte er verwirrt. „Ich habe mich um einen anonymen Spender bemüht. Ich denke, dass damit die Probleme gelöst sein sollten und sich eine notfalls bezahlte Leitung finden wird.“ Der Direktor beugte sich mit immer noch zusammengezogenen Augenbrauen nach vorne. „Eine Million Dollar?!“ Ich stand auf und hielt ihm meine Hand entgegen, doch der Direktor blieb sitzen. Sein Blick wechselte zwischen dem Scheck und mir. „Sie- Das- vielen Dank“, sagte er schließlich. Jetzt stand er endlich auch auf und schüttelte mir, immer noch mit einem Hauch Verwirrung, die Hand. „Eine Bitte hatte der Spender noch“, sagte ich, während wir voreinander standen. Der Direktor sah mich nickend an und erwartungsvoll an. „Der Spender hat darum gebeten, dass das Geld weiterhin für die Bildung im Kinderbereich ausgegeben wird. Wäre das machbar?“ „Ja, selbstverständlich. Ich gebe es weiter“, nickte der Direktor hastig. Ich spürte das Handy in meiner Hosentasche leise vibrieren, ich schob mit dem Finger unauffällig die Kappe vor und entfernte den Akku. Mir fiel noch etwas ein. „Ich habe noch eine Bitte“, nun sah der Direktor mich mit leicht zusammengekniffenen Augen an, „wäre es möglich, dass ich die Exmatrikulation postwendend durchführe?“ Er musterte mich kritisch und wog ab, so sah es zumindest aus, ob ich es wert war, dass eine Ausnahme gemacht wurde. Der kurze Blick auf den Scheck entging mir nicht. „In Ordnung. Ich werde es weiter geben und sie werden dann Post von uns erhalten.“ „Ich lasse Ihnen die Adresse zukommen“, sagte ich, schüttelte ihm endgültig noch mal die Hand und verließ das Büro. Natürlich würde ich ihm nicht meine neue richtige Adresse schicken, sondern irgendein anonymes Postfach, ging ich meinen Plan durch, während ich, kaum, dass ich das Büro verlassen hatte, den Akku wieder einlegte und sofort Alice am anderen Ende hatte. „Wenn du direkt den Westeingang herausgehst, läufst du ihm nicht über den Weg. Geh dann über die Straße und an dem Bäcker vorbei, dort findest du uns“, sagte sie ruhig und ging gar nicht auf mein Gespräch mit dem Direktor ein. Wie Alice gesagt hatte, fand ich sie einen kurzen Fußweg von der Uni entfernt. Ich stieg hinten ein. Edward, er saß auf dem Beifahrer, wandte sich grinsend, fast lachend, zu mir um. Alice fuhr bereits. „Nicht schlecht meine Liebe, gute Idee“, lobte Edward und ich beugte mich vor, um mir einen Kuss abzuholen. „Ja sie wird immer mehr eine Cullen“, Alice grinste in den Rückspiegel und musterte mich dann ausgiebig, „sogar was ihren Kleidungsstil angeht.“ Ich schnitt eine Grimasse zu Alice. Alice und Edward lachten. „Es war nicht schwer die Gedanken des Direktors zu finden, weil er ununterbrochen von dir schwärmt hat, obwohl er auch misstrauisch war, was dein Vorhaben anging.“ „Hast du noch was von David gehört?“, fragte ich nach. „Ja, aber er hat nicht an dich gedacht. Er hat keine Ahnung. Alice wird nach deiner Exmatrikulation deinen Namen in der Verwaltung ändern lassen, damit David auch wirklich nichts mitkriegt.“ Ich nickte erleichtert. Edward fuhr mit mir ein paar Tage später zum letzten Mal für eine sehr lange Zeit aus Albuquerque heraus und nach nicht allzu langer Zeit – wie gesagt, Edward fuhr – nach Edmonton rein. Das was Alice mir als Wohnung verkauft hatte, und Edward dann gekauft hatte, erwies sich als eine schmale Doppelhaushälfte mit erstem und zweitem Stockwerk neben Erdgeschoss mit Terrasse und kleinem Garten und großem Keller. Die Doppelhaushälfte lag an einer wenig befahrenen Straße in einer Wohnsiedlung am Standrand. Gegenüber dieser begann das Waldstück. „Dein neues zu Hause“, murmelte Edward mir ins Ohr, als wir davor standen. Hinter uns hatte Edward einen gemieteten Transporter geparkt. „Gefällt es dir nicht?“, fragte er, da er meinen skeptischen Blick auffing. „Sehr… geräumig“, sagte ich langsam. Riesig, hieß das übersetzt. Edward grinste und zog mich ins Haus. „Wohnt neben mir keiner?“, fragte ich, als Edward mit einem Fuß schon in der Tür war und ich mich zur Seite neigte. Kein Namensschild, keine Gardinen, keine Blumen im kleinen Vorgarten. „Nein…“, ich mochte den merkwürdig vorsichtigen Unterton nicht, „die ziehen später ein.“ Ich stand immer noch draußen. „Jetzt komm schon, ich zeige dir alles, du wirst begeistert sein.“ Ich ging nach ihm herein und trat sofort in einen kleinen Flur von dem eine Tür und ein Türbogen abgingen. Der Türbogen führte an der Küche vorbei, zu der die Tür führte, in ein großes Wohnzimmer mit Essbereich. Kurz hinter dem Boden führte eine Wendeltreppe nach oben. „Alice hat dir Küche, Bad und Terrasse schon eingerichtet. Naja und das Ankleidezimmer“, erklärte Edward grinsend, „den Rest wolltest du ja selbst machen.“ Ich nickte und schritt durch das leere Wohnzimmer zu der großen Fensterfront, durch die ich eine Terrasse mit rötlichen Steinen und einen kleines blühenden Garten sah. Von dort aus sah ich die nächste Doppelhaushälftenreihe. „Total schön“, murmelte ich immer noch Edwards Hand haltend. „Komm wir gehen schnell hoch“, sagte er und zog mich von den Fenstern weg. Ich merkte, dass er irgendetwas im Schilde führte, sagte aber nichts, sondern lachte nur leise in mich hinein. Im ersten Stockwerk waren drei Zimmer und ein wundervolles großes Bad. Das erste Zimmer war mein – unser – quadratisches, noch komplett leeres Schlafzimmer. Das Zweite war ein Ankleidezimmer à la Alice: Spiegelwand, Kleiderschränke und Kleidungsstangen über und über. Um das dritte Zimmer machte er ein Geheimnis. Er stellte sich in die Tür und nahm meine beiden Hände. Er machte es wirklich spannend. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte und den Ring an meinem Finger spüren würde, dann hätte ich gedacht, dass er mir einen Heiratsantrag machen wollte. „Oben ist noch ein Arbeitszimmer“, sagte er rasch, denn er wollte auf etwas anderes hinaus, „Ich hoffe du bist mir nicht böse, weil ich dieses Zimmer schon eingerichtet habe“, ich sah erwartungsvoll in sein weiches Gesicht, „also wenn du es nicht willst, dann kann ich-“ „Jetzt zeigt mir endlich was da drin ist“, sagte ich ungeduldig, aber kichernd und trommelte mit den Fäusten sanft gegen seine granitharte Brust. „Wie du willst.“ Die Unsicherheit, die ich so an ihm mochte, tauschte mit einem breiten Lächeln, als er die Tür öffnete. Mir blieb der Mund offen stehen. Ein prächtiger weißer Flügel stand auf einem kleinen Podest mitten in dem Raum und schimmerte seiden im einfallenden Licht. Ich erkannte nicht den Hauch von Alice Stil. Im Gegenteil. Ich sah an der Decke die Lampions von unserer Hochzeit hängen und auf dem Boden standen weiße runde und ovale Vasen mit weißen Blumen. Das einzige Möbelstück war ein weißes mit goldverziertes Sofa, dass direkt aus einem Königshaus importiert hätte sein können. Während ich mir mit großen Augen alles ansah, bemerkte ich gar nicht, dass ich nicht mehr Edwards Hand hielt. Das tat ich erst als das Klavier mit einer unglaublich guten Akustik erklang und seine Finger bereits über die Tasten flogen. Ich stellte mich hinter ihn, legte die Hände auf seine Schultern und beobachtete seine Hände, die sanft aber unglaublich schnell die Tasten streichelten, und lauschte dem wohligen Klang. Nach einer Weile wurden meine Lider schwer, sodass ich mich auf das Sofa lümmelte und auch, ohne es beabsichtigt zu haben, prompt einschlief. Als ich von meinem unfreiwilligen Mittagsschlaf aufwachte, spielte Edward immer noch am Klavier, endete aber, sobald er sah, dass ich wach war. Ich verstand gar nicht warum ich so müde gewesen, denn so sehr hatte mich die Fahrt gar nicht geschlaucht. Doch wenn ich ehrlich zu mir war, wusste ich, warum ich in letzter Zeit oft müder gewesen was als sonst. Die Schmerzen, die ich hatte und nicht mehr mit Schmerzmitteln betäubte, zerrten an meinen Verdrängungskünsten. „Entschuldige, das sollte jetzt keine Kritik sein, im Gegenteil, du hast großartig gespielt, wie immer“, murmelte ich lächelnd und reckte mich. Es war noch immer hell draußen, doch der Himmel war leicht rötlich gefärbt. „Das du eingeschlafen bist, ist das größte Kompliment“, sagte er jedoch zu meiner Überraschung und setzte sich neben mich auf das Sofa. Ich sah ihn fragend an. „Ich habe ein neues Schlaflied für dich geschrieben und alle Elemente, die in den Schlaf wiegen, eingebaut, ohne, dass es einfältig klingt“, erklärte er und es folgte ein kurzer fachmännischer Vortrag, bei dem ich ihm voll und ganz, aber unwissend, an den Lippen klebte. „Daran könnte ich mich glatt gewöhnen… mit deiner Musik einzuschlafen“, sagte ich danach und kuschelte mich an ihn. „Ich wollte dich auch noch was fragen bzw. dir einen Vorschlag machen“, sagte er dann wieder geheimnistuerisch. Ich wartete mit erwartungsvollem Blick. Meine Hände lagen in seinen und unsere Finger umspielten einander. „Möchtest du nicht noch eine Weile bei uns wohnen? Esme hat heute mit Nela gesprochen und sie würde gerne noch einen Monat bleiben und vor Weihnachten dann erst wieder kommen“, ich bemerkte, wie er versuchte mein Gesicht zu deuten und hielt es bewusst neutral, damit er weitersprach, „ich kann dich jeden Tag zu Uni bringen und abholen und wir können in Ruhe dein Haus einrichten... was sagst du?“ Ich küsste ihn stürmisch bei dem Gedanken eine Weile fast „normal“ bei meiner Familie zu leben. „Was hast du erwartet?“, flüsterte ich und überfiel ihn küssend. ------------------------------------------------------------------------ Freue mich über Kommis =) lg V Kapitel 9: Ein Gefallen für Alice --------------------------------- Und das Nächste, viel Spaß^^ Kuss Vanessa ---------------------------------------------------------------------------- Ich nagte mit einem breiten Grinsen an meiner Unterlippe, als ich das cullengleiche wunderschöne Haus sah. Ich strahlte Edward an. „Ich freu’ mich so“, flüsterte ich überglücklich. „Was glaubst wie sie sich freuen“, entgegnete Edward lächelnd. „Ist Emmett auch da?“, fragte ich, obwohl ich die Antwort schon kannte. „Nein, wir erwarten sie Weihnachten wieder.“ Edward parkte und ich stieg aus. Das Haus lag auf einem kleinen Hügel unweit des Flusses. Es sah so aus wie die Häuser der Cullens immer aussahen, doch ich erkannte, dass es vorher ganz anders ausgesehen haben musste und Esme ganze Arbeit geleistete hatte. Die Fensterfronten sahen aus wie hineingestampft, nicht im negativen Sinne, und es war mehrmals weiß überstrichen worden. Ich erkannte durch die deckenhohen Fenster schon meine Familie. Ich achtete gar nicht auf Edward oder auf die Stufen, die zur Eingangstür führten (was mir zum Verhängnis wurde, aber ich konnte mich noch abfangen), sondern rannte ins Haus, um meine Familie in die Arme zu schließen. Instinktiv nahm ich in dem Flur, indem ich ankam, die erste rechte Tür und stand sogleich im Wohnzimmer. Ich hastete auf sie zu und umarmte alle gleichzeitig. „Oh ich freu mich so dich wieder bei uns zu haben“, sagte Esme und küsste meine Wangen. „Edward hatte mal eine gute Idee“, neckte Alice meinen gerade zur Tür hereinkommenden Ehemann. Er verzog grinsend das Gesicht. „Esme du hast dich selbst übertroffen“, sagte ich anerkennend, als ich mich kurz von den anderen abwandte und mich umsah. Das Wohnzimmer hatte sehr hohe Decken und war etwa so groß wie die der der vorherigen Häuser, genau gleich eingerichtet wie immer: Sofaganituren zuerst, dann ein langer ovaler Esstisch der an die Küche grenzte und ein paar Bücherregale und weitere Sitzgelegenheiten. In einer Ecke stand auf einem kleinen Podium Edward schwarzer Flügel. Das Wohnzimmer nahm das komplette Erdgeschoss ein, wie ich feststellte, als Edward mir die Räume oben zeigte. Es gab zwei Stockwerke. Im ersten waren viele kleine Räume gewesen, hatte Edward mir erzählt, dessen Wände sie hier und da eingerissen hatte, damit die Schlafzimmer groß genug für ein Doppelbett waren (oder Alice riesige Kleiderschränke, setzte Edward Augen verdrehend, aber lachend hinzu). „Alice hat sich diesmal etwas anderes für unser Schlafzimmer überlegt, hat sie zumindest gesagt“, sagte er, als wir vor der Tür zu unserem Schlafzimmer standen, „Ich war mit Esme mit den Renovierungen beschäftigt und sie hat komplett die Einrichtung übernommen, außer die des Wohnzimmers. Sie hat tunlichst vermieden daran zu denken, aber ein paar Bilder konnte ich erhaschen.“ Ich nickte ungeduldig und er führte mich endlich in den Raum. Das war wirklich mal etwas anders. Bis auf unser rundes Bett war nichts so wie ich es kannte. Das Zimmer war in gold und in verschiedensten aber perfekt aufeinander abgestimmten Gelbtönen gehalten. Hier und da auch wenig Ocker. Es erstrahlte in einer Wärme, die ich sonst nur in den satt goldenen Augen der Cullen – vermutlich ihre Inspiration – erkannte. Das runde Bett stand mittig an der Wand. Rechts und links davon verschnörkelte Nachttische. Gegenüber von dem Bett standen deckenhohe Regale und flache Schränke in demselben Stil (er erinnerte mich stark an das Sofa, das bei mir zu Hause stand). Auch das runde Bett hatte sich verändert. Es war mit goldenem Samt überzogen und schimmernde Seide hing davon herab. Doch das Schönste waren die kleinen gläsernen Lichter, die wie vampirne Haut in der Sonne funkelten und regenbogenartiges Licht auf die goldenen Wände warfen. Ich starrte mit offenem Mund und aufgerissenen Augen die Einrichtung an. „Woah“, formten meine Lippen. „Alice hat nicht übertrieben, als sie meinte, sie hätte das umgesetzt, was du am schönsten an uns findest“, nickte Edward anerkennend. Die Augen und die Haut. So sah das Zimmer aus, dachte ich ebenfalls lobend. Ich blickte aus dem Fenster. Unten erkannte ich einen, noch etwas unfertigen, aber trotzdem schon brillant schönen, Garten, der über eine kurze Veranda über das Wohnzimmer zu erreichen war. „Hm“, machte ich nachdenklich. Edward sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ich frage mich wie ich mich bei ihr bedanken kann…“ Edward gluckste unsicher. Ich sah zu ihm auf. „Genau genommen hat sie sich das selbst auch schon überlegt und auch etwas gefunden was du für sie tun kannst“, sagte er langsam. „Was ich für sie tun kann?“ Ich fand das merkwürdig. Was konnte ich tun, was sie nicht selbst tun konnte? Er sagte nichts, sondern nahm meine Hand und ging aus dem Zimmer. „Oben ist Nelas Reich“, sagte er und deutete auf die Treppe, die in den zweiten Stock führte, „Möchtest du es sehen?“ Die Vorsicht brannte mir ins Herz, denn ich merkte wie mein Magen sich umdrehte. Egal wie lange ich meine Tochter fernblieb, den Schmerz gab es immer und es würde sch nie ändern. Nur die Präsenz des Schmerzes hatte sich verändert, ich musste nun nicht andauernd daran denken. Ich nickte und folgte Edward hoch. Wieder war ich überrascht. Es war absolut nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte. Es war durch die großen Fenster und die weißen Wände hell, aber dominierend war neben dem weiß der Möbel das dunkelblau von allem anderen. „Blau?“ In Santa Fe war ihr Zimmer immer noch in der Farbe gewesen, die ich damals für das Kinderzimmer ausgesucht hatte: Weinrot. Edward zuckte mit den Schultern. „Alice war außer sich, als Nela am Telefon meinte sie möchte ein blaues Zimmer. Die beiden konnten sich auf weiß mit blau einigen.“ Der lockere Unterton trügt, schoss es mir durch den Kopf. Denn ich erkannte das Blau. Es war das Blau meines Hochzeitskleides, das Blau, was Edward immer an mir geliebt hat und auch heute noch liebt. „Du verheimlichst mir etwas“, sprach ich es direkt an. Er überlegte kurz, seine Miene war undeutbar und ging dann zu Nelas Kleiderschrank. Er nahm einen Bügel heraus. Meine Bluse aus Forks hing daran. „Was-“ „Nela muss sie hier im Haus gefunden haben. Sie muss sie bei ihren Streifzügen nach Büchern aus dem Keller gesucht haben. Ich habe keine Ahnung wo sie sie gefunden hat, warum sie noch hier ist und vor allem woher sie wusste, dass es deine ist.“ Ich nahm die Bluse in die Hand. „Ich glaube nicht, dass es schwer für sie war, zu erkennen, dass die eigentlich nicht hier her gehört. Keiner von euch würde so etwas tragen“, dann hielt ich ihm das Etikett entgegen, „und ich habe in all meinen Sachen meine Initialen, weil meine Mutter und ich die früher sonst immer verwechselten.“ Er sah sich das Etikett mit „B.S.“ an. Er nickte zustimmend. Ich seufzte und trat an die Brüstung des bis zum Boden reichenden Fensters. „Ich hoffe wir schaffen es noch bis nächstes Jahr sie hinzuhalten.“ Bevor Edward etwas sagen konnte, fiel mir der Raum ein, der direkt neben der Eingangstür weiter ging und nach hinten verlief. Dort standen Unmengen Bücherregale und drei Schreibtische mit Laborgeräten. Ich seufzte leise. „Keine Sorge. Es kann nichts passieren. Sie kann nichts herausfinden“, beschwichtigte er leise. „Ich weiß, ich glaube dir auch, aber ich hab trotzdem Angst.“ Ich lehnte mich an ihn. „Ja… sie ist genauso unberechenbar wie du.“ Ein Lächeln lag in seiner Stimme. Ich nickte an seiner Schulter. „So“, ich nahm seine Hand und war schon auf Treppe, „jetzt muss ich wissen, was sich Alice für mich ausgedacht hat. Weißt du es schon?“, fragte ich den Kopf nach hinten gewand, während wir die nächsten Treppen hinunter gingen. Prompt verfehlte ich eine Treppenstufe. Das fing ja gut an mit uns, murmelte ich gedanklich zu den Treppen. „Schau nach vorn“, mahnte Edward, nachdem er mich wieder hingestellt hatte. „Ja, ich weiß was sie will. Sie denkt an nichts anderes, da ist es nicht schwer zu erraten.“ „Oh“, machte ich bloß. Das war nicht gut. Wenn sie so oft daran denkt, war es mit Sicherheit etwas sehr alicespezifisches. Wir gingen ins Wohnzimmer, wo wir nur Alice und Jasper vorfanden, denn Edward hatte mir gesagt, dass Esme und Carlisle jagen gegangen waren. Jasper saß vor dem Laptop am Esstisch und Alice stand dahinter. Ich lief auf Alice zu und umarmte sie stürmisch. „Danke, danke, danke, liebe Alice, das Zimmer ist der Wahnsinn“, lobte ich sie überschwänglich. „Ich weiß“, sagte sie mit einem eingebildet frechen Lächeln. Ich sah sie erwartungsvoll an. Sie wusste, was ich wissen wollte. „Ich habe mir etwas Nettes überlegt-“ „Nett für wen?“, unterbrach ich sie. Jasper, der hinter ihr, nun verkehrt herum, auf dem Stuhl saß, antwortete: „Nett für Alice. Es ist sehr bellauntypisch.“ Er lachte, Edward stimmte mit ein. Ich zog die Augenbrauen hoch. „Quatsch“, sie warf Jasper einen bösen Blick zu und wand sich dann wieder zu mir, „es wird für uns beide großartig!“, sie strahlte, „zu dem Zimmer gehört nämlich auch noch ein unglaubliches Kleid, von einem noch unglaublicheren Designer-“ „Alice komm zum Punkt“, unterbrach ich sie wieder und sah sie flehend an. „Wir beiden“, sie nahm meine Hände in ihren beiden zierlichen, „gehen heute Abend auf die private Kollektionsvorstellung von Perrine Bruyere! Und das in zwei Geschenken seiner neuen Herbstkollektion ‚Golden Sparkle Touch’!“ Alice war völlig aus dem Häuschen. „Wir gehen bitte wo hin?!“, fragte ich entsetzt, weniger aus Verständnisgründen. „Jasper will nicht“, sie deutete mit dem Daumen hinter sich (in diesem Moment machte Jasper eine Geste, als müsse er sich übergeben), „Edward und Carlisle brauch ich gar nicht erst zu fragen, Rosalie ist nicht da und Esme interessiert sich dafür nicht“, zählte sie auf. Ich sah sie mit offenem Mund an. „Ich interessiere mich dafür auch nicht!“, warf ich ein. „Aber du schuldest mir was!“, erinnerte sie mich schmollend, „War gar nicht so einfach alles auf deine absurde Vorliebe für unsere Augen und Haut abzustimmen. Jasper musste Modell stehen, das hat mit einige Überredung gekostet“, argumentierte Alice weiter. Ich sah Jasper und Alice nacheinander fragend an. „Ich kann mir schließlich nicht selber in die Augen gucken, oder? Und meine Haut kann ich auch nicht begutachten, wenn ich arbeite“, setzte sie erklärend hinzu. Als ich nichts sagte – ich war zu geschockt –, schwärmte sie: „Die Kleider sind umwerfend, wir werden wunderschön darin aussehen. Perrine wird begeistert sein!“ „Du musst wissen“, flüsterte mir Edward von hinten ins Ohr, „Alice und Perrine Bruyere sind so“, er verschränkt Zeige- und Mittelfinger miteinander. Ich sah gerade noch wie Jasper die Augen verdrehte und seufzte selbst. „Und was soll ich da? Was mach ich da?“ „Was wir da machen“, Alice war nicht bremsen, ihr Lächeln was so breit, dass es schien, als wäre es in marmornes Gesicht eingebrannt, „ist, gut aussehen, tolle Designer treffen-“ „Pass bei dem Sekt ein bisschen auf Bella auf“, unterbrach Edward ihren aufkommenden Redeschwall und lachte. Ich schluckte und blickte Edward flehend ins Gesicht. Er fixiert Alice kurz und schüttelte dann den Kopf. „Keine Chance Bella.“ Ich seufzte wieder. „Das wird großartig!“, Alice hüpfte auf und ab, „komm, komm, ich zeig’ dir das Kleid! Du wirst Augen machen“, sagte sie, aber letzteres nicht zu mir, sondern zu Edward, der grinste. Sie nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. Ich dackelte mit gequält verzerrtem Gesicht hinterher, wissend, dass ich wirklich nicht den Hauch einer Chance hatte. Wir kamen in Alice Ankleidezimmer an. Ehrfürchtig hob sie einen der beiden Bügel, die Kleider waren noch eingehüllt, sodass ich mein Grauen noch nicht sehen konnte, aus dem Schrank. „Das ist meines“, sagte sie und hielt es empor. Mir stockte der Atem, denn es war wirklich wunderschön. Es schimmerte perlweiß und war mit gold verziert – demselben Goldton aus Edward und meinem Schlafzimmer. Das Kleid war vorne tief ausgeschnitten und schloss im Nacken, sodass der Rücken komplett frei war. Es endete unterhalb der Kniekehlen. Alice zog es probeweise über und drehte sich einmal darin. An ihrem makellosen Körper floss es sanft ihre Konturen entlang. „Oh wir haben so ein Glück sie tragen zu dürfen“, schwärmte Alice wieder, „Perrine ist ein Schatz.“ Ich betrachtete sie mit wachsendem Unmut. War mein Kleid etwa auch- so?! Alice bemerkte meinen Blick und zog spannungsaufbauend langsam mein Kleid aus der Hülle. Ich schluckte und bezweifelte, dass ich oder irgendein anderer jemand so etwas tragen konnte. Das Kleid hatte nicht den weiß schimmernden Perlenglanz, sondern war komplett golden, weshalb es aber trotzdem mit Alice’ Kleid perfekt harmonierte, denn es war dasselbe Glänzen ihres Kleides. Das Kleid war trägerlos und um die Taille merkwürdig gerafft und an einer Seite verknotet. Es war ein wenig kürzer als Alice’ und nicht glatt, sondern fiel in sanften Falten, die das goldene Glänzen noch unterstrichen. „Alice-“, begann ich, doch Alice machte eine wegwerfende Handbewegung und hielt es mir bereits hin. „Probier mal an“, sagte sie unerbittlich. Mit gerunzelter Stirn nahm ich es und Alice half mir herein. Jubilierend stand sie vor mir. „Perfekt“, sie strahlte mich an, „wie für dich gemacht! So und jetzt raus aus den Kleidern, ich muss dich erst Schminken und deine Haare und-“, plapperte sie, während sie selbst schon längst wieder umgezogen war und hinaus lief. Mir bleibt auch nichts erspart, dachte ich und schälte mich aus dem Kleid. Aber es machte Alice glücklich und sie hatte es wirklich verdient. Das Schlafzimmer sah einmalig aus und war es mit Sicherheit auch. Alice legte Hand an mir an. Sie war mit Leib und Seele dabei. Ich versuchte derweil mir nicht auszumalen, was auf mich zu kam. „So, jetzt ins Kleid und dann die Haare“, murmelte Alice zwischendurch, ganz vertieft in ihre Arbeit. Sie selbst war schon fertig. Ihre Haare hatte sie geschmeidig nach außen gefönt und das Make-up machte ihr Gesicht nur noch vollkommener. Während Alice meine Locken noch lockiger machte, unterdrückte ich das Gefühl, wie eine Puppe auszusehen – oder zu sein, was noch viel schlimmer war. „É voilà.“ Sie stellte mich hin und drehte mich zum Spiegel. Sie hatte meine vielen lockigen Strähnen gekonnt hochgesteckt. Es sah wirklich brillant aus, wenn ich nicht darin stecken würde, dachte ich. Zufrieden begutachtete sie mich. „Edward wird sich gar nicht satt sehen können“, sie kicherte leise. Ich sah an mir herab. Na ja… „Hier ist noch der Mantel und eine Strumpfhose. Du wirst ein bisschen leiden müssen, wenn wir gleich hier abfahren bzw. morgen hier angekommen. Die Temperaturen hier bist du nicht gewohnt… ah, die Schuhe“, fiel ihr ein, „keine Sorge, ich achte darauf, dass dir nichts passiert.“ Sie stellte mir goldfarbene hohe Schuhe hin. „Das wird auch nötig sein“, brummte ich, als ich hinein stieg. Grausam, setzte ich in Gedanken hinzu. „Halb so wild“, Alice grinste immer noch breit, nahm meine Hand und führte mich herunter zu Jasper und Edward. Ihre gute Laune ließ sich nicht ansatzweise erschüttern. „Nicht schlecht oder?“, triumphierte Alice und schritt seitlich neben wir, als wären wir auf dem Catwalk. Ich fühlte mich merkwürdig plump und ungraziös. Während Alice bereits vor Jasper Pioretten drehte, ging ich eher unsicher auf Edward zu. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte er sanft, „Alice kann sehr vereinnahmend sein.“ Er lächelte und hob die Hand zu meinem Gesicht. Blitzschnell stand Alice neben mir und hielt Edwards Hand fest. „Nicht anfassen! Du ruinierst alles! Das könnt ihr morgen Abend machen!“ Ich spürte wie ich unter der dicken Schicht Make-up rot wurde. Die anderen kicherten verhalten. „So, ich gehe jetzt noch rasch jagen, schließlich muss ja alles passen, nicht wahr?“ Sie blinzelte zweimal auffällig und verschwand. „Da kann ich nicht mithalten“, murrte ich und sah im Fenster in mein Spiegelbild, dessen braune Augen mich ansahen. Edward strich mir über den Arm. „Vielleicht kleckert sie auf ihr Kleid und wir fahren gar nicht“, sagte ich mit erbärmlich flehendem Unterton. „Mach dir keine Hoffnungen. Sie wird so wieder kommen, wie wir sie gerade gesehen haben“, grinste Jasper und ich glaubte ihm jedes Wort. „Edward nein! Du bist grausam!“, zischte Alice, als Edward zum Abschied meine Lippen küsste und mich von ihm wegzog. Sie funkelte ihn böse an. Edward grinste mein liebstes schiefes Grinsen und strich sich den auffallenden Lippenstift von seinen Lippen. Dann stiegen wir in Alice Porsche und düsten zum nächst gelegenen Flughafen. „Wohin fahren wir eigentlich?“, wollte ich wissen. „Las Vegas. Wir fliegen mit einem von Perrines Privatjet, damit unsere Kleider nicht knittern“, erklärte Alice, während wir durch den Flughafen stiefelten und Alice die Aufmerksamkeit, diesmal nicht nur, weil sie ein Vampir war, sondern weil die Kleider einfach umwerfend waren, sichtlich genoss. Mir war sie eher unangenehm wie immer. „Las Vegas? Und die Sonne?“, fragte ich leise. „Bella, wir kommen abends an“, verdrehte Alice die Augen. „Und morgen früh?“ „Ich manage das schon“, sagte sie mit einem beendenden Tonfall und steuerte einen Seiteneingang an, der uns dann zu einem kleinen, schnellen Privatflugzeug führte. Wir landeten so rasch wieder, dass ich gar nicht groß Zeit hatte mir um den kommenden Abend Sorgen zu machen. Das war Alice’ Welt, nicht meine. Vielleicht würde es im Laufe der Ewigkeit mal meine Welt werden, doch ich bezweifelte stark, dass mir in Zukunft so langweilig werden konnte, dass ich das alles gut fand. Tänzerisch stieg Alice vor mir auf der Maschine und zog mich sanft an der Hand vom Flugplatz in nichts Geringeres als eine schwarze Strechlimousine, die auf uns wartete. Gegen die Kälte in Kanada war es hier regelrecht heiß. In Edmonton war im November nicht mehr mit Plusgraden zu rechnen. „Sag mal Alice, macht dieser Designer bei allen so einen Aufwand?“, wollte ich wissen, kaum, dass wir in dieser Wahnsinnslimousine Platz genommen hatte. „Ich denke nicht. Nur bei denen, denen er Kleider geschickt hat. Diese sollen ja perfekt aussehen“, erklärte sie nüchtern, doch die Vorfreude ließ ihre Stimme beben. „Wie viele kommen denn?“, erkundigte ich mich weiter und versuchte mich irgendwie bequem aber knitterfrei hinzusetzten. Ich rutschte immer wieder hin und her. „Nicht viele. Höchstes vierzig oder fünfzig.“ Hm. Reichte diese Anzahl an Leuten um unauffällig zu sein und im besten Fall unterzutauchen? Ich seufzte innerlich. Mit Alice an meiner Seite? – Unmöglich. Ich bemerkte war so in Gedanken, dass ich ihren erstarrten konzentrierten Blick erst wahrnahm, als sie sich zu mir wandte und einmal tief durchatmete. Sie nickte zu mir selbst und sagte langsam: „Bella. Ich denke, es ist besser, wenn ich dich darauf vorbereite. Rosalie wird auch dort sein. Ich habe es gerade gesehen.“ „Oh. Ach so. Okay“, murmelte ich lediglich. Das war… suboptimal. Zwar wollte ich mich mal mit Rosalie aussprechen, doch heute wäre die denkbar schlechteste Gelegenheit dafür. Außerdem hasste Rosalie mich und meine mürrische Laune war nicht förderlich. Es sollte ein Abend werden ganz nach Alice’ Geschmack. Die Limousine fuhr vor und hielt vor einem rot-goldenen Teppich, der ins innere der prachtvollen Villa führte. Alice Augen glühten vor freudiger Erregung. Kaum waren wir hineingegangen, begrüßte uns ein Mann in weißem aber leger getragenem Anzug. Er trug eine goldene Rose und eine, mit voller Absicht, halb gebundene natürlich goldene Krawatte. Seine Haare waren schwarz und mit viel Gel nach hinten gekämmt. Ein schmaler Schnurrbart zierte sein Gesicht. „Madame Alice, welch’ Freude“, säuselte er sofort, als er sie sah. Ein Küsschen links, ein Küsschen rechts. Er nahm uns die Mäntel ab, die er sogleich an einen Bediensteten weiter reichte. „Ich freue mich so sehr hier sein zu dürfen. Es ist eine ganz große Ehre“, schmeichelte Alice ihm zuckersüß, dass ich mir ein Augenverdrehen verkneifen musste. „Nicht doch. Eine so schöne Dame in meinem Kleid ist unvergleichlich“, er lächelte breit und entdeckte dann mich hinter Alice, „und so charmante Begleitung…“ Er küsste vornehm meinen Handrücken. Ich widerstand der Versuchung sie einfach wegzuziehen. Nein, das war nicht meine Welt. „Meine Schwäger, Isabella Cullen“, stellte Alice mich mit einer Handbewegung vor. Ich warf ihr einen kurzen finsteren Seitenblick vor. Sie ging gar nicht darauf ein. Scheinbar fand sie meinen kompletten Namen bei solch edeler Veranstaltung angebrachter. „Reizend, reizend. Darf ich Sie hinein begleiten?“ Er gab sich die Antwort selbst und ging voraus. Der Saal war festlich geschmückt. Gold, weiß und cremeweiß dominierten den leuchtenden Raum. Mehrere Kronleuchter waren erkennbar. Ich ließ den Blick schweifen. Hier und da erkannte ich Kleider, die seine jetzige Kollektion passen würden und mit Sicherheit auch von ihm waren, aber keines, wirklich keines, war annähernd so graziös und prunkvoll wie unsere. „Es lohnt sich für einen Designer immer Vampire auf dem Empfang zu haben“, flüsterte Alice und genießte die vielen Blicke, die uns – ihr – folgten. Nur ein Kleid passte zu unseren: Schulterfrei, aber mit Ärmeln, taillenbetont, knöchellang, in demselben bezaubernden Gold und getragen von der schönsten Blondine, die ich jemals gesehen hatte: Ohne Zweifel Rosalie. Sie stolzierte an der Seite von Perrine Bruyere strahlend in den Raum. Sobald er mit einer Hand freudig auf uns deutete, schwand das Strahlen aus ihrem Gesicht und wurde eine künstlich erfreute Maske. Genau genommen, seit sie mich neben Alice entdeckt hatte. „Rose“, zwitscherte Alice und umarmte sie. „Bella“, sagte Rosalie eiskalt und ging gar nicht auf Alice’ Herzlichkeiten ein. „Hallo.“ Ich zwang mich zu einem ehrlichen Lächeln, glaubte aber nicht, dass es mir gelang. „Die Damen?“ Ein Bediensteter hielt uns ein Tablett mit Sektgläsern entgegen, von dem wir uns nahmen. „Augenblick“, sagte Rosalie zu ihm mit kurz erhobenem Zeigefinger. Sie trank ihr Glas in einem Zug aus, stellte es zurück aufs Tablett und stolzierte, nachdem sie sich ein neues genommen hat, davon. Verdutzt ging der Bedienstete weiter. Ich beugte mich zu Alice. „Alkohol hat bei euch doch keinen andere Geschmack als alles andere auch oder?“ Alice nahm aus Gewohnheit einen Schluck und schüttelte den Kopf. Ihre Augen hefteten noch kurz an Rosalies Rücken, bevor sie mich ansah. „Prost“, sie nahm wieder einen Schluck, ich tat es ihr gleich, „und denk daran, wenn du dich betrinkst, muss ich dafür gerade stehen“, witzelte sie wie ausgewechselt. Ich seufzte Augen verdrehend und trank das Glas trotzig komplett aus. Wenn man Perrine Bruyere eines nicht vorwerfen durfte, dann war es Stil (oder „alles muss abgestimmt sein“- Wahn, wie man’s nimmt). Die Kleidung der Bediensteten, die Dekoration, von den Vorhängen bis zu den Tabletts, die kleinen harmonischen Pavillons im Garten und alles andere waren perfekt aufeinander abgestimmt. Sowohl von der Farbe, Gold, perlweiß und Gelb, als auch von dem Muster. Der Garten war traumhaft schön. Überall glitzerte und leuchtete es in die Nacht hinein. Alice’ Energie schien nie enden zu wollen, und damit meinte ich nicht unbedingt nur ihre Schlaflosigkeit, meine jedoch schon. Genau genommen schon bevor wir angekommen waren, dachte ich zerknirscht. „Sie sind Designerin in Kanada? Das ist ja interessant…“, plapperte Alice mit einer sehr adrett gekleideten Frau. „Ich geh mal wohin“, murmelte ich so leise, dass es nur Alice hören konnte und machte mich auf die Suche nach den Toiletten. Nicht, dass ich musste, aber ich brauchte mal kurz eine Minute zum durchatmen. Geistig wie körperlich. Mein Magen rumorte schon die ganze Zeit unangenehm, das enge Kleid war nicht förderlich. Ich schritt durch die langen leeren weißen Flure, als mir plötzlich ein heftiger Stich durch den Unterleib hoch zum Magen und dann zur Brust fuhr. Ich sah kurz verschwommen, sodass ich mich mit einer Hand an der Wand abstütze. Ich hielt den Atem an und presste die Lider aneinander. Als der Schmerz, der länger als sonst angehalten hatte, verebbte, rannte ich den Gang entlang weiter. Mir war schlecht und mein Atem raste. Ich fand ganz am Ende des Flures die Damentoilette und war froh, dass sie leer war, als ich mich über den Toilettenrand beugte. Doch ich konnte mich nicht übergeben. Mein Kopf schien zu zerbersten und mir wirklich übel, doch ich konnte nicht. Ich setzte mich, ohne auf das Kleid zu achten, auf den Boden der Kabine. Ich fühlte mich total schwach. Während mein Körper sich erholte, raste mein Verstand. Warum? Warum, warum?, hieß es dort immer wieder. Der Alkohol? Ich zählte nach. Ein paar Gläser kamen zusammen, aber hätten die einen normalen Mensch umgehauen? Wohl kaum. Und mich dann erst recht nicht. Der Schmerzmittelentzug? Die Schmerzen ja, vielleicht, der Schwindel und die Übelkeit? „Oh nein“, formten meine Lippen lautlos. Während ich alle durchgegangen war, hatte ich die naheliegendste einzig sinnigste Erklärung immer wieder hinten angestellt, doch ich wusste was es nur sein konnte. Ich war schwanger. Konnte das sein? Ging das? Es ist alles gut verlaufen, hatte Edward gesagt. Wenn es nicht so wäre, wenn er sich nicht hundertprozentig sicher gewesen wäre, hätte er nicht mit mir geschlafen. Wollte ich mir das einfach nur einbilden, obwohl es nur Nachwirkungen der Schmerzmittel sind? Ich stand auf und verließ die Kabine der sonst komplett leeren Toilette. Wenn Alice es bemerkt hatte, dann würde ich mit ihr reden und sie fragen wie wahrscheinlich das war. Wenn Alice das nicht bemerkt hatte, würde ich unter irgendeinem Vorwand, der mir noch einfallen sollte, eher zurückfliegen. Ich hatte Glück, dass Alice gerade das Gespräch mit der Frau beendet hatte und weiterging. „Meinst du wir sind quitt?“, flüsterte ich ihr von hinten ins Ohr. Sie wandte den Kopf seitlich nach hinten und sah mich erst fragend, dann glasig, dann wissend an. „Du willst zurück? Jetzt schon? Ach Bella, ich-“ „Ich fliege alleine, ich bin einfach müde und kaputt“, sagte ich möglichst leichthin. Alice musterte mich kurz, sie schien nichts zu ahnen und nur meine Entscheidung zurückzufliegen gesehen zu haben, „Ich sage bescheid, dass sie am Flughafen eine Maschine startklar machen sollen.“ Alice huschte durch die Leute außer Sichtweite und ließ mich mitten im Saal allein zurück. Keine gute Idee, denn ich durfte jetzt nicht zu viel nachdenken oder planen, damit Alice nichts bemerkte oder mich gar abhielt. Doch es fiel mir schwer, denn ich spürte die Leere, die ich jetzt sehr begrüßt hatte, nicht mehr in mir. Weil- weil- Ich atmete einmal tief ein und aus. Alice stand wieder vor mir. „Die Limo wartet draußen, hier, da ist alles drin, denk an deinen Mantel an der Garderobe“, sie gab mir ihre Handtasche und sah mich dann lange an, „es ist nichts passiert, oder Bella?“ Ihr nachdrücklicher Unterton offenbarte, dass sie etwas zu ahnen schien. „Nein, nein natürlich nicht.“ Ich wusste nicht, wie überzeugend ich war, aber sie ließ mich immerhin gehen. Kaum, dass sie außer Sichtweite war, hastete ich durch die Flure, rannte, mit äußerster Vorsicht nicht zu stolpern, die Treppen herunter und stieg sofort in die nächste Limousine. Dieser kurze Sprint gab mir den Rest und ich übergab mich in eine Kotztüte, die in der Türseite eingeklemmt war. Ich ignorierte den besorgten Blick des Fahrers im Rückspiegel. Ich war zwar unheimlich durstig, doch natürlich gab es in einem solch edlen Gefährt kein Wasser, dachte ich sarkastisch. Und Alkohol kommt nicht in Frage, wenn- Ich wischte jeglichen Gedanken daran beiseite. Nicht vorschnell, nicht vorschnell, sagte ich mir immer wieder, obgleich meine Übelkeit und mein Schwindel allgegenwärtig waren. Nein, nicht vorschnell… Hätte ich die Leere gefühlt, wäre der Flug erträglicher gewesen. Doch anstelle der Leere zwang ich mich an nichts zu denken und verdrängte alles, was mir schmerzen könnte. Ich fühlte mich elend, obwohl ich mich in dem Privatjet gewaschen und reichlich getrunken hatte. Und jetzt?, fragte ich mich in Gedanken, als ich aus dem Terminal in Edmonton herauskam und in der Flughafenhalle stehen blieb. Einen Test machen, schoss es mir durch den Kopf. Wenn es sowieso nur falscher Alarm war- wenn ich einfach nur Dinge sah, wo ich welche sehen wollte- wenn- „Nein“, sagte ich leise zu mir und fuhr in Gedanken fort: „Reiß dich zusammen, behalt einen kühlen Kopf.“ Das sollte eigentlich nicht schwer sein, da ich, wegen des plötzlichen Temperaturunterschieds, fror, dachte ich seufzend. Ich ging aus dem Flughafengebäude hinaus, stieg in das nächste Taxi ein und nannte dem Fahrer die Adresse meiner Wohnung bzw. meines halben Hauses. Ich bat ihn zuvor an einer Apotheke zu halten, die jetzt noch geöffnet hatte. Es war bereits weit nach Mitternacht. Ich lehnte mich in den Sitz zurück. Durch den Flug fühlte ich mich noch erschöpfter und ausgelaugte als vorher. Die Straßenlaternen erhellten in regelmäßigen Abständen das Innere des Taxis. Es musste komisch aussehen, wie ich hier im Designerkleid und weißem Mantel saß und nach einer Notapotheke verlangte. Ich legte die Hand auf meinen Unterleib und verbot es mir sogleich wieder. Jeglichen Gedanken. Erst- noch nicht- wenn- In meinem Kopf rauschte es und ich fühlte mich benommen von alle der Kraft, die ich aufwenden musste, um gegen all die schönen und unschönen Gedankenfetzen anzukämpfen. Wenn es Alice auch so schwer fiel, an nichts oder etwas anderes zu denken, dann hatte ich ihr die ganze Zeit über viel abverlangt. Der Taxifahrer hielt und ich sprang schnell aus dem Auto, kaufte einen Schwangerschaftstest, der eine „Schwangerschaft sehr früh anzeigte“, wie ich extra betonte und stieg wieder ins Taxi. Ich hatte die kleine Schachtel neben mich gelegt, damit ich sie nicht sehen oder berühren musste. Gleich, gleich, gleich wenn du Gewissheit hast, gleich, sagte ich mir immer und immer wieder und unterdrückte die lästigen aufsteigenden Bilder in mir. Bilder von Nela, von- Nein! Ich presste die Hände unwillkürlich gegen den Kopf und zuckte schnell zurück, als mich der Fahrer ansah. Endlich hielt er vor meinem Haus. Ich gab ihm wahllos eine Hand voll Scheine, wahrscheinlich hätte das für eine Kreuzfahrt gereicht, und rannte zum Haus, als mir einfiel, dass ich gar keine Schlüssel hatte. Ich überlegte nicht lange und ging um das Haus herum (ich hoffte, dass mich keiner sah, man würde mich zu so später Stunde für einen Einbrecher halten) und kletterte über den niedrigen Zaun. Ich betete und fasste langsam die Hintertür der Terrasse. Bitte lass uns vergessen haben, die Tür zuzumachen, bitte. Ich drückte die Klinke runter. Zu. Natürlich. Was jetzt? Die Handtasche! Warum war ich da nicht eher drauf gekommen?! Vielleicht hatte Alice (sie hatte es immerhin eingerichtet!) einen Schlüssel. Mit heftig zitternden Fingern, und das nicht nur, weil sie blau vor Kälte waren, kramte ich im matten Licht der entfernten Laterne darin herum. Ich kippte die Tasche kurzerhand auf dem nassen Gras aus. Ein Schlüsselbund fand ich immerhin in dem kleinen Haufen. Ich rappelte mich auf meinen wackeligen Beinen auf und versuchte einen Schlüssel nach dem anderen. Ich spürte meine eisigen Finger kaum mehr. Ein kleiner silberner passte. Ich atmete auf, schmiss die Sachen vom Gras ins Wohnzimmer und schloss die Tür wieder ab. Ich rannte mit einem unangenehmen kribbeln, welches meinen ganzen Körper wie Stromstöße durchfuhr zum großen Badezimmer im ersten Stock. Vom vielen hin und her rennen und aufstehen und hocken und klettern war mir völlig schwummerig. Ich setzte mich auf den Badezimmerboden, während das Stäbchen in meinem Urin auf der Anrichte, nicht in Sichtweite, schwamm. Ich wartete. Meine Lippen waren trocken und ich konnte kaum atmen. Mein Körper war eiskalt, doch die Kälte spürte ich nicht bewusst. Meine Augen wurden feucht und ich konnte die Tränen nicht mehr zurück halten, obwohl ich an gar nichts dachte, obwohl ich mich zwang an nichts zu denken, obwohl ich verdrängte an irgendetwas zu denken. Ich rutschte auf meinem Hoseboden näher an die Anrichte, ich wusste nicht, ob meine Füße mich tragen würden, und griff mit zitternder Hand und geschlossenen Augen nach dem Stäbchen. --------------------------------------------------------------------- Freue mich über Kommis *verbeug* lg Vanessa Kapitel 10: Chaos ----------------- ... ------------------------------------------------------------------- Zwei Striche. Schwanger. Es war ein Schlag ins Gesicht. Ein guter? Ein schlechter? Ich legte den Kopf zwischen die Knie, wie ich es so oft vor einem Zusammenbruch machte. Jetzt konnte ich meine Gedanken nicht mehr zurück halten. Alles rauschte wirr in meinem Kopf. Bilder, Träume, Hoffnungen stiegen in mir auf. Ich schlang die Arme um meinen Bauch. Ein Kind, ich bekomme ein Kind. Edward. Ich übergab mich in die Toilette. Mir wurde bewusst, was ich gerade in Erfahrung gebracht hatte. Ich bekomme ein Baby von Edward, etwas, dass er in jeden Fall verhindern wollte. Er wollte kein Kind mehr! Er hatte mir sogar versichert, dass er keins wollte, selbst wenn ich keine Schmerzen hätte! Mein Atem raste, als ich über der Klobrille verharrte. Die ganzen letzten Wochen. Alles nur, um mich davor zu bewahren – aus seiner Sicht. Er wird mich hassen, dass ich ihm das antue. Ich zog ab und lehnte mich gegen die Badewanne. Ich drehte den Hahn für Badewasser auf und weinte. Ich konnte nicht lange an das Schlechte denken, denn die anderen Vorstellungen drangen viel zu stark von meinem Unterbewusstsein in mir hoch. Ein Baby. Ein Kind. Ein weiteres Kind. Ich dachte bereits unwillkürlich und ohne, dass ich es verhindern konnte, an das Kinderzimmer, die Babysachen, das Geschlecht, einen Kinderwagen, einen Namen… wo würden wir wohnen? Bei den Cullens zusammen? Oder hier in meinem Haus? Mit Edward? Bald auch mit Nela? Oder später? Als glückliche Familie? Irgendwann mal? Ich blendete vor Glück alle Gedanken an eine wie auch immer geartete mögliche Trennung aus. Doch ich konnte mich nicht lange von den an mir nagenden Wahrheiten fernhalten. Was würden die anderen sagen? Carlisle, Esme, Japser, Emmett, Alice… und… Rosalie… Ich fühlte mit der Hand in das Wasser hinter mir. Die Wanne war schon halb voll. Ich stand kraftlos aus und schälte mich mit all der Vorsicht, die ich aufbringen konnte, aus dem Kleid und legte es über den Toilettendeckel. Ich fühlte mich dreckig und unwohl und ließ mich in das warm hinzuströmende Wasser sinken. Wahllos gab ich etwas Schaumbad aus einem der umstehenden Behälter hinzu. Die Tränen ergossen sich immer noch über mein Gesicht und benetzten es ebenso heiß wie das Wasser um meinen gesamten Körper. Ich achtete kaum noch auf den Schmerz, den mir mein ganzer Körper bereitete. Ich lag einfach nur mit verzerrtem errötetem Gesicht da und konnte die Gedanken an Edward nicht länger von mir fernhalten. Ich presste die Hände auf mein Gesicht. Wie sollte es weitergehen? Würde er mich weiter wollen, wenn ich mich für das Kind entschied? Hatte ich mich nicht schon längst entschieden? Bei dem Wort „Abtreibung“ schluckte ich einen heftigen Brechreiz runter. Würde er das wollen… mich… dazu zwingen… wie… wie… Ich legte die Hände auf meinen Unterleib und mir rannten die Tränen unaufhaltsam über die Wangen, das Kinn und schließlich am Hals entlang. Erst jetzt bemerkte ich, was für ein Fehler es gewesen war, mir noch ein Kind zu wünschen, wo Edward so dagegen war. Wenn er mich verließ, wenn er mich nicht mehr wollte, wenn er wegging… wie dumm war ich gewesen, die Vorstellung ein weiteres Kind von ihm zu bekommen zu hegen und als erstrebenswert zu erachten, wenn ich es nicht mit ihm bekam. Das Wasser stand mir bis zum Hals. In beiderlei Hinsicht. Ich drehte es ab, kurz bevor es über den Rand treten konnte. Kaum Schaum war auf der Oberfläche. Meine Gedanken liefen Amok… Zwar war das jetzt nicht mein Verschulden, niemandes schuld, und doch gefiel alles in mir die Vorstellung in neun Monaten (würde es so lange dauern oder war es wie das letzte Mal?) ein kleines Baby in den Armen zu halten. So absurd, töricht, naiv. Ja vor allem das. Und egoistisch. Wie konnte ich es so sehr wollen und wollte es jetzt immer noch, wenn er den Gedanken so sehr verabscheute? Ich neigte den Kopf zur Seite und ließ die schmerzenden verweinten Augen zu. Mein Geist befand sich wie in einem Rausch. Ein unangenehmer Rausch. Was soll ich denn tun? Ich muss es ihm sagen… muss ich? Und dann? Konnte ich einfach gehen? Würde ich ihn wieder sehen? Meine Gedanken drifteten ab. Ich wollte ihn nicht verlassen! Würde er mich verlassen? Das könnte ich nicht ertragen, niemals. Jede Stunde, Minute, Sekunde zu wissen, dass er mich nicht mehr wollte, wäre die reinste Qual. Wie konnte ich dann ein Kind von ihm bekommen? Gefühle rauschte an mir vorbei wie die Straßenlaternen auf einer sehr schnellen Autofahrt… Einsamkeit… Aussichtslosigkeit… Angst… Panik… das alles überschattete das andere, schöne, dass ich nicht mal benennen wollte, so fremd kam es mir jetzt vor. Ich spürte das Wasser an meiner Lippe, als ich den Kopf nach vorne neigte. Wenn ich jetzt einfach einschlief, dann würde ich sterben… wenn ich sterben könnte… konnte ich sterben? Allein die Vorstellung, dass er mich jetzt nicht mehr haben wollte, schnitt mir so sehr ins Herz, dass ich glaubte ersticken zu müssen. War der Tod nicht leichter? Ich legte das Gesicht ins Wasser, sodass ich nur noch durch die Nase atmen konnte. Obgleich ich Sauerstoff brauchte, brauchte ich wiederum doch nicht. Atmen war nicht so unwichtig wie bei Vampiren, doch nicht so wichtig wie bei Menschen... vielleicht konnte ja wirklich sterben… Schlafen ist friedlich, würde mein Kind den Tod spüren? Ich öffnete die Augen. Ich tötete nicht nur mich selbst, sondern auch mein Kind. Aber habe ich eine Wahl? Nein, diesmal hatte ich keine. Diesmal gab es keine Wahl. Wenn Edward mich verließ, wollte ich nicht länger leben. Koste es was es wolle, ich würde den Tod bevorzugen. Doch erst nachdem mein Kind geboren war. Ich töte mein Kind nicht. Ich stand auf und nahm das erstbeste Handtuch. Ich betrachtete mich im Spiegel, während ich mich abtrocknete. Ich würde es nicht töten, aber ich würde ihm, was auch immer es wurde, zu einem besseren Leben verhelfen, wenn ich nicht in sein Leben trat. Wenn ich in niemandes Leben trat. Ich zog das Kleid wieder an und verließ das Haus. Ich rief ein Taxi, welches mich zu Edward bringen sollte. Er musste es wenigstens wissen. Er musste es mir nicht sagen, er brauchte nicht über Lippen zu bringen, dass er mich nicht wollte, ich würde einfach aus seinem Leben verschwinden. Rosalie würde es mir danken. Und die anderen vielleicht auch. Ich lief das Stück von der Hauptstraße in die Seitenstraße der Cullens. Ich war gefasst und sah wieder einigermaßen normal aus. Ich blieb vor der offenen Haustür stehen. Ich würde einfach reingehen und ihm die Nachricht überbringen. Ich ging ohne Vorankündigung ins Wohnzimmer. Ich sah Carlisle, Esme und Jasper fernsehen, während Edward gerade vom Klavier zu ihnen schritt. Nun kam er auf mich zu. „Bella, hallo“, sagte er lächelnd. Scheinbar, sah ich nicht allzu schlimm aus, als dass er es sofort bemerkte. Auch Jasper erhob sich, er erwartete Alice. Carlisle und Esme sahen kurz auf. Als Edward näher schritt und mich berühren wollte, hielt ich die Hand hoch. Er blieb stehen, während ich einen Schritt zurück machte, sodass ich eine Armlänge von ihm entfernt stand. Jasper stand verwirrt hinter Edward. Ich griff nach Edwards Hand und blickte ihm tief in die Augen. Ich sah, dass er wusste, dass etwas nicht stimmte. Ich atmete langsam aus und sagte mit neutraler Stimme: „Ich bin schwanger.“ Im selben Moment legte ich ihm den Schwangerschafstest mit den zwei Strichen in die Hand. Edward sah mich einen Augenblick an, bevor er den Blick zu seinen Händen senkte. Einen Augenblick, indem sich nichts in seinem Gesicht abzeichnete. Ein Augenblick, indem ich keine Reaktion in seinem Gesicht lesen konnte. Ein Augenblick, der der letzte sein konnte und den ich genoss. Er starrte auf den Test. „Es ist okay“, sagte ich, damit er wusste, dass er nichts sagen musste, dass ich ihn verstand. Er sah zu mir auf. Er wirkte… ich wusste es nicht. So viele Gefühlsregungen rauschten in diesem Moment über sein Gesicht, dass ich keine einzige davon bewusst ausmachen konnte, außer der, dass er geschockt, wenn nicht sogar entsetzt war. Edward sah mich weiter an, während er die Hand nach rechts ausstreckte, ich folgte dieser Geste mit den Augen, und Carlisle, der neben Edward erschienen war, den Schwangerschaftstest in die Hand legte. „Bella du bist nicht schwanger. Das ist unmöglich“, sagte Carlisle ruhig, der von dem Test zu mir aufsah. Ich sah Carlisle stumm mit leicht zusammengekniffenen Augen an. Als ich Edward wieder ansah, erhaschte ich soeben noch seinen Seitenblick auf Jasper. „Bist du alleine gekommen?“, wollte Edward von mir wissen. Ich nickte. Edward sah Carlisle an, eindringlich. „Ich habe das Ultraschallgerät noch oben-“ „Der Test ist positiv!“, fuhr ich dazwischen. Meine Stimme war kratzig und zitterte. Warum machten sie es mir so schwer? Warum ließen sie mich nicht einfach gehen? „In diesem Teil deines Körpers ist absolut nichts von uns übrig geblieben. Der Eingreif war erfolgreich, genauso wie er es bei jedem anderem Menschen gewesen wäre“, sagte Edward ernst. Ich bemerkte erst, dass ich weinte, als mir die Tränen vom Kinn tropften. „Ich glaube das nicht“, sprach ich meine Gedanken laut aus und schlang die Arme um meinen Körper. „Das ist nicht wahr!“, schrie ich. Ich wollte das Kind! Ich liebte dieses Kind! Mein Baby. Egal was kommt, egal was sein wird, ich lasse es mir nicht wegnehmen! „Bella“, sagte Edward zärtlich und streckte die Arme nach mir aus. „Lass mich! Fass mich nicht an!“, schrie ich ihn unwillkürlich an und presste die Arme an meinen Körper. „Bella, so ist es doch-“ „BESSER?!“, kreischte ich hysterisch, „Sag nicht ‚besser’!“ „Sei doch bitte vernünftig-“, begann er wieder, doch ich schnitt ihm das Wort ab: „Ich will aber nicht mehr vernünftig sein! Es ist mir egal!“ Ich sah noch wie Edward Jasper und Carlisle einen Blick zu warf, knapp nickte, und letztere nach hinten gingen, bevor ich weglief. Eine natürliche Reaktion meinerseits: Flucht. Ich rannte wie von etwas angezogen automatisch in Nelas Zimmer im zweiten Stock. Ich kniete mich vor dem Fenster hin und weinte. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, schon gar nicht, dass ich gar nicht schwanger war. „Ich will nicht mehr! Egal was Alice sagt, ich kann nicht so vernünftig sein wie ihr! Cullen hin oder her“, redete ich schluchzend drauflos, ohne zu wissen, ob Edward da war, doch egal wo er war, er würde mich hören, obwohl ich nicht wusste, ob ich das wollte, „ich kann nicht mehr“, wimmerte ich. „Hey“, hörte ich Edward hinter mir flüstern. Sogleich umschlossen mich seine Arme, er hatte sich hinter mich gehockt, und er zog mich an sich. Unwillkürlich kuschelte ich mich an ihn. „Es tut mir leid, aber du kannst nicht schwanger sein“, sagte er mir leise ins Ohr. Ich schluchzte. Es klang hart, aber wahr. „Ich kriege kein Baby?“, fragte ich wie ein kleines Kind nach Süßigkeiten, die es nicht bekam. Er küsste mich als Antwort aufs Haar. Ich schluchzte bitterlich. Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein, ich war mir so sicher… Er drehte mich zu sich, sodass meine Stirn nun auf seiner Brust lag. Aber… Ich sah zu Edward hoch. Dann verließ er mich nicht. Ich lächelte schwach und unbeabsichtigt. Er drückte mich fest an sich und wir saßen eine Weile einfach so da. Mein Atem flachte immer mehr ab und meine Tränen versiegten. Es war alles wie vorher. Es war nichts geschehen und es wird auch nichts geschehen, konnte ich nur denken. Meine Aufregung war völlig umsonst gewesen, ich hatte mich völlig unnötig bloß gestellt und Edward verletzt. Eine typisch übereilte Handlung von mir. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, denn außer der Müdigkeit, die nicht groß genug war um zu siegen, und den wallenden Schmerzen in mir, fühlte ich nichts, als Edward mich ein wenig von sich weg schob und mir tief in die Augen sah. „Wieso hast du vorhin ‚es ist okay’ gesagt?“, fragte er leise und sanft. Ich senkte den Blick auf seine Brust. Natürlich erinnerte er sich daran und natürlich fragte er danach. Doch was sollte ich ihm sagen? „Dass… dass es okay ist… wenn…“ Ich hielt inne und sah verbissen geradeaus auf sein Hemd, das nass unter meinen Fingern klebte. „Wenn du mich nicht mehr wollen würdest… das wäre ich okay, ich… ich könnte das verstehen…“, suchte ich die richtigen Worte. Er sah mich erschrocken an, dann sah er kurz auf, als wollte er aus dem Fenster sehen. Sein Gesichtsausdruck wechselte in ein Herz zerreißendes Entsetzen. Er riss die Augen auf. „Du wolltest dich umbringen?“, fragte er mich. Seine Stimme war ruhig aber Fassungslosigkeit lag darin. Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ich sah über Edwards Schulter. „Bella!“, schrie Alice erregt, die gerade mit aufgerissenen Augen ins Zimmer gerauscht war. Sie atmete heftig. Ihr Gesichtsausdruck war beängstigend. „Du lebst, du- warum hast du mir nichts gesagt?!“ Verschämt sah ich zu Boden. Was sollte ich ihr sagen? Ich hatte mir Hoffnungen gemacht und wollte die Wahrheit nicht hören? Edward wandte sich von Alice ab und hob mein Kopf an Kinn, sodass ich in sein warmes aber alarmierend besorgtes Gesicht sehen musste. „Warum wolltest du dich umbringen?“ Ich konnte seinem intensiven, bittenden Blick nicht entfliehen und murmelte leise: „Wenn du mich nicht mehr gewollt hättest, hätte ich nicht mehr leben wollen. Aber ich wollte mein Kind nicht umbringen.“ Ich war überrascht wie neutral und gefasst ich sprechen konnte, doch ich fühlte mich benommen und meine Lider wurden immer schwerer. „Bella“, sein Ton war fast warnend, als er mich weiter von sich weg schob um mein Gesicht ausgiebig mustern zu können, „hör mir gut zu. Niemals, hörst du, niemals würde ich dich verlassen. Egal was passiert ist oder passieren wird, ich werde immer zu dir halten und zu dir stehen. Hast du das verstanden?“, er sah mich eindringlich an, „Denk nie wieder an so etwas, versprich es mir?“ Ich senkte kurz den Blick und nickte leicht. Er küsste meine Stirn. „Und jetzt glaube ich, dass du dich besser schlafen legen solltest“, flüsterte er und zog mich an der Hand hoch. Ich willigte ein und schritt mit geneigtem Kopf an Alice vorbei, die mich immer noch starr musterte. Ich folgte Edward in unser Schlafzimmer. Ich konnte dessen Schönheit gar nicht richtig genießen, während er mir ein Nachthemd reichte. Mein ganzer Kopf schwirrte. „Wenn du irgendetwas brauchst, lass es mich wissen“, sagte er noch, küsste meine Mundwinkel und verschwand. Todmüde schälte ich mich aus dem Kleid, das ich achtlos an Ort und Stelle liegen ließ und kletterte unter die Bettdecke. Doch an Schlaf war nicht zu denken. Meine Gedanken rasten, ohne, dass ich daran teilhaben durfte. Es war als vernebelten sie mir die Sicht und ich erkannte nur hin und wieder Fetzen, wie Filmstreifen. Obgleich ich müde war, schlief ich nicht ein. Sobald ich die Augen schloss, sah ich alles vor mir, was passiert war und dachte darüber nach was Edward mir gesagt hatte. Hätte er mich wirklich nicht verlassen, wenn ich wirklich schwanger gewesen wäre? Ich strich mir die Haare zurück. Warum zweifelte ich? Doch wenn ich ihm glauben schenken durfte, und das musste ich, denn ich vertraute ihm, wieso hatte ich mich sterilisieren lassen müssen? So schlimm schien er das ja dann nicht zu finden… oder aber es ging ihm ausschließlich um mich und er würde das Kind nur nicht wollen… Ich seufzte. Ich bereitete ihm immer nur Kummer. Das hatte er nicht verdient, nach allem was er mir gab und was er für mich tat. Es stimmte, er hatte immer zu mir gehalten. Sogar gegen seine Familie, sogar gegen Rosalie. Ich setzte mich auf. Ich musste mich bei ihm entschuldigen. Dass ich dumm gewesen war, dass ich ihn nicht so hätte verletzten dürfen… Ich schlich aus dem Zimmer und taperte die Treppen herunter, als ich Stimmen vernahm, die mit zunehmenden Treppenstufen immer vernehmbarer wurden. Ich huschte zur offenen Wohnzimmertür und blieb, gegen die Wand gepresst, stehen. „-genau das wollte ich verhindern. Habt ihr ihr Gesicht gesehen? Es ist schrecklich! Was soll ich ihr noch sagen? Sie leidet so sehr darunter!“ Ich schluckte und wagte einen Blick ins Zimmer, nur ganz kurz. Edward saß auf einem Stuhl, die Beine ausgebreitet, die Ellenboden darauf gestützt. Sein Kopf lag in seinen Händen, er fuhr mit den Händen kurz durch seine Haare. Ich atmete langsam ein und aus. Ein schreckliches Bild. „Sie hat sich Hoffnungen gemacht, wo keine sein können und doch hat sie es geglaubt. Ich habe es ihr angesehen. Sie hat es sich von ganzem Herzen gewünscht“, vernahm ich Edwards Stimme. „Es ist sehr schwer für sie. Sie muss sich mit so vieles auseinandersetzen“, flüsterte Esme, „du siehst ja an Jasper, wie schlecht es ihr gehen muss, er erträgt ihre Gefühle nicht, weshalb er erstmal mit Alice raus musste.“ „Lass Bella Zeit, viel Zeit.“ Carlisles Stimme. „Wie kann sie glauben, dass ich sie sitzen lassen würde? Ich weiß nicht, ob es richtig war, sie zu diesem Schritt zu überreden“, Edward machte eine Pause, ich hörte ihn schnauben, „zwingen wohl eher. Ich weiß es nicht.“ „Es gab keine andere Lösung. Ich werde nachher noch mal mit Bella reden, wenn-“, Carlisle wartete, „okay gut.“ „Wären wir nie nach Forks gezogen, hätte ich ihr nicht so viel Leid antun können“, vernahm ich Edwards bitterliche Stimme. Mir stockte der Atem. Bereute er- Was- Hatte er- „Dann wärst du noch genauso mürrisch wie damals, unerträglich.“ Alice war gekommen. Das war nicht gut. Die anderen hatten mich scheinbar nicht gehört, aber Alice hatte mich bestimmt gesehen (ich war mir sicher, dass sie sich im Moment auf mich konzentrierte, obwohl mir das gar nicht recht war) und somit würde es Edward auch binnen Sekunden wissen. „Es geht hier aber nicht um mich-“ „Für sie schon“, unterbrach Alice Edward. Kaum hatte ich nur in Erwägung gezogen, schnell wieder nach oben zu verschwinden, jetzt, wo Alice da war, wurde es schon still im Wohnzimmer und einen Atemzug später stand Edward neben mir. „Können wir reden?“, kam es mir instinktiv über die Lippen. Er nickte nachdenklich und ging hinter mir her ins Schlafzimmer. Ich atmete dort einmal tief durch und drehte mich dann zu ihm um. „Es tut mir Leid, was passiert ist. Ich vertraue dir und es war dumm von mir zu glauben, dass du mich verlassen würdest. Ich hab- ich hab einfach überreagiert und jedes noch so kleine Zeichen in die falsche Richtung gedeutet. Es tut mir Leid, dass ich so ein Theater gemacht habe“, versuchte ich ihn aufzumuntern und normal zu klingen. „Bella du musst das nicht herunterspielen. Ich weiß wie schlecht es dir geht. Ich hab zumindest eine Ahnung“, ergänzte er ernst. Ich sah zur Seite und unterdrückte den heftig aufkommenden Drang, sofort wieder loszuweinen. „Ich glaube ich brauche einfach nur Zeit um mich an den Gedanken zu gewöhnen“, fuhr ich nüchtern fort und wandte ihm den Rücken zu, „dann wird alles wieder-“ „Wenn du zurück in dein Haus möchtest“, unterbrach er mich, „und lieber abseits von uns-“ „Nein“, unterbrach ich ihn nun, mein Blick heftete noch kurz an dem in der aufgehenden Sonne getauchten Garten, bevor ich ihn flehend an Edward richtete, „ich möchte bitte hier bleiben.“ „Alles was du willst“, sagte er leise und schritt langsam auf mich zu. „Das mit Forks…“, versuchte ich es beiläufig klingen zu lassen, „von eben…“ „Vergiss was ich gesagt habe, niemals würde ich dich wieder gehen lassen“, er drehte sich zu mir um und legte beide Hände an mein Gesicht. „Ich habe einfach nur Angst um dich.“ „Und ich um dich, dass du an deinen Sorgenfalten erstickst“, ich konnte ihm ein kleines Lächeln abgewinnen, „aber ich verspreche dir, dir keinen Grund zur Sorge mehr zu geben.“ Er lächelte milde und strich mir das Haar hinters Ohr. „Ich liebe dich“, hauchte ich leise und, ohne es bemerkt zu haben, unter Tränen, bevor er etwas sagen konnte. „Ich werde dich immer lieben und dich nie mehr hergeben. Du gibst mir alles und noch mehr, mehr als ich mir je zu träumen gewagt habe. Ich liebe dich“, wisperte er. Ich spürte seinen süßlichen Atem auf meinem Gesicht, während wir uns in die Augen schauten und sich unsere Lippen schließlich umschlossen. Mit den Fingern strich mir Edward die sickernden Tränen aus dem Gesicht. Die meinigen glitten durch sein Haar, ich schloss die Augen und genoss den Kuss. Taumelnd stützte ich mich auf Edwards Brust. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Vielleicht solltest du erst ein wenig Schlaf nachholen“, schlug er vor. „Hmmm“, machte ich, „bleibst du bei mir?“ „Wenn du das willst.“ Ich zog ihn zum Bett und er ließ sich neben mir nieder und nahm mich in den Arm. Ich schlief rasch ein. Ich öffnete nicht gleich die Augen, als ich nur noch im Halbschlaf war, denn meine Gedanken liefen mir wieder davon, sodass ich ihnen, fast wie ein Außenstehender, nur noch zu hörte. Sie zeigten mir was geschehen war und mein restlicher Körper kommentierte mit Unbehagen. Nichts war gut verlaufen gestern – abgesehen vielleicht von dem Versöhnungskuss. Aber hatten wir uns versöhnt? Das einzige was ich wusste war, dass nichts mehr so war wie vorher, seit gestern und eigentlich schon seit der Sterilisation. Alles war krampfig und geprägt von Missverständnissen. Ich öffnete langsam die Augen und erwartete gleißendes Licht, doch es war dunkel im Schlafzimmer. Ich lag, eingerollt wie eine Katze, neben Edward, den ich nur mit dem Hinterkopf berührte. Ich hob den Kopf in seine Richtung, lächelte ihn an zaghaft und schmiegte mich an ihn. Er legte die Arme um mich. „Morgen“, nuschelte ich. Er grinste. „Guten Abend wäre passender.“ Ich warf einen Blick über die Schulter. Es war wieder dunkel draußen. Ich hatte den Tag verschlafen. Ich wand mich wieder ihm zu. „Oder so“, erwiderte ich nun auch grinsend. Ich sah ihn lange an, um die richtigen Worte zu finden. „Edward…“ „Du musst jetzt nichts sagen Liebste“, sagte er sehr leise und seine goldenen Augen funkelten im schwachen Licht der Lampe seines Nachttisches, die er soeben eingeschaltet hatte. „Ich möchte aber“, entgegnete ich ruhig, „ich möchte, dass du weißt, dass es mir wirklich leid tut und, dass ich dich über alles liebe und“, ich schluckte, „dass das Thema Baby für mich ein für alle mal abgeharkt ist.“ Das stimmte nicht ganz. Genau genommen war es nur die halbe Wahrheit. Ich konnte jetzt noch nicht sagen, ob ich mich je damit abfinden konnte, aber ich wollte mir die Zeit hier nicht mit trübsinnigen Gedanken vermiesen, mich momentan einfach nicht damit auseinandersetzen und Edwards vierundzwanzigstündige Anwesenheit einfach genießen. Edward machte ein merkwürdiges angestrengtes Gesicht, nickte dann aber nur. Mir war aber, als wollte er noch etwas sagen und verkniff es sich dann widerwillig. „Du bist bestimmt hungrig oder? Fünf Gläser Sekt stillen nicht den Hunger oder?“ Er setzte mein geliebtes schiefes Lächeln auf. „Alice Plappermaul“, murmelte ich gähnend wissentlich, dass sie es eigentlich Edward gegenüber nicht aussprechen musste, damit er es weiß. Wir standen auf und gingen, nachdem ich mir rasch etwas übergezogen hatte, was ich mir aus dem riesigen Kleiderschrank genommen hatte, nach unten. Die Situation, als ich das Wohnzimmer betrat, machte mich stutzig. Alice wandte blitzschnell den Kopf zu Jasper, der einen leeren Gesichtsausdruck hatte. Edward starrte Jasper ebenfalls an, nickte aber unmerklich bevor Jasper Alice ansah und ebenfalls nickte. Ich verstand. Meine Stimmung war wohl erträglich und erträglich fühlte ich mich auch. „Tut mir leid wegen gestern“, sagte ich aufrichtig zu Jasper. Ich konnte verstehen, dass er nicht in meiner Nähe sein wollte. Niemandem würde ich mein Gefühlschaos wünschen. Jasper ging gar nicht wirklich darauf ein und sagte nur lächelnd: „Demnächst machen wir das nach dem Motto ‚geteiltes Leid ist halbes Leid’“, er zwinkerte mir zu. Ich erwiderte es mit einem schmalen Lächeln. Merkwürdige Stimmung, schoss es mir durch den Kopf, als wir dann weiter in die Küche gingen und Esme zu uns stieß. „Hallo Liebes“, grüßte sie, „ich habe gerade mit Carlisle telefoniert. Er muss noch etwas länger arbeiten, aber wenn du nachher noch wach bist, hat er gesagt“, sie kicherte kurz, weil ich ja gerade erst aufgestanden war, „dann würde er gerne noch mit dir reden, wenn dir das recht ist.“ Ich nickte. „Okay, klar.“ Ich hatte eine vage Vorstellung, was er besprechen wollte, verdrängte es aber sogleich wieder, als ich sah, dass Edward schon dabei war, etwas zu kochen und ich ihm zur Hand ging. ------------------------------------------------------------------------- Freue mich auf Kommis!!! Bin sehr gespannt!! *Fane* =) Kapitel 11: Ein ganz anderes Fach --------------------------------- Nummer 11, viel Spaß ^^ (dieses Kapitel wird wieder etwas ruhiger ^^) Kuss Vanessa -------------------------------------------------------------------------- „He“, Edward lachte und ich schreckte hoch, „träumst du?“ Sein Lachen verriet einen Hauch Unsicherheit und Besorgnis. „Oh, nein, ja“, sagte ich rasch und aß weiter. Alice rauschte heran und platzierte sich direkt neben mich. Sie verschwendete keine Sekunde und plapperte sofort los: „Wir haben beschlossen mit dir anzufangen zu studieren. Wir wollen morgen zum Einschreiben zur Uni fahren, allerdings schon früh, weil es gegen Nachmittag sonniger wird-“ „Das Semester ist schon seit einem Monat angefangen, die nehmen bestimmt niemanden auf“, warf ich ein. Alice verdrehte die Augen. „Uns nehmen sie auf“, erwiderte sie schlicht. Jasper hatte sich mit Laptop, auf den rasch eintippte, neben sie gesetzt (ich ergötzte mich an der Ruhe, die auf mich einströmte). „Ihr wollt mit mir studieren? Und was ist mit Nela?“, wollte ich wissen und sah alle drei abwechselnd mit hoch gezogenen Augenbrauen an. „Ja. Nela wird das verstehen. Sie weiß, dass sie nicht raus darf und weiß, dass sie bald alles erfahren wird und sich an ihrem siebzehnten Geburtstag verwandelt. Sie wird nicht rausgehen. Warum sollten wir unter diesen Umständen hier bleiben?“, fragte sie rhetorisch, als ich den Mund öffnete um etwas zu entgegnen, fuhr sie fort: „Und wenn es Probleme geben sollte, ich sehe bislang keine“, fügte sie selbstsicher hinzu, „exmatrikulieren wir.“ „Hm“, machte ich nachdenklich. Sie hatte recht. Warum sollten sie sich weiter hier einsperren, wenn Nela alt genug war, um zu verstehen, dass sie nicht raus durfte. Außerdem war Esme ja bei ihr. „Das wird bestimmt lustig“, freute sich Alice und streichelte mir kurz über den Rücken. Eigentlich keine schlechte Idee…, dachte ich, eine schöne Vorstellung mit den Dreien zusammen sein zu können. „Was wollt ihr denn studieren?“, fragte ich interessiert. „Hmmm“, Alice beugte sich über Jasper und sah auf den Laptop, ich erkannte entfernt eine Liste, „Kunst und Design ist ganz interessant, mal sehen wie die so ausgestattet sind…“ „Philosophie vielleicht… oder Rechtswissenschaft, mal sehen“, sagte er wie zu sich selbst und schob den Laptop in meine Richtung. Ich sah zu Edward. „Was willst du studieren?“ „Was willst du studieren?“, fragte er zurück. Ich zuckte mit den Schultern. „Dasselbe wie immer, sonst käme ich ja so verspätet gar nicht mehr in den Stoff rein.“ „Ich könnte dir helfen-“, wand Edward ein, doch Alice, die die Liste gerade begann rauf und runter zu scrollen, unterbrach ihn: „Die Diskussion erübrigt sich, sie bieten Literatur und Geschichte nicht an.“ Sie zog den Laptop weiter zu sich ran und dann ein Stück zu mir, sodass ich auf die Liste gucken konnte. „Aber es gibt ‚Bibliothek und Information’ als Studiengang“, las Alice vor, „gehört zur Fakultät, die Lehramt anbietet.“ „Ja dann nehm’ ich das“, sagte ich gleichgültig. „Gut, dann nehme ich das auch“, sagte Edward leichthin. „Aber das interessiert dich doch gar nicht!“, wand ich ein, „Du musst das nicht studieren, nur weil ich das studiere. Wirklich nicht, die haben bestimmt…“, ich warf einen Blick auf die Liste, „da, die bieten auch Musik an. Das interessiert dich doch viel mehr.“ „Die können mir nichts mehr beibringen, was ich nicht schon weiß.“ Er grinste. Ich verdrehte die Augen. „Als ob das nicht immer so wäre.“ „Es gibt auch Linguistik oder ‚Englisch und Filmlehre’“, las Alice weiter vor, ohne auf unser Gespräch einzugehen, „oder Geschichte mit Archäologie zusammen…“ „Ja irgendetwas davon“, nuschelte in uninteressiert über dem Tellerrand. Ich würde, egal was die anderen sagten, sowieso nicht viel davon verstehen, auch wenn sie mir halfen, und zum Sommersemester wieder neu einsteigen. Von daher war es egal in was ich jetzt reinschnupperte. Nachdem ich aufgegessen hatte und wieder einen Anflug von Müdigkeit verspürte, es war merkwürdig tagsüber zu schlafen und nachts wach zu sein, lümmelten Edward und ich uns auf die Couch. „Ist ja tierisch langweilig, lohnt sich ja gar nicht nachts aufzubleiben. Ihr macht nichts anderes als tagsüber auch“, sagte ich gespielt mürrisch, während ich an Edwards Schulter lehnte und seine Hände in meinen begutachtete. „Aber nur heute“, lachte Alice, die mit unseren beiden Kleidern an einem Bügelbrett stand (es sah zu komisch aus), „sonst sind wir nicht so prüde.“ Sie warf Jasper einen verschmitzten Blick zu, grinste und bügelte weiter vorsichtig mein Kleid. „Aber das hier hat Vorrang, sonst wäre deins nicht mehr zu retten gewesen“, seufzte Alice. Obwohl ich ziemlich vorsichtig gewesen war, sah es arg mitgenommen aus, doch ich hatte keine Bedenken, dass Alice es nicht wieder richten konnten (wäre es anders gewesen, wäre sie nicht so vergnügt). Ich widmete mich Edward sanften Händen, als hätte ich nichts gehört und unterdrückte das Gefühl rot zu werden. Edwards Hände lagen mit Handrücken auf meinem Bauch. Ich strich mit meinen Fingerkuppen sanft darüber und malte die kaum erkennbaren Linien seiner spiegelglatten Hand nach. „Weißt du eigentlich wie gut das tut?“, hauchte er mir ins Ohr. Ich lächelte, neigte den Kopf zu ihm und er beugte sich zu mir um mich zärtlich zu küssen. „Nur…“, begann er, als ich mich wieder seinen Händen widmete, „wenn du meine Lebenslinie suchst, dann sag ich dir gleich, dass du nicht fündig wirst.“ „Spinner“, kicherte ich und ließ mich, seine Hände immer noch im meinen haltend, mit dem Kopf auf seinen Schoß nieder. Nachdem ein paar Sekunden sein wunderschönes Gesicht gemustert hatte, schloss ich die Augen und kuschelte mich an ihn. Ich fühlte mich wie frisch verliebt. Vor allem weil ich im Moment nicht an die schrecklichen Dinge des gestrigen Tages dachte und, weil ich wieder bei den Cullens war. „Weck mich wenn ich einschlafen sollte“, murmelte ich schon halb schlafend, „außer du willst wissen, was ich denke, aber ich denke nicht viel momentan“, rede ich wirsch, „aber wenn ich reden sollte und es ist etwas peinliches, dann halt den anderen die Ohren zu…“ Ich spürte noch seine Lippen an meiner Schläfe, bevor mich die unerklärliche Müdigkeit übermannte. „Psssst!“ „Schläft sie immer noch? Wir wollen gleich los und Carlisle-“ „Sei still! Das war alles sehr anstrengend für sie!“ Ich öffnete die Augen. „Entschuldige Schatz“, sagte Edward und ich rappelte mich von seinem Schoß hoch. Ich brauchte ein paar Sekunden um mich zu orientieren. Dann erkannte ich Alice und Jasper, die beide merkwürdig gekleidet waren. Anders… irgendwie. Normaler, unauffälliger. „Ach ja, wir wollten uns ja einschreiben fahren“, nuschelte ich und sprang auf, doch irgendwie fühlte ich mich noch seltsam benommen, weil ich so rasch aufgewacht und dann aufgestanden war. „Du machst dich in Ruhe fertig und dann fahren wir“, sagte Edward schlicht, der jetzt neben mir stand. „Und Carlisle? Ist er da?“ „Ja, wenn du fertig bist, kannst zu ihm in Büro gehen“, antwortete Edward ruhig, „ich werde mich auch eben umziehen gehen.“ Er huschte aus dem Zimmer, ich ging hoch ins Badezimmer, wo ich mir erst einmal durchs Gesicht wusch. Ich sah grausig aus. Meine Haut sah fahl und gräulich aus. Das Rot meiner Lippen wirkte matt und meine Augen waren glasig und ausdruckslos. Auch meine Haare schienen schlaff um mein Gesicht zu hängen. „Hilft nichts“, sagte ich zu mir selbst und sprang unter die Dusche, um wieder einigermaßen gesund auszusehen. Ich rubbelte meine Haare kurz, band mir ein Handtuch um den Körper und die Haare und eilte ins Schlafzimmer um mir frische Kleidung rauszusuchen. Da fiel mir etwas ein. „Alice?“, sagte ich, als ich vor dem geöffneten Schrank stand. Augenblicklich rauschte sie herein. „Wie alt soll ich mich machen?“, ich musterte sie kurz, „Wie alt habt ihr euch gemacht?“ „Also ich denke, dass du dich nicht älter machen musst. Wir immatrikulieren zum ersten Mal und da ist man ca. achtzehn“, erklärte sie und reichte mir meinen neuen – gefälschten Pass – auf dem ich offiziell achtzehn im September geworden war. Ein Lächeln huschte mir unwillkürlich über die Lippen, Alice verdrehte die Augen. „Freu dich nicht zu früh, bald darfst du wieder in die schicken Sachen schlüpfen, die ich dir zusammenstelle“, murmelte sie seufzend, doch als sie gerade herausgehen wollte, sagte ich: „Warte kurz, bitte.“ Jetzt war die Gelegenheit mit ihr alleine zu reden, zumindest körperlich. Die anderen würden es hören, wenn sie wollten. Ich musste noch ein paar Fragen loswerden, die ich bis jetzt noch nicht geschafft hatte zu fragen. „Sag, was für eine Vision hast du gehabt, dass du gestern so schnell abgeflogen bist?“, kam ich sofort darauf zu sprechen. Sie fixierte mich kurz und begann dann langsam: „Ich hab gesehen, wie du in der Badewanne liegst und dich entscheidest dich umzubringen. Dann habe ich gesehen wie du es wirklich tust, weil du es ja in Erwägung gezogen hast. Als ich gerade Edward anrufen wollte, hast du es dir bereits anders überlegt gehabt, weshalb ich Edward nicht anrief. Ich wollte nicht über deinen Kopf hinweg entscheiden. Allerdings hatte ich immer wieder merkwürdige Visionen, die zu deinem Tod führten, weil du scheinbar beschlossen hattest zu sterben, nur eben nicht gleich, deshalb bin ich zurückgeflogen. Ich konnte mich nicht auf meine Visionen verlassen, sie waren zu schleierhaft. Als ich die Badewannenszenen zum ersten Mal gesehen hab, hast du mir einen ganz schönen Schreck eingejagt“, sie grinste zaghaft. „Ja, ähm… tut mir leid“, ergänzte ich schließlich, „aber… weißt du ob ich mich hätte umbringen können?“ Sie machte große Augen. „Du-“ „Nein, nein!“, unterbrach ich sie rasch, „natürlich nicht! Nur so… rein informativ.“ Das stimmte. Ich wollte mich nicht umbringen. Nicht mehr. „Ich sag’s mal so. Ich würde es an deiner Stelle nicht ausprobieren bzw. riskieren“, überlegte Alice. „Dann glaubst du, dass es geht?“, drängelte ich. Sie zuckte mit den Schultern. „Ich muss passen.“ Ich nickte. Als sie merkte, dass ich nichts mehr sagen wollte, hüpfte sie aus dem Zimmer. Ich langte nach einer Jeans, einem blauen langärmligen T-Shirt, Socken und Unterwäsche bis mir einfiel, dass es hier ja um einiges kühler war. Momentan ca. null Grad, schätzte ich. Ich zog einen Pulli über und wickelte mir einen Schal um. Dann suchte ich nach einer nicht allzu dick auftragenden Winterjacke und Winterschuhen, die jedoch nur vor die Schlafzimmertür, den Schal legte ich noch dazu, und klopfte an Carlisles Zimmertür. Ich schritt herein, nachdem ich seine Stimme vernommen hatte. Er bat mich vor sich am Schreibtisch Platz zu nehmen. „Ich wollte dich fragen, wie du darauf gekommen bist schwanger zu sein, bevor du den Test gemacht hattest“, begann er ohne Umschweife. „Ich habe die ganze Zeit irgendwelche Schmerzen gehabt. Mal schwächer und dauerhafter, mal stärker und kurzzeitiger. Aber an dem Abend war mir plötzlich so übel und schwindelig und der Schmerz war heftiger und lang anhaltender als sonst, dass ich- dass ich-“, stotterte ich rum, weil es mir unendlich peinlich war. „Dass du es nicht mehr den Nebenwirkungen der Schmerzmittel oder den Schmerzen vom Entzug der Schmerzmittel zugerechnet hast“, beendet Carlisle meinen Satz ruhig. Ich nickte. „Na ja und schließlich hab ich mich dann in meinem Haus auch wirklich übergeben müssen und das hatte ich bisher nie. Also Schmerzen ja, aber nicht Schwindel oder Übelkeit.“ Ich sah Carlisle fragend an. Er zuckte kurz mit den Schultern. „Einzig und allein den Alkohol hätte ich als Erklärung“, er hob die Hand, als ich etwas einwenden wollte, „halte nichts für unmöglich, Bella, dazu weiß ich bzw. wissen wir zu wenig über deinen Körper“, er machte eine Pause, „sollten die Schmerzen so stark werden, dass du dich beispielsweise vor Schmerzen krümmst und nicht mehr laufen kannst etc. musst du mir bitte bescheid sagen, damit ich sehen kann, was ich vielleicht tun kann.“ „Aber ich meine… das ist doch nur vorübergehend oder? Solange wie mein Körper eben noch an Schmerzmittel gewohnt war…“ „Tja, nur wie lange wird vorübergehend sein? In dieser Zeit musst du die Schmerzen ertragen, wenn sie nicht zu intensiv werden“, fügte er mahnend hinzu und sah mich eindringlich zu. Ich nickte. „Und am Besten“, fuhr er fort, „kein Alkohol mehr, solange nicht klar, wie das bei dir wirkt und das sollten wir jetzt nicht testen, wo die Schmerzmittel noch nachwirken. Bist du da mit mir einer Meinung?“ Ich nickte wieder. „Dann solltest du zumindest keine Übelkeit und keinen Schwindel mehr haben, falls doch müssen wir uns etwas einfallen lassen“, gab er zu Bedenken. „Carlisle…“, ich holte Luft und fragte eine Frage, die mir schon die ganze Zeit auf der Seele brannte, ich aber nicht stellen wollte, um das Thema bei Edward nicht unnötig hervorzurufen, „warum war der Test positiv?“ „Ich habe lange darüber nachgedacht. Es gibt viele Möglichkeiten. Die Raumtemperatur, die Handhabung oder wann er gemacht wird kann eine Rolle spielen. Es kann auch daran liegen wie alt der Test oder wie er gelagert ist. Es kann auch sein, dass die Zeitspanne zu kurz oder unpassend war. Kurz gesagt Bella, ich weiß es nicht“, er seufzte leise, „alles was ich dir sagen kann ist, dass du unmöglich wieder schwanger werden kannst.“ Ich versuchte neutral und nicht zu emotional zu denken und die Worte aufzufassen und nicht ihren Sinne. Ich nickte weiterhin und fragte: „Glaubst du ein zweiter Test hätte dasselbe Ergebnis gebracht?“ „Schwer zu sagen, ich würde vermuten, nein“, sagte mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck, „aber ich weiß es wirklich nicht. Darf ich mir deine Narbe noch mal ansehen?“, wechselte er das Thema, als er merkte, dass ich nicht mehr weiter fragte. „Sicher.“ Ich stand auf, während er um den Tisch zu mir herum kam. Er tastete wie letztes Mal die Narbe ab, doch nun begutachtete er die Narbe noch zusätzlich. „Sie heilt. Es wird besser. Es dauert länger, als ich dachte, aber es kann nicht mehr allzu lange dauern bis nur noch ein dünner Strich zu sehen ist“, murmelte er, „deine Haut ist zwar nicht unzerstörbar und selbst heilend wie unsere, aber hat ein paar nützliche Eigenschaften übernommen.“ Ich zog das T-Shirt und dann den Pullover wieder runter, als er sich vor mich stellte. „Dann viel Spaß an der Uni“, sagte er, „ach und…“, ich sah ihn erwartungsvoll an, „zieh dir etwas Wärmeres an, eine Erkältung wäre bei deinen Abwehrkräften glaube ich nicht förderlich.“ „Alles klar.“ Ich lächelte und schritt zur Tür. Ich blieb stehen und überlegte, ob ich Carlisle nach der Selbstmordsache fragen sollte, warf ihm dann aber noch einen Blick zu und ging ins Schlafzimmer zurück um eine Kleidungsschicht draufzusetzen. Carlisle sollte nicht auch noch denken, dass ich in Erwägung zog. Edward belächelte meinen kläglichen Versuch mit warm anzuziehen, denn es passte alles irgendwie nicht zusammen und sah an meinem schmalen Körper dämlich aus. Aber immerhin sah ich natürlich aus, ohne Schminke und Designerkleid. Edward fuhr seinen schicken Volvo Richtung Stadt, während Jasper mit Alice überlegte, wofür sie sich letztendlich einschrieben. Ich dachte gar nicht großartig daran, ich würde irgendwo ein Kreuz machen. Zumindest irgendwas was Literatur und bzw. oder Geschichte nahe kam. Betont beiläufig drehte ich die Heizung etwas auf. Als ich zu Edward hoch schielte, sah ich, dass er kurz gegrinst hatte. „Wir haben bestimmt null Grad“, murrte ich, während das Gebläse kräftig blies. „Minus 11“, sagte er mit einem schiefen Lächeln, „aber es ist auch noch früh, zum Mittag wird es wärmer.“ „Ja, super“, sagte ich ironisch. „Was meint ihr…“, ich hörte Alice in ihrer Tasche herum kramen, „wie viel brauchen wir um den Direktor zu bestechen…“ Mit einem verschmitzen Lächeln fächerte sie zig Scheine auf. „Antworte dir doch selbst“, sagte Edward, der immer weniger auf die Straße achtete. „Hmmm“, sie konzentrierte sich, „wenn ich reingehe die Hälfte von dir, Edward.“ Wir lachten. „Andererseits schleppen wir dann endlos viel Geld mit uns an der Uni rum, du solltest doch reingehen…“ Das war ihr ernst. Alice schob Edward wenig später in das Büro des Direktors, während ich mit Jasper und ihr im Flur wartete. Ich beobachtete die an uns vorbeilaufenden Studenten. Sie waren nicht dünner angezogen, aber irgendwie… effektiver. Zumindest sahen sie trotz allem sehr modisch aus. Und ich sah grausam und fror, dachte ich seufzend. „So hier, das sind eure Zettel“, sagte Edward, als er aus dem Raum herauskam und jedem ein Blatt in die Hand drückte, „ausfüllen, abgeben und im Sekretariat bekommt ihr euren Ausweis.“ „Ich fülle meinen erst nach dir aus“, sagte ich stur mit verschränkten Armen. Alice und Jasper hatten sich bereits an eine der kleinen am Rande des Flurs stehenden Sitzecken verzogen. „Sonst weißt du’s durch Alice“, fügte ich hinzu. „Na schön.“ Edward wand sich Augen verdrehend von mir ab und kritzelte rasch aber sauber auf seinen Zettel, verschwand im Sekretariat und war innerhalb weniger Minuten mit seinem Ausweis, den er mit der Hand umschlossen hielt, wieder da. „Jetzt du“, forderte er mich auf und deutete auf meinen Zettel. Er gab mir einen Stift. Ich beugte mich über den Stehtisch in der Ecke und füllte erst mal die ganzen Formalien aus (genau genommen schrieb ich von meinem neuen Personalausweis ab, weil ich mir nicht alles merken konnte) und sah dann die Liste der Studienfächer durch. Mein Stift glitt in Richtung „Bibliothek und Information“, der mir zuerst ins Auge gefallen war, als ich inne hielt. Mir kam ein neuer Gedanke. Ein anderer, ein verlockender. Ich starrte auf das Wort direkt unter „Bibliothek und Information“: Medizin. Ich hielt mich nicht für klug genug, das studieren zu können, doch vielleicht, nur vielleicht, wenn ich mich anstrengte, konnte ich etwas lernen, was mir wirklich half. Vielleicht konnte ich mehr über mich selbst erfahren. Meinen eigenen Körper. Schließlich hatte ich in der Vergangenheit immer Carlisle oder Edward fragen müssen, wenn etwas mit Nela oder mir gewesen war. Vielleicht, nur vielleicht, konnte ich mir dann wenigstens ein paar Antworten selbst geben. Ich kreuzte es an, faltete den Zettel und schritt an Edward vorbei. Sein Gesicht war ausdruckslos, weshalb ich nicht wusste, ob er meine Entscheidung schon durch Alice gehört hatte. Ungeduldig wartete ich auf meinen Ausweis und nahm ihn nach nie enden wollenden Minuten entgegen. Prompt sprach mich Edward darauf an: „Medizin? Wie kommst du auf Medizin?“ Ich erkannte etwas in seinem Gesicht, dass mir gänzlich missfiel: Misstrauen. „Nur so, ich meine, ist bestimmt interessant“, versuchte ich es ganz locker zu sagen. „Nur so, habe ich es auch genommen.“ Er deutete auf seinen Ausweis. „Hm“, ich nickte, „cool.“ Mir gefiel der Gedanke, dass ich Medizin studierte immer besser. Es war eine Art Macht, die ich gewann, wenn ich mich selbst informieren konnte und nicht Carlisle oder Edward einweihen musste. Vielleicht wäre das auch sinnvoll, wenn ich später mal meine Sterilisation rückgängig machen wollte… ich würde sicher einiges in einem Medizinstudium darüber erfahren, was weder Elisabeth wusste, noch Carlisle oder Edward mir jemals erzählen würden… „Eure Stundenpläne. Oh, Medizin Bella?“, Jasper reichte mir meinen Stundenplan. Ich nickte knapp und überflog meinen Stundenplan. „Was habt ihr genommen?“, fragte ich und sah auf. „Rechtswesen und Alice hat Design genommen“, antwortete er für Alice, die in ihren Stundenplan und eine Broschüre vertieft war. „Ich komme sofort wieder“, murmelte ich, als ich meinen Stundenplan näher betrachtet hatte. Ich ging an Edward vorbei ins Sekretariat und ließ mir ein Vorlesungsverzeichnis geben. Ich setzte mich neben Alice und las darin. Die Themen des ersten Semesters waren grundlegende Sachen, die mich aber nicht interessierten (Zellen, Bewegung, Atmung etc.). Die Themenbereiche, die mich brennend interessierten, kamen erst im vierten und fünften Semester: Schwangerschaft, Sexualität, Fortpflanzung. Vielleicht auch Endokrinologie. Ich blätterte weiter, während ich Edwards verwirrten Blick auf meinem spürte. Hm. Ich stand auf und ging noch einmal ins Sekretariat. „Entschuldigen Sie? Können Sie meinen Stundenplan umändern? Ich würde gerne die Praxisseminare und Praktika-Stunden streichen lassen und dafür Theorie aus dem zweiten und teilweise aus dem dritten Semester vorziehen.“ Die Sekretärin zog eine Augenbraue hoch. „Dann können sie keine Prüfung machen.“ „Ich weiß“, sagte ich nur. Wollte ich ja auch nicht, ergänzte ich in Gedanken. Ich brauchte nur das Wissen, nicht das Zertifikat eines Abschlusses. „Wenn Sie meinen“, sagte die Frau schnippisch, nahm mir meinen Stundenplan und meinen Ausweis aus der Hand und tippte in den Computer. „Das wären dann aber sechzehn Seminare, wenn sie das dritte Semester zur Hälfte vorziehen.“ Der Vorwurf, ich sei verrückt, war deutlich herauszuhören. Doch ich hatte es eilig. Vielleicht hatte ich nur zwei Semester, die ich hier Medizin studieren konnte. Vor meinem dritten hatte Nela Geburtstag und ich glaubte nicht, dass ich in der Zeit ihrer Verwandlung, ich schluckte, studieren wollte. Ich ärgerte mich, dass ich nicht schon eher mal in Medizin reingeschnuppert hatte. Also würde ich mich eben jetzt ran halten. „Ja das ist okay“, sagte ich betont lässig und nahm den ausgedruckten Stundenplan mit meinem Ausweis dagegen. Kaum war ich aus dem Sekretariat gegangen, nahm Edward, der direkt neben der Tür an der Wand gelehnt hatte, mir den Stundenplan aus der Hand. „Was hast du vor?“, er musterte den Stundenplan argwöhnisch, „Sechzehn Lehrveranstaltungen? Und die Praxis?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich will kein Arzt werden und ich will keine Leichen sezieren.“ „Hm“, machte Edward und gab mir den Stundenplan zurück. Ob er etwas bemerkt hatte, meine wahren Absichten, wusste ich nicht, denn mir war nicht klar, wie viel Alice’ Vision von meinen Gründen, die zwar eigentlich nicht Bestandteil von ihren Visionen waren, aber hin und wieder Andeutungen auf die Beweggründe machen konnten, preisgegeben hatte. Edward blieb bei seinem und ich war froh, dass er das machte was ihn interessierte. Er behielt die Praxisseminare und auch das zweistündige wöchentliche Praktikum in einer Klinik. Vor allem Carlisle war sehr erfreut darüber. Er schätzte es sehr, dass Edward es versuchte, obgleich er ihn warnte, dass es anfangs sehr heftig ist, weil der Geruch von menschlichem Blut ständig und sehr intensiv in der Luft lag. Ich war am Montag sofort zu den Dozenten in die Sprechstunde gegangen oder hatte sie anderweitig ausfindig gemacht, um mir den bereits abgehandelten Stoff zu notieren und Bücher auszuleihen bzw. zu kaufen. Ich begann sofort mit dem Nachholen, als ich zu Hause war. Edward sagte zwar nichts, aber ich war mir sicher, dass mir das eine oder andere mal einen verwirrten Blick zu warf. Natürlich schien meine brennende Motivation für ein Medizinstudium für ihn merkwürdig, doch den wahren Grund wollte ich ihm nicht nennen – es wäre zu merkwürdig. Das Wetter ließ uns diese Woche im Stich, sodass ich bereits am Dienstag alleine zur Uni fahren musste (Alice sagte mehrere – trotz allem eiskalte – Sonnenstunden voraus). Das war keine gute Idee. Meine Finger waren so kalt, dass ich kaum Gefühl darin hatte und das Lenkrad notdürftig festhielt. Mein Cabrio war, so toll es auch war, eben ein Cabrio und ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich jemals die Heizung eingeschaltet hatte. Dementsprechend lange dauerte es bis es einigermaßen warm war. Hinzu kam, dass ich nicht glaubte, dass das Verdeck, ich hatte es heute zum ersten Mal mit Edwards Hilfe ausfahren lassen, wirklich dicht war. Bibbernd und mit einem flauem Magengefühl, dass Zusehens unangenehmer aber nicht unerträglicher wurde, setzte ich mich in meine Vorlesungen in den ich nicht mal ansatzweise die Sätze rekonstruieren konnte. Meine Verzweiflung fiel den andere nicht auf, denn sie beachteten mich gar nicht (ein Nachzügler war scheinbar nicht gern sehen). Außer Caroline. Sie schien auch eine Art Außenseiterin zu sein und heftete mich seit dem ersten Tag an meine Fersen. Ich wusste nicht, ob ich es begrüßen sollte, jemanden kennen gelernt zu haben oder nicht. Sie konnte ziemlich nervig sein, denn bereits nach den ersten Stunden neben ihr kannte ich ihre ganze Lebensgeschichte. Ihre Eltern waren beide Ärzte, wie auch ihr Onkel und ihre Großmutter mütterlicherseits, sowie ihr Bruder. Alle anderen hatten sonst auch irgendetwas mit Medizin im engeren oder weiteren Sinne zu tun, sodass sie keine andere Wahl gehabt hatte. Freitag kamen Edward, Alice und Jasper zum ersten Mal mit zur Uni. Alice und Jasper verabschiedeten sich direkt in ihre Trakte und Edward ebenso (er hatte die erste Stunde Praxis und stieß erst in der zweiten, vor der Mittagspause, zu mir). „Bella, Bella, Bella“, sagte Caroline hastig, als sie von ihrer ersten Vorlesung kam und sich neben mich platzierte. Ich hielt nach Edward Ausschau, während Caroline über das Gemurmel der Studenten hinweg schnatterte. „Oh du glaubst es nicht! Ich hab gedacht er ist ein Dozent – Pustekuchen! Er war in meinem Seminar! Wirklich! Er sieht umwerfend aus! Bella hörst du mir überhaupt zu?“, fragte sie aufgeregt, während meine Augen an der Tür hefteten und meine Finger an der Kante meines bislang unberührten Blocks nesselten. Sie folgte meinem Blick und prompt trat Edward rein. Er sah nicht hoch zu den Stufentischen, sondern ging geradewegs zum Pult des Dozenten. „Bella!“, piepste Caroline neben mir, „Das ist er! Das ist er! Sieht er nicht absolute umwerfend aus?!“ Ich schnaubte leise mit einem Grinsen und senkte den Blick auf meine Finger. Edward spulte das ganze Höflichkeitsprogramm vorne am Pult an. Ich konnte mir wortwörtlich vorstellen was er sagte: „Guten Tag, mein Name ist Edward Cullen und heute zum ersten Mal in Ihrer Vorlesung. Vielleicht wurde Ihnen schon von mir berichtet.“ So oder so ähnlich. Carolines Hände klammerten sich an meinen rechten Oberarm und zerquetschen ihn fast (ich hoffte nicht, dass sie merkte, dass meine Haut härter war als andere, aber eigentlich bemerkten Menschen das nicht und Caroline in ihrem jetzigen Zustand sowieso nicht, setzte ich in Gedanken hinzu). Edward wandte sich um, ließ den Blick kurz über die Bänke gleiten, dann haftete sein Blick kurz an mir, senkte sich und er ging den Mittelgang entlang. „Bella!“, Carolines Stimme war so hoch, dass es mir in den Ohren weh tat und ihre Fingernägel gruben sich in meinen Arm, „Stell dir vor, er würde sich neben dich setzen!“ In diesem Moment ging Edward in unsere Bank und kam zu uns durch. Ich wurde rot. „Ja, stell dir vor“, murmelte ich leise. Edward setzte sich neben mich. Ich sah immer noch auf meine Hände. Er küsste mich lange auf die Wange. Augenblick ließ Caroline mich los und wich ein Stück auf ihrem Platz zurück, um mich zu anzustarren. Ihr Mund war geöffnet. Ich sah sie an, ich hatte keine andere Wahl, und erklärte, nach kurzen zögern: „Mein Freund.“ Ich glaubte, dass es besser wäre noch kein Ehepaar zu spielen, da wir vorgaben achtzehn zu sein. Und wir mussten ja nicht noch mehr als sowieso schon auffallen. Caroline nickte mechanisch, aber mit heftig aufgerissenen Augen. Nun sah ich Edward an und lächelte. Er nahm eine meiner Hände vom Tisch und unsere Finger kreuzten sich unter dem Tisch. Wie Teenager, dachte ich automatisch. Er beugte sich zu mir, küsste kurz die Senke unterhalb meines Ohrs und flüsterte dann: „Kein guter Plan, wir haben unsere Namen nicht ändern lassen.“ Ich zog die Augenbrauen zusammen. Dann verstand ich. „Oh, achso.“ Wenn wir mit Nachnamen gleich hießen, konnte ich kaum erzählen, dass er „nur“ mein Freund war. Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern und legte den Kopf auf seine Schulter. Die immer noch fassungslose Caroline neben mir ignorierte ich. „Wie war dein Seminar?“ „Langweilig, alle total panisch. Einen Menschen aufschneiden, nichts Aufregendes“, seufzte er. Ich nickte an seinem Hals. „Und, was habt ihr gemacht?“ Er klappte meinen Block auf. Er war leer. „Ist es ausgefallen?“ „Nein“, erwiderte ich peinlich berührt, „ich hab nur nichts verstanden, was ich hätte aufschreiben können. Ich muss am Wochenende noch mehr nachholen.“ Edward kicherte leise mit nach vorn gerichtetem Blick. Ich schlug ihm auf den Hinterkopf, wohl wissen, dass ich mir, im Ernstfall, was aber selten vorkam, einen blauen Fleck zuzog. Nicht er. Edward wartete am späten Nachmittag noch auf mich. Freitags war mein Horrortag. Von acht bis achtzehn Uhr und dazwischen zwei Stunden Mittagspause. Und das am Freitag, dachte ich ächzend. Obwohl Edward nur elf Vorlesungen hatte, fuhr er immer mit mir hin und mit mir zurück (ich hatte immer um acht Uhr direkt und mindestens bis sechzehn Uhr, mit Pausen, je nach dem). Ich sagte ihm zwar, dass er das nicht brauche, dass ich alleine fahren könne, doch er meinte, er würde Selbststudium machen (ich nahm ihm das nicht ab)). Müde und vor allem durchgefroren wie immer ließ ich mich in Edwards warmen Volvo plumpsen (Standheizung dachte ich seufzend). Ich rutschte mit Po ein wenig runter, sodass mein Kopf unter der Kopfstütze lag und ließ meine Wange auf dem weichen Polster liegen. Automatisch schloss ich die Augen und genoss die Wärme und Behaglichkeit. „Schläfst du?“, flüsterte Edward nach einer Weile. „M-hm“, schüttelte ich den Kopf und öffnete die Augen. Edward war gerade in die Seitenstraße eingebogen und parkte elegant neben Carlisles Wagen ein. „Du bist ganz schön müde oder?“, fragte Edward, während ich mich kraftlos aus dem Wagen aufrappelte. Er nahm mir meinen Rucksack ab. „Ja, schlaucht ganz schön“, murmelte ich und schloss die Autotür. Edward legte einen Arm um mich und wir gingen langsam Richtung Hauseingang. Ich warf einen Blick auf mein Cabrio, welches vor dem Haus parkte. Ich erschauderte unwillkürlich, als ich es sah. „Sag mal Edward“, begann ich und ging langsamer, Edward sah erwartungsvoll zu mir runter, „kann man mein Auto eintauschen?“ „Eintauschen?“, fragte er mit leicht zusammengekniffenen Augenbrauen. „Ja… gegen ein Wärmeres. Wir werden ja einige Zeit hier bleiben, also dachte ich-“ Edward lachte laut und drückte mich an sich, sodass ich abbrach. „Was?!“, fragte ich, als er geendet hatte. Er grinste. „Wir brauchen keine Autos ‚zu tauschen’. Sag mir einfach welches du haben willst.“ „Mir gleich. Nur ein warmes. Aber ich brauche dann das Cabrio nicht mehr…“, wand ich ein, während wir über die Treppen und schließlich in den Flur stiefelten. „Wir werden aber irgendwann wohlmöglich noch mal an wärmere Orte ziehen, obwohl…“, er überlegte, während wir ins Wohnzimmer gingen, „dann ist deines zu alt. Dann brauchst du sowieso ein neues.“ Ich schnaubte. Alt. Bei Carlisle und Edward war mir erst aufgefallen, dass sie neue Autos hatten, als Edward mich darauf aufmerksam machte. Sie kauften sich alle paar Jahre, teilweise jedes oder jedes zweite Jahr, dasselbe Auto. Hin und wieder ein andere, neueres Modell, was aber zu ähnlich aussah, als dass ich darauf achtete. So fuhr Edward immer noch einen Volvo und Carlisle einen Mercedes mit getönten, eher nachtschwarzen Scheiben. Alice kaufte sich zwar immer einen Porsche, doch sie experimentierte wild mit Modellen und vor allem mit der Innenausstattung (ganz zu schweigen von der Farbe, sie hatte schon alle Farbpaletten durch). „Hm, ich werde mal Rosalie anrufen. Emmett und sie sind gerade in Europa. Vielleicht ist dort ein neues Auto raus gekommen, was viel versprechend-“ „Nein“, unterbrach ich ihn rasch, „das ist nicht nötig. Ich brauche nur eines mit einer guten Heizung, sonst nichts.“ Ich legte meine zig Kleidungsstücke ab, die Cullens heizten wegen mir so gut, dass ich in Jogginghose und T-Shirt herumlief, und die Bücher aus meinem Rucksack und dem zusätzlichen Beutel daneben. „Wie du meinst“, sagte Edward zwar, doch ich war mir sicher, dass er meinen Einwand ignorierte. Ich wollte keinen Streit zwischen ihm und Rosalie heraufbeschwören, denn Rosalie würde wissen, wer als einzige ein „warmes Auto“ in Kanada brauchen würde. „Ich hab dir was warmes gemacht“, sagte Esme zärtlich und stellt mir neben meinen Bücherberg einen Teller heiße Suppe hin. „Oh danke, vielen dank“, sagte ich stöhnend und ließ mich sofort davor nieder. Dass ich mir die Lippen verbrannte merkte ich nicht – sie waren zu eiskalt und gefühllos. „Du wirst doch nicht krank, oder?“, hörte ich Carlisles Stimme und spürte sogleich seine Hand an meiner Stirn und meiner Wange. Ich schüttelte ihn sanft ab und wand mich zu ihm um. „Quatsch, mir geht’s gut. Das Wetter hier ist nur übel.“ Ich löffelte die Suppe hastig weiter. Edward kam wieder herein (ich hatte gar nicht bemerkt, dass er raus gegangen war) und ich sah noch so eben wie er das Handy in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Ich verdrehte die Augen und widmete mich wieder der Suppe. „Ich hole das Auto gleich mit Alice ab“, sagte er, nachdem er sich mir gegenüber gesetzt hatte. „Was?“ „Ich will ja nicht, dass du erfrierst, da hab ich gleich einen neuen Wagen gekauft“, sagte er, wie, als wäre das alltäglich und nicht der Rede wert. Ich ließ den Löffel auf Mundhöhe schweben und starrte ihn an. Eigentlich sollte ich mich ja an so was gewöhnt haben, aber ich glaube, an so etwas gewöhnte ich mich nie. Ich blinzelte mehrmals, schüttelte den Kopf und aß weiter. Es würde keinen Sinn machen zu diskutieren und wenig später präsentierte mir Edward stolz einen metallicblauen nagelneuen Chrysler. ------------------------------------------------------------------------------ Freue mich über Kommis=) LG V ^^ P.s. Ich überlege ein Adult-Kapitel als Special zu machen und ein Special aus Edwards Sicht mit Nela & den Cullens zu Hause, also den Alltag mit Nela zu Hause, den Bella nicht mitkriegt, hatte ich mir vorgestellt... interessiert euch sowas???? Wollt ihr sowas mal lesen???? Kapitel 12: Bettgeflüster ------------------------- Viel Spaß ^^ ------------------------------------------------------------------------ Dadurch, dass ich immer erst so spät zu Hause war, blieb mir unter der Woche wenig Zeit, um abends großartig Stoff aufzuholen, doch ich versuchte es. Denn ich wollte es unbedingt. Je weniger ich schlief, desto weniger konnte ich träumen (und desto müder war ich, aber das war mir gleich). Ich dachte tagsüber nicht darüber nach. Über das, was letztes Wochenende passiert war und die Sterilisation, die damit unweigerlich zusammen hing. Ich verbot mir jeglichen Gedanken. Doch das hielt mein Unterbewusstsein nicht davon ab, sich in den wenigen Stunden Schlaf, die ich mir genehmigte, sich mit allem auseinanderzusetzen. Ich bat Edward seit einigen Tagen darum, mir das Schlaflied vorzuspielen, so blieben mir wenigstens die bewussten Gedanken vor dem Einschlafen erspart. Die ersten Nächte, nachdem wir uns an der Uni eingeschrieben hatten, waren grauenvoll gewesen. Ich hatte Montag damit begonnen zu verdrängen, nachdem ich mich Sonntag noch mit allem auseinandergesetzt hatte. Umso mehr ich verdrängte, umso präsenter und realer, hatte es den Anschein, wurde mir alles in meinen Träumen. Ich war, seitdem die Albträume begonnen hatten, nicht mehr in unserer Schlafzimmer gegangen – zumindest nicht zum Schlafen. Ich schlief auf der Couch im Schlafzimmer. Das hatte mehrere Gründe. Erstens, weil Edward mir nichts vorspielen konnte, wenn ich oben in unserem Bett schlief. Zweitens, weil ich Panik vor dem Bett hatte. So merkwürdig das auch klingen mag, aber sobald ich darin gelegen hatte, hatte ich augenblicklich Zeit. Zeit zum nachdenken. Zeit, die ich nicht wollte. Meist nur sehr wenig Zeit, bevor ich in den Schlaf glitt, doch lange genug. Spielte Edward mir was vor, konnte ich mich in dieser Zeit vor der Schlafphase wenigstens noch auf seine Musik konzentrieren. Und wenn ich aufwachte, war immer jemand im Wohnzimmer mit dem ich mich dann ablenken konnte, obgleich es mir unangenehm war, ihnen so auf die Pelle zu rücken. Edward kannte den zweiten Grund nicht. Ich hatte ihm nur gesagt, dass ich gerne mit seiner Melodie einschlafen würde. So auch heute. „Spielst du mir nachher wieder vor?“, fragte ich, als ich auf der Couch lag und mit müde Augen das Kapitel über Zellteilung zu verstehen versuchte, nachdem er mir das neue Auto gezeigt hatte (er war sichtlich zufrieden mit seiner Auswahl gewesen). „Ja“, Edward stellte sich neben die Couch, während meine Augen den Worten des Buches folgten, „willst du nicht langsam mal schlafen? Du siehst sehr erschöpft aus“, stellte er mit kritischem Blick fest. „Ist doch Wochenende“, murmelte ich, vertieft in das Buch, obwohl ich kaum mehr Worte richtig erfassen konnte. „Eben“, erwiderte Edward. „Hm, du hast recht“, resigniert ich, weil ich mich wirklich anstrengen musste, meine Augen einigermaßen offen zu halten und zugleich nicht so müde auszusehen wie ich war. Ich legte das Buch auf den Boden, nahm meine Bettwäsche hinter der breiten Couch hervor und folgte Edward, der zum Flügel ging, mit den Augen. Heute Abend war niemand da. Sie waren jagen. Sonst saß ab und an Alice oder Esme neben Edward und lauschten ihm. Mir fielen die Augen zu und ich schlief, bevor er auch nur eine handvoll Takte gespielt hatte. Sobald ich merkte, dass ich Geräusche wahrnahm, dass ich mit geschlossenen Augen Lichtreflexe sah, dass meine Träume nicht mehr so greifbar war, zwang ich mich, wie immer, trotz aller Müdigkeit, die Augen zu öffnen und rasch aufzuwachen. Je schneller, desto besser, aber auch unsanfter. Doch als ich heute aufwachte, erblickte ich nicht das Wohnzimmer, erblickte ich kein Weiß, keinen der Cullens. Ich war allein. In einem in gold getauchten Raum. In unserem Bett. Mein Atem ging sofort schneller und die Erinnerung an die Träume und die lästigen grausamen Gedanken, die ich hier verschwendet, die ich hier zuletzt erlebt hatte, wurden mir vor Augen geführt. Ich sprang aus dem Bett und sprintete ins Bad. Wenn Edward mich gesehen hätte, was nicht der Fall war, hätte ich wenigstens die Ausrede gehabt, dass ich nötig auf Toilette musste, doch eine Notlüge war gar nicht notwendig gewesen, denn er kam nicht. Ich wusch mir mehrmals durchs Gesicht. Nun hatte Zeit mich zu sammeln, doch es gelang mir nicht. Ich kriege kein Baby? – Einsamkeit … Aussichtslosigkeit… Angst… Panik… – Wie sollte es weitergehen? Würde er mich weiter wollen? – Einen Augenblick, indem sich nichts in seinem Gesicht abzeichnete. – Als glückliche Familie? Irgendwann mal? – Ich presste die Hände mit erhobenen Ellenbogen fest gegen meine Schläfen, gegen meine Ohren, die Augen zusammen gekniffen. Ein Augenblick, der der letzte sein konnte und den ich genoss. – Wenn ich in niemandes Leben trat. – Schlafen ist friedlich, würde mein Kind den Tod spüren? –Wenn er mich verließ, wenn er mich nicht mehr wollte, wenn er wegging… – Er wird mich hassen, dass ich ihm das antue. – Wenn Edward mich verließ, wollte ich nicht länger leben. – Ich öffnete den Mund als wollte ich schreien, doch ich schrie nur innerlich. Niemals würde ich dich verlassen, egal was passiert… niemals würde ich dich verlassen… niemals… egal, was passieren wird… niemals… ich werde immer zu dir halten… immer… immer… niemals würde ich dich verlassen… egal was… ich werde immer zu dir stehen… niemals… niemals… Hast du das verstanden? Hast du das verstanden? Hast du das verstanden? Ich sackte auf die Knie. Mein Atem schnellte wie der eines Marathonläufers. Meine Hände waren an meinem Gesicht nass vom Schweiß. Ich konnte keine Tränen mehr vergießen. Ich wurde kaum ruhiger. Ich rannte aus dem Bad ins Wohnzimmer. Benebelt, aber völlig äußerlich wutentbrannt. Warum tat er mir das an? „Warum tust du das?!“, fragte ich prompt ein wenig zu laut, als ich ihn im Wohnzimmer neben Alice an den Esstisch lehnen sah. „Warum hast du mich hochgebracht?!“ Sein Gesichtsausdruck wechselte schlagartig in eine entsetzte Miene. Ich war mir nicht sicher, wie fürchterlich ich aussah. „Ich dachte, oben wäre es bequemer“, antwortete er ruhig und behutsam auf meine zweite Frage. „Ich habe nicht darum gebeten! Wenn ihr ein Problem damit habt, dass ich hier schlafe, dann sagt es mir!“ Dann kann ich mich darauf einstellen oben schlafen zu müssen, ergänzte ich in Gedanken. „Bella was ist denn los?“ Seine Stimme war immer noch betont ruhig. „Nichts“, nun kamen mir doch die Tränen, „siehst du doch“, ich biss mir auf die Lippe um nicht richtig loszuheulen, „außer, dass ich irgendwo geschlafen hab, wo ich nicht schlafen wollte!“, redete ich wirsch. Edward kam ein paar Schritte auf mich zu. Ich bemerkte, dass Alice zu Esme, die im hinteren Teil bei Esme war, huschte und begann zu telefonieren. „Ich verstehe nicht Bella.“ „Sag mir einfach nächstes Mal vorher bescheid, wenn ich woanders schlafen soll“, sagte ich trocken und ging an ihm vorbei, in die Küche, als wäre nichts gewesen. Ich hatte das Gefühl eines stark pochenden Herzens in mir, was aber vielleicht auch mit meinem rasenden Atem zusammenhing, als ich versuchte Cornflakes in eine kleine Frühstücksschüssel zu geben. Ich ging rasch zur Milch über, damit ich nicht noch mehr Cornflakes daneben kippte. Doch es landete auch mehr Milch neben der Schüssel als in der Schüssel. Als ich gerade resigniert, die Milch beiseite stellen wollte, fasste Edwards Hand von hinten bestimmt um mein Handgelenk, sodass letztlich doch noch Milch in die Schüssel gelangte. „Danke“, murmelte ich mit einem kurzen Seitenblick nach hinten. „Kannst du mir das von eben mal erklären?“, sagte er tonlos, als er sich mir in den Weg stellte, als ich aus der Küche herausgehen wollte. „Ich habe mich doch deutlich ausgedrückt oder?“, wurde ich leicht säuerlich, „Ich möchte nachts nicht unfreiwillig umnachten.“ Edward verdrehte seufzend die Augen. „Wir wissen beide, dass es einen andere Grund gibt, warum du vollkommen fertig bist“, brachte er es so sehr auf den Punkt, dass ich die Schüssel in meiner Hand fallen ließ. Edward pflückte sie geschickt, ohne, dass etwas daneben ging, aus der Luft. „Danke“, murmelte ich wieder, nahm sie ihm aus der Hand und setzte mich an den Esstisch. Edward setzte sich sofort mir gegenüber, die Hände gefaltet und mit forderndem Blick. Ich ging gar nicht auf seine wartende Haltung ein und versuchte mich aufs Essen zu konzentrieren. „Bist du heute Nacht aus dem Bett gefallen? Hab ich vergessen das Licht auszumachen? Hast du schlecht geträumt?“, kam er dem wahren Grund nahe, „Ist dir das Gold zu Kopf gestiegen? Hab ich dich auf die falsche Bettseite gelegt? War dir zu warm?“, seine Augen blitzen, „Soll ich weiter raten oder redest du endlich mit mir?“ Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu und stocherte in der matschigen Cornflakespampe herum. Dann ließ ich den Löffel in die Milch fallen und sah resigniert zur Seite. Wie sollte ich ihm das sagen? Edward wartete. Die Tür öffnete sich leise knatschend und ich wandte mich interessiert, eigentlich nur interessiert an einer Ablenkung und Zeit, mir zu überlegen, was ich ihm sagen sollte, um. Jasper kam herein. Er sah an mir vorbei. Ich wand mich zu Edward, der Jasper konzentriert ansah. Ich nahm wahr, wie Alice hinter mir zu Jasper huschte. Keiner sagte einen Ton, doch ich wusste, dass alle drei miteinander kommunizierten. „Mir geht es gut“, sagte ich laut, aber resigniert, „nicht wahr, Jasper?“ Das Theater war leicht zu durchschauen. „Ja… ich würde sagen für ‚Bella-Verhältnisse’ ja“, antwortete er neutral. „Bella-Verhältnisse“, wiederholte Edward leise schnaubend. Natürlich merkte Jasper jetzt nichts. Jetzt, in diesem Moment, war ja auch alles in Ordnung. Das schlimmste hatte Jasper – Gott sei Dank – nicht mitbekommen. Es hätte ihn vermutlich zu Tode geängstigt. „Wir sind dann mal weg“, sagte Alice überdeutlich, harkte sich bei Jasper ein und ging mit ihm aus dem Wohnzimmer. Alice warf Edward noch einen viel sagenden Blick zu. Ich seufzte und stand auf, um meine Cornflakes in die Küche zu bringen. „Bella bitte, ich will dich doch verstehen, um dir nicht weh zu tun“, sagte er mit seiner samtenen Stimme, während er mir in die Küche gefolgt war. „Es gibt Dinge“, begann ich schweren Herzens, „die kann ich dir nicht erklären. Nicht, ohne das Risiko einzugehen, dass du mich für ein psychisches Wrack und eine verrückte Neurotikerin hältst. Du hast das nicht verdient.“ Ich sah ihn sehr ernst an. Edwards Mundwinkel zuckte und dann konnte er sich nicht mehr zurück halten und lachte laut. Er nahm mich, immer noch lachend, seitlich in den Arm. „Ach Bella, niemals würde ich so etwas von dir denken.“ Er drehte mich zu sich um und beugte sich vor, um mir tief in die Augen zu sehen. „Das einzige, was ich von dir denke ist, dass du eine sehr starke Frau bist und das Liebste, was ich im Leben habe“, meine Augen füllten sich mit Tränen, „würdest du mir erzählen, was dich beschäftigt?“ Ich legte meine Hand in seine, die er breitwillig umschloss und nahm ihn mit zur Couch. Ich setzte mich im Schneidersitz, so konnte ich nicht so schnell weglaufen, falls ich das erwog (obgleich es mich sicher nicht gänzlich aufgehalten hätte) und er nahm direkt mir gegenüber Platz, leicht seitlich. „Ich- Weißt du, wenn ich abends Zeit habe nachzudenken, dann sehe ich alles vor mir… von… den… letzten Tagen…“, sagte ich langsam, um ihm zu verdeutlichen, was ich meinte, „und… alles was damit zusammenhängt.“ Ich warf hin und wieder einen Blick in sein Gesicht, um mich zu vergewissern, dass er mich ernst nahm und war verblüfft, dass er es wirklich tat, sodass ich ab und zu aus dem Konzept kam und wieder auf meine Hände sah. „Und wenn ich oben im Bett liege, das Bett sehe, dann kommt die Erinnerung an den… Abend… ich versuche wirklich alles nicht darüber nachzudenken, um es dir nicht so schwer zu machen, aber… heute Morgen… als ich oben allein war…“ Ich brach ab. Ich wollte ihm nicht erzählen wie kaputt ich wirklich war. Es reichte, wenn es mir belastete. „Ach Schatz, wenn ich dir doch nur helfen könnte“, er legte seine Hand an meine Wange, „bitte… bitte sag mir so was, du bist wichtig, wichtiger als alles andere.“ Ich krabbelte auf ihn zu, um mir einen innigen Kuss abzuholen. „Danke“, hauchte ich. Edward lächelte. „Also wieder hier?“, er deutete auf das Sofa unter uns, „Willst du wieder hier schlafen?“ „Ja. Außer-“ „Shhh“, machte er und hielt mir einen Finger an die Lippen. Dann küsste er mich innig. Ich war froh nachts zu schlafen, damit ich nicht mitbekam, wenn die Cullens ihr Schlafzimmer benutzten. Nicht, dass es ihnen in irgendeiner weise unangenehm sein würde, doch mir war es peinlich. Die Cullens waren trotz ihres hohen Alters, oder vielleicht gerade deshalb, was Sex anging sehr offen, aber nicht respektlos oder indiskret. Na ja, ich sollte von Emmetts Aussagen manchmal vielleicht absehen, dachte ich innerlich lächelnd (ich seufzte, ich vermisste ihn so sehr, aber Weihnachten würde ich ihn wieder sehen). Für sie war es die schönste Nebensache der Welt über die man unbedenklich reden konnte. Es hätte ihnen nichts ausgemacht, wenn ich von ihrer Privatsphäre etwas mitbekam, doch ich wollte nicht so tief in diese eindringen und war dankbar, dass ich keine Gelegenheit bekam. Dass unser Bett nicht benutzt wurde, machte mich nervös. Nicht wegen der Sache selbst, sondern darum, was Edward dachte und wollte. Ich wollte nicht, dass er sich mir zu liebe zurückhält, aber ich wusste auch nicht, ob ich schon wieder so weit war. In vielerlei Hinsicht. Ich hatte eine Idee. Ich würde ihm Sex in unserem Schlafzimmer vorstellen, als „Therapie“ für mich wegen meiner Wahnvorstellungen bezüglich unseres Doppelbetts. Ich glaubte, dass das erstens mir wirklich helfen könnte und zweitens Edward überzeugte und er sich nicht unnötig Gedanken über mein Wohlbefinden machte. Wenn ich allerdings an unser letztes Mal, kurz nach der Sterilisation, dachte, wurde mir im Nachhinein übel, auch wenn ich es damals als nicht so schlimm empfunden hab. Diese ganzen Gedanken, die mir währenddessen durch den Kopf gegangen waren, würden jetzt doppelt so intensiv sein, weil ja noch das Ereignis von vor knapp einer Woche dazukam. Doch ich musste es versuchen, denn körperlich wollte ich ihn unendlich. Ich wollte ihm das direkt am selben Abend noch vorschlagen. „Edward, ich will heute Abend doch nicht auf der Couch schlafen“, sagte ich auf einmal, während wir fernsahen. Die Gelegenheit war günstig. Esme war mit Alice in die Stadt gefahren, Carlisle arbeite und Jasper war irgendwo im Haus verstreut. „Wie kommst du jetzt darauf? Ich dachte-“ „Ja ich weiß“, unterbrach ich ihn, „aber ich glaube ich sollte mich meinem Problem stellen und wenn du bei mir bist“, ich wand dem Kopf zu ihm, „dann geht das bestimmt besser.“ Er lächelte sanft, führte mein Gesicht mit der Hand an meinem Kinn zu sich und legte seine Lippen auf meine. „Aber ich möchte, dass du ganz bei mir bist“, flüsterte ich und sah ihm in die golden pulsierenden Augen, „bitte.“ Edward küsste meine Lippen leidenschaftlich, ich blickte über seinen Kuss hinweg zum Couchtisch, drückte den Aus-Schalter der Fernbedienung und legte mich mit dem Rücken auf die weiche Couch unter mir. Edward küsste mich weiter mit geschlossenen Augen. Meine Hände berührten seinen Hals, seinen Nacken, sein Gesicht. „Heute Abend ja?“, japste ich widerwillig voller Erregung. „Heute Abend“, murmelte er. Wir grinsten uns an. Den restlichen Tag über holte ich Stoff auf. Edward saß neben mir und blätterte wahllos in einem Buch vom Stapel meiner Bücher herum. Hin und wieder fragte ich etwas nach und Edward erklärte es mir breitwillig (er konnte das zwar viel besser, doch ich war von seinem Charme immer noch gebannt, dass es mir schwer fiel mich zu konzentrieren). Ich sah nachdenklich und kritzelte den nächsten Satz meiner Zusammenfassung hin. Als ich wieder aufsah, warf ich einen Blick auf Edward. Er betrachtete die Seiten des Buches kaum den Bruchteil einer Sekunde und sein Blick war träumerisch. Er wartete, fiel mir auf. Ich gluckste. „Was?“ Er grinste schief. „Nichts“, sagte ich mit zusammengepressten Lippen und einem breiten Grinsen im Gesicht. „Sag“, er grinste ebenso breit. „Dass du nicht auf die Uhr guckst, ist alles“, lachte ich. Er stimmte mit ein. „Ist das verwunderlich?“, er strich mir das Haar zurück, „Bei einer solch schönen Frau, der ich gegenüber sitze?“ Ich schnaubte grinsend. „Aber ich muss es mir erst noch verdienen“, ich hielt ein Buch hoch, „es kann nicht jeder so ein Schlaumeier sein wie du.“ Ich küsste ihn kurz. „Ich bin gespannt wie das nächste Woche mit dir in der Klinik wird“, redete ich weiter, mein Blick heftete allerdings schon wieder an meinen Unterlagen, „wenn ich nicht so eine Abneigung gegen diese Orte hätte, würde ich mitkommen und Mäuschen spielen.“ Ich grinste ihn frech an. Er seufze. „Ja, das wird allerdings interessant. Ich bin ja einiges gewohnt“, er nickte mir zu, „aber das wird glaub ich noch eine Ecke härter. Viel mehr Menschen, die ihr Blut nicht immer in sich tragen.“ „Hmmm“, machte ich und vertiefte mich wieder in seine Unterlagen. Ich hatte vollstes Vertrauen zu ihm. „Ich esse nur noch auf und springe unter die Dusche“, sagte ich Augen verdrehend, „hoch und heilig versprochen.“ Edward tippte mittlerweile hin und wieder unwillkürlich mit den Fingern auf die Tischplatte. „Tut mir leid“, murmelte er. Ich grinste nur. „Hallo ihr Lieben“, kam Esme mit Alice zur Tür rein. Sofort war Jasper, von irgendwoher im Haus, an Alice’ Seite und küsste sie kurz. Beide waren beladen mit Einkaufstüten jeglicher Art. Alice lud alles auf dem Tisch ab, sodass ich rasch Platz machte. „Die Weihnachtsmärkte hier im Norden sind wirklich schön, ohne Zweifel-“ „Weihnachtsmärkte? Jetzt schon?“, unterbrach ich sie unabsichtlich. „Wir haben Mitte November Bella“, sagte sie entrüstet. Ich hatte gar nicht auf das Datum geachtet. Aufgrund der anhaltenden Kälte kam es mir hier immer wie im tiefsten Winter vor. „Was hast du denn mitgebracht?“, fragte ich, stand halb auf und schaute in die erstbeste Tüte, die Alice sofort zuklappte. „Geschenke Bella! Du kannst nicht rein sehen!“, mahnte sie, „sieh lieber zu, dass du mit essen und duschen fertig wirst.“ Ihr wissendes Grinsen verriet mir, dass sie mehr wusste. Ich seufzte, aß zu Ende und sprang unter die Dusche, während Alice mit Esme einige der Tüten mit Weihnachtsdekoration auf dem Boden ausgebreitet hatten und nun abwogen, welche denn doch in ihrem zu Hause besser aussahen. In mir kribbelte alles, während ich weiter abtrocknete und meine Haare machte. Die Vorfreude überwiegte momentan ganz klar, obwohl ich wusste, dass das nicht die ganze Zeit so sein musste und so sein würde, gestand ich mir ein. Edward stand bereits lässig neben dem Badezimmer und wartete auf mich. Als ich, nur im Negligé von Alice (es lag provokant auf dem Toilettendeckel) gekleidet, aus dem Bad kam, nahm er meine beiden Hände, küsste mich auf die Stirn und zog mich dann rückwärts zum Schlafzimmer. Er stand mit dem Rücken an der Tür, als ich sagte: „Demnächst müssen wir das nicht mehr planen, versprochen.“ Ich küsste ihn und löste eine Hand von der seinen, um die Tür zu öffnen. „Mir gleich“, hauchte er mir ins Ohr und wir stolperten rückwärts in unser formvollendetes Schlafzimmer. Ich fühlte neben mir ins Leere. Ich sah ins Dunkle. Meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Es war zu dunkel… dafür, dass ich glaubte, lange geschlafen zu haben. Die Rollläden waren heruntergezogen worden. Ich fasste um mich, erwartend, etwas kühles Samtenes zu berühren, doch da war nichts. Ich richtete mich auf. Meine menschlichen Augen erkannten im mageren Licht nichts. Ich stand auf und lief tastend zur Tür, die ich leise öffnete. Auch der Gang war dunkel (War es nachts immer so dunkel hier? Oder bekam ich das nur nie mit?). Ich ging ein paar Schritte mit den erhobenen Händen und Armen. „Edward?“, flüsterte ich in die Dunkelheit. Irgendwo wurde Licht angeknipst, sodass ich Konturen des Flures erkannte. Ich strich mir meine wilden Haare aus dem Gesicht. „Ich wollte dich nicht erschrecken“, sagte Esme, die plötzlich ein paar Meter entfernt vor mir stand und das grelle Flurlicht anschaltete. Ich kniff die Augen fest zusammen. „Edward dachte, du schliefest länger, wenn alles vollkommen dunkel ist“, erklärte Esme. „Wo ist er? Ist etwas passiert?“, fragte ich und zig Möglichkeiten, was passiert sein könnte, rasten mir augenblicklich in den Sinn. Doch Esme schüttelte den Kopf. „Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Er hat nur gesagt, dass er eine Idee habe und sie verwirklichen wollte, bevor du aufwachst.“ Nun zog ich verblüfft die Augenbrauen hoch. Aha, konnte ich nur denken. „Möchtest du dich noch hinlegen? Oder willst du dich anziehen?“ Ich sah an mir herunter und bemerkte erst jetzt, dass ich in Unterwäsche im Gang stand. „Oh. Ähm… ich bleibe noch etwas liegen…“, überlegte ich. Esme lächelte sanft und verschwand nickend eine Etage tiefer. Ich ging langsam wieder ins Schlafzimmer und schloss die Tür hinter mir. Eine Idee? Zu was? Ich setzte mich im Schneidersitz auf das Bett, welche vollkommen durcheinander war. Ich musste unwillkürlich lächeln. Es war so schön gewesen. Unbeschreiblich. Und auch nicht so… nachdenklich wie letztes Mal, nicht ganz so zumindest. Die Atmosphäre hier hatte mir den Verstand geraubt, sodass ich ihn nicht anderweitig nutzen konnte. Es war eine gute Entscheidung gewesen, eine Richtige. Ich zog die Rollläden hoch. Draußen war es duster und mondlos. Ich schaltete die Nachttischlampe an und blickte auf die Uhr. Halb Zwei. Ganz schön früh, doch ich war hellwach. Ich fragte mich, auf was für eine Art „Idee“ ich mich gefasst machen musste. „Esme hat mir gesagt, dass du schon wach bist“, vernahm ich auf einmal meine liebste Stimme. Ich wand den Kopf zur Tür, doch er saß bereits neben mir. Ich sah ihm nur kurz ins Gesicht, als er sich vorbeugte um mich zu küssen, und musterte ihn dann. Ich erwartete einen Gegenstand oder irgendeine Veränderung, sonst hätte er nicht das Haus verlassen müssen, um seine „Idee“ umzusetzen. „Neugierig?“ Er schmunzelte. „Ein bisschen.“ Ich sah zu ihm auf und musste in sein grinsen einstimmen. Als ein paar Sekunden ohne Reaktion seinerseits verstrichen, wurde ich ungeduldig. „Also?“, sagte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. „Es ist nichts großes“, beschwichtigte er sofort, „aber ich dachte, es wäre einen Versuch wert.“ Jetzt war ich vollkommen verwirrt. Er griff hinter sich auf seinen Nachttisch und legte mir etwas Hartes in die Hände. Ich musste mich zum Licht wenden, welches wir beide im Rücken hatten, um zu sehen was es war. Das Buch war mit goldenem Samt überzogen und hatte am Rand einen Verschluss an dem ein kleiner Schlüssel baumelte. Ich verstand. „Ein Tagebuch?“ Er nickte. „Ja. Ich dachte mir, vielleicht würde dir das helfen, deine Gedanken auf Papier zu bringen, damit zu sie abschließen kannst. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das ist ja der Sinn eines Tagebuchs.“ „Hm.“ Ich sah auf das Buch in meinen Händen. Ob das was bringt? Würde es mir helfen meine Gedanken auch noch in Worte zu sehen und nicht nur in meinem Kopf? Ich bezweifelte das stark. „Keine Sorge, keiner wird es in die Hände bekommen oder lesen. Mich einschließlich“, versicherte er mir, nahm mir das Tagebuch aus den Händen und legte es auf den Nachttisch hinter mir. Ich folgte seinen Bewegungen mit den Augen und blieb an dem auf dem Nachttischchen liegenden Buch hängen. Wie kam er darauf?, schoss es mir durch den Kopf und ich versuchte eine Verbindung zu ziehen von der letzten Nacht, der jetzigen Nacht, und seiner Idee. „Ich hab geredet oder?“, fragte ich direkt und sah ihm in die Augen. Edward nickte mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck. „Okay…“, sagte ich nur und sah wieder über die Schulter zu dem Buch. „Na ja, das ist auch Teil meiner Idee. Allerdings weiß ich nicht, ob du das möchtest…“, er hielt kurz inne, doch ich sagte nichts, „ich habe mir überlegt, deine Gedanken, die du aussprichst mitzuprotokollieren“, er langte wieder hinter sich und legte mir dasselbe Tagebuch, nur mit schwarzen Samteinband in den Schoß, „damit du dir dieser mehr bewusst wirst und dich damit auseinandersetzen kannst.“ Ich schluckte. Auseinandersetzen. Ganz schlecht. „Und wenn ich das gar nicht will“, warf ich unüberlegt ein. Er wusste, dass ich auf das letzte anspielte. Ich sah auf das schwarze Buch, welches ich nicht mit den Händen berührte. „Ich will und kann dir keine Vorschriften machen Bella, aber du solltest dich damit auseinandersetzen, bevor es dich nur noch mehr belastet.“ Ich starrte weiter auf das Buch in meinem Schoß und überlegte, ob ich das aushalten konnte. Edwards Hand griff nach dem Buch. „Nein warte“, sagte ich schnell, als es den Anschein machte, als wollte er es wegnehmen, „du hast recht. Es ist wohl besser.“ Ich musste das aushalten. Er nahm mir das Buch wieder aus den Händen, nahm einen Stift aus der Schublade und begann in sanften, aber schnellen Bewegungen auf die erste Seite des schwarzen Buches zu schreiben. Es dauerte nicht mal eine Minute bis er mir das Buch aufgeklappt zu schob. Ich sah ihn an, dann senkte ich den Blick auf das Buch, nachdem ich mich etwas anders gesetzt hatte, um den Lichteinfall zu verbessern. Ich tastete nach Edwards Hand, die meine, als ich seine erfühlte hatte, sofort, sanft umschloss und streichelte. Ich las: »Warum lässt du mich nicht einfach gehen?« »Lass mich, lass uns. Geh weg.« »Mir ist kalt.« »Warum hilft mir keiner?« Ich hielt inne. Schlagartig erinnerte ich mich wieder an meinen Traum, etwas, dass in letzter Zeit fast nie so gewesen war. Ich starrte auf die letzten vier Worte, ohne sie zu lesen. Ich hatte wieder Fetzen von der letzten Tage und Woche wild durcheinander geträumt, doch dann kam eine Szene, die diese entzwei riss, als gehöre sie gar nicht hierher. Ich stand an einer Klippe. Der Stein unter mir wurde bereits von den peitschenden Wellen bedroht. Die Wellen schwarzen und leckten nach meinen Füßen. Ganz oben, soweit entfernt und doch konnte ich es mit Gewissheit sagen, stand Nela. Auf der Hälfte der Klippen die Cullens. Ich konnte ihre Gesichter nicht erkennen, obgleich ich sie sehen konnte. Ich hüpfte immer wieder hoch und strich mit einer Hand unentwegt über meinen flachen Bauch. Ich schrie „Warum hilft mir denn keiner?“ und der Traum wechselte in die Fetzen von zuvor. Ich blinzelte Tränen weg, biss mir mit den Vorderzähnen auf die Unterlippe und las weiter: »Es tut weh.« »Gib es mir zurück!« »Oktober.« Ich legte das Gesicht in die Hände, krümmte mich über dem Buch und begann zu weinen, als wäre die schwarze Welle nun tatsächlich über mich eingebrochen. Edwards Arme umschlossen mich. Ich weinte, obwohl mein Kopf leer war und keine Gedanken hindurch huschten. „Vielleicht ist das doch keine gute Idee“, murmelte Edward. Sein Kinn hatte er auf meinen Kopf gelegt. Ich schüttelte an seiner Brust nur den Kopf. Ich durfte nicht die ganze Zeit vor mir selbst weglaufen, so wie ich es viel zu oft tat, denn ich gewann dadurch nichts. Es war lediglich ein aufschieben. „Schon okay“, sagte ich leise und richtete mich wieder auf, nachdem ich mein Gesicht von Tränen befreit hatte. „Ich lege mich noch etwas schlafen, danach können wir die Therapie fortsetzen“, witzelte ich schwach, um den besorgten Gesichtsausdruck aus seinem Gesichtsausdruck zu wischen. Es gelang ein klein wenig. ------------------------------------------------------------------------------ Freue mich auf Kommis :) Werd noch 1-2 Kapitel (voraussichtlich!) schreiben und dann das Special einschieben. Adult wird noch etwas dauern denk ich ^^ Kuss Vanessa Kapitel 13: Nur gefühlt ----------------------- Danke für eure Kommis! Zu Tokam: Ich denke, dieses Kapitel wird das "nerven" entschädigen (bezogen auf das Ende ;)) Zu Nigg: Nela wird bald auftreten :), vllt ein wenig anders, als ihr glaubt... aber momentan geht es ja um Bellas und Edwards Probleme, die diskutiert werden Zu Lantasch: Im nächsten Kapitel beschreibt Bella Fotos von Nela. Danke für den Hinweis, außer die Beschreibung des Säuglings, hab ich ihr Aussehen ziemlich vernachlässigt! Danke!;) Jetzt aber das neue Kapitel^^ Ich liebe den Schluss :):) Bin gespannt, was ihr sagt^^ Kuss Vanessa ---------------------------------------------------------------------- Sobald ich wach war, ging Edward runter um mir Frühstück zu machen, doch ich glaubte, dass er nur wollte, dass ich Zeit für mich hatte, um ins Tagebuch zu schreiben, wenn ich das wollte. Ich stand am Fenster und beobachtete Alice, die den Garten weiter verschönerte. Nicht mehr lange und er ist ganz fertig. Die dünne Schneeschicht störte Alice nicht. Als sie mich bemerkte, lächelte sie zu mir hoch und winkte. Ich erwiderte ihr Lächeln und winkte zurück. Dann wand ich den Blick ab und warf einen Seitenblick auf das Buch auf meinem Nachttischchen. Ich seufzte. Was versprach er sich davon? Was versprach ich mir davon? Konnte ich überhaupt etwas von dieser, doch sehr menschlichen, Idee erwarten? Ich wollte nicht leugnen, dass ich sehr menschlich war, doch meine Probleme hatten absolut nichts menschliches. Ich setzte mich aufs Bett und lehnte mich an einen Pfeiler an. Mein Blick wanderte zu Edwards Betthälfte und seinem schwarzen Buch – welches aufgeschlagen war. Ich reckte mich danach und sah mir die aufgeschlagene Seite an. Er hatte noch etwas hinzugesetzt: »Mama« Ich schloss das Buch, verschloss meine Gedanken und ging in Schlafkleidung runter. Nicht an meine Mutter zu denken, ihre SMS, E-Mails und Anrufe zu ignorieren, fiel mir vergleichsweise leicht. Die letzten Jahre hatte ich das ständig getan und mich nur ab und zu bei ihr gemeldet. Doch es wurde so langsam Zeit gar nicht mehr mit ihr in Kontakt zu treten, da mir die Ausreden ausgingen und mich ihre Verzweiflung, Nela oder mich nicht sehen zu können, innerlich zerriss. Auf dem Frühstückstisch hatte ein Zettel mit Edwards Handschrift gelesen „Sind in der Garage, bin gleich wieder da“. Ich mümmelte an einem Apfel rum, ohne wirklich Hunger zu haben, was kaum bemerkenswert war, und spielte in den Händen mit meinem Handy. Wenn ich die Nummer ändern würde und meine Mailadresse löschte, ging es mir durch den Kopf, dann… Ein Handy klingelte. Ich blickte auf meins und sah mich dann suchend um, denn meins war es nicht. Neben dem Marmeladenglas lag eines der Cullens. Ich langte danach, doch eine weiße Hand war schneller. Alice sah mich mit aufgerissenen Augen an, Edward war neben mir. Verwirrt sah ich von ihm zu ihr. Alice ging dran. „Hallo Schatz! Wie geht es dir?“ Sie entfernte sich. Ich verstand. Nela. „Ich hatte nicht die Absicht ran zu gehen“, sagte ich ehrlich zu Edward. Er nickte und setzte sich zu mir. Ich sah ihn lange an und er erwiderte meinen Blick wartend, wenn auch verwirrt über meine Untätigkeit. Ich nickte zu mir selbst, atmete geräuschvoll ein und aus und schob ihm mein Handy hin. „Kannst du bitte meine Nummer ändern lassen?“, fragte ich tonlos, aber vollkommen sicher, „Und meinen E-Mail-Account löschen?“ Edward kniff die Augen leicht zusammen. „Du willst den Kontakt zu deiner Mutter abbrechen?“, ich nickte, „für immer?“ Ich schluckte und nickte wieder. „Unter anderen Umständen hätte ich gesagt, dass das die einzig richtige Entscheidung ist, aber… glaubst du, dass du das verkraften kannst?“ „Früher oder später wird der Tag sowieso kommen-“, wand ich ein. „Er kann aber auch später kommen“, fiel er mir sanft ins Wort. „Ich weiß, aber wenn ich jetzt mit meiner Mutter reden oder schreiben müsste- glaub mir, es ist besser so“, sagte ich zu mir selbst nickend. Edward steckte mein Handy in seine Hosentasche. „Okay“, sagte er nur, doch ich war mir sicher, dass er nicht dieser Ansicht war. „Nela lässt euch lieb grüßen“, sagte Alice, als sie wieder zu uns stieß (Jasper und Esme waren nun auch bei uns), „ihr geht es sehr gut. Sie fragt, wann Emmett Weihnachten kommt. Sie möchte an demselben Tag anreisen wie er.“ „Sie haben sich noch nicht gemeldet“, wand Jasper ein und zog Alice auf seinen Schoß. „Ich denke wir werden vereinbaren ein paar Tage zu schummeln, damit du auch noch was von ihm hast.“ Alice zwinkerte mir zu. Mich erheiterte die Vorstellung und ich lächelte so breit, dass es schon wehtat. „Ich ruf’ sie gleich mal an, damit wir Nela Bescheid sagen können“, schlug Esme vor und war schon aus dem Zimmer gespurtet. „Ich hab noch kurz mit Carmen gesprochen“, fuhr Alice dann zu Edward gewand fort, „es ist nichts besonderes vorgefallen. Außer dem üblichen. Sie wälzt Eleazars Bücher, aber sie geht erstens nicht sehr systematisch vor“, Alice grinste, „und versteht sie die Sprache kaum und hat nahezu aufgegeben.“ „Ich werde nächste Woche mal nach Denali fliegen und sie unter anderem fragen, wie sie dieses Jahr Weihnachten feiern will und was sie sich wünscht“, überlegte Edward und wand sich dann ruckartig mir zu, „wenn das für dich okay ist…“ „Klar sicher, wenn ich könnte, würde ich sagen, gib ihr einen Kuss von mir“, versuchte ich es leichthin zu sagen und lächelte zaghaft mit einem Grummeln im Magen, das nichts mit dem ständigen flauen Magengefühl von den Schmerzmitteln zu tun hatte. Edward nickte bloß. „Hm, kann ich mitkommen?“, fragte Alice dann und sah mich erwartungsvoll an. „Du brauchst mich nicht um Erlaubnis fragen“, entgegnete ich verblüfft. Jasper wechselte mit Edward einen viel sagenden Blick, den ich nicht verstand. In diesem Moment kam Esme wieder reingerauscht. „Emmett und Rosalie kommen am 21. Dezember. Dann sag doch Nela einfach, sie soll am 23. kommen, oder?“, machte sie sogleich einen Vorschlag. „Jop“, Alice hüpfte hinaus, ohne eine weitere Reaktion unsererseits abzuwarten (die sie natürlich schon gesehen hatte). „Ich freu mich so Emmett wieder zu sehen“, sagte ich und sah dann Edward direkt an, „kannst du mir dann, nur allgemein, sagen, wie es Rosalie so geht? Ich meine…“, ließ ich den Satz in der Schwebe. Edward nickte bereits während ich geredet hatte. „Mach dir keine Gedanken“, Jasper legte mir kurz eine Hand auf die Schulter, „unsere Schwester braucht immer ein wenig länger, um ihre Eitelkeit in Griff zu kriegen. Hoffe nur, dass es keine Jahrhunderte werden, das würde Esme das Herz brechen“, murmelte er, während er bereits das Zimmer verließ. Nach dem Frühstück begann ich wieder mit dem Nachholen. Ein Monat war viel. Zumindest für jemand mit keinerlei Vorerfahrung und Begabung in dem Bereich. Edward wuselte mit Alice und Jasper im Haus herum. Mal räumte sie um, mal machten sie den Garten, mal sahen sie fern oder lernten selbst (wenn man das so nennen konnte). Ich hatte mir den Sessel reserviert und zur Fensterfront gedreht, sodass ich auf den Garten sehen konnte. Die ersten Schneeflocken, die ich hier gesehen hatte, fielen dicht zu Boden und bedeckten den Garten. Fasziniert schaute ich dem Tanz der Schneeflocken lange zu, bis ich mich wieder meinen Unterlagen widmete. So verging der Rest des Wochenendes und trotz der Schneepracht sah ich immer schwärzer für mein Studium, obwohl ich keine Prüfung machte, doch ich kam kaum hinterher und verstand nicht gerade viel. Oder sagen wir es so: Ich wurde zwar immer besser, aber ich war bei weitem noch nicht gut genug. Edward fuhr direkt am Montag nach Denali, da Alice die ganze Woche kurzweilige Sonnenstunden, trotz zeitweisem Schneefall, voraussagte und die Cullens sowieso nicht zur Uni hätten gehen können. Dass Jasper unter diesen Umständen nicht mit fuhr, wunderte mich. „Und bitte Edward, kein Extraauftrag für Esme oder irgendjemand anderen auf mich aufzupassen oder mich bei Laune zu halten ja?“, mahnte ich Montagmorgen. „Alles klar“, lachte er, doch es wirkte eher ironisch. „Du hast schon-“ „Nein. Ich habe nur gesagt, dass sie… na ja mal ab und zu nach dir sehen sollen-“ „Mir geht es gut!“, unterbrach ich ihn schlagartig. „Weiß ich doch“, entgegnete er nur. „Und bist auch nicht auf de Idee gekommen, Jasper hier zu halten als mein ‚Stimmungsbewacher’?“ Er gluckste, doch es wirkte, als überspielte er seine Überraschung, dass ich dahinter gekommen war. Ich gab mich geschlagen und seufzte nur. Ich verabschiedete mich von ihm und fuhr kurze Zeit später zum ersten Mal allein mit meinem neuen – warmen – Auto zur Uni. Ich heizte es direkt via Standheizung vor, sodass ich mich aus Schal, Mütze und Jacke schälen musste, um nicht zu schwitzen. Es war unheimlich angenehm, die lange Fahrt nicht bibbern zu müssen. Ich mochte gar nicht aussteigen, als ich auf dem Parkplatz parkte. Noch im Auto zog ich mich wieder an, sodass mein Gesicht rot wurde, und rannte dann rasch ins Gebäude, doch meine Kleidung war trotzdem nass vom Schnee. Caroline stolzierte schon, in schicker gefütterter Designerregenkleidung, den Gang entlang auf mich zu. „Hey Bella! Hast du den Aushang schon gesehen? Bestimmt nicht, weil du ja gerade erst angekommen bist“, plapperte sie sofort drauf los, „dann sag ich es dir direkt, dann musst du nicht extra hinlaufen- also wir haben heute frei. Ab 10 Uhr ist wegen Dozentenkonferenz frei“, kam sie endlich zum Punkte. Ich blinzelte sie über die Tropfen, die von meinen Haaren über mein Gesicht flossen, hinweg ab. „Und die erste jetzt?“ „Auch frei, der Dozent ist krank.“ Sie grinste breit. „Hm“, machte ich und überlegte, „ich gehe dann in die Bibliothek und lerne und was machst du?“ „Ich schau mal. Erst mal fahre ich in die Stadt und dann muss ich noch zu meinem Vater, der will irgendwas mit mir besprechen, daher der Aufzug“, sie sah Augen verdrehend an sich herab, „vielleicht stoße ich später noch zu dir oder wir sehen uns in der Mensa, mal sehen, bis dann“, sagte sie und schon ging sie an mir vorbei zum Parkplatz. Ich strauchelte auf den matschigen Fluren in die Bibliothek. Gar nicht mein Wetter, murrte ich in Gedanken und zog mich wieder komplett aus, als ich einen Heizungsplatz in der Bibliothek ergatterte. Ich schlug wahllos meine Blöcke und Bücher auf, doch ich konnte mich nicht im Mindesten konzentrieren. Ich ertappte mich immer wieder dabei, wie aus dem Fenster sah oder auf die Unterlagen meines Nachbars sah (zweifelsohne auch Medizinstudent). Ich dachte daran wie es wäre, wenn ich mit Edward hätte mitfliegen können. War er wohl schon dort? Hatte er sie schon in die Arme geschlossen? Ach Bella!, seufzte ich innerlich und blickte wieder auf meine Notizen. Wieder wurde ich unabsichtlich abgelenkt, als der Student neben mir aufstand und durch die Regalreihen schlenderte. Ich musterte die Buchrücken seines Buchberges. Neurobiologie, Endokrinologie-Lexikon, Genetik. Hm, dachte ich unwillkürlich. Damit beschäftigte sich Nela. Vielleicht wäre das für mich auch nicht unerheblich zu wissen… wie es in mir drin aussah. Ich stand ruckartig auf, sodass der Tisch schwankte und die Bücher meines Nachbarn geräuschvoll auf die Erde fielen. Ich hob sie rasch auf und wirbelte aus der Bibliothek. Ich wusste nicht, was ich mir davon versprach, doch vielleicht… wenn ich Nelas und mein Blut verglich konnte ich vielleicht verstehen wo es Unterschiede und Gemeinsamkeiten hab und wie es mit der Giftmenge aussah oder- Ich war von meiner Idee begeistert und fuhr so schnell es der Schnee erlaubte zurück. Falls Alice mein Vorhaben gesehen hatte, glaubte ich nicht, dass dies so weltbewegend war, dass einer der beiden deshalb zurückkam. „Meine Seminar sind ausgefallen“, ratterte ich rasch runter, als ich in Wohnzimmer lugte und Jasper, Esme und auch Carlisle erblickte, „ich gehe nach oben.“ Mit nassen Klamotten (nur von dem Weg vom Auto zum Haus, dachte ich seufzend) flitze ich die Treppe hoch. Ich breitete meine Sachen auf der Heizung aus und schlüpfte in trockene, bevor ich zu Nela ins Zimmer ging. Ich unterdrückte das Gefühl in Erinnerungen und Trauer zu schwelgen und sah mich in ihrem kleinen Labor um. Ich erkannte viele Geräte, leere Reagenzgläser und sonstiger Zubehör. Ich sah mir einen Zettel an, der auf einem Zettelstapel ganz oben lag. Ich war überrascht. Eine „Anleitung“ zur Blutabnahme und -untersuchung. Ich besah mir den nächsten. „Segregieren von Blutinhaltsstoffen“ hieß dieser. Alles war peinlich genau beschrieben und es schien, als hätte sie ewig gebraucht um sich diese Informationen aus vielen Büchern zusammenzuschreiben. Sie war ziemlich clever, schoss es mir durch den Kopf, das hat sie von Edward. „Mist“, murmelte ich, als ich mit dem Ellenbogen gegen etwas gestoßen war, dass auf dem Teppich – Gott sei Dank – kaum einen Ton verlauten ließ. Ich griff nach dem Reagenzglas, doch mein Blick haftete an etwas anderem. Unter dem Tisch klebte ein kleines verschossenes Gefäß. Ich knibbelte neugierig, ich kam mir ziemlich schäbig vor, das Tesa-Band ab und begutachtete das rechteckige Glasgefäß, in dem sich zwei Tropfen einer klaren aber merkwürdig grünstichigen Flüssigkeit befanden. Mir stockte der Atem, als ich eine Kritzelei auf der Unterseite entzifferte: Gift. Dann versucht sie also wirklich ihr Gift herauszufiltern. Hatte Edward das nicht bemerkt oder beunruhigten ihn zwei Tropfen nicht? Mich schon. Allein die Vorstellung – allein der Versuch – doch wahrscheinlich machte ich mir unnötig Gedanken, denn diese Menge, glaubte ich, war bei weitem nicht ausreichend für eine Verwandlung. Wahrscheinlich hatte Edward Recht. Ich klebte das Fläschchen wieder unter den Tisch und blätterte den Zettelberg weiter durch bis ich einen von ihrer Blutuntersuchungen mit vielen Tabellen fand, die ich nicht verstand, die ich aber zum Vergleich mit meinen nehmen konnte. Was genau wollte ich eigentlich herausfinden? Genau genommen wusste ich das nicht. Das würde ich erst wissen, wenn ich Ergebnisse hatte. Dann könnte ich sehen, ob etwas Brauchbares dabei war, was mir vielleicht half meinen Körper und den meiner Tochter besser zu verstehen. Ich las mir alles erstmal mehrmals durch, bevor mir einfiel, dass ich mir gar nicht so einfach Blut abnehmen konnte. Erstens war meine Haut zu hart, um sich „einfach“ Blut abzunehmen (selbst Carlisle hatte während der… OP Probleme mit meiner Haut gehabt), und zweitens, und das war vielleicht sogar noch schlimmer, konnte ich kein Blut sehen und erst recht nicht meins. Ich brauchte Carlisle erst gar nicht fragen (oder irgendeinen anderen Cullen), er würde das nie machen, obwohl… wenn ich so darüber nachdachte… was sprach dagegen, dass ich mehr über mich herausfinden wollte? Solange Edward nicht da ist, musste ich ihn fragen. Ich war mir nicht sicher, ob es Edward nicht mehr beunruhigen würde als Carlisle, auch wenn es keinen Anlass gab. Die Cullens ließen mich zufrieden, doch gegen Mittag ging runter, bevor sie hochkamen und mich nach Mittagessen fragten. „Ist Carlisle nicht da?“, fragte ich Esme, die mit mir kochte, nach einer Weile in der ich mich unauffällig umgesehen hatte. „Doch, er ist in seinem Büro“, sagte sie neutral. Es schwankte kein erkennbares Misstrauen mit, weshalb ich heimlich aufatmete. Ich nickte und reichte ihr die geschnittenen Kartoffeln. „Du… hast aber keine Schmerzen oder?“, fragte Esme besorgt, nachdem das Gemüse bereits brutzelte. „Nein, nein, alles okay. Nicht mehr als sonst auch“, murmelte ich und goss mir etwas zu trinken ein. Sobald man mich darauf ansprach merkte ich die Schmerzen, die durchgehend, mal ein wenig stärker, mal ein wenig besser, in meinem Unterleib rumorte. Ich stützte mich an der Anrichte ab. Esme nickte und schob das Gemüse auf einen Teller, den sie mir reichte. Nachdenklich setzte ich mich an den Esstisch und verbrannte mir geistesabwesend die Lippen. „Ist eh noch zu heiß“, konstatierte ich kurz entschlossen, „ich geh mal hoch zu Carlisle.“ Prompt machte ich mich auf den Weg und ignorierte Esmes Blick n meinem Nacken. Carlisles Tür stand offen. Ich klopfte an die geöffnete Tür und sah hinein. Er stand am Bücherregal und sortierte seine Bücher in menschlicher Geschwindigkeit. „Hallo Bella“, grüßte er. Ich kam zu ihm und setzte mich neben dem Regal auf einen Stuhl. Ich beobachtete ihn ein paar Sekunden und fragte dann: „Kannst du mir Blut abnehmen?“ Carlisle runzelte die Stirn. „Ich möchte es untersuchen. Wie Nela mit ihrem und sie dann vergleichen“, erklärte ich. Zu meiner Überraschung lächelte Carlisle milde. „Ich möchte dir ungern Blutabnehmen, weil eine solche Art von Wunden scheinbar schwerlich bei dir heilen“, ich öffnete den Mund, um etwas einzuwenden, doch Carlisle hob beschwichtigend die Hand, „aber das können wir uns auch sparen“, nun runzelte ich die Stirn, „ich habe es bereits untersucht. Verzeih mir.“ Es blickte mich entschuldigend an. „Mein Blut?“, fragte ich verwirrt. „Ja“, er setzte sich nun auf den Hocker zu seinen Füßen, „ich war zu neugierig.“ „Und?“ Ich war ihm natürlich nicht böse. „Na ja, das einzig interessante ist, dass die Konzentration des Giftes bei Nela unglaublich hoch ist, hingegen bei dir, die Konzentration verschwindend gering ist.“ Ich machte große Augen. „Aber wie kann das sein? Nela müsste doch kaum Gift in sich haben… wie ich, oder nicht?“ „Genau genommen“, er betrachtete das Buch in seinen Händen, „bestätigt das nur meine Theorie. Deine Verwandlung wurde mit reiner Willenskraft zurückgehalten, sodass die Konzentration, frag mich nicht nach Mechanismen, geringer wurde. Wärst du unfreiwillig verwandelt worden, wärst du ein ganz ‚normaler’ Vampir geworden. Die Voraussetzungen waren da, nun kann die Konzentration sich nicht mehr erhöhen.“ „Und bei Nela? Wenn die Konzentration so hoch ist, müsste sie sich dann nicht verwandeln? Ich meine wir sind beide menschliche Vampire.“ „Das stimmt nicht ganz. Ihr habt zwar beide unsere Chromosomenanzahl, aber Nela ist komplett menschlich. Sie altert. Du bist verwandelt worden und hast dann quasi einen Rückschritt zum Menschen gemacht. Nela muss sich erst noch verwandeln und hat alles dafür in sich, im Gegensatz zu dir. Sobald ihr Willen sich grundlegend und aus tiefstem Herzen ändert, verwandelt sie sich sofort. Die Konzentration ist sehr hoch.“ Ich überlegte. Umso wahrscheinlicher war die Verwandlung, wenn sie mich sah. Was könnte ihr näher gehen, als die Wiederkehr der tot geglaubten Mutter? Umso besser, denn dann können wir ihre Verwandlung besser steuern und es kommt nicht so überraschend. Weder für sie noch für uns. „Deshalb ist es auch ungefährlich, was sie in ihrem Zimmer treibt“, fuhr Carlisle fort, „sie kann sich durch die Injektion von zusätzlichem Gift nicht selbst verwandeln.“ „Seit wann weißt du das?“, wollte ich wissen. „Seit der Operation“, gestand Carlisle und meidet instinktiv das andere Wort wie ich. „Nelas Blut habe ich über ihre eigenen Proben aus ihrem Zimmer bekommen.“ Ich fragte mich kurz ob er von dem Gift, dass sie bereits herausgefiltert hatte, in ihrem Zimmer wusste, doch mir brannte eine anderen Frage viel mehr auf der Seele: „Warum hast du es mir nicht gesagt?“ „Edward wollte nicht, dass sich dir das sage. Er wollte nicht, dass du damit belastet wirst und, dass du dir noch mehr Gedanken machst als sonst.“ Ich seufzte unwillkürlich. „Bella, Edward macht sich große Sorgen um dich“, sagte Carlisle ruhig. „Ich weiß“, sagte ich kurz und seufzte wieder, „sag mir, was ich tun kann, damit es ihm besser geht.“ Carlisle hüstelte leise, es klang ein wenig amüsiert. „Es geht ihm gut, wenn es dir gut geht“, sagte er schlicht und sah mich mit seinen vertrauensvollen Augen an. „Hm“, machte ich, „danke“, fügte ich hinzu und ging wieder nach unten. Ich stand am Freitag vor dem Fenster und beobachtete mit aufstützten Händen die Schneeflocken vor dem dunklen Wald, die durch den heulenden Wind durcheinander stoben. Ich hatte fleißig weiter Tagebuch geschrieben. Nun ja, ob man das fleißig nennen durfte… immerhin hatte ich bisher jeden Tag rein geschrieben, doch es fiel mir schwer meine vielen wirren Gedanken in Worte zu fassen oder überhaupt fassen zu können, was Edward wohl bezweckt hatte und auch, dass es mir wirklich half. Wenn ich etwas hineinschrieb und es danach schloss, schloss ich damit auch den Gedanken hab, hatte ich zumindest das Gefühl. Das allein half und reichte schon. Es war als wären meine Gedanken versiegelt, aber doch mein. Als lägen sie wie ein offenes Buch in meiner Hand und ich kannte den Inhalt, aber ich las sie nicht. „Na, möchtest du raus in den Schnee?“, fragte Jasper mich, der plötzlich neben mir stand und meine Pose einnahm. Ich sah kurz zu ihm, er blickte geradeaus, und murmelte: „Besser nicht. Meine Einstellung zu Kälte hat sich nicht geändert.“ „Vielleicht doch.“ Ein Lächeln lag in seiner Stimme. „Hm?“, machte ich fragend und blickte ihn an. Er sah mich nicht an und lächelte geradeaus. Ich sah wieder raus. „Hör auf dein Herz, deine menschlichen Augen scheinen zu schwach zu sein“, flüsterte Jasper kaum vernehmbar. Ich sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an und verstand immer noch nicht, als plötzlich etwas laut gegen die Scheibe vor meiner Nasenspitze donnerte und ich zurückschrak. Dann verstand ich. „Edward?“ Jasper nickte. Ein breites Lächeln breitete sich auf meinen Gesicht aus, während ich die Treppen herunter hastete, um das Haus lief und in den Garten durch den Schnee stolperte. Meine nur von einer Leggings und – jetzt durchnässten – Socken bedeckten Beine gruben sich knöcheltiefen Schnee, während ich die Arme verschränkt an meinem Körper presste (was meinem sowieso schon miserablen Gleichgewicht nicht zu gute kam), der ansonsten nur noch ein langärmliges T-Shirt trug. Da sah ich Edward in einem grauen Mantel im Wohnzimmerlicht stehen, die Kapuze locker über den Kopf gelegt. Ich fiel in seine Arme. Er schob mich kurz weg, um seinen Mantel in rasender Geschwindigkeit aufzuknüpfen, und mich dann an seine Brust zu nehmen und den Mantel um mich zu legen. „Du hättest dir wenigstens eine Jacke vorher anziehen können“, hauchte er in mein Ohr, „oder Schuhe.“ „Das war es mir wert“, brachten meine Lippen mühevoll hervor, während mein ganzer Körper zitterte. Ich legte sie auf seine und schlang die Arme um seinen Hals. Meine eisigen Füße und die nassen Haare ignorierte ich, während sich unsere Lippen zärtlich umschlossen. Edward grinste und hob mich unter seinem Mantel hoch, sodass meine Füße, die mittlerweile blau sein dürften, wenigstens nicht mehr auf dem Schnee standen. Ich schloss die Augen und gab mich meiner Begierde hin. Unter mir sauste Edward in das, mir nun heiß vorkommende, Haus. Noch immer trug er mich. Ich hatte kein Gefühl mehr in meinen Füßen und Händen und war froh, nicht stehen zu müssen. „Edward, eine Erkältung wäre nicht von Vorteil!“, herrschte Carlisle Edward aus dem Wohnzimmer an, doch Belustigung lag in seiner Stimme. Edward gehorchte und flitzte mit mir eine Etage höher ins Bad, während wir uns noch immer küssten. „Nein, ich will jetzt nicht baden“, pressten meine bebenden Lippen hervor. Er öffnete seinen Mund um etwas zu sagen, ich küsste ihn prompt und legte einen Finger an seine Lippen. „Und nein, ich will nicht vernünftig sein, immer, nur nicht jetzt. Mir wird schon warm werden“, ergänzte ich, als Edward sich immer noch nicht rührte und ich an seinem Mantel in Richtung unseres goldglänzenden Zimmers zupfte, nachdem ich mich jetzt sehnte. Edward beherzigte meinen Wunsch und eilte ins Schlafzimmer, wo er mich direkt auf dem Bett ablud. Umständlich, da ich sein Gesicht an meins klammerte, entledigte er sich seines nassen Mantels und beugte sich dann über mich. Seine kalten Hände glitten unter mein Shirt und berührten meine eisige Haut. Ich fröstelte, doch küsste ihn unbeirrt weiter. „Warte Bella, so geht das nicht. Du wirst noch krank“, murmelte er mühsam zwischen meinen Küssen. Kaum hatte ich schmollend einen Atemzug japsend getätigt, war er schon mit Decken und Wärmflaschen zurück. Mit einer schnellen Handbewegung sah ich, wie er die Heizung voll aufdrehte. Er wickelte die Decken geschickt zu einer Art Schlafsack zusammen und legte die Wärmflaschen an meine vor Kälte sterbenden, aber nun von nassen Socken befreiten, Füße. Ich spürte sie auftauen, während ich ihn am Kragen seines weißen Hemdes, es sah an seiner weißen Haut, die ich im Dunkeln gerade so erkannte, himmlisch aus, zu mir runter zog und seine Gesicht mit Küssen übersäte. Meine Wangen glühten. „Du bist unersättlich“, formten seine vollkommenen Lippen, von denen ich nicht genug kriegen konnte. „Warum bist du eigentlich schon wieder hier?“, fragte ich nach Atem ringend, während er meinen Hals liebkoste. „Sagen wir, ich hatte Sehnsucht… nach dem wunderbarsten Geschöpf, dass der Welt je gegeben wurde.“ Ich lächelte über seine altmodische, aber schmeichelnd romantische Wortwahl. „Wie geht’s meiner Tochter?“, fragte ich locker, aber mit hauchdünner Stimme. „Bestens. Nur in diesem Moment, geht es mir besser als ihr“, erwiderte Edward und seine Lippen verzogen sich an meinem Dekolletee zu einem kurzen Grinsen. „Mir geht’s noch viel besser“, murmelte ich mit geschlossenen Augen, während ich seine Berührungen genoss und Körper schlagartig erhitzt wurde. „Wenn du meinst“, grinste er an meiner Haut und fuhr mit den Lippen abwärts zu meinem Bauch, nachdem er die Decke herunter geschoben hatte. Meine Finger fuhren durch sein Haar und glitten über seine Wangen. Ich hob seinen Kopf zu mir, er kam meinem Wunsch breitwillig hinterher, weshalb meine Lippen wieder die seinen umschlossen. „Die Decken sind lästig“, murrte ich heftig atmend und versuchte mich davon frei zu strampeln. „Vielleicht…“ Edward machte eine sehr rasche Bewegung und ehe ich mich versah, fand ich mich auf dem Fußboden auf einer Decke, direkt neben der Heizung wieder. Die Wärmflaschen lagen wieder zu meinen, nun vor Hitze kribbelnden, Füßen. „Zufrieden?“ „Vollkommen“, hauchte ich noch, bevor ich mich meiner Zusehens aufflammenden Leidenschaft völlig hingab. „Woah“, kam mir als erstes über die Lippen. „Woah was?“, lachte Edward neben mir. Ich lag mit dem Rücken auf der Decke, der rechte Arm unweit der Heizung, dessen Wärme ich an meinem Arm prickeln spürte. Ich wand den Kopf nach links, in das schönste Gesicht der Welt. Er lag auf der Seite, den Kopf auf dem rechten Arm abgestützt und begutachtete mich. Mit den Fingerkuppen der linken Hand strich er nun sanft über meine Lippen, bevor er diese küsste. „Woah woah“, antwortete ich ihm nuschelnd, als er wieder von mir abrückte und ich zur Decke starrte. Er wartete mit einem zum dahin schmelzenden Lächeln. „Ich habe nicht gedacht“, sagte ich dann und wand den Kopf zu ihm, „nur gefühlt.“ Edward lächelte ein wenig breiter und seine Hand fuhr zu meinem Gesicht. Kaum hatte er es berührt, rollte ich mich auf ihn und küsste ihn wild. Edward lachte über meine Küsse hinweg. „Augenblick“, flüsterte ich, stütze mich auf seiner Brust ab und griff nach dem Tagebuch auf meinem Nachttisch. Ich legte es über seinem Kopf. Ich reckte mich und begann zu schreiben. Ich spürte wie Edward unter mir ungeduldig wurde. „Du hast es nicht anders gewollt“, mahnte ich und versuchte einigermaßen leserlich über seinen Kopf hinweg zu schreiben. „Dann hat es dir geholfen?“, fragte er, während der Stift über ihm kratze. Ich schloss die Kappe und schob mich zu ihm runter. „Scheinbar.“ Ich küsste ihn grinsend. „Ich habe eine Idee“, sagte Edward und schob mich sanft von sich weg. „Lass hören“, war ich schon jetzt ungeduldig. „Wir nehmen uns ein paar Tage, nur wir zwei. Wir verreisen, irgendwohin.“ Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch. Das hatte ich nicht erwartet, wie so oft. „Ich hab doch Uni und du auch.“ „Nur ein paar Tage, wir stehlen uns ein paar Tage, nur wir zwei“, wiederholte er. Ich biss mir auf die Lippe. Verlockend, aber jeder verpasste Tag Uni kostete mich viel Nachbereitung. „Du hast gesagt, dass du dieses Semester sowieso wiederholen willst“, ich verkniff mir ein Seufzen (ich hatte das mal gesagt, ja), „und ich kann noch eine Weile auf panische Studenten beim ersten Menschensezieren verzichten.“ Er grinste schief. Ich grinste auch. Die Vorstellung an eine, wenn auch kurze, gemeinsame Zeit mit ihm hatte gesiegt. „Wie wär’s mit Paris?“, fragte er prompt, während ich immer noch auf seinem Körper verweilte. Ich öffnete den Mund um dagegen zu reden. Paris war zu nah… zu nah… an… „Europa… vielleicht wäre es besser, wenn…“ „Die Volturi werden sicherlich nicht nach Paris kommen, Bella“, erriet er meinen Gedankenganz sofort und sprach rasch weiter, bevor ich etwas einwenden konnte, „sie verlassen ihre Stadt nie, so gut wie nie, und warum sollten sie erstens nach dir suchen, zweitens in Paris suchen und-“ „Ja ja“, unterbrach ich ihn und hielt mein Gesicht nah über seinem, „du darfst ausnahmsweise mal die zuletzt beschriebene Seite meines Tagesbuches lesen“, ich setzte mich neben ihm auf, „ich springe eben unter die Dusche.“ Ich warf ihm überschwänglich eine Kusshand zu und ging langsam aus dem Zimmer. Ich hörte Blätterrascheln und ein heisern klingendes Lachen. Grinsend stieg ich unter die Dusche. Demnächst… im Schnee. ---------------------------------------------------------------------------- Freue mich wie immer über Kommis :):) LG V Kapitel 14: Ein Deal -------------------- Sry, dass es länger gedauert hat!!! ---------------------------------------------------------------------------- Dass es Edward gut ging, wenn es mir gut ging, schien wohl auch für Jasper zu gelten. Es war fast erschreckend, welch unfreiwillige, ungewollte Macht mir zuteil wurde, denn Esme und auch Carlisle ließen sich von ihm und seiner – meiner – guten Laune mitreißen. Sein Lächeln, jedes Mal wenn ich den Raum betrat, war anstecken – und ich ließ mich gerne anstecken. Ich kostete das Hochgefühl, das Glücksgefühl über die Maßen aus. Ich fühlte mich befreit und merkwürdig gelöst und ich wusste noch nicht einmal genau, was der Anlass gewesen war. Tatsächlich das komische Tagebuch? Doch ich war zu glücklich, um jetzt irgendeinen ernsthaften Gedanken daran zu verwenden. „Ich brauche keine Gabe um zu sehen, wie gut es dir geht“, flüsterte Esme mir ins Ohr, als sie die Arme von hinten um mich schlang, während ich ein Toast butterte. Ich wand den Kopf nach rechts und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie lächelte, als hätte sie Tränen in den Augen. Esme folgte mir auf die Couch, wo ich frühstückte. „Wie lange bleibt Alice noch in Denali?“, fragte ich Edward der konzentriert am Esstisch saß und auf den Laptop blickte. „Ich denke solange, bis sie sich wieder nach Mode und Stil sehnt“, er lachte. Esme und ich stimmten kurz mit ein. „Wieso?“ Edward sah auf. „Sie hat sich fürchterlich über Nelas Kleidung beschwert. ‚Wie sie rumläuft! Ich habe noch niemals eine Cullen so rumlaufen sehen! Grässlich!’“, zitierte er sie und imitierte sie gekonnt. Wir lachten. „Hast du eigentlich neue Fotos für mich?“, fiel mir ein, als wir auf ihr Aussehen zu sprechen kamen. Ganz kurz huschte eine undeutbare Mimik über sein Gesicht, bevor er in die Jackentasche hinter sich griff und mir drei Fotos brachte. Er setzte sich mit dem Laptop nun neben mich. „Nela hat sich aber ihrerseits ebenfalls bei Alice beschwert, weil sie ständig Fotos von ihr macht. Alice hat entgegnet, dass sie von sich keine Fotos machen braucht, sie wird in tausend Jahren noch genauso aussehen, was bei Nela nicht der Fall ist.“ Er gluckste. Ich legte zwei auf den Couchtisch und betrachtete das erste. Carmen stand neben Nela und hatte einen Arm um sie gelegt. Nela stand auf Zehenspitzen und küsste ihre Wange, ihre grünen Augen waren zur Kamera gerichtet. Ihre mittlerweile gänzlich bronzefarbenen Haare (ihre ehemals braune Haarfarbe bei ihrer Geburt war vollkommen in helles Bronze übergegangen), allerdings eine Nuance heller als Edwards, waren nachlässlich zu einem Pferdeschwanz gebunden. Das zweite Bild zeigte sie im Morgenmantel inmitten von Büchern an einem altmodischen Schreibtisch sitzen. Sie sah nicht in die Kamera und schien das Bild überhaupt nicht bemerkt zu haben. Sie saß vertieft über einem Buch, mit einer Hand hielt sie sich den Pony der zerzausten Haare aus dem Gesicht. Auf dem letzten Bild, welches mir am besten gefiel, weil es am fröhlichsten war, hockte sie auf einem Ast und hatte den Kopf nach rechts oben gerichtet, wo Eleazar stand, den sie freudig anstrahlte. Es wirkte sehr grazil wie sie dort saß. Sie war ein wenig waghalsiger als ich, denn im Gegensatz zu Eleazar, konnte sie sich bei einem Sturz von einem Baum ernsthaft verletzten (nicht, dass Eleazar das nicht verhindern könnte…). Ihre helle Haut, jedoch ein wenig aprikosenfarben, wurde von schwachen Sonnenstrahlen erleuchtet. Erst als ich alle drei Fotos in die Hand nahm und von einem zum anderen schaute, bemerkte Edwards forschen Blick auf mir. Ich sah ihm kurz in die Augen und es war als schrie er mir die Frage zu, so deutlich war sein Gesicht. Er wollte wissen, was ich empfand, wie ich mich beim betrachten der Bilder fühlte. Ich strich mit den Fingern über mein Kind und bemerkte, dass außer den leichten Pieksen in meinem Magen, die immer noch von den Schmerzmitteln herrührten, sich aber in den letzten Tagen schlagartig verringert hatte (psychosomatisch, hatte Edward gemurmelt), nichts in mir war, was ich unangenehm empfand. Ich saß hier, sah mir meine Tochter an, ohne Schmerz zu empfinden der wehtat, der mich wirklich bedrückte. Es war eher Freude, die überwog, eine gesunde, kluge, fast erwachsene Tochter zu haben, an dessen Leben ich bald teilhaben durfte. „Alles okay“, antwortete ich Edwards fragenden, gespannten Gesichtsausdruck. „Kein Wunder, dass Alice mürrisch ist. Nelas Kleidungsstil entspricht wohl nicht ganz ihren Vorstellungen“, ergänzte ich mit einem weiteren Blick auf die Fotos. Ein zerschlissenes Shirt zum Klettern, eine zerfranste Jeans oder ein einfaches schlabberiges Hemd, war wohl nicht ihre Definition von Kleidung. Ich kicherte in mich hinein. Edward strich mir über den Kopf und tippte dann auf den Laptop ein. „Was hältst du davon, wenn wir übermorgen fliegen. Hier ist ein schönes Hotel… mehrere… wir könnten bis Weihnachten bleiben-“ „Du hast gesagt ein paar Tage!“, unterbrach ich ihn entrüstet, „Und nicht vier Wochen! Du weiß doch, dass ich-“ „War nur ein Scherz“, grinste er, als er mein empörtes Gesicht sah, „eine Woche?“ „Sagen wir von Samstag bis Donnerstag? Dann krieg ich die Freitagsvorlesungen noch mit, da hab ich ja am meisten“, schlug ich vor. Edward nickte konzentriert. „Also nächsten Samstag… Irgendwelche besonderen Wünsche?“, fragte er mich ohne aufzusehen. Ich überlegte kurz, krabbelte dann näher zu ihm und legte die Lippen an sein Ohr: „Nur ganz viel Zeit…“ Er wandte den Kopf zu mir und hauchte mir ins Ohr: „Du bist hoffnungslos romantisch.“ Er küsste mich zärtlich. „Du hast mir noch gar nicht erzählt, was sich Nela wünscht“, wollte ich dann wissen, während ich an seiner Schulter lehnte und über den Laptop hinweg sah (die roten Zahlen wollte ich nicht sehen). Edward schnaubte belustigt. „Das war… na ja, ganz witzig. Sie hat mir stumm einen Katalog hingehalten, eine Seite aufgeschlagen und blind auf eine Stelle darin gezeigt“, er lachte, als er sich daran erinnerte. „Was für eine Stelle? Was für ein Katalog?“, fragte ich begierig. „Ein alter Katalog für medizinische Geräte, Laborgeräte und so“, Edward tippte rasch auf der Tastatur. „Und? Was hast du gesagt?“, drängelte ich. „Ich habe ihr gesagt, dass sie einen Chemiebaukasten kriegt und dann ist sie beleidig gegangen. Ein Kinderspielkasten war wohl nicht ihre Absicht.“ Er lachte. „Fertig“, er klappte den Laptop runter, „jetzt müssen wir nur noch alles für die Abreise fertig machen, aber das hat noch Zeit.“ Ich überlegte. „Weißt du wann Alice wieder kommt?“ Edward sah mich mit leicht gerunzelter Stirn an. „Ich weiß nicht, ich denke nächste Woche… warum?“ „Na ja, vielleicht können wir packen bevor sie kommt… nur sicherheitshalber…“ Edward lachte laut. „Meinetwegen.“ Genau genommen hätte wir bereits Montag fliegen können, denn ich bekam von dieser Woche noch weniger mit, als sonst auch. Ich war zu glücklich und vor allem zu aufgeregt, um mich auf Medizin konzentrieren und meine Absicht dahinter, vielleicht mehr über ein Rückgängigmachen einer Sterilisation herauszufinden. Ich machte mir auch Gedanken darüber, wie ich Edward eine Freude machen könnte. Ich war die einzige, die das konnte, doch mein Einfallsreichtum war begrenzt. Ich hatte keine Idee, mit was ich Edward überraschen konnte und sobald ich einen der Cullens fragte, war es keine Überraschung mehr. Ratlos saß ich Donnerstag in der Uni an einem der Rechner und googelte irgendwelche Seiten von Paris. Essen gehen, wäre wohl nichts für ihn. Theater? Interessierte ihn so was? Hm. Louvre? Interessierten ihn Bilder? Musik… ich suchte nach Konzerten in Paris in unserer Urlaubswoche und musste feststellen, dass ich gar keine Ahnung hatte, welche Musiker und Komponisten er mochte. Ich fühlte mich elend. Wir hatten immer nur schrecklich viel über mich geredet und er hatte immer nur mir eine Freude gemacht. Die größte Ausschreibung war von einem Pianisten, dessen Namen ich nicht mal aussprechen konnte. Aber das Plakat und sein Name waren so präsent auf mehreren Internetseiten, dass ich dachte, dass er wohl nicht schlecht sein konnte. Scheinbar. Denn in rot prangte ein Wort direkt darunter: Ausverkauft. Ich ging auf Ticketkauf. Restlos. Na super und ich konnte kein Wort französisch, um irgendwie zu verhandeln. „Hey Bell“, Caroline ließ sich seufzend neben mir an den Rechner fallen, „ich bin fix und fertig.“ „Was ist los?“, fragte ich und musterte sie ausgiebig. Sie trug wieder Designerschneekleidung zu ihren Boots. „Warst du bei deinem Vater?“, schloss ich. „Ja und wie. Hab’ dir doch vorgestern erzählt, dass ich zu meinem Vater musste und mich gewundert habe, dass er mir nur mitteilen wollte, dass seine Schwester mit meinen beiden Cousins kommt. Tja und heute meinte er, dass sie ihn in der Klinik vertritt. Er will wieder für ein paar Monate zur Côte d’Azur zu seiner anderen Klinik und diesmal sollen wir alle mit.“ Sie seufzte. „Wir, dass heißt du und deine Familie?“, fragte ich nach. Sie nickte. „Genau. Dabei hab ich hier gerade erst angefangen…“ „Kannst du denn Französisch?“, fragte ich mit einem anderen Hintergrund. „Ja, nicht fehlerfrei, aber schon ganz gut. Haben ja zwischen durch immer mal wieder ein, zwei Jahre in Frankreich gewohnt“, ich wollte etwas sagen, doch sie redete weiter, „mein Dad will sehen, ob er ein weiteres Krankenhaus eröffnet oder mehrere. Er hat sehr viele Kontakte in ganz Frankreich. Wie auch immer, ich muss mich ranhalten“, sie wandte sich zu dem Rechner und begann für ihre nächste Vorlesung zu recherchieren. Ich ließ die letzte Vorlesung unbemerkt sausen und fuhr schnell ein paar Blocks weiter. Ich hoffte, dass Edward mein Verschwinden nicht bemerkt hatte oder bemerken würde. Ich griff ins Handschuhfach, nahm zwei der vielen flachgebundenen Plastiktüten, die ich in meine Tasche stopfte, und ging raschen Schrittes zum Empfang in die Klinik. „Guten Tag, Cullen, ich muss dringend Herrn Hutton sprechen. Es ist wirklich wichtig“, sagte ich nachdrücklich. Die Frau zog eine Augenbraue hoch und griff nach dem Telefon. Ich unterdrückte das Verlangen mit den Fingern auf die Anrichte zu trommeln, denn ich hatte es eilig. Ich hatte nicht viel Zeit. „Gehen Sie bitte in den siebten Stock, Zimmer 748“, sagte die Frau ein wenig ruppig. Ich nickte knapp und lief schnellen Schrittes zu den Treppen. Das Zimmer lag in einem abgeschirmten Trakt, der aussah als würde er nicht zu dem übrigen Gebäude passen. Von dem riesigen Flur ging auch nur eine Tür ab: Zimmer 784 – Direktion. Ich klopfte zaghaft und wurde herein gebeten. „Miss Cullen“, ertönte eine dunkle Männerstimme. Ich sah mich um. Der Raum war schmal aber sehr lang gezogen und erstreckte sich um eine Kurve herum. Vor einer Fensterfront, dass man meinen könnte, man wäre in einem Wolkenkratzer, stand ein älterer Herr in Anzug, die Hände im Rücken zusammengelegt. Nun wandte er sich mit einem freudigen Lächeln zu mir. „Wie geht es Ihnen?“ „Gut, vielen Dank“, antwortete ich irritiert von der Situation. „Was führt Sie zu mir? Meine Tochter hat viel von Ihnen erzählt.“ Sein herzlicher, eher gesäuselter, Ton war mir unangenehm, schien aber ehrlich. „Sie haben, wie ich gehört habe, gute Kontakte in Frankreich. Gilt das auch für Paris?“ Ich warte mit dem Gefühl eines vor Aufregung und Anspannung rasenden Herzens. „Kommt drauf an…“, sagte er langsam und trat hinter seinen Schreibtisch. „Genau genommen geht es um dieses Konzert“, ich legte ihm einen ausgedruckten Flyer, ich konnte den Namen nicht aussprechen, auf den Mahagoni-Schreibtisch, „ich brauche dringend zwei Karten. Geld spielt keine Rolle.“ Er lachte schnaubend auf. „Darum geht bei so etwas nie.“ Ich wartete. „Ich habe zwei Karten, die ich entbehren könnte“, nun legte er einen Flyer auf den Schreibtisch direkt neben meinem, „morgen findet einen Treffen in meinem Vortragssaal hier in der Klinik statt. Es werden verschiedenste Referenten Vorträge halten zu einer breiten Palette an Themen rund um die Medizin. Als Gegenleistung für diese Kartenrarität möchte ich Sie bitten als Studentin einen Vortrag über den Beginn eines Medizinstudiums zu schreiben. Motive und Beweggründe, Schwierigkeiten, Inhaltsintensitäten etc. Bei Ihnen kommt, laut meiner Tochter Caroline, noch der verspätete Einstieg hinzu nicht wahr?“ Ich schluckte nickend. „Sehr interessant, sehr interessant…“, überlegte er und wies dann mit der Hand auf die beiden Flyer, „Ich denke so an zwanzig Minuten? Was sagen Sie?“ Nein! Auf keinen Fall! Einen Vortrag? Ich? Freiwillig?!, schrie es in meinem Kopf. „Gut in Ordnung. Wo soll ich wann sein?“ „Alice bleibt noch bei Nela in Denali. Sie wird erst nach uns ankommen, weil sie Nela versprochen hat morgen mit ihr Schwimmen zu gehen“, erzählte Edward auf der Rückfahrt. „Schwimmen?“ „Ja, sie hat ein Schwimmbad gemietet und sich mit dem Besitzer nur auf diesen einen Tag einigen können. Alice musste auch noch einen Rettungsschwimmerausweis fälschen, weil der das sonst nicht gemacht hätte“, lachte Edward, „Sonntag ist sie dann wieder hier.“ „Aber wir nicht mehr“, sagte ich leise und legte den Kopf auf seine Schulter. Edward strich mit der Hand über mein Gesicht. „Ist eigentlich ein Tag in deiner Planung zur freien Verfügung? Zufällig den 26. November?“, fragte ich absichtlich auffällig und grinste ihn an. „Hast du was ausgeheckt?“ Er schmunzelte. „So könnte man es sagen, ich habe ja einen kleinen Vorteil dir gegenüber.“ Ich tippte mir gegen die Stirn. „Du bist grausam.“ Ich holte mir einen Kuss bei ihm ab. „Also geht das?“ „Ich habe nichts geplant“, sagte er Schulter zuckend. Ich blickte ihn irritiert an und er erwiderte den Blick ebenso irritiert. „Ist das… nicht okay?“, fragte er zögernd. „Nein… ich meine… du hast nichts geplant?“ Er schüttelte den Kopf. „Du hast dir Zeit gewünscht und die kriegst du bzw. wir. Und wenn wir etwas machen wollen, dann machen wir das, aber einen Plan gibt es nicht.“ Ich grinste breit. Er erwiderte es und stupste mir mit seiner Nase an meine. „Ich weiß woran du denkst…“ Unsere Lippen berührten sich innig, während er hauchend ergänzte: „Dazu brauche ich meine Fähigkeit nicht.“ Sobald wir zu Hause waren nahm ich mir einen Stapel Unibücher, die ich sichtbar um mich herum verteilte und begann stichpunktartig meine Rede vorzubereiten. Ich sah mich immer wieder um, damit keiner der Cullens auf die Idee kam, auf das, was ich schrieb einen Blick zu werfen (ich war mir nicht sicher in welcher Entfernung das noch möglich war). Ich würde lügen, sehr häufig, vor allem was Beweggründe und Motive anging, also würde ich gut lügen müssen. Nicht meine Stärke, doch es war für Edward. Er opferte sich so oft für mich auch also warum konnte ich ihm nicht einmal gebührend danken? Wenigstens musste ich mich nicht mit der Kleiderfrage beschäftigen, da Mr. Hutton mir versichert hatte, dass ich vor dem Auftrag einen Hosenanzug bekam, wie alle anderen Referenten auch. Alice war nicht da und ich glaubte auch nicht, dass sie Edward Bescheid geben würde, falls sie eine Vision sah, wie ich mich im Lesesaal blamierte. Ich erschauderte. Dort wären mit Sicherheit mehr Menschen als in dem kleinen Konferenzraum des Direktors… „Ist dir so kalt? Die Heizung ist doch voll aufgedreht“, wunderte sich Edward, der die Hand an das Gebläse hielt. „Was?“, fragte ich wie aus der Trance erwacht, als wir am darauf folgenden Morgen gemeinsam zur Uni fuhren. „Deine Hände zittern“, stellte er fest und legte seine Hand auf meine warme Hand. „Oh, hab ich gar nicht bemerkt“, sagte ich schnell, was auch der Wahrheit entsprach und legte sie unter meinen Po. Nicht durchdrehen Bella, sagte ich mir, dieses Mal tust du es für den Menschen, der dir am wichtigsten ist, den du liebst… Ich sah zur Seite in Edwards besorgtes Gesicht und lächelte ihn zaghaft an. Ich verschwand nach der zweiten Vorlesung, die Edward und ich gemeinsam hatten (Caroline war natürlich nicht da, sie war auf dem Treffen, weshalb sie mich auch nicht verpfeifen konnte), in die nächste Vorlesung, die wir nicht gemeinsam hatten – gab ich zumindest vor. Stattdessen fuhr ich ein paar Straßen weiter zur Klinik, wo ich um 12:30 Uhr, kurz vor der Mittagspause, meinen Vortrag hatte. Vielleicht waren die Damen und Herren dann nicht mehr so aufnahmefähig und würden mir gar nicht so viel Aufmerksamkeit schenken, überlegte ich, während ich mit meinen Skript durch die Kälte lief und schnurstracks zu einem anderen Teil des Krankenhauses lief, indem sich der Vortragssaal befand. „Bella Cullen, ich halte gleich ein Referat“, sagte ich der Dame, die vor der Tür Einladungen entgegen nahm. „Gehen Sie bitte durch diese Tür, dort hängt ihr Dress und Sie können sich umziehen“, sagte sie höflich und lächelte ein Lächeln, dass ich in diesem Moment nicht zu erwidern vermochte. Ich ging zu der ausgewiesene Tür und fand den Bügel mit meinem Namen. Ich musste mehrmals tief durchatmen, damit ich es in die Kleidung schaffte (meine Hände zitterten so heftig wie eben im Auto). Erst in einer halben Stunde war ich dran, weshalb ich mein Skript nochmals durchlas. Ich war mir nicht sicher ob alles konnte, denn ich hatte es wegen der Cullens nicht vorm Spiegel geschweige denn laut aufsagen können. Es muss so gehen, sagte ich mir. Ich blickte in den Spiegel. Die Anspannung war mir anzusehen, aber immerhin war ich nicht rot – noch nicht. „Die Nächste ist…“ „Schon da“, unterbrach ich die Frau die herein kam und von einem Klemmbrett ablesen wollte. Ich sprang auf. „Schön, kommen Sie bitte mit mir auf die Bühne.“ „Für Edward“, murmelten meine Lippen tonlos und ich ließ mich von ihr zum Rednerpult führen. Die Last, die von mir abfiel, als ich wieder in dem Warteraum ankam, war so gewaltig, dass ich mir fast sicher war, doch noch ein schlagendes, nun rasendes, Herz im Leibe zu tragen. Im Saal hörte ich Stühle rücken und sogleich ging die Tür zum Warteraum auf. „Miss Cullen, vielen herzlichen Dank. Ich würde sagen ein gelungener Vortrag“, sagte Herr Hutton, der hinter mir gekommen war, „obgleich Sie mir ein wenig nervös schienen… na, wie auch immer“, er zog meine ersehnten Karten aus der Jackettinnentasche, „die waren es mir wert.“ Ich nahm sie dankend entgegen und zog mich rasch um, nachdem er den Raum verlassen hatte. Ich presste die Karten fest an mich, als ich zum Auto strauchelte und zurück zur Uni fuhr. Ich verstaute die Karten sicher in einem Buch und lief zur nächsten Vorlesung, die ich wieder mit Edward zusammen hatte. Hibbelig vor Freude musste ich noch davor warten. Als ich endlich Edward um die Ecke biegen sah, fiel ich ihm in die Arme und küsste ihn stürmisch. Er erwiderte die Küsse zwar, doch seine fragenden Stirnfalten entgingen mir nicht. „Bella? Edward?“, rief Esme, als wir grad zur Tür rein kamen. Wir liefen ihrer Stimme nach ins Wohnzimmer. „Ein Paket für euch.“ „Ein Paket? Von wem?“, fragte ich aufgeregt und sah von Esme zu Edward. Edward grinste. „Von wem?“, fragte ich, während er sich ein Lachen unterdrückte. „Alice“, sagte er nur. Mit hochgezogenen Augenbrauen mühte ich mich beim öffnen des riesigen rechteckigen Pakets ab, bis Edward mir mit einem schnellen Griff zur Hand ging und es prompt öffnete. „War klar“, murmelte ich und hob das erste der Kleidungsstücke heraus. Ich wurde rot. Unterwäsche. Ich legte sie schnell wieder zurück und sah mich nach dem nächsten um. Wieder Unterwäsche. Ich knüllte alles in eine Ecke und sah mir die nächsten Sachen, während Edward einfach da saß und grienend zusah. Nachthemden, Negligés, Spitzensocken… das war grausam. Ich verteilte alles, was nicht so peinlich war (Oberteile, Hosen, Röcke etc.) um mich herum und gelangte zu den Kleidern. Eins schöner und ungeeigneter für mich, als das andere. „Woah“, sagte ich unbeeindruckt, als ich am Boden des Kartons angekommen war, „sie hat dich auch berücksichtigt.“ Ich hielt ihm drei Teile entgegen: Eine Jackett-Jacke, eine passende Hose und ein Hemd. „Tja, sie macht sich eben mehr Sorgen um dich.“ Ich schnitt ihm eine Grimasse und warf alles wieder in den Karton. Unbeholfen schob ich den sperrigen Karton aus dem Wohnzimmer und schleppte ihn die Treppen runter. „Wohin gehst du?“ „Keller“, murrte ich. „Das habe ich bemerkt.“ Ich ließ den Karton auf den Boden fallen und trat mit dem Fuß davor, sodass der Karton geräuschvoll die Treppen runter glitt und unten zum stehen kam. Ich machte kehrt und schritt wieder hoch. Edward trottete verwirrt hinter mir. „Es wird schon keiner von euch drüber stolpern“, sagte ich zu ihm, obwohl ich genau wusste, dass er das mit seinem fragenden Blick nicht meinte, „ich gehe packen.“ Hm. Als einfach erwies sich die Sache nicht, denn da ich nicht wusste, was wir in Paris machen würden, musste ich für alle Eventualitäten packen. Sprich warm, kalt, elegant, Hauspuschen, normal, schick, Winterjacke, lange Unterhose, Leggings, alles eben. Paris würde zwar nicht ganz so kalt sein wie hier, aber als warm durfte man das auch auf keinen Fall bezeichnen. Ich kam nicht drum herum doch einen weiteren Blick in Alice’ Paket zu werfen, denn, so leidig ich es fand, in solch ein Klavierkonzert, geht man beim besten Willen nicht in Turnschuh und Pullover. Zudem hatte Alice auch einen warmen Mantel beigelegt und einigermaßen normale, aber warme, andere Kleidungsstücke. Ich packte meinen Koffer soweit es mein Kleiderschrank hergab und lief dann die Treppen runter in den Keller, wo am Fuße der Treppe immer noch das Paket lag. Edward war irgendwo im Haus, ich wusste nicht wo. Ich legte die normalen Sachen, die ich mitnehmen konnte auf die Treppe, während ich die anderen durchsah. Eins wusste ich mit ziemlicher Sicherheit: Die Unterwäsche würde ich nicht anziehen. Ich sah mir die Kleider an. Sie hatte fünf Kleider beilegt (etwa für den Tag eins?, fragte ich mich). Eins würde ich mitnehmen, dachte ich und sortierte direkt drei aus, die ich zu gewagt fand. Gewagter als sonst. Die andere beiden waren einigermaßen in Ordnung. Eines war weinrot mit nur einem Träger und ging mir ungefähr bis zum Knie. Das andere war auch rot, aber heller und mit weißem Samt verziert. Es war zwar trägerlos, aber dafür nicht ganz so schmal geschnitten und wadenlang. Ich nahm letzteres und trug die Kleidungsstücke ins Schlafzimmer, wo ich sie zu den anderen in den Koffer presste. Unser Flug ging um 6 Uhr in der Früh von Edmonton nach Paris. Der Flug dauert ca. 17 Stunden. Aufgrund der Zeitschiebung würden wir allerdings erst Sonntagmorgen ankommen. „Denk daran, dass sie genug trinkt und isst“, hörte ich Esme zu Edwardsagen, der gerade von der Jagd wieder gekommen war, als ich meinen Koffer ins Wohnzimmer zog. „Das musste ja so kommen“, beklagte ich mich und schnäuzte in ein Taschentuch, dass ich rasch aus der Hosentasche zog. „Na ja, Wärme, Kälte, Wärme, Kälte… irgendwann gibt auch dein Immunsystem nach“, sagte Edward mit einem sanften Lächeln. „Na prima.“ Ich setzte mich auf meinen vollen Koffer. „Ich hab in Edwards Koffer Medikamente eingepackt“, Edwards Köfferchen, dachte ich mürrisch, „und hier in deiner Tasche sind Lebensmittel und Getränke.“ „Danke“, sagte ich noch und nieste. „Gesundheit“, Carlisle betrat das Wohnzimmer und ging auf uns zu, „ich habe für den Fall der Fälle noch mal ein fiebersenkendes Mittel mitgebracht und ein paar Schmerzmittel. Aber wirklich nur für den äußersten Notfall“, mahnte er und gab Edward die Packungen in die Hand, die er in meiner Tasche verstaute. Ich nickte Carlisle zu. Esme, Jasper und Carlisle fuhren uns gemeinsam zum Flughafen. Natürlich war eine Erkältung nicht weiter schlimm und ich wollte auch nicht wehleidig sein, aber ich hatte ewig keine Erkältung mehr gehabt und war einfach nicht daran gewohnt, weshalb ich mich unsäglich schlapp fühlte. Nicht die beste Voraussetzung für meinen ersten langen Flug nach längerer Zeit, dachte ich. Letztes Mal, es kam mir vor wie eine Ewigkeit, war ich freiwillig zu den Volturi aufgebrochen und jetzt kam ich wieder – vergleichsweise – gefährlich nahe in ihr Gebiet. Ich verwarf den Gedanken und schloss ihn weg. Ich bekam Zeit, wertvolle Zeit, Zeit mit Edward – nur das zählte. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, konnte wir direkt ins Flugzeug einsteigen, ohne warten zu müssen („First Class-Vorteil“, dachte ich) und war diesmal dankbar für die großen bequemen Sitze. Ich legte mich sofort hinein und schloss die Augen. Ich bekam nicht mal den Start mit, so müde fühlte ich mich auf einmal, wachte aber bei Sonnenschein auf. „Geht’s dir besser?“, fragte Edward, der mir über den Arm strich. Ich griff instinktiv nach seiner kühlen Hand und legte mein Gesicht in seine. „Weiß nicht. Wie viel Uhr haben wir?“ „12 Uhr nach kanadischer Zeit“, antwortete er, „Hast du Hunger?“ Ich richtete mich auf und spürte erst jetzt den Druck auf den Ohren. Ich rieb mir mit den Fingern am Ohr, als würde das helfen. „Lieber was zu trinken“, nuschelte ich. Ich fühlte mich müde, aber nicht müde genug um weiter zu schlafen. Er reichte mir eine Flasche Wasser und eine Flasche Apfelsaft aus der Minibar. „Manchmal beneide ich dich um deine Schlaflosigkeit“, sagte ich zwischen ein paar Schlücken, „öfters.“ Er küsste mich mit einem schiefen grinsen aufs Haar. „Edward“, fiel mir dann ein Thema ein, dass keiner von uns seit seiner Ankunft aus Denali angesprochen hatte, „du weißt von der Sache mit Carlisle nicht wahr?“ Ich war vielleicht nicht in der besten Verfassung für ernste Themen, aber es war die beste Gelegenheit. Edward sah mich intensiv an, als wollte er mein Gesicht lesen, und nickte leicht. „Bitte verschweig mir nichts mehr“, ich redete rasch weiter, „ich weiß, dass du mich nur schützen willst, aber bitte verschweig mir nichts mehr nur aus Rücksicht. Auch wenn es dir schwer fällt.“ Er sah mich lange an und senkte dann den Blick. Seiner Finger glitten in meine. „Ich möchte, dass es dir gut geht. Ich wollte dich mit diesem Detail nicht belasten.“ „Ich weiß“, flüsterte ich und verlangte ihm absichtlich kein Versprechen ab, weil ich wusste, dass er es nicht hielt, „ich liebe dich.“ Ich reckte das Kinn, er reagierte und küsste meine Lippen zärtlich. Ich verfolgte wie hypnotisiert die Anzeigetafel mit der Flugroute, als Edward sich zu mir herunterbeugte und fragte: „Verrätst du mir, wo wir Montag hingehen?“ „Hmmm, könnte ich, aber ich mach’s nicht“, ich grinste ihn schelmisch an, „der Effekt ist größer, wenn wir uns – als ich mich, du brauchst das nicht – Montag in Schale geworden haben und wir dann einfach dorthin gehen.“ „Wir gehen also weg, und zwar irgendwohin wo wir uns schick für machen müssen“, schloss er und sah nachdenklich gerade aus. „Hör auf nachzudenken“, sagte ich und stieß ihm gegen die Schulter, „du sollst nicht darauf kommen!“ Er lachte, als er plötzlich eine rasche Bewegung machte. Ich sah wie er in seine Hosentasche griff und sein Handy herausholte. „Deine Tochter ist unmöglich“, sagte er lächelnd und reichte mir sein Handy. Hallo Papa, stand dort, war bis eben mit Alice schwimmen. War spitze, aber sie hat sich ziemlich aufgeregt, weil ich mich immer wieder „entschieden“ habe, mich zu Ertränken und sie das dann immer gesehen und gemeckert hat, ich solle ihr nicht so Horror-Szenarien zeigen. Hab dich lieb, Nela. Ich lächelte, gab ihm das Handy zurück und merkte wie gut es mir tat, objektiver über mein Kind, das nun langsam keines mehr war, nachzudenken. Das Tagebuch half- „Edward!“, ich richtete mich ruckartig auf, „Die Tagebücher!“ Ich beugte mich zu meiner Tasche und wühlte darin herum. Meine Handgelenke wurden von zwei weißen Händen umfasst, ich sah erschrocken zu Edward. „Sie sind meinem Koffer“, sagte er schlicht und augenblicklich beruhigte sich mein Atem und ich sank zurück in den Sitz. „Glaubst du ich vergesse, dass was mir dich so glücklich zurückgegeben hat?“ „Ich habe es“, entgegnete ich. Er legte den Arm um mich. „Du hattest andere Dinge im Kopf.“ „Ja… wie ich Alice beispielsweise die Unterwäsche heimzahle“, murmelte ich, „du kannst Nela zurück schreiben, dass sie das großartig gemacht hat und Alice ruhig weiter triezen soll. Sie hat’s verdient“, brummelte ich. Edward lachte. --------------------------------------------------------- Freue mich über Kommis Kuss V Kapitel 15: Wolken über Paris ----------------------------- Oh ich mag das Kapitel :) Bin gespannt, was ihr sagt, ist auch wieder etwas länger ;) Kuss V ----------------------------------------------------------------------------- Den Rest des Fluges war ich hell wach. Wir redete nicht viel, sondern genossen einfach das unkomplizierte Beisammensein. Vollkommen schlapp kam ich bei aufgehender Sonne in Paris mit Edward an. Edward trug meinen und seinen Koffer und führte mich aus dem Flughafen raus, wo uns ein Taxi erwartete. Trotz Müdigkeit war ich einfach zu begeistert von der Stadt in den frühen Morgenstunden, als dass an Schlaf zu denken war. Ich blickte durchgehend aus dem Fenster, während der Taxifahrer das Auto durch die viel befahrenen Straßen lotste. An einem schicken Hotel direkt in Stadtmitte hielt das Taxi und Edward und mir wurde die Tür aufgehalten und die Koffer abgenommen. Obgleich es sehr kalt war, war der Himmel blau und die Sonne blitze auf die mit Frost überzogenen Straßen. Edward nahm meine Hand und redete an der Rezeption mit einem Herren in schnellem Französisch, während ich mich umsah. Alles war gold und weinrot verziert, altmodisch, aber sehr edel. Goldene Kronleuchter, verschnörkelte Sofas, elegante Vasen mit prächtig blühenden Pflanzen waren um mich herum. „Wir können unser Zimmer beziehen, kommst du?“ Ich wandte mich um folgte Edward zum Aufzug, der uns zu unsere „Suite Blanc-Noir“, so stand es zumindest an der Tür, brachte. Das Zimmer erinnerte mich stark an das Büro des Direktors. Architektonisch war es ein Halbkreis mit einer geschätzt drei Meter hohen Glasfensterfront, durch die man zuerst auf einen schmalen durchgängig an der Fensterfront entlanggehenden Balkon und dann auf ganz Paris blickte. Alles war in schwarz und weiß gehalten und sehr modern. Mitten im Zimmer war das Bad, welches die eine Hälfte des Zimmers, wo das Doppelbett stand, von der anderen Hälfte des Zimmers, Aufenthaltsraum mit Couch und Tischgarnitur, abtrennte. Ich setzte mich auf einen Stuhl, der vor einem Frisiertisch stand. Ich fühlte mich ausgezerrt. Jetlag. Edward sauste vor meinen Augen durch die Suite und sortierte hier und da ein paar Sachen aus unseren Koffer ein. Schlaff saß ich da, bewegte mich kaum und folgte ihm mit müden Augen. Dann hockte er sich vor mich und nahm meine Hände. „Na, alles okay mit dir?“ „Hmmm“, machte ich, doch meine Augen waren schwer und es schmerzte fast, sie offen zu halten. Mein Körper fühlte sich angesichts des draußen anbrechenden Tages nicht müde. Seltsames Gefühl. „Ich glaube du legst dich jetzt mal besser hin“, sagte er mit einem sanften Gesichtsausdruck und breitete die Arme aus in die ihm mich breitwillig fallen ließ und alles weitere nicht mehr mitbekam. Von einem lauten Knall wurde ich wach. Als ich den Kopf hob, sah ich düstere am hängende Himmel Wolken, die grollend vom Wind geschoben worden. Schneeregen prasselte auf das Vordach des Balkon nieder, auf dem Edward mit am Geländer abgestützten Armen stand. Er beobachtete das Schauspiel. Ich richtete mich auf und spürte einen Stich in meinem Kopf. Mir war schwummerig und meine Nase tat vom vielen Schnupfen weh. Alles in meinem Körper tat mir weg. Bauch, Beine, Kopf, alles. Doch ich fühlte mich zu fit – geistig fit –, um im Bett liegen zu bleiben, aber zu kraftlos um aufzustehen. Ich hustete, mein Hals brannte. Sogleich war Edward bei mir, der sich im Schneidersitz hingesetzt hatte. Ich wand mich von ihm ab und hustete wieder. „Du brauchst dich nicht von mir wegzudrehen“, sagte er mit einem Lächeln in der Stimme. Trotzdem blieb ich abgewandt. „Das ist doch eklig“, murmelte ich. Edward fasste an meine Schulter und drehte mich zu sich. Er küsste meine Lippen. „Bah Edward“, sagte ich und rieb mir mit dem Ellbogen über das Gesicht. Edward lachte. „Du weißt doch, du kannst mich nicht anstecken.“ „Trotzdem“, murrte ich. „Und, wie geht es dir?“, ging er nicht mehr weiter darauf ein. Ich sah an ihm vorbei zu dem Unwetter, das draußen tobte. „Wir haben auch ein Pech. Erst macht mein Immunsystem schlapp und dann sind wir schon mal in Paris und das Wetter spielt verrückt“, seufzte ich. Edward legte seine Hand an mein Kinn und zog mein Gesicht sachte zu seinem Gesicht. „Ich wollte wissen, wie es dir geht.“ Seine Augen sahen mich intensiv an. „Gut“, ich bewegte kaum die Lippen, „ich ärgere mich nur über mich selbst.“ „Man hat mal eine Erkältung und der Jetlag war nicht gerade förderlich“, er sah wie ich die Augen verdrehte und kicherte leise, „so was passiert.“ „… eigentlich nur Menschen“, ergänzte ich seinen Satz. „Wenn du in der Biologiestunde deinem Instinkt gefolgt wärst, hätte ich wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt kein Vampir werden wollen und wäre jetzt wie du und wir müsste nicht sitzen und warten, bis mein Körper mir sein ‚okay’ gibt.“ Ich bereute sofort wieder was einfach so und unbeabsichtigt aus mir herausgesprudelt war. Doch zum Glück sah ich in Edwards Gesicht, dass er das mit Humor nahm. „Glaub mir“, seine Lippen waren ganz nah an meinem Ohr, „das hätte ich mir niemals verziehen.“ Er küsste das äußere meiner Wange. „Wie viel Uhr ist es eigentlich?“ „Vier Uhr nachmittags“, antwortete er. „Hm, ich denke ich sollte jetzt noch ein bisschen wach bleiben, damit ich später wieder müde und morgen Abend ausgeruht bin“, überlegte ich. „Also gehen wir abends weg…“ Ich sah ihn an. „Du hast nicht in meiner Tasche nachgesehen oder?“, fragte ich misstrauisch, obwohl ich die Antwort sofort wusste. „Natürlich nicht“, sagte er leise. „Bis morgen bin ich wieder fit, versprochen“, sagte ich ihm zu. Edward überging das, hob mein Gesicht an und küsste meine Lippen innig. Er legte die andere Hand merkwürdig an mein Gesicht, schräg über meine rechte Augenbraue. „Du hattest zwischenzeitlich leicht erhöhte Temperatur, nichts ernstes“, erklärte er auf meinen fragenden Blick hin. Ich schnaubte, rutschte mit dem Po über das breite Bett und ging mit wackeligen Beinen und einem schummerigen Gefühl zum Fenster, wo ich die Arme verschränkte und dem Gewitter zusah. Edward stellte sich neben mich und legte einen Arm um meine Schulter. Erst jetzt bemerkte ich was ich trug: Nichts, außer dem weißen Hemd von Edward, welches auf dem Flug angehabt hatte. Edward fiel mein Blick an mir herab und küsste meine Schläfe. „Du siehst wunderschön aus“, hauchte er, während seine Lippen an meinem Hals entlang glitten. Ich nieste und zerstörte die ganze Romantik. Edward kicherte in mein Ohr, als es laut an die Tür klopfte. Ich sah in Richtung Tür, die ich aber von der Position am Fenster gar nicht sehen konnte, und dann zu Edward. „Moment“, sagte er nur und rauschte zur Tür. Ich wand mich wieder dem Fenster zu. Die Stimmung draußen war bedrückend und schien auf mich abzufärben. Nichts gelang, hatte ich den Eindruck, alles sollte so perfekt werden und nichts davon war eingetreten. Jetzt war ich hier im Zimmer und nieste vor mich hin, während wir warteten bis ich gesund wurde. Ich war einen Blick über die Schulter zu meiner Tasche. Wenn es morgen nicht besser werden sollte… „Du hast doch bestimmt Hunger oder?“ Edward kam mit einem Servierwagen wieder, den er am Bettende stehen ließ. „Geht so“, murmelte ich und kam auf ihn zu. „Cornflakes?“ „Nicht schlecht oder? Du musst mal die Croissants probieren, die schmecken köstlich“, schwärmte er, ich zog die Augenbrauen hoch, „wenigstens sehen sie so aus“, ergänzte er mit meinem liebsten schiefen grinsen. Ich musste unfreiwillig einstimmen und setzte mich zwischen seine Beine vor den Servierwagen. Nun hatte ich doch Hunger und nahm mir ein Schokocroissant. „Ich liebe es wenn du isst“, sagte er leise und fuhr mit der Nase über meine Wange. „Du bist wunderschön…“ Ich verdrehte schnaubend die Augen. „Du bist unmöglich“, er sah mich an, „ich sitze hier schniefend, ungewaschen und total zerzausend und du machst mir Komplimente. Mach das wenn ich wenigstens einigermaßen aussehe“, wies ich ihn griesgrämig an. Er legte sich grinsend nach hinten auf die Matratze und sagte nichts mehr. Ich wusste nicht mal genau warum ich so schlecht gelaunt war, denn eigentlich war ja nichts sonderlich Schlimmes geschehen. Ich hatte mir das alles nur anders vorgestellt. Ich dachte ich könnte mein Glück, dass ich vor der Abreise bei den Cullens empfunden habe, hier weiter mit ihm allein auskosten. Dieses blöde Erkältung und das grausige Wetter hatten meiner Vorfreude, im Gegensatz zu Edwards, einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich fühlte mich den ganzen Abend lang nicht wirklich gut. Auch nicht, nachdem ich geduscht hatte. Mein Kopf dröhnte, der Schnupfen und die immer wieder leicht abklingenden oder stärker werdenden Halsschmerzen hielten an. Ich hatte das Gefühl, dass mir alles, bei jeder Bewegung weh tat, dass sich mein Körper gegen mich verschworen hatte. Ich sehnte mich nach Schmerzmittel (allein das zu denken, war schon erstreckend, stellte ich in Gedanken fest), doch ich widerstand der Versuchung Edward danach zu fragen bzw. darum zu bitten. Wir sahen fern, bzw. ich zapfte im Minutentakt die Kanäle durch, ich aß oder er sang mir etwas vor. Ich schämte mich fast für meine Missmutigkeit und hielt es für das Beste schlafen zu gehen, doch selbst um kurz nach drei in der Früh, war ich noch zu wach. Auch die Zärtlichkeiten von Edward oder sein Gesang konnte mir seltener ein Lächeln auf die Lippen zaubern, geschweige denn mich müde machen. Mein Zeitgefühl war völlig durcheinander. „Weck mich bitte spätestens gegen Nachmittag“, nuschelte ich, als das Gewitter sich am morgen verzogen hatte, die Sonne auf die Schneepracht strahlte und ich nun doch endlich in den Schlaf glitt. Ich fühlte mich, als von selbst um sechzehn Uhr aufwachte (ich überlegte kurz ob Edward mich wirklich geweckt hätte, wenn- ich verwarf den Gedanken ganz schnell wieder), noch grausamer als zuvor – ließ mir allerdings nichts anmerken, da wir heute zu dem Konzert gehen würden. Ich ging zuerst unter die Dusche, um wenigstens einen klaren Kopf zu bekommen, denn mir war, als würde ich die Erkältung nur immer mehr mit mir herumschleppen. Dieses Mal nutzte ich das Make-up, was ich mitgenommen hatte, ausgiebig, um meinen schlaffen fahlen Gesichtsausdruck zu retouchieren. „Und? Wie ist es? Besser?“, wollte Edward wissen, sobald ich aus dem Bad zurück war. „Ja, besser als gestern auf jeden Fall“, sagte ich mit ausdrucksloser Stimme und einem – hoffentlich – fröhlichen Gesichtsausdruck. „Sollen wir denn wirklich gehen? Meinst du, du bist gesund genug?“, wollte er Stirn runzelnd wissen. Ich nickte heftig. „Ja, in jedem Fall!“ Edward musterte mich kurz und sagte dann, ich schien ihn von einer guten Verfassung überzeugt zu haben:„Ich bestelle ein Taxi für neunzehn Uhr, ist das okay oder zu früh oder zu spät?“ „Perfekt“, sagte ich und setzte mich an den Frisiertisch, um mir die Haare zur kämmen. Das Konzert begann um zwanzig Uhr. Da wir sehr gute Karten hatten, brauchten wir nicht sonderlich frühzeitig dort sein, nahm ich an. Ich ließ mir viel Zeit für das fertig machen, weil ich merkte, dass mich die routinierten Bewegungen ausgeglichener und somit vermutlich erträglicher für Edward machen würden. „Ich gehe mal nachsehen ob das Taxi schon da ist ja?“, fragte er später, obwohl das eigentlich überflüssig war, da die Rezeption auf unserem Zimmer anrufen würde. Ich glaubte, dass er wollte, dass ich die Karten vielleicht unbemerkt einstecken wollte oder irgendetwas anderes tun wollte, was mit meiner Überraschung zusammenging, was er nicht sehen durfte. Doch ich hatte anderes im Sinn. Kurz nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, stürzte ich zu meiner Tasche, um nach der Schmerzmittelpackung zu suchen. Jetzt wo Edward weg war, konnte ich mir mein schmerzverzerrtes Gesicht nicht verkneifen. Ohne eine Tablette würde ich den Abend nicht durchstehen. Ich schluckte eine Tablette hastig mit Wasser herunter, steckte die Karten in eine kleine Umhängetasche, und setzte mich wieder brav an den Frisiertisch. Ich wusste, dass ich diese eine Tablette mit Sicherheit bereuen würde, doch ich glaubte oder hoffte, dass die Nebenwirkung wenigstens noch nicht heute Abend einsetzten würden und so schwach waren, dass sie Edward verborgen blieb. „Du darfst ruhig zu geben, dass du das rot nicht magst“, sagte ich, als ich seinen Blick gesehen hatte, als ich das Kleid trug. „Ich mag alles was du trägst“, entgegnete er schlicht. Edward schloss die Zimmertür hinter uns ab. „Und dir geht’s wirklich besser?“, fragte er zum gefühlten dreiundvierzigsten Mal in der letzten Minute. „Ja tut es.“ Und das entsprach der Wahrheit. Nach einem Grund hatte er schließlich nicht gefragt. Edward legte eine Hand an meine Hüfte und wir gingen runter. Bevor wir raus gingen, es war bitterkalt und das Kleid war nicht zum warm halten gedacht (ich hatte Edward mit äußerster Mühe davon überzeugen können, dass wir kaum draußen sein werden und ich daher gar nicht frieren konnte), stoppte ich ihn. Er wusste was kommt und sah mich gespannt an. „Ich kann den Namen leider nicht aussprechen“, murmelte ich, während ich in meiner Tasche suchte und zog schließlich die Karten hervor, „da gehen wir hin…“, Edward sah in einem undeutbaren Blick auf die Karten, „ist das… gut?“, zögerte ich unsicher. Edward zog die Augenbrauen hoch. „Wo hast du die her?“, ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch er sprach sogleich weiter, „Das ist- Wahnsinn, der Komponist ist super! Ich hab unter anderem seine Werke studiert, als ich dein Schlaflied-“ „Also ist das gut“, stellte ich noch immer nicht überzeugt fest. „Und wie!“ Er strahlte, so wie ich es in letzter Zeit kaum oder gar nie gesehen hatte und hob mich an der Taille hoch. „Du bist großartig“, freute er sich, ließ mich langsam sinken, sodass unsere Gesicht übereinander waren und er mich innig küssen konnte. „Aber mal im ernst, wo hast du die Karten her? Mit Geld war da schon seit Monaten nichts mehr zu machen…“ „Ich hab sie geschenkt bekommen“, Edward machte ein merkwürdig anstrengendes Gesicht, „na ja… also ich musste schon etwas dafür tun…“ „Und das wäre?“ „Ich musste einen Vortrag halten“, gestand ich seufzend, „auf diesem komischen Kongresstag…“ Er nahm mein Gesicht in seiner Hände und sah mich fast gerührt an. „Und das alles nur für mich“, hauchte er, weil er wusste, wie sehr ich Referate hasste. „Nur…“, flüsterte ich über seine Küsse lächelnd hinweg, „ist gut…“ Nach einem weiteren ausgiebigen Kuss stiegen wir ins Taxi ein. Der Sturm draußen hatte aufgehört und ich fühlte mich gut – schmerzfrei –, doch dunkle Wolken zogen am Himmel bereits wieder auf. „Du bist wirklich erstaunlich“, sagte Edward, als wir lachend nach Beendigung des Konzertes aus der operngleichen Halle liefen, „du besorgst Karten und bist hinterher überraschter, als der, den du überraschen wolltest.“ Wir lachten. „Na ja, ich bin nur nach Ausmaß der Werbung gegangen“, gestand ich. „Möchtest du auf dem Zimmer was essen oder sollen wir essen gehen?“, fragte er mich, als wir am Straßenrand auf ein Taxi warteten. Ich sah, als wäre das der Grund, weshalb ich aufs Zimmer wollte, in den Himmel. „Sieht wieder nach Unwetter aus, lieber aufs Zimmer“, sagte ich und unterdrückte eine Handbewegung zu meinem Magen Edward nickte und sagte dem Taxifahrer, der gerade vor uns angehalten hatte, französisch sprechend bescheid, während ich mich abwandte, die Augen fest zusammen kniff und durchatmete. Edward legte seine Jacke über den Stuhl und griff nach dem Zimmertelefon. Doch er legte wieder auf. „Ich gehe lieber runter“, sagte er, während ich mich an den Frisiertisch gesetzt und mit möglichst wenigen Bewegungen versuchte die Hochsteckfrisur aus meinem Haar zu entfernen, „dann ist es eindrucksvoller und ich krieg bestimmt wieder meine Sonderwünsche, Cornflakes.“ Er grinste. Ich erwiderte es schwach. Hunger hatte ich überhaupt nicht. Die Tür fiel ins Schloss und ich hastete zu meiner Tasche, verharrte allerdings dann. Wenn ich jetzt wieder eine Tablette nehme, würde es immer und immer wieder so weitergehen, doch schaffte ich es vor Edward mir nichts anmerken zu lassen? Ich ließ die Packung wieder in die Tasche gleiten und schloss diese. Ich hatte keine Wahl, ich musste der Versuchung widerstehen, wie sehr mein Magen und mein Unterleib auch zerbersten mögen. Ich stand ein wenig zu schnell auf und spürte einen heftigen Stich irgendwo in die Magengegend. Ich keuchte, presste die Hände auf meinen Körper und glitt sofort wieder zu Boden. Ein Schrei entwich mir, den ich sofort, dadurch dass ich die Zähne fest aufeinander biss, erstickte. Bella reiß dich zusammen!, feuerte ich mich in Gedanken an, er darf absolut nichts merken! Er würde sich wieder Vorwürfe machen! Vorwürfe, die er sich gar nicht machen darf! Mit größter Anstrengung schaffte ich mich aufzurappeln und steckte mir die Faust in den Mund, um keinen Laut von mir zu geben, da jede noch so kleine Bewegung schmerzte. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die Auswirkungen so heftig sein würden (und Carlisle vermutlich auch nicht, sonst hätte er sie uns gar nicht mitgegeben). Ich klatschte mir im Bad eiskaltes Wasser durchs Gesicht, doch es ging mir nicht wirklich besser. Ich tauschte, mit möglichst geringem Bewegungsaufwand das Kleid gegen Edwards weißes Hemd von gestern, als Edward mit einem Servierwagen hereinkam. „Du kannst auch ein frisches Hemd haben“, sagte er grinsend, als mich an der Bettkante nur in Unterwäsche und Hemd bekleidet sah. Ich zwang mich lächelnd zu ihm aufzusehen. „Aber das hier riecht nach dir“, entgegnete ich mit unterdrückt zittriger Stimme. „Das geht auch anders“, sagte er leise, kam auf mich zu, beugte sich zu mir herunter und küsste mich, sodass ich mich mit dem Rücken aufs Bett legte. „Ist was?“, fragte Edward mit gerunzelter Stirn. Er hatte bemerkt, dass ich nicht bei der Sache war und meine Lippen seinen nur halbherzig folgten. Ich glitt unter ihm hervor und setzte mich auf. „Ich hab … nur Hunger“, murmelte ich, wissentlich, dass er mich irritiert ansah und mir diese Entschuldigung keinesfalls abnahm. Er wusste, dass ich jede Köstlichkeit der Welt gegen das, was gekommen wäre, wenn ich ihn nicht zurückgeschoben hätte, eingetauscht hätte. „Ich gehe duschen“, sagte ich dann zu allgemeiner Verwirrung, weil ja eigentlich Hunger hatte (hatte ich zumindest gesagt), und ging – ich rannte fast – ins Bad. Ich zog mich erst gar nicht aus, sondern setzte mich in die Duschwanne und ließ eiskaltes Wasser auf mich herunterprasseln. Das Pieksen, wie kleine sanfte Nadelstiche, welches mir das kalte Wasser auf meiner Haut bereitete, war angenehm und lenkte mich von dem beißende Schmerz in mir ab. Ich hatte kein Zeitgefühl, doch ich wusste, dass ich so langsam mal aus der Dusche gehen musste, damit Edward nicht noch mehr Verdacht schöpfte. Ja, ich wusste das, doch mein Körper wollte nicht gehorchen, weshalb ich kraftlos sitzen blieb, unfähig mich selbst zu überreden aufzustehen. Stattdessen gab ich feige der Müdigkeit nach. Ich konnte nicht allzu lang geschlafen haben, denn meine Haare, die in ein Handtuch gewickelt waren, schienen noch feucht zu sein, als ich im Bett aufwachte. Ich hörte Edwards Stimme von irgendwoher, erkennen konnte ich ihn nicht. „-ja habe nachgesehen- eine- nein von den Schmerzmitteln- hmm- gut“, ich biss mir auf die Lippen, er wusste es, „und gegen das Fieber?“, ich fasste mir an die Stirn und an die Wangen, ich hatte wirklich Fieber, „okay, dann besser nicht, gut, danke Carlisle.“ Ehe ich mich schlafend stellen konnte, stand er schon am Bettende. „Äh, hi“, sagte ich unpassend. Edward sah mich stumm an und atmete ein und aus. Dann sagte er: „Was soll ich bloß mit dir machen?“ „Mir geht es gut“, sagte ich ehrlich, denn ich spürte keinerlei Schmerzen in mir, abgesehen von der Hitze vom Fieber. „Ja jetzt und davor?“ Ich senkte den Blick und fummelte unter der Decke an dem Hemd herum (diesmal war es ein frisches graues). „Bella du hättest das nicht tun dürfen, du warst die Nebenwirkungen doch gerade einigermaßen los oder?“ Ich nickte. „Wir wäre einfach hier geblieben, wenn die Erkältung-“ „Na super, dann musst du wieder mit mir hier rum sitzen und du kannst-“ „Du versprichst mir jetzt“, sagte er mit erhobener Stimme und setzte sich seitlich zu mir ans Bett, „hoch und heilig, dass du nie wieder, so ein Zeug anrührst, egal, was mit mir ist. Versprichst du’s?“ Ich seufzte und sah nickend zur Seite. Er drehte meinen Kopf zu sich und sah mir tief in die Augen. Sein Blick brannte in mir. „Versprichst du’s?“ „Versprochen“, willigte ich ein und seine Lippen streiften die meinigen sanft. „So und jetzt solltest du erst einmal wirklich etwas essen“, sagte er wie zu sich selbst und glitt kurz aus meinem Blickfeld. „Was… hat Carlisle denn gesagt?“, fragte ich zögerlich. „Er hat gesagt“, er erschien mit dem Servierwagen neben dem Bett, woraufhin er sich wieder neben mich setzte, „du wärst ein törichter, sturer und masochistischer Dummkopf, der es einfach nicht lassen kann mit dem Feuer zu spielen.“ Ich sah ihn ungläubig an. „Das hat er natürlich nicht gesagt, aber er hätte es gedacht, wenn ich seine Gedanken hätte lesen können.“ Er reichte mir einen Teller. Ich sah nicht hin und schob mir etwas Brotartiges in den Mund. „Tut mir leid“, murmelte ich kauend. Er küsste meine Stirn. Dienstagmittag war ich wieder putzmunter. Die Erkältung war durch die Schmerzmittel weggegangen, die Nebenwirkungen hatten mit Fieber getauscht gehabt, welches immer weiter gesunken, sodass wir uns entschlossen ein wenig durch Paris zu bummeln. Das Wetter war schlecht, sprich es war keine Sonne da, die Edward entblößt hätte, aber es war auch nicht zu schlecht, als dass man nicht herausgehen konnte. „Übrigens habe ich auch noch eine Überraschung für dich“, sagte er beiläufig, „heute Abend.“ Ich sah ihn von der Seite an. Seine Mundwinkel zuckten als er stur geradeaus sah. „So? Und was machen wir?“ „Ich sagte Überraschung“, entgegnete er langsam. „Ja… aber soll ich mich in Schale schmeißen oder nicht? Obwohl…“, überlegte ich, „du magst das Kleid ja sowieso nicht…“ Er verdrehte grinsend die Augen und legte einen Arm um meine Schultern, doch er sagte nichts. „Das interpretiere ich jetzt mal als nicht schick?“ Er verharrte in seinem Ausdruck. „Edward! Sag was!“ Ich versuchte lachend einen Stein in die Seite zu knuffen. „Ich liebe dich“, kicherte er und sah mich nun endlich an. „Das wollte ich jetzt ausnahmsweise mal nicht hören“, sagte ich gespielt sauer. Sobald wir wieder im Zimmer waren machte ich mir große Sorgen um meine Robe. Sollte ich ein Kleid anziehen und wir gingen hinterher spazieren (was auch toll wäre, aber ein Kleid wäre unpassend)? Oder normale Kleidung und er führte mich hinterher aus? Ich sah um die Ecke zu Edward, der sich gerade einen Pullover über das Hemd zog. Ich huschte wieder zurück und wendete den Blick von seinem perfekten Körper ab, welcher aus einem beigefarbenen Pullover und einem braunen Hemd darunter einen göttlichen Anblick zauberte. Ich passte mich ihm an und zog eine kuschelige Strickjacke über mein langärmliges T-Shirt. Die Wolken hatten sich draußen verzogen und es war dunkler geworden. Mittlerweile hatten wir schon nach zehn. Ich spürte etwas an meinem bislang noch nackten Hals und zuckte zusammen. Edward stand seitlich hinter mir und hatte mir einen Schal umgelegt. Einen karierten Schal, der seiner war. „Es wird heute kalt und vor allem windig“, sagte er lediglich. Windig? Wo wollte er hin? Mir fiel kein Ort ein, wo es jetzt windig sein könnte, denn draußen schien es ziemlich windstill. Ich nahm das hin und wir gingen gemeinsam aus dem Hotel, wo uns ein Taxi, zu meiner Überraschung nur wenige Straßen weiter fuhr. „Wir laufen noch ein Stück, aber du wirst bald sehen wo wir hingehen“, erklärte er, als wir ausgestiegen und auf dem Bürgersteig zwischen einer viel befahrenen Straße und hohen Wohn- und Geschäftshäusern auf der anderen gingen. Ich runzelte die Stirn und sah mich immer wieder um. Was war denn hier? Außer, dass es wirklich kalt war, allerdings nicht windig. Ich gab auf, legte den Kopf in den Nacken, während wir so daher schlenderten, ich war wirklich aufgeregt, und blickte über mich in den Himmel, als mir etwas schillernd auffiel. „Der Eifelturm? Gehen wir zum Eifelturm?“ Ich erkannte die Spitze über die hohen Häuser am Straßenrand und neigte den Kopf zu Edward, der zu mir heruntersah und nickend lächelte. Schon gingen wir um die Ecke und da offenbarte sich mir der bei dieser wolkenlosen Nacht hell erstrahlende Eifelturm. „Woah, das war eine super Idee“, lobte ich, stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihn unterhalb der Wange zu küssen. „Und das ist noch nicht alles“, sagte er schief grinsend. „So?“ Doch er ging nicht weiter drauf ein und wir liefen weiter auf den Eifelturm zu, an dem ich mich gar nicht satt sehen konnte – traumhaft schön. Auf dem Vorplatz waren viele Menschen – Paare –, die den Anblick genossen. Ich stellte mich direkt am Fuße des Eifelturms hin und blickte empor. Umwerfender Blick. „Wir haben Glück, dass das Wetter nicht so schlecht ist wie in den letzten Tagen“, stellte ich fest. „Hmmm, Glück… Alice hatte ihre Finger im Spiel, du glaubst gar nicht wie neidisch sie war und Esme erst“, gestand er. Ich lächelte. „Hm… Schade, dass man da nicht mehr hochkommt“, leitete ich zu einem anderen Thema über, nachdem ich das Schild an der Eingangstür gelesen hatte ‚Wegen Reparaturarbeiten geschlossen’. „Ja schade, dass man nicht mehr da hochkommt“, sagte Edward neben mir in einem merkwürdigen Tonfall, der mich aufhorchen ließ. Er griff mir unter den Arm und flüsterte mir ins Ohr: „Komm.“ Verwirrt ließ ich mich von ihm rechts um den Eifelturm herum führen. Wir blieben vor einer anderen Tür mit demselben Schild stehen. Innen drin war es dunkel. Edward nahm sein Handy aus seiner Hosentasche, tippte rasch und sprach ebenso schnell auf Französisch, steckte das Handy und wartete. Ich sah ihn erwartungsvoll an. Er legte nur einen Finger an die Lippen und stellte sich mit den Händen in den Hosentaschen locker hin. Ich tat es ihm gleich, tippte mit dem Fuß absichtlich heftig auf den Boden, ich sah Edward schmunzeln und zog eine Schnute. Ich hasste diese Geheimniskrämerei. Jetzt könnte er es mir doch sagen Hinter mir öffnete sich die Tür. Verwundert ging Edward an mir vorbei, nahm meine Hand und zog mich hinter sich rein. Der Raum erhellte sich minimal. Ich hörte wie Edward die Tür schloss und jemand sie zuschloss. „Warum öffnen sie uns und den anderen nicht? Das Schild-“ „Sie öffnen uns“, wir gingen hinter einer Frau her, „weil ich der Eifelturm heute Abend nur uns gehört“, flüsterte er mir ins Ohr. „Wie jetzt… ‚nur uns’?“, fragte ich verwirrt. Die Frau öffnete den Aufzug und stellte sich hinein. Edward und ich traten ebenfalls ein und der Aufzug für los. Ich sah nun das Gesicht der Frau, dessen Ausdruck mich fast erschreckte. Eine Mischung zwischen Anwiderung und Verblüffung. „Ich habe den Eifelturm heute Abend gemietet.“ Es klang aus seinem Mund, als ob er ein Baguette gekauft hätte. „Du hast- du hast was?“ Meine Augen wurden groß und ich klappte den Mund auf. „Aber- geht so was überhaupt?“ „Wie du siehst“, er grinste, als er sah, dass die Überraschung über die Maßen gelungen war, „es gibt Ausnahmen.“ „Jaah, für die Cullens. Aber warum stand da dann ‚Reparaturarbeiten’?“ Ich drehte mich um, lehnte mich an seine Brust und griff nach seinen, die ich um mich legte. Edward zog seine Arme ein wenig fester um mich. „Wir wollten kein Aufsehen erregen… das wäre sonst durch die Presse gegangen und die zu bestechen hätte zu lange gedauert“, sagte er leichthin. Dann stoppte der Aufzug. Edward sagte kurz etwas zu der Frau, sie nickte nur und wir traten aus dem Aufzug. Sofort huschte ein breites Lächeln über mein Gesicht. Ich rannte ein paar Schritte weiter auf der Plattform bis ich am Geländer ankam, kurz hinunter sah und dann die Aussicht genoss. Unglaublich. Jetzt verstand ich auch das mit dem Wind. Ich spürte Edward hinter mir stehen. „Du bist großartig“, sagte ich. „Das Kompliment kann ich gerne zurückgeben.“ Sein Lächeln war aus seinem Gesicht in diesen Sekunden nicht mehr wegzudenken. So selten hatte ich es in letzter Zeit gesehen – wegen mir. „Und das alles nur wegen mir“, murmelte ich. „Nur…“, zitiert er mich, „ist gut.“ Er kicherte leise. „Dagegen war meine Überraschung der Baum, neben diesem Wald hier“, metaphierte ich überschwänglich. „Blödsinn. Deine Überraschung war nicht käuflich, meine schon…“ „Sag mal“, ich fuhr mit den Fingern bereits durch seine Haare, „was hat die Frau im Aufzug eigentlich gedacht? Sie hat uns so merkwürdig angesehen…“ Er lachte kurz auf. „Sie hat sich gefragt, wieso sich zwei so junge Leute es leisten können, den Eifelturm zu mieten. Sie hat auf Drogenszene oder Adel oder reiche Eltern getippt.“ Ich stimmte in sein Lachen mit ein, unterbrach es dann aber, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Wir sahen uns, vom Licht des imposanten Turms um uns herum erleuchtet, an. Seine Augen glänzten verführerisch zu mir herunter und ich wusste, dass ich diesen Mann nie wieder los lassen würde, dass er mehr war, als ich je von meinem Leben hätte erwarten können, dass er alles war, alles was ich wollte und brauchte. „Ich liebe dich“, drückte ich es in den drei kleinen Worten auf. „J'aime deux chose: Toi et la rose. La rose pour un joure Eet toi pour toujours”, hauchte er mir mit seiner melodisch samtenen Stimme, die auf Französisch noch charmanter klang und mich dahin schmelzen ließ, ins Ohr. Und es war mir gleich, was es hieß, denn ich wusste, was es bedeutete. Meine Lippen umschlossen seine begierig. Ich stellte mich auf seine Füße, um ihn inniger küssen zu können. Der klare Wind umspielte sachte meine Haare und mein erhitztes Gesicht. Edwards Handy vibrierte in seiner Hosentasche, an der ich mich mit meinem Oberschenkel gepresst hatte. Wir seufzten beide gleichzeitig, ließen aber vorerst nicht voneinander ab. „Augenblick“, sagte er leise, als derjenige am anderen Ende nicht auflegte. „Hallo Alice“, grüßte er absichtlich genervt. Ich kuschelte mich an seine Brust. Seltsam, ich hörte Alice sonst zarte Stimme durch das Telefon laut piepsen. Ich richtete den Blick hoch zu Edward. Ich erkannte sein Gesicht im schummerigen Licht nicht. Ich merkte einzig und allein, wie er sich unter mir versteifte. Ich ließ ihn los, um ihn besser betrachten zu können. Er sagte nichts und hörte nur zu, doch sein Gesicht sprach Bände: Es war etwas geschehen… „Edward, was?! Sag!“, forderte ich lautstark, sobald er das Handy laut, so kam es mir zumindest vor, zuschnacken hatte lassen und es in die Tasche zurück gleite ließ. Sein Gesichtsausdruck jagte mir Angst ein, denn diese verkörperte sein Gesicht. „Wir müssen zurück, sofort. Wir haben keine Zeit. Nela… sie ist auf dem Weg nach Denali. Alice sieht-“ Er schloss kurz die Augen und atmete ein und aus. „Was! Red schon!“ Meine Stimme war dünn und meine Eingeweide brannten entsetzlich. „Sie sieht vieles, aber auch… Nelas Verwandlung.“ ---------------------------------------------------------------------- Hier für alle Non-Franzosen wie ich die Übersetzung: Ich liebe zwei Sachen: Dich und die Rose. Die Rose für ein Tag Und dich für jeden Tag. Freue mich auf Kommis. ^^ Kapitel 16: Brennende Angst --------------------------- Next on, hf :) ------------------------------------------------------------------ Ich keuchte und sah ihn mit aufgerissenen Augen an. „Wie- wie kann das sein?!“, schrie ich entsetzt. „Das sieht sie nicht, es kann sein, es muss nicht sein“, sagte Edward neutral. „Rasch“, setzte er leise hinzu und sogleich hasteten wir zum Aufzug. Ich drückte den Knopf, der ‚EG’ anzeigte, ununterbrochen. „Edward… was machen wir?“, fragte ich ihn ängstlich, nachdem er noch im Aufzug telefoniert hatte und wir nun ausstiegen. „Ein Taxi bringt uns gleich zum Hotel“, sagte er tonlos, als wir nun vor dem Eifelturm der mir trügerisch schön und unschuldig vorkam, „ich werde versuchen so schnell wie möglich einen Flug nach Edmonton zu kriegen, wo uns einer dann abholt. Aufgrund der acht Stunden Zeitverschiebung sind wir im Vorteil.“ Ich nickte und klammerte mich an seinen Arm. Ich versuchte mich zu beruhigen und langsam und gleichmäßig zu atmen. Edward telefonierte mehrmals mit mal mehr und mal weniger aufgebrachter Stimme. Ein paar Leute sahen sich uns um. Dann gingen wir ein paar Meter zur nächsten Straßenecke, wo uns ein Taxi in Empfang nahm. Edward pampte den Taxifahrer unwirsch an – zumindest klang es so – und wir waren sehr schnell in unserem Hotel und letztlich auch auf unserem Zimmer. Es ging alles rasend schnell, mir schwirrte der Kopf. „Ich packe. Ruf’ du bitte Alice an. Frag’ sie ob sie etwas Neues gesehen hat“, kommandiert er, ich missverstand es nicht als böswillig. Er war genauso angespannt wie ich. Ich suchte Alice’ Nummer im Handy. Sie ging sofort dran. „Alice? Hier ist-“, sagte ich überflüssiger Weise. „Eleazar und Carmen bringen sie nach Hinton. Wir haben mit ihm telefoniert und er versucht langsamer zu fahren. Zumindest so langsam, dass Nela keinen Verdacht schöpft. Trotz allem werden sie aber um ca. 12 Uhr morgen Mittag unserer Zeit hier sein. Ich sehe, dass ihr um 11 Uhr hier sein werdet, frag Edward mal ob das hinkommt.“ „Edward?“, fragte ich sogleich mit einem dicken Kloß im Hals, „Alice fragt, ob das hinkommt, dass wir um 11 Uhr bei ihnen sein werden?“ Er blieb kurz stehen und überlegte. „Ja ca. Wir werden den Flug um 12:40 Uhr hoffentlich noch bekommen und sind dann mit der Zeitverschiebung um 9:40 Uhr dann in Edmonton. Mit Gepäck und Fahrt wird es 11 Uhr werden.“ Ich war froh, dass Edward so klug war, ich verstand nichts davon und gab es Alice eins zu eins weiter, obwohl sie es wahrscheinlich sowieso schon gehört hatte. „Alice“, meine Stimme zitterte, „warum kommt sie so plötzlich zurück? Und warum-“, ich schluckte, „warum verwandelt sie sich?“ „Ich sehe die Motive nicht und sie hat keinem in Denali gesagt, warum sie so plötzlich zurück will. Sie schien nur sehr wütend zu sein.“ „Und… die Verwandlung?“ Alice machte eine Pause und sprach dann langsam weiter: „Ich sehe viele Fetzen, weil sie sich scheinbar nicht sicher ist bzw. nicht weiß wie sie reagieren soll, worauf auch immer, aber eine Vision ist ihre Verwandlung, ja.“ Nun stand Edward mit meinem und seinem gepackten Koffer vor mir und reichte mir meine Tasche. „Alice wir fahren jetzt, bis… gleich.“ Ich legte auf. „Ich hole eben unsere Tickets“, sagte Edward schnell und flitzte in menschlichem Tempo an den vielen wartenden Menschen vorbei. Ich blieb an Ort und Stelle stehen und setzte mich auf meinen Koffer. An mir vorbei liefen Leute laut schnatternd oder irritiert fragend. Ich fühlte mich als drehte sich alles. Als ging alles weiter, als schwirrte alles an mir vorbei, nur ich blieb stehen. Mir war gar nicht bewusst, was Edward und Alice gesagt hatte, was geschehen würde – könnte –, wenn wir bald wieder in Kanada waren. Nela könnte sich verwandeln und ich könnte zu ihr. Aber… warum, warum nur verwandelt sie sich? Warum kann es passieren, dass sie sich jetzt verwandelt? „Weiß sie von mir?“, fragte ich prompt, als Edward in meine Richtung ging. Er sah mich kurz verwirrt an, verstand dann aber und zuckte mit den Schultern. „Es kann nicht sein, es kann einfach nicht sein“, sagte er mehr zu sich selbst. Ich stand von den Koffern auf und wir gingen raschen Schrittes weiter Richtung Terminal. „Bella“, sagte Edward in einem bedrückenden Ton, „es tut mir leid, so kurzfristig, gab es nur noch Economy-Sitze-“ „Kein Problem, wirklich“, sagte ich schnell dazwischen, da er sich scheinbar Sorgen darum machte. „-und auch nicht nebeneinander“, ergänzte er mit einem fast schmerzlichen Blick. „Oh- okay, auch kein Problem“, sagte ich mit einem versucht lässigen Lächeln. Ich versuchte es mir gar nicht erst vorstellen, wie grausam ich die Vorstellung fand, jetzt siebzehn Stunden ohne ihn zu sein. Gerade jetzt brauchte ich ihn so sehr. „Ist es schlimm, wenn sie sich heute verwandelt?“, fragte ich, als wir weiter gingen wieder völlig ohne Zusammenhang. „Abgesehen von der Verwandlung an sich, eigentlich nicht. Aber ich möchte Zeit haben ihr alles in Ruhe zu erklären, bevor sie dich sieht, damit sie versteht. Ich möchte sie einfach darauf vorbereiten. Wir wissen nicht, was sie weiß, was sie vorhat, aber wir werden versuchen die Verwandlung wenigstens heute, so überstürzt, abzuwenden“, er sah meinen glasigen Blick, „mach dir keine Sorgen.“ Er küsste mich und wir gingen, nachdem wir unsere Tickets gezeigt hatten, als letzte zur Maschine. Mein Platz war direkt am Gang ziemlich mittig im Flugzeug. Edward saß auch am Gang, aber auf der anderen Seite des Ganges und drei Reihen hinter mir. Ich setzte mich neben einen älteren Mann, Mitte vierzig vielleicht, der bereits in seiner Zeitung las. Auf seinen Gruß antwortete ich nicht. Ich klemmte meine Tasche zwischen meine Beine, schnallte mich an und blieb stocksteif und kerzengerade sitzen. Die Maschine startete. „Wir haben unsere notwendige Flughöhe erreicht“, erklang es durch den Lautsprecher und der Mann neben mir fingerte aufgeregt an seinem Handy herum, nachdem er den Laptop auf seinem Schoß angemacht hatte. Mein Kind. Warum nur jetzt? Selbst wenn ich zu ihr durfte, wenn sie sich erst einmal verwandelte, Edward hatte recht. Nicht jetzt, nicht so schnell. Ich hatte nie einen Gedanken an das verwendet, was nach unserem ersten aufeinander treffen geschah: Die Verwandlung. Hoffentlich wird es eine normale Verwandlung, nur mit Schmerz, nur drei Tage. Ich blinzelte immer wieder Tränen weg, krallte die Hände in meine Oberschenkel und biss mir auf die Unterlippe. Ich schloss die Augen ohne eine Träne aus meinen nassen Augen zu vergießen und hörte meinem Atem zu. Was hatten wir übersehen? Was wusste sie nur? Ich schluckte bei dem Gedanken, dass Tanya uns vielleicht hintergangen haben könnte, doch ich durfte ihr kein unrecht tun, schließlich war ich mit meinem Rückzieher damals auch nicht sehr freundlich zu ihr gewesen und durfte jetzt nicht vorschnell über sie urteilen. Ich legte das Kinn auf die Brust. Obwohl Edward alles geplant hatte und sich sehr sicher war und selbst Alice es sah, hatte ich große Angst zu spät zu kommen. Dass wir es einfach nicht schafften vor ihr bei den Cullens zu sein, dass wir- Ich presste die Ellenbogen in die Oberschenkel und legte die Stirn in die Hände. Nun rannen die Tränen an meinen Armen herab und tropften auf meine Hose hinab. „Est-ce que tout dans l'ordre chez toi, Mademoiselle?”, hörte ich eine Stimme ganz nah bei mir. Ich wand den Kopf, die Stirn immer noch an den Händen gestützt, zu dem Mann neben mir. Ich wusste nicht, was er in meinen Augen sah, aber es ließ ihn kurz zusammenzucken. „Ist alles in Ordnung, Fräulein?“, versuchte er es in einer Sprache, die ich verstand. „Bella“, flüsterte dann eine Stimme, die ich mehr als kannte, die ich bereits verinnerlicht hatte, die mir in Fleisch und Blut übergegangen war, dass ich sie unter Tausenden ohne zögern erkennen konnte. Ich neigte den Kopf nun zur anderen Seite und hob ihn von meinen Händen. Ich blickte in ein sanftes Gesicht, dessen Sorgenfalten ich am liebsten für immer geglättet hätte. Ich sah ihn einfach nur an, doch scheinbar erkannte er auch genug in meinem Gesicht, um nicht nachfragen zu müssen. Bevor Edward etwas zu mir sagen konnte, trippelte eine Stewards an und fragte etwas in seine Richtung. Edward wand den Kopf widerwillig zu ihr, sagte irgendetwas und sie ging wieder (ihre hochgezogenen Augenbrauen entgingen mir nicht). Edward wand sich wieder zu mir und meinem tränennassen Gesicht. Wieder wurde er, ehe er etwas sagen konnte, von dem Mann neben mir, der sich an mir vorbei beugte, angesprochen. Ich sah Edward heftig nicken. „Bella?“ Er reichte mir seine Hand, die ich nahm, und zog mich hoch, sodass ich stand und im Gang wartete. Während ich erst nicht verstand, was Edward tat, denn ich war zu sehr von den vielen Menschen um mich herum abgelenkt, die mich nun interessiert musterten, erkannte ich nun, dass Edward mit dem Mann die Plätze getauscht hatte. Er gebot mir mich zu setzten und ich folgte seiner Geste. Dann nahm er neben mir Platz, sodass er am Gang saß und augenblicklich einen Becher Wasser von der Stewardess annahm. Er reichte sie mir wortlos. Ich führte den Becher zu den Lippen, verharrte jedoch dann und stellte den Becher in die Vorrichtung am Sitz. Meine Hände zitterten. „Was ist los?“ Er klappte die Armlehne zwischen uns weg, soweit das ging, und legte einen Arm um mich. Ich neigte den Kopf an seine Schulter. Nun flossen die Tränen seitlich auf seinen Pullover. „Ich habe Angst“, brachte ich es knapp auf den Punkt. Er strich mir mit der Hand über die Wange, die nicht an seiner Schulter lehnte und drehte den Kopf von mir geradeaus zu dem Sitz vor ihm. „Ich auch“, wisperte er. Ich sah an seiner Schulter zu seinem Kinn auf. „Wovor hast du Angst?“, wollte ich leise wissen. „Ich habe Angst, dass sie sich verwandelt, ehe ich ihr alles erklären kann und ehe sie versteht. Und ich habe Angst, dass sie, aus irgendeinem Grund herausgefunden hat, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann wie, dass du noch lebst und alles viel zu schnell geht“, sagte er in klarem, vernehmbarem Ton. Ich sah über die Schulter zu meinen beiden Sitznachbarn rechts, ob sie mitgehört hatten. „Keine Sorge, ich achte darauf“, sagte er lediglich, als er zu mir runter sah und meinen Blick wahrnahm, doch ich flüsterte trotzdem: „Wir können nichts tun… nur hoffen.“ Ich fühlte mich erdrückt. Wie zusammengedrückt, von allen Seiten. Doch trotzdem blieb ich nicht auf der Stelle, sondern hatte das Gefühl mich im ruhig fliegenden Flugzeug ununterbrochen zu drehen, als würde alles um mich herum Achterbahn fahren und ich stieg nie aus. Obwohl ich in Edwards Armen lag und seine Hand in meiner spürte, konnte ich mich nur langsam beruhigen. Die Angst brannte in mir, dass mir fast übel. Doch Edwards Leid war, so suspekt es scheint, tröstlich. Denn ich wusste, er fühlte wie ich, er macht dasselbe durch. Meine Tränen waren schon auf meinem Gesicht eingetrocknet, als ich mich von seiner Schulter löste, um mir, es war ziemlich frisch im Flugzeug, den Schal, den er mir umgelegt hatte bevor wir den Eifelturm erklommen haben, aus der Tasche zu holen. Ich spürten einen zärtlichen Stich in mir, der mich an das Glück, dass gar nicht lang her war und doch so fern schien, erinnerte. Doch als ich den Schal herausnahm bemerkte ich, dass etwas darin eingewickelt war und nahm es heraus. „Mein Tagebuch?“, fragte ich ihn. „Ich dachte es wäre vielleicht in deiner Tasche nützlicher, als in einem unserer Koffer“, fand er mit samtweicher Stimme und beobachtete mein Gesicht genau. Ich hielt es in den Händen und betrachtete es. „Vielleicht keine schlechte Idee“, murmelte ich zu mir selbst und schlug es unbeirrt auf. Doch bevor ich schrieb, meine Gedanken rasten so sehr, dass ich nicht glaubte schnell genug schreiben zu können, um alle zu erfassen, küsste ich Edward mit einem Anflug von Freude, die aber rasch in mir erstickt wurde, auf die Wange. „Wofür war der?“ „Weil ich dich liebe.“ Dann gab ich ihm einen richtigen Kuss. Hin und wieder sah er auf sein Handy, ob Alice sich gemeldet hatte, während ich versuchte etwas auf Papier zu bringen. Im Endeffekt schrieb ich wirsches Zeug, strich es wieder durch und versuchte dasselbe anders auszudrücken, ehe ich es wieder durchstrich. Doch das machte nichts, immerhin wollte ich keinen Wettbewerb mit dem Buch gewinnen (es war nur schade um das schöne Buch), sondern Freiheit – geistige Freiheit von mir selbst. „Willst du nicht wenigstes etwas schlafen, bevor wir landen?“, erkundigte sich Edward, nachdem ich das Tagebuch in die Tasche hatte zurück gleiten lassen. „Hm, vielleicht…“, sagte ich und versuchte es mir so gut wie es eben ging, bequem zu machen. Meine Augen fielen, vom gleichmäßigen Dröhnen der Flugzeugturbinen in den Schlaf gewiegt, bald zu. Ich hatte einigermaßen geschlafen. Ich war zwar nicht mehr müde, zumindest nicht so müde, dass ich umkippen müsste, aber keinesfalls erholt. Merkwürdiges Gefühl. Das Gefühl, als die Maschine zum Landeanflug ansetzte, als die Räder aufsetzten, als die Stewardessen baten sitzen zu bleiben, als wir endlich standen und unser Handgepäck zusammen sammelten, als wir aus dem Flieger stiegen und in den Bus hinein gingen, der uns zum Flughafengebäude brachte, kannte ich nur zu gut: Panik. Nicht mal mehr Angst, nein, Panik. Mehr als Angst, mehr als Verzweiflung, mehr als Erschrecken. Mein Atem raste, als ich Alice in die Arme fiel, die – aus unerklärlichen Gründen, die sich aber damit wiederum aufklären ließen, dass es sich bei ihr um eine Cullen handelte – unser Gepäck neben sich stehen hatte. Jasper wartete im Auto. Die Ruhe, die mich durchströmte biss sich förmlich mit meinen sonst völlig konträren Empfindungen, dass allein das schon zu schmerzen schien. Ich erkannte Edwards Gesichtsausdruck in den ersten Minuten in denen wir losfuhren. Niemand sprach. „Gibt’s was Neues?“ Er las ihre Gedanken, er verständige sich mit ihnen um genau zu sein. Edward schwieg – um mich zu schützen. „Bitte, ich weiß, dass du mit ihnen redest, sag mir, ob es etwas Neues gibt! Bitte“, flehte ich. Bevor Edward etwas sagen konnte, sagte Alice, die wie ihr Beifahrer Jasper, den Blick unnötigerweise auf die Straße heftete: „Ich sehe einen Zettel. Sie bringt einen Zettel mit, was auch immer darauf stehen mag. In einer Version zerreißt sie ihn, in der anderen gibt sie ihn Edward, in der anderen wirft sie ihn auf den Boden und tritt darauf.“ „Ein Zettel, was für ein Zettel?“, fragte ich aufgewühlt mit verzerrtem Gesicht. Alice zuckte mit den Schultern. Ich blickte zu Edward, der mich einfach nur in den Arm nahm. Ich vergoss eine Träne auf seiner Schulter. Als wir ankamen, ging alles sehr schnell. Wir hasteten ins Wohnzimmer und schon waren alle Cullens versammelt und Edward übernahm das Wort: „Nela kommt? Alice?“ „Exakt fünfundzwanzig Minuten“, sagte sie nach kurzer Überlegung. Mein Magen drehte sich unangenehm um. „Gut. Wir müssen versuchen zu verhindern, dass sie sich verwandelt, zumindest jetzt“, sagte er und wandte sich dann zu mir, „Am besten bleibst du in einem der Zimmer oben, soll einer von uns-“ „Nein, ist schon okay“, sagte ich hastig und mit einem Kratzen im Hals. „Nein, es ist klüger, wenn ich mitkommen“, hörte ich Esme dann sage, falls Nela einen Geistesblitz hat und plötzlich hoch gehen möchte, kann ich Bella schneller verstecken bzw. an einen anderen Ort bringen, als sie es selbst könnte.“ Edward nickte zustimmend, sah dann aber mit zusammengekniffenen Augen zu Esme auf: „Und was sagen wir ihr wo du bist?“ „Wir sagen sie ist auf der Architekturmesse in Edmonton und kommt nachher wieder“, hatte Jasper einen Einfall und wedelte mit etwas, welches auf einen Flyer schließen ließ, das er Esme gab, „lag am Flughafen herum“, setzte er hinzu. „Okay, wäre das geklärt“, Edward machte eine Pause und dachte nach, „wir wissen nicht, was sie weiß und was auf uns zu kommt, weshalb wir uns gut abstimmen müssen. Daher wird es das Beste sein, wenn ich mit ihr rede, weil ich eure Gedanken hören kann und dadurch eure Ideen und Einwände zur Situation hören und letztlich umfassender handeln kann“, erklärte er wohlüberlegt, „Allerdings müssen wir trotzdem aufpassen, dass sich keiner von uns verplappert. Wann kommen Rosalie und Emmett?“, fügte er unverhofft hinzu. „Rosalie und Emmett?“, fragte ich überrascht nach. „Wenn etwas mit Nela ist, sollten wir Emmett unbedingt bescheid sagen“, erläuterte Esme mir rasch, „als wir ihn angerufen haben, waren beide gerade in Asien und der schnellste Flug war nicht so zeitnah wie eurer.“ „Sie werden erst heute Nachmittag eintreffen“, sagte Alice mehr zu uns, als zu Edward. „Gut, dann müssen wir sie nicht jetzt noch einweihen. Alice?“, fragte er wieder bei ihr nach und nickte, noch bevor sie gesagt hatte: „10 Minuten.“ „Eins noch“, sprach Carlisle, „wenn Nela sich heute wirklich verwandeln, seit darauf gefasst, dass es erstens anders als bei uns und vermutlich auch anders als bei Bella werden kann, aber vor allem zweitens, dass es sehr heftig werden wird. Die Giftkonzentration im Blut ist ungemein hoch. Höher, als sie bei jedem Biss sein könnte.“ Carlisle sah mich an. Ich erwiderte seinen Blick und hoffte, dass ich es ertragen konnte, die ersten Minuten, die ich meiner Tochter gegenüber stand, sie leiden zu sehen. „Alles klar, ich höre Eleazar und Carmen bereits“, Edwards Blick war in die Weite gerichtet, „Eleazar sagte, dass es nichts neues gibt. Nela hat sich die ganze Zeit stumm verhalten und auf Carmens Versuche, sie zu überreden zu sagen was los wäre, hat sie nicht reagiert.“ Edward nahm meine Hand und drückte diese, als ich im Begriff war, Esme nach oben zu folgen. Ich holte mir einen Kuss ab. Er öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, doch ich schüttelte den Kopf und sagte: „Hab unsere störrische Tochter im Griff ja?“ Ein Lächeln huschte über unsere beiden Gesichter. „Ich gebe mein bestens“, flüsterte er noch und wandte ich ihm den Rücken zu. Esme und ich gingen die Treppen hoch. Ich wollte weiter in ein Zimmer gehen, doch Esme blieb im Flur stehen, sodass wir auf das Treppenhaus sehen konnten und hielt den Finger an die Lippen. Scheinbar fand sie es hier ungefährlich, da sie dabei war. Draußen erklang Reifenquietschen, ein Motor wurde abgeschaltet, Türenknallen. Eine ungestümer als andere. Ich hörte ein paar heftig – und vermutlich auch absichtlich – stampfende Füße. Das laute Trommeln der Füße auf dem spiegelglatten Boden der Cullens erstarb. Einen Augenblick herrschte Stille – erdrückende Stille. Dann, explosivartig, vernahm ich Nelas Stimme, sodass ich unwillkürlich zusammenzuckte. „IHR HABT MICH ANGELOGEN!“, schrie sie plötzlich, „Ich wusste es die ganze Zeit! Ihr habt mich die ganze Zeit belogen! Hier! Lies selbst, ich weiß, dass du das lesen kannst“, ich langte nach Esmes Hand, „Meine Mutter ist nicht an meiner Geburt gestorben!! Was ist mit ihr? Wann ist sie dann gestorben?! SAG ES MIR! SAG MIR-“ „Nela.“ Auch Edwards Stimme ließ mich zusammenzucken. Scheinbar war auch Nela hellhörig geworden, da seine Stimme nicht halb so laut, wie ihre gewesen war, aber kühl, beherrscht und vor allem gebieterisch. Er ließ seine ganze Autorität in diesem Wort durchscheinen, die er als äußerlich fast gleichaltriger Vater besaß. Ich versuchte meinen Atem zu beruhigen, um besser hören zu können. „Beruhige dich.“ Diesmal klang es alles anderes als kühl oder gebieterisch, sondern warm und sanft. „Ich soll mich beruhigen, wo ihr mich jahrelang belogen habt?! Und mir nicht mal jetzt die Wahrheit sagt?!“ Nun schluchzte sie und das Geräusch ihrer piepsenden zitternden Stimme, brannte mir in der Seele. Ein papiernes Knirschen war zu hören. „Nela“, wieder zärtlich und behutsam, „wir werden dir die Wahrheit sagen-“ „Komm keinen Schritt näher! Lass mich!“, sie schluchzte, „Ich hasse dich! Ich hasse euch alle!“ Ich drückte Esmes Hand. Ich hörte Schritte, die dann wieder erstarben. „Bleib bitte. Du weißt doch, dass wir eine Vereinbarung getroffen haben, oder?“, sagte Edward ruhig. „Ich soll mich weiterhin bis zu meinem Geburtstag gedulden?! Ist es so viel verlangt zu wissen, wann meine Mutter wirklich gestorben ist und warum ihr es mir nie gesagt habt?! Warum ihr niemals mit mir über sie redet?!“, piepste sie mit hauchdünner Stimme. „Wo willst du hin?“ „Nach Denali“, ihre Stimme klang nun neutral, aber immer nicht gefasst, „Bringt ihr mich zurück?“ „Ich muss erst tanken fahren.“ Eleazars Stimme. „Ausrede“, sagte Nela verächtlich. „So wahr ich hier stehe, ist es das nicht.“ „Schön. Dann komme ich eben mit und wir fahren sofort von da aus“, fauchte Nela. Doch Eleazar sagte kühl: „Du wartest hier.“ Nela widersprach nicht. Eine Minuten darauf hörte ich einen Motor anspringen und das dazugehörige Auto wegfahren. Stille. „Nela bitte, bleib doch-“ Edwards Tonfall klang flehentlich. „Ich habe dir nichts mehr zu sagen. Du mir scheinbar auch nicht. Wenn ich nicht mit euch über meine Mutter reden darf, dann will ich gar nicht mehr mit euch reden.“ Sobald ihr Satz geendet hatte und mir wie ein Messer den Leib durchtrennte, hörte ich noch kurz Fußgetrappel, bevor Esme mich hochnahm und ein angrenzendes Zimmer flitzte. Ganz nah waren wieder Schritte zu hören, dann ein Türknallen. Stille. Esme setzte mich ab und sagte leise: „Wir können wieder nach unten gehen.“ Edward Nela trat lautstark trampelnd ein und blieb fünf Meter vor mir stehen. Carmen und Eleazar kamen hinter ihr herein. Ihre Blicke waren verzweifelt, ängstlich und vor allem fragend. Sie sah nur mich an. Mit tief hängenden Mundwinkeln und finsterem Gesichtsausdruck. Ihr Blick verriet alles. Nicht nur Wut, sondern etwas viel Schmerzliches: Enttäuschung. Ich konnte nicht anders, als alle erschrockenen Stimmen um mich herum auszublenden. Sie sahen dasselbe wie ich. Dann polterte sie los: „IHR HABT MICH ANGELOGEN! Ich wusste es die ganze Zeit!“ Während sie sprach hörte wie ich die anderen dasselbe taten wie ich. Sie sogen entsetzt Luft ein. Sie hatte wieder dasselbe gesehen wie ich: Nelas Haut wurde plötzlich heller, weißer. Und ihre blitzenden Augen rötlicher, nur ein Hauch, aber für uns alle erkennbar. „Ihr habt mich belogen!“, schrie sie weiter und langte in ihre Hosentasche, „Hier! Lies selbst, ich weiß, dass du das lesen kannst!“ Sie hielt einen Zettel mit ausgestreckten Armen vor ihre Brust. Natürlich konnte ich es lesen und wusste auch sofort was es war. Es war der Brief, den Tanya und damals, nach Nelas Geburt, geschickt hatte. Die Einladung her zu kommen. Nur eine andere Version… eine andere Wortwahl. Wo hat sie das her?! Esme. Hat Tanya etwa- Alice. Das habe ich noch nie bei uns gesehen… Eleazar. Wie konnte Tanya und nur so hintergehen?! Jasper. Tanya? Das kann nicht sein… Carmen. Schließt sie daraus, dass Nela noch lebt? Carlisle. Carlisles Frage war berechtigt. Schloss sie das daraus oder- „Meine Mutter ist nicht an meiner Geburt gestorben!! Was ist mit ihr? Wann ist sie dann gestorben?!“ Ich atmete unfreiwillig auf, sie glaubte immer noch, dass sie tot war, nur, dass der Zeitpunkt nicht stimmte. Obwohl es keinen Grund gab, jetzt schon aufzuatmen, war ich erleichtert. So gab es eine Chance, dass ich sie aufhalten konnte- „SAG ES MIR!“, schrie sie weiter. Edward tu was! Alice. Ich sah ihre Vision. Nela brach vor mir zusammen, krümmte sich vor Schmerz, wurde kalkweiß- Wenn du nichts tust, wird ihre Verwandlung gleich unaufhaltsam sein! Carlisle „SAG MIR-“ „Nela.“ Ich brachte es nicht laut hervor, versuchte aber alle Autorität, die ich aufbringen konnte, hineinzulegen und es schien zu gelingen, denn Nela brach ab. Ich hörte Bellas Atem abflachen. „Beruhige dich.“ Ich versuchte es sanft zu sagen und atmete tief ein und aus. „Ich soll mich beruhige, wo ihr mich jahrelang belogen habt?! Und mir nicht mal jetzt die Wahrheit sagt?!“ Sie weinte und schluchzte bitterlich. Ihre Stimme war erregt und hoch. Sollten wir es ihr jetzt sagen? Wir können es ihr nicht länger verschweigen. Sie tut mir so Leid… Esme klang mitfühlend. Kein guter Zeitpunkt. Nicht jetzt, sie würde dir gar nicht richtig zuhören so aufgewühlt sie ist. Carlisle. Nela zerknüllte das Papier, schmiss es auf den Boden und benetzte ihre Hände mit Tränen. Wieder hatte Carlisle Recht. Nicht jetzt, irgendwann ja, nicht jetzt „Nela“, sagte ich langsam und machte einen Schritt auf sie zu, „wir werde dir die Wahrheit sagen-“ „Komm keinen Schritt näher!“, schnitt sie mir das Wort ab, „Lass mich! Ich hasse dich! Ich hasse euch alle!“ Sie wand sich ab und rannte mit dem Gesicht in den Handflächen heraus. Ich schnappte rasch ihren Arm. Ich war mir nicht sicher, ob die Gefahr gebannt war, denn Alice sah immer noch kurze Fetzen ihrer Verwandlung, wenn auch sehr kurz und weniger. „Bleib bitte. Du weißt doch, dass wir eine Vereinbarung getroffen haben, oder?“ Meine Stimme klang fester, als ich dachte, denn ich merkte wie ich innerlich zitterte. „Ich soll mich weiterhin bis zu meinem Geburtstag gedulden?! Ist es so viel verlangt zu wissen, wann meine Mutter wirklich gestorben ist und warum ihr es mir nie gesagt habt?! Warum ihr niemals mit mir über sie redet?!“, schluchzte sie mit kaum vernehmbarer Stimme. Sie schüttelte meinen Arm ab, ich ließ es zu, um zu sehen, was sie tat und lief wieder in Richtung Tür. „Wo willst du hin?“, fragte ich rasch. Ich sah es sogleich in Alice Gedanken: Denali. Nela blieb mit dem Rücken zu mir und gesenktem Blick stehen. „Nach Denali“, sie wand sich zu Eleazar und Carmen um, „Bringt ihr mich zurück?“ „Ich muss erst tanken fahren“, entgegnete Eleazar. Carmen nickte. Wir geben euch ein wenig Zeit. Vielleicht ändert sie ihre Meinung. Sie liebt euch! Carmen. Eleazar dachte dasselbe. „Ausrede“, knurrte Nela. „So wahr ich hier stehe, ist es das nicht.“ Es stimmte wirklich. „Schön. Dann komme ich eben mit und wir fahren sofort von da aus.“ „Du wartest hier.“ Eleazars Tonfall hatte etwas Beendendes. Er ging mit Carmen hinaus und fuhr mit ihr davon. „Schön“, fauchte Nela wieder. Stille. Ihr Herz flatterte vor Wut und sie presste die Lippen zusammen. „Nela bitte, bleib doch-“, sagte ich, als sie wieder im Begriff war aus dem Zimmer zu gehen. Sie wandte sich nun mit verächtlichem Blick zu mir um. Ihre Stimme war eiskalt, als sie über die Schulter hinweg sagte: „Ich habe dir nichts mehr zu sagen. Du mir scheinbar auch nicht. Wenn ich nicht mit euch über meine Mutter reden darf, dann will ich gar nicht mehr mit euch reden.“ Nela rannte aus dem Zimmer und, wie ich in Alice’ Gedanken sah, in ihr Zimmer. Ich hörte wie Esme mit Bella zur Seite huschte und Nela die Treppen bis hoch zum Dachboden lief. Ich war kurzzeitig verblüfft, dass sie sich vom letzten Telefongespräch gemerkt hatte, wo ihr Zimmer war. Dann vernahm ich Esmes Stimme: „Wir können wieder nach unten gehen.“ Bellas Atem zitterte. ---------------------------- Freue mich über Kommis! Prolog ist jetzt auch on!! Kapitel 17: Der Zettel ---------------------- Danke für die Kommis! @Luffy Eigentlich sollte das "Edward" kursiv sein, hab ich vergessen *schäm* damit es deutlicher wird, aber demnächst (wird aber allzubald nicht mehr vorkommen ^^) schreib ich "Edwards Sicht",damit es nooooch deutlicher wird^^ ------------------------- Mit wackeligen Beinen ging ich, Esmes Hand immer noch fest in meiner, zu Edward. Ich ging auf ihn zu und lehnte mich kraftlos gegen seine Brust. Er schlang die Arme um mich. Irgendwo im Haus schepperte es. Nela. „Was machen wir nur mit ihr?“, murmelte ich. „Sie ist eben klug… und Tanya nachlässig.“ „Tanya?“, jetzt fiel mir noch etwas ein und ich schob mich ein wenig von ihm weg, um ihn besser ansehen zu können, „Was war das überhaupt für ein Zettel?“ Nun stand Jasper neben mir und gab mir ein zerknülltes kleines Stück Papier. Lieber Edward! Wir möchten dich, deine „neue Familie“ und natürlich auch die anderen Cullens für die nächsten Tage nach Denali einladen. Euer Semester geht doch erst in gut einer Woche los, richtig? Ich habe dich sehr vermisst, wirklich, und würde mich freuen dich wieder zu sehen. Ich würde auch gerne deine Frau kennen lernen. Ruft uns doch an wann genau ihr kommen möchtet, wir sind da. Tanya & der Denali-Clan Der Text war einmal quer durchgestrichen. Dann reichte Jasper mir noch einen Zettel. Den, den wir damals bekommen hatten: Liebe Cullens! Wir möchten euch für die nächsten Tage nach Denali einladen und würden uns freuen, wenn ihr alle kommen könntet. Euer Semester geht doch erst in gut einer Woche los, richtig? Wir sind sehr gespannt auf „Edwards neue Familie“. Ruft uns doch an wann genau ihr kommen möchtet, wir sind da. Kuss an Bella, Tanya & der Denali-Clan „Aber was-“ „Tanya hatte scheinbar noch eine andere Version der Einladung, die Nela gefunden hat. Carmen und Eleazar wusste davon nichts.“ Ich sah mich um. „Wo ist Carmen?“ „Sie ist mit tanken gefahren. Sie lassen sich Zeit, aber Nela lässt sich sowieso nicht von ihrem Vorhaben abbringen“, Edwards Blick war seltsam leer, „wir hatten Glück, dass sie glaubt, dass du trotz allem tot bist, nur eben an einem anderen Tag gestorben bist, als sie annimmt. Sie glaubte nicht, dass du noch lebst. So eine Lüge traut sie selbst uns nicht zu.“ Es klang bitter. Ich nickte an seiner Brust. „Doch sie war kurz davor sich zu verwandeln…“ Ich blickte auf und sah, dass er einen Blick in die Runde warf. „Was meinst du mit ‚kurz davor’?“, fragte ich und schluckte. Edward atmete ein und aus. „Bevor ich sie unterbrochen hatte, wurde ihre Haut schlagartig eine Nuance heller. Sie wird es nicht bemerken und deine menschlichen Augen wahrscheinlich auch nicht, aber wir haben es ganz deutlich gesehen. Und ihre Augen… ihr Grün wurde einen Hauch rotstichig.“ Ich schlang die Arme um seinen Hals und presste mich fest an ihn. Er drückte mir die Lippen aufs Haar. „Ich denke jetzt ist es erst einmal überstanden“, vernahm ich Alice’ Stimme, „ich sehe weder, dass sie versucht, weiter etwas aus uns herauszukitzeln, noch eine mögliche Verwandlung.“ Ich nickte mit einem Ohr an Edward. „Edward… meinst du… Tanya hat…“ Ich ließ den Satz in der Schwebe, denn er wusste was ich meinte und ich wollte es nicht aussprechen… ihr nicht unterstellen… „Das werde ich herausfinden“, sagte Edward kühl, „ich werde mit nach Denali fahren, um sie zu fragen.“ Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch ich wand mich zu Alice um, die mir zuvor kam: „Rose und Emmett-“ Prompt waren beide durch die Tür. „’Tschuldigung, hab mich zu sehr auf Nela konzentriert“, murmelte Alice verdrießlich. „Hey! Na, was geht ab? Sind wir jetzt einer mehr?“, witzelte Emmett und keiner nahm ihm das, trotz unpassender Situation, übel. „Emmett, Rosalie“, rief Esme und umarmte beide. Rosalie schritt mit ihrem typisch grimmigen Gesichtsausdruck steif herein. Dann kam Emmett, nachdem er alle anderen begrüßt hatte, Rosalie war noch dabei, zu mir. Ich löste mich von Edward und sah ihn mit traurigem Gesicht an. Ich versuchte zu lächeln. „Na kleine“, er grinste mich breit an, „hey lächel’ mal!“, er legte die Daumen an meine Mundwinkel und zog sie hoch, „Wir haben uns schließlich lange nicht gesehen. Oder hab ich mich so sehr verändert, dass du mich nicht mehr erkennst?“, lachte er. Ich musste nun auch lachen, doch meinen Augen waren nass. Ich schlang die Arme um seine breite Mitte. Doch bevor ich etwas zu ihm sagen konnte, wurde ich von Edward nach hinten gerissen und hinter die Bücherregalfront gebracht. „Sie wird nicht hierher kommen“, nuschelte er und verschwand sofort wieder zu den andere. Er hatte scheinbar Alice’ Vision vorweggenommen, bevor sie etwas hatte sagen können. Na ja… wir hatten uns schließlich nicht leise begrüßt. Ich schob ein Buch zur Seite, sodass ich einen kleinen Spalt in das Wohnzimmer werfen konnte. Ich sah Nela „Emmett!!“ rufend ins Zimmer stürmen und dann dem genannten ungehalten in die Arme fallen. Ich erhaschte nur einen sehr kurzen Blick auf sie und erkannte wirklich keine Veränderung. „Komm Emmett, wir gehen“, hörte ich sie dann trotzig murren. „Emmett verschweigt dir genauso viel wie wir“, sagte Alice trocken. Kurz war es still und ich sah Nela mit dem Rücken zu mir stehen. Sie schien Alice anzufunkeln. „Na und?“ Scheinbar fiel ihr kein brauchbares Argument ein. Dann pausierte sie und ergänzte: „Das macht er doch nur, weil der“, sie zeigte auf Edward, „ihn dazu zwingt, euch alle. Außerdem hat Emmett mich weniger oft belogen als ihr, er ist gar nicht so oft da.“ Ich musste fast kichern, als ich die Dickköpfigkeit in ihrer Stimme hörte. Sie zog Emmett an der Hand aus dem Zimmer. Emmett wandte sich Schulter zuckend kurz zu den anderen um, warf Rosalie einen entschuldigenden Blick zu und war schon mit Nela verschwunden. Ich kam hervor. „Sie geht mit ihm in den Wald“, berichtete Alice. Ich nickte und stellte mich wieder zu Edward. Rosalie hatte sich mit verschränkten Armen in eine Ecke verzogen. Esme setzte sich zu ihr. Edward seufzte neben mir. „Tja, ich schätze, ich habe bei meiner Tochter wohl kein Stein im Brett.“ Carlisle legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Du tust das einzig richtige. Glaub mir, Nela wird es verstehen. Umso länger wir es hinauszögern können und umso älter sie ist, umso besser wird sie es nachvollziehen können.“ „Carlisle hat Recht, dich trifft keine Schuld. Tut mir leid, dass du den Sündenbock spielen musst“, versuchte ich ihn zu trösten. Eleazar und Carmen erschienen in der Tür. Ich hatte gar kein Auto draußen bemerkt. „Und? Habt ihr sie überreden können?“, fragte Eleazar prompt. „Wir haben es gar nicht erst versucht“, antwortete Edward, „ihr kennt sie.“ „Rosalie?“, entdeckte Carmen sie und umarmte sie sogleich, „Ist Emmett auch da?“ „Ja, er ist mit Nela draußen“, sagte Rosalie tonlos. Carmen nickte. „Wir können uns das mit dem Zettel nicht erklären, tut uns wirklich leid, ich weiß nicht wo sie den her hat“, sagte Eleazar geknickt. „Ist ja alles noch mal gut gegangen“, beschwichtigte Edward nachdenklich. Ich stimmte ihm stumm nickend zu. „Komm, wir gehen mal gucken, was sie oben angestellt hat.“ Ich sah ihn Stirn runzelnd an und verstand dann. Das Scheppern von eben. Er nahm mich bei der Hand und wir gingen hoch in Nelas Zimmer. Es glich einem Schlachtfeld. Als hätte ein Tornado gewütet. Sie hatte ihr komplettes „Labor“ gegen die Wände oder andere Gegenstände geworfen. Alles lag in Scherben. Der Tisch war umgekippt, ihre Zettel lagen verstreut, Bücher auf dem Boden, auf ihrem Bett. Ich drückte Edwards Hand fester. „Scheinbar hat ihr das Zimmer nicht gefallen“, hörte ich Alice hinter mir murmeln. Nela wollte Emmett und somit auch Rosalie mit nach Denali nehmen, doch Rosalie stellte sich quer und meinte schnippisch, dass sie sich ja in einem Monat, Weihnachten, sehen würden. So reisten sie auch gleich wieder ab und ich hatte nicht viel von ihm. Stattdessen ging Edward mit nach Denali, was Nela nicht allzu fröhlich stimmte. Sie redete nicht mehr mit Edward und zu den anderen Cullens war sie auch sehr kühl, als sie am gleichen Abend noch zurück nach Denali fuhren. Edward versprach mir nur mit Tanya reden zu wollen, doch ich sagte ihm, er solle sich keine Gedanken um mich machen und noch ein paar Tage bleiben wenn er wollte. Schließlich hatte er wenig von seiner Tochter in der letzten Zeit gehabt. Ich ging Donnerstag wieder in die Vorlesung und wohnte solange bei den Cullens. Caroline erzählte ich, ich wäre krank gewesen, was ja nicht mal so gänzlich gelogen war. „Hier und das ist was wir durchgenommen haben am Dienstag und denk an den Test am Freitag in-“ „Test?!“, fuhr ich dazwischen, während wir den Flur entlang gingen. „Scheinbar hast du nicht daran gedacht“, Caroline sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, „darüber reden wir seit... Wochen.“ „Äh ja, hab ich wohl einfach… vergessen, in der Aufregung…“ „Aufregung?“ Sie war noch verwirrter als vorher. „Ähm, nein nicht Aufregung, Krankheit… ich meine- ist das nicht dein Vater?!“, nutzte ich die Gelegenheit und deutete weiter weg auf eine Eingangstür zu einem Seminarraum, wo er seitlich mit einem Dozenten redete. „Ja, er ist manchmal als Gastdozent hier oder so was“, murmelte sie und wir bogen ab. Sie ging, zu meinem Glück, nicht mehr auf das vorige Thema ein, doch ließ sich ein anderes, unangenehmes, einfallen: „Deinen Freund hab ich in meinen Kursen auch lange nicht mehr gesehen…“, begann sie. „Ja, ja er besucht Verwandte“, sagte ich schnell. „Mitten im Semester?“ Caroline sah mich fragend an, als wir uns in die Mensa setzten. „Ja, da sind die Flüge billiger… und… und Edward hat schon viele voruniversitäre Kurse neben der High School belegt“, ergänzte ich rasch. Caroline schien nicht überzeugt, nickte aber. „Was hältst du davon, wenn wir mal wieder einkaufen gehen? Ohne Männer, hm? Was sagst du?“, fragte Alice mich, während ich den Stapel Kopien von Carolines dürftigen Mitschriften durchging. „Wann? Jetzt?“ „Wieso nicht? Die anderen sind jagen, Carlisle ist arbeiten… ich bin extra gestern Abend noch mit Carlisle gegangen…“ Sie hatte sich zu mir gesetzt. Ich lächelte sie mit zusammengepressten Lippen zaghaft an. „Ich weiß nicht… ich hab echt noch zu tun und… mir ist auch nicht so danach-“ „Komm schon Bella. Wir bummeln einfach etwas durch die Stadt, ja?“ Ich sah auf meine Unterlagen hinab und öffnete den Mund um etwas zu entgegnen, doch Alice seufzte und zog die Sachen zu sich heran. „Zeig mal“, sie warf einen Blick darauf, „wenn wir wiederkommen schreib ich dir eine Zusammenfassung ehe du eins unserer Kleider hier überhaupt ausgepackt hast, okay?“ „Keine Unterwäsche?“ „Versprochen.“ „Danke“, sagte ich zu beidem. Ich küsste ihr die Wange. Sie verdrehte die Augen. Sie bezog sich nur auf letzteres. Wir brachen sofort auf und ich merkte, dass ich ganz schön müde war. Den Jetlag spürte ich erst jetzt. Doch Alice war so herzlich, dass ich ihr den Wunsch nicht ausschlagen konnte. „Hast du schon ein Weihnachtsgeschenk für Edward?“, wollte sie wissen, als wir in ein Kaufhaus liefen, kurz nachdem es angefangen hatte zu schneien. „Nein und ich hab nicht mal eine Idee…“, gestand ich. In Geschenke kaufen war ich grausig schlecht. Mich selbst konnte man leicht beschenken, weil meine Vorlieben sehr durchsichtig waren. Ich dafür konnte die der anderen in den seltensten Fällen treffen. „Du könntest ihm Klamotten kaufen“, schlug Alice vor. Ich sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Und sein Aussehen schänden? Besser nicht.“ „Andere Frauen kaufen für ihre Männer-“ „Noch mal Konzertkarten oder so was finde ich doof“, unterbrach ich sie gleich. Wir gingen weiter ziellos durch das Kaufhaus. „Du kannst ihn auch einfach nur zu einem schönen Abend einladen.“ Alice grinste. „Das machen wir ja sowieso und das hatten wir auch schon“, warf ich ein und sah mich hin und wieder in den Abteilungen, die wir durchschritten um. Nichts, was ich einem Vampir, meinem Vampir, schenken könnte. „Was schenkst du Jasper?“, fragte ich, als Alice sich nach neuen Stiefeln umsah. „Ich denke wir werden nach den Feierlichkeiten verreisen“, ihr Blick heftete an den Stiefel, die sie anprobierte, „zumindest plant er das.“ „Was könnte jemand wie Edward denn gebrauchen?“, fragte ich mich selbst, als ich Gedanken versunken Stiefel nahm, die Alice mir zum anziehen reichte. „Brauchen tut er sicherlich nichts“, wand Alice ein, „das könnte er sich selbst besorgen. Aber du bist für ihn unbezahlbar“, sie lächelte mich an. Hm. Etwas das mit mir zu tun hatte und er sich nicht selbst kaufen konnte oder anderweitig beschaffen konnte. Vielleicht etwas, dass ich für ihn tun konnte, wie ich es damals für Alice getan hatte… Ich hab’s! Darüber würde er sich sicher freuen! Ich sah Alice von der Seite an. Sie war ganz vertieft in ihre Schuhe und hatte scheinbar nichts gemerkt. Vermutlich konzentrierte sie sich auf andere Dinge. Freitag ließ ich den Test sausen. Ich wollte ja sowieso keine Prüfungen und somit einen Abschluss machen, doch ich hatte eigentlich vorgehabt die Test, zur Eigenkontrolle mitzuschreiben. Doch ich wusste was dabei herauskommen würde, so schlecht wie ich vorbereitet war. Das brauchte mir kein Test zu beweisen. Stattdessen fuhr ich in die Stadt, um mein Geschenk für Edward vorzubereiten. Ich ging in einen Musikladen und kaufte gut ein Duzend Noten-, Anfänger- bzw. Erklärungshefte, denn ich hatte vor, Edward als Geschenk etwas vorzuspielen. Das hieß üben, üben, üben, denn ich würde mich nicht als sonderlich musikalisch oder gar musikbegabt bezeichnen. Ich ließ eine weitere Vorlesung ausfallen und verzog mich stattdessen in ein leeres Seminarzimmer, wo ich die Einbände der Hefte abtrennte und gegen die von medizinischen Fachzeitschriften, die ich mir aus der Bibliothek besorgt hatte, austauschte. Die Tarnung war perfekt. Ich richtete mich darauf ein, nicht sonderlich viel üben zu können (schließlich war Edward immer zu Hause), sondern alles erstmal theoretisch lernen zu müssen, um es dann, wenn Nela wieder da war, von jetzt auf gleich praktisch umsetzten zu können (so aussichtslos wie es klang, schätzte ich es auch ein). Doch das brauchte ich gar nicht. Noch Freitag fuhr ich bereits zurück zu meiner Haushälfte, denn Edward kündigte sich durch mit Nela im Schlepptau an. Er hatte mit Esme telefoniert und nur kurz geschildert, dass er sich heftig mit Tanya gestritten hatte. Ich betrachtete die andere Haushälfte, während ich mit kalten Fingern, die Tür öffnete. Sie war immer noch unbewohnt. Merkwürdig. Ich betrat mein zu Hause nach langer Zeit wieder. Leer wie eh und je. Ich seufzte. Das hatte ich ganz vergessen. Wir, besser gesagt ich war bisher noch nicht dazu gekommen die übrigen Zimmer (Schlafzimmer, Wohnzimmer und das Arbeitszimmer unter dem Dach) einzurichten. Der Kühlschrank war natürlich auch leer. Ich ging also rückwärts wieder raus und fuhr erst einmal ein paar Lebensmittel einkaufen. Freitag rief Edward spät abends an und entschuldigte sich – unnötigerweise – für die leeren Zimmer. Ich verabredete mich daher mit ihm am Samstag, er sagte Nela, er würde einen Blockkurs besuchen, um Mobiliar zu kaufen. „Hey“, sagte ich und küsste seine Lippen, nachdem ich ihm die Tür geöffnet hatte und dann fertig angezogen zu ihm hinaustrat, „sag mal weißt du eigentlich was mit meinen Nachbarn ist?“, fiel mir ein. „Da ist immer noch keiner einzogen.“ Edward räusperte sich leicht grinsend. „Da wird auch niemand einziehen. Alice dachte ein wenig mehr Privatsphäre wäre nicht schlecht.“ Ich runzelte die Stirn, entgegnete aber nichts mehr, sondern stieg in sein Auto ein. Ich sah ihm von der Seite beim Auto fahren zu und fragte dann: „Warum bist du mit Nela zurück gekommen? Und… was ist mit Tanya?“ Er sah mich mit einem traurigen Blick an und nahm meine Hand. „Ich hatte eine unschöne Auseinandersetzung mit Tanya. Zum Glück habe ich sie in weiser Voraussicht zu einer Aussprache außerhalb des Hauses gebeten, so hat Nela wenigstens nicht mitgekriegt…“, er sah auf die Straße, während ich seine Gesichtszüge die ganze Zeit über beobachtete, „Tanya hat den Zettel vor kurzem selbst wieder gefunden und es hat sie an einiges zurück erinnert-“ „Sie liebt dich immer noch sehr oder?“, konkretisierte ich das, was ich glaubte er mir eigentlich sagen wollte. Er nickte knapp. „Sie hat den Zettel dann achtlos in die Ecke geschmissen. Nela ist neugierig, das weißt du, das weißt ich, das weißt sie.“ „Hat sie dir das alles erzählt oder-“ „Sagen wir’s mal so: Wir haben nicht viel geredet, zumindest sie nicht.“ Sein Blick heftete immer noch in die Ferne. Ich wartete. Doch als nicht weiter sprach, fragte ich schluckend: „War es Absicht?“ „Sie hat es nicht in purer Absicht getan, aber sie hat die Möglichkeit, dass Nela den Zettel finden könnte, in Kauf genommen. Für mich kommt das auf dasselbe hinaus.“ Ich sah auf meine Finger. „Und dann wollte Tanya Nela nicht mehr länger bei sich haben?“ „Auch, ja. Sie meinte, dass ich sie dann eben nicht herschicken solle, wenn es mir nicht passt, dass sie ihre Sache dort hinlegt, wo sie will. Na ja und hinzukam, dass ich fand, dass die Beziehung zwischen Nela und mir nicht besser wird, wenn sie länger dort bleibt.“ „Sie benimmt sich unmöglich, aber ich kann sie verstehen“, sagte ich sehr leise und wusste, dass ich damit sowohl Nela als auch Tanja meinen könnte und es für beide zutraf. Edward lächelte mich zärtlich an und strich mit der Hand über meine Wange. Ich war nicht recht bei der Sache, sodass Edward mir beim einrichten zu Hand ging. Da die Wände alle in einem warmen Beigeton gestrichen waren, entschied ich mich für braune Möbel und helles Holz. Wir brauchten relativ lange, weil wir schließlich eine ganze Bandbreite an verschiedensten Möbeln brauchten. Mit einem Stapel Kaufverträgen und mehreren Kleinteilen (Bilderrahmen, Fernseher und einem Großteil des Arbeitszimmers etc.), die wir schon sofort mitnehmen konnten, kamen wir wieder an meinem Haus an. Edward hatte es geschafft, die Lieferung ein wenig zu beschleunigen, sodass sie ausnahmsweise auf einem Sonntag, sprich morgen, lieferten. Wie er das geschafft hatte, braucht kaum erwähnt zu werden. „Ich schlafe einfach auf der Couch, das macht mir nichts“, überredete ich ihn, weil er nicht begeistert davon war, dass meine Wohnung kaum Möbel enthielt, „und Küche und Bad sind doch schon komplett eingerichtet.“ Er schien nicht überzeugt, aber es gab sowieso keine andere Möglichkeit. Ich setzte mich auf nackten Boden zwischen meinen von Hinton mitgebrachten Unisachen und machte den Fernseher an. „Tut mir leid Schatz, aber ich muss so langsam, sonst wird Nela misstrauisch“, sagte er, als sich neben mich hockte. „Klar, kein Problem.“ Ich richtete mich auf, reckte das Kinn, um seine Lippen zu berühren und fuhr mit den Händen über seinen Nacken. Edward stützte sich mit den Händen rechts und links am Boden ab, als ich nach hinten glitt und unter ihm auf dem Boden lag. Ich ließ von ihm ab und hauchte, unsere Lippen waren nur einen Zentimeter voneinander entfernt: „Ein andermal.“ „Ein andermal“, wiederholte er. Ich legte mich mit dem Rücken auf den Boden und starrte an die Decke, während der Fernseher lief. Auf meinem Bauch lag mein Tagebuch. War es richtig noch so lange zu warten? Den „Termin“ einzuhalten? War es nicht besser sie recht bald aufzuklären und ihre Verwandlung durchzuführen? Quälten wir sie so nicht unnötig? Ich streckte die Beine lang gegen die Wand, sodass nur meine nackten Füße diese berührten. Ich spürte ein sanftes Kribbeln in mir, als ich daran dachte, dass sie sich vielleicht bald verwandelt und ich sie sehen durfte… richtig sehen. Ich lächelte unwillkürlich. Mein kleines Kind war nun schon so groß. Bald würde sie mehr eine Freundin sein, obwohl sie immer meine Tochter bleiben wird. Ich drehte mich zur Seite, ignorierte den harten Boden unter mir und schlief ein. „Hattest du mir nicht versprochen wenigstens auf der Couch zu schlafen?“, vernahm ich Edwards Stimme von weiter her. Ich räkelte mich und verzog das Gesicht, als ich den Schmerz in meinem Kreuz bemerkte. Ich setzte mich mit schweren Lidern auf. „Ich- ja… ich war zu müde“, redete ich mich wenig geschickt heraus. „Aber dafür hast du bestimmt Hunger oder?“ Ich blinzelte und sah, wie Edward um die Ecke mit einer brutzelnden Pfanne erschien. Ich strich mir die zerzausten Haare aus dem Gesicht und musste breit lächeln, als ich ihn sah. Nickend ging ich zu ihm und setzte mich an den Esstisch. „Allzu lange kann es nicht mehr dauern…“, murmelte Edward nach einer Weile zu sich, während er mir beim Essen zusah. Ich blickte auf. „Kommen sie nicht erst mittags oder so?“ „Wir haben halb zwei, Bella.“ Meine Lippen formten ein „Oh“ und ich verputzte rasch den Rest. „Dann geh ich mich schnell fertig machen“, sagte ich, als ich bereits die Treppen hoch stapfte und es sogleich klingelte „Bis dahin bin ich fertig“, neckte er. Und er hielt Wort. Als ich runter kam, standen alle Wohnzimmermöbel bereits im dafür vorgesehen Zimmer. Mit Vampirgeschwindkeit kein Wunder, grinste ich in Gedanken. Wir schoben die Möbel in allen drei Zimmern den restlichen Nachmittag von einer Ecke in die andere, besser gesagt Edward tat das und ich kommandierte, bis alles passte. Zufrieden ließen wir uns auf die neue cremefarbene Couch fallen. Edward legte einen Arm um mich und wir saßen ein paar schöne Momente einfach nur da und betrachteten das neue Wohnzimmer, bis ich das ernste Thema aus meinen Gedanken des letzten Abends ansprach: „Edward, meinst du nicht auch, dass es klüger wäre, Nela vielleicht schon eher zu verwandeln bzw. es ihr zu sagen? Ist es nicht am einfachsten und qualfreiste für uns alle, wenn wir nicht mehr warten?“ Ich sah, dass Edwards Blick neutral wurde und weiterhin geradeaus gerichtet war, sodass ich seine Augen nicht sehen konnte. Ich kannte diese Maske. Er wollte etwas vor mir verbergen, doch ich hatte keinen Schimmer was es sein könnte. Sein Gesicht gab nichts preis, wenn er nicht wollte. Ich drehte sein Gesicht mit beiden Händen zu mir und küsste seine Unterlippe. Seine gold fließenden Augen verdeckten etwas sehr stark. Ich sah ihn weiter erwartungsvoll an. „Bella…“ Der fast leidende Ton in seiner Stimme ließ mich erschaudern. Was fiel ihm so schwer mir zu sagen? „Ich bitte dich darum, dass wir sie jetzt noch nicht einweihen.“ Er bat mich? Es fiel ihm schwer mich um etwas zu bitten?! „Du musst mich um gar nichts bitten, wir entscheiden gemeinsam, wir sind doch ein Team“, sagte ich wie selbstverständlich. „Bella ich möchte erst versuchen meine Beziehung zu Nela zu verbessern, bevor ich ihr alles erzähle, denn das, was ich ihr beichten muss ist schlimmer, als nur zu wissen, dass du an einem anderen Tag gestorben bist und da hat sie schon sehr heftig reagiert. Verstehst du… Ich möchte mit ihr einigermaßen im reinen sein, wenn ich ihr von den letzten sechzehn Jahren berichte. Aber ich denke, das wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Momentan sieht sich mich nicht mal an.“ Es tat mir in der Seele weh, dass das Verhältnis zwischen Edward und Nela so unterkühlt war. Ich wusste nicht, wie ich ihnen helfen konnte, denn ganz unbeteiligt daran war ich ja nicht. Nicht, dass ich meine Beteiligung ändern könnte, es war unvermeidlich, aber ich wollte etwas tun. „Tut mir leid“, sagte ich mit gesenktem Blick, „das war egoistisch, ich habe nur an mich gedacht.“ „Entschuldige“, hauchte er und wollte den Kopf wieder wegdrehen, doch ich führte ihn zu mir zurück. „Nein, entschuldige dich nicht bei mir. Ich habe diese Situation zu deinen ungunsten erst heraufbeschworen. Ich kann warten. Und ich möchte, dass der Zeitpunkt dir auch recht ist.“ Sein Blick wurde weicher. „Mit was habe ich dich verdient?“, flüsterte er so leise, dass ich es nur erahnen konnte. Ich küsste das darauf folgende Liebesgeständnis weg und antwortete auf meine Weise. ------------------------------------- Wie hat's euch gefallen? Freue mich über Kommis^^ Kapitel 18: Californischer Schnee --------------------------------- Das nächste Kapitel, viel Spaß, danke fürs Lesen und lieben Dank an die tollen fleißigen Kommi-Schreiber! Ihr seid Spitze! ^^ ----------------------------------------------- Die nächste Woche war voll gepackt mit einräumen der neuen Möbel bzw. beziehen der Zimmer, Stoff aufholen und eisern Klavierüben. Auch die Woche darauf war nicht minder stressig. Ein paar Dozenten beglückten uns mit vorweihnachtlichen Tests oder Zusatzaufgaben und das Klavier spielen lernte sich auch nicht von selbst. Caroline war verblüfft von meinem Geschenk für Edward, als sie Freitag eine Zeitschrift von mir aufschlug und nicht das darin fand, was sie aufgrund des Einbands erwartet hatte. „Ich hatte als Kind mal Klavierstunden, ganz klassisch wie sie alle Kindern von reichen Personen“, sie seufzte, „mal hatten. Aber ich bin kläglich gescheitert. Ich habe kein Händchen für so was. Respekt, wenn du das schaffst.“ „Ich versuche es zumindest. Momentan sieht es nicht so gut aus“, gab ich zu, „das Stück was ich mir ausgesucht habe, hört sich zwar auf CD super an und ist auch wirklich schön, aber nicht einfach, obwohl es als solches in dem Heft ausgegeben wird. Wir müssen“, bemerkte ich mit Blick auf die Uhr. Wir packten unsere Sachen zusammen und gingen durch den breiten Flur in Richtung Haupttrakt, als uns jemand hinterher rief. „Caroline!“ Ich wand mich mit Caroline um. Ihr Vater kam strahlend auf uns zu. Ich bemerkte wie Caroline neben mit unauffällig seufzte und sich dann ein Lächeln auf die Lippen zauberte. „Hi! Hattest du gerade eine Gastdozentur?“, wollte sie betont fröhlich wissen. „Ja, sehr interessant, sehr interessant“, antwortete er, doch sein Blick galt mir. „Miss Cullen, schön Sie wieder zu sehen.“ „Freu mich auch“, sagte ich leichthin. Er überlegte kurz mit leicht geöffnetem Mund und sagte dann langsam: „Hätten Sie nicht Lust uns einmal zu besuchen? Zum Abendessen? Ich würde mich sehr freuen.“ „Ähm, ja, gern“, antwortete ich. Unsicher, was ich davon halten sollte. „Bringen Sie doch ihren Freund mit!“, sagte er überschwänglich, „Kluger Bursche. Wie sein Vater“, ich musste kurz überlegen bis mir einfiel, dass Carlisle ja in seinem Krankenhaus arbeitete, „hab ihn mal in der Klinik miterlebt, während der Praxisstunden. Sehr geschickt, sehr geschickt.“ Ich lächelte zustimmend und warf Caroline, in ihren blitze es gelangweilt, einen kurzen Blick zu. Sie sah geradeaus und wirkte über die Maßen genervt. „Wie wäre es direkt mit morgen? Morgen Abend? Um acht?“, fragte er prompt. „Edward kann morgen nicht, er hat-“, begann ich, um Edward aus der Affäre zu ziehen. „Tun Sie mir den gefallen, ja?“, er wand sich Caroline zu, „Du bist doch auch dabei oder Schatz?“ „Wohl kaum“, ihr Tonfall war abfällig, „schließlich wolltest du gestern noch, dass ich mit Mom zu dem Abendessen mit den Franzosen gehe.“ „Ach ja“, er senkte den Blick nachdenklich, „richtig, richtig… wir machen das anders, wir laden die Franzosen einfach zu uns ein. So machen wir das“, er strahlte uns an, „wir sehen uns dann morgen um acht.“ Ich wollte noch etwas entgegnen, doch schon hatte er uns den Rücken gekehrt und war eilends davon geschritten. „Grausam. Ich hasse diese gequält steifen Abendessen“, murrte Caroline und ging in die andere Richtung. Ich holte auf, um wieder gleich auf mit ihr zu ein. „Wenigstens seid ihr dabei“, murmelt sie weiterhin vor sich her, „dann wird’s vielleicht nicht ganz so schrecklich. Und ich lerne deinen Freund besser kennen.“ Ich verzerrte das Gesicht, so, dass sie es nicht sah. Ich hoffte, dass er nicht sauer auf mich war, dass er mit musste… „Wer sind die Franzosen?“, fragte ich, um mir nicht noch mehr Gedanken zu machen. „Geschäftspartner, die mit ihm die nächste Klinik in Frankreich errichten wollen. Mom und ich sollten uns ein wenig bei ihnen einschleimen. Tja und er hofft morgen dann mit Edward und dir als seine Studenten, auch wenn das nicht ganz der Wahrheit entspricht, prahlen zu können.“ Ich nickte stumm und folgte ihr in die nächste Vorlesung. „Edward, da, da ist noch was“, begann ich sofort, nachdem sich Caroline nach der letzten Vorlesung verabschiedete hatte und wir alleine über den großen Parkplatz zu seinem Volvo gingen. „Carolines Vater, Mr. Hutton, du weißt schon, hat mich zu einem Abendessen morgen Abend eingeladen. Ähm, und dich auch“, ich sah ihn nervös von der Seite an, „es tut mir wirklich leid, ich wollte dich daraus halten-“ „Ist kein Problem, Bella“, unterbrach er mich mit einem Lächeln. Wir kamen an seinem Auto an und ich legte, nachdem er mir die Kofferraumklappe aufhielt, meine Tasche hinein. „Ich will nicht, dass du dich quälst und-“ „Ich krieg das schon hin, mach dir keine Gedanken“, fiel er mir wieder ins Wort, „sag mir nur wann ich wo sein soll.“ Es war sein ernst. „Tut mir wirklich leid. Du hättest die Zeit besser für Nela nutzen können“, sagte ich mit genicktem Gesichtsausdruck, als Edward mir gerade die Beifahrertür aufhalten wollte. Er hielt inne, lehnte sich ans Auto und sah mich an. „Bella, es macht mir wirklich nichts aus. Das mit Nela wird mehr Zeit, als einen Abend, in Anspruch nehmen. Bislang hab ich es gerade mal geschafft, dass sie mir die Fernsehzeitung reicht“, er lachte trocken auf, „wir machen uns einfach einen schönen Abend bei den Huttons morgen.“ Er strich mit der lockeren Faust über meinen Hals hoch zu meiner Wange. „Caroline bezweifelt, dass es ein schöner Abend wird“, wand ich ein. „Tja, sie hat eben nicht beachtet, dass ich jeden Abend in der Gesellschaft schön finde.“ Seine Hand führte mein Gesicht an meinem Kinn zu seinen Lippen und er küsste mich zärtlich, bevor wir endlich einstiegen. Am Abend rief ich Caroline an. Garderobefrage, schließlich wollte ich mich angemessen kleiden und mich nicht blamieren. Caroline meinte, dass solche Abende einem Empfang gleich kamen, weshalb sie ihre besten Pumps hat reinigen lassen. Ihr Ton war unmissverständlich genervt. Sie hielt scheinbar nichts von solchen, „repräsentativen“ Abendessen. Sie fragte mich, ob sie mir ein Kleid oder so was leihen sollte, da sie mir raten wollte, etwas richtig Edles anzuziehen. „Nein, nein, ist schon in Ordnung. Ich muss öfter auf solche Anlässe“, lehnte ich ab. Es reichte, wenn sich Alice um mein Aussehen sorgte. Das musste ich nicht auch noch Caroline aufbürden. „Wirklich?“, fragte sie überrascht. „Ähm, ja, also nicht unbedingt genauso welche, aber ich brauche öfter mal schickere Sachen“, wand ich mich raus. Nachdem unser Gespräch beendet war, ging ich hoch in von Alice eigens eingerichtete Ankleidezimmer und suchte – seit meinem Einzug zum ersten Mal – nicht nach gewöhnlicher Alltagskleidung, sondern Abendgarderobe. „Kein Rot, das mag Edward nicht“, murmelte ich zu mir selbst, als ich die Stange mit eingepackten Kleidern durchging, „kein weiß“, denn das mochte ich nicht, „zu kurz, viel zu kurz, zu freizügig…“ Ich entschied mich letztlich für ein dunkel violettes, wadenlanges Kleid mit einem schwarzen Stoffband um die Taille, welches hinten, leicht seitlich, zu einer mittelgroßen Schleife gebunden wird. Samstagmorgen badete ich erst einmal ausgiebig, bevor ich mich in die Arbeit – Unistoff aufarbeiten – stürzte. Zuerst die Arbeit und dann das Vergnügen, seufzte ich in Gedanken, obwohl ich nicht sagen konnte, wozu das Klavier spielen gehörte. Es machte Spaß, wenn ich Takt für Takt dem Ziel näher kam, doch teilweise war ich auch am Rande der Verzweiflung, denn ich würde nicht, wie dieses uminöse Heft, von dem Titel behaupten, dass er „einfach“ war. Doch es war bereits Mitte Dezember und allzu viel Zeit blieb mir nicht mehr. Ich musste einfach das Beste daraus machen. Gegen Abend klingelte Edward bei mir, um mich abzuholen. Ich stand noch im Bad und zog an dem Kleid herum (vielleicht hätte ich es vorher anprobieren sollen oder wenigstens auf das Größenetikett sehen sollen, denn ich fand es um die Hüfte ein wenig zu eng). Ich war einigermaßen zufrieden und hoffte, dass Edward wenigstens das Kleid gefiel, denn meine Haare hatte ich einfach langweilig offen gelassen und mit etwas Schaumfestiger einige Strähnen betont. Ich schritt vorsichtig, die passenden Schuhe zum Kleid waren ein wenig höher als ich es gewohnt war, die Treppen herunter, schnappte die schwarze Strickjacke, Edward würde mir mit Sicherheit nicht erlauben bei Minusgraden nur im Kleid zu gehen, und ging zur Tür. „Hi“, grüßte er mich und wir küssten uns kurz. Hinter ihm lief der Motor seines Volvos und wir huschten rasch in die Wärme, was zumindest für mich eine Genugtuung war. „Es tut mir wirklich leid, dass ich dich damit reinziehen musste“, sagte ich bevor er losgefahren war, „und dann auch noch zu einem Abendessen“, setzte ich seufzend hinzu. „Mach dir keine Sorgen, das macht mir nichts. Du siehst übrigens bezaubernd aus“, ergänzte er lächelnd und nickte zu meinem Kleid. Erst jetzt, im schwachen Licht des Standlichtes (wir fuhren immer noch nicht), musterte ich ihn und sah, dass er in Anzug, ganz adrett, gekommen war und ein lilafarbenes Hemd, passend zu meinem Kleid trug. „Und mich wurmt es, dass ich vergessen habe dir zu sagen, dass es heute Abend etwas edeler zugeht“, seufzte ich, „Alice schätze ich.“ Edward startete grinsend den Wagen und fuhr los. „Vielleicht können wir sagen, dass du morgen eine Magenspiegelung oder so was hast, dann-“ „Am besten noch bei ihm im Krankenhaus, nicht wahr?“, wand Edward lachend ein und ich tat es ihm kurz gleich, dann wurde ich wieder ernst. „Wirklich… ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen, dass du-“ „Glaub mir“, er sah mich an, „dein Anblick entschädigt alles“, ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch er sprach weiter, „es macht dem dunkelblauen Kleid von unserer Hochzeit Konkurrenz.“ Ich lächelte schwach und richtete den Blick auf die Straßen, während seiner auf mich gerichtet war. „Unsere Hochzeit…“, wiederholte ich leise. „Woran denkst du?“, fragte er nach ein paar stillen Momenten. „Es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen. Unsere Hochzeit war das letzte gewesen, was wir ohne Nela erlebt haben… das letzte bevor alles so kompliziert wurde.“ Ich hatte es mir verboten und lange hatte es geklappt, doch nun huschte meine Hand unwillkürlich über meinen Bauch hinunter zu meinem Unterleib, als ich kurz daran dachte, wie es sich angefühlt hatte. Nela in mir, ungeboren, meine Tochter, die ich noch nicht beschützen musste. Edward legte seine Hand auf meine am Bauch und sagte nichts. Ich war froh, dass er das Thema nicht aufgriff und so wechselte ich es auffällig: „Du findest violett also schöner als dunkelblau?“, wollte ich wissen. „Nein, aber wie gesagt, es macht dunkelblau starke Konkurrenz.“ Er grinste breit. „Spinner“, murmelte ich und grinste ebenso, bevor er mir einen langen Kuss schenkte. Hand in Hand klingelten wir bei dem großen Anwesen der Huttons östlich von Edmonton. „Kommt herein“, machte Caroline uns in weißem unten herum schief abgeschnittenem Kleid lächelnd die Tür auf. Es stand ihr unglaublich gut. Sobald wir über die Schwelle geschritten waren, wurde sie von ihrem Vater beiseite gedrängt. „Miss Cullen, welch Freude“, sagte er zu mir und gab mir ehrfürchtig einen Handkuss, „sie sehen hinreißend aus.“ „Vielen Dank“, sagte ich leise, verlegen von so viel Lob. „Und in Begleitung, sehr nett, dass Sie kommen konnten“, grüßte er Edward. Ich widerstand dem Drang zu schnauben, denn es Klang aus seinem Mund, als hätte er Edward eine Wahl gelassen. „Ich freue mich ebenfalls sehr, danke für die Einladung“, erwiderte Edward höflich. „Kommen Sie, Mr.-“, Mr. Hutton kniff die Augen zusammen, „wie war noch ihr Nachname? Der Name ihres Vaters ist mir auch entfallen…“, grübelte er. Ich wusste was jetzt kommt und senkte beschämt den Kopf. Ich mied Carolines Blick, die schräg hinter ihrem Vater stand und eine wartende Pose eingenommen hatte. Edward drückte kurz meine Hand und antwortete neutral: „Cullen, Edward Cullen.“ „Na so was, dann sind sie verwandt?“, er klatschte lautlos die Hände zusammen, „Cousine und Cousin? Vermute ich richtig?“ Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Edward die Lippen zusammen kniff um nicht allzu sehr zu grinsen. „Nein. Bella und ich sind verheiratet“, sagte er, als wäre das, dass Normalste von der Welt. Ich schluckte und sah weiter zu Boden. „Na so was“, wiederholte Mr. Hutton überschwänglich, „das sieht man auch nicht alle Tage! Nun genug der Vorrede, kommen Sie bitte hier entlang“, sagte er schließlich und wir folgte ihm durch den langen Flur. Carolines aufgerissenen Augen heftete während des Weges an mir. In dem Raum, wo das Abendessen stattfinden sollte, stand ein ovaler langer Glastisch, der für mehr, als dass ich vermutete hatte kommen würden, gedeckt war. Die riesige Terrassentür stand offen und entblößte die Veranda und den Garten, die von vielen kleinen Lampen in der Dunkelheit beleuchtet wurden. „Du hast mir nie erzählt, dass ihr verheiratet seid!“, zischte Caroline mir ins Ohr, als es kurz darauf wieder klingelte und Mr. Hutton verschwand. „Es ergab sich keine Gelegenheit“, versuchte ich mich heraus zu reden und hatte Glück, dass gerade ihre Mutter zu uns stieß und Caroline somit das Thema nicht mehr aufgriff. Wie ich vermutet hatte, kamen mehr Leute, als ursprünglich angedacht. So verteilten sich die ersten Gäste auf die Stehtische, Sessel- und Couchecken und nahmen einen Aperitif zu sich. Caroline setzte sich neben mich auf eine der bequemen Sofas. „Mein Vater meinte es wäre, jetzt wo die Franzosen einmal da waren, sicher noch für mehrere, andere herausragenden Studenten von Bedeutung Kontakte zu knüpfen“, plapperte sie ohne, dass ich gefragt hatte drauf los, „na ja und die drei Herren sind auch sichtlich angetan von unseren Kommilitonen. Du musst wissen, mein Vater ‚sammelt’ Studenten mit überragendem Erfolg.“ „Sammeln?“, fragte ich nach. „Ja. Er lädt sie ein, fördert sie, damit er sie hinterher für seine Krankenhäuser anwerben kann“, sie nahm einen weiteren Schluck aus ihrem Glas, „momentan bist du, bzw. jetzt ihr, sein wertvollstes Schmuckstück“, sie lachte auf, „na ja, vielleicht schafft es Luke ja noch, wenn er da ist, ist es gleich viel lustiger“, sie kicherte kurz in sich hinein und sah mich an, „und ich wollte dir so gerne mal meinen Bruder vorstellen.“ „Du hast einen Bruder?“, fragte ich verwirrt. Nicht nur, wegen des Bruders, sondern auch wegen ihres kurzen Blickes, der zu Edward gehuscht war, nachdem sie ihren Satz beendet hatte. „Ja. Er studiert in Californien und arbeitete nebenbei in der Forschung.“ Ich sah verstohlen zu Edward, da sein Körper sich merklich versteift hatte. Seine Miene war einen Hauch kühl geworden. Was hatte er? „Und warum studierst du dann nicht auch in Califonien?“, versuchte ich das Gespräch aufrecht zu erhalten, um Edwards Gesichtsausdruck zu ergründen. Sie zuckte mit den Schultern. „Ach was soll ich da? So sehr interessiere ich mich nicht dafür“, sie neigte sich zu mir, „genau genommen interessiere ich mich gar nicht dafür.“ Ich nickte und sah immer wieder zu Edward. Was hatte er nur? Wegen ihres Bruders? Was hatte sie gedacht? „Darf ich Sie alle zu Tisch bitten?“, sagte Mr. Hutton in diesem Moment mit erhobener Stimme. Edward und ich setzten uns an den langen Tisch an die uns zugewiesenen Plätze. Die drei französischen Herren schienen sich blenden zu amüsieren. Sie hatten scheinbar schon mit jedem gesprochen – abgesehen von mir. Prompt sprach mich einer an, als wir ein paar Minuten bei Tisch saßen. Ich sah Hilfe suchend zu Edward, der sich sofort geradeaus wendete und erklärte. „Was wollten Sie?“, fragte ich zu ihm geneigt, nachdem Edward das Gespräch beendet hatte und uns der erste Gang von mehreren Bediensteten serviert wurde. „Sie wollten wissen, was du mit einem Medizinabschluss vorhast.“ Edward grinste. „Na super, Gott sei Dank, dass ich kein Französisch kann“, murmelte ich. Edwards grinsen verzog sich zu einem verwirrten Ausdruck. Ich wand mich dem Essen zu und hoffte nicht, dass Edward weiter darauf einging, da ich nicht vor hatte ihm meine wahren Absichten zu offenbaren. „Darüber haben sie sich auch gewundert“, bezog er sich lächelnd auf meine mangelnden Französischkenntnisse. Ich nickte und begann wie die anderen mit der Vorspeise. Ich linste zu Edward herüber, der sich nichts anmerken ließ und gleiches tat. Kauend sah ich ihn mit einem verzerrten Gesichtsausdruck an. Er schnappte dies auf, grinste breit und flüsterte in mein Ohr: „Glaub mir, es ist halb so schlimm.“ Ich beugte mich zu ihm rüber: „Aber ich wär’ nicht besonders erpicht auf eine Portion Erde und Papier.“ „Ich bin aber erpicht auf dich.“ Er küsste zärtlich mein Ohrläppchen und ich wurde Rot, da ich glaubte, dass einer der Franzosen es gesehen hatte. Gang um Gang wurde serviert, während sich Caroline neben mir angeregt unterhielt, sie gab es zumindest vor, und Edward artig aufaß und mit den Franzosen uns gegenüber redete. Hin und wieder warf Edward einen kurzen finster aussehenden Blick zu Caroline, die aber mit dem Rücken zu uns saß. Sobald ich ihn auffing lächelte er schmal, als wollte er seinen Blick beschwichtigen. Ich sagte zwar nichts und aß Stirn runzelnd weiter, doch sobald das Essen beendet war und alle sich in kleinen Grüppchen im Raum verteilten, zog ich Edward beiseite. „Sagst du mir jetzt mal was los ist?“, zischte ich. Ich erläuterte es nicht weiter, er würde schon wissen, was ich meinte. Er kniff die Augen zusammen, legte die Lippen an mein Ohr und sagte tonlos: „Caroline kokst.“ Ich riss die Augen auf und sah ihn entsetzt an. Das war… nicht das, woran ich gedacht hatte. „Pass auf, dass sie dir nichts ins Getränk mischt“, flüsterte Edward, „na ja besser ich passe auf“, fügte er mit zusammengezogen Augenbrauen hinzu und sah an mir vorbei in Richtung Caroline. „Das hat sie vor?“, fragte ich mit leicht piepsender Stimme. „Hm, noch nicht aber wer weiß. Sie wartet auf ihren Bruder, von ihm kriegt sie das Zeug“, flüsterte Edward. „Kokst sie… immer?“ Ich sah Edward direkt an, während er weiter an mir vorbei sah. „Nur wenn ihr Bruder kommt oder auf anderen Partys, wo jemand ihr Stoff besorgt. Sie selber besorgt es sich nicht“, murmelte er. Ich warf nun einen Blick über die Schulter und sah wie gerade in diesem Moment ein groß gewachsener Mann herein schritt und Caroline ihn stürmisch umarmte. Schon hatte sie ihm ans Handgelenk gefasst und lief mit ihm in unsere Richtung. „Bella, Edward, mein Bruder Luke“, stellte sie sogleich vor, „Luke, zwei Kommilitonen von mir und Dads neue ‚Schmuckstücke’“, kichernd machte sie Anführungszeichen in die Luft. Ich musterte Luke automatisch mit dem Hintergrundwissen, dass er kokste und kam zu dem Schluss, dass man es ihm (Hatte ich etwas anderes erwartet?) nicht ansah. Er war blond wie Caroline, doch seine Haare waren lockiger und er hatte wie Caroline hellblaue Augen. Er war groß und schlank. „Hi, freut mich euch kennen zu lernen“, sagte er mit einem strahlenden Lächeln und machte Anstalten uns beiden die Hand zu reichen, doch Edward fragte schnell: „Du bist in der Forschung? Was machst du da genau?“ Es klang interessiert, doch ich war mir sicher, dass es nur ein Ablenkungsmanöver war, damit Luke Edward nicht berührte. „Ja, also eigentlich assistiere ich neben dem Studium nur ein wenig und da mach ich eben bei allem möglichen mit“, erklärte er, „zuletzt-“ „Luke! Du hast Bella und Edward schon kennen gelernt?“, erschien Mr. Hutton neben seinem Sohn. „Ich hole uns etwas zu trinken“, meinte Caroline plötzlich und verschwand. „Luke du musst wissen, Bella hat einen grandiosen Vortrag-“, plapperte Mr. Hutton. Ich hörte nicht mehr zu, denn Edward war Caroline hinterher gehuscht und nun aus meinem Blickfeld. Er war hinter die Bar gelaufen. „Entschuldigen Sie mich bitte Mr. Hutton“, sagte ich künstlich lächelnd und lief – soweit das mit dem Kleid ging – in dieselbe Richtung. Ich blickte um die Ecke und sah Caroline und Edward. Edwards Hand zuckte gerade in Richtung ihres Handgelenks, besann sich jedoch und fasste an das Glas, was vor den beiden auf dem Tresen stand. Edward sagte nichts und ich schritt näher, von hinten heran. Caroline blickte mit offenem Mund von ihm zu dem Glas, wo seine Hand immer noch weilte, und zurück. Sie ballte die Faust, die auf dem Tresen lag, fester und versteckte sie nun hinter ihrem Rücken. „Überleg dir das gut, Caroline“, sagte er mit scharfem Unterton. Carolines Blick verfinsterte sich augenblicklich. Ich stand bereits neben Edward, doch sie sah nur ihn an, zog kurz die Augenbrauen hoch und verschwand. „Sie wollte-“ Edward nickte und zog mich rüber zu den anderen Gästen. „Versprich mir Bella, dass du niemals so ein Zeug nimmst“, war das erste was er sagte, als wir uns nach der Feier in sein Auto setzten. Ich sah ihn mit müden Augen an. „Wie kommst du darauf?“ Caroline war nach dem Vorfall nicht mehr aufzufinden gewesen. „Caroline kann sehr vereinnahmend und überzeugend sein und ich will nicht, dass sie dich da mit reinzieht“, sagte Edward trocken. „Vertraust du mir nicht?“, fragte ich vorwurfsvoll, obwohl das gar nicht meine Absicht war. „Doch, sehr sogar“, er lächelte z mir herüber, „aber ich vertraue Caroline nicht. Bitte pass einfach auf, dass sie nichts zukommen lässt.“ „Mache ich, versprochen“, ich legte den Kopf auf seine Schultern und schloss die Augen, „ich kann es gar nicht glauben, ich hätte ihr das nie zutraut.“ „Weißt du… so etwas ist in reichen Kreisen verbreiteter als du denkst. Geld gibt ihnen nicht mehr den Kick, daher suchen sie sich andere ‚Beschäftigungen’, lächerlich. Wir haben nichts von beidem und kommen auch klar“, murmelte Edward. Ich spürte wie sehr er Carolines Leichtsinn verachtete. Aber er hatte Recht. Vampire, ich klammerte mich mal aus, waren um einiges eingeschränkter und trotz allem nicht unglücklich. Ich sah Caroline in der Uni nicht mehr. Sie schien mir aus dem Weg zu gehen. In den Vorlesungen waren die Plätze neben ihr immer schon besetzt und sie schien immer sehr beschäftigt wenn ich den Raum betrat. Ich wusste nicht warum sie mich ignoriert. Entweder aus Scham oder Wut (vielleicht hatte Edward ihr die Partie vermasselt…) ertappt worden zu sein oder weil sie glaubte ich hätte ein Problem damit. Nicht, dass ich es gut fand, doch ich wäre schon bereit gewesen mit ihr ein paar Worte zu wechseln und mit ihr darüber zu reden. Nur, dass sie uns etwas unterjubeln wollte, konnte ich nicht verstehen – schließlich studierte sie Medizin oder sagen wir sie gab es vor. Edward hatte mir gesagt, dass sie wollte, dass wir alle lockerer werden und dann irgendwo anders die Party steigen ließen. Klasse Idee, hatte ich seufzend entgegnet. Doch darum konnte ich mir jetzt nicht auch noch Gedanken machen und ich war froh, dass sich das Problem Caroline erstmal erübrigt hatte, denn ich hatte andere, größere, Probleme: Nela. Sie verfolgte seit einigen Tagen eine andere Strategie. Anstatt sie die anderen angiftete und Unfrieden in ihrer Gegenwart stiftete, zog sie sich vollkommen in ihr Zimmer zurück und ließ niemanden an sich heran. Nur zum Essen kam sie aus ihrem Zimmer oder wenn sie in Bad musste. Niemand durfte ihr Zimmer betreten. Ich wäre geradezu froh gewesen wenn Edward mir gesagt hätte, dass sie wieder in ihrem Labor tüftelte, doch sie saß von früh bis spät an ihrem Computer. Das machte Edward und mir große Sorgen. Sie war sechzehn, mitten in der Pubertät, auf was für Flausen würde sie kommen? Esme und Alice versuchten immer wieder an sie heran zu kommen, denn Edward antwortete sie nicht mehr. Nicht mal, wenn er ihr gegenüber stand. Edward hätte auch gegen eine Wand sprechen können. Sie sprach nur das aller nötigste und wenn dann mit Alice oder Esme. Selbst Emmett versuchte es und rief sie auf Edwards Bitte hin an und sie redete immerhin mit ihm, doch sie gab nichts von sich selbst preis. Sie erkundigte sich nach ihm und war auch, laut Emmett, ausgelassen und einigermaßen fröhlich, doch sie erzählte nichts von sich und wenn er nachfragte blockte sie komplett ab (natürlich hatte sie das Spiel durchschaut). Edward hatte sich von den anderen überreden lassen, nachts in ihrem Laptop nachzusehen was sie so trieb. Doch Edward brachte es, als er sah, dass sie ein Passwort drin hatte, nicht übers Herz, es mittels eines Programms zu knacken. Ich konnte ihn verstehen und bestärkte ihn. Das würde noch mehr Misstrauen in der Beziehung sähen. Ich übte derweil weiter Klavier. Meine Grübelei war diesem nicht dienlich – im Gegenteil. Meine Fingerkoordination war grausam. Bei Edward sah das immer so leicht und einfach aus, doch vielleicht sollte ich mich nicht mit einem Vampir vergleichen, dachte ich seufzend. Ich konnte es mittlerweile sehr langsam, mit vielen Blicken auf die Noten und Pausen, wo ursprünglich gar keine waren, spielen. Immerhin. ----- Freue mich wieder über Kommis :) :) Kapitel 19: Weihnachtsdesaster ------------------------------ Hallo ihr fleißige Leser und Kommi-schreiber! Das wird jetzt erstmal das letzte Kapitel sein... nicht, dass ich keine Ideen hätte oder es nicht weiter ginge ;) aber ich bin vom 02.-09.09. im Urlaub und komme dann - versprochen - mit ganz vielen Ideen wieder :) Also nicht wundern, wenn jetzt erst mal eine Woche kein Kapitel gepostet wird!!! Dieses Kapitel mag ich von den letzteren am liebsten, ich hoffe es gefällt euch, mich hat es beim schreiben regelrecht deprimiert ^^ lg und Kuss Vanessa/*Fane* --------------- Weihnachten. Schrecklich. Ich hatte früher nie verstanden, dass es Leute gab, die Weihnachten nicht mochten. Natürlich war die Vorweihnachtszeit oftmals stressig, aber wenn man dann den Abend im Kreise der liebsten verbrachte, zusammen aß und sich beschenkte, glich das alle Mühe wieder aus. Doch dass es auch Gründe gab, das frohe Fest nicht zu mögen erkannte ich erst, als ich es selbst am eigenen Leib erfuhr. Ein guter Grund war z.B., wenn man Weihnachten – wie ich – alleine verbringen musste. Doch auch wenn ich es nicht allein verbrachte (ein Weihnachtsfest hatte ich mit Leni und ihrer Familie verbracht), war es für mich traurig. Weihnachten war ein buntes Fest, ein Fest der Liebe, ein Fest der Familie – Pustekuchen. Ich lag mit dem Rücken auf der Couch und hatte den Kopf in Richtung des nicht laufenden Fernsehers geneigt. Ich starrte rechts daneben auf die Uhr. Sie zeigte fünf Uhr morgens am fünfundzwanzigsten Dezember an. Die Uhrzeit bei der ich als Kind aus dem Bett gesprungen und zu meinem Strumpf am Kamin gerannt war. Ich seufzte. Ich hasste Weihnachten. Seit sechzehn Jahren genau genommen. Ich dekorierte schon lange nicht mehr und ignorierte die Weihnachtsdekoration und den Weihnachtstrubel draußen so gut es ging. Die ganze Vorweihnachtszeit machte mich depressiv, denn ich wusste, dass diese Vorfreude und das freudige Warten nicht für mich galten. Dieses Jahr würde wie jedes Jahr werden und dass es höchst wahrscheinlich das letzte Mal so war konnte meine Stimmung nicht mal ein kleines bisschen aufhellen. Edward feierte natürlich mit den Cullens und Nela Weihnachten. Emmett und Rosalie kamen, ab und an auch noch ein paar andere vampirische Freunde von Carlisle oder Jasper. Edward blieb die ganze Zeit bei Nela, natürlich, alles andere wäre zu auffällig gewesen, schließlich war Weihnachten. Manchmal besuchte mich jemand mit der Ausrede jagen zu gehen, doch wenn erst am zweiten Weihnachtstag. Ich hasste Weihnachten. Es stimmte mich traurig. Nicht traurig, um zu weinen, aber in einer Art traurig, dass ich meine Mundwinkel nicht heben konnte. Ich würde dieses Weihnachten wieder mit niemandem verbringen. Edward hatte mir noch nicht gesagt, wann wir zwei gemeinsam Weihnachten nachholen wollte. Er wollte abwarten, wie es sich mit Nela entwickelte. Er hatte Nela mit äußerster Mühe und viel Zuspruch von den anderen Cullens überzeugt, den jährlichen Skiurlaub, den Nela und er immer gemeinsam nach Weihnachten machten, beizubehalten. Nela hatte mürrisch zugesagt. Vielleicht kam Edward am zweiten Weihnachtstag nachts, wenn Nela schlief, denn sie brachen direkt am sechsundzwanzigsten auf. Ich hatte Edward gestern Morgen noch gesehen und er versprach anzurufen. So wartete ich. Wie jedes Jahr, wie immer… und hoffte, dass die Zeit schnell vorbei ging… wie jedes Jahr, wie immer… Um zehn Uhr in der früh, nachdem ich stundenlang im Wohnzimmer wach gelegen hatte, rappelte ich mich auf und zog mich an. Draußen lag Schnee und es war eisig kalt, doch ich wollte mir, wenigstens ein paar Meter, die Beine vertreten. Der Himmel war merkwürdig dunkel und tauchte die nun in vielen Farben schillernde Umgebung in düsteres Licht. Es schien, als wollte der Himmel meine Stimmung widerspiegeln. Ich schritt, die Hände in die Hosentaschen und den Blick auf den Bordstein gerichtet (und das nicht nur aus Sicherheitsgründen), die Straße entlang. Entlang an den vielen Doppelhaushälften meiner Reihe, die, im Gegensatz zu meinem als einziges, mit Weihnachtsmänner, Lichtschläuchen und sonstigen weihnachtlichen Verzierungen geschmückt waren. Ich wand den Kopf kurz, wie reflexartig, zur Seite, als ich eine Bewegung wahrnahm – ein Fehler, ich hätte nicht hinsehen sollen. Ich sah einen Jungen und ein Mädchen durchs Fenster in einem Berg aus ausgepackten Geschenken und viel Geschenkpapier sitzen und der Junge rannte gerade zu seiner Mutter, die vor dem Fenster scheinbar etwas zu Essen zubereitete. Ich sah rasch weg und ging mit starr auf meine Füße geheftetem Blick zurück. Nachdem ich wahllos etwas trockenes Toastbrot vertilgt hatte, mir war nicht nach einem prunkvollen Weihnachtsessen, entschloss ich mich wieder raus zu gehen. Die Wände in meinem Haus schienen mich erdrücken zu wollen und selbst das Spielen meiner ruhigen Klaviermelodie erschien mir als unangepasst fröhlich in diesem Moment. Diesmal nahm ich das Auto. Ich fuhr eine Weile ziellos hin und her bis ich am Einkaufszentrum hielt. Ich stieg aus und ging darauf zu. Die Läden waren geschlossen und nur spärliches Licht erhellte die Schaufenster, niemand war da. Natürlich nicht. Es war der Nachmittag des fünfundzwanzigsten Dezembers. Die Leute saßen in ihren Häusern und empfingen Gäste um den Truthahn zu verspeisen, dachte ich mürrisch. Ich versuchte mich mit den Schaufenstern abzulenken, doch es war ein mühsames Unterfangen, da meine schwermütigen Gedanken immer wieder in mir zum Vorschein kamen. „Was machst du eigentlich hier?“, sagte ich zu mir selbst und es hallte nicht nur in meinem Kopf, sondern auch in dem leeren Einkaufszentrum. Ich wandte mich um und ging raschen Schrittes, ich rannte fast, zu meinem Auto zurück. Ich hatte es auf einmal sehr eilig nach Hause zu kommen, obwohl mich dort nichts und niemand erwartete. Ich raste die verwaisten Straßen entlang und kam wieder an meinem Haus an. Mir war ruhelos zumute. Ich blieb noch einen Augenblick im Auto sitzen und überlegte, ob- nein, ich widerstand dem Drang, wie jedes Jahr. Ich ging ins Haus, schmiss meine Kleidung auf den Boden, wo ich sie auch an Ort und Stelle liegen ließ und trank einen großen Schluck Milch aus dem Kühlschrank. Ich widerstand dem Drang zur Tankstelle zu fahren, um mir so viel starken Alkohol zu kaufen, sodass meine Wahrnehmung abnahm und ich betäubt wurde. Jedes Jahr war das mein größter Wunsch, doch das Mittel zum Zweck verbot ich mir strengstens um Edward nicht zu enttäuschten. Um ihn nicht in der Meinung zu bestätigen, dass ich schwach und schutzbedürftig war. Dieses Jahr erschien es mir noch schlimmer, da ich immer wieder an Caroline denken musste und an die Versuchung Koks von ihr zu bekommen. Wie leicht es sein würde das Zeug zu bekommen, welch Genugtuung würde das sein… doch wie rasch würde sie abklingen und wie schlecht würde es mir danach gehen?! Nein, ich würde das schon überstehen. Ich musste vernünftig sein, auch wenn Caroline mir sicher breitwillig etwas gegeben hätte. Edward vertraute mir. Ich schaffte das, wie jedes Jahr. Wenn ich doch nur wüsste, dass Nela wenigstens Weihnachten einen Schritt auf Edward zu machte. Doch ich bezweifelte es, entgegen aller Hoffnung, stark, dafür kannte ich sie – so dubios es klingen mag – zu gut. Die Stille schnitt mir ins Herz. Ich hatte mich wieder mit dem Rücken auf die Couch gelegt und meine Gedanken glitten wieder in dieselbe Richtung ab. Ich stellte mir vor, wie es nächstes Jahr zu dieser Zeit sein würde, wie Edward und Nela und die anderen Cullens gerade Weihnachten begossen, wie alle fröhlich sein durften und auch konnte. Ich presste langsam atmend die Handflächen auf die Stirn und verzerrte das Gesicht. Ich fühlte mich leer. Ich wünschte mir förmlich einfach weinen zu können, dann spürte ich wenigstens etwas und könnte meiner Traurigkeit Ausdruck verleihen, doch es gelang mir nicht. Einzig und allein meine völlig niedergeschlagene Miene blieb. Bella hör auf damit! Hör auf Trübseil zu blasen!, rief ich mich in Gedanken wach und griff wie automatisch nach der Fernbedienung. Ich zapfte alle Kanäle mehrmals durch bis ich mir sicher war, einen Film gefunden zu haben, der garantiert nichts mit Liebe, Freundschaft oder Glück zu tun hatte und einzig und allein sinnlose Schießereien und durchschaubare Intrigen zeigte. Das Telefon klingelte. Mein Blick fiel erst auf die Uhr, halb sechs, weshalb ich zu dem Schluss kam, dass es wohl kaum Edward sein konnte, und trotzdem zum Hörer hastete. „Bella Cullen?“ „He Bella hier ist… Caroline“, kam es sehr zögerlich von der anderen Seite. Verblüfft zog ich die Augenbrauen hoch. „Ähm, frohe Weihnachten“, sagte sie wieder vorsichtig. „Wünsche ich dir auch“, gab ich zurück und wartete. „Feierst du gerade? Ich meine, bist du gerade beschäftigt?“ „Nein. Ich bin grad von Edward und seiner Familie wiedergekommen“, log ich wohlüberlegt. „Würde es dir was ausmachen, wenn ich vorbei komme?“ Ich überlegte kurz ob ihr Besuch wohl förderlich für meine Stimmung sein würde und kam zu dem Schluss, dass es sie in jeden Fall verändern würden. Ob sie sich verbesserte, würde sich zeigen. „Nein, ich bin zu Hause.“ „Gut, dann… bis gleich.“ „Bis gleich.“ Ich legte auf. Ich ging ins Bad und wusch mir mehrmals mit eisig kaltem Wasser durchs Gesicht. Ich versuchte mich zum einem Lächeln zu bringen, einem ehrlichen Lächeln. Doch mein Spiegelbild zeigte mir nur eine Bella die wollte, aber nicht konnte. Dessen Gesicht Bände sprach und sich momentan außer Stande fühlte zu lügen. Ich ging rasch zu Plan B über und zementierte mein Gesicht mit viel Make-up ein, bis es mir gleichgültig war, wie ich aussah und mich auf einen Stuhl ins Esszimmer setzte. Früher als erwartet klingelte es. Ich öffnete die Tür. Von schmelzenden Schneeflocken bedeckt trat Caroline zögerlich lächelnd ein. „Für dich“, sie drückte mir ein Geschenk in die Hand, „Bella es tut mir sehr leid wie ich mich verhalten habe. Das ist nicht zu entschuldigen, das weiß ich, und bin deinem Freund- Mann sehr dankbar, dass er mich aufgehalten hat. Ich hätte es sonst ewig bereut“, spulte sie eine Entschuldigung ab. Ich lächelte schmal, aber nur, weil ich nicht anders konnte, und sagte tonlos: „Komm doch erst mal rein und gib mir deine Jacke.“ Caroline nickte und tat wir ihr geheißen. Während ich mit ihrer Jacke zur Garderobe ging, das Geschenk hatte ich kurz auf dem Esstisch abgelegt, schritt sie bereits ins Wohnzimmer. Ich legte ihre Jacke über meinen Arm, machte mit der anderen Hand einen Harken frei, ich war mit aufräumen in letzter Zeit nachlässig gewesen, und hing schließlich die Jacke auf, als raschelnd etwas zu Boden fiel. Caroline plapperte etwas, doch ich hörte es nicht. Mein Blick starrte auf die Stelle am Boden, wo ein kleines Tütchen mit weißem Inhalt lag. Ich hob es auf und betrachtete es in meiner Handfläche. Sie würde es nicht merken, zumindest nicht so schnell… und sie hätte mich nicht in Verdacht. Ich umschloss das Tütchen mit der Hand und zuckte zu meiner Hosentasche, dann hielt ich inne und schloss fest die Augen. Nein Bella, nicht, das würde deine Probleme nicht lösen! Ich biss mir auf die Lippe und spürte immer noch das Tüten, von dem ich mir eine so große Erleichterung versprach, in meiner Hand. Unpassend schossen mir Tränen in die Augen, als ich meiner Hand befahl sich in Richtung von Carolines Jackentasche zu bewegen. Als wäre alles in mir traurig darum… „Bella?“ Nun machte ich eine schnellere Bewegung und tat so, als sortierte ich die Jacken, als Caroline um die Ecke kam. „Ja?“ „Schön hast du’s hier, selbst eingerichtet?“ „Ja, ich meine teilweise“, ich entfernte mich rasch von der Garderobe, obgleich meine Gedanken immer noch zur Hälfte dort zu sein schienen und nahm das Geschenk vom Tisch, „danke dafür. Ich habe leider keins für dich“, sagte ich ehrlich. Caroline machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nicht der Rede wert. Ich habe es weder erwartet noch verdient.“ Sie lächelte unsicher. Ich öffnete die Schleife und dann die quadratische Schachtel. Nicht gut, war mein erster Gedanke, als ich den Deckel abgenommen hatte. Darin befand sich ein – edel und teuer aussehender – Likör mit Gläsern und einem Buch speziell zu diesen Likör. „Danke, dann kann ich dir wenigstens etwas zu trinken anbieten. Tut mir leid, ich habe gar nichts da, weil ich eben erst wiedergekommen bin“, log ich gekonnt, „hast du etwas dagegen wenn…“ Ich deutete auf die Flasche, die ich nun aus der Schachtel herausgehoben hatte, während wir einander neben dem Esstisch immer noch gegenüber standen. „Ach quatsch nein“, sagte Caroline und holte die Gläser aus der Geschenkschatulle. Ein Gläschen… immerhin hatte ich Besuch. Das würde sich wohl rechtfertigen lassen, dachte ich und doch fiel es mir schwer einen Schluck zu nehmen. Ich hatte den Alkohol jedes Weihnachtsfest bisher erfolgreich gemieden und hiermit würde eine Hemmschwelle fallen, dessen war ich mir sicher. „Warum bist du nicht bei deiner Familie?“, wollte ich nach einem Schluck wissen, damit ich das Glas nicht in einem Zug leerte. „Mein Vater ist ganz spontan zu irgendeiner Charitygala heute Abend gereist. Luke ist dieses Weihnachten wegen seiner Freundin erst gar nicht gekommen, na ja und meine Mutter ist kein Weihnachtsfan.“ Da wären wir zwei, dachte ich und nickte über meinem Glas. „Caroline?“, fragte ich nach einer Weile der Stille, „Kokst du immer noch?“ Das war eine forsche Frage, aber eine gute um zu testen wie ehrlich sie es mit mir meinte, denn ich wusste, dass sie es tat. Sie sah mich lange an. „Nein. Das tue ich immer nur, wenn Luke da ist… Abwechslung…“ Sie log mich an. Kein guter Neustart. Ich sagte nichts, sondern schenkte uns beiden, wie automatisiert, nach. „Ich weiß, dass das bescheuert ist und bei dem Abendessen- Bella es war dumm, ich weiß. Wie kann ich es wieder gut machen?“ „Hör auf.“ Sie sah mich kurz irritiert an, verstand dann aber, dass ich das Koksen meinte. Sie senkte beschämt den Blick und stellte das Glas neben sich auf den Tisch. „Bella… das soll keine Rechtfertigung oder Ausrede sein, aber… kennst du das Gefühl, dass dir die Decke auf den Kopf fällt?“ Ja, dachte ich prompt. „Oder dass man am liebsten mal weg möchte, einfach abhauen?“ Auch das. „Und wenn Luke kommt- Ich kann wenigstens ein paar Stunden vergessen. Einfach nicht die reiche Vorzeigetochter sein, die das Leben ihres Vater führen soll, einfach abschalten. Ich weiß, dass mir das Koks nicht hilft…“ Sie ließ den Satz in der Schwebe. Ich wusste genau was sie meinte. Nur ich hatte jemanden, für den sich lohnte zu widerstehen, was bei ihr nicht der Fall war. Ich hätte fast Mitleid gehabt, wenn sie nicht erst letztens versucht hätte mir das Zeug ins Glas zu kippen. „Ich muss wieder“, sagte sie, als ich nicht darauf einging und es einige lange Sekunden still war. „Danke dafür“, ich deutete auf das Geschenk und ging ihr hinterher, „schön, dass du da warst.“ Ich wusste nicht wie überzeugend ich war, denn ich wusste selbst nicht, ob ich log oder nicht. „Bis dann mal.“ Sie nahm ihre Jacke und verschwand in die Dunkelheit nach draußen. Es kostete mich einige Überwindung, mehr als ich dachte aufbringen zu müssen und zu können, den restlichen Likör wegzukippen. Mein zweites Glas hatte ich vorher jedoch noch geleert. Ich setzte mich kraftlos auf einen Esszimmerstuhl und wollte gar nicht darüber nachdenken, was ich erstens, entgegen meiner weihnachtlichen Prinzipien, gerade getrunken hatte und zweitens was ich, erst recht entgegen meiner weihnachtlichen Prinzipien, eben fast an mich genommen hatte. Das Telefon klingte und riss mich aus meinem Gedankenschwall. „Bella Cullen.“ Meine Stimme klang seltsam rau. „Hallo Liebes“, Edward, „kann ich gleich vorbeikommen?“ Wieder war ich über den Anrufer mehr als überrascht. „Ja, sicher, ich meine… jetzt schon?“ „Ich berichte dir später… Dann bis gleich ja?“, sagte er eilig und legte, nachdem ich letzteres bejaht hatte, sogleich auf. Merkwürdig. Ich war mir ziemlich sicher, dass der Tag bei den Cullens heute nicht so verlaufen war, wie ich es gedacht hatte bzw. wie es gedacht war. Edward war nie so früh am Abend des Fünfundzwanzigsten zu mir gekommen. Kaum Freude loderte in mir auf, denn sie wurde erstickt von Misstrauen, welches immer mehr von Angst überschattet wurde. Ich stand bereits an der Tür, als es klingelte und riss sie sofort auf. Seinen Begrüßungskuss erwiderte ich kaum, sondern sah ihn, als er eingetreten war und „Frohe Weihnachten“ gewispert hatte, drängelnd an. Dass er über mein Gesicht, die Situation und mein Verhalten nicht lächelte, war eindeutig: Es war etwas nicht so gelaufen wie geplant. Ich konnte mich gar nicht richtig – um nicht zu sagen gar nicht – freuen ihn zu sehen. Zu sehr grummelten unbestimmte aber vor allem unangenehme Gefühle in meiner Magengegend. Edward legte seine Jacke beiseite, zog, fast langsam, seine Schuhe aus und legte einen Arm um meine Taille, als er mit mir ins Wohnzimmer ging. „Warum kannst du jetzt bereits bei mir sein?“, fragte ich direkt, nachdem wir einander auf der Couch gegenüber saßen. Ich hielt seine beiden Hände in meinen. „Weil ich zu Hause nicht mehr sein muss“, begann er und berichtete dann ausführlich von dem heutigen Weihnachtstag: „Nela hat heute sehr lange geschlafen, also wirklich geschlafen, sie ist gestern erst weit nach Mitternacht ins Bett gegangen, und erst um kurz nach zwölf aufgestanden. Sie blieb dann erstmal in ihrem Zimmer, bis Esme hoch ging und sie fragte, ob sie nicht runter kommen wollte. Sie kam dann auch endlich, hat sich aber nur vor den Fernseher gesetzt“, es lag so viel Bitterkeit in seiner Stimme, dass es mir das Herz entzwei riss, „Als Alice dann zu ihr ging und fragte, ob sie ihre Geschenke nicht auspacken wollte, antwortete sie nur, dass sie auch keine für uns habe und daher auch keine wolle.“ Ich verdrehte die Augen und seufzte. Er grinste schmal. „Du hättest dasselbe getan.“ „Jetzt schieb mir nicht ihre Sturheit in die Schuhe“, sagte ich empört. Wir lachten kurz auf, wurden aber wieder ernst. Dann fuhr Edward fort: „Sie hat dann irgendeinen sinnlosen Krimi gesehen“, ich auch, dachte ich, „und ist mit einem Teller Essen wortlos auf ihr Zimmer gegangen. Diesmal bin dann hoch gegangen und habe versucht mit ihr zu reden, doch sie hat nur kühl erwidert, dass sie keine Lust habe ‚heile Welt’ zu spielen, dann könne man Weihnachten auch ganz sein lassen. Sie meinte, dass sie nicht mit Lügnern sprechen wolle und wenn es eben bis zu ihrem Geburtstag dauerte, dann brauchte sie bis dahin auch gar nicht mit uns zu reden. Na ja und dann hat sie die Tür von innen abgeschlossen, was überflüssig ist, denn wir würden nicht gegen ihren Willen ihr Zimmer betreten, und ist bis jetzt auf ihrem Zimmer geblieben.“ Edward sah niedergeschlagen auf seine Hände in den meinigen. „Es tut mir so leid. Das ist nicht fair“, murmelte ich und sah ihm direkt ins Gesicht, „sie darf euch – dich – nicht so verurteilen.“ Edward sah schnaubend auf. „Wenn wir nur wüssten, was sie den ganzen Tag an ihrem Computer macht. Ich glaube kaum, dass sie Karten spielt…“ Ich nickte. „Was ist denn mit Emmett? Kommt er an sie heran? Rosalie und er sind doch jetzt bei euch oder?“ „Ja, aber es ist sinnlos. Mit Emmett wechselt sie mal ein paar Worte zwischen Tür und Angel, aber auch er darf nicht in ihr Zimmer, geschweige denn wissen, was sie am PC macht“, Edward atmete schwer, „Immerhin hat sie in den Urlaub eingewilligt, aber ich musste ihr zugestehen, ihren Laptop mitnehmen zu dürfen.“ „Das hat sie verlangt? Nur für eine Woche?“ Ich machte große Augen. „Ja“, sagte er knapp. Ich hielt die Tränen zurück und fiel ihm um den Hals. „Oh Edward.“ Jetzt erst fiel mir auf wie verzweifelt ich mich nach ihm gesehnt hatte und ihn so betrübt zu sehen, brach mir das Herz. Er schloss die Arme fest um mich und sagte mir ins Ohr: „Aber es gibt auch noch einen anderen Grund weshalb ich eher da bin, selbst wenn Nela mit uns gefeiert hätte.“ Ich wich von ihm zurück, um ihm in die Augen zu sehen. Er strich eine Träne, ich hatte sie nicht bemerkt, von meiner Wange und langte mit selbiger Hand dann hinter sich. Er hielt zwischen Zeige- und Mittelfinger ein Tütchen mit weißem Pulver. Ich starrte es mit offenem Mund an. „Woher hast du das?“, fragte ich mit bröckelnder Stimme. „Es lag bei der Garderobe.“ Ich machte ein gequältes Gesicht. „Edward, ich- als Caroline-“ „Ich weiß, dass du es zurück in Carolines Jackentasche getan hast, Alice hat es gesehen-“, begann er mit sanftem Ton, doch ich unterbrach ihn: „Diese miese, hinterhältige-“ „Nein“, sagte Edward entschieden, „ich glaube nicht, dass es Absicht war.“ Ich senkte den Blick. Ich war mir nicht sicher. Schlimmer noch fand ich, dass er mitbekommen hatte, wie schwach und anfällig ich für Drogen zu sein schien. Es nagte an meinem Stolz. „Außerdem…“, ich sah wie er das Tütchen auf den Couchtisch legte und mein Gesicht an meinem Kinn anhob, die andere Hand legte er um meinen Rücken und küsste mich leidenschaftlich, „schmeckst du nach Likör…“ Ich sah ihn erschrocken an. Das merkte er?! „Alice hat es gesehen“, sagte er erklärend auf meinen Blick hin. Er küsste mich noch einmal und flüsterte mir dann ins Ohr, während meine Wange seine streifte: „Wir haben uns noch gar nicht beschert.“ „Meins zuerst“, sagte ich prompt, stand auf und nahm seine Hand. „Wie du willst“, sagte er grinsend und stand auch auf, doch als ich gerade zwei Schritte mit ihm gemacht hatte, klingelte sein Handy und er ging rasch dran. „Hmmm“, machte er und nickte mehrmals, „ja ist gut, okay.“ Ich sah ihn fragend an. „Alice. Nela will mich sprechen“, er schien aufgeregt, „Alice hat ihr gesagt ich wäre mit Jasper jagen, der wartet an der Straße auf mich“, erzählte er rasch und sah mich dann mitleidig an, „tut mir leid Süße, ich versuche so schnell wie möglich wieder zu kommen, ja?“ Er zog mich an der Hand zu sich, drückte mir einen Kuss auf den linken Mundwinkel und war verschwunden. Sobald die Tür ins Schloss fiel, sackte ich kraftlos auf den Boden. Ich seufzte. Warum war alles nur so schwierig?, schoss es mir durch den Kopf. Ich senkte die Lider und versuchte tief ein und aus zu atmen, um mich zu beruhigen. Ich fühlte mich zerbrechlich, irgendwie angegriffen. Ich rappelte mich auf und setzte mich müde auf die Couch. Ich starrte mit leerem Blick geradeaus. Ich konnte Nela ja verstehen, es war beschissen belogen zu werden, jahrelang, aber musste sie Edward so wehtun und so nachtragend sein? Doch gleichzeitig wusste ich, dass ich genauso reagieren würde. Ich schüttelte den Kopf zu mir selbst und griff nach der Fernbedienung. Es wird Zeit für irgendeinen hirnlosen Blödsinn. Ich zog meine Hand zurück. Mist, dachte ich sofort und wich ein wenig auf die Couch zurück. Edward hatte das Koks hier liegen lassen. Warum hatte er nicht daran gedacht es mitzunehmen?!, fragte ich flehend in Gedanken, doch es war zu spät. Sekundenlang starrte ich es an und bekam vor Begierde, meine Sorgen wenigstens kurzzeitig loszuwerden, eine Gänsehaut am ganzen Körper. Ich atmete langsam ein und aus um mich zu beruhigen. Das durfte ich nicht, nein, nein, nein, nein!, schrie ich mich in Gedanken an und doch handelte mein Körper eigenmächtig und nahm die Tüte in die Hand. Nur ein bisschen… nur einmal… Mir liefen die Tränen die Wange entlang, als ich das Tütchen zurück auf den Couchtisch legte. So sehr sehnt sich alles in mir nach ein paar Augenblick Glück und Ruhe. Nein, ich durfte das nicht… einmal vernünftig sein… ich ertrug das schon… Ich sprang auf, nahm das Zeug und spülte es endgültig im Klo runter. Ich kniete mich vor die Toilette und legte die Ellebogen auf dessen Deckel. Das mit Tränen übersäte Gesicht begrub ich in den Händen und schluchzte. Ich wusste gar nicht warum ich jetzt hier hockte und weinte, doch es tat gut. Sich einfach mal gehen lassen zu dürfen. Ich atmete dreimal tief durch, zählte bis zehn und stand dann auf und ging wie mechanisch in die Küche, um mir wahllos irgendetwas zu essen zu machen. Ich hatte kein Zeitgefühl und war überrascht, als die Uhr erst halb sieben zeigte. Es fühlte sich an, als wäre es mitten in der Nacht. Ich schob mir eine Tiefkühlpizza in den Ofen und setzte mich daneben auf den Küchenboden. Ich hielt mein Telefon zwischen den Fingern und grub die Finger der anderen Hand in mein Haar. Mein Kopf war leer und ich ging einfach nur Gedanken nach, die ins Nichts führten. In ein Nichts das sich dadurch auszeichnete, dass es mir nichts, nichts schwieriges, nichts kompliziertes, nichts zum drüber nachdenken, vor Augen führen wollte. Das Telefon in meiner Hand klingelte. „Edward“ blickte es auf dem Display. Ich drückte den grünen Knopf und legte das Telefon ans Ohr ohne etwas zur Begrüßung zu sagen. „Bella?“ „Ja?“, ich räusperte mich, mein Hals war trocken. „Nela und ich machen uns gleich schon auf dem Weg in den Urlaub-“ „Das wollte sie?“, unterbrach ich ihn ungläubig. „Ja- nein, nicht ganz“, er machte eine kurze Pause, „sie wollte, dass wir nicht wie ursprünglich geplant in Kanada Ski fahren gehen, sondern in Österreich.“ „Europa?! Wie kommt sie denn darauf?“, fragte ich entsetzt. „Keine Ahnung, das wollte sie nicht sagen. Sie sagte nur, dass das ihre Bedingung wär’, wenn wir in den Urlaub fahren sollten und, dass wir sofort fahren sollten.“ Edward Stimme klang merkwürdig weit weg. „Edward… Österreich ist… ungünstig“, sagte ich schließlich und ich dachte an die Volturi, sprach aber einen anderen Kritikpunkt, da ich nicht paranoid klingen wollte, an, „wie willst du das machen, dass sie nicht auf Menschen trifft? In Kanada ist das einfach, hier gibt es sehr viele abgelegen Orte, aber in Österreich?“ „Jasper wird uns zu meinem Flugzeug bringen. Wir werden in Österreich in einem Tal landen und von dort direkt hoch zu einer Berghütte. Ich werde dafür sorgen, dass Nela niemanden zu Gesicht bekommt und es auch nicht darauf anlegt. Denn das war meine Bedingung“, erklärte er. „Dieses Kind hat nur Flausen im Kopf“, seufzte ich leichthin, doch ich hatte mehr Angst, als ich zugab. „Ich passe schon auf“, Edward atmete tief und aus, „Bella es tut mir leid, dass wir uns nicht nächster Zeit erstmal nicht sehen können…“ „Das macht nichts“, log ich nicht sehr überzeugend, da ich mir sicher war, dass der Ton meiner Stimme nicht selbiges bezeugte, „versuch deine Beziehung zu unserer Tochter zu verbessern und macht euch ein paar schöne Tage.“ Ich fand, dass es wie auswendig gelernt klang. „Ich komme zu dir sobald ich kann“, flüsterte er fast, „ich liebe dich.“ „Ich dich auch und… pass auf dich auf ja?“ Er machte eine kurze Pause in der er sehr leise hüstelte. Ich wusste es besser, er lachte. „Immer“, sagte er dann aber ernst und legte auf. --------- Bin auf Kommis gespannt :):):) Kapitel 20: Skiurlaub --------------------- Hallo ihr lieben Leser!!! Ich bin gut erholt aus dem Urlaub zurück! Ich habe massig (!) Ideen gesammelt, das sich mit den schreiben gar nicht mehr hinterher komme :D Hatte sogar schon wage Ideen für einen 3. FF, als Fortsetzung von innermost :D aber egal^^ Das folgende Kapitel, bzw. der Teil aus Edwards Sicht, ist mit anregung von nicki1984 entstanden. Sie hat mich auf die Idee gebracht :D thx *pflicht erfüllt*^^ Übrigens, aus Bulgarien: http://img199.imageshack.us/i/bulgarieninfiniteinnerm.jpg/ http://img36.imageshack.us/i/bulgarieninfiniteinnerm.jpg/ das hab ich in bulgarien am strand gemacht ^^ (Innermost ist die fortsetzung von infinite^^). die muscheln haben auch ne bedeutung... ich musste irgendwie total an ein "pärchen" denken als ich die gesehen hab und dann an edward und bella. eben deren zusammenhalt, obwohl alles so schwierig ist für sie... und bei dem "innermost-bild" sind das dieselben muscheln nur eben umgedreht (kann man alles nicht so gut erkennen leider ), weil es in der fortsetzung eben um das innere geht, um tiefergehendes... so viel zu meiner klitze kleinen metapher ^^ Jetzt aber genug der Vorrede und das Kapitel ;) ------------------- Ich nahm die Pizza, die etwas zu dunkel geworden war, aus dem Ofen, nicht ohne mich am heißen Blech zu verbrennen, und setzte mich auf die Couch. Den Teller mit der Pizza legte direkt vor mich auf den Couchtisch. Ich zog die Beine an meinen Körper und schlang die Arme darum. Den Kopf legte ich auf meine Knie, während ich die Pizza vor mir liegen sah. Doch ich sah sie nicht an, ich sah hindurch. Bloß nicht durchdrehen Bella, locker bleiben, nicht wieder in ein tiefes Loch fallen, bleib munter, versuchte ich mich zu motivieren. Es fiel mir schwer. Mein Weihnachten war schlimmer als sonst, Nela hatte nur Unsinn im Kopf und verletzte Edward, den ich die nächste Zeit nicht sehen würde. Hoffentlich hatte ich dann kein Unsinn im Kopf. Ich schnaubte belustigt auf. Nein, das Koks war Geschichte… Ich verschlang ein Stück Pizza nach der anderen in einem solchen Tempo, Hunger hatte mich schlagartig überkommen, dass mein Hals vom schlucken schmerzte. Ich lief in die Küche und machte mir eine zweite. Es war ja nicht so, als dass ich nicht frische Lebensmittel da hatte, aber die Lust am kochen war mir vergangen. Eine Tiefkühlpizza in sich hinein zu schieben, während man Möglichkeit und Muße besaß, um sich etwas Gesünderes zu machen, hatte etwas Deprimierendes. Das brauchte ich jetzt. Ich ging hoch und zog eine alte Jogginghose und einen gefütterten viel zu großen Pullover (beide Sachen waren aus meinem Kleidungsbestand – nicht aus Alice’ natürlich). Ich stieg in die Hausschlappen und trottete wieder herunter. Ich stellte den zweiten Teller neben den leeren ersten, ich hatte momentan nicht das Verlangen danach Ordnung zu halten, und mümmelte gerade am zweiten Stück, als es an der Tür klingelte. Ich legte das Stück gerade zurück auf den Teller, als schon Alice’ breit lächelndes Gesicht um die Ecke erschien. „Ja so in etwa hab ich es mir vorgestellt“, sagte sie lachend und augenblicklich erschienen nach ihr Emmett und Jasper, was unwillkürlich ein steifes, aber immerhin, Lächeln auf meine Lippen zauberte. „Entschuldige die Tür war offen“, ergänzte Alice rasch. „Was macht ihr denn hier?“, fragte ich genauso unbeabsichtigt wie mein Lächeln. „Wir wollen deine Wände tapezieren“, lachte Emmett, der sich sogleich neben mich setzte, Jasper und Alice standen neben dem Couchtisch, und mit dem Finger meine Nase anstupste, „wir wollen mit dir Weihnachten feiern, du Dummerchen.“ Ich lächelte schwach. „Jetzt wo Edward und Nela weg ist, haben wir keine Ausrede mehr nicht dich besuchen zu können“, zwitscherte Alice. „Und… Rosalie?“, fragte ich zögerlich. „Sie ist mit Carlisle und Esme in ein Konzert gegangen“, antwortete Emmett. Ich nickte nachdenklich. „Schön, dass du da bist“, sagte ich zu Emmett und schluckte ein paar Tränen hinter. „Ach Kleines“, sagte er liebevoll und nahm mich in den Arm. Ich presste die Lippen an seiner Schulter aneinander, um nicht loszuheulen. „Wir machen dir mal was zu essen“, hörte ich Alice sagen und sah kurz zu Jasper und ihr herüber. Erst jetzt entdeckte ich die Tüten in ihren Händen. Ich sah noch wie sie einen missbilligenden Blick auf meine Pizza warf und beide Teller dann mit in die Küche nahm. „Ich soll dir noch etwas von Carlisle ausrichten“, sagte Emmett, als ich mich von ihm gelöst hatte und er eine meiner Hände in seinen beiden hielt und tätschelte, „er appelliert inständig an dich, nicht mal einen Gedanken an Drogen zu verschwenden. Und ich tue das auch.“ Er sah mir tief in die Augen. Ich senkte den Blick, da ich seinem nicht standhalten konnte und nickte. Er duckte sich, um mir trotz allem wieder in die Augen sehen zu können. „Bella wirklich“, sagte er eindringlich, „selbst Alkohol kann ungeahnte Folgen für dich haben, sagt Carlisle.“ „Ist okay. Ich- ich nehme nichts, versprochen.“ Emmett nickte sanft lächelnd. „So und jetzt machen wir irgendwas lustiges, du lachst gar nicht mehr.“ Ich habe auch nicht viel zu lachen, ging es mir durch den Kopf. „Zuerst essen wir“, fuhr Alice dazwischen. Ich sah auf. Der Esstisch war schon gedeckt. „Wir?“, fragte ich irritiert. „Ja, wir leisten dir Gesellschaft. Ist bestimmt interessant. Vielleicht finden wir zwischen all dem hier“, sie machte eine ausfallende Handbewegung über den Tisch, „Abstufungen zwischen eklig und richtig eklig und weniger eklig.“ Emmett und ich schritten zu dem Esstisch. Ich erkannte, dass es scheinbar deren – Nelas – Weihnachtsessen zu Hause gewesen sein musste, denn diese vielen verschiedenen Gerichten hätten selbst zwei Vampire nicht in so kurzer Zeit in meiner Küche bewerkstelligen können. „Das ist nicht dein ernst“, fragte Emmett und sah Jasper Hilfe suchend an. Ich lachte auf. „Ihr müsste das nicht tun“, sagte ich und grinste breit, als ich Emmetts flehendes Gesicht in Richtung Alice sah. „Keine Widerrede“, sagte letztere und setzte sich sogleich an den Tisch. Lachend setzte ich mich ihr gegenüber, während Emmett neben mir und Jasper neben Alice Platz nahm. „Wenigstens einer hat seinen Spaß“, grummelte Emmett in meine Richtung, doch ein Grinsen konnte er sich dann doch nicht verkneifen. Gespannt blickte ich die anderen an. Mein breites Grinsen entging ihnen nicht. „Schadenfreude, huh?“, kam es von Emmett. „Bei Edward macht sie eine Ausnahme. Bei ihm entschuldigt sie sich tausendmal, wenn er zum Abendessen mit muss, bei uns nicht“, murmelte Jasper, doch auch er verzog das Gesicht zu einem schiefen grinsen. „Das ist nicht fair, ihr macht das hier freiwillig, das Abendessen war-“ „Bah!“, unterbrach mich Alice mit einem verzerrten Gesichtsausdruck, „probier das hier mal. Absolut abartig.“ Sie hielt Jasper eine Gabel mit Bratkartoffeln hin. „Danke Alice, aber ich habe selber genug davon“, seufzte Jasper, „wir können nur beten, dass wir jetzt auch nicht menschlich werden…“ „Wehe“, knurrte Emmett und sah seitlich zu mir, „Hey! Du musst auch essen! Für wen veranstalten wir denn das ganze Theater?!“, sagte er ernst, begann jedoch dann zu lachen. Ich musste einstimmen. Ich räusperte mich amüsiert und widmete mich meinem Teller, den ich sogleich mit noch etwas Salat belud. Am Ende stellten die drei eine Rangordnung auf und einstimmig wurde der Salat auf Platz eins der ekligsten Menschenessen gesetzt. Dicht gefolgt von Kartoffeln und dem Fisch. „Ist ja auch kein Wunder, dass ist Essen, das unser Essen isst“, murrte Emmett, der den Salat von sich weg schob. „Danke, wie-“ „Du könntest das Geschenk für Edward uns vorführen“, antwortete Alice, als dass ich die Frage nach Wiedergutmachung gestellt hatte. „Ich habe gesehen wie du dir Klavierhefte gekauft hast. Aber ich habe strikt nicht daran gedacht.“ „Ähm“, machte ich und senkte den Blick. Eigentlich hatte ich ihm das vorhin vorspielen wollen, ihm zeigen wollen- Ach was soll’s, jetzt ist sowieso alles egal. „Wenn du nicht willst-“, begann Jasper, scheinbar hatte mein Gesicht wieder Bände gesprochen. „Nein, nein ist schon okay, aber ihr dürft nicht lachen“, wand ich schnell ein. „Bestimmt nicht“, ermunterte Emmett mich, „und wenn dann nur ein ganz kleines bisschen.“ Er zeigte mit dem Daumen und dem Zeigefinger einen Zentimeter Abstand an. Ich grinste und boxte ihm in die Seite (zumindest versuchte ich es). „Ihr könnt ja schon mal mit hochkommen, ich geh mir nur schnell etwas anderes anziehen, sonst stört das an den Armen“, sagte ich deutete auf die schlabbernden Ärmel. „Klar, das ist der einzige Grund“, hörte ich Alice hinter mir grummeln, während ich schon die Treppen hoch taperte. Als ich das Klavierzimmer – nun in T-Shirt – betrat, saßen Emmett und Jasper bereits auf dem verschnörkelten Sofa. Alice stand neben dem Klavier und blätterte das Liederheft durch. „Du hast dir aber auch wirklich das bekümmernste Stück ausgesucht“, stellte sie fest und legte es dann, an der richtigen Stelle, aufgeschlagen zurück. Ich setzte mich ans Klavier. Sie nahm seitlich neben mir Platz. Ich begann zu spielen. Nicht gut, aber einigermaßen erkennbar fand ich. „Entschuldige Bella, aber leider leider kommst du nicht ganz, es war aber auch knapp, an Edward heran“, witzelte Emmett, nachdem ich geendet habe. Ich streckte ihm die Zunge raus, obwohl mir eher nach weinen zumute war. Ich blinzelte ein paar Tränen weg, damit die anderen es nicht bemerkten. Alice strich mir über den Rücken, sie hatte es gesehen. Edward Sie hatte nicht mit mir gesprochen, kein einziges Wort. Weder die Fahrt zu Flughafen, noch den Flug, noch den Weg vom Landeplatz zu unserer Hütte. Doch das war nicht das Schlimmste. Darauf war ich vorbereitet. Das Schlimmste war, dass sie mich nicht ansah. Dass sie mich komplett ignorierte, selbst wenn ich versuchte ihren Blick aufzufangen. „Wo ist mein Zimmer?“, war das erste, das sie seit Stunden gesagt hatte, als wir unserer Berghütte ankamen. „Hier rechts sofort.“ Sie nickte, sah mich allerdings nicht richtig an. Es war eher, als sähe sie durch mich hindurch. Sie nahm ihren Koffer, der neben mir stand und ging in ihr Zimmer. Sie schloss die Tür hinter sich. Ich ging seufzend zur offen stehenden Eingangstür und sah auf die mit Schnee behangenen Bäume. Weit und breit war keine Menschenseele, zumindest keine, die ich hören konnte, aber Bella war da ja auch die absolute Ausnahme. Bella… Ich seufzte wieder und setzte mich auf die Türschwelle. Sie tat mir so leid. Sie musste so leiden, ohne, dass ich etwas daran ändern konnte und jetzt war ich auch noch tausende von Kilometern von ihr entfernt. Ich wand mich um, denn ich hörte Schritte die sich der Zimmertür von Nela näherten. Sie schritt heraus und kurz sah ich sie lächeln. Ein schmunzeln, ganz kurz, dann bemerkte sie meinen Blick und setzte dieselbe abweisende Miene auf, die ich die letzten Stunden betrachtet hatte. Sie suchte nach dem Bad. Da sie nicht fragte, sagte ich ihr es auch nicht. Wenn ich es ihr hätte sagen sollen, hätte sie gefragt. Warum hatte sie gelächelt?! Mich ließ der Gedanken nicht los, nicht, dass ich ihn nicht schön fand, doch das war mehr als seltsam. Ich stand auf und ging zu ihrer offenen Zimmertür und blickte hindurch. Sie hatte ihr Zimmer binnen Sekunden in ein Durcheinander aus Kleidungsstücken, Handtüchern und sonstigem Inhalt ihres Koffers verwandelt. Doch ich erkannte warum. Sie hatte den Laptop aus ihrem Koffer genommen. Der stand hochgefahren, aber zugeklappt auf ihrem Tisch. Was tat sie daran, dass sie lächeln ließ? „Was hast du gemacht?!“, schrie sie plötzlich. Sie stand neben der Badtür und schritt energisch zu mir. „Nichts“, sagte ich wahrheitsgemäß. Sie funkelte mich verächtlich an und knallte die Tür hinter sich. Das würde ja ein klasse Urlaub werden, dachte ich, aber mehr traurig als verärgert. Ich wollte sie nicht belügen und doch gab Bella so viel für diese Lügen auf, dass ich ihr unmöglich in den Rücken fallen konnte, nur um mein Gesicht zu wahren. Für Nelas Leben tat sie alles, somit ich auch. Doch es tat weh. Ohne Zweifel. Wieder flog ihre Zimmertür auf. Diesmal war sie komplett umgezogen. „Was hast du vor?“, fragte ich neutral. Sie ging nicht darauf ein, sondern griff nach dem Umgebungsplan auf dem Esstisch, den ich im Dorf bekommen hatte. Sie überflog ihn kurz und schien dann rausgehen zu wollen. „Darf ich bitte wissen wo du hingehst?“, fragte ich und versuchte die Schärfe aus meinem Ton zu nehmen. Sie blieb stehen und warf einen seitlichen Blick über die Schulter. „Ich erkunde etwas die Gegend. Keine Sorge, ich bin vor Einbruch der Dunkelheit wieder da und werde mich nicht in der Nähe von Menschen aufhalten.“ Ich überlegte, ob ich sie zurückhalten sollte, doch ich ließ sie gehen. Ich vertraute ihr, auch wenn ihr gleiches mir gegenüber schwer fiel. Warum sollte ich sie hier festhalten? Ich fand es nicht gut, dass sie alleine raus ging, doch sie war eine ausgezeichnete Skiläuferin und ihr würde mit Sicherheit nichts zustoßen. Zwar würde Alice es mir nicht sagen können, da ich hier in den Bergen kein Empfang bekam, doch als waghalsig schätzte ich sie nicht ein. Zur Dämmerung war sie wieder da. Sie schien für die lange Zeit, in der sie weg gewesen war, aber weder nass, noch erschöpft zu sein. Ihre Wangen waren sogar gerötet, als wäre ihr zu warm. Obwohl… Bellas Wangen färbten sich auch öfter rot, wenn sie fror, verglich ich. „Hast du eine schöne Fahrt gehabt?“, erkundigte ich. „Ja, sehr gut“, sagte sie trocken. Allerdings bei weitem nicht so kalt wie sonst. Scheinbar war es wirklich eine gute Fahrt gewesen. „Hunger?“ „Nein.“ Sie verschwand in ihr Zimmer. Das nahm ich ihr nicht ab. Sie war den halben Tag unterwegs gewesen. Ich packte ein paar Vorräte, die ich Dorf besorgt hatte, aus und warf ein paar Eier in die Pfanne. Sie würde schon Hunger bekommen, schließlich war sie ein Mensch. Ich grinste. Ich hörte wie sie leise in ihrem Zimmer kicherte. Das machte mich alles anderes als glücklich – im Gegenteil. Ich wurde zusehends misstrauischer. Ich wollte sie gerne fröhlich sehen, doch was tat sie bloß?! „Nela? Ich habe dir etwas zu essen gemacht.“ Ich klopfte mit der einen Hand an ihre Tür, während ich in der anderen den Teller hielt. Ein paar Augenblick war nichts zu hören, dann knirschte ihr Stuhl und nach wenigen Schritten öffnete sie die Tür. „Danke“, sagte sie kurz angebunden und wollte gerade wieder die Tür schließen, als ich die Hand dagegen hielt und ihr diesmal direkt in die Augen sah. „Ist alles okay mit dir?“ „Ja, alles bestens, danke“, sagte sie jetzt wieder eiskalt und wich meinem Blick aus. Diesmal ließ ich sie die Tür schließen und ging langsam in mein Zimmer. Was sollte ich mich ihr aufdrängen? Es würde nichts nützten. Nicht mal die anderen, nicht mal Emmett, hatte eine Chance bei ihr gehabt. Eigentlich war mein Zimmer das Schlafzimmer. Nelas dagegen ein Arbeitszimmer in das ich ein Bett hatte reinstellen lassen. Ich wusste, dass sie mit Sicherheit ein eigenes Zimmer für sich haben wollte. Ich packte automatisch meine Kleidungsstücke in den Schrank. Wie lange würden wir wohl bleiben?, ging es mir durch den Kopf. Ich würde es Nela entscheiden lassen. Was blieb mir auch anderes übrig? Mit Zwang erreichte man bei ihr gar nichts. Wir hatten sie so oft gezwungen… nicht, dass es nicht notwendig war, aber genützt oder gebessert hatte es nichts. Es hatte lediglich ihr Leben gerettet… lediglich… „Papa?“ Ich horchte auf. Das hatte sie lange nicht gesagt. Sie war eine direkte Anrede seit langem umgangen. Ich rauschte zu ihr. Sie stand unschlüssig im Vorraum und sah sich um. Als sie mich sah, lächelte sie schmal. Zwar sehr schmal, aber immerhin. Ich erwiderte es herzlich. Ich sah bereits an ihrer viel lockereren Haltung, dass sie mir in diesem Moment nicht so feindlich gesinnt war. „Okay“, begann sie und streckte mir eine Hand hin, „Waffenstillstand. Aber nur für den Urlaub, ich bin immer noch sauer.“ Sie schmunzelte, doch ich wusste, dass sie es trotzdem ernst meinte. Ich legte meine Hand nickend in ihre und zog sie an der Hand mich heran. Ich drückte sie fest an mich. Sie erwiderte die Umarmung nach kurzem überlegen. Dann ließ ich sie los, sie lächelte mich noch kurz an und ging wieder in ihr Zimmer. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht ging die Küche aufräumen. Das war ein erster Schritt. Draußen war es schon sehr finster und die Uhr zeigte bereits nach Mitternacht an, als ich Nela immer noch in ihrem Zimmer herumtapern hörte. Doch ich machte ihr keine Vorschriften, sie war alt genug. Ich lag auf dem großen altmodischen Doppelbett und sah fern. Zumindest ab und zu. Hin und wieder sah ich auch hinaus in die mondbeschienene Schneelandschaft und dachte nach. Über die Situation, die Zukunft, über Bella, über Nela. „Papa?“, hörte ich wieder Nelas zarte Stimme, wie heute Abend. Es war bezaubernd, dieses Wort wieder in ihrem Mund zu hören. Sie öffnete langsam, die nur angelehnte Tür und sah mit dem Kopf hindurch. Als sie mich entdeckte, schritt sie herein. „Darf ich bei dir schlafen?“ Nun erkannte ich nicht die kühle sich verraten fühlende junge Frau in ihr, sondern ein Kind. Mein Kind. Mein kleines Mädchen, das Zuneigung und Nähe suchte und nicht Distanz und Kälte. Sie trug bereits ihren Schlafanzug und hielt ihr mitgebrachtes Kissen unter einem Arm. Ich lächelte sanft und breitete meine Arme als Antwort aus. Sie erwiderte mein Lächeln, lief auf mich zu und ließ sich in meine Arme fallen. Ich griff nach der Decke, die ich um sie wickelte, wie ich es damals immer bei Bella getan hatte, und schloss die Arme dann fest um sie. „Dir ist dein Bett zu hart oder?“, fragte ich einen Hauch neckend. Sie zuckte nur mit den Schultern und legte einen Arm über meinen Bauch. Die Augen hatte sie bereits geschlossen. Dass sie dies nicht sofort bejahte, wunderte mich, denn das hieße, dass sie wegen mir hier war. Woher kam der plötzliche Sinneswandel? Ich schaltete den Fernseher aus und sah auf sie herab. Ihre Brust hob sich langsam. Sie schien schon fast zu schlafen. Ich drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Ihre Mundwinkel hoben sich ein paar Millimeter und ihre Hand griff fester in meinen Pullover. Dann schlief sie wirklich ein. Sie so im Arm zu halten erinnerte mich an früher, als sie noch kleiner war. Noch keine starke Frau, sondern ein schutzbedürftiges Kind. Ich sah zu ihr hinab. Sie war rasch erwachsen geworden. Sie war klüger als andere Kinder. Sie hatte ja auch nie Umgang mit Gleichaltrigen, mit denen sie fantasievolles und unsinniges ausleben konnte, gehabt. Auch Emmett war da keine Ausnahme. Wir waren alle erwachsen und hatten ihr ein Teil der Kindheit verwehrt. Sie konnte früher als andere menschliche Kinder sprechen, laufen, schreiben und lesen. Sie hatte sich rascher entwickelt als andere, was nicht nur an ihren Genen lag. Dadurch, dass sie nur Erwachsene um sich herum hatte, musste sie früh vernünftig sein. Ich hätte ihr gerne eine menschliche Kindheit gegeben, doch das ging nicht. Ich drückte sie an mich. Sie öffnete leicht den Mund. Ich musste schmunzeln, als ich sie so sah und in ihr nur mein Kind erkannte, so wie es eigentlich auch sein sollte. Doch sie war, äußerlich gesehen, fast so alt wie ich. Wir könnten ein Paar sein. Ich hätte fast aufgelacht, da eine solche Form von Liebe mir nur allzu abstrus vorkam. Auch wenn sie an ihrem siebzehnten Geburtstag in ihrer Entwicklung stehen bleiben wird und wir gleichaltrig aussehen, werde ich in ihr immer nur mein Kind sehen können. Ich strich mit der Nasenspitze über ihren Nasenrücken und ließ sie schlafen. Am Morgen stand ich behutsam aus dem Bett auf und machte ihr Frühstück. Ich wusste nicht, ob der Frieden von gestern Abend weiter andauert bzw. in dieser Form andauerte, doch ein „gemeinsames“ Frühstück wäre den Versuch wert. Gegen neun schlurfte sie dann aus dem Schlafzimmer zur Küche. Ich musterte sie kurz und kam zu dem Schluss, dass sie nicht feindselig aussah. „Rührei oder Spiegelei?“, fragte ich. „Wenn du sowieso beides gemacht hast, dann beides“, gähnte sie und setzte sich an den Tisch. Ich servierte ihr und setzte mich ihr gegenüber. „Sag mal Nela… hast du dir überlegt wie lange wir bleiben wollen?“ Ich hatte Bella gestern nicht mehr anrufen können, da Nela bei mir über Nacht geblieben war und ich es nicht übers Herz gebracht hatte, mich kurz heraus zu stehlen. Ansonsten wäre ich ins Dorf gelaufen, um Empfang zu bekommen. Ich hoffte, dass Emmett und die anderen sie aufheitern konnte, damit sie mich nicht vermisste (ein zugegeben unmögliches unterfangen, bei mir ist es nicht anders). Ich musste einfach wissen, was für Vorstellungen Nela hatte, damit ich Bella direkt Bescheid sagen konnte, wenn ich das nächste Mal die Gelegenheit hatte, sie zu sprechen. Sie musterte mich kritisch und begann dann langsam: „Weiß nicht. Sind wir an irgendetwas gebunden?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Nein, also eigentlich nicht-“ „Gut, dann lass uns ein paar Wochen bleiben“, sagte sie strikt. Ein paar Wochen?! Unmöglich, dass konnte ich Bella nicht antun. „Nela, so lange kann ich nicht bleiben. Du weißt schon, Studium und so-“ „Kein Problem, ich bleibe allein hier“, sagte sie gleichgültig und beobachtete das Rührei auf ihrem Teller. „Sei nicht albern“, versuchte ich es ins Lächerliche zu ziehen, doch ich wusste, wie ernst sie das meinte. Sie sagte nichts und aß Gabel um Gabel. Ich wartete, doch sie schwieg. Als sie aufgegessen hatte stellte sie ihren Teller in die Spüle und verschwand wortlos in ihrem Zimmer. Ich seufzte, als die Tür ins Schloss fiel, stand auf und ging zu eben dieser. „Nela“, ich klopfte gegen die Tür, „können wir bitte reden?“ Einen Augenblick blieb es still, dann kam sie zur Tür. Ich erkannte, dass sie ihren Laptop angemacht hatte. Sie blickte mich erwartungsvoll an. „Warum möchtest du unbedingt hier bleiben? Du warst doch erst gar nicht begeistert von einem gemeinsamen Skiurlaub“, fragte ich nach. „Und? Jetzt bin ich es. Mir gefällt’s hier. Mal was anderes.“ Das konnte ich ihr nicht mal übel nehmen. Sie kam nicht viel raus. „Trotzdem werde ich dich hier nicht alleine lassen, Nela. Also? Einen konstruktiven Vorschlag“, bat ich. „Vier Wochen“, sagte sie mit prüfendem Blick. „Gut, dann anders. Einen realistischen Vorschlag“, korrigierte ich mich. „Drei Wochen“, sagte sie und sah mir direkt in die Augen. Es schien als warte sie nur auf eine auffällige Geste oder Mimik meinerseits. „Nein“, sagte ich schlicht. Selbst Drei Wochen konnte ich Bella nicht antun. Sie war Weihnachten schon so fertig gewesen. „Eine Woche?“ „Zwei.“ Ihre Stimme wurde kühler. „Zehn Tage.“ Und keinen Tag länger, ergänzte ich in Gedanken. „Schön.“ Sie knallte die Tür zu. Es war nicht klug gewesen, sie so zu provozieren, doch notwendig. Ich hoffte, dass sie wieder, wie gestern Abend, auf mich zukam. „Ich gehe ins Dorf ein paar Sachen besorgen“, schob ich als Grund vor, um Bella anzurufen, „möchtest du mit?“, fragte ich trotzdem, denn ich kannte die Antwort. „Nein“, kam es grob aus ihrem Zimmer. Ich nickte zu mir selbst, ging aus dem Haus und lief den Berg hinab (ich machte mir gar nicht erst die Mühe den Lift zu nehmen oder die Skier. Im Dorf angekommen wählte ich sofort Bellas Nummer. „Edward?“, fragte sie sofort. „Ja Bella, hi, wie geht es dir?“ „Gut. Jasper, Alice und Emmett waren Weihnachten noch da gewesen. War ganz lustig.“ Ihre Stimme klang anders. Trocken. „Ich habe vorhin mit Nela gesprochen und ich konnte zehn Tage herunterhandeln. Dass heißt wir kommen nächsten Samstag wieder. Ist das in Ordnung für dich?“ Ich wusste, dass sie niemals ehrlich antworten würde. „Ja klar“, sie machte eine Pause, „Du und Nela… ich meine, wie ist es mit ihr?“ „Mach dir keine Sorgen. Sie hat gestern bei mir geschlafen und war eigentlich ganz gut drauf. Scheinbar gefällt es ihr hier, ich frage mich nur wieso.“ Ich lachte, damit Bella meine Besorgnis nicht merkte. Ich wusste nicht, ob es gelang, denn sie fragte: „Was machte sie denn den ganzen Tag? Sitzt sie an ihrem Laptop?“ „Ja, bislang schon. Oder sie fährt Ski. Allerdings bisher ohne mich. Ich werde sie nachher mal fragen.“ „Gut. Dann… mach’s gut.“ Ich stutzte. Sie war merkwürdig distanziert. „Ich liebe dich.“ „Ich dich auch, bis dann.“ Es klang eher wie heruntergebetet. Sie legte auf. Ich klappte das Handy zu und ließ es in die Tasche gleiten. Nachdenklich ging ich den einzigen Supermarkt im Dorf. Sogleich ging ich wieder heraus und nahm mein Handy hervor. „Ist irgendetwas mit Bella?“, fragte ich sofort, als Alice abhob, „Hast du etwas gesehen?“ „Nein“, Alice schien verblüfft über meine Frage zu sein, „sie ist nur etwas… na ja niedergeschlagen. Zehn Tage und dann nicht mal Uni…“ Natürlich wusste sie Bescheid. „Alice, kannst du dich in nächster Zeit-“ „Klar, Bruderherz. Wie immer. Ich habe schon eine Standleitung auf Bella eingerichtet“, sie gluckste kurz, „Soll ich sie besuchen gehen?“ „Besser nicht. Sie glaubt sonst, ich hätte dich geschickt. Vielleicht später…“ „Ja mal sehen oder Emmett sieht mal nach ihr, solange die beiden noch hier sind.“ „Danke Alice“, sagte ich nach einem kurzen Moment der Stille. „Kein Problem, bis dann.“ Wir legten auf. Es gab zwei verschiedene Arten von Tage. Entweder saß Nela den ganzen Tag in ihrem Zimmer an dem Laptop oder sie ging – alleine – Ski fahren. Einmal hatte ich sie überreden können mit mir zu fahren, als sie besonders gute Laune hatte (der Anlass war für mich unergründlich gewesen). Sie schlief meist nicht mehr bei mir. Öfter machte sie die Nächte durch und schlief tagsüber. Ich rief Bella nicht mehr an. Alice meinte, dass es ihr nicht gut täte, wenn sie meine Stimme hörte. Sie schien ziemlich bedrückt zu sein. Stattdessen schrieb ich ihr einen Brief, ließ darin jedoch Nelas Verhalten und unsere Beziehung größtenteils außen vor. Sie sollte sich darum keine Gedanken machen. Doch es war… seltsam. Vor allem, als sie am vorletzten Tag vor unserer Abreise zu fiebern begann. „Du bist doch sonst so hart im nehmen“, sagte ich, jedoch ohne jeglichen Anflug von Humor, denn es machte mich wirklich stutzig. Ich tastete ihre Wangen ab. Sie glühte. „Ein Schnupfen, eine Grippe vielleicht, nichts besonderes“, hatte sie lediglich gesagt. Doch ihr Zustand verschlimmerte sich innerhalb von Stunden. Husten, Halsschmerzen, anhaltendes Fieber, Schnupfen. „Ich hab- mir war einfach warm gewesen nach einer anstrengenden Tour und ich hab die Jacke kurz ausgezogen“, erklärte sie sich, denn wir beiden wussten, dass sie selten krank war und bislang noch in keinem Skiurlaub. „Du hast die Jacke ausgezogen?!“, fragte ich entrüstet, „Du weißt ganz genau, dass man bei Minusgraden trotz Wärme sich nicht einfach ausziehen kann! Wie lange fährst du schon-“ „Ja ich weiß, Pech“, sagte sie frech und nieste mehrmals. Das sah ihr gar nicht ähnlich. Sie war nie ernsthaft leichtsinnig gewesen und ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie es bewusst gemacht hatte. Allerdings glaubte ich nicht, dass sie krank werden wollte… ich hatte ein merkwürdiges Gefühl. Die Symptome besserten sich durch die Medikamente nicht. „Danke“, hustete sie, als ich ihr Tee reichte. Sie sah grauenvoll aus, völlig fertig. Ihr Gesicht war rot, ihre Augen sahen müden und klein aus. Völlig kraftlos lag sie im Schlafzimmer. „Was?“, murrte sie, als sie meinen kritisch musternden Blick auffing. „Ich werde ins Dorf gehen und Carlisle anrufen“, entschied ich. „Ach was“, sie winkte ab, „wegen eines harmlosen-“ Sie hustete. „Ich finde die Symptome für eine Grippe ein bisschen zu heftig“, sagte ich nur und verschwand aus dem Haus. Ich machte mir zwar immer noch Gedanken über Nelas plötzliche Leichtsinnigkeit (was war nur der Grund gewesen, dass sie sich bei der Kälte einfach auszog?!), doch ihre Krankheit machte mir mehr Sorgen. Was hatte sie sich eingefangen? Ich berichtete Carlisle rasch von den Symptomen. „Meinst du sie ist kräftig genug für den Rückflug?“, fragte Carlisle. „Ist es so schlimm? Was glaubst du was sie hat?“, wollte ich wissen. „Über Ferndiagnose schwer zu sagen. Es könnte einfach nur eine Grippe sein, aber vermutlich auch eine Lungenentzündung. Die atypische Pneumonie weist grippeidentische Symptome auf, weshalb das oft fehldiagnostiziert wird. In dem Fall braucht sie dringend Antibiotika. Dazu muss ich sie aber untersuchen.“ „Du hast Recht, es ist besser, wenn wir zurückkommen. Sie ist nur so schwach-“ „Gib ihr ein fiebersenkendes Mittel und lass sie viel trinken. Vielleicht fliegt ihr am besten heute Nacht, dann verschläft sie das meiste“, schlug Carlisle vor. „Gut, danke Carlisle. Ich werde es versuchen.“ Ich legte auf und rannte zurück, um Nela von meinem Vorhaben zu berichten. Sie war jedoch, was zu erwarten war, gar nicht begeistert. „Ich will noch nicht hier weg!“, keuchte sie über ihren Husten, „Du hast mir zehn Tage versprochen!“ „Das habe ich, aber da warst du auch kerngesund. Es ist besser, wenn wir zurück fliegen. Carlisle vermutet, dass du vielleicht sogar eine Lungenentzündung haben könntest“, erklärte ich ruhig. „Ich will nicht-“, begann sie wild entschlossen, während sie sich mühevoll aufrappelte. „Nela, darüber diskutiere ich nicht“, sagte ich entschieden, „ich gehe deine Sachen packen.“ „NEIN!“, schrie sie, kaum, dass ich ihr den Rücken zu gewand hatte, „du bleibst von meinen Sachen!“ Sie stand wankend aus dem Bett auf und taumelte direkt in meine Arme. „Nela, ich mach das schon, ich-“ „Gut, wir fliegen zurück, aber du fasst meine Sachen nicht an!“, fauchte sie mit kratziger Stimme und sah mir finster in die Augen. Sie machte sich aus meinen Armen los und stützte sich an der Wand ab. „Ich helfe dir“, wand ich ein. „Du bleibst draußen!!“, kreischte sie fast hysterisch, rannte schwankend zu ihrem Zimmer und schlug die Tür zu. Ich seufzte gequält und blieb vor der Tür stehen. ----- Freue mich über Kommis ;) Kapitel 21: Hungrige Sehnsucht ------------------------------ Erstmal sry dass es so lange gedauert hat, aber ich war einfach nicht zufrieden mit dem Kapitel... ich erhebe nicht den Anspruch, dass es jett so ist... aber naja, egal, dass müsst ihr entscheiden ^^ Ist aber dafür auch ein wenig länger geworden :) ------------ Müde stieg ich morgens aus dem Bett, machte mir routinemäßig eine Tasse Kaffee und sah mir im Wohnzimmer die Wiederholungen sämtlicher Soaps an. Wenn wenigstens Uni wäre, blöde Weihnachtsferien, dachte ich mürrisch. Ich wartete einfach und tat nichts. Das war nicht die beste Idee, die ich hatte, doch ich war zu antriebslos, um irgendetwas zu tun, auch wenn ich wusste, dass es mich ablenken könnte und somit die Zeit schneller verstreichen würde. Selbst Neujahr hatte ich einfach verschlafen. Alice war sogar meiner Bitte, keine große Party – zumindest für mich – zu veranstalten, nachgekommen. Gegen elf schaltete ich das grausige Vormittagsprogramm aus, badete, machte mir etwas zu essen und sah wieder fern. Untypisch für mich aß ich in letzter Zeit, genau genommen seit Weihnachten, unheimlich viel. Alles durcheinander, egal zu welcher Zeit. Ich überlegte, ob ich dick werden konnte, denn solche oberflächlichen Gedanken waren angenehm. So dachte ich zumindest einen Augenblick lang nicht um das einzige Gespräch mit Edward nach. Edward verheimlichte mir seine Besorgnis darum, warum es sie erstens unbedingt nach Österreich wollte und zweitens dort solange bleiben wollte, dessen war ich mir sicher. Ich glaubte nicht, dass alles so reibungslos verlief und es tat mir in der Seele weh, wie Nela mit ihm umging. Das verdiente er einfach nicht. Ich hoffte, dass ich nicht allzu kühl am Telefon zu ihm gewesen war. Ich wollte einfach nicht zu innig mit ihm reden, um hinterher aufzulegen und zu weinen, weil er nicht da war. Wenn ich ein wenig Abstand hielt, hatte ich gedacht, würde es mir nicht so schwer fallen. Bislang war meine Idee erfolglos gewesen… Ich zog mich, wie all die anderen Tage auch, erst gar nicht um, und stiefelte routiniert zum Briefkasten. Überrascht sah ich ein Brief darin liegen, denn ich ging nicht zum Briefkasten, um darin Post zu erwarten (wie es normalen Menschen taten), sondern um eine weitere Minute etwas zu haben. Ich nahm den Brief und erkannte schon von weitem Edwards Handschrift. Langsam ging ich herein, starrte ihn an und war – wenn ich ehrlich zu mir selbst war – nicht glücklich darüber. Genauso wenig wie ich über das Gespräch mit Edward nicht glücklich gewesen war. Ich vermisste ihn so sehr und wenn ich seine Stimme hörte, wurde die Sehnsucht nur noch größer. Die Ohnmacht, nur zusehen zu können, wie Nela Edward zu Unrecht verurteilte, war grausam. Der einfältige Tagesablauf, der seit Tagen zur Gewohnheit geworden war, half dabei, wenigstens nicht den Verstand zu verlieren – zumindest glaubte ich das. Alice war anderer Meinung, änderte daran aber auch nichts. Emmett und Rosalie waren wieder abgereist und Alice’ Versuche mich aus dem Haus zu kriegen oder wenigstens in diesem etwas zu machen, waren zwar nett gemeint, scheiterten aber an meiner Sturheit, dass mir das auch Leid tat. Doch ich wollte die Zeit einfach rasch hinter mich bringen. Einfach nur warten. Ich setzte mich mit angezogenen Knien auf einen der Esszimmerstühle, öffnete den Brief vorsichtig und las: Liebste Bella! Nela und mir geht es hier gut. Nela hat mittlerweile ihre Vorliebe für mein Rührei entdeckt. Sie sagt, es sei „göttlich“. Das Wetter hält sich. Wir hatten bisher keinen Schneesturm und Schnee liegt ausreichend. Die Gegend hier ist- Ich seufzte, überflog den Rest und knüllte den Brief in der Faust zusammen. Ich wusste, das ich von diesem Brief zu halten hatte: Nichts. Es stand nichts drin. Nichts von Belang. Das Wetter, die Pisten, Nelas Essgewohnheiten, die Gedanken der Dorfbewohner… nichts, was mich interessiert. Genau das verschwieg er mir mit Absicht und ich konnte es ihm nicht übel nehmen. Er tat das nur, weil wusste, dass ich mich sonst noch mehr – falls das ging – sorgen wurde, dass ich für solche Nachrichten in seinen Augen zu labil war. Das dachte er bestimmt, seufzte ich. Vor dem Hintergrund hätte ich den Brief erst gar nicht aufmachen sollen. Wichtige Neuigkeiten hätte ich längst von den Cullens erfahren. „Ach Edward“, murmelte ich und legte den Kopf auf die Arme, die auf den Knien lagen. Ich schloss die Augen und nickte ein. „NEIN!“ Ich schreckte hoch und kippte seitlich vom Stuhl. Ich sah mich, noch während ich mir die Ellbogen rieb und mich aufrappelte, hektisch zu allen Seiten um, bis ich merkte, dass ich geschrieen hatte. Meine Stirn war schweißnass. Ich versuchte tief einzuatmen, doch mein Atem raste. Was war das gewesen?! Ich sah alles vor Augen. So real war ein Traum zuletzt- ich schluckte, als ich mich an diesen folgenschweren Traum erinnerte, bevor Edward sich selbst gebissen hatte. So real, dass ich damals wirklich angenommen hatte Edward wäre zerfetzt worden. Diesmal war niemand gestorben, nur weggenommen worden. Ich sah versucht langsam atmend zur Decke. Ich brauche mich nicht großartig an den Traum zu erinnern, denn er spielte sich immer noch wie ein Film vor meinen Lidern ab. Alles war schwarz um uns, Edward, Nela und mich, gewesen. Aber trotzdem hell, sodass man etwas sehen konnte, und mit einem Hauch rot, als ginge irgendwo unsichtbar die Sonne unter. Nela sackte vor uns zusammen. Ich wollte mich zu ihr herunterbücken, doch Edward hielt mich weiter im Arm. Er sah nur Nela an und sagte: „Ich bin ein Mensch, ich kann dir nicht mehr helfen.“ In diesem Moment bemerkte ich schwarz ummantelte Wesen ein paar Meter hinter Nela, die sich am Boden krümmte und einen Arm in unsere Richtung streckte. „Ich bin ein Mensch, ich kann dir nicht mehr helfen“, wiederholte Edward mehrmals wie ein Echo und setzte einmal hinzu: „Ich will mit Bella leben, ein ganz normales Leben führen, ohne dich.“ Nela schrie fürchterlich, doch ich stand einfach nur starr da und schmiegte mich an Edward. „Geh zu den Volturi, sie können dir helfen“, sagte Edward matt. Keiner rührte sich. Niemand sagte dann mehr etwas. Nur Nela zu unseren Füßen krächzte, schrie und keuchte. Lange sah ich diese Szenerie noch, bis es mich aus dem Traum an die Oberfläche riss. War Nela etwas geschehen?, war mein erster Gedanke. Ich sprang auf und rannte zum Telefon. Das Bild jagte immer noch durch meinen Kopf. Ich tippte schon, als ich inne hielt. So ein Schwachsinn Bella, du hast geträumt!, sagte ich mir. Ich legte das Telefon zur Seite und setzte mich gegen die Wand. Ja, ich hatte nur geträumt, aber… es wirkte so echt. Ich schloss die Augen und atmete mehrmals tief durch. Nela ist bei Edward… wo wäre sie sicherer? Ich zuckte zusammen, als es an der Tür klingelte. Ohne nachzudenken hastete ich zur Tür, hinter der Esme stand. „Esme!“, rief ich aufgeregt und ihr sanftes Lächeln wich aus ihrem Gesicht. Nun wirkte ihr Gesichtsausdruck verwirrt. „Nela, oder? Die Volturi- Was ist passiert? Ist Nela etwas passiert? Lebt sie noch? Wo ist Edward?“, fragte ich völlig zusammenhanglos. Sie musterte mich einen kurzen Augenblick und sagte dann langsam: „Komm wir gehen rein Bella.“ Sie ging an mir vorbei. Ich schloss die Tür und folgte ihr hastig. „Ist was passiert Esme? Die Volturi-“ „Wie kommst du auf die Volturi?“, fragte sie mit zusammengezogenen Augenbrauen. Erst jetzt bemerkte ich, dass sie einen Korb trug, den sie nun auf dem Esstisch ablegte. „Ich- ich weiß nicht- ich dachte-“, stotterte ich. „Nela und Edward kommen heute schon wieder“, sagte sie dann. Ich war alles andere als glücklich. Das konnte nichts Gutes zu bedeuten haben, schließlich wollte Nela unbedingt länger dort bleiben… warum also sollten sie eher wieder kommen? Es gab nur einen Grund… „Was ist passiert? Sag es mir!“, forderte ich. „Ja das stimmt. Nela ist krank geworden.“ Esme stand weiterhin neben dem Esstisch und sah mich besorgt an. „Krank?“ Krank? Nela war krank? Das klang irgendwie… sonderbar, denn Nela war bisher, selbst als Kind, so gut wie nie krank gewesen. „Ja, eine Grippe oder vielleicht sogar eine Lungenentzündung.“ Esmes Tonfall war neutral. „Oh Gott“, flüsterte ich mit verzerrtem Gesicht, „wie- ich meine, warum wurde sie auf einmal krank?“ Ein kleines Glucksen entfuhr Esme. „Sie hat Edward weiß machen wollen, dass ihr vom Ski fahren warm gewesen war und sie sich einfach ein wenig entblättert hat.“ Ich starrte sie mit geöffnetem Mund an. „Ich verstehe nicht- ist sie völlig übergeschnappt?“ „Wir verstehen es alle nicht“, sie machte eine Pause, „aber sie wird rasch wieder gesund werden. Nur der Flug wird eben anstrengend. Edward kommt zu dir, sobald er kann“, wieder pausierte sie, „komm, wir kochen etwas.“ Sie nahm meine Hand und führte mich nach sich in die Küche. Edward kündigte sich per Telefon für Freitagabend an. Ich hatte die Nacht auf den Freitag kaum ein Auge zugetan. Ich hatte große Angst, worüber Edward mir berichten würde, ob er etwas Neues über Nelas Verhalten herausgefunden hatte. Und wenn ich ehrlich war, ließ mich mein Traum auch nicht los. Er wirkte so greifbar, dass ich unwillkürlich erschauderte, wenn ich daran dachte. Dass ich im Morgengrauen, wo die ersten schwachen Sonnenstrahlen durch das Fenster schienen, doch einschlief, bereute ich, als ich am Nachmittag aufwachte. Ich fühlte mich in keiner Weise erholt, im Gegenteil, und ich hatte Zeit verloren. Zeit, die ich nutzte wollte, um mich und das, zugegeben vernachlässigte, Haus in Ordnung zu bringen. Edward sollte das hier alles nicht sehen. So sprang ich erstmal unter die Dusche, damit ich einigermaßen frisch aussah. Im Bademantel wischte ich die Küche durch und den Boden des gesamten Erdgeschosses. Zuvor hatte ich diesen von sämtlichen Stapeln Dingen befreit, die ich während der Zeit einfach an Ort und Stelle hatte liegen lassen. Darunter fielen auch Keksverpackungen, Chipstüten, Pizzakartons und leere Tellerberge. Als ich mit dem Erdgeschoss annährend zufrieden war, durchsuchte ich, wie so selten in letzter Zeit, in Alice’ mit Designerkleidung gefüllten Schränke. Ich entschied mich, dann müsste das Thermostat der Heizung eben dran glauben, für einen braunen Faltenrock und eine gemusterte Bluse. Nachdem ich akzeptabel aussah, wollte ich gerade wieder runter gehen, als mir etwas einfiel: Sein Weihnachtsgeschenk. Ich hatte absolut gar nicht mehr geübt. Hoffentlich kamen wir darauf erst gar nicht zu sprechen. Ich bemerkte erst jetzt wie mein Magen rumorte, schließlich hatten wir bereits achtzehn Uhr und jener hatte noch nichts Essbares zu Gesicht bekommen. Doch ich hatte keine Zeit zum Essen: Es klingelte. Hastig lief ich zur Tür. Ich spürte ein wohliges Gefühl in mir hochsteigen, dass ich als Vorfreude erkannte. Ich fiel Edward um den Hals. „Hallo“, flüsterte er zärtlich lächelnd, nach einem innigen Kuss. Seine Hände lagen auf meinen Hüften. „Hi“, flüsterte ich zurück und ließ die Finger durch sein Haar gleiten. Edward machte die Tür hinter sich zu und erwiderte meine Küsse breitwillig. Absolut unromantisch meldete sich mein Magen. Ich biss mir auf die Lippen und sah ihn, der mich anschmunzelte, an. „Tut mir leid, ich muss mir kurz etwas zu essen machen, dann kannst du mir berichten“, sagte ich rasch und ging, ihn an der Hand, in die Küche. Selten hatte ich Essen ihm vorgezogen, doch ich fühlte mich schon ganz schwindelig. Kein Wunder, um achtzehn Uhr hatte ich sonst schon Berge vertilgt gehabt. „Berichten?“, fragte Edward auf einmal, während ich im Kühlschrank stöberte. Er hatte sich mit leicht verschränkten Armen an die Anrichte gelehnt. „Ja, von Nela, eurem Urlaub und ihrer Krankheit“, konkretisierte ich, während ich ein fünfhundert Gramm Schokopudding, etwas kalte Pizza von gestern und eine Schüssel grünen Wackelpudding auf ein Tablett stellte und zu den Küchenschränken ging. Edward sagte nichts. Ich legte ein paar Schokoriegel, eine Tüte Weingummi und Käse-Cracker dazu. Ich ging vor ins Wohnzimmer. Edward trottete mir hinterher. „Ähm, hab ich etwas verpasst?“, fragte er vorsichtig, aber mit einem schiefen Grinsen und deutete auf das Tablett, dass ich jetzt auf dem Couchtisch stellte. Normalerweise war er es gewohnt mich zum Essen zu nötigen – besonders wenn es schlechte Nachrichten gab. „Nein“, ich lächelte verlegen, „ich habe die ganzen Tage schon so ein Zeug in mich hineingestopft…“, ich nahm einen Löffel Schokopudding, bevor ich die Pizza aß, „aber jetzt erzähl’ bitte. Wie geht es ihr?“ Edward sah neben mir, während ich im Schneidersitz auf der Couch aß. „Besser. Das Antibiotikum hat gut angeschlagen. Sie war nach dem Flug ziemlich mitgenommen. Ihre Haut war irgendwie gräulich und blass“, er erschauderte kurz, „aber heute Nachmittag war sie schon wieder munter. Munter genug um zu meckern.“ Er sah auf und grinste verhalten. „Sie hat wieder auf dir herumgehakt oder?“, deutete ich seinen Gesichtsausdruck zwischen dem Schokoriegel und den Käse-Crackern. „Sie war einfach sauer, dass wir frühzeitig abreisen mussten“, nahm er sie in Schutz. „Wenn sie so leichtsinnig ist und meint sich in dieser Kälte ausziehen zu müssen, dann ist das ihre eigene Schuld“, murrte ich kauend. Ich fand ihr Verhalten gedankenlos und unverantwortlich. Vor allem, dass sie Edward so zusetzte. „Glaubst du“, begann ich wieder, „dass sie das mit Absicht gemacht hat? Um dich weiter zu piesacken?“ Er dachte kurz nach, schüttelte dann aber den Kopf. „Das habe ich mich auch gefragt, aber… ehrlich gesagt, nein, ich glaube das nicht. Ich habe das Gefühl, aber es ist nur ein Gefühl, dass das mit mir ausnahmsweise einmal nichts zu tun hatte.“ Ich nickte mit vollen Händen. Er musterte mich aufmerksam, während ich alles wahllos durcheinander in mich hinein schob. „Bitte schling nicht so, nicht noch eine Verletzte bitte“, lachte er herzhaft. Ich ließ die Hände sinken und starrte errötet und peinlich berührt auf den riesigen Becher Pudding. „Weißt du was?“, er legte seine Hand an mein Kinn, womit er es anhob, „Ich bin gespannt, was ich zu Weihnachten bekomme.“ Ich blickte mit den Augen herab, obwohl mein Gesicht zu ihm gewand war. Natürlich überging er diese Weihnachtsgeschenkesache nicht, schließlich war ich vor ihrem Skiurlaub ganz erpicht darauf gewesen es ihm zu geben bzw. zu zeigen. „Ähm ja, klar“, brachte ich hervor und legte die Essenssachen beiseite, „wir müssen eben hoch gehen“, wir standen auf, ich nahm ihn bei der Hand und ging mit ihm hoch, „aber bitte sei nicht sauer, wenn es nicht so klappt oder nicht so gut ist“, murmelte ich während ich voran ging. Edward trat nach mir ins Klavierzimmer ein und blieb ein wenig überrascht mitten darin stehen und sah mich erwartungsvoll an. „Ähm ja, also“, begann ich wieder verlegen, „ich hab versucht, also es hat mal mehr und mal weniger geklappt und ich hab mir wirklich Mühe gegeben, aber-“, ich sah kurz prüfend auf, er zeigte keine Regung außer Neugier (bis jetzt, dachte ich zerknirscht), „also ich hab versucht Klavier spielen zu lernen. Na ja und ich wollte dir was vorspielen… eigentlich, aber ich hab lange nicht mehr geübt und wenn du dir das nicht antun willst, kann ich mir auch wirklich etwas anderes überlegen…“ Ich wäre vermutlich dankbar dafür gewesen. Blamagen kamen schon von allein. Doch Edward schritt an mir vorbei und nahm das Notenheft vom Klavier in die Hand. Interessiert blätterte er darin herum. „Du hast dir aber auch wirklich das traurigste ausgesucht“, kam er zu dem Schluss und stellte es hin, „ich würde es sehr gerne hören.“ War klar, dachte ich und ging nickend an ihm vorbei und setzte mich davor. Als ich auf das Notenheft blickte, kam mir alles wie chinesische Schriftzeichen vor. Ein undurchdringbarer Zeichenwald. Dass Edward am Klavier lehnte und mich wartend ansah, besserte meine Nervosität nicht. Den Anfang, die ersten sechs Takte, bekam ich noch einigermaßen aus dem Gedächtnis hin, die hatte ich immerhin am meisten gespielt, danach war aber auch Schluss. Fieberhaft versuchte ich mich zu erinnern, was die Symbole bedeuteten, sodass ich nicht bemerkte, dass Edward sich hinter mich gestellt hatte und nun seine Hände auf meine legte. Mit kurzen korrekten Bewegungen führte er meine so Finger so geschickt über die Tasten, dass ich dachte, ich spielte das wirklich selbst. So mit ihm zusammen gespielt, klang es wirklich richtig gut – und wirklich richtig traurig. „Tut mir leid“, sagte ich als wir – er – geendet hatte. Ich sah über die linke Schulter zu ihm auf, als er sich verkehrt herum neben mich setzte. „Das war keine Glanzleistung meinerseits.“ Er strich mir die Haare hinters Ohr und sah mich sanft an. „Du bist viel einfallsreicher. Scheinbar gehörte eine erhöhte Kreativitätsbegabung nicht zu meinen Fähigkeiten“, sagte er gespielt grübelnd. Ich lächelte mit Tränen in den Augen. „Ich hab dich so vermisst“, sagte ich mit erstickter Stimme und erschrak beinahe als ich merkte, dass eine Träne mein Auge verließ. „Ich dich auch, Liebling“, flüsterte er, wischte die Träne weg und küsste meine Lippen. Ich glitt mit ihm küssend vom Klavier hin zur Couch. Ich setzte hockte mich auf ihn, während seine Hände meinen Rücken und meine Taille unter der Bluse streichelten. „Ich wette ich habe zugenommen oder?“, japste ich zwischen unseren Küssen. „Ich denke nicht.“ Er grinste unter meinen Küssen frech, nachdem er mit den Händen von meiner Taille zu meinen Hüften gestrichen war.. „Das kommt noch.“ Ich rang um Luft, als mir etwas einfiel, was mich jetzt brennend interessierte. „Und? Was ist meine Belohung?“, spielte ich auf mein Geschenk an. Er gluckste kurz. „Ich dachte ich verbinde mein Geschenk mit einer Wiedergutmachung.“ „Wiedergutmachung?“, fragte ich stutzig. „Paris war nicht sehr romantisch…“, gab er zu, „das zählt nicht.“ „Was zweifellos und unweigerlich mit meinen schwachen Abwehrkräften zusammenhing“, wand ich ein, doch ich wusste, dass er das nicht nur oder vielleicht auch gar nicht meinte. Er kicherte leise und überging das. „Ich dachte an wärmere Gegenden, bevor du mir in Kanada erfrierst.“ „Und wo es hin geht ist wie immer ein Geheimnis oder?“ Grinsend machte er da weiter, wo wir eben aufgehört hatten. Wir flogen im Februar weg. In den gut sechs Wochen war nicht viel Nennenswertes geschehen. Abgesehen davon, dass Nela Edward mehr denn je ignorierte, wenn das noch steigerbar war, und Caroline und ich uns aus dem Weg gingen. Nela war sauer auf Edward, dass sie vorzeitig aus dem Urlaub zurückgekehrt waren. Nachdem Carlisle ihr Medikamente verabreicht hatte, war sie sehr schnell wieder gesund geworden, doch Edward weigerte sich, noch mal zurück zu fliegen, wenn sie so leichtsinnig sei. Daraufhin schrie Nela ihn an, dass er wegen eines Schnupfens völlig überreagiert habe und ihr nur ihr Glück nicht gönnte. Sie rannte auf ihr Zimmer, als Edward nachfragte welches Glück. Alle wusste, dass sie sich verplapperte hatte… doch zum Teufel welches Glück in eingeschneiten Bergen?! Glück mal raus zu kommen? Glück nur von einem der Cullens genervt zu werden? Mir schmerzte es in der Seele, wie sie mit Edward umging. Das war nicht fair. Nichts war fair, doch wir mussten noch eine Weile damit leben. Ich misstraute Caroline, weshalb ich sie mied. Sie schien das zu spüren und ging mir instinktiv ebenfalls aus dem Weg. Wir hatten nicht mehr viel miteinander zu tun. Ich glaubte – im Gegensatz zu Edward – nicht, dass die Kokstüte an Weihnachten unabsichtlich gewesen war, doch angesprochen hatte ich es nicht. Allerdings hieß das auch, dass ich allein in der Uni war. Doch ich hatte ja mittlerweile Übung im Alleinsein… das sollte mir nicht allzu viel ausmachen. Mein Studium lief weiter. Ich würde nicht behaupten, dass alles perfekt verlief oder, dass ich mitkam, doch wenn die entscheidende Thematik kam, würde ich mich richtig reinhängen, sagte ich mir und diese würde bald kommen, denn ich hatte Vorlesungen aus den Bereichen „Sexualität und Fortpflanzung“ und „Schwangerschaft und Perinatalzeit“. Ich wurde nervös wenn ich daran dachte, endlich zu lernen wie man es rückgängig machen konnte – wenigstens theoretisch. Das riss ungeahnte alte Wunden auf, weshalb ich mich vorerst auf den Urlaub konzentriert, der kurz bevor stand. „Wir haben Februar, wo ist es jetzt so warm-“ „Vertrau mir, ich habe Alice zu rate gezogen“, sagte er lässig. Ich zog die Augenbrauen hoch und reichte ihm weiter Sachen, die er einpackte. „Ich glaube ich hab alles“, sagte ich schließlich und betrachtete das Kleidungsstückchaos um mich herum. „Gut, ich hole dich später ab, dann fahren wir zum Flughafen und fliegen dann los“, erklärte er, küsste mich und verschwand. Nachdem ich etwas gegessen und geduscht hatte, ging ich hoch ins Ankleidezimmer, um mir etwas Bequemes für die Reise rauszusuchen. Draußen war bereits dunkel. Ich zog eine Jeans über, ein langärmliges T-Shirt und eine Weste. Das dürfte wohl reichen, dachte ich, schließlich hatte er mir Wärme versprochen. Ich ging zum Fenster, öffnete es und ließ etwas angenehm frische, aber eisig kalte, Abendluft herein. Ich löschte das Licht und ging ans Fenster. Ich sah direkt auf die andere Häuserreihe. In ein paar Zimmern brannte Licht, ansonsten erhellten nur die Straßenlaternen die Gegend. Ich erkannte einen Mann, der sich mir irgendwann einmal Mr. Jenkins vorgestellt hatte (dabei blieb es, da ich nicht wirklich den Kontakt zu Nachbarn gesucht hatte), in seinem Wohnzimmer gegenüber. Er schien mit seiner Frau, die soeben dazukam, an dem Vorhang und den Gardinen zu hantieren. Er sah zwar öfter in meine Richtung schien mich aber nicht zu sehen oder sehen zu wollen besser gesagt. Ein ungewöhnlicher Schatten, eine schnelle Bewegung. Ich schnaubte grinsend. „Edward. Mr. Jenkins ist mit seiner Frau am Fenster“, sagte ich leise. Ich wusste, dass er es hören konnte. Einen Wimpernschlag später saß er gehockt auf der Fensterbank neben mir. Ich verdrehte mit einem Lächeln auf den Lippen die Augen und küsste seinen Mund, den er mir entgegenhielt. „Jetzt komm aber rein, sonst denkt der noch, hier bricht jemand ein“, sagte ich mit einem Kopfnicken zu Mr. Jenkins. „Oder er denkt du hast nächtlichen Herrenbesuch“, lachte Edward und küsste meine Lippen. Ich zupfte vergeblich an seiner Jacke, damit er hereinkam. „Der ist mit den Harken des neues Vorhangs beschäftigt“, sagte er, glitt jedoch trotzdem neben mir herein und schloss das Fenster hinter sich. „Bereit?“ Sein Gesicht war schwach von draußen erleuchtet. „Bereit.“ Er nahm meine Hand in die eine und meinen Koffer in die andere und ging mit mir hinaus. Ich hatte diese Woche geopfert, obwohl ich mehr denn je zur Uni gehen wollte. Jetzt hatte ich immerhin die lang ersehnten richtigen Fächer. Doch dieser Urlaub bedeutete mir viel. Es sollte alles perfekt werden und ich wollte vor allem Edwards Kummer um Nela lindern – wenigstens wollte ich das versuchen. Auch ihm sollte es gut gehen. Dass wir nachts flogen war voll und ganz von Edward beabsichtigt, denn so sollte ich zunächst nicht sehen, wo wir ankamen. Allerdings erübrigte sich diese Überlegung sowieso, da ich unsere Ankunft verschlief. Ich bekam nur noch mit, dass wir lange Zeit über das offene Meer flogen, bevor ich in den Schlaf glitt… Das erste was ich tat war, mir mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn zu wischen. Das zweite war, dass ich realisierte, dass ich schwitzte und als drittes bemerkte ich – endlich – dass es warm war und wir somit im Urlaub waren. Ich setzte mich auf und betrachtete das Zimmer um das Bett herum, indem ich lag. Ich erkannte nicht viel, denn das Zimmer war abgedunkelt. Sogleich erhellte es sich schlagartig. Edward stand vor der breiten Fensterfront und hatte die Jalousien hochgezogen. „Guten Morgen. Gut geschlafen?“ Er kam auf mich zu. „Bestens. Wenn du mir verraten würdest, wo wir sind...“ Ich grinste und ließ den Blick schweifen. Das Zimmer war komplett in weiß gehalten. Ausnahmslos. Es ähnelte dem modernen Stil des Pariser Zimmers zwar, doch hin und wieder erkannte ich auch antikere Elemente. Zum Beispiel ein verschnörkeltes Teeservice aus Porzellan. „Sie doch selbst nach“, antwortete Edward, während er meinen musternden Blick beobachtete hatte. Er deutete auf das, was hinter der mannshohen breiten Wand aus Glas war. Verblüfft zog ich die Augenbrauen hoch und strauchelte in einem Top und einem kurzen Höschen, die Edward mir scheinbar angezogen hatte, auf das Fenster zu. Dahinter befand sich eine Dachterrasse mitten auf dem schrägen Dach. Ein großer Pool war darin eingelassen. Daneben standen Liegen, Sonnenschirme und sogar eine Bar. Ich machte die Schiebetür auf und trat in die Sonne hinaus. Ich hielt ihr mein Gesicht mit geschlossenen Augen entgegen und spürte die warm kitzelnden Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Welch Genugtuung. „Du sagst ja gar nichts. Entweder bist du enttäuscht oder es hat dir die Sprache verschlagen“, zog Edward mich auf, blieb aber selbst im Schatten stehen. „Das ist…“, sagte ich mit dem Rücken zu ihm, „wahnsinn… ich meine gigantisch, perfekt“, versuchte ich meine Freude in Worte zu fassen, obwohl es dafür keine Worte gab. Ich würde an diesem traumhaften Ort ein paar Tage mit Edward verbringen- apropos… „Wo sind wir denn jetzt eigentlich?“ „Hawaii“, sagte er, „durchgehend warmes Wetter, das ganze Jahr und Alice hat mir versichert, dass die durchschnittliche Höchsttemperatur von 27°C im Februar in exakt den nächsten sieben Tagen Minimum wird.“ Nickend trat ich an die Brüstung der Terrasse und sah, dass das Haus, in dem wir uns befanden, erhöht auf einem Hügel stand, von dem aus man direkt auf den langen Sandstrand blicken konnte. Es wirkte ein wenig versteckt. So als könnten wir alles sehen, aber uns niemand. Es erschien mir pure Absicht. „Edward es ist wunderschön hier“, sagte ich leise und wand mich nach rechts zu ihm um, als ich ihn seitlich hinter mir spürte. „Schön, dass es dir gefällt“, flüstere er mir ins Ohr und küsste mein Ohrläppchen, bevor ich mich zu ihm wandte und seinen prachtvollen Körper im Sonnenlicht betrachtete. „Sag mal… wie spät ist es eigentlich?“, wollte ich wissen, um sicher zu gehen, dass mein Hunger, den ich augenblicklich verspürte, gerechtfertigt war und nicht meinen vielen Heißhungerattacken der letzten Tage zu verdanken waren. „Halb zwölf. Wollen wir runter gehen was essen?“ „Wo ‚runter’?“ „Zum Buffet. Das ist ein Hotel“, erklärte er ein wenig irritiert von meiner Frage. „Ich- ja gut, ich zieh’ mir eben etwas an“, sagte ich rasch und verschwand ins Zimmer. Ich machte mir Gedanken… die Leute würden merken, dass Edward zu jeder Mahlzeit nur da saß und nichts aß. In einem Hotel sind zu den Essenszeiten schließlich immer dieselben Leute, anders als in einem Restaurant. Edward schmunzelte, als ich ihm beim hinuntergehen durch das hell und mit vielen Pflanzen eingerichtete Hotel meine Überlegung beichtete. „Hier kriegt niemand mit, wenn ich nichts essen“, entgegnete er lediglich und als ich ihn nicht überzeugt ansah, fügte er hinzu: „Ich werde darauf achten“, er strich sich mit den Fingern über die Schläfen, „du machst dir zu viele Sorgen, glaub mir.“ Ich nickte und ließ es dabei bewenden. Während er am Tisch wartete, ging ich zum Buffet und stillte zuerst meine Zuckersucht indem ich mir zwei Crêpes mit viel Karamellsoße gönnte. Ich setzte mich und begann zu essen, als Edward mir plötzlich und unverhofft einen Kuss auf die klebrigen Lippen drückte und mit seiner seidig kühlen Zunge darüber fuhr. Ich starrte ihn verdutzt an und fasste mir unwillkürlich mit der Hand an die Lippen. „Was machst du?“ „Welch bitter-süßer Kuss…“, murmelte er verschmitzt. Ich sah ihn immer noch fassungslos an. „Ich wollte nur mal wissen wie es ist einen Zuckermund zu küssen. Sehr klebrig und bitter, aber trotzdem eine Erfahrung wert.“ Seine Mundwinkel zuckten. „Aha“, machte ich nur und leckte mir das restliche Karamell von den Lippen, bevor er auf dumme Gedanken kam. Ich widmete mich gerade wieder dem Essen, als er mein Gesicht anhob und sagte: „War nur ein Scherz Bella.“ „Ich weiß, nur…“, ich sah ihm direkt in die Augen, „Alice hat Recht“, ich machte eine Kunstpause, „manche Vampire sind wirklich masochistischer als andere.“ Wir sahen uns kurz an und prusteten dann beide los. Nach dem Essen schlenderten wir ein wenig durchs Hotel und sahen es uns von innen an. Traumhaft. Es gab quasi nichts, was es nicht gab. Wellness, Fitnesscenter, ein kleines Casino, Friseur, ein paar Geschäfte, einfach alles. Nachdem wir alles gesehen hatten, gingen wir wieder hoch, ich nahm meinen Bikini aus dem Koffer („Na so ein Glück, dass ich eine zum Zimmer passenden von Alice bekommen habe“, murrte ich währenddessen und streifte den schneeweißen Bikini über) und ließ mich in den angenehm kühlen Pool gleiten. „Komm auch ins Wasser!“, rief ich in Richtung Zimmer, „Auspacken können wir später!“ Edward packte immer, auch nur für ein paar Tage, alles sorgfältig in den Schrank, wenngleich ich lieber aus dem Koffer gelebt hätte, aber Edward versicherte mir, dass er mit ziemlicher Sicherheit nichts vergessen würde. „Wenn du mir eine Minute gibst, ist beides erledigt“, vernahm ich seine Stimme. Ich ließ mich am Beckenrand nieder, kreiste die Füße wie beim Fahrradfahren und wartete. Wort haltend schlüpfte er sekundenspäter neben mir ins Wasser. Ich musterte ihn schmunzelnd, als er aus dem Wasser auftauchte und tat, als müsse er nach Luft schnappen. Von seinen bronzenen Haaren, die in der Sonne schimmerten, perlten die Wassertropfen ab und seine glitzernde Haut wurde durch das Wasser reflektiert. Ein Farbenschauspiel an dem ich mich nicht satt sehen konnte. Er bemerkte meinen starren Blick glucksend. „Wenn du willst, kann ich hier noch eine Weile stehen, aber ich würde es vorziehen, wenn du mich küsst.“ Ich lachte und streckte die Hand nach ihm aus, während der andere Arm noch auf dem Beckenrand lag. Ich strich mit den Fingerspitzen über seine Brust und erschauderte vor Erregung. Edward machte eine rasche Bewegung und zog mich am Arm sanft zu sich. Er ließ sich nach hinten gleiten, während ich auf ihm lag. Ich küsste seine nassen Lippen. Meine Hände glitten an seinem Körper hinab. Seine kalte seidige Haut wirkte wie Öl im Wasser. Weich, als strich man mit Duschgel darüber. Ein unglaubliches Gefühl, obgleich nicht fremd, aber atemberaubend. Letzteres war auch ein Problem. Ich küsste seine Unterlippe mit geschlossenen Augen, während er mir durch die Haare fuhr und – von mir unbemerkt – ins Wasser nach unten glitt. Mit dem nächsten Kuss schluckte ich einen Schwall Wasser herunter. Edward amüsierte sich köstlich. „Edward!“, sagte ich entrüstet, tauchte auf und japste. „Alles okay?“, fragte er mit zusammengepressten Lippen. „Alles wunderbar“, maulte ich und strich mir die Haare zurück und das Wasser aus dem Gesicht. Sein Kuss oberhalb meines Hals und die Liebkosung seiner glatten Lippen auf meiner nassen Haut, machten alles wieder wett. Ich seufzte, schwamm zurück und robbte mich aus dem Pool. Edward folgte mir. Ich setzte mich auf den Poolrand, meine Beine baumelten im Wasser, während ich mich mit einem Handtuch am Oberkörper abrubbelte. Edward stand im Wasser vor mir und sah mich wartend an. Dann stand ich auf und zog ein beigefarbenes Strandkleid über. „Was machst du?“, fragte Edward, der sich immer noch im Wasser befand, nun jedoch heraus stieg. „Hunger, tut mir leid, ich geh nur schnell herunter mir etwas holen“, sagte ich und rubbelte meine Haare mit dem Handtuch trockener. Edward nahm sich ebenfalls ein Handtuch. Er sah mich mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an. „Macht der Gewohnheit, tut mir wirklich leid, ich beeile mich.“ Ich stieg in die Schlappen. Rasch war Edward näher gekommen und nahm meine Hand, als ich gerade gehen wollte. „Du bist sicher, dass du nichts hast? Ich meine… krank bist, oder so? Wegen deines Hunger?“ Ich wandte mich mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihm um. „Krank?“ „Ja“, er dachte nach, „spontan würden mir Schilddrüsenerkrankungen einfallen… Parasiten, Würmer etc. oder Tumoren-“ „Ach was, so ein Quatsch. Das hat ganz andere Gründe“, rutschte es mir raus. Jetzt sah er mich noch interessierter und neugieriger an. Ich wandte mich ganz zu ihm um, die rechte Hand noch immer in seiner und senkte den Kopf. „Ich habe dich einfach schrecklich vermisst“, sagte ich leise und presste die Lippen aufeinander. Edward kam näher und nahm mich in den Arm. „Ich verspreche dir-“ „Nein“, unterbrach ich ihn, „nichts versprechen bitte. Ich weiß, dass du es dann brechen müsstest, weil wir uns eben ab und zu für längere Zeit nicht sehen können. Das ist okay, ich weiß das“, sagte ich mit einem so mattem Tonfall, dass ich mir die Worte selbst nicht abnahm, denn ich wusste es, aber ich glaubte es nicht. Mein Herz wollte es nicht glauben. Edward drückte mich an sich und sagte nichts. Er streichelte mir einfach über den Kopf und ging dann nach einer Weile mit mir herunter. Am späten Abend, Edward duschte gerade, ging ich auf die Terrasse, setzte mich neben dem Pool hin und sah in die klare Sternennacht. Ich krempelte meinen linken Ärmel hoch und strich mit einer Hand übers Wasser, während ich den Himmel beobachtete. Es würde mit Sicherheit eine wunderschöne Zeit hier werden, zumindest jetzt, die nächsten Tage. Danach kam wieder Alltag. Nela, Trennung, Uni. Ich schauderte und war mir nicht sicher, ob es daran lag, dass ich bei der kühlen Nacht zu wenig trug. Am meisten Sorgen machte ich mir um Nela. Ich verstand alles einfach nicht und die Cullens konnte mir bzw. ihr auch nicht helfen. Ihre Fähigkeiten waren machtlos. Selbst Alice sah nicht Weltbewegendes. Wenn ich ihr doch nur helfen könnte, wenn ich sie in die Arme schließen könnte- „Die Sterne sehen überall gleich aus“, sagte Edward Samtstimme plötzlich an meinem Ohr. Er hatte sich neben mich gesetzt, legte nun einem Arm um meine Schultern und zog mich zurück, sodass wir lagen. „Warum sagst du mir das?“ Auf Augenhöhe sah ich ihn an, er blickte zum Himmel. „Du denkst über Nela nach, stimmt’s?“ Ich wartete. Er deutete das, richtiger Weise, als „ja“. „Es wird ihr gut gehen, bald“, sagte er, flüsterte es fast. Ich kuschelte mich an ihn und richtete den Blick ebenfalls auf die Sterne. „Wird es dir bis dahin auch gut gehen?“, wollte ich mit nahezu tonloser Stimme wissen. Er umfasste mich und zog mich näher an sich. „Jetzt geht es mir gut.“ Er küsste meine Stirn. „Um mich brauchst du dich nicht zu sorgen, Liebes.“ „Wie du dir vielleicht denken kannst, tue ich das trotzdem“, nun sah er mich an, „es ist mies, wie unsere Tochter dich behandelt.“ „Es ist nur verständlich. Ihre Situation ist alles andere als angenehm, geschweige denn leicht.“ Ich schwieg, küsste ihn und tat es ihm gleich in die Sterne zu sehen. ---------------------- Freue mich ganz doll auf kommis jeglicher art^^ :) btw.. hab ich das euch schon gezeigt?? war mal kreativ :D http://img197.imageshack.us/img197/9216/fanecollage.jpg hängt bei mir überm bett :) :) :) Kapitel 22: Unerwarteter Ausklang --------------------------------- *Wink* So jetzt gehts auch endlich weiter... tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber ich war mit dem Kapitel gar nicht zufrieden und musste immer wieder dran rumschreiben, ob ich jetzt zufrieden bin weiß ich auch noch nicht so ganz, etnscheidet ihr selbst ^^ Hier ist das Kapitel: -------------------------- Als die ersten Sonnenstrahlen mich – viel zu früh – weckten, lag Edward nicht neben mir. Nur ein Zettel schmückte seine Betthälfte: Ich dachte du hast vielleicht nichts gegen Frühstück ans Bett. Es wird nicht lange dauern. Ich war zu wach um mich einfach umzudrehen und weiter zu schlafen, der sonnige Tag draußen war zu verlockend, aber eigentlich zu müde um mich mit voller Kraft auf den Tag zu stürzte. Ich tauschte die Schlafkleidung gegen das Sommerkleid von gestern, auf Unterwäsche im oberen Bereich verzichtete ich großzügig, ging raus auf die Terrasse und sah herunter zu dem Strand. Es schien noch sehr früh zu sein, denn er war annähernd leer. Lange blieb ich jedoch nicht dort stehen, sondern legte mich mit dem Bauch auf eine der einladend aussehenden Liegen, die direkt am Pool standen. Ich schloss die Augen und ließ die Hand im Wasser baumeln. Die Sonne wärmte meinen Nacken und meine rechte Wange, während ich auf der linken lag. Meine Hand strich im Wasser umher. „Na Sonnenprinzessin.“ Sanfte Lippen berührten meine nun von ihm freigelegte Schulter. Er fuhr mit geöffnetem Mund hoch zu meinem Hals, den er andächtig küsste. Ich grinste, als er meine Nasenspitze mit der seinigen berührte und stemmte mich an den Ellenbogen auf, sodass ich ihn wegen des Lichtes mit zusammengekniffenen Augen, ansehen konnte. Ich beugte mich vor, er saß in der Hocke neben der Liege, um ihn zu küssen, doch er hatte ganz andere Vorstellungen, was als nächstes passieren sollte. Eine vampirisch schnelle, kaum sehbare Bewegung, und schon landete ich rücklings im Pool. Er sprang hinterher. Keuchend tauchte ich auf. „Das war gemein!“, schrie ich und spritzte ihn mit Wasser voll. Was ihn natürlich nicht davon abhielt, sich über mich lustig zu machen und laut zu lachen. „Das war fies!“, sagte ich wieder und sah ihn gespielt schmollen an und verschränkte die Arme vor der Brust. Apropos… Ich sah an mir herab. „Woran du schon wieder denkst“, sagte ich dann Kopf schüttelnd, denn mein beigefarbenes Kleid war nun durchsichtig. Er kicherte, legte die Arme um mich und gab mir einen nassen Kuss. „Wie sieht’s aus… gibt’s jetzt Frühstück am Bett oder nicht?“ „Frühstück im Bett“, konkretisierte er flüsternd über den nächsten Kuss und hob mich eilends aus dem Pool. Wir verbrachten nicht viel Zeit außerhalb unseres Zimmers, wenn man von den Mahlzeiten – meinen Mahlzeiten – absah. Es war einfach zu schön auf der sonnenerhellten Terrasse. Entweder sonnte ich mich mit Edward, schwamm mit ihm oder wir alberten einfach nur herum. Es war einfach, leicht, unkompliziert, dachte ich, als ich am Nachmittag des vierten Tages am Geländer stand und verträumt auf den Strand herunterblickte. Er war nicht sonderlich voll, zumindest nicht so voll wie ich es im Hochsommer hier erwarten würde. Das Gelächter und Geschnatter der Personen hallte leise bis zu uns herauf. „Naaa.“ Edward legte einen Arm um mich, seine Hand ruhte auf meiner Taille, und folgte meinem Blick. „Wärst du gern dort unten?“ Ich wendete mich zu ihm um und sagte zärtlich: „Ich möchte immer da sein, wo du bist.“ Nun lagen beide Hände von ihm in meinem Rücken. Er warf wieder einen Blick herunter zum Strand. „Ich kann auch-“, begann er, doch ich unterbrach ihn rasch: „Nein, du brauchst nicht ganz Hawaii evakuieren.“ Er grinste schief. „Ich könnte es versuchen…“ Ich grinste ebenso. „Das nehm’ ich dann mal als Kompliment“, sagte ich und küsste seine Lippen. „Alles was du willst“, flüsterte er rasch zwischen zwei Küssen. Ich lachte. „Du bist so kitschig.“ „Und du hast scheinbar nichts dagegen“, murmelte er wieder, ließ er aber nicht von meinen Lippen ab. Am darauf folgenden Morgen wurde ich von einem merkwürdigen Geräusch wach, doch nicht wach genug, um aufzustehen, sodass ich wieder eindöste. Es hatte nach Renovierungsarbeiten geklungen, wurde mir bewusst, als ich später dann tatsächlich aufwachte. Die Jalousien waren immer noch komplett herunter gezogen, doch Edward lag nicht neben mir. Ich bemerkte, dass von irgendwoher ein Luftzug kam und sah, das die Schiebtür hinter der Jalousie einen Spalt offen stand. Ich hüpfte aus dem Bett und trat, unter der Jalousie her, ich war zu faul sie erst hoch zu machen, auf die Terrasse. Ich blieb schlagartig und mit offenem Mund stehen. „Woah“, entfuhr es meinen Lippen. Und das war es. Ohne Zweifel. Um den Pool darum war feiner Sand angehäuft worden, der nun fast die gesamte Terrasse einnahm. In einem großen Krug stand eine ca. drei Meter hohe Palme neben zwei auf dem Sand ausgebreiteten Handtüchern, direkt neben dem Pool. Auf dem Sand verteilt lagen Muscheln und sogar Förmchen und Buddeleimer. Jetzt erst sah ich, dass Edward nahe der Brüstung gestanden hatte und nun auf mich zu schlenderte. „Ich dachte mir, wenn wir nicht zum Strand können, dann kommt der Strand zu uns“, erklärte er mit einem breiten Grinsen, während er langsam auf mich zuschritt. „Du hast aber nicht auch die Krebse mitgebracht oder?“, erwiderte ich sein grinsen kurz schnaubend. „Ich denke die machen einen Bogen um mich“, antwortete er. „Du bist unverbesserlich“, nun war er in Reichweite und ich zog ihn an mich, „aber darum liebe ich dich.“ Ich strich ihm mit der Hand über das glänzende Gesicht und küsste seine Wange. „Danke“, flüsterte ich. Er küsste mich als Antwort. „Ich habe auch schon Frühstück geholt.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Och, ich habe gar kein Hunger“, sagte ich wahrheitsgemäß und ließ mich nach hinten in den weichen Sand fallen. Er legte sich zu mir. „Nicht?“ „Nö, jetzt habe ich dich doch wieder. Jetzt brauche ich weder Trostessen noch Langeweileersatz“, sagte ich leichthin und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, während ich in den strahlend blauen Himmel blickte. Edward legte sich seitlich hin und stützte den Kopf auf den Arm. „Das musst du mir jetzt mal erklären“, bat er. Mist, dachte ich prompt, ich hätte gar nicht davon anfangen sollen. „Ähm na ja, ich brauche jetzt nichts mehr, was mir zu guter Stimmung oder Glücklichsein verhilft. Ich habe doch dich wieder. Essen ist- es ist hilfreich, wenn man nichts zu tun hat, den ganzen Tag nur wartet und alleine ist, aber es war kein Bedürfnis, nur eben Zeitvertreib. Tja und du weißt ja wie glücklich Schokolade und das ganze Zeug macht…“ Ich neigte den Kopf zu seinem sanften Gesicht, doch die Falten auf seiner Stirn passten mir gar nicht. „Hör auf dir Sorgen zu machen!“, sagte ich aufgebracht, aber mit einem Lächeln. Sein Gesicht blieb angestrengt. „Ich werde dich nie wieder alleine lassen.“ Ich legte den Zeigefinger auf seine Lippen und schüttelte langsam den Kopf. „Du weißt doch“, sagte ich leise, „nichts versprechen. Du machst alles richtig.“ Er nickte zwar, doch sein Gesicht war mir einen Hauch zu hart. Er legte sich auf den Rücken und sah nun wie eben mit hinter dem Kopf verschränkten Armen in den Himmel. „Richtig vielleicht, aber mache ich es auch gut?“, murmelte er wie zu sich selbst. „Ja, auch gut“, antwortete ich und kuschelte mich seitlich an ihn. Wir lagen lange einfach so da und meine Gedanken drifteten ab, während meine Finger durch den heißen, aber immer noch angenehmen, Sand fuhren. Vielleicht hatte ich ihm gestern Abend nicht ganz die Wahrheit gesagt, als er fragte, ob ich gerne mit ihm unten am Strand sein wollte. Genau genommen hätte ich sagen müssen, wenn ich ehrlich gewesen wäre. Es war süß von ihm, wie er mich verwöhnte und immer überraschte, aber es machte mich nachdenklich. Was würde ich für etwas Normalität geben? Doch ich sagte Edward davon nichts, er würde es sicherlich nicht absichtlich missverstehen, doch es würde ihn kränken und ich wollte nicht undankbar sein. Ich freute mich ja über das alles, nur… alles in meinem Leben war außergewöhnlich, alles war anders, weshalb ich mir wünschen könnte, einfach ein paar menschliche, normale Tage hier zu verbringen (ich dachte gar nicht erst darüber nach, wie er es geschafft hatte die hohe Palme hier hoch zu bekommen). Ich sehnte mich nach Einfachheit, Unkompliziertheit, wo doch alles andere so schwierig war. Ich wollte nicht, dass er sich verpflichtet fühlte mich mit so großen Dingen zu beeindrucken, denn seine bloße Anwesenheit in einer heruntergekommenen Ferienwohnung hätte mir auch völlig ausgereicht. „Stimmt was nicht? Hast du einen Krebs gefunden?“, riss er mich plötzlich aus den Gedanken, während meine Finger Muster in den Sand malten, die ich dann immer wieder weg strich. Scheinbar hatte er meinen Blick bemerkt. Ich schüttelte den Kopf, lächelte er aber nicht, wie er es tat, als ich mich mit Kopf und Körper zu ihm drehte. „Nein, es ist alles okay. Ich streichelte von seiner Stirn abwärts zu seinem Kinn, beugte mich für einen Kuss über ihn und ließ dann meinen Kopf auf seiner Brust ruhen. Ich war dankbar, dass er nicht darauf einging und fragte stattdessen: „Wollen wir heute Abend, wenn die Sonne untergegangen ist, am Strand spazieren gehen?“ Ich sah nicht auf, sondern ließ den Kopf liegen. „Natürlich, wenn du das möchtest.“ Ich nickte an seiner Brust und schloss die Augen. Ich lauschte dem Rauschen des Meeres und dem Wind, der um meine Nasenspitze wehte. Ja, er würde es falsch verstehen und es würde ihn verletzten… und das wollte ich nicht. Am Abend suchte ich ein anderes Strandkleid aus. Alice und ich hatten zusammen wirklich schöne – genauer gesagt, hatte sie einigermaßen „tragbare“ – ausgesucht. Dieses war helllila, ärmellos und wadenlang. Ich hielt es Edward entgegen. „Wie findest du’s?“ „An dir wird es perfekt aussehen, wie immer“, sagte er zärtlich. „Na ja“, murmelte ich und besah mich in Unterwäsche vor dem Spiegel, „ich weiß ja nicht, ich finde, dass ich an den Hüften zugenommen habe…“ Ich legte das Kleid über den rechten Arm und fühlte mit der Hand des anderen über meine Beckenknochen. „Ich finde dich perfekt und hübsch so wie du bist“, sagte Edward und legte beide Hände, rechts und links, von hinten auf meine Hüfte. Ich wandte mich zu ihm um. „Das würdest du auch sagen, wenn ich dreißig Kilo schwerer wäre“, sagte ich vorwurfsvoll, aber schmunzelnd. Wir sahen uns schweigend verliebt an. Er nahm mir das Kleid ab, zog es mir über, nahm meine Hand und ging mit mir aus dem Hotel in Richtung Strand. Ich schlüpfte sofort aus meinen Sandalen und rannte dem Wasser entgegen. Es war herrlich kühl und obgleich die Sonne schon verschwunden war, war die Luft noch wohlig warm. Ich blickte hinab und beobachtete wie die Wellen am Strand sich immer auf und ab trieben. Edward krempelte seine dreiviertel Hose auf Kniehöhe hoch, ich fand, dass es unglaublich sexy aussah, und ging ein wenig weiter ins Wasser. So wateten wir ein paar Meter durch das kühle Nass, als wir an einen hölzernen Steg kamen. Edward hob mich darauf, sodass wir nicht herum gehen mussten, und wir gingen bis an dessen Ende. Ich lehnte mich auf das Geländer und sah aufs Meer, während meine Haare mir von allen Seiten durchs Gesicht zu wehen schien. Ich fand, das Meer hatte etwas ungeheuer Melancholisches. Etwas anziehendes, was beruhigend auf mich einwirkte, aber mich auch nachdenklich machte. Edward schlang die Arme um meine Schultern und legte das Gesicht auf meiner rechten Schulter ab. Mit den Augen sah ich kurz zu ihm. Auch er wirkte abwesend, fern. Er schien ähnliches zu empfinden wie ich. Plötzlich richtete er sich auf, machte eine unsichtbar schnelle Bewegung und legte etwas an meinen Hals. „Edward, was-“ Ich tastete nach meinem Hals, erfühlte eine Kette und blickte herab. Eine silberne Kette mit einem ovalen Anhänger, in welchem einen cremefarbenen Stein eingesetzt war. Ich starrte mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an mir herab. Mein Finger glitt immer wieder über den weichen Stein. „Schmuck meiner Mutter“, sagte Edward beiläufig, „hat Esme für mich restauriert.“ „Danke“, flüsterte ich, den Blick immer noch auf den Stein geheftet, „der sieht toll aus…“ Nun wandte ich den Kopf zu ihm und lächelte. „Jetzt hast du aber alle Register gezogen oder?“ „Fast.“ Er grinste. „Fehlt nur noch die Pferdekutsche oder wie?“, lachte ich und verdrehte die Augen. Edward sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch ich war schneller: „Nur ein Scherz Edward“, kicherte ich. Ich legte die Arme um seinen Hals und sah ihm tief in die Augen. „Das ist wirklich süß, was du alles für mich tust“, versuchte ich meine Gedanken von vorhin sanft vorzubringen, „aber am schönsten ist es, einfach nur mit dir zusammen zu sein, selbst wenn wir auf der Straßen schlafen-“ „Kein Cullen schläft auf der Straße“, unterbrach Edward mich mit einem schiefen Grinsen. „-oder wir im Zelt leben müssten“, ergänzte ich. „Okay, nächstes mal campen wir“, sagte er mit hervor geschobenen Lippen und gespielter Nachdenklichkeit. „Mir wäre es gleich“, flüsterte ich, bevor sich unseren Lippen einander näherten und dann zärtlich umschlossen. Ich sah über seine Schulter nach hinten, wo der Steg auf dem Sandstrand mündete. „Kannst du eigentlich auch menschlich rennen?“, sagte ich und machte mich bereits von ihm los und rannte – total kindisch – bereits den Steg zurück, als ich hinzu setzte: „Wer zuerst im Sand ist!“ Strahlend kam ich, als erster, ich sah, dass Edward wirklich hinter mir her lief, am Ende des Stegs an, sprang herunter und landete sicher im Sand, wo mir sofort knöcheltiefes Wasser um die Zehen peitschte. Ich schritt rückwärts, während Edward an der Stelle des Stegs ankam, von der ich abgesprungen war. „Herbe Niederlage Mr. Cullen“, neckte ich ihn strahlend. Er lachte, während ich weiter genüsslich zurückschlenderte, als ich etwas Hartes an meiner rechts und dann auch linken Ferse spürte und hinten herüber fiel. Im Gegensatz zu mir hatte Edward die Bojenleinen nicht übersehen, weshalb er mich seitlich auffing und ich sanfter im Sand landete. Nichtsdestotrotz wurde ich mit der nächsten Welle, wovon mich jedoch nur ein paar Zentimeter hohes Wasser erreicht, am Rücken und an den Haaren nass. Ich seufzte und blieb liegen, nachdem ich die Arme hinter dem Kopf verschränkt habe. Ich sah Edward aus dem Augenwinkel breit grinsen. „Du hast das Rechts zu schweigen“, murmelte ich, musste aber auch unweigerlich grinsen. „Und die Pflicht“, er küsste meine Schläfe und drehte meinen Kopf dann zu sich, „dich zu küssen.“ Schmunzelnd erwiderte ich seinen Kuss, während er mit den Fingern durch mein sandiges Haar fuhr. „Sag mal…“, fragte Edward mich am Tag vor der Abreise, als ich auf dem Sandboden der Terrasse hockte und frühstückte, „was hältst du davon, wenn wir das Wochenende dran hängen und erst Sonntag zurückkommen?“ „Ähm“, machte ich spontan, ohne wirklich zu wissen, was ich ihm antworten sollte. Die Tage hier waren so schön, dass ich nie mehr weg wollte, doch ich wusste, dass mich jeder Tag hier, viele Tage und Nächte in Edmonton kosten würde, in denen ich den elendigen Stoff aufholen musste. „Ich hab auch mit Alice gesprochen, das Wetter soll sich in jedem Fall halten“, argumentierte er. „Du hast mit Alice gesprochen? Wann? Wie geht es ihnen? Was macht Nela?“, lenkte ich ihm von dem eigentlichem ab, um meine unangenehme Antwort noch ein bisschen hinauszuzögern. „Ich habe gestern Nacht, während du schliefest, mit ihr gesprochen. Na ja eigentlich erst mit Esme“, wand er ein, „Nela verhält sich unverändert und es gibt nichts neues.“ „Unverändert“, murmelte ich und konnte mir lebhaft vorstellen, wie Nela stur die Cullens ignorierte, patzige Antworten gab und sich von ihnen abschottete. Wenn ich doch nur- „Und? Möchtest du ein paar Tage verlängern?“, unterbrach Edward meine Gedankengänge. Ich biss mir auf die Unterlippe und sah ihn mit verzerrtem Gesicht an. „Ich würde so gerne, wirklich, aber nächste Woche hab ich wichtige Seminar, in dem einen-“ „Ist schon okay, ich verstehe das“, schnitt er mir das Wort ab, gab mir einen Kuss auf die Schläfe und wartete bis ich aufgegessen hatte, bevor er sagte: „Hast du eine Idee, was ich Nela mitbringen könnte? Ich dachte, dass ich ihr vielleicht eine kleine Freude machen könnte. Es darf nur kein Souvenir sein, weil ich ja offiziell auf einer Studienfahrt bin.“ Ich glaubte, dass er wirklich niedergeschlagen war, dass ich nicht zugesagt hatte. Er kannte ja den Grund nicht, weshalb ich so eisern versuchte Medizin zu verstehen, um somit relativ rasch zu wissen, was es mit dem Rückgängigmachen von Sterilisationen auf sich hatte. Schließlich wusste ich ja nicht, wie lange ich nach Nelas Verwandlung zu viel um die Ohren haben würde um mich auf ein Studium zu konzentrieren. Für ihn hatte es den Anschein, dass ich nicht wollte, obwohl ich in den nächsten hundert oder tausend Jahren immer wieder Medizin studieren konnte. Ich war mir sicher, dass er- „Bella?“ „Hm?“ Ich sah von dem Obstsalat, indem ich die Gabel gedankenverloren hatte rumstochern lassen, auf. „Du hast doch bestimmt eine Idee und weißt was Nela gefällt oder?“ Erst jetzt fiel mir wieder seine Frage ein. „Ja, bestimmt. Ich meine, ich denk mal darüber nach“, sagte ich schnell, obwohl ich an ganz andere Dinge dachte. Edward sagte nichts und blieb einfach nur neben mir sitzen. Ich biss vom Brot ab und kaute träumerisch, ehe ich mich entschied zu ihm aufsah. Ich bemerkte seine wartende Miene. Scheinbar wusste er, dass ich ihm noch etwas sagen wollte. „Lass uns noch zwei Tage länger bleiben“, sagte ich schlicht. „Sicher?“, fragte er überrascht. „Nichts sicherer als das.“ In den nächsten Tagen zog ich immer wieder bei Tageslicht los, um etwas zu finden, was Edward Nela mitbringen könnte. Ich überlegte dabei ganz pragmatisch und dachte mir, dass ich etwas nehmen sollte, was mir gefallen würde und, was nicht darauf schließen ließ, dass Edward es nicht in Kanada gekauft hatte. Ich wusste nur nicht recht, was ich suchte, denn Edward hatte mir komplett freie Hand gelassen. Ein Buch? Eine CD? Kleidung? Ein Bild? Schmuck? Ich lief von Laden zu Laden, doch irgendwie fand sich nichts, was mir gefiel bis ich ein charmantes altmodisch aussehendes Geschäft fand. Das Schaufenster offenbarte alte, gar antike Schätze. Ein Teil stach mir besonders ins Auge. Ich trat ein und sah eine ältere Dame mit rosigen Wangen die Regal umräumen. Ein kleiner Junge, vermutlich ihr Enkel, kam dazu und reichte ihr etwas an. Er zupfte am Ärmel der Dame und deutete auf mich. Die Frau kam auf mich zu. „Guten Tag Miss, kann ich Ihnen helfen?“ „Ja, dürfte ich mir die Spieluhr im Schaufenster mal ansehen?“, fragte ich. „Aber sicher, gerne.“ Die Frau verschwand. Ich sah mich ein wenig um. Es wirkte alles sehr indianisch, fand ich, obwohl ich das auch nicht allzu gut beurteilen konnte… „Bitte sehr“, sagte die Frau lächelnd und drückte mir die Spieluhr in die Hand. Es war eine handflächengroße runde Dose, die perlenfarben schimmerte. Rundherum waren Perlen eingesetzt. Ich drehte die Dose um und sah, dass auf der Unterseite etwas eingraviert war: „Romance de l´Amour“, stand dort. Der Musiktitel wie ich tippte. Ich öffnete sogleich die Dose und eine traumhafte Melodie erklang. Würde Nela eine Spieluhr gefallen?, überlegte ich. Mir würde sie gefallen, dachte ich… „Die nehme ich.“ Edward war begeistert von meiner Idee und lachte, dass er dann immerhin wüsste, ob es Nela auch gefiel. Er würde es ja hören. „Zieh bitte nicht so ein Gesicht, wir werden bestimmt bald mal wieder wegfahren können.“ Ich fuhr mit dem Kopf zu Edward um und bemerkte, dass ich mit völlig hängenden Mundwinkeln aus dem Fenster des Flugzeuges sah. „Tut mir leid, ich musste gerade nur… an den Berg Übungsaufgaben und Texte lesen, die auf mich warten“, log ich und zwang mir ein gequältes Lächeln ab. Edward nickte – er glaubte mir nicht – und sah wieder geradeaus. Ich hatte natürlich nicht an die ganzen Aufgaben und Bücher gedacht, die es zu bearbeiten galt, das verdränge ich gekonnt, sondern daran, wie Edward richtig vermutet hatte, dass die ruhige Zeit jetzt erstmal vorbei war. Ich sah Edward wieder nur ab und zu, und meist hatte er keine guten Nachrichten, die er mitbrachte: Uni und Alltag. Mir entfuhr unwillkürlich ein Seufzer. Ich sah schnell zu Edward, ob er es bemerkt hatte. Natürlich hatte er. Seine Hand führte er zu meinem Gesicht und legte sie sanft an meine Wange. „Ich liebe dich, weißt du das eigentlich?“, sagte er zärtlich und seine goldenen Augen fixierten mich intensiv. „Ja“, hauchte ich zurück, nahm seine Hand von meiner Wange und streichelte sie in meinen Händen. „Sag mir wenn du sie zum fliegen brauchst.“ Ich sah aus dem Augenwinkel wie er den Blick mit meinem geliebten schiefen Grinsen nach vorne richtet. Ich war mir sicher, dass er seine Hand nicht brauchen würde. „Kommst du noch mit zu mir?“, fragte ich, als wir bei Dämmerung am kleinen Privatflughafen außerhalb von Edmonton vom Flugzeug zu seinem Volvo überwechselten und er das Gepäck verstaute. „Du kannst wohl nicht genug kriegen oder?“, grinste er. Ich grinste zurück. „Und? Was ist nun?“ „Hm… weiß noch nicht“, sagte er gespielt ernst und wiegte den Kopf hin und her. „Hey, du sollst ‚ja, natürlich Bella’ sagen“, neckte ich ihn und zwickte ihn in die Seite. Er kam mit seinem Gesicht nahe zu meine. „Ja natürlich aller liebste Bella“, flüsterte er und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. „Schon besser“, kicherte ich, als Edwards Handymelodie ertönte. Er suchte vergebens in seinen Hosentaschen. „Schaust du bitte mal in der Vordertasche deines Rucksacks nach“, bat er und deutete auf meinen braunen Rucksack, den ich zwischen die Beine geklemmt hatte. „Ja sicher“, murmelte ich plötzlich nervös und fummelte hektisch das Handy aus der Tasche. „Alice“, sagte ich neutral mit einem Blick auf den Display und reichte es ihm. Ich war mir nicht sicher, ob sie mich sprechen wollte. Edward schien genauso zu denken und nahm es an. „Ja, ich bin’s, was- ach so…, hm, was ist- gut…, bis später.“ Mit auf die Straße geheftetem Blick ließ er das Handy in seine Hosentasche gleiten. Als er geschlagene Minuten nichts sagte und ich anstarrte, fragte ich: „Was wollte sie? Redest du bitte mit mir?“ „Es tut mir leid Bella, dass wir nicht mal einen Urlaub unsere Ruhe haben, dass wir nicht einmal sorglos ein bisschen Zeit für uns haben können…“, flüsterte er mit einem herzzerreißenden Blick. „Was ist denn passiert?“ Meine Stimme war ein paar Tonstufen höher als sonst und Tränen schossen mir in die Augen. Ich wusste nicht warum. Ich blinzelte sie weg. „Ich weiß es nicht. Alice hat nur gesagt, wir sollen beide nach Hause fahren, also zu ihnen“, sagte Edward, „Nela ist nicht da.“ „Wo ist sie?“, fragte ich. Es lief mir eiskalt den Rücken herunter. „In Denali-“ „Sie ist bei den Denalis?! Nach allem was-“, sagte ich aufgebracht. „Bella ich weiß nicht mehr als du. Sie werden es uns erklären“, sagte Edward ruhig und strich mir kurz über den Kopf. Ich saß nahezu im Schneidersitz mit einem entsetzten Blick zu ihm gewand. „Aber ich versichere dir, dass sie nichts tun würden, was Nela schadet.“ „Ich verstehe es nicht“, sagte ich zu mir selbst. Edward sagte nichts, sondern sah mich kurz an und legte einen Arm um mich. Mir rauschten tausend Gedanken durch den Kopf, die mir ausmalen wollten, was vielleicht passiert sein könnte. Unweigerlich und völlig zusammenhangslos schossen mir die Bilder meines Traums auf Hawaii durch den Kopf. Ich schüttelte mehrmals den Kopf. Edward sah es zwar, fragte auch, ob alles okay sei, doch ich nickte nur. Nicht den Verstand verlieren, dachte ich, nicht verrückt machen, bevor du gar nicht weißt, was los war… vielleicht war es auch nur eine Lappalie… nein, widersprach ich mich in Gedanken sogleich wieder, eine Lappalie gab es bei den Cullens nicht… Mein Kopf fuhr zu Edward herum, als dieser fast unmerklich zusammenzuckte und sich dann schlagartig versteifte. Ich sah auf die Straße und erkannte, dass wir nicht mehr weit von dem Haus der Cullens entfernt waren. Ich blickte zurück zu Edward, der starr geradeaus guckte. Er wusste es. „Sag es mir! Ich weiß, dass du es weißt!“, schrie ich panisch und rüttelte an ihm, doch er bewegte sich keinen Millimeter. „Rede!“, forderte ich wieder auf. Endlich rührte er sich ein wenig. Ich hörte wie sein geräuchvoller Atem zitterte. Er schloss die Augen kurz und fest, warf mir mit verzerrtem Gesicht einen Seitenblick zu und wisperte: „Ich kann nicht.“ --------------- Freue mich über Kommis ;) Kapitel 23: Ein herber Schlag ----------------------------- Hallo *wink* Bitte entschuldigt, wenn die Kapitel jetzt meist 3 oder sogar 4 Tage dauern... ich les die nur immer wieder durch, weil mir im nachhinein immer noch etwas nicht passt und das dauert dann^^ Hoffe es gefällt euch und es ist wieder was neues, womit keiner gerechnet hat (mit welchem unglück habt ihr gerechnet??) Kuss Fane ------------------------------------------------ In diesem Moment, als ich gerade widersprechen wollte, brachte er den Wagen zu stehen. Wir waren angekommen. Was war so schrecklich, dass selbst Edward es nicht aussprechen konnte oder wollte? Wie betäubt stieg ich aus dem Auto, während Edward unsere Koffer in eine Hand nahm und vorging. Als ich die Koffer sah und mir die Bilder unseres Urlaubs, der erst vor wenigen Stunden geendet hatte, vor Augen führte, wurde mir schlecht. Das Gefühl kollidierte jetzt schon, bevor ich überhaupt wusste, was los war, mit meinem verkrampften Magen. Mit verschwommenem Blick, obwohl meine Augen trocken waren, ging ich die Stufen hoch und nach Edward ins Wohnzimmer. Ich erschrak, als ich umher sah und in drei mitleidige Gesichter blickte, die Carlisle, Esme und Jasper zugehörig waren. „Bitte sagt mir jetzt, was los ist“, brachte ich mit stockender Stimme hervor und spürte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten. Jasper schritt näher. Er hielt etwas in der Hand. „Alice hat gesehen, dass wir in Forks Post bekommen-“, er brach ab, „Das war darin.“ Er schob einen kleinen quadratischen Zettel über den Tisch, der einen Meter von mir entfernt war, ließ ihn liegen und blieb selbst nehmen dem Tisch stehen. Ich sah hoch. Alle Blicke waren auf mich gerichtet. Es wirkte fast, als ängstigten sie sich vor meiner Reaktion. Ich trat näher, um es lesen zu können. Ich spürte Edward rechts neben mir stehen. „Nein“, sagte ich kopfschüttelnd und keuchend, als ich die Worte erkannte, „nein“, sagte ich wieder. So leise, dass ich gar nicht wusste, ob es überhaupt hörbar war. Eine Todesanzeige. Die meiner Mutter. Renée Dwyer. Neunter Februar. Ich fasste mit den Fingern darauf. Mein Atem raste. Meine Augen waren so voll Tränen, dass ich erst jetzt sah, was per Hand darunter geschrieben war: „Wenn es dich interessiert.“ Ich konnte nicht länger hinsehen und wand mich zu Edward um. Sarkastisch lächelte ich gequält und sagte mit kaum vernehmbarer rauer Stimme: „Jetzt krieg ich wenigstens keine Probleme mehr oder? Meine ganze Familie ist tot.“ Dann liefen meine Tränen über und Edward drückte mich an seine Brust. Seine Arme umschlossen mich, während ich weinte. Es war totenstill. Nur mein Keuchen und Schluchzen war zu hören. Ich wollte nichts hören, keine Erklärungen nichts… sie war tot! Meine Mutter war tot! Verstand das niemand?!, schrie ich in Gedanken, obwohl niemand etwas sagte. Ich war vollkommen durcheinander, weil ich andere Sachen dachte, als ich empfand oder wahrnahm. „Was ist mit ihr? Was war mit ihr?“, schluchzte ich in Jaspers Richtung. Edward tätschelte meinen Rücken. „Wir wissen es nicht“, sagte Jasper tonlos. Ich weinte bitterlicher. Edward nahm mich hoch und trug mich zur Couch. Ich hatte die Stirn an seine nasse Brust gelegt, während er eine weiße Decke um mich schmiegte. Ruhe und Zufriedenheit machten sich in mir breit. Es biss sich so sehr mit meinen Empfinden, dass es schmerzte. Zwei heftige Gefühle prallten in meiner Brust aufeinander. „LASS DAS! LASS DAS!!“, schrie ich Jasper an und schlang die Arme um meine berstende Brust. Augenblicklich flaute das wohlige, von mir als Qual empfundene, Gefühl. Ich nahm ein paar rasche Atemzüge. Es war als hätte die Welt sich aus Trotz aufgehört zu drehen. Als wäre der Wind, jedes Geräusch, jede Bewegung verschwunden, damit ich inne hielt. Als wollte alles mir zeigen, was geschehen war. „Weißt du, ich habe immer gehofft, so sehr gehofft, dass Renée Nela nach ihrer Verwandlung vielleicht sehen kann… meine Mom…“, krächzte ich, „Wenigstens einmal, nur einmal…“, meine Stimme brach ab. Ich krallte mich an seinen Pullover und vergoss noch mehr Tränen. Wenn es dich interessiert… „Natürlich interessiert es mich Phil“, versuchte ich meine wirren Gedanken mitzuteilen, Edward würde meine Lippenformungen verstehen, „sie hat mich immer interessiert! Und ich musste ihr so wehtun, all’ die Jahre… immer wieder, nur damit ich glücklich bin-“ „Schhh“, machte Edward leise, „so was darfst du nicht denken-“ „SO IST ES ABER!“, kreischte ich hysterisch, blickte kurz in sein mitleidvolles Gesicht und vergrub meines wieder in seiner Brust bis ich nach einer mir lange vorkommenden Zeit des Weines kraftlos einschlief. Ich schlief traumlos, doch mir war sofort bewusst, was geschehen war, denn ich spürte mein rotes, schmerzendes Gesicht und Edward unter mir. Er hatte sich gelegt und mich im Arm gehalten. Mein Gesicht lag auf oberhalb seines Bauches auf einem anderen Pullover, einem halbwegs trockenen. Er schien sich umgezogen zu haben. Und mich, denn ich trug einen schicken rosafarbenen Satinschlafanzug. Mit leeren Gesichtsausdruck und geöffnetem Mund richtete ich mich von ihm auf, er rutschte zurück, sodass er saß, was ich ihm gleich tat. Ich blickte kurz raus. Es schien wieder Abend zu sein… oder zumindest später Nachmittag. Es dämmerte, aber hier dämmerte es immer früh… Ich fasste mit den Händen in meine zerwuschelten Haare, zog die Knie an und kniff die Augen fest zusammen. In mir schrieen die Szenen von gestern Abend. Ich presste die Hände gegen die Ohren. Edward saß stumm neben mir und streichelte meinen Arm. „Hey“, vernahm ich eine zärtliche weibliche Stimme, die mir übers Haar strich. Ich blickte kurz in Esmes Gesicht und nahm die Tasse mit irgendetwas Heißem entgegen, dass ich aber sofort wieder auf den niedrigen Tisch neben mir abstellte. Meine eisigen Hände zitterten erheblich und schmerzten von der Wärme der Tasse. Meine Tränen waren getrocknet. Esme setzte sich neben mich, strich mir über den Rücken und nahm meine Hand. Ich nahm das alles wie unter einer Glasglocke wahr. Meine Mundwinkel zeigten unbeweglich nach unten, meine Lider fühlten sich schwer an und mein Hals war trocken, sodass ich nicht schlucken konnte. Tot? Meine chaotische, lustige, kindische Mutter? Wie konnte sie tot sein? Sie ist so quick lebendig und munter- sie war… Ich krümmte mich, presste die Fäuste an die Stirn und verzerrte das Gesicht. Keine Träne verließ meine ausgetrockneten Augen. Wie konnte so ein Mensch sterben? Sterben, bevor sie- „Sie hat Nela nie wirklich kennen gelernt“, murmelte ich, „Gerade mal Fotos hat sie von ihrer einzigen Enkelin bekommen.“ Meine Stimme war tonlos. Niemand sagte etwas. Ich sah rasch zur Seite auf, als ich spürte, wie die Couch ein wenig hochging. Jasper stand nickend in der Tür, er versteckte eine Hand versucht unauffällig hinter seinem Rücken, ich hatte die Todesanzeige erkennen können, und verschwand. Edward schüttelte kurz aber sehr eindringlich den Kopf, während er zur Tür schritt. „Ich komme sofort wieder Liebes“, sagte Edward rasch, aber zärtlich zu mir und ging heraus. „Was hat er?“, fragte ich Esme, die nur mit den Schultern zuckte. Entweder log sie um mich zu schützen oder sie wusste es wirklich nicht, schließlich konnte sie nicht Gedanken lesen. Ich nahm einen Schluck aus dem Becher. Es rann heiß meine Kehle hinab. Es war angenehm etwas zu fühlen, etwas normales, obgleich ich nicht mal schmeckte, was es war. Nervös saß ich noch eine Weile in Esmes Armen bis ich aufstand und Esme zunuschelte: „Ich muss mal auf Toilette.“ Allerdings hatte ich nichts anderes im Sinn, als zu wissen, wo Edward war. Ich vermutete ihn oben und ging mit wackeligen Beinen und einem merkwürdigen Körpergefühl die Treppen hoch. „Nein auf keinen Fall“, hörte ich eine sehr leise Stimme, während ich gerade einmal zwei Stufen hochgegangen war. Es kam aus Carlisles Büro, „sie ist völlig fertig mit den Nerven, sie würde es nicht verkraften, wenn wir ihr jetzt sagen-“ Edwards Stimme brach ab. Sie hatten mich gehört. „Wenn ihr mir was sagt?“, fragte ich, nachdem ich die restlichen Treppen schnell hochgegangen und die angelehnte Tür etwas weiter geöffnet hatte. Carlisle stand hinter dem antiken Schreibtisch, Jasper daneben, Edward davor. „Schatz-“ „Sagt es mir, schlimmer kann es wohl kaum werden oder?“ Ich biss mir auf die Lippe, als ich an den kleinen Zettel auf dem Schreibtisch liegen sah und erschauderte. Mir war schlecht. Ich sah wie Edward Carlisle und Jasper einen Blick zuwarf. „Oder?“, fragte ich noch mal, nun aber mit piepsiger Stimme, denn sein zögern ängstigte mich. „Bella, sieh mal bitte auf Zettel“, sagte Carlisle ruhig. Ich schritt näher, doch konnte nicht hinab sehen. Ich atmete zwei Mal, mit geschlossenen Augen, ein und aus und zwang mich hinzusehen. Ich folgte Carlisles Finger auf dem Papier. Unterhalb der Todesanzeige standen die Namen der Trauernden. Ich suchte erst gar nicht nach meinem, sondern lass das, was Carlisle mir zeigte. „Gabriel Dwyer“, las ich gedämpft vor. Ich sah verständnislos zu Carlisle auf. „Wir glauben, dass das ihr Sohn ist“, sagte Carlisle, „Alice und Jasper waren dort, nachdem der Brief bei uns ankam, und haben Fotos gemacht.“ Ich bemerkte die rechteckigen Papiere in seiner Hand und blickte, als Carlisle keine Anstalten einer Bewegung machte, zu ihm auf. Er sah mich lange prüfend an und als er glaubte, so schien es mir, dass ich es verkraften konnte und es nicht zu schnell ging, breitete er einige auf dem Tisch vor mir aus. Darauf war ein kleiner blonder Junge, vielleicht sechs oder sieben Jahre, der mit Phil im Garten spielte, auf der Straße ging oder das Auto wusch. Ich erkannte Mums Grübchen, ihre leicht gewellten Haare an dem Jungen und Phils blauen Augen bei einer Nahaufnahme. Kein Zweifel. Ich strich mit den Fingerspitzen über die Wange des Kindes. „Mein Bruder?“, fragte ich, doch ich erwartete keine Antwort, denn ich wusste, dass dieses Kind, das Kind meiner Mutter war. „Wieso- Wann- Warum hat sie es mir nicht gesagt?“, stotterte ich und spürte wie die Tränen in mir hochkamen. „Nein, nein, sagt nichts…“, warf ich rasch ein und schloss mit gesenktem Kopf die Augen, „weil ich die schrecklichste Tochter bin, die man sich vorstellen kann.“ Ich wand mich augenblicklich um und wollte weg, einfach nur raus, einfach nur weg, doch Edward schnappte meine Hand, die ich sogleich abschüttelte. „Ich will allein sein“, sagte ich grob und er ließ es zu. Ich nahm zwei Mäntel von der Garderobe, schlüpfte barfuss in Winterboots und rannte raus. Der eisige Wind, der um meinen nur einen Schlafanzug tragenden Körper wehte, war mir gleich. Ich rannte einfach nur, während mir die Tränen stumm das Gesicht entlang rannten. Ich schlüpfte in die Ärmel der Mäntel ohne sonderlich darauf zu achten. Hinter der nächsten Baumgruppe fiel ich über einen abgeknickten Ast und landete mit den Ellenbogen auf der mit Frost überzogenen Erde. Ich hämmerte mit Fäusten darauf ein, bis ich meine Hände und den beißenden Schmerz nicht mehr spürte. Ich kauerte mich an einen Baum und legte mir die Mäntel wahllos um. Ich atmete flach, da das einatmen der kalten Luft meine Lunge zerbersten ließ. Ich wusste genau, warum meine Mutter mir nicht von ihrem Kind erzählt hatte. Meinen Bruder. Die ganzen Jahre, all die Male in denen ich sie so sehr enttäuschen und verletzten musste, bis ich den Kontakt ganz zu ihr abgebrochen hatte, weil ich ihre traurige Stimme nicht mehr hören konnte. Wer würde so einer Tochter noch irgendetwas mitteilen?!, fragte ich mich selbst und vergoss heiße Tränen über mein Gesicht, die durch den Wind nun eiskalt auf meinen Wangen trockneten. Niemand. Ich hatte sie verraten, enttäuscht, verletzt. Immer und immer wieder. Jede Begegnung, jeder Brief, jeder Anruf war eine Qual gewesen. Alles nur, damit ich das Geheimnis wahren konnte und mit Edward glücklich war. Ich hatte nie an ihr eigenes gedacht. Nun war sie tot. Ich hatte alle in ihr Unglück gestürzt und Charlie sogar in den Tod. Alles nur, weil ich ein Vampir werden und mit Edward zusammen leben wollte. „Bella, Liebes, du wirst dich noch-“ „HAU AB!“, schrie ich Edwards Samtstimme reflexartig an, obgleich ich nicht aufgesehen hatte, und presste die Hände mit ausgebreiteten Fingern gegen meinen Kopf. „GEH WEG!“ „Bella bitte komm ins Haus-“ Er hatte seine Hände an meine Arme gelegt und ließ sich nicht abschütteln. „VERSCHWINDE!“, schrie ich unkontrollierbar. „Hätte ich dich nur nie getroffen! Hätte ich euch alle nie getroffen! Dann wären sie alle noch am Leben! Dann wäre höchstens ich an meiner Tollpatschigkeit gestorben und nicht sie!!“ Ich nahm nicht mehr wahr, ob ich dachte, sagte oder tat. Ein Atemzug. Ein zweiter. Ein dritter. Ein weiterer. Ich öffnete die Augen und hob den Kopf. Edward war nicht mehr da. Seine Hände berührte meine Arme nicht mehr. Ich sah umher. Was hatte ich gesagt? Was hatte ich gesagt?! Was hatte ich- Hatte ich das- AUSGESPROCHEN?!? Ich riss die Augen auf und hatte das Gefühl als sprang mein Herz mir aus der Brust. Niemals- Edward, nein-!, wimmerte ich Gedanken. Nein, nein, nein! Wenn die Welt gestern für mich stehen geblieben war, um mir zu zeigen, was ich in der Vergangenheit meiner Mutter angetan hatte, raste sie jetzt. Ich hatte das Gefühl sie drehte sich immer schneller, damit ich begriff, was ich in der Zukunft angerichtet hatte, was ich soeben gesagt hatte. Mir wurde schwindelig und in mir kreisten meine Gedanken und stoben wild auseinander. Ich sprang auf und lief. Ich wollte nicht, dass mich irgendjemand findet. Ich konnte ihnen nicht unter die Augen treten… Ich wusste nicht, was ich aus dem Weg trat und gegen was ich gelegentlich stieß oder sich die beiden Mäntel, in denen ich nur mit den Armen steckte, verfingen. Ich war mir lediglich sicher, dass ich vorankam. Weg von den Cullens. In der einbrechenden Dunkelheit erkannte ich immer weniger um mich herum, bis ich nur den Lichtern folgte, die ich sah und die mich schließlich aus dem Wald heraus zur Hauptstraßen führten, als plötzlich Scheinwerfer auf mich gerichtet werden. Ich hielt mir die Hände vor das Gesicht, dann war das Licht wieder weg und ich blinzelte rasch, damit sich meine Augen an die wieder einkehrende Dunkelheit gewöhnten. „Mitfahrgelegenheit nach Edmonton gefällig?“, ertönte Emmetts leicht kichernde Stimme, der sich als Beifahrer aus dem Auto herauslehnte. Ich hastete darauf zu und stieg wortlos ein. Rosalie würdigte mich keines Blickes und fuhr bereits los, während Emmett sich auf dem Beifahrersitz umdrehte und mich musterte. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen. „Alles okay mit dir?“ „Danke“, sagte ich anstelle eine Antwort und ließ mich schlaff und unbeweglich auf die Rückbank sinken. Ich sah wie Emmett mich noch mal kurz musterte und seine Hand dann zur Heizung ging. „Woher wusstet ihr wo ich war? Warum seid ihr hier?“, fragte ich tonlos. „Zufall. Also zumindest letzteres. Wir wollten euch mal wieder besuchen und da Edward“, ich spürte einen Stich durch meinen ganzen Körper fahren, „und du im Urlaub wart, sprach ich mit Esme ab, an eurem ersten Tag hierher zu kommen“, er wartete ob ich etwas sagte, doch ich blickte nur aus dem Fenster, „Vor ein paar Tagen erreichte uns dann der Anruf wegen… wegen des Briefes… und vor ein paar Minuten ein Anruf Alice, die sah, dass wir auf dich treffen könnten und uns bat, dich einzusammeln.“ Ich hörte aus seiner Stimme heraus, dass er zu lächeln schien, doch ich sah ihn nicht an. Ich spürte jetzt wieder wie jeder Zentimeter meines Körpers, aufgrund der plötzlich aufsteigenden warmen Luft im Auto, schmerzte. Alles fühlte sich taub und erstarrt an. Emmett machte noch ein paar Gesprächsversuche, gab jedoch auf, da ich unfähig war, seinen Worten zu folgen, geschweige denn ihm zu antworten. Ich sah die ganze Zeit aus dem Fenster auf die in gleichen Intervallen beleuchtete Dunkelheit. Mein Kopf war leer, mein Geist ruhte, denn mein Körper arbeitete und schickte die verschiedensten Schmerzsymptome an mein Hirn. Ich blieb regungslos und konnte an nichts denken. In meinem Kopf war Leere, die sich nicht zu ändern schien. Nur stumme Tränen flossen meine Wangen unaufhörlich herab, während ich in die Ferne blickte. Rosalie parkte vor meinen Haus, blieb selbst jedoch im Auto sitzen, während Emmett und ich ausstiegen. Sie würde ein wenig unterwegs sein, murmelte sie nur zu Emmett, gab ihm einen Kuss und brauste gleich wieder los. Ihr eiskalter Blick, der mir galt, entging mir nicht. Doch ich fühlte mich merkwürdig immun dagegen, denn er zeigte mir das, was ich fühlte: Selbstverachtung. Emmett machte über all das Licht an, doch ich hielt mich gar nicht mit so etwas auf, sondern ging, wie von einem Magneten angezogen, schnurstracks zur Couch im Wohnzimmer. Dort ließ ich mich, immer noch in zwei Mänteln, Winterboots und darunter Schlafanzug, alle samt verdreckt, nieder. Ich saß noch ein paar Momente mit leerem geradeaus gerichtetem Blick da, bis mich die ganze Trauer überkam, ich das Gesicht in die Hände legte und nun richtig zu weinen begann. „Hey“, flüsterte Emmett sanft. Er setzte sich zu mir und legte einen Arm um mich. „Ich bin nicht nur schrecklichste Tochter, sondern auch noch die abscheulichste Ehefrau, die man sich vorstellen kann“, schluchzte ich, als ich endlich wieder einigermaßen Stimme fand. „Bella das stimmt doch nicht, du-“ „Doch! Doch! Du weißt nicht was ich gesagt habe!“, schrie ich, fassungslos bei dem Gedanken daran, es wirklich ausgesprochen zu haben. „Ich verstehe nicht Bella“, sagte er langsam, „was hast du zu wem gesagt?“ „Zu Edward“, wimmerte ich und lehnte mich an Emmetts Schulter, „ich habe alles noch entsetzlich schlimmer gemacht, ich- ich-“ Ich brachte kaum einen Ton heraus, ich fühlte mich unfähig es auszusprechen. Emmett wartete und strich mir übers Haar. Als meine Tränen nach vielen Minuten der Stille, einer erdrückenden Stille in der nur mein Schluchzen zu hören war, zu verebben schienen, richtete ich mich wieder etwas auf und antwortete auf Emmetts Frage: „Ich hab Edward angeschrieen und gesagt- und gesagt-“, ich versuchte in meinem trockenen Hals zu schlucken, „dass ich mir wünschte, dass ich ihn niemals getroffen hätte.“ Ich verzog das Gesicht, als es mir mit dem Aussprechen noch bewusster wurde und wieder flossen viele Tränen meine Hände hinab. „Mach dir um meinen Bruder keine Sorgen, er weiß, dass du das nicht so gemeint hast“, sagte Emmett ruhig, als er sicher war, dass ich ihn über meine Geschluchze hören konnte. Ich schüttelte energisch den Kopf. „Ich habe alles falsch gemacht. Meinen Vater in den Tod getrieben, meine Mutter unglücklich gemacht bis sie starb und nun auch noch Edward verletzt.“ „Ich hole dir mal etwas anderes zu anziehen, sonst holst du dir den Tod.“ Ich sah mit weinten Augen nachdenklich auf. Nun bemerkte Emmett seine Wortwahl. Er schnaubte kurz. „Das war ausnahmsweise mal kein Scherz“, sagte er und verschwand in eiliger Geschwindigkeit nach oben. Ich konnte mir ein sehr schmales Grinsen abgewinnen, bevor ich wieder den Kopf in die Hände legte und meinem Schmerz Ausdruck verlieh. Die Kopfschmerzen, meine tauben Glieder und die Übelkeit, ich wusste nicht, ob letzteres echt war, denn ich hatte nichts gegessen, die in mir zeitweise hoch kroch, ignorierte ich. Emmett kam mit einem T-Shirt, einem Pullover, zwei Paar Socken und meiner Lieblingsjogginghose wieder. Über seiner Schulter lagen neben meiner Bettdecke noch zwei andere Wolldecken. Schweigend nahm ich die Kleidungsstücke entgegen und zog mich unbeholfen um. Emmett wickelte daraufhin meine Füße in eine Wolldecke, mich in die andere und darüber legte er noch die Bettdecke, als er mich an sich lehnte. „Er wird mich nicht mehr wollen. Niemand will so jemanden haben, niemand will so etwas verlogenes wie mich-“, jammerte ich. Plötzlich spürte ich wie Emmett mich aufrichtete und etwas heftig gegen meine Wange prallte. Die Stelle wurde sofort heiß. Es war Emmetts Hand gewesen. „Entschuldige bitte, aber was du sagst ist kompletter Schwachsinn. Edward würde dich niemals verlassen. Nicht mal, wenn du ihm all deine noch so dunklen Gedanken verraten würdest“, sagte Emmett mit einem Hauch grinsen. Ich nickte und schlief gedankenlos ein. Ich wachte am Morgen mit demselben ausdruckslosen Gesicht und glasigen Augen auf. Ich starrte benommen zur Decke, während ich die ehemals nassen, aber nun eingetrockneten, Stellen an meinem Gesicht ertastete. Ich lag auf der Couch und spürte mehrere Wärmflaschen um meinen Körper herum. Mein Blick wanderte durch den Raum und hielt nach Emmett Ausschau, bis seine Stimme von irgendwoher leise ertönte: „Rose, ich werde gleich mal nach ihr sehen und mit ihr reden-“ „Wir wollten sie nur besuchen! Und nicht Babysitter spielen!“, zischte Rosalie. Es klang als befanden sie sich in der Küche. „Ich werde gleich mit ihr reden und sie überreden“, beschwichtigte Emmett wieder, „dass sie zu Edward gehen soll, damit sie sich aussprechen.“ Es war wie ein Schlag gegen meine Brust, als ich mir das vorstellte. Edward gegenübertreten? In die Augen schauen? Ich atmete langsam ein und aus. „Sie verhält sich wie ein kleines Kind. Sobald etwas nicht in ihre ach so schöne ‚Edward-Welt’ passt-“ „Pssssst!“, zischte Emmett dazwischen. Rosalie sprach gedämpft weiter: „Sie hätte sich das damals eben überlegen sollen, als sie-“, Rosalie brach ab, nachdem etwas scheppernd zu Boden fiel. Sogleich erschien Emmett in meinem Blickwinkel und lächelte mich an. Er hielt ein Tablett mit Frühstück in der Hand. Ich hob meinen Oberkörper an und stemmte die Ellenbogen in die Couch. „Na wieder aufgetaut?“, witzelte er, erwartete aber keine Antwort, „Wie geht’s dir?“ Er setzte sich auf den Couchtisch mir gegenüber. „Gut wäre übertrieben“, sagte ich wahrheitsgemäß. Emmett nickte nur und sah hinab auf das Tablett, welches auf seinem Schoß lag. „Edward meinte, dass könnte dir schmecken, er-“ „Du hast mit ihm gesprochen?“, fiel ich ihm entsetzt ins Wort. „Ja, vor ein paar Stunden“, entgegnete Emmett neutral. Ich nickte geschäftsmäßig und schüttelte sogleich den Kopf, als Emmett mir das Tablett hinhielt. Ich traute mir keine Nahrungsaufnahme zu. Emmett stellte es neben sich auf den niedrigen Tisch. „Und was hast du jetzt vor?“, fragte er nach einer Weile, in der ich mit angezogenen Beinen einfach nur den Schneeflocken draußen zusah. Ich zuckte mit den Schultern und sagte nichts. „Bella, du musst zu Edward gehen und mit ihm reden. Glaub mir, das klärt sich bestimmt alles“, versuchte es Emmett nachdrücklich. „Was soll sich klären? Es ist unverzeihlich, was ich gesagt habe“, erwiderte ich monoton und sah weiter gerade aus. Meine Augen füllten sich wieder mit Tränen. Als Emmett die Arme um meine Schultern schlang und mich seitlich gegen seine Brust drückte, rannten sie zeitlupenartig meine Wange hinab. Als hätte ich nicht schon genug vergossen. „Bella du musst mit ihm reden. Willst du dich auf ewig hier verkriechen?“ „Vielleicht wäre das das Beste.“ „Ich glaube du solltest ein Bad nehmen oder Duschen gehen, bevor ich dir noch eine Ohrfeige verpassen muss, damit du zur Besinnung kommst.“ Er grinste. Ich erwiderte es unmerklich, befreite mich von den vielen Decken und ging mit mir wackelig vorkommenden Beinen hoch. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf die Küche, wo ich Rosalie sah. Sie stand mit dem Rücken zu mir und sah aus dem Fenster. Ich wollte nicht, dass Emmett sich aufopferte, doch ich glaubte, wenn ich mir deswegen noch Vorwürfe machen würde, platzte ich. Ich entschied mich zu duschen. Baden würde mir erstens nicht schnell genug gehen und zweitens war mir die Tätigkeit zu ruhig. Ich schlüpfte aus meiner Kleidung und drehte den Hahn auf. Meine Mutter war tot, sie hatte mir meinen Halbbruder nachvollziehbarerweise verschwiegen und ich hatte Edward auf übelste Art und Weise vor den Kopf gestoßen, zählte ich an den Fingern auf. Mir lief es kalt den Rücken runter. Und das hatte nichts mit dem Wasser zu tun. In diesem Augenblick fragte ich mich ernsthaft, was mich mehr traf: Dass meine Mutter so entsetzlich von mir verletzt worden war, dass sie es nicht übers Herz brachte, mir von meinem kleinen Bruder zu erzählen oder, dass sie gestorben war (wenn ich Edward mal außen vor ließ, ich schluckte). Ich wusste nicht, was mich mehr erschreckte. Mein Verstand kannte natürlich die Antwort. Mein Gefühl nicht. Wie elendig, von ihrer Tochter im Stich gelassen, muss sie sich die ganzen Jahre über gefühlt haben? Ich fühlte mich innerlich kaputt, zerstört, als wäre meine heile Welt, die ich aus Sand versucht hatte aufzubauen, nun endgültig mit der Flut weggewischt worden. Sie hatte es nie wirklich gegeben. Und wenn ich ehrlich war, wusste ich in diesem Moment nicht, wie ich damit weiterleben sollte. ------------ Das war bisher das heftigste Kapitel, was ich geschrieben hab... also ich finde, dass es zum lesen nicht das heftigste ist, aber beim schreiben sind mir zum ersten Mal die Tränen gekommen (hat das tippen nicht einfacher gemacht :D)... das passiert mir sonst nie Ôo Freue mich auf Kommentare *kuss* Kapitel 24: Carolines Bitte --------------------------- Danke fürs Warten! Tut mir leid, dass es so eeeeewig gedauert hat. Jetzt ist aber auch bereits das zweite Kapitel so gut wie fertig und es ist richtig richtig lang geworden. Jetzt erstmal dieses hier^^ Freue mich auf Kommis :) ----------------------------- Wieder vollständig angezogen taumelte ich, benommen von der Wärme, hinunter ins Wohnzimmer, genauer gesagt zur Couch. „Also Bella“, ich zuckte zusammen, als Emmett von irgendwoher herbeigehuscht war und nun neben mir auf der Couch sah, „zuerst mal isst du etwas, sonst kannst du nicht mehr aufrecht stehen und das musst du, denn wir fahren danach zu Edward. Keine Widerrede“, ergänzte er rasch, als ich den Mund zum Widerspruch öffnete, „Edward duldet keine Absage.“ Emmett kicherte leise. Ich sah zu Boden und seufzte. „Na schön, und wann?“ „Gleich nachdem du dir was Wärmeres angezogen und das hier aufgegessen hast“, er deutete auf das Tablett. „Schön“, murrte ich. „So ist’s gut, du kleiner Sturkopf“, sagte Emmett, strich mir über den Kopf und lachte, „Rose war zum ersten Mal Menschenkram einkaufen und es hat sogar geklappt“, lachte er wieder, unterließ letzteres aber, als er meinen traurigen Blick sah. Er wartete dann nur noch. Gegen Mittag fuhr Rosalie uns nach Hinton. Ich überlegte die ganze Fahrt über was ich ihm sagen konnte, um meine Worte wieder gut zu machen. Doch mir fiel nichts ein, denn genauer gesagt, gab es nichts, was diese Worte wieder gut machen konnte. Ich wusste nicht wie ich mich darauf hatte einlassen können. Ich wollte nicht dahin zurück, wo ich vor einigen Stunden die schrecklichsten Nachrichten erfahren und Edward verletzt hatte. Nichtsdestotrotz würden die Cullens, insbesondere Edward natürlich, nicht locker lassen. Eine kleine Stimme in mir, leise und zaghaft, fragte mich, was ich tun würde, wenn er sich von mir trennen wollte. Ich erstickte sie rasch, als ich merkte, wie sich meine Eingeweide heftig verkrampften und trotzdem wusste ich ganz genau, dass ich es verdiente und es im Bereich des Möglichen war. Genau das machte mir Angst. Rosalie fuhr den Wagen über die holprige kurze Zufahrt und kam zum stehen. Ich schluckte und stieg aus. Ich fühlte mich, als ginge ich zum jüngsten Gericht. Wären meine Mundwinkel nicht eingefroren gewesen, hätte ich fast darüber gelacht – fast. Emmett ging vor mir ins Haus. Ich folgte ihm. Rosalie war längst ins Haus verschwunden und außer Sichtweite. Emmett öffnete die Wohnzimmertür, nachdem er mir mimisch aber unmissverständlich verdeutlich hatte, dass Edward dahinter warten würde. Sogleich erschien Edward vor Emmett. Ich stand scheu hinter Emmetts breitem Kreuz. „Danke Mann, für alles“, sagte Edward und hielt Emmett die Hand hin. Er schlug ein. Edward zog Emmett etwas näher an sich heran, sodass er ihm etwas ins Ohr flüstern konnte und sagte leise, aber für mich vernehmbar: „Und das ist dafür, dass du meine Frau geschlagen hast.“ Ehe ich mit der Wimper zucken konnte, schlug Edward Emmett, mit der Faust, die nicht in Emmetts lag, heftig in die Magengrube. Emmett wurde zurückgeschleudert und prallte im Flur gegen die Wand, welche bebte. Ich schluckte einen Schrei hinunter und wollte gerade zu Emmett rennen, als Edward bereits bei ihm war und ihm aufhalf. Wieder nahm Emmett seine Hand und beide- beide lachten. „Jungs“, sagte Esme mahnend, die nun mit verschränkten Armen und hochgezogenen Augenbrauen am Treppenaufgang stand. Erst jetzt verstand ich. Ich rekapitulierte die Szene von eben. Es war von Anfang an nur Spaß gewesen, schloss ich ein wenig spät, denn Emmett hatte ganz lässig gewartet, als Edward ihn schlug. Es wäre eine leichtes für ihn gewesen zurück zu schlagen oder auszuweichen. „Bella?“, vernahm ich Edwards samtene Stimme. Ich bemerkte, dass Emmett und Esme verschwunden waren und Edward mir eine Hand entgegen streckte. Ich legte meine zögerlich hinein und ließ mich von ihm ins Wohnzimmer ziehen. Er wandte sich dann zu mir um und nahm meine beiden Hände. „Bella, weißt du noch als-“ „Nein bitte“, unterbrach ich ihn mit gesenktem Blick sofort, „sag nichts. Ich muss mich entschuldigen, obwohl es unverzeihlich ist, was ist gesagt habe“, ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und sah in seine intensiven goldenen Augen, „es gibt keine Entschuldigung dafür, dass ich dir so etwas vorwerfe“, begann ich wieder, „ich- es tut mir leid.“ Mit den letzten piepsigen Worten kehrten meine Tränen zurück, die meine Wange hinab bis zu meinen Lippen liefen. „Erinnerst du dich noch, als es dir so schlecht ging, nachdem du dachtest du wärst schwanger? Damals, nachdem du mit Alice von diesem Designerempfang wiederkamst?“, er wartete, ich nickte, „Ich habe zu Alice und Carlisle dasselbe gesagt. Ich habe gesagt, dass ‚wenn wir nie nach Forks gekommen wären, ich dir nicht so viel Leid hätte antun können’“, zitierte er wortwörtlich, „und du hast mir sofort verziehen und mir geglaubt, dass ich dich über alles liebe und mir niemals ernsthaft so etwas wünschen würde. Das tue ich jetzt auch Bella. Es war eine Extremsituation, nicht mehr und nicht weniger.“ Ich schüttelte zu mir selbst den Kopf, ich wusste nicht, womit ich ihn verdient hatte, und schloss kurz die Augen, bevor er mich in den Arm nahm. „Es tut mir so leid“, hauchte ich und sah ihn mit verzerrtem Gesichtsausdruck an. Er küsste meine Lippen und sagte nichts, als er mich danach in seinen Armen wiegte. „Nela wird in ein paar Stunden zurück sein“, flüsterte er nach ein paar stillen Momenten, die nur uns gehörten. Ich nickte, wand mich aus seinen Armen und sah ihn an. „Hat sie denn gar nichts bemerkt? Ich meine, dass ihr sie so schnell zu den Denalis geschickt habt?“ „Alice hat Carmen angerufen, die wiederum dann Nela angerufen hat. Sie haben es so aussehen lassen, als läge die Initiative bei Carmen. Sie haben sie dann abgeholt und sind zu einem kleinen mehrtägigen Ausflug in den Süden gefahren“, erklärte Edward. „Wo ist Alice eigentlich?“, fiel mir auf, „Ich habe sie bisher gar nicht gesehen…“ Weder bei meiner Ankunft, noch am morgen danach. „Alice hat sich die ganze Zeit über auf Phil konzentriert um mehr herauszufinden-“, er brach ab und deutete auf die Tür. Ich folgte seinem Blick. Alice trat herein, doch sie sah merkwürdig aus. Sie schlurfte herein, ganz und gar nicht elfengleich. Ihr Gesicht war verzerrt und sah fast gräulich aus, nicht so frisch wie sonst – zumindest wirkte es auf mich so. „Ich werd noch verrückt“, klagte sie und presste die Fingerkuppen einer Hand an ihre Stirn. Edward kicherte. „Was hat sie?“, wollte ich verdutzt wissen. „Kopfschmerzen“, gluckste er. Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und großen Augen an. Seufzend legte sich Alice auf die Couch. „Natürlich keine Schmerzen, wie du sie kennst. Wir sind in der Hinsicht ja schmerzunempfindlich, aber mir brummt der Schädel. Ich habe seit ich den Brief gesehen habe mich ununterbrochen auf Phil konzentriert um etwas über… na ja du weißt schon, herauszufinden. Aber Phil lebt nicht gerade nebenan und ich kenne ich kaum, um nicht zu sagen gar nicht…“, murmelte sie wie zu sich selbst. „Sie hat sich so sehr auf Phil konzentriert, dass sie nicht mal gemerkt hat, dass du dich entschieden hast zu uns hochzukommen, am Morgen nach unserer Ankunft hier, geschweige denn, dass du danach aus dem Haus gegangen bist“, lachte Edward mir leise ins Ohr, „erst danach hat sie dich wieder gesehen.“ „Das ist nicht witzig!“, fauchte Alice, „ich werd noch verrückt“, wiederholte sie, „ich seh’ immer so halbe Farbfetzen, keine Visionen… also doch schon, aber nur abgerissen, völlig zusammenhanglos, von irgendwelchen Leuten…“, sie holte tief Luft und sah uns beide dann direkt an, dann nur noch Edward, „ich brauch’ mal ne Pause, ich denke, es wäre besser, wenn du nach Jacksonville fährst und Gedanken liest. Ist wesentlicher effektiver und genauer“, stöhnte sie, „aber ich glaube nicht, dass es klug wäre, wenn du mitfährst“, fragte sie dann in meine Richtung, „oder?“ Nein, ganz und gar nicht, dachte ich prompt und sah Edward mit verzerrtem Gesicht an. „Das würdest du für mich tun?“ „Die Frage erübrigt sich“, murmelte Edward Augen verdrehend und verschwand aus meinen Armen. Ich blickte fragend hinüber zu Alice. „Er holt ein paar Sachen und fliegt dann. Aber verlass dich nicht auf mich“, fügte sie grimmig hinzu und machte eine Geste mit dem Zeigefinger neben ihre Schläfe, die mir zeigen sollte, dass sie nicht mehr alles beisammen hatte. Ich lachte leise auf. Edward flog augenblicklich los. Ich hätte es gerne noch etwas herausgezögert, da wir uns gerade erst wieder versöhnt hatten – bzw. er mir verziehen hatte –, doch ich wollte auf keinen Fall Ansprüche stellen. Emmett brachte mich mit Rosalie nach Haus’, bevor Nela mit Carmen und Eleazar anreiste. Sie würden dann wieder zu den Cullens fahren, wenn Nela bereits dort war und so tun als wäre nichts gewesen. Ich hoffte, dass ich das auch konnte. „Kleines?“ Ich hatte gerade ein Bein, „Danke“-murmelnd, aus der Tür gestreckt, als Emmetts Stimme erklang. Ich setzte mich wieder ins Auto und sah Emmett, der auf dem Fahrersitz saß, Rosalie zierte gelangweilt die Rückbank, in die Augen. „Ich denke nicht, dass wir uns noch mal sehen. Rose und ich werden nicht allzu lang bleiben und deine Tochter wird mich sicher rund um die Uhr beanspruchen“, er lächelte, wurde dann jedoch ernster, „versprich mir, dass du nichts dummes machst, während Edward weg ist.“ Ich kniff die Augenbrauen zusammen. „Emmett-“ „Versprich es einfach ja?“ Er strich mir mit dem Zeigefinger kurz über die Wange. Ich hörte wie Rosalie auf der Rückbank, den Blick nach draußen gerichtet, schnaubte. So leise, dass sie vermutlich dachte, ich würde es nicht hören. „Ich verspreche es. Danke, Emmett.“ Ich brachte noch ein kleines Lächeln hervor, bevor ich rasch über die Straße lief und in mein Haus verschwand. Ich schleppte mich am nächsten Tag betrübt zur Uni. Dass ich nichts nach- oder aufgeholt hatte, machte es mir nicht einfacher, mich zur Uni aufzuraffen. Letztendlich war es Alice, die mich überredete und schließlich mit Jasper auch abholte. Sie berichteten mir, dass Nela förmlich aufblüht seid sie mit Carmen und Eleazar, die noch etwas bleiben, aus dem Süden wieder gekommen ist. Sie war umso fröhlicher, als Emmett auch noch anreiste. Ich hatte missmutig entgegnet, dass das verständlich sei, schließlich war ihr Todfeind, ihr Vater, nicht da (sie hatten ihr erzählt, dass die Tagung ein wenig länger ging) und Alice kam nicht drum herum das zögerlich zu bejahen. Während Alice und Jasper sich auf den Weg zu ihren Trakten machten, stieß ich, kaum, dass ich den langen Flur betreten hatte, mit Caroline zusammen – beabsichtigt, wie ich feststellte. „Bella! Hallo! Ich habe dich die ganzen Tage über gesucht-“ „Ich war krank“, murmelte ich rasch. Ich war total perplex, dass sie mich ansprach. Wir hatten seid Wochen kein Wort mehr miteinander gewechselt. „Na gut, jetzt bist du ja da“, zwitscherte sie und kramte sogleich in ihrer Tasche, „Es geht um Sonntag… jetzt Sonntag fahren wieder ein paar ausgewählte Studenten zu einem Lerncamp nach Prince, also Prince Albert heißt es eigentlich“, plapperte sie, während ihre Hand immer noch in ihrer Tasche suchte und gleiches ihre Augen taten und schließlich fanden, „ah hier, bitte.“ Sie drückte mir einen Flyer in die Hand auf der in großen Lettern „MLC Prince“ prangte. Ich kam nicht dazu zu fragen, denn schon redete Caroline weiter. „Medizinisches Lerncamp heißt das. Wir werden dort eine Woche bleiben, Sonntag ist Anreisetag, jeden Tag intensiv Stoff mit zwei Dozenten durchnehmen und ansonsten bestimmt auch viel Spaß haben. Wir sind jeder in einem anderen Hotel oder sonstiges untergebracht, damit wir uns auch ausruhen können“, mir entging nicht, dass sie die Augen verdrehte, „und sind tagsüber aber zusammen auf einer Ranch mitten im Schnee. Die ist sehr bekannt für Kongresse, Meetings oder so etwas. Und das Beste ist, dass bis auf die Anreise alles zu hundert Prozent bezuschusst ist. Es dürfen auch nur ausgewählte Studenten mit fahren. Genau genommen siebenunddreißig, ach und der Flyer ist übrigens auch gleichzeitig die Anmeldung.“ Ich starrte den Flyer mit offenem Mund an und sah dann zu – komplett überrumpelt – zu Caroline. „Ich weiß nicht… das kommt alles ein wenig plötzlich.“ „Bella ich weiß, dass ich nicht sonderlich nett zu dir war, aber…“, sie sah mich gequält an, „vielleicht ist so ein Camp ja gerade dann genau das richtige. Vielleicht, na ja, werden wir wieder richtige Freundinnen… komm schon Bella, bitte, fahr mit…“ Ich sah hinab, überlegte und fixierte Caroline dann eindringlich. „Keine Drogen.“ Sie sah mich lange an, sodass ich wieder misstrauisch wurde. „Nein.“ „Ich meine wirklich gar keine Drogen“, verdeutlichte ich. Ich wusste, dass ich schwach werden würde. Ganz gleich ob Cocktail oder Koks. „Wenn du Alkohol meinst, na ja, das wird sich nicht verhindern lassen, denn so ist’s geplant: Tagsüber Forschung, abends Party. Und die Dozis machen mit!“, sagte sie, als ob das die Erfüllung ihrer Träume wäre, „wir müssen nur um neun Uhr wieder, einigermaßen nüchtern“, sie kicherte, „auf der Matte stehen. Ansonsten ist denen alles egal.“ Edward würde vor nächster Woche nicht zurück sein und mit bestimmt nichts aufmunterndem zurückkommen. Vielleicht schadete ein wenig Ablenkung nicht. Meinem Studium schon gar nicht. „Ich überleg’s mir“, nuschelte ich, drehte mich weg und ging zu meiner Vorlesung. Es hatte längst geläutet. „Aber denk an die Anmeldefrist!“, rief Caroline mir noch hinterher. Alice und Jasper hielten mich diesen und den nächsten Tag ziemlich auf Trapp. Sie kamen nach der Uni noch mit zu mir, halfen mir bei meinen Übungen (sie gaben selbst vor auch viel zu tun zu haben und lernen zu müssen, was ich ihnen aber nicht abnahm) oder wir vertrieben uns die Zeit in der Stadt. Alice winkte ab, als ich fragte, ob Nela es nicht bemerken würde, wenn sie erst spät abends wieder kommt, denn Alice meinte, Nela habe mit den Denalis und Emmett genug zu tun, sodass die beiden nicht sonderlich auffallen würden. Ich hatte mir Gedanken über das Camp gemacht und war zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht wusste, ob es erstens klug war, jetzt wegzufahren und zweitens, ob es nicht ziemlich dumm wäre zu fahren, wenn Caroline dabei wäre. Doch die Einsamkeit, die traurigen Gedanken, die mich nachts immer wieder überfielen und nur um meine Mutter kreisten, und die vielen Tränen, die ich jede Nacht vergoss, bewegten mich zu einem anderen Schritt. „Ich denke ich werde das machen, das mit dem Camp“, sagte ich am Freitag auf der Fahrt zur Uni. Heute war Fristende. Alice, die fuhr, während Jasper hinten saß, nickte. „Wie kommt ihr dorthin? Fahrt ihr zusammen? Mit dem Bus oder so?“ „Nein. Laut Ausschreibung reist jeder privat an.“ „Gut, dann werde ich dich hinbringen-“ „Es wäre besser wenn ich mein Auto vor Ort habe, weil wir an einem anderen Ort unsere Seminare haben“, wand ich rasch ein. Es war sowohl Wahrheit, als auch Wunsch meinerseits Alice nicht auf der Tasche zu liegen. „Schön, dann bringen Jasper und ich dich. Jasper fährt deinen Wagen-“ „Alice das ist wirklich nicht nötig“, unterbrach ich sie wieder. „Edward wird mich töten, wenn dir irgendetwas zustößt… ein Kratzer, ein gebrochenes Bein…“, schnaubte sie schlicht. Darum ging’s also. „Wirklich, ihr braucht mich nicht bringen, vertraut mir. Ich komme klar-“ „Hast du nicht gehört? Edward. Wird. Mich. Töten. Das hat nichts mit Vertrauen zu tun, Bella“, sie kicherte am Ende, „und versprich mir, dass du dort vorsichtig Auto fährst.“ Ich seufzte. „Ja, gut, meinetwegen, du Nervenbündel.“ „Du hast Edward geheiratet, vergiss das nicht“, neckte sie und streckte mir die Zunge raus. Gleiches tat ich zu ihr. Eine Welle Frieden, Ausgeglichenheit und Besonderheit überkam uns. „Jasper!“, riefen wir beide gleichzeitig mit nach hinten gerichtetem Blick. Jasper lachte. „Misses Cullen“, ertönte eine raue Männerstimme hinter mir, während ich im Sekretariat wartete, nachdem ich die ausgefüllte Anmeldung abgegeben hatte. Ich wandte mich um. „Guten Morgen Mr. Hutton“, grüßte ich freundlich. „Ich sehe ich darf sie in der nächsten Woche auch bei meinem Gastseminar begrüßen?“ Ich folgte seinem Blick zu dem Flyer in meiner Hand und dann schließlich zu meiner Anmeldung bearbeitenden Sekretärin. „Ja, das ist richtig. Sie werden also auch da sein?“ „Natürlich. Ich bin der Finanzier“, lachte er. „Ach so. Ich wusste nicht-“ „Mr. Hutton? Haben Sie kurz Zeit?“, kam es aus dem Direktionsbüro, welches mit geöffneter Tür direkt an das Sekretariat grenzte. „Ja ich komme!“, rief und wandte sich zu mir, „entschuldigen Sie bitte“, sagte er rasch und verschwand. Eigentlich war das auch klar, dass Carolines Familie bzw. genauer gesagt ihr Vater die Finger im Spiel hatte. Sonst hätte ich nie zu den siebenunddreißig „Auserwählten“ gehört, seufzte ich innerlich und erledigte den Rest des Schreibkrams mit der Sekretärin. Der Samstag ging so schnell herum wie der Freitag – dank Nervensäge Alice. Sie meinte ich bräuchte eine komplett neue Kleidungsgarnitur für die Woche Lerncamp. Völlig überflüssig, aber so war ich rund um die abgelenkt und konnte kaum trübe Gedanken in mir hochkommen lassen. Sie wurden von Alice ansteckenden Munterkeit erstickt – vorerst, wie mir wahrlich bewusst war. „Haben wir jetzt wohl alles?“, fragte Alice am Sonntagmorgen über meinem Koffer. Ich seufzte. „Alice wir haben alles komplett neu gekauft“, und damit meinte ich wirklich alles, „du bist deine meterlange Liste zwölf mal durchgegangen und Prince ist nicht so klein, dass es dort keinen Supermarkt bzw. Geschäft gibt, wenn ich etwas vergessen habe.“ „Sie hat recht“, sagte Jasper lachend und zog eine Grimasse zu Alice. „Du!“, drohte sie ihm mit dem Zeigefinger und gespielt böse, „fall mir nicht in den Rücken!“ „Niemals“, sagte er grinsend und schlang die Arme von hinten um ihre schmale Taille, „aber ich denke wir können los. Oder Bella?“ „Auf jeden Fall“, sagte ich resigniert. „Bella dein Handy“, sagte Alice jedoch, als ich gerade nach meiner Jacke, die über dem Stuhl lag, greifen wollte. Ich blickte auf mein Handy, das auf dem Tisch lag. „Was ist damit?“, fragte ich irritiert. Sie hielt die Hand hoch und streckte ihre fünf dünnen Finger von ihrer Handfläche ab und zählte runter bis null. „Es klingelt“, sagte sie schließlich und grinste wissend. Auf dem Display blinkte Edward. Edward hatte mich kurz nachdem er in Jacksonville angerufen und gesagt, dass er sich jetzt Tag und Nacht an Phil und das Kind hefte, um etwas herauszufinden und sein Handy dabei ausließ. Ich solle mich nur nicht wundern. Dann hatten wir vorgestern Abend kurz telefoniert, wo ich von dem Lerncamp erzählte. Er meinte nur, dass er noch kaum etwas herausgefunden habe. „Hey Edward“, sprach ich ihn sofort an. „Hallo Schatz, ich wollte dir nur viel Spaß im Camp wünschen und lass dich auf der Fahrt nicht von meiner Schwester triezen. Vielleicht tätest du besser daran Jasper vorzuziehen“, lachte er. „Ich krieg das schon hin, keine Sorge“, lachte ich ebenso, „Hast du etwas herausgefunden?“ „Nicht viel. Ich berichte dir ausführlich, wenn ich wieder da bin ja? Jetzt lass es dir erst mal in Prince Albert gut gehen“, sagte er fürsorglich, „wenn du dort mal Zeit hast, kannst du ja mal in die Seitentasche deines Kofferraums gucken“, sprach er dann in Rätseln. „Was?“, fragte ich verwirrt. „Ich liebe dich“, flüsterte er dann nur noch und legte, nach meiner Erwiderung, auf. Ich sah zu Alice, die die Augen verdrehte. „Als wenn ich daran nicht denken würde“, murrte sie. „Komm jetzt aber, wir müssen los.“ „Aber was ist denn in meinem Kofferraum-“ „Später, später“, sagte sie eilig und ich folgte ihr, Jasper war schon draußen, raus. „Frag nicht, sieh’ später selbst nach“, sagte Alice, als ich gerade den Gedanken hegte sie nach dem mysteriösen etwas in meinem Kofferraum zu fragen. Ich seufzte Kopf schüttelnd und sah rechts aus dem Fenster ihres – violetten – Porschen. Wir fuhren eine Weile, während rechts und links schneebedeckter Wälder, es schneite auch wieder zaghaft, zu sehen war, als meine Gedanken zunehmend in die falsche Richtung drifteten. Meine Mutter, Gabriel, Nela. Gefährliche Mischung. „Erzähl mir was“, rutschte es mir raus und ich blickte herüber zu ihr. Sie sah mich an. Es schien, als sah sie mich schon eine ganze Weile an, denn ihr Oberkörper war zur Hälfte zu mir gedreht. „Es ist ein Jammer, dass Edwards Fähigkeit bei dir nicht funktioniert. Und ich ja nur bedingt mit meinen Vision Gedanken erhasche. Na ja genau kommen gar keine“, sagte sie während ihre Augen mich weiter fixierten. Ich kniff die Augenbrauen irritiert zusammen. „Wie?“ „Ich glaube, dass du sehr interessante Gedankengänge hast, die wir leider nur erahnen können-“ „Was in der Regel auch so sein sollte“, murmelte ich dazwischen und blickte hinab auf meine Hände. „Schon, aber in der Regel sollte es Nela nicht geben, geschweige denn dich in dieser Form neben mir“, entgegnete sie und zwinkerte mir zu. Ich nickte widerwillig. „Sag mal Alice…“ Ich überlegte. Das hatte ich noch nie angesprochen, aber wäre jetzt nicht ein geeigneter Zeitpunkt, um Fragen zu stellen? Fragen, die ich nur ihr stellen wollte (nun gut, Jasper würde es im Auto hinter uns hören können und Edward wenn er wieder da wäre auch). „Hast du Visionen von Nelas Geburtstag?“ Sie schüttelte energisch den Kopf. „Nein. Du glaubst gar nicht wie oft ich es versucht habe, aber ich sehe nichts. Nicht mal Eventualitäten oder Möglichkeiten wie sonst. Mal ein verdunkeltes Bild oder eine graue Szenerie aber sonst nichts.“ „Hm…“ Vielleicht konnte sie sehen, wie sich auf mich reagiert- „Auch nicht. Vollkommene Leere, nichts“, sagte sie, bevor ich Luft holen konnte, um sie zu fragen. „Aber ich sollte dir doch etwas erzählen, nicht wahr?“, sie wartete nicht ab, „Eleazar hat sich gestern ein wenig verplappert. Er hat ihr zerstörtes Labor begutachtet und meinte dann lachend, dass sie dasselbe Temperament wie ihre Mutter hätte, wobei wir gesagt haben, dass du die Denalis nur von einem kurzen Besuch kanntest.“ Das stimmte. So war es auch gewesen. Ich hatte die Denalis vor Nelas Geburt einmal kurz besucht. Ich sah Alice erwartungsvoll und mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Na ja wir haben das dann so gedreht, dass Eleazar dich schon vorher kannte, als du noch ein Mensch warst und er bei uns zu Besuch war. Du kanntest ihn aber nicht.“ Ich schüttelte den Kopf zu mir selbst, während sie sprach. „Wir verstricken uns immer tiefer in Lügengebäuden… ich mache euch keinen Vorwurf“, wand ich rasch ein, damit sie nichts missverstand, „ich meine es ist ja meine schuld-“ „Nicht wieder die Schuldfrage, niemand hat schuld“, schnitt mir Alice das Wort ab. „Hoffentlich geht das bis zu ihrem Geburtstag gut“, murmelte ich und überging ihren Einwand. „Jasper parkt deinen Wagen dort drüben und bringt deinen Koffer dann mit“, sagte Alice, die selbst an der Straße hielt. Wir sahen auf das Gelände rechts von uns. Es war tatsächlich eine Ranch. Mit grasenden Kaltblütern und einem riesigen Holzhaus, aus dem Stimmen drangen. „Danke fürs unnötige Bringen“, sagte ich zu ihr mit einem schmalen Grinsen. „Bella noch was, ganz kurz“, sagte Alice hastig, bevor ich aussteigen konnte, ich sah sie ungeduldig an. „behalt deinen Ehering die ganze Zeit an.“ „Was?“, fragte ich belustigt. „Tu es einfach, ja?“, sagte sie wiederum vollkommen ernst. „Ja Mama Alice“, kicherte ich, „grüß die anderen von mir.“ Ich stieg aus, nahm von Jasper den gefühlt zentnerschweren Koffer entgegen und stapfte durch den knöcheltiefen Schnee durch das sehr westernmäßig aussehende Tor, über Wiese, zumindest vermutete ich solches unter dem Schnee, und letztlich unter das Vordach der Ranch. Ich klopfte den Schnee von meinen Schuhen und blickte durch das hohe Fenster. Es brannte Licht und ich erkannte prompt Caroline, die in dem Getümmel merkwürdigerweise sofort auffiel. Ich öffnete die Holztür und schob mich mitsamt Koffer herein, als sie schon vor mir stand. Genauer gesagt, lag ich dann kurz in ihren Armen. „Schön, dass du da bist! Ich freu’ mich! Dad hat mir schon erzählt, dass du kommst“, plapperte sie sofort los, ohne, dass ich einen Luftzug nehmen konnte, „deinen Koffer kannst du da drüben hinstellen.“ Sie deutete in eine Ecke mit gut zwanzig Koffern schätzte ich. Etwa so viele Studenten standen auch um die geschmückten Stehtische. Ich schien weder die Erste noch die Letzte zu sein. Beruhigend, dachte ich mürrisch und war mir auf einmal nicht mehr so sicher, ob es schlau gewesen war, herzukommen. Mein Verdacht bestätigte sich. Abgesehen von Caroline und mir waren nur übermotivierte Supergenies dort mit den ich kein Wort wechseln konnte, denn sie redeten ausschließlich über Medizin und es kam mir nicht so vor, als wären sie in meinem Semester, obgleich sie es sehr wohl waren. Nach einer Begrüßungsrede von einem der Dozenten bekamen wir jeder einen Umschlag mit den wichtigsten Infos und unserer Hotelunterkunft. Ich war in einem Hotel untergebracht, dass – laut Carolines Auskunft – nicht sehr weit von der Ranch entfernt war. Sie selbst wohnte mit ihrem Vater und den anderen Dozenten auf der Ranch. Caroline behielt auch wegen des Zeitplans recht. Feiern am Abend war ausdrücklich erlaubt und erwünscht („Wer hier her gekommen ist und glaubt, hier die ganze Zeit nur lernen zu können, der hat das Camp wohl mit Studium verwechselt“, hatte der Dozent am Anfang seiner Rede gelacht). Einzige Bedingung war Nüchternheit und Pünktlichkeit am darauf folgenden Morgen. Ich verabschiedete mich rasch von Caroline und fuhr zu meinem Hotel. Die Medizinbücher und Laborgeräte von der Uni, sie wurden von der Uni auf die Studenten zum Mitbringen aufgeteilt, hatten wir alle direkt aus den Koffern ausgepackt und auf der Ranch in unserem Seminarraum gelassen. Im Hotel wurde ich sofort auf mein Zimmer begleitet. Nachdem ich mir einen weiteren Vortrag über Essenszeiten, Wellnessmöglichkeiten und dergleichen anhören durfte, ließ ich mich auf mein Bett fallen. Wo war ich hier? Was machte ich hier? Und… was zum Teufel wollte ich hier? ---------------------------- Bin ganz gespannt auf Kommis, Kuss Fane Kapitel 25: Kindisch -------------------- Auch auf die Gefahr hin, dass ich von euch mit Tomaten beworfen werde, lade ich das Kapitel hier hoch ^^ Trotzdem freue ich mich auf eure Kommis :)^^ ----- Als ich meine Augen öffnete, war es dunkel. So dunkel, dass ich sicher war, dass der Morgen, selbst in diesem schneiten bewölkten Ort, noch nicht angebrochen sein konnte. Ich lag auf der Seite. Mich überkam schlagartig ein schreckliches, schrecklich vertrautes Gefühl, dass mir sofort die Tränen ins Auge schießen ließ. Eine Träne rannte über meinen Nasenrücken hinab auf meine andere Wange, wo sie das Kissen unter mir nässte. Wo ist Edward? Edward wo bist du? Ich sah die Bilder meiner Mutter vor Augen. Ich vermisste ihn plötzlich so sehr. In meinem Traum, war er so greifbar gewesen, obgleich ich nicht mehr wusste, was ich im Traum gesehen hatte. Doch ich spürte noch immer das Gefühl in mir, welches ich im Traum gehabt hatte: Vertrautheit. Geborgenheit. Sicherheit. All das flaute ab und erdrückte mich unter der Sehnsucht. Ich streckte meinen Arm zur Seite auf das leere Lacken und presste die Augenlider fest aufeinander. Schnell, jetzt, sofort. Ich wollte einschlafen, wieder in den Traum zurück gleiten… Sie verhält sich wie ein kleines Kind. Sobald etwas nicht in ihre ach so schöne ‚Edward-Welt’ passt- Ich schlug die Augenlider auf. Ich tastete mich durch die Dunkelheit ins Bad, erfühlte den Schalter, dessen Licht mir in den Augen brannte und stürzte mich auf das Waschbecken. Ich bespritzte mein Gesicht mehrmals mit eiskaltem Wasser und blickte mein Spiegelbild an. „Nie wieder, nie wieder. Du bist kein Kind mehr. Du bist Mutter, Ehefrau und erwachsen. Wenn du unsterblich bist, sind andere vergänglich. Damit musst du klar kommen. Keine Tränen mehr, keine einzige. Nie wieder bereitest du dir selbst und am wenigsten denen, die du liebst, Kummer“, monologisierte ich zu meinem nassen Gegenüber. Nie wieder. Sei erwachsen. Sei stark. Du bist kein Kind mehr. Ich duschte, zog mich an und verließ das Hotel. Drei Uhr nachts. Und ich saß in meinem Auto, bei laufender Heizung, vor der Ranch und wartete, dass neun Uhr werden würde. Ich hatte unterwegs an einer Tankstelle gehalten und mich mit drei Tafeln Schokolade, Cola, Marmeladenkeksen und salzigen Nüssen eingedeckt. Ich schrieb in mein Tagebuch, welches ich beim Umziehen im Hotel unter meinen Sachen gefunden hatte. Während die eine Hand Kalorien in mich hineinbeförderte, schrieb die andere Hand alles, was ich eben zu mir selbst gesagt hatte, auf. Immer und immer wieder, als wollte ich es in mein Hirn prägen lassen, anstelle des Papiers. Meine Augen waren trocken, ich hatte Wort gehalten. „Ist was passiert?“, war das erste, was Caroline mich fragte, nachdem ich „Morgen“, gemurmelt und mich neben sie gesetzt hatte. „Nein“, sagte ich unwirsch und kniff die Augenbrauen zusammen. Ich sah auf meine Unterlagen hinab. „Hm, okay.“ Ich spürte ihren Blick auf mir, verdrehte innerlich die Augen und stand auf. „Kurz zum Klo“, nuschelte ich und griff nach meiner Tasche. Ich musste mich selbst davon überzeugen, wie ich grausam ich wirklich aussah. Nicht so schlimm wie befürchtet, aber schlimm genug, war mein Urteil vor dem Spiegel. Ich suchte in meiner Tasche nach Make-up. „Wenn du die Nächte durchmachst, brauchst du das. Ich kenne dich und weiß wie du aussiehst, wenn du mal ein paar Stunden Schlaf zu wenig hast“, hatte Alice erklärend gelacht, als sie fragte, warum sie mir literweise flüssiges Make-up in die Tasche tat. Sie hatte recht behalten. Aber was war von Alice auch anderes zu erwarten? Etwas frischer aussehend ging ich zu Caroline zurück, welche bis auf einen musternden Blick, nicht reagierte. Sogleich begann das Seminar. Ich hatte noch nie so konzentriert ein Seminar verfolgt wie dieses. Und das nächste und übernächste. Ich hing faktisch an den Lippen der Dozenten und war überrascht, dass ich mitkam. Es fühlte sich gut an… Erfolgserlebnis. Caroline schrieb kein Wort mit, sondern blätterte ihr Buch Seite für Seite durch. Es wirkte, als sehe sie sich ein Bilderbuch an. „Nach dem Mittagessen behandeln wir-“, hörte ich den Dozent, während alle schon ihre Sachen zusammenpackten, sagen, bevor Caroline mich am Ärmel zupfte. Sie stand schon in den Startlöchern und wartete, dass ich endlich kam. „Gibt’s irgendetwas Besonderes beim Essen? Außer Essen? Oder warum hast du es so eilig?“, fragte ich mürrisch. „Ich muss dir jemanden zeigen. Absolut toll“, schwärmte sie und jetzt erkannte ich die Caroline wieder, die ich kennen gelernt hatte. Beim Mittagessen taute sie dann vollkommen auf. „Siehst du links hinten den Typen? Mit den blonden Haaren und dem mittelbraunen Teint?“ Ich wand mich mit dem Kopf um und fand die beschrieben Person. Ich drehte mich wieder um und sah Caroline erwartungsvoll an. „Heiß oder? Der Sohn von dem Ranchinhaber. Leider hatte ich noch keine Zeit ihn kennen zu lernen, aber mein Dad kann mich bestimmt vorstellen… der ist einfach zu süß, findest du nicht?“, rhabarberte sie. „Stämmiger Typ“, murmelte ich kauend. „Und wie! Sieh dir die Muskeln an“, himmelte sie ihn leise an. Ich verdrehte seufzend die Augen. Möchtegern-Cowboy, war mein Statement. „Die Vorlesung eben von Mr. Blissfield war richtig gut oder? Er hat-“, versuchte ich das Thema zu wechseln. „Wen interessiert die Vorlesung, wenn wir hier in einem Raum mit diesem Wahnsinns Typen sitzen?“, unterbrach Caroline mich sofort. Ihr Blick war durchgehend nach hinten links gerichtet. Gegen Ende der Mittagspause verkündete Mr. Blissfield, dass der nächste Gastdozent es vermutlich nicht pünktlich schafft, weshalb wir die Mittagspause um neunzig Minuten verlängert bekamen, diese aber dann am Abend dran gehangen wurden. „Ich vertrete mir draußen etwas die Beine“, entschied ich spontan, „willst du mit?“ Caroline sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Bei dem Wetter? Ne danke, steh nicht so auf nasskalt.“ Ich zuckte mit den Schultern und blieb bei meinem Vorhaben, obgleich ich das für Kanada typische Wetter kurzzeitig völlig vergessen hatte. Draußen war der Himmel grau zugezogen und es schneite so kleine Flocken, dass es eher so wirkte, als regnete es langsam herab. Ich zog die Kapuze über, legte die Hände in die Taschen und sprang von der Veranda herunter in den Schnee. Ohrenbetäubender Lärm hallte plötzlich neben mir und ich sah einen großen Schatten von links auf mich zu kommen, der mich umgehend erreichte. Ich erschrak, rutschte auf dem Eis unter der Schneedecke aus und konnte mich mit einer freien Hand soeben auffangen und schlimmeres verhindern. Neben meiner linken Hand, mit der ich mich abgestützt hatte, stand ein Huf. Ich folgte diesem empor und sah nun, dass ein wieherndes Pferd den Lärm gemacht hatte, als es von jetzt auf gleich zum stehen gebracht werden musste. „Kannst du nicht aufpassen?!“, kam es unwirsch aus dem Sattel, ich sah nicht wer darauf saß, und prompt stiegen Füße und der dazugehörige Körper von dem Tier ab. „Ich? Was prescht du auch so nah am Haus entlang?“, keifte ich zurück, rutschte auf dem Boden herum, um mich irgendwie aufzurichten und erkannte nun den Reiter: Carolines Lieblingscowboy. „Kein normaler Gast geht bei dem Wetter vor die Tür“, murmelte dieser und reichte mir eine Hand. „Danke nein“, grummelte ich und rappelte mich mühselig auf. „Scheinbar bist du kein normaler Gast“, sagte er und musterte mich. „Ich entschuldige mich vielmals bei dem Herrn.“ Ich zog eine Grimasse, machte einen Schritt auf die Veranda und verschwand ins Haus. Nach dieser Begegnung der dritten Art war es mir nur Recht, dass der Dozent sich nur um fünf Minuten verspätet und sein Seminar doch noch stattfand. Eingebildeter Idiot, dachte ich noch, konzentrierte mich dann aber auf den Stoff. Ich war hocherfreut, endlich mal Gelegenheit zu haben, diszipliniert Stoff aufzuholen und zu studieren. Zu Hause hatte ich viele viele Ausreden und noch mehr Ausflüchte und Ablenkungen. An diesem Abend gesellte ich mich nicht zu den anderen, denn ich war todmüde, sodass ich mich unheimlich konzentrieren musste, um das Versprechen, dass ich Alice gegeben hatte, hier keinen Unfall zu bauen, auch wirklich einhalten zu können. Gegenüber der letzter unruhigen Nacht, verlief diese friedlich, traumlos, rasch – ich hatte ja auch viel Schlaf aufzuholen. Der zweite Unitag hob sich nicht vom ersten ab. Er verlief exakt so wie der erste. In der Mittagspause versuchte ich Edward anzurufen – vergeblich. „Hey Edward, hier ist Bella“, sprach ich ihm auf die Mailbox, während ich am Rand der Veranda saß und mit den Füßen in den Schnee malte, „ähm, ich… wollte eigentlich nur mal deine Stimme hören. Bis dann mal.“ Seufzend legte ich auf. Ich vermisste ihn schrecklich. „Du bist echt nicht wie die anderen.“ Ich fuhr mit dem Oberkörper herum. Zu meiner rechten Stand der Westernreiter von gestern. Ich verdrehte genervt die Augen, sah wieder herunter und murrte: „Was willst du denn schon wieder?“ Er hockte sich neben mich, die Hände an den Knien gefaltet. „Nette Begrüßung. Aber ich habe recht oder? Natürlich habe ich“, antwortete er selbst, bevor ich eine Chance hatte zu antworten, „ich sehe seid Jahren Studentengruppen oder was auch immer ankommen und abreisen. Entweder es sind Genies und Hochbegabte, die nur danach lechzen, mehr Wissen in sich reinzuschaufeln, oder es sind Möchtegernstudenten, die nur scharf auf die Partys sind und Connections haben. In welche Kategorie passt du? In keine.“ „Schön, dass du alles über mich weißt“, murmelte ich und stocherte mit den Fußspitzen weiter im Schnee. Ich sah weiter auf hinab, während ich seinen stierenden Blick von rechts auf meiner Wange spürte. „Nicht wirklich, deshalb würde ich es gerne wissen. Wen hast du gerade versucht zu erreichen?“ „Das geht dich nichts an.“ Ich stand auf und verließ die Veranda, um ins Warme zu kommen. „Und was geht mich etwas an?“, rief er mir hinterher. Ich stellte mich taub und ging weiter. Was bildet der sich eigentlich ein? Schleimiger Idiot. So dämliche Sprüche konnte ich jetzt gar nicht gebrauchen. Und Carolines herumgeschmachte war auch nicht angebracht. Nicht im Mindesten. Der Typ war ein eingebildeter Großkotz. Nicht mehr. „Na endlich“, schnaubte Caroline und packte ihre ungeöffneten Hefte und Bücher zusammen, als Mr. Geronds seinen Vortrag beendete. Ich tat es ihr gleich. „Aber heute Abend kommst du doch oder?“, fragte sie, während sie, fertig gepackt, auf mich wartete. Ich grummelte irgendwas Unverständliches, hängte meine Tasche um und ging mit ihr durch den Saal, in Richtung Ausgang. „Ach komm schon, das wird bestimmt lustig. Gestern war auch richtig toll-“ „Darf ich euch zwei heute Abend ins Pub einladen?“, kam plötzlich eine Stimme von rechts, sobald wir aus dem Gebäude raus und zum Vordach gelangten. Ich seufzte merklich, während ich aus den Augenwinkeln sah wie Caroline hin und her zu wippen begann. Meine Lieblingsnervensäge. Und das war nicht liebevoll gemeint, wie bei Alice. „Nein danke, wir verzichten“, ich zog Caroline widerwillig an der Hand. „Und wie wär’s mit morgen Abend? Morgen Abend ja?“, rief er mir wieder hinterher. „Nein!“, rief ich geradeaus. „Übermorgen aber, oder?“ „Klar, gerne, wir werden da sein!“, rief Caroline zurück, bevor ich antworten konnte. „Bist du bescheuert?!“, fauchte ich sie an, als wir uns von ihm entfernt hatten und nun in den Schnee stiefelten. „Wieso? Was hast du? Du bist bescheuert, so eine Einladung in den Wind zu schießen!“, sagte sie entrüstet. „Wir sehen uns“, beendete ich die Diskussion, fuhr ins Hotel und legte mich noch vor dem Abendessen schlafen. Dementsprechend wachte ich viel zu früh, gegen fünf Uhr morgens, auf. Hungrig natürlich. Ich kramte in meiner Tasche nach irgendetwas Essbaren und fand neben einer Packung Käsestangen mein Handy blickend auf. Sieben entgangene Anrufen – von Edward (Warum hatte ich das Handy nicht klingeln gehört??). Ich tippte die Wahlwiederholung und legte mich wieder aufs Bett. Es tutete, freute ich mich. „Bella?!“, kam es überrascht, für meinen Geschmack etwas zu überrascht, gar panisch, vom anderen Ende. „Ja, ich bin’s-“ „Gott sei Dank, ich dachte schon es wäre etwas passiert, schließlich war dein Handy an-“ „Es ist alles, wirklich alles in Ordnung“, sagte ich ruhig, um seinen Besorgniswahn zu hemmen, „ich habe scheinbar nur viel zu tief geschlafen und das Klingeln überhört.“ „Wie kommt es, dass du um Acht Uhr Abends schläfst und um diese Zeit wach bist?“ Ich konnte seine Sorgenfalten fast raushören. „Och, nur so…“, ich wusste, dass ihm das nicht als Antwort reichen würde und setzte hinzu: „Ich bin einfach nur total kaputt vom Tag gewesen. Eine Vorlesung nach der anderen schlaucht ganz schön…“ „Du bist aber gesund, oder? Und die Kälte-“ „Ich liebe dich so sehr“, unterbrach ich ihn. Diesmal spürte ich, als würde er schief grinsen, als er sagte: „Du bist unvergleichlich, aber ja, auch ich liebe dich. So sehr.“ „Schön deine Stimme zu hören“, flüsterte ich und blickte nach links auf die leere Seite in meinem Bett. Ich strich mit der freien Hand darüber. „Wir sehen uns ganz bald wieder“, sagte er zärtlich, „Montag nicht wahr?“ „Ja, Sonntagmorgen ist Abreise, dann holt Alice mich mit Jasper- ach übrigens, bitte keine Morddrohungen gegen meine Schwägerin mehr“, fiel mir ernst ein, doch ich kicherte leise. „Alice übertreibt, ich habe nur gesagt, sie soll nicht nur ein Auge, sondern all ihre Sinne auf dich haben.“ „Tja, dann hat sie den Mord an sich selbst wahrscheinlich schon gesehen gehabt und Prävention betrieben“, lachte ich munter. Edward stimmte mit ein. „Schatz du bist großartig. Wie du die schweren Zeiten meisterst, du bist bewundernswert.“ Meine Mundwinkel verzogen sich augenblicklich nach unten. So etwas sollte er nicht von mir denken, nicht, wenn ich es nicht verdiente. Und das tat ich nicht. „Ich gehe mal duschen“, sagte ich dann, weil mir nichts Besseres einfiel, drückte ihm einen Kuss aufs Handy und legte auf. Ich entblätterte mich, legte meine Uhr und meine Ring auf den Waschbeckenrand und sprang kopfschüttelnd unter die Dusche. Er sollte nicht so glorreich von mir denken. Wenn er wüsste wie zerrüttet und kaputt ich war und wie viel ich zurzeit verdrängte… dann würde er nicht so von mir reden. Doch den Teufel werd’ ich tun, ihm das noch auf die Nase zu binden. Es reichte schon, wie er sich jetzt bereits schon sorgte. Ich wickelte Haare und Körper in jeweils eines der flauschigen Handtücher und setzte mich im Schneidersitz auf das Bett. Ich nahm meine Tasche auf den Schoßund nahm etwas heraus, was mir gerade, beim Suchen in der Tasche nach Nahrung, aufgefallen war: Ein Bild von Nela und Edward. Eines meiner Lieblingsbilder. Edward hatte sich zu Nela heruntergebückt, Nela war zehn Jahre alt. Ihr Arm lag um seinen Hals und beide strahlten. Ich liebte dieses Lächeln, beide Lächeln, so sehr, dass es mich auch lächeln ließ. Ich blieb eine Weile, mit an die Brust gedrücktem Bild liegen, bis ich die Gänsehaut auf meinen Armen spürte und mir rasch etwas anzog und im gleichen Zug meine Haare fönte. Ein wenig Creme, Lippenpflege, Haare durchkämen… das reichte. Ich musste schließlich keine Fünfundzwanzigjährige spielen. Fertig. Kaum hatte ich einen Fuß aus dem Bad gesetzt, meine Hand glitt gerade zum Lichtschalter, als mein Handy klingelte. Ich hastete hin und sah eine SMS von Alice aufblinken. Verwundert stellte ich fest, dass es eine leere SMS war. Was wollte sie damit sagen? Ich war mir sicher, so wie ich Alice kannte, dass es Absicht war. Hm, vielleicht viele mir später noch ein, was sie mir damit- Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Ich legte das Handy zurück auf mein Nachttischchen und blickte auf meine nackte linke Hand. Mein Ring! Das war es doch auch, was ich Alice im Auto versprechen musste, dass ich den Ehering die ganze Zeit anbehielt. Warum war ihr das so wichtig? Sie hatte im Auto so darauf bestanden… Heute war ich zwar nicht so müde, aber trotzdem sehr unkonzentriert, als wir bei Schneefall in den Wald stiefelten und Mr. Geronds irgendetwas erklärte. Auch Caroline war – wie immer eigentlich – lustlos. Mit fröstelnden Gliedmaßen stapften wir schließlich zurück. Aufgrund allgemeinen Frierens bekamen wir eine verlängerte Mittagspause und begannen erst spät, um sechzehn Uhr, wieder mit den Vorträgen, endeten aber trotzdem um neunzehn Uhr. „Ich bräuchte jetzt einen Glühwein“, maulte Caroline neben mir, während wir auf dem Ranchgelände ankamen und unsere Gruppe sich in alle Richtungen verstreute. „Mrs. Cullen?“ Ich wand mich um, Caroline tat es mir gleich. Ihr Vater kam von dem Ranchgebäude her auf mich zu. Caroline schnaubte, murmelte was von wegen „Sie ginge dann mal“ und machte kehrt. „Guten Tag Mr. Hutton“, grüßte ich, als er nah genug war und gewann mir, trotz eingefrorenem Gesicht, ein Lächeln ab. „Wie gefällt es Ihnen hier?“ „Sehr gut. Es ist sehr interessant und ich lerne viel dazu“, schleimte ich wahrheitsgemäß.“ „Sehr schön, sehr schön. So soll es sein. Weshalb ich sie auch sprechen wollte-“ „Mr. Hutton! Könnten Sie kurz kommen? Es ist wichtig!“, rief plötzlich jemand von der Ranch her. „Äh, ja… ja!“, rief er zurück, „ein andermal, bis dann“, sagte er hastig und vor allem verwirrt. Schon hatte er sich in Richtung Seiteneingang aufgemacht. Ich zuckte mit den Schultern, schob die Hände wieder in die Jackentaschen und ging mit gesenktem Kopf, es schneite wieder, ebenfalls in Richtung Unterschlupf. Ich grübelte immer noch über die Sache mit Alice, doch ich kam nicht sehr weit. Nach ein paar Schritten versperrte mir ein breiter Pferdekörper den Weg und riss mich aus meinen Gedanken. „Na eins muss man dir lassen, hartnäckig bist du“, murrte ich und sah hinauf zu dem Reiter, obwohl ich eigentlich gar nicht hinsehen musste, um zu wissen, wer oben drauf saß, „was soll das?!“ „Ausritt gefällig? Ich hab gehört ihr habt länger Pause.“ Ich verdrehte die Augen und wollte zu einer Abfuhr ansetzten, als er fortfuhr: „Komm schon, als Wiedergutmachung wegen des Beinaheunfalls gestern.“ Ich war immer noch nicht begeistert und blieb mit verschränkten Armen stur stehen, obwohl seine Einladung mir schmeichelte. „Hey du beleidigst mich! Einen besseren Reiter wirst du nicht finden!“, trumpfte er auf. „Ganz schön selbstgefällig der Mann“, entgegnete ich. Er machte eine Kunstpause und fragte dann grinsend: „Also? Was ist?“ „Ich kann nicht reiten“, argumentierte ich. „Brauchst du auch nicht, einfach hier hinter mich drauf. Ich bringe dich auch an einen warmen Ort, versprochen“, er zwinkerte mir zu. „Na schön“, gab ich mich geschlagen. Er hielt mir seine Hand hin. Ich streckte meine aus. „Ich kenne nicht mal deinen Namen“, fiel mir ein, bevor ich meine in seine legte. „Juli. Also eigentlich Julius, aber das ist selbst für die Gegend hier zu altmodisch. Und du?“ „Bella. Also eigentlich Isabella, aber das ist selbst für die Gegend hier zu altmodisch“, wiederholte ich ihn grinsend. Er lachte. Ich stimmte unweigerlich mit ein und nahm dann seine Hand. Er zog mich hoch und ich setzte mich, ein wenig ungeschickt, hinter ihm aufs Pferd. „Du bist aber schwer, hätte ich bei deiner Statur gar nicht gedacht“, lachte er, als ich gerade saß. Kein Wunder, dachte ich, ich hatte in den letzten Tagen nicht gerade gefastet. Er sah zu mir nach hinten, vermutlich verwundert über meine unerwartete Wortkargheit. „Ich wollte dich nicht beleidigen oder so-“, begann er in entschuldigendem Unterton. „Schon okay. Ich sollte tatsächlich weniger Süßes essen“, gestand ich. „Zuckerschnute also.“ Sein Blick war nun nach vorne gerichtet, doch ich sah anhand der Grübchen selbst von hinten, dass er grinste. „Manchmal…“ Nun lächelte ich auch. Wie lange war ich nicht mehr geritten? Als Kind mal, ja, aber danach? Ich wusste es nicht, doch es war herrlich. Obwohl mir durch den Ritt nicht gerade wärmer wurde, der Wind peitschte mir um die Ohren und ich wurde durch den Schnee zusehends nasser, genoss ich den verschneiten Wald um mich herum. Nach ein paar sehr langen Minuten kam er zum stehen. Ich sah an ihm vorbei und erkannte eine alte Hütte, in der Licht brannte und aus dessen Schornstein es qualmte. „Wohnst du hier?“, rutschte es mir unbedacht raus. Juli lachte schallend auf. „Ich wohne auf der Ranch. Hier wohnt niemand. Ist wie ein Ferienhaus im Süden quasi.“ Er ritt im Schritttempo noch etwas näher heran. „Ferienhaus? Aha.“ Zuerst stieg er ab, dann half er mir runter. „Aber darin ist es garantiert auch so warm wie im Süden“, sagte er mit einem schelmischen Grinsen und er behielt recht. Kaum hatte er die Tür geöffnete, wehte mir heiße Luft ins Gesicht, die meine Wangen umgehend glühend rot färbte. Das Feuer loderte heiß im Kamin. Ich streifte rasch meine durchnässten Sachen ab und ließ mich auf dem Teppich vor dem brodelnden Kamin nieder. „Viel besser als die Elektroheizungen auf der Ranch, die brauchen ewig“, sagte Juli, doch ich schwieg genießerisch und hielt die Handinnenflächen mit Abstand an die Flammen. „Das mit dem Anderssein“, begann er, nachdem er sich zu mir gesetzt hatte, „kannst du mir das erklären? Ich meine diese betrübten Blicke immer. Eben und gestern vor dem Telefonat. Und ich hab dich Montagmorgen, besser gesagt Nacht gesehen. Das war doch dein Auto oder?“ Ich blickte ihn von der Seite an. „Was machst du nachts um drei Uhr?“, überging ich ihn und stellte eine Gegenfrage. „Auf Toilette gehen, mich wundern, dass ich Motorengeräusche höre und zufällig aus dem Fenster sehen.“ Er grinste. Ich musste auch grinsen. „Also?“, fragte er dann, „Also was? Was willst du wissen?“, entgegnete ich. „Wer du bist und was du hier machst?“ „Bella Cullen, Medizinstudentin bei einem Camp, wo es darum geht möglichst viel Wissen in sich hineinzustopfen“, antwortete ich nüchtern. Natürlich war das nicht das, was er hören wollte. Er musterte mich eine Zeit lang, bis ich ihn bat, mich zurückzubringen, da ich etwas von der geschenkten Zeit noch produktiv nutzen wolle. Nickend, aber merkwürdig nachdenklich, willigte er ein. Ich kam am nächsten Tag nicht drum herum tatsächlich zuzusagen zum Pub zu kommen. Da Caroline mir nicht traut, bestand sie darauf mich abzuholen (ich wiederum bestand darauf, aber mit meinem eigenen Auto zu fahren). Ich achtete nach dem Duschen peinlichst genau, meinen Ring umzutun, Alice sollte mir nicht wieder leere Nachrichten schicken, die mich zu sehr zum Nachdenken brachten, obwohl ich den Sinn und das Theater um den Ring immer noch nicht verstand, und ging dann raus, wo Caroline bereits in ihrem Wagen wartete. „Weißt du wer noch da sein wird?“, wollte ich wissen, nachdem ich zu ihr gegangen war und sie begrüßt hatte. „Ich denke wenige von uns. Die meisten bleiben auf den Ranch-Partys und gehen nicht in den Ort. Denke mal, es werden mehr Leute aus dem Ortskern da sein, die wir nicht kennen.“ Caroline hatte die Sache völlig falsch eingeschätzt – und ich auch. Ich war von einer Kneipe oder so was ausgegangen. Das „Pub“ war allerdings eine Disco, die sich nur so nannte. Es wimmelte nur so von Medizinstudenten, als sie ihren Wagen parkte. Scheinbar hatte Caroline es beiläufig mit einfließen lassen, dass wir heute hier hingingen. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Caroline zog mich schon an meinem Arm nach rechts und steuerte direkt auf Juli zu. Sie winkte ihm überschwänglich. Er schritt auf uns zu. „Guten Abend die Damen“, grüßte er breit grinsend, „folgen Sie mir bitte, wir gehen hinten rein.“ Gesagt, getan. Wir gingen um das Pub herum und er führte uns durch ein paar Personalgänge in die Disco. Laute Musik, schlechte Luft und viel zu viel Verführung Alkohol zu genießen waren nicht gerade die drei Sachen, die ich heute Abend haben wollte. „Ich hab uns dort einen Tisch reserviert-“, schrie er uns in die Ohren und deutete hinter sich, in eine etwas abgelegenere Ecke. „Tisch? Wer braucht einen Tisch?“, kreischte Caroline zurück und wollte mit Juli, sie hatte ihre Hand um sein Handgelenk geschlossen, auf die überfüllte Tanzfläche. „Ich komme später nach“, schrie er, als er sich nicht rührte und Caroline ihn fragend ansah. Sie lief trotzdem auf die Tanzfläche und schien nur einen kurzen Moment bedrückt zu sein, da sie sofort in der Menge untertauchte und sich zu ein paar wild winkenden Leuten gesellte. „Wollen wir uns hinten hinsetzen?“ Ich nickte. Er führte mich dorthin und deutete an, dass er eben etwas zu trinken holen wolle. Ich setzte mich. Hier in der Ecke war es vergleichsweise ruhig. Die Musik drang hier nicht allzu laut hinüber. Juli kam wieder, stellte sich ein Bier und mir etwas Cocktailartiges hin und setzte sich zu meiner Rechten. Mist, dachte ich prompt. „Ich trinke nicht“, gestand ich, als er mich fragend musterte. „Wie kommt’s?“, wollte er wissen. „Ach was soll’s“, entschied ich statt einer Antwort spontan und nahm einen Schluck. Ein Cocktail… ein Cocktail würde mich schon nicht umbringen. Ich bemerkte Julis fragenden Blick und schüttelte nur den Kopf. „Darf ich was fragen?“ „Klar“, sagte ich misstrauisch. „Warum studierst du Medizin?“ Schlechte Frage, dachte ich. Zumindest keine auf die er eine wahrheitsgemäße Antwort erwarten dürfe. „Interessiert mich halt“, murmelte ich. Er schien es aber verstanden zu haben. „Ich kann mich dir ehrlich gesagt nicht als Ärztin im Kittel vorstellen, die Leute aufschneidet“, fand er. „Ich mich auch nicht“, sagte ich knapp und nahm noch einen Schluck. Ich blickte ununterbrochen auf das Glas vor mir. „Aha. Und warum studierst du das dann?“ „Aus Interesse“, wiederholte ich. Juli seufzte. „Du bist echt ein harter Brocken.“ „Und du bist ganz schön neugierig“, gab ich zurück. Wir sahen uns an und mussten lachen. Ich nahm einen großen Schluck vom Cocktail, der schon beinahe leer war. „Ich glaube“, begann er nachdenklich und blickte hielt sein Bier mit beiden Händen umschlossen, als wolle er es wärmen, „dass irgendetwas passiert ist und du vor etwas fliehst. Hab ich recht?“ Ich spürte seine warmen braunen Augen auf meinem Gesicht, während ich nun hinab auf mein Getränk sah. Voll ins Schwarze, schoss es mir unwillkürlich den Kopf. Doch noch schlimmer: Wieso konnte mich ein Mensch lesen wie ein offenes Buch?! Von Vampiren war ich es gewöhnt, aber von einem Menschen… „So in etwa“, sagte ich leise. Mir fiel auf, dass er ein paar Zentimeter näher zu mir rutschte und mich weiter anblickte. Ich hatte das Gefühl, als blinkten meine Gedanken auf meiner Stirn auf und er sah mich an, um sie zu lesen. „Willst du darüber reden? Du kannst mir vertrauen, ich höre dir zu.“ Ich kniff die Augen zusammen. Sie fühlten sich mit Tränen. Ich sah nun zu ihm und bemerkte, dass unsere Gesichter kaum mehr eine handbreit voneinander entfernt waren. Er bewegte sich nicht. Ich konnte bereits seinen Atem auf meinem Kinn erahnen. Es war willkürlich, wie reflexartig. Totaler Kontrollverlust. Ich küsste ihn. Ich presste meine Lippen auf seine. Seine weichen, warmen Lippen, während sein heißer Atem auf meiner Haut prickelte. Er reagierte erst langsam und erwiderte zaghaft meinen Kuss, während meine Hände durch sein blondes dichtes Haar glitten. Dann spürte ich es. Und ich wusste genau, dass sie es von Anfang an gewusst hatte und es trotzdem nicht verhindert hatte. Ich spürte den Ring, an meinem Finger, in welchem sich seine festen Haarsträhnen verfingen und mir wurde schlagartig bewusst, was ich hier tat. Ich drückte ihn nach hinten und starrte ihn erschüttert an, als wäre es seine schuld. Sein Gesicht war ausdruckslos. Er wartete und atmete ruhiger werdend. Mein Atmen raste und meine Brust hob sich rasch immer wieder an und senkte sich ebenso schnell. „Ich muss- ich muss gehen. Ich, ich, ich-“ Ich rang nach Luft, nahm meine Tasche und rannte von ihm weg. Mühsam bahnte ich mir einen Weg durch die Menge, bis ich endlich an der eisigen Luft draußen war. Ich versuchte die letzten Minuten zu rekonstruieren, doch es gelang mir nicht. Ich traute mich nicht, denn ein Wort geisterte in meinem Kopf herum und hallte unaufhörlich in mir: Betrug. Ich hatte Edward betrogen. Ich hatte einen anderen geküsst! Ich lief so schnell wie ich konnte zu meinem Auto ohne dabei auf dem eingeeisten Boden auszurutschen. Mein Gesicht war fassungslos, wie erstarrt. Ich stieg ein und schmiss den Motor an. Mein Alkoholpegel interessierte mich nicht. Ich legte den Rückwärtsgang ein und drückte das Gaspedal viel zu tief durch, um aus dieser recht engen Parklücke zu gelangen. Prompt raste das Heck des Autos gegen die Straßenlaterne. „Scheiße, scheiße, scheiße!“, schrie ich, donnerte mit den Händen gegen das Lenkrad und legte dann den Kopf darauf. „Du bist so bescheuert Isabella Cullen!“ Wie kann ein Mensch – ein Wesen wie ich – in so kurzer Zeit so viele Fehler machen? Die andere verletzen? Ich stieg nicht aus, sondern fuhr nun endlich aus der Parklücke heraus auf die Straße. Alice hatte es gesehen, sie hatte es gewusst. Die ganze Zeit. Und ohne ihren Hinweis- was wäre dann passiert?! Hatte sie das auch gesehen?? Ich gelangte schnell und vor allem heil zu meinem Hotel und stellte das Auto auf dem hoteleigenen Parkplatz ab. Ich lief um das Auto herum und sah einen länglichen Abdruck auf der Kofferraumhaube. Ich öffnete den Kofferraum und sah mir die Seite an. Ich tastete sie im dunklen ab, obwohl ich gar nicht wirklich daran dachte, sondern mir ganz andere Dinge durch den Kopf jagten. Plötzlich, als ich die Kofferraumtasche ertastete, berührten meine Finger etwas weiches, ungewohnt Weiches. Ich griff danach und hob das schwarze Tagebuch – Edwards Tagebuch für mich – aus dem Kofferraum. „Edward. Scheiße.“, murmelte ich. Ich war den Tränen nahe. Ich schloss unwirsch den Kofferraum, ging ins Hotel und schnell hoch auf mein Zimmer. Ich pfefferte das Tagebuch zusammen mit meiner Tasche aufs Bett, bevor ich auf die Erde sackte. Wie konnte ich nur?! Warum hatte ich dieses Ekelpaket geküsst?! Ich schreckte hoch, als ich mein Handy vibrieren hörte. Rasch griff ich danach. Alice: Jasper und ich sind mit Nela verreist. Edward ist heute Morgen wieder gekommen. Ich habe es versucht so gut es ging zu verheimlichen. Das musst du ihm selbst sagen. Erwachsen wollte ich sein, nicht mehr so kindisch wie früher, dachte ich und starrte auf Alice’ Worte. Doch scheinbar konnte ich das nicht sein… genau genommen war ich kindischer und unreifer denn je. Ich hatte den besten Mann der Welt und ich setzte alles auf Spiel, indem ich einen anderen küsste! Mein Gesicht verzerrte sich und nun kullerten doch erst wenige, dann viele Tränen über meine Wangen. Jetzt hockte ich wieder hier und heulte, dachte ich, doch ich konnte nichts dagegen tun. Ich wischte sie mir immer wieder mit dem Ärmel ab. Ich zuckte heftig zusammen, als es an meiner Zimmertür klopfte. Anstatt ich einfach sitzen blieb und nichts tat, stand ich auf und öffnete. Caroline stand davor und trat ein. „Hey, was ist los? Ist etwas passiert? Juli hat mich gebeten nach dir zu sehen, er meinte-“ „Edward weiß es, er weiß es“, platzte es verzweifelt aus mir heraus. „Woher sollte er was wissen?“, fragte sie verwirrt und legte die Stirn in Falten. „Er wird es wissen, er wird es natürlich wissen- er wird es mir ansehen“, kreischte ich ohne Stimme. Wenn er es wirklich nicht schon weiß… „Wovon zum Teufel redest du?!“, fragte Caroline durcheinander. Ich setzte mich auf die Bettkante und legte das Gesicht in die Hände. „Ich habe Juli geküsst. Ich habe ihn geküsst“, piepste ich luftholend über den Tränen. „Du- DU HAST WAS?!“, schrie Caroline mich an, „Juli?? Juli?? Ich dachte- du hast doch gesagt, dass du ihn nicht leiden kannst- du hast- du weißt genau, dass ich auf ihn stehe-“, sie holte japsend nach Luft, „DU BIST VERHEIRATET! VERSTEHST DU DAS BELLA?! VER-HEI-RA-TET!!“ „Ich weiß, ich weiß es doch“, schluchzte ich. In diesem Augenblick wurde die Hotelzimmertür heftig zugeschlagen. ---- *in Deckung geh* ^^ Ich weiß, dass das sehr gewagt ist und ich habe sehr lange darüber nachgedacht, ob es zu Bella passt oder nicht, aber ich habe mich dann (wie ihr seht) letztlich dafür entschieden. Ich hab mich dabei an Bellas Beziehung zu Jake in SMs Büchern erinnert... aber entscheidet selbst. lg Fane/Vanessa Kapitel 26: Schuldgefühle ------------------------- Hab die wenigen Tomaten überlebt ^^ thx für eure Kommis *kuss* Hier nun das nächste :) ------- Ich packte meine Sachen zusammen. Ich warf alles ohne Plan in den Koffer. Beim Tagebuch hielt ich inne. Warum hatte er es mir in den Kofferraum getan? Ich schlug es auf und blätterte nach hinten bis ich etwas Neues. William Shakespeare Sonett 18 Soll ich Dich einem Sommertag vergleichen? Nein, Du bist lieblicher und frischer weit - Durch Maienblüten rauhe Winde streichen Und kurz nur währt des Sommers Herrlichkeit. Zu feurig oft lässt er sein Auge glühen, Oft auch verhüllt sich seine goldne Spur, Und seiner Schönheit Fülle muss verblühen Im nimmerruh'nden Wechsel der Natur. Nie aber soll Dein ewiger Sommer schwinden, Die Zeit wird Deiner Schönheit nicht verderblich, Nie soll des neidischen Todes Blick Dich finden, Denn fort lebst Du in meinem Lied unsterblich. So lange Menschen atmen, Augen sehn, Wirst Du, wie mein Gesang, nicht untergehn. Daneben stand schräg, geschrieben mit seiner engen edlen Schrift: Sehnsucht ist alles, was ich empfinde, wenn du bei nicht mir bist. Denn du bist lieblicher, denn du bist der frische Wind in meinem Leben Und nichts, was ich an dir liebe, wird je vergehen. Es wird nur mehr dazu kommen, dass ich an dir begehre. Ich seufzte gerührt. Mein Gesicht war nass. Und ich tat ihm so weh… Ich klappte den Koffer zu und stellte ihn an die Tür, bevor ich ins Bad ging und mir den Finger in den Hals steckte. Ich wollte nichts in mir haben… dass ich im Begriff war alkoholisiert Auto zu fahren, wollte ich nicht wahr haben und versuchte es – völliger Schwachsinn, wie mir bewusst war – auf diese Weise loszuwerden. Ich wusch mir den Mund aus und trank einen Liter Wasser, bevor ich zu Rezeption ging und abreiste. Ich fuhr die dunklen leeren Straßen lang. Ich fuhr nicht schnell, denn die Angst ließ meinen Magen verkrampfen. Ich musste und würde es ihm in die Augen sagen, doch wie konnte das? Ich berührte mit den Fingerkuppen meine Lippen. Niemals- niemals sollten sie etwas anderen berühren als Edwards Haut, als seine Lippen. Die Reue schnitt mir ins Fleisch und ich begrüßte es, denn ich hatte es verdient. Ich durfte und musste leiden. Ich weiß nicht, wie er mir das je verzeihen könne… ich machte alles kaputt, ich machte mein Glück, den tollsten Mann der Welt lieben und berühren zu dürfen, zunichte. Wie dumm ich war… Wie sollte es ich es ihm erklären? Warum? Warum verdammt hatte ich ihn geküsst? Warum hatte ich diesem Impuls nachgegeben? Woher kam dieser Impuls? Ich schluckte Tränen herunter und versuchte mich auf die verlassenen Straßen zu konzentrieren. Ich hatte nichts zu meiner Verteidigung vorzutragen, nicht mal eine Erklärung. Mein Kopf war leer. Ich wollte nichts vorschieben. Nicht die Einsamkeit, nicht den Tod meiner Mutter, nicht die Jahre ohne Nela… ich wollte keine Ausreden als Rechtfertigung. Ich hatte keine Erklärung. Es gab keine. Ich spürte wie das Blut durch meine Adern schoss, wie mein Atem sich nur willentlich zügeln ließ und meine Hände gezittert hätte, wenn ich das Lenkrad nicht umklammert hätte. Ich parkte vor dem Haus der Cullens. Ehrlichkeit war ich ihm schuldig. Ich durfte dankbar sein, dass ich überhaupt die Gelegenheit bekam, es ihm selbst sagen zu können – dank Alice. Das Haus der Cullens kam mir fremd vor, doch erst beim näheren hinsehen, obwohl es so auffallend war, wusste ich warum: Es brannte kein Licht. In keinem der Zimmer. Mir war schlecht. Wie, nur wie konnte er es selbst vor sich rechtfertigen mir nicht den Laufpass zu geben? Wie nur? – Gar nicht. Das wusste jede Zelle meines Körpers und sie ließen es mich spüren. Falls es wider erwartend, doch nicht so kommen sollte, wie es sich anfühlte, hatte ich auch bereits eine Entscheidung getroffen. Vielleicht die einzige, die ich jemals im Leben richtig getroffen hatte. Ich schritt sehr langsam auf das Haus zu. Doch kaum hatte ich die Hand auf der Türklinke, raschelte etwas auffällig laut in der windstillen, wolkenlosen Nacht. Ich sah mich um und ging am Haus entlang auf den Garten zu. Ich sah Edward, schwach erhellt vom Mondlicht mit dem Rücken zu mir, im Schnee stehen. Er hatte den Kopf zum Himmel geneigt. Ich wusste, dass er mich bemerkte hatte und trat hinter ihn. Ich schluckte, schloss die Augen und nahm all meinen Mut zusammen, bevor ich sagte: „Edward. Ich habe dich betrogen. Ich habe einen anderen geküsst.“ Ich ließ die Augen geschlossen und wartete. Ich lauschte der nächtlichen Stille. Nichts rührte sich. Alles hielt inne. „Ich frage mich, was dir fehlte“, sagte er schlicht und ich öffnete schlagartig die Augen, denn ich wusste wohin das führen würde. „Was ich tun muss-“ „NEIN!“, kreischte ich hysterisch, dann wimmerte ich nur noch leise: „Bitte, gib mir einmal schuld. Lass mich einmal Verantwortung für mein Handeln tragen. Darum bitte ich dich, um mehr nicht. Es tut mir leid.“ Ich ballte die Hände zu Fäusten. Wie hatte ich das tun können… wie konnte ich ihm nur so viel Kummer bereiten… „Die Sterne sehen überall gleich aus“, flüsterte er. „Bitte, bitte schrei mich doch an!“, rief ich schluchzend. Die Tränen rannten unaufhörlich meinen Wangen herab. „Sag mir was ich für ein verlogenes Miststück bin, bitte.“ Langsamer, als selbst Menschen es tun würden, drehte er sich zu mir um und sah auf mich herab. Ich sah in sein halb erhelltes Gesicht, welches undeutbar für mich war. Er legte seine Hände an mein Gesicht. „Ich liebe dich bedingungslos. Egal was du tust, nichts wäre genug, dass ich mich deiner für immer entsage. Nichts würde mich dazu bewegen, nichts. Nur, wenn du mich nicht mehr wolltest. Ich aber, werde ich immer lieben und bei dir sein wollen.“ Meine Augen brannten und vergossen weitere Tränen. Ich hätte mich am liebsten in seine Arme geworfen, doch das durfte ich nicht. Ich tat das einzig richtige und trat von ihm zurück. Seine Hände ließen von mir ab. „Dieses eine Mal entscheide ich zu deinem Wohl“, sagte ich leise, „einmal weiß ich, was für dich gut ist“, ich schluckte Tränen hinunter um weiter sprechen zu können, „ich liebe dich und deshalb kann ich nicht länger zu sehen, wie du wegen mir leidest. Wenn du dich nicht von mir trennst, dann tue ich es. Du hast besseres verdient.“ Ich trat einen weiteren Schritt zurück, nahm meinen Ring ab und ließ ihn auf die Erde fallen. „Leb wohl“, formten meine Lippen geräuschlos. „Das tust du nicht“, sagte er tonlos, nachdem ich mich umgewand hatte. Seine Hand lag auf meinem Oberarm. „Ach ja?“, piepste ich über die Tränen hinweg. „Ja. Du kannst mich gar nicht verlassen.“ Er hatte recht und doch wusste ich, dass ich es schaffen könnte, denn ich tat es nicht um meiner selbst willen. Ich hatte ihn, meine große Liebe, als Motivation. „Ich fahre dich nach Hause. Du hast Alkohol getrunken“, sagte er nach einer langen stillen Pause, in der wir einfach nur dastanden und ich mir auf die Unterlippe biss. „Kann ich einfach… hier schlafen?“ Ich war nicht erpicht darauf eine lange Zeit im Auto mit ihm zu sitzen. Hier schlafen zu müssen, war das geringere übel, fand ich. „Wie du möchtest.“ Seine Hand glitt von meiner Schulter. Ich schritt am Haus vorbei ins Haus. Die Lichter waren im Haus angegangen. Ich vermutete, dass Esme und Carlisle da waren. Ich lief rasch, ich wollte niemanden mehr unter die Augen treten, ins Schlafzimmer und zog die Decke bis zur Nase. Ich fühlte mich schäbig, dreckig und eklig. Und das war gut so. Wie sollte es weiter gehen? Mein halbherziger Versuch Edward gestern zu verlassen war gescheitert, denn er hatte so recht… ich konnte einfach nicht. Ich wollte aber in keinster Weise, dass Edward mir verzieh. Meine Seele schon, mein Verstand nicht. Doch ich konnte nicht ohne ihn leben… aber es war egoistisch, weiter bei ihm zu bleiben. Ich war durcheinander. Ich starrte gerade aus nach oben. Wie konnte er mir nur einfach so verzeihen? Wenigstens anschreien können hätte er mich, mich beschimpfen, was auch immer er wollte. Alles, damit ich mich etwas schlechter fühlte. Seine Selbstlosigkeit war bemerkenswert, aber auch töricht und zerriss alles in mir. Ich stellte mich lange unter die warm tröpfelnde Dusche. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie ich mich verhalten durfte. Angezogen verließ ich das Bad und setzte mich auf die Bettkante im Schlafzimmer. „Frühstück“, trällerte Edward und stelle sogleich ein Tablett neben mich, „Hunger?“ Ich schüttelte den Kopf, obgleich ich tierisch hungrig war. Mir war allerdings nicht nach essen zumute. „Ich wollte nicht mehr kindisch sein. Ich wollte mich einfach mal allem stellen, wie eine Erwachsene“, sprudelte es aus mir raus, den Kopf in den Händen, „Ich wollte nicht heulen und mich selbst bemitleiden und dir wehtun. Aber ich schaffe es einfach nicht. Warum? Warum kann ich nicht so erwachsen wie ihr?“ Edward setzte sich neben mich und nahm eine Hand von meinem Kopf, die er in seinen streichelte. „Vielleicht weil niemand das durchgemacht hat, was du durchmachen musstest.“ „Aber das kann doch nicht auf immer und ewig eine Ausrede für meine Fehler sein?!“, entgegnete ich verstört und blickte zu ihm auf. „Bella“, er küsste meinen Handrücken, „du machst dir viel zu viele Gedanken. Möchtest du wissen, was ich gestern empfunden habe, als ich es in Alice’ Gedanken gesehen habe?“ „Du hast es gewusst?“, fragte ich mit großen Augen, die immer glasiger wurden. „Ja. Alice wusste nicht, dass ich sie schon hören konnte, als sie mit Jasper auf der Jagd war und es sah.“ Stille. Ich sah auf meine Hand in seiner und beobachtete, wie er sanft mit den Fingern darüber strich. „Sag es mir bitte“, wisperte ich und sah zu ihm auf. „Zuerst dachte ich: ‚Arme Bella’, es-“, er legte den Zeigefinger auf meine Lippen, als ich den Mund öffnete um etwas zu sagen, „es fühlte sich an, als spürte ich wie schlecht es dir geht, wenn ich es damit verglich, wie sehr mich Alice’ Gedanken verletzten.“ Ich senkte den Kopf. Ich fühlte mich schrecklich. Unglaublich was ihm antat. „Danach war es mir egal und ich hoffte einfach nur“, er nahm mein Gesicht in seine Hände und hielt es ein paar Zentimeter von mir entfernt, „dass du bald wieder wohlbehalten und gesund bei mir bist…“ Er legte die Lippen auf meine. Ich erwiderte es nicht. Er sah mich an. Ich konnte nichts in seinem Blick lesen. „Ich kann das nicht annehmen…“, murmelte ich und senkte wieder den Blick. „Du kannst und du wirst“, flüsterte Edward. Er nahm eine Hand von meiner weg und steckte mir meinen Ring an den Finger. Ich starrte den Ring an. „Ich habe mein Eheversprechen gebrochen.“ „Und ich habe dir verziehen“, sagte er. Seine Lippen lagen an meine Schläfen. „Du verzeihst mir alles“, sagte ich mit bitterem Unterton. Nun küsste er kurz meine Schläfe. „Wahrlich. Obwohl es Dinge gibt, die noch mehr schmerzen würden, aber ich würde dir alles verzeihen, denn ich liebe dich“, sagte er nachdrücklich. Er fuhr mit der Nase zärtlich von meinem Kinn zu meinem Wangenknochen. „Und jetzt küss mich“, hauchte er mir ins Ohr. Ich wandte den Kopf zu ihm und sah in seine unergründlichen Augen. Er beugte sich vor, damit unsere Lippen einander umschließen konnten. Doch ich wich unmerklich nach hinten und flüsterte: „Ich verspreche dir: Keine Tränen mehr, kein kindisches Verhalten. Ich werde mich jetzt benehmen, wirklich diesmal, ehrlich“ Er grinste schief, schloss die Augen und im gleichen Atemzug küsste ich die richtigen Lippen. Die Eiskalten. Die Seidigen. Die Spiegelglatten. „Dann…“, wir atmeten beide schwer, als er Luft zum Sprechen fand, „wirst du gleich direkt auf die Probe gestellt“, ich sah ihn fragend an, während ich nach Luft japste, „Außer du möchtest nicht, dass ich berichte…“ Ich hatte vollkommen vergessen, warum er weg war und wo er gewesen war. „Doch, doch sicher“, sagte ich heftig nickend und stütze mich mit den Armen vom Bett auf. „Hättest du was dagegen, wenn Esme und Carlisle mithören? Ich meine… sie sind im Haus-“ „Nein, natürlich nicht“, unterbrach ich ihn, „wir können auch zu ihnen gehen. Ich werde nicht mehr losheulen wie ein Kind“, sagte ich vollkommen überzeugt und hoffte, dass das auch der Wahrheit entsprach. Edward senkte nachdenklich den Blick und legte beide Arme seitlich um mich. „Ich war ja ziemlich lang dort“, begann er, scheinbar fand er die Idee nicht gut, dass Esme und Carlisle körperlich anwesend waren, „und das hat auch seinen Grund. Phil denkt so gut es nicht viel an sie. Er versucht sich voll und ganz auf das Jetzt, die Zukunft und Gabriel zu konzentrieren, weil es Gabriel sehr schlecht ging nach dem Tod deiner Mutter.“ „Wie alt ist er?“, fragte ich dazwischen und merkte, dass meine Stimme rau klang. „Er ist fünf Jahre alt und sonst ein sehr stiller Junge, klug und aufmerksam, aber still. Doch den Tod deiner Mutter hat er nicht verstanden und war äußerst verstört. Er verhielt sich im Kindergarten auffällig, schrie zu Hause viel und wurde vor allem Gegenständen gegenüber aggressiv. Mittlerweile geht es wieder, aber es hat Phil viel Nerven und Kraft gekostet. Er selbst konnte noch nicht gebührend trauern. Bislang verdrängt er noch jeden Gedanken. Selbst vor dem Schlafen gehen, versucht er nicht an das, was geschehen ist, zu denken.“ „Was ist geschehen?“, fragte ich atemlos in seine Kunstpause. „Deine Mutter war am neunten mit einer Wandergruppe unterwegs“, vermutlich einer ihre neuen Marotten, dachte ich völlig unangebracht, „Sie brach urplötzlich zusammen und erlitt einen Schlaganfall. Sie waren noch nicht weit gewandert, weshalb sie zwar schnell ins Krankenhaus gelangt, doch dort erlag sie dem Anfall endgültig. Wichtige Gehirnregionen waren befallen“, er sah neigte den Kopf und küsste mich aufs Haar bevor er sagte: „Gabriel war auf dem Ausflug dabei.“ Ich wand den Kopf ruckartig zu ihm, sodass ich meine Nase fast an seinem Kinn gestoßen hätte, wenn er nicht zurückgezuckt hätte. „Er war bei ihr?! Er hat das alles mit angesehen?!“ „Ja.“ Edward nickte langsam. Ich legte den Kopf wieder an die Senke seines Halses und spürte wie Tränen meine Augen füllten. Ich blinzelte schnell, damit sie nicht überliefen. „Das ist schrecklich“, sagte ich und schluckte. Wenn Edward mir nur davon erzählte, wurde mir ganz anders, doch wie ist es für einen kleinen Jungen zu sehen wie die Mutter zusammenbricht und stirbt? Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie es der kleinen Kinderseele ergangen sein mochte… „Einfach so… ich meine ganz plötzlich einen Schlafanfall? Auf einmal?“ „Sie hatte seit längerem ein Gerinnsel, welches sich ausbreitete und nicht entdeckt wurde. Das löste den Schlaganfall aus.“ Ich seufzte und konnte die Tränen kaum noch zurückhalten. Ich riss die Augen auf und blinzelte rascher. „Das sieht ihr ähnlich… sie ist selten zu Ärzten gegangen, sie mochte sie nicht besonders…“ Nun traten doch Tränen über meine Wange. Hastig wischte ich sie mir mit der Hand weg. „Ich weine nicht, ich hab nur was im Auge… Wimperntusche oder so…“, murmelte ich. Edward küsste mein Haar und sagte nichts. Ich atmete tief ein und aus und bekam mich einigermaßen wieder unter Kontrolle. Du wolltest doch erwachsen sein Bella!, mahnte ich mich. Wenn du unsterblich bist, sind andere vergänglich, hatte ich doch in Prince zu mir gesagt. Ich fing mich und fragte leise: „Woher weißt du das alles, wenn Phil versuchte nicht daran zu denken?“ „Ich hatte Glück. Vorgestern Abend kamen Freunde von Phil zu Besuch und dann haben sie natürlich darüber gesprochen. Er hat nicht viel gesagt, aber unweigerlich daran gedacht. Na ja und Gabriel hat natürlich viel daran gedacht, aber es war alles nicht sehr griffig, weil er ja noch klein ist.“ „Hast du noch mehr über Gabriel herausbekommen?“, wollte ich wissen. „Deine Mutter hat ihn mit neunundvierzig am siebten Januar zur Welt gebracht. Er war ein Wunschkind, aber nicht geplant. Sie hatten zwar überlegt noch ein Kind zu bekommen, weil-“, er brach ab und fuhr pausenlos fort, „aber wegen ihres Alters wollten sie es nicht wagen. Als sie dann schwanger war, hat sie jedoch nicht gezögert das Kind wirklich zu bekommen.“ „Weil ihre eigene Tochter sich ja nicht mehr blicken ließ geschweige denn meldete“, beendete ich seinen abgebrochenen Satz. Ich versuchte von dem Inhalt meines Satzes innerlich abstand zu nehmen. Es von außen zu betrachten, objektiv und ohne ihn an mich heran zu lassen. Ich atmete langsam und schloss kurz die Augen. Es war alles in Ordnung. „Danke, dass du das für mich getan hast“, sagte ich dann und küsste ihn unterhalb seiner Wange. Er lächelte zärtlich. „Und… danke übrigens für deinen Eintrag in dem Tagebuch und dein Gedicht. Es ist wunderschön“, sagte ich anerkennend. „Du musst wissen, dass ich im schreiben nicht sonderlich kreativ bin-“, ich sah ihn ungläubig an, „vergleichsweise“, fügte er schief grinsend hinzu, als er meine großen Augen sah, „aber wenn ich an dich denke, gelingt mir alles.“ Ich lächelte verlegen und erwiderte dann seinen zart schmelzenden Kuss. „Wenn du doch gestern Morgen schon wieder hier warst, warum hast du mir nicht bescheid gesagt? Ich wäre-“ „Du wärst zurückgekommen“, schnitt er mir das Wort sogleich ab, „und das wollte ich nicht. Du solltest dort bleiben-“ „Und dich betrügen“, murmelte ich dazwischen und nahm das Thema von vorhin wieder auf. Er brach ab. „Edward ich mache mir solche Vorwürfe. Bitte sag mir wenigstens etwas, womit ich es wieder gut machen kann, obwohl ich weiß, dass das natürlich nicht geht, ich-“ „Schhh“, machte er und küsste mich, „das größte Geschenk für mich ist, wenn es dir gut geht.“ Ich verdrehte dir Augen. „Nein, ja, ich meine- etwas für dich, nicht für mich. Etwas was ich für dich tun kann“, versuchte ich etwas aus ihm herauszulocken. „Also wenn es dich beruhigt“, resignierte er, „dann überlege ich mir etwas, in Ordnung?“ Ich nickte an seiner Schulter. „Willst du mal versuchen etwas zu essen?“, fragte er plötzlich. Ich runzelte die Stirn. „Wieso versuchen?“ „Du hast dich übergeben“, sagte er selbstverständlich. Ich sah ihn fragend an. War Alice da etwa noch hier gewesen? Wusste er dann alles? Das mit Caroline… „Hat Alice-“ „Nein, ich rieche es. Der Geruch“, sagte er schlicht und glitt mit der Nase an dem Ärmel meines Pullovers entlang. „’Tschuldige“, murmelte ich. Er schüttelte nur den Kopf. „Warum hast du dich übergeben?“, wollte er in neutralem Ton wissen. Ich schluckte und blickte zu ihm auf. Ich atmete schwer, denn das wollte ich nicht beantworten. Er wartete, ersehnte eine Antwort. Ich sah wieder geradeaus und sagte Schulter zuckend: „Meine letzte kindische Tat. Ich wollte den Alkohol auskotzen.“ Edward lachte leise. „Ja ich weiß, dass das nicht geht“, murrte ich, „es kommt auch ganz sicher nicht mehr vor. Gar nichts mehr in der Art“, ergänzte ich leiser. „Hauptsache du bist gesund und dir geht es gut“, sagte er zärtlich, dass es mir einen herben Stich in die Eingeweide versetzte. Ich konnte nicht anders und stand auf. Mit verschränkten Armen ging ich aus dem Zimmer, unschlüssig was ich tun wollte, wissentlich, dass er hinter mir her ging. „Bella?“, fragte er als ich in Richtung Treppe ging, dann stehen blieb, dann den Flur durchschritt, wieder zurück ging und schließlich die Treppen hoch in Nelas Zimmer. Edward folgte mir auf Schritt und Tritt. Ich blieb vor dem großen Fenster in Nelas Zimmer stehen. Mein Blick war zwar nach draußen gerichtet, doch ich sah ich nicht wirklich raus. Ich starrte den Fensterrahmen an. „Ich kann das nicht. Es ist süß, wie du dich um mich sorgst und nicht nachtragend bist und ich verdiene es, dass du mich dadurch spüren lässt, was für einen Fehler ich begangen habe, denn so viel Liebe tut fast weh… aber bitte scheue nicht, mir zu sagen für was für eine Schlampe du hältst.“ Ich presste die Lider aneinander, weshalb ich mir selbst keine Chance gab zu weinen. „Bella“, flüsterte er und legte mir rechts und links seitlich eine Hand an die Schulter, „es ist für dich doch viel schwerer. Ich habe keine Schuldgefühle. Natürlich hat es mich verletzt, dass du einen anderen geküsst hast, aber es war nur ein Kuss. Küss’ Emmett, Jasper, einen von der Straße, wen du willst, es wird mich immer verletzten, aber niemals so sehr wie es dir zu schaffen macht. Deshalb mach dir um mich keine Sorgen. Wenn ich sauer wäre, hätte ich es dir gezeigt. Ich wäre ehrlich gewesen, aber ich würde dich niemals eine Schlampe bezeichnen.“ Ich war wieder zu schwach um den Tränen zu widerstehen, weshalb ich mich in seine Arme drehte und an seiner Brust weinte und immer wieder „es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid“ wisperte. „Hör zu“, sagte er nach langen Minuten, vielen Minuten, in denen ich in seinen Armen lag, in denen es mir das Herz zerriss, wenn ich daran dachte, dass ich ihn verletzt hatte, in denen ich weinte wie ein kleines Kind, „jeder macht Fehler, auch ich, das wirst du spätestens merken, wenn du Nela gegenüber trittst“, ich kniff die verweinten Augen zusammen, „ich glaube nicht, dass sie gut erzogen ist“, fügte er lächelnd hinzu und kam wieder auf seine Ausgangsthese zurück, „ich verzeihe dir deinen Fehler, weil ich weiß, dass das ein Ausrutscher war und, dass du mich liebst, nicht ihn, nicht wahr?“ Ich nickte heftig. „Ja.“ „Siehst du“, flüsterte er und liebkoste meine Lippen zärtlich. „Übrigens…“, begann er und sah auf, „Nela hat die Spieluhr sehr gut gefallen, auch wenn sie es mir gegenüber nicht zeigen wollte. Du weißt ja, ich bin immer noch das rote Tuch für unseren kleinen Stier. Sie hat mich nur grimmig gefragt, seit wann ich so einen Kitsch gut finden würde“, lachte er. „Hat sie etwas bemerkt?“, fragte ich alarmierend und machte große Augen. „Nein, nein.“ Er streichelte mit seiner Nase über die meinige. „Und jetzt gehst du etwas essen und wir genießen die Tage, wo unsere Lieblingsnervensägen nicht da sind.“ Wir lächelten. Am Sonntag nutzte ich die Gelegenheit, als Edward mit Esme jagen war und Carlisle noch immer Schicht im Krankenhaus hatte. Ich rief Emmett an. „Emmett? Hi, hier ist Bella, ich brauche deinen Rat“, platzte ich sofort mit der Tür in Haus. „Hey Bells, klar, schieß los.“ „Gibt es irgendetwas, was sich Edward immer schon gewünscht hat? Was er mal machen oder sehen wollte? Irgendetwas?“ Emmett war der einzige den ich fragen konnte, denn er war zu weit weg, als dass Edward seine Gedanken hätte lesen können (und es war gerade kein Vampir im Haus, der es hören konnte). Emmett stockte kurz und lachte dann: „Hast du Mist gebaut?“ „Ja“, sagte ich knapp und Emmetts Lachen erstarb. Er schien die Ernsthaftigkeit und Bitterkeit in meiner Stimme herauszuhören. Er wartete, doch als ich nichts sagte, sprach er weiter: „Willst du darüber reden?“ „Nein, nein ich- Edward weiß es schon. Ich will nur versuchen, bzw. so tun, als könnte ich es wieder gut machen…“ „Hm. Okay…“, er dachte eine Weile nach, „also spontan fällt mir nichts ein. Edward ist ein sehr genügsamer Mensch“, er kicherte verhalten, „aber ich denke drüber nach und gebe dir Bescheid, wenn mir was gutes eingefallen ist, ja?“ „Okay, danke“, sagte ich und spürte, dass es ihn brennend interessierte was vorgefallen war und ich wusste, dass es unfair war ihn um etwas zu bitten, gleichzeitig ihm aber nicht die ganze Geschichte zu erzählen… doch ich brachte es nicht über die Lippen. Eine Kleinigkeit hatte ich seit- seit dem Vorfall völlig vergessen, wenn nicht gar verdrängt: Caroline. Doch mir wurde es schlagartig bewusst, als ich Montag mit Edward Hand in Hand in die Uni ging. Geflüster, Blicke, Gesten. Caroline war keine unauffällige Person und hatte scheinbar geplappert. Mir war das furchtbar unangenehm. „Ja hat sie! Wirklich-“ „So ein Luder, hätte ich dem Mauerblümchen gar nicht zugetraut…“ „-und eigentlich ist sie verheiratet!“ „Was er wohl dazu gesagt hat?“ „Sieht nicht so aus, als ob sie Krach hätten…“ Ich kniff kurz fest die Augen zusammen und versuchte das Getuschel auszublenden. Ich warf Edward einen quälenden Blick zu und rasch gingen wir weiter den Flur entlang. Er brachte mich zu meinem Seminar. „Tut mir Leid, wegen der Leute… ich- du musst das ja alles auch noch lesen-“, murmelte ich an der Tür zum Seminar, „dass du das ertragen musst-“ Er küsste meine Lippen stumm und ich erwiderte seinen innigen Kuss, während ich von ihm an die Wand gedrückt wurde. „Verdammtes Glück hast du“, ertönte eine Stimme von links. Ich wandte den Kopf nach links, Edward nicht. Er sah mich an. Caroline stand mit verschränkten Armen und keinem allzu netten Gesichtsausdruck neben uns. Hinter ihr standen zwei Freundinnen. „Oder sollte ich besser sagen Pech? Pech so etwas Dummes geheiratet zu haben? Jeder andere hätte ich dich in den Wind geschlagen. Noch dazu, dass du es ihm freiwillig sagst“, sie lachte hämisch, „na ja gleich und gleich gesellt sich gern“, wieder lachte sie, dann verfinsterte sich ihr Gesichtsausdruck, „Schlampe.“ Sie stolzierte in das Seminar. „Das kann ja lustig werden…“, murmelte ich betrübt. „Hör nicht hin“, sagte Edward kurz bevor er mir einen weiteren Kuss auf die Lippen drückte. „Keine Sorge, ich hab dir doch versprochen mich jetzt erwachsen zu benehmen oder?“, sagte ich lächelnd. Er lächelte ebenso und verschwand zu seinem Seminar. ------------ Und? Was sagt ihr? Freue mich auf Kommis :) :-* Kapitel 27: Missglückte Wiedergutmachung ---------------------------------------- *verbeug* tut mir hoch und heilig leid, dass es so lange gedauert hat... die gründe sind wieder die selben... hab super viel zu tun zZ weil ich mein praxissemester diese woche begonnen habe und mir fehlt gerade die richtige inspiration für die zeit zw. den "ereignissen"... hoffe ihr seht es mir nach und mög das folgende Kap... ---------- Erwachsen hin oder her, aber so eine breite spürbare Ablehnung nimmt jeden mit. Mit gesenktem Blick setzte ich mich hinten links am Rand in die Bank. Ich versuchte wirklich das Getuschel, zumindest sollte es eines sein, denn es war so laut, dass es unüberhörbar für mich war, zu überhören, aber es fiel mir alles andere als leicht. Ich atmete kurz tief durch und sah mutig auf. Sofort neigten sich mehrere Köpfe, dessen Augen mich vorher angestarrt hatten. Als das Seminar begann, ließ ich meine Sachen geschlossen vor mir liegen, an Konzentration war nicht zu denken, und dachte über etwas andere nach: Die Wiedergutmachung für Edward. Und das erwies sich als alles andere als leicht. Vampire hatten alles oder konnten sich alles besorgen oder wollten nichts. Edward interessierte sich für Musik. Gut, dass Thema hatte ich mit dem Konzert und meinen Spielversuchen an Weihnachten völligstens ausgereizt. Und was jetzt noch? Was mochte er? Ich musste mir dringend was einfallen lassen, falls Emmett genauso ratlos war wie ich. Ich beobachtete den Dozent an der Tafel, ohne inhaltlich im Mindesten mitzudenken. „Betrachtet man die Geschwindigkeit des Elektronenflusses-“ Es war so einfach!, kam es mir sofort in den Sinn. Ich hätte mir fast gegen die Stirn gehauen. Dass ich daran nicht dachte! Edward liebte Geschwindigkeit! Das hatte er mir doch damals in Forks gesagt – und mich am eigenen Leibe spüren lassen. Warum war ich nicht eher darauf gekommen? Sein Auto, das Flugzeug… und das beste daran: Es war absolut nichts für mich, umso besser also. Denn es sollte ihm Freude bereiten, nicht mir. Mir kribbelte es in den Fingern, sofort mit den Vorbereitungen zu beginnen, ich hatte schon exakte Vorstellungen, doch ich brauchte Hilfe und nur einer konnte mir wieder mal dabei helfen. Unbedacht stand ich auf – gut, dass ich mich instinktiv an den Rand gesetzt hatte –, ich nahm meine Sachen direkt mit (ein dämlicher Blick – vom Dozent – mehr oder weniger… was machte das schon?) und holte hastig mein Handy aus der Tasche sobald ich die Tür geschlossen hatte. Es tutete lang, sodass ich fast wieder auflegen wollte, doch Emmett meldete sich doch noch. Er schien… außer Atem?, stellte ich verdutzt fest. „Bells?“ „Hi Emmett… ich, ich kann auch später anrufen, wenn es gerade ungünstig-“, sagte ich verlegen und überlegte, ob ich die richtigen Schlüsse gezogen hatte. „Nein, nein, alles bestens“, wimmelte er ab, „du rufst wegen Edward an nicht wahr? Ich-“ „Ich habe eine Idee, aber ich brauche deine Hilfe“, unterbrach ich ihn hastig. Ich steckte den kleinen bekrakelten Zettel in die Jackentasche und ging dann zu Edwards Seminarraum, wo ich auf ihn warten würde. Ich sagte einfach, mein Seminar wäre ein paar Minuten eher beendet worden. Tja, ich hatte die Rechnung ohne meinen Gedankenleser gemacht… „Warum bist du eher raus gegangen?“, wollte er prompt wissen, als er aus dem Raum kam. Ich folgte seinem Blick, der an mir vorbei in Richtung Treppenhaus gerichtet war, wo eine Gruppe aus meinem vorherigen Seminar herlief. Ich seufzte. „War es so schlimm? Haben sie dich-“ „Nein, nein“, würgte ich ihn schnell ab, „ich musste nur etwas erledigen.“ „Erledigen?“, fragte er misstrauisch und hob die Augenbrauen. Ich grinste, stellte mich auf Zehenspitzen und küsste seine Unterlippe. „Sei nicht so neugierig“, flüsterte ich. Ein paar Pfiffe ertönten, als mehrere Jungen an uns vorbei liefen. Hämisches Grinsen, schallendes Gelächter. Ich wurde rot. „Hast du gar kein Problem damit, wenn sie mit anderen rummacht?“, rief einer aus der Gruppe. Edward drehte sich um und sagte schamlos direkt: „Nein habe ich nicht, ich liebe sie!“ Ein paar grinsten, ein paar lachten, ein paar sahen aber auch verdutzt drein. Er nahm meine Hand und führte mich stolz lächelnd weg. „Das war- woah, ich meine… du bist wirklich mutig“, lobte ich stammelnd. „Ach was, es gibt nichts, was ich für dich nicht tun würde“, er drückte meine Hand in seiner sanft, „aber mal ehrlich, die halben Portionen“, er lachte. Ich gewann mir nachdenklich ein Lächeln ab. Ich war allzu froh, als sich Alice mit Nela und Jasper in der darauf folgenden Woche ankündigte. Nicht froh, weil ich dann weg von Edward müsste und wieder in meinem Haus verweilen würde, sondern froh, endlich meiner Überraschung für ihn nachzugehen. Es war nahezu unmöglich, wenn ich bei den Cullens war. Selbst nach ein paar Informationen zu googeln war zu auffällig. Sie bemerkten alles. Die letzten Tage in der Uni waren nicht angenehm gewesen, im Gegenteil, doch niemals würde ich es eintauschen gegen das, was ich wieder bekommen hatte: Edward. Die Schuldgefühle brachten mich zwar immer noch um den Verstand, doch das war nichtig im Vergleich zu dem, was Edward empfunden haben musste und vielleicht noch tat. Ich wusste, dass ich mein Gewissen, formal gesehen, nur erleichtern konnte, wenn ich endlich meine Wiedergutmachung „durchführte“, auch wenn das natürlich nichts entschädigte. Dienstag brachte er mich nach der Uni zu meinem Haus und kaum, dass er nach Hinton aufgebrochen war, sprang ich den Motor meines Autos an (die Delle war von Edward sauber und fachkundig ausgebügelt worden) und düste ein paar Straßen weiter zu einem Motorradhändler. Ohne viele Worte drückte ich ihm einen Zettel in die Hand. Ich hatte keine Ahnung von Motorrädern, und wusste nicht mal wie man das, was ich im Begriff war zu kaufen, aussprach, doch Emmett versicherte mir, dass es „gigantisch toll“ war und Edward in jedem Fall gefallen würde, auch wenn er nicht so der „Motorrad-Typ“ war. „Das muss ich ordern lassen“, sagte der Händler mit Blick auf den Zettel und sah mich dann Stirn runzelnd an, „können Sie eine Vorauszahlung machen?“ „Sicher. Wie lange dauert das?“, kam ich zu den weitaus interessanteren Dingen. „Hm, mit Sicherheit einen Monat…“ Mit Sicherheit wird es nicht so lange dauern, du Pappnase, dachte ich. „Schön, ich lege das Doppelte drauf, wenn ich es Ende der nächsten Woche bekomme.“ Ihm fiel die Kinnlade herunter. Er starrte mich einen langen Moment an, bis er die Sprache wieder fand: „D-Das Doppelte? W-Wissen Sie d-denn, was sie d-da sagen?!“ „Voll und ganz.“ Ich lächelte ihn gewinnbringend an. „Schön, na schön, schön, sehr schön“, murmelte er, während er mit dem Zettel in der Hand Kopf schüttelnd in sein Büro ging. Ich grinste und ging ihm hinterher. Gut, das wäre erledigt. Die Maschine wäre dann unterwegs, harkte ich Punkt eins meiner Liste ab. Als weitere Punkte standen noch das Raussuchen einer langen, verlassenen Strecke in Kanada darauf und ein kleines Hotel an dieser Strecke, wo wir eine Nacht zusammen verbringen konnten. Perfekt. Ich verschwendete keinen Gedanken an die mich ängstigenden Motorradtour. Edward würde – und sollte! – das Gaspedal nicht zügeln. Ich kritzelte auf der Karte, die ausgebreitet vor mir auf dem Esstisch lag herum. Es gab laut Karte einen sehr langen Weg, der nur durch Wald und kanadisches Gebirge führt, welcher an einem kleinen Hotel vorbeikam. „Was ist denn das?“ Ich zuckte heftig zusammen, als Edward seinen Kopf auf meine Schulter legte. „Edward!!“, schrie ich erschrocken und beugte mich über die Karte, welche unter mir zerknitterte. Er grinste und sah gentlemanlike zur Decke. Ich vergewisserte mich dessen von Zeit zu Zeit, während ich alles wegräumte. „Schleich dich nicht so an, das ist unfair, ich darf auch nie etwas von denen Überraschungen wissen“, schmollte ich. Er lachte. „Alles klar Sir. Heißt das, du hast dir was überlegt?“ „Ja, auch ohne deine Hilfe.“ Ich streckte ihm die Zunge raus und schlang die Arme um seine schlanke Mitte. „Wir haben nächsten Samstag ein Date“, fügte ich dann grinsend hinzu. Er küsste mich grinsend. „Ich freu mich schon, aber ich hasse es, nichts zu wissen.“ „Umso besser“, murmelte ich über seine Küsse, „komm Samstag einfach um elf hier hin.“ „Hm, ob ich es so lange aushalten kann…“ Er küsste stürmisch meine Lippen. Das Hotelzimmer war gebucht (und auch schon präpariert, ich wollte keinen Rucksack aufhaben, wenn ich dem Tod ins Auge sah), die Strecke hatte ich ausgekundschaftet und in meinem Vorgarten stand, unter eine Plane, die Maschine, in der wir gleich dorthin fahren – Korrektur: rasen – würden. Ich freute mich auf unseren gemeinsamen Abend heute. Ich sehnte mich nach Ruhe, dass die Zeit langsam verging und Hektik uns fern blieb. Momentan war es zwar etwas ruhiger, die Sticheleien in der Uni hatten sich beruhigt, natürlich sprach trotzdem keiner mit mir, und Nela war ein kleines bisschen weniger feindselig zu Edward (wie immer wenn sie grade von einem Urlaub oder ein Besuch wieder kam). Doch vor dem Vergnügen kam bekanntlich die Arbeit. Ich konnte den Tod meiner Mutter und das Leid von Phil und Gabriel nicht einfach so übergehen. Ich hatte mir vorgenommen Phil zu schreiben. Ich hatte eine Stunde, in einer Stunde würde Edward hier sein. Es war gut, dass ich ein Zeitlimit hatte, so war ich wenigstens dazu verpflichtet in den nächsten Minuten etwas Produktives zu vollbringen. Schweiß, schnell weggewischte Tränen – ich wollte kein Kind mehr sein – und viele Minuten der Stille kosteten mich diese wenigen Zeilen letztendlich, doch ich glaubte, dass ich sie so stehen lassen konnte. Lieber Phil! Ich weiß, dass es keine gute Zeit ist um dir jetzt zu schreiben. Aber ich wollte dir sagen, dass ihr mir nie egal ward. Auch jetzt nicht. Es mag doof klingen, wenn ich jetzt sage, dass ich meine Gründe hatte, aber es stimmt. Ich konnte nicht. Und es hat mir in der Seele weh getan, dass nicht bei euch sein oder mit euch Kontakt aufnehmen konnte. Ich möchte nur sagen, wenn du irgendetwas brauchst oder ich irgendetwas tun kann, ohne, dass ich zu euch komme, dann lass es mich, wie auch immer, wissen. Ich würde alles für euch tun. Gib Gabriel einen Kuss von mir, Bella. Darunter stand meine Handynummer. Ich hockte vor der Haustür, nachdem ich den Brief im Postkasten hatte verschwinden lassen und wartete, als Edward mit seinem Volvo elegant die Straße heraufkam. Er parkte, ich kam zu ihm. Bevor er mich zur Begrüßung küssen konnte, hielt ich die Hand ausgestreckt vor ihn. Er sah mich verwundert an. „Dein Handy bitte“, sagte ich todernst. Lachend griff er in die Hosentasche und gab es mir. „Du bleibst genau da stehen, keinen Zentimeter bewegen“, herrschte ich ihn an und wusste, dass er das wörtlich nahm, und brachte sein Handy rasch in die rechte Schublade der Küche, wo auch meines lag. Als ich wieder kam, stand er immer noch am Bordstein. Schmunzelnd nahm ich seine Hand und ging mit ihm zum Motorrad. Ich legte meine andere Hand auf die Plane. Ich blickte zu ihm auf und öffnete den Mund. Ich hatte mir lange überlegt, was ich sagen sollte, doch was sollte das lange herum Gerede? Ich seufzte und riss die Plane runter. „Ich hoffe das Ding gefällt dir. Wir fahren – also du fährst – damit jetzt zu einem eine lange Strecke und übernachten dann in einem Hotel- Edward was ist?“, fragte ich verwirrt, als ich einen merkwürdigen, gar undefinierbaren Gesichtsausdruck an ihm erkannte. Er öffnete den Mund, starrte auf die Maschine und schloss ihn dann wieder. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn wartend an. Dann, ganz langsam, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, ruckartig wandte er sich zu mir um, presste die Hände an meine Wangen und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. „Sonst bist du nicht so begriffsstutzig“, neckte ich. „Das hast du dir gut überlegt?“, fragte er mich ehrlich. Er wusste wie wenig begeistert ich von seinen üblichen Geschwindigkeiten war. „Keine Sorge ich habe heute extra nichts gefrühstückt, dann kann ich mich während der Fahrt auf gar nicht übergegeben“, lachte ich. Er lachte nicht, sondern sah besorgt drein. „Oh nein, nein, nein, auf keinen Fall. Es geht um dich und es ist dir verboten dir Sorgen um mich zu machen! Außerdem habe ich die Strecke schon gekürzt“, setzte ich hinzu, „eigentlich hatte ich an Montréal gedacht, aber das ist arg weit weg, und ich wusste ja nicht ob dir das überhaupt gefällt, eigentlich bist du ja kein Fan von Motorrädern-“ „Es ist wahnsinnig toll, danke. Die Maschine ist klasse. Danke, du bist großartig und schaffst es mich immer wieder zu überraschen.“ Er sah mich sanft an und seine Lippen schmiegten sich an meine. „Na dann los oder was sagst du?“ Er biss sich auf die Lippe. Ich sah ihm die Freude an und ergötzte mich an seinen funkelnden Augen, was nichts mit dem gold derer zutun hatte. Ich hatte scheinbar wirklich ins Schwarze getroffen. Ich atmete tief durch und setzte mich hinter ihn. Ich würde schon die Zähne zusammenbeißen… Ich hatte mir mit dieser Strecke ins eigene Fleisch geschnitten. Gebirge bedeutete Kurven – Schwindel erregende Kurven. Aber wie ich Edward gesagt hatte, hatte ich nichts gefrühstückt, sprich meine Übelkeit hielt sich in Grenzen. Ich hatte meine eingefrorenen Arme fest um seine Mitte gepresst und den Kopf mit geschlossenen Augen auf seinen Rücken gelegt um dem peitschenden Fahrtwind zu entkommen. Edward schien seine helle Freude zu haben. Er spielte mit dem Gas, legte sich in die Kurven und raste weiter die abgelegensten Straßen entlang Richtung Winnipeg, wo unser Hotel war. „Alles klar dahinten?“ „Alles bestens“, krächzte ich mit trockenem Hals. Eine knappe Minute später hielt er rechts an. „Was machst du?“, fragte ich. „Ich brauche mal eine Pause“, sagte er lässig und nahm sanft meine sich festklammernden Hände von seiner Taille. „Stimmt nicht, das machst du nur wegen mir“, entgegnete ich mit wenig Stimme. Er stieg schweigend ab und half mir vom Motorrad abzusteigen. Schwankend, meine Beine fühlten sich an wie Pudding – schlimmer –, fing er mich auf. „Huch“, machte ich unwillkürlich. „Huch“, lachte er, „alles okay mit dir?“ „Ja, alles in Ordnung“, antwortete ich und versuchte überzeugt zu klingen, denn ich konnte in diesem Moment nicht genau sagen wo oben und unten war. „Schau wie schön“, sagte er und drehte mich um. Wir hatten auf einem Klippenvorsprung gehalten, der als Aussichtspunkt auf eine kleine Gebirgsgruppe diente, deren Gipfel sanft gepudert waren. „Ja, nicht schlecht“, murmelte ich und presste mehrmals die Lider aneinander um einigermaßen klar und nicht verwackelt zu sehen. „Ich tippe Emmett oder?“, fragte er nach einer Weile. „Hm?“ Ich sah ihn von der Seite an. „Emmett hat die ausgesucht oder? Er wollte immer schon mal so eine haben“, lachte Edward, „sehr eigennützig.“ Ich zog die Augenbrauen hoch. „Oh. Das wusste ich nicht, ich meine… gefällt es dir denn auch?“ „Klar, das Teil ist brillant“, schwärmte er, „wollen wir weiter? Es könnte sein, dass ein Sturm aufzieht“, mutmaßte Edward mit Blick in die Wolken. Ich nickte und setze mich wieder hinter ihn auf die Maschine. Mein Durchatmen, als wir endlich bei Dämmerung am Hotel angekommen waren, entging ihm nicht. Er schmunzelte und stellte die Maschine in die hoteleigene Garage. Ich ging vor zur Rezeption und nahm den klein gefalteten Buchungsbescheid aus der Hosentasche. Das Hotel war sehr klein, vielleicht nur gut fünf Zimmer, und neben der Hotellobby gelangte man in ein ebenso kleines Restaurant. Es war ziemlich altmodisch, aber sauber und irgendwie auch romantisch. Ich nahm den Schlüssel entgegen und stiefelte vor Edward die Treppen hoch zu unserem Zimmer. Ich hatte frische Kleidung für ihn und mich und Waschzeug bereits dorthin gebracht. Das Zimmer hatte ich mit vielen Kerzen um das Doppelbett dekorieren lassen und die Hotelmutter gebeten diese vor unserer Anreise anzuzünden. Ich lugte ins Zimmer. Perfekt. Es war komplett abgedunkelt und nur die weißen Herzen leuchteten. Auf den Nachttischen und Fensterbänken hatte sie viele kleine Sträuße Blumen gestellt. Wunderschön. Ich drehte mich zu Edward um, der mich erwartungsvoll ansah, nahm seine beiden Hände und schritt rückwärts, die Tür hatte ich mit dem Fuß aufgestoßen, ins Zimmer. Ich beobachtete genau seine Reaktion und erkannte genau, dass es ihm erstens gefiel und zweitens, dass er wusste, wo das beginnen und enden sollte. Als er auf mich herab sah, küsste ich ihn innig. Seine Lippen blieben merkwürdig still. „Augenblick“, sagte er und schob mich zurück, ich sah ihn verdutzt an und überlegte schlagartig, was ich falsch gemacht hatte, „ich lade dich jetzt erst einmal zum Essen ein“, ich öffnete den Mund, um lautstark zu protestieren, doch er küsste ihn stumm, „es nützt uns beiden nichts, wie du dir vielleicht denken kannst, wenn du vor Hunger umkippst, nicht wahr?“ Ich seufzte und gab mich geschlagen. „Siehst du. Und dann ist die Sache, weswegen du mich hier hin gelotst hast, im wahrsten Sinne des Wortes, gegessen. Einverstanden?“ Ich überlegte kurz, ob dieses Opfer seinerseits, mir den Seitensprung zu verzeihen, wirklich annehmen konnte. Ich nickte resigniert. „Aber lass uns lieber“, ich küsste ihn, „etwas heraufbringen lassen“, ich küsste ihn wieder, „sonst kann ich mich gar nicht“, ich berührte seine Lippen wiederum, „aufs essen konzentrieren“, wieder ein Kuss, „okay?“ Er grinste schief. „Gib mir dreißig Sekunden“, flüsterte er und behielt recht. Er war ein paar Wimpernschläge wieder da und weigerte sich strikt da weiter zu machen, wo wir aufgehört hatten, bevor ich nicht etwas zu mir genommen hatte. Ich spürte den Hunger kaum. Nur ein fahles Magengefühl, als wäre jener rosinenartig zusammengeschrumpft. Ich nutzte die Zeit bis das Essen da war und stellte mich unter ein heißes Duschbad. Ich spürte langsam wieder meine Glieder. Ich rubbelte meine Haare trocken – oder zumindest feucht –, blieb direkt in meinem Negligee, welches ich die ganze Zeit drunter gehabt hatte und präsentierte mich ihm. „Keine Chance“, sagte er hart und schmunzelte. Das Essen war bereits da und lag auf zwei Tabletts auf seinem Schoß. Er trug nur noch sein Hemd, der Pullover hing über dem Stuhl, und die Boxershorts wie ich vermuten musste, da die Bettdecke ihm bis zum Becken ging. „Na schön“, brummelte ich und krabbelte zu ihm aufs Bett. Er beobachtete das genügsam und sah mir zu, wie ich einen Happen nach dem anderen, alles möglich, belegte Brote, Kuchen, Gemüsesorten, Baguette, Obststücke, in mich hineinbeförderte. „Wenn du schlingst, mache ich diese Nacht gar nichts“, gluckste er und verschränkte die Arme. Ich verdrehte die Augen und sah ihn grimmig an. „Ich kriege schon keinen Durchfall“, murrte ich, nahm noch einen Bissen und kippte ein Glas Orangensaft nach. Dann stellte ich die Tabletts auf das breite Nachttischchen und küsste Edward, der seine Lippen zu einem Lächeln verzog. „Satt?“, fragte er über meine Küsse hinweg, während er aufrecht an die Wand gelehnt saß. „Hmmm“, murmelte ich zustimmend. Das flaue Gefühl im Magen war allerdings geblieben. Er schob die Hände unter die Bettdecke und legte sie behutsam über mich. Ich beugte mich über ihn, ein Knie stellte ich links, eines rechts von seiner Hüfte, und fuhr mit den Händen von seinem Ohr aufwärts durch die festen Haare. Edwards Händen strichen auf meinem Rücken sanft auf und ab. Ich ließ einen Augenblick von seinen Lippen ab um durchzuatmen. Meine Wangen waren erhitzt und mein Atmen blies ihm in raschem Intervall gegen den Mund. Voller Leidenschaft erwiderte er meinen Blick. Meine Hände wanderten an seinem Hals hinab zu seinem Hemd und ich öffnete es Knopf um Knopf. „Da hat es aber jemand eilig“, sagte Edward grinsend, rührte sich aber nicht. Ich zog die Mundwinkel Luft holend hoch und machte weiter. Edward richtete sich etwas auf, sodass ich ihm das Hemd von der Schulter streifen konnte und er seine Arme aus den Ärmeln herausnahm. Er legte die Hände zu beiden Seiten meines Halses und die Daumen in die Senke unterhalb meiner Ohren, bevor er meinen Kopf zu sich zog. Er lenkte ihn an seinem Gesicht vorbei, sodass er die Hand an der rechten Seite wegnahm, sie ruhte in der Kuhle meines Rückens, und mit den Lippen meinen Hals liebkosen konnte. Meine Hände fuhren an den Außenseiten seines makellos schönen Körpers entlang. Wie schön er war. Ich genoss seine kühlen Lippen auf meiner von der Dusche und der Erregung erhitzten Haut. Ich streckte meinen rechten Arm zur Seite aus, um mir, ohne hinzusehen, ein Stück Baguette zu nehmen. So unromantisch es war, ich hatte plötzlich riesig Hunger, obwohl ich nicht wusste, wie viel Nahrung ich noch gefahrlos in meinen Körper schleusen konnte. Meine Finger tasteten nach dem Tablett und fanden auch, was sie suchten, allerdings fasste ich tollpatschig direkt in den Aufstrich des Baguettebrotes. „Uah“, würgte ich hervor und zog meine Hand zurück. Edward schob mich ein wenig weg, um mich anschauen zu können und sah nun was „uah“ war. Als ich gerade den zweiten Finger ablecken wollte, nahm er meine Hand und führte diese zu seinem Mund und leckte den Aufstrich seinerseits ab. „Bah Edward“, sagte ich zwar, fand eine glatte Zunge an meinen Fingern aber überaus angenehm. „Andere finden das erotisch“, meinte er nur. „Na ja, geht so… immerhin schmeckt es für dich absolut eklig…“ Ich war hin und her gerissen zwischen einem genießerischen, angeekelten und verwirrten Gesichtsausdruck. „Ich hab doch gewusst, dass du noch nicht satt bist“, hauchte er schmunzelnd und ging nicht weiter darauf ein. Ich nahm meine Hand wieder von ihm weg, legte einen Finger an seinen Lippen und flüstere zurück: „Ich kann nur von dir nicht genug kriegen…“ Er grinste schief, zog mir die Decke über die Schultern, sodass ich sie fast an meinen Ohrläppchen spürte und zog mein Negligee ganz langsam an den Trägern herunter. „Oh scheiße“, würgte ich mit geschlossenen Augen hervor, als ich mich nur noch im Halbschlaf befand und den schneidenden Schmerz unterhalb meines Magens spürte. Ich presse die Hand darauf und richtete mich blinzelnd, es war stockdunkel, die Kerzen waren aus, auf, doch ich sackte sofort wieder in die Kissen zurück. Jede Bewegung meines Körpers, die mit meinem Rumpf zusammenhing, biss mich innerlich. Ich atmete schwer und öffnete erstmals ganz die Augen. Hastig sah ich zu Edwards Betthälfte um zu sehen ob er mein Ächzen bemerkt hatte oder noch schlief (ich verdrehte die Augen, als ich das unwillkürlich dachte), doch Edward war nicht da. Sogleich öffnete sich die Tür und Edward schritt herein. „Wie geht es dir Liebste?“, wollte er wissen, setzte sich an die Bettkante und reichte mir eine Tasse mit dampfenden Tee. Ich sah ihn verwundert an. „Du hast dich die ganze Nacht so gekrümmt, dass ich eins und eins zusammengezählt habe“, antwortete er meinem fragenden Blick, während er die Vorhänge öffnete und die Kerzen vom Boden sammelte. Ich hielt inne und dachte nach. Ich konnte mich merkwürdigerweise nur schemenhaft an die letzte Nacht erinnern. „Sag mal Edward…“, begann ich murmelnd, „letzte Nacht… haben wir- ich meine haben wir eigentlich…“ Edward grinste breit und setzte sich wieder auf die Bettkante. „Ja haben wir“, er stupste mir mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze, „aber du bist so schnell eingeschlafen… da war keine Zeit mehr für ein Nachspiel.“ Ich seufzte und fuhr mir mit einer Hand durch die Haare. „Na super, das war anders gedacht.“ Edward lachte. „Wenn ich das alles gegessen hätte, was du gestern verschlungen hast, ohne zu kauen wohlgemerkt, hätte ich auch mit Magenschmerzen hier gelegen.“ Ich rümpfte die Nase und streckte ihm die Zunge raus. „Haha. Sehr witzig“, maulte ich. „Du musst bedenken, dass du sehr lange heftige Schmerzmittel genommen hast, die deine Organe immer noch beeinträchtigen können“, sprach er fachmännisch und fügte hinzu, als er mein trauriges Gesicht sah: „Ach komm, es war doch trotzdem schön“, er strich mir eine Strähne hinter das Ohr, „alles gestern. Danke.“ Er beugte sich zu mir um mich zu küssen und ich kam ihm mit dem Oberkörper entgegen, wich aber rasch zurück, da sich alles in meiner Magen-Darm-Gegend dagegen wehrte. Ich verzerrte gequält das Gesicht. „Ist ja schlimmer als schwanger sein“, rutschte es mir raus. Ich öffnete den Mund um etwas anderes zu sagen, vom Thema abzulenken, doch stattdessen sah ich nur auf die Bettdecke. Edward rutschte näher und hob mein Gesicht mit der Hand an, sodass ich sein Sanftes sah. „Wir bleiben einfach noch eine Nacht“, seine Lippen kamen meinen näher, „oder zwei“, ich spürte seinen Atem auf meinen, „oder drei“, hauchte er unsere Lippen lagen aufeinander. Ich sprang darauf an. „Oder vier…“ „Oder fünf“, erwiderte er zwischen zwei Küssen. „Oder sechs… oder sieben…“ „Oder acht…“ „Oder…“ --------- Das war doch nach eurem Geschmack oder??? :D:D:D Freue mich sehr über Kommis :):):):) ^^ Kapitel 28: "27a": Wie eisig brennende Flammen ---------------------------------------------- Sooooooo ihr lieben Ü18er ;) Für euch gibt es jetzt ein schon lange versprochenes Adult-Kapitel von Bella & Edward. Musik dazu: Cascada - Everytime We Touch (slow) => Sehr geil!! absolut zu empfehlen (http://www.youtube.com/watch?v=iyXEJhQElQg) Auch gut und nicht zu vernachlässigen: LeAnn Rimes - But I Do Love You (http://www.youtube.com/watch?v=07pyTjOJTFg) - Please Remember Me (http://www.youtube.com/watch?v=_SYxRhc0pZ0) - Right Kind Of Wrong (http://www.youtube.com/watch?v=GGUFtp5gQKo&feature=related) Vor allem das letzte passt bei Edward & Bella meiner Meinung nach sehr gut ^^ sehr treffend ;) Ich möchte noch kurz etwas vorwegschicken: 1.) Habe ich vieles eher indirekt und vllt. auch prüde geschrieben, weil ich finde, dass das zu Edward & Bella sehr gut passt. 2.) Das neue/ nächste Kapitel kommt ganz bald (sry wenn ich euch so auf die Folter spanne, aber die neuen Kaps sind seeeeeehr schwierig), mir ist das Kapitel nur auf einmal "so zu geflogen", weshalb ich das erst festhielt, da meine bisherigen Adult-Versuche bei den beiden gescheitert sind bzw. ich sie dann verworfen habe^^ => Daher: Freue ich mich sehr auf eure Meinung ;) Es geht direkt am Ende von Kapitel 27, daher ist das quasi "27a"^^ ------- „Oder du kurierst dich jetzt erst einmal aus“, sagte er und wand sich von mir ab. „Bitte?“, fragte ich ungläubig. „Wenn es dir wieder besser geht, holen wir alles nach, versprochen.“ Er grinste immer noch sehr breit. „Hm“, machte ich und nahm einen großen Schluck Tee. Ich war alles andere als begeistert. Als ich am nächsten Morgen ein wenig schlapp, aber sonst ausreichend genesen wie ich fand, aufwachte, kitzelten sofort kalte Lippen meine nackten, freiliegenden Schultern, während ich auf dem Bauch lag. Ich schmunzelte mit geschlossenen Augen und genoss seine Zärtlichkeiten. Seine Lippen wanderten zu meinem Gesicht, bis er mich schließlich auf die Nase küsste. „Guten Morgen“, flüsterte er. Ich öffnete nun die Augen und sah mich nach dem mir wohl bekannten Engelsgesicht um – und fand es. „Morgen“, murmelte ich und drehte mich um. „Der Tag ist so schön… wollen wir nach dem Frühstück etwas spazieren gehen?“, schlug Edward sofort vor. „Hmmm.“ Ich formte die Lippen zu einem Schmollmund. Edward lachte laut und stieg dann vom Bett. „Ich sag unten wegen des Frühstücks bescheid“, er schloss die Tür hinter sich, öffnete sie jedoch gleich wieder, „beeil’ dich.“ Ich seufzte, nachdem er nun endlich gegangen war. Er hatte mal wieder unterschwellig seinen Willen durchgesetzt und ich konnte nicht anders als sie ihm widerstandslos zu erfüllen. Also duschte ich, trocknete meinen Körper und meine Haare danach ab und zog mich an. In weiser Voraussicht, was nach unserem Spaziergang stattfinden würde, dann würde ich mich eindeutig durchsetzen, nahm ich mir fest vor, zog ich braune Spitzenunterwäsche mit passendem Hemdchen dazu an. Der Kälte und der dichten Wolkendecke entsprechend folgte ein Langarmshirt, ein Pullover und ein Schal. Unter die Hose setzte ich noch kuschelige Strickstulpen über meine Knöchel. Mein Haar ließ ich offen und leicht gelockt über die Schultern fallen. Da Edward nicht wieder gekommen war, vermutete ich, dass er unten wartete. Ich schlüpfte in Hausschuhe und ging runter. Wie erwartet stand er vor der Rezeption und schaute auf eine Karte, wenn ich das mit meinen menschlichen Augen aus der Entfernung richtig sah. Ich holte mir einen Kuss ab und folgte seinem Blick. „Die Route hier ist sehr schön. Die verläuft durch ein Teilstück Wald mit sehr alten Bäumen und endet-“, er brach ab, als er meinen lauten Seufzer vernahm. Er grinste und folgte mir schließlich an den Tisch im Restaurant den er mit „Cullen“ eindeutlich für uns reserviert hatte. Während es sich draußen mehr und mehr zuzog, beobachtete Edward mit wachsender Neugier mein desinteressiertes herumkauen auf den Köstlichkeiten. Ich verstellte mich auch nicht, denn das hätte mit ziemlicher Sicherheit aufgesetzt und künstlich gewirkt, denn wenn ich ehrlich war, glaubte ich, das Edward und ich besseres zu tun hatte, als uns alte Bäume anzusehen – fand ich zumindest. Ungeduldig nahm ich den letzten Schluck aus der Tasse und blickte ihn erwartungsvoll an. Edward lachte, sagte aber nichts. Wir standen auf. „Ich gehe kurz hoch die Schuhe wechseln und Jacke holen“, sagte ich neutral. „Warte ich komme mit. Meine Jacke habe ich auch noch hier.“ Edward war sofort rechts an meiner Seite. Kaum waren wir im Zimmer angelangt und ich schnürte bereits den ersten Schuh zu, als ich ein mir so sehr willkommenes Geräusch vernahm, dass ich nicht anders konnte, als breit von einem Ohr zum anderen zu grinsen: Es regnete. „Tja, ich würde sagen, die schönen alten Bäume müssen warten“, neckte ich ihn. Er stand glucksend vor der nun geschlossenen Tür. „Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen, dass du das mit voller Absicht gemacht hast“, zog er mich auf und stand nun mir gegenüber und strich mit beiden Händen meine Haare hinter die Ohren. Ich wollte etwas entgegnen, doch Edward küsste meine Lippen und sagte dann: „Ich würde sagen, dass ich dich nun erst mal entpacken muss, nicht wahr?“ Ich schmunzelte unter seinen vielen heißen Küssen, während wir langsam zurück schritten und er mich aufs Bett setzte. „Findest du es auch nicht etwas hell hier?“, fragte er rhetorisch, „Gib mir vier Sekunden.“ Diese nutzte er, um die Rollläden herunter zu machen (Was würden wohl die Zimmernachbarn denken, wenn mitten am Tag die Rollläden geschlossen waren?, schoss es mir kurz lachend durch den Kopf) und die Kerzen anzündete. Schon stand er wieder vor mir und vergrub seine Lippen in meinen. Ich krabbelte rückwärts aufs Bett, Edward folgte meinen Bewegungen. Ich ließ nichts anbrennen und zog seinen Pullover aus. Er half breitwillig mit. Ich sah ihm an, dass er sich ein Kommentar verkniff, als er sah wie ich die Augen verdrehte, nachdem ich das T-Shirt unter seinen Pullover erblickt hatte. Er kam mir zuvor und zog es selbst über dem Kopf aus. Ich fuhr mit den Händen über seinen kühlen Rücken hoch zu seinem Hals, welchen ich mit meinen Händen umschloss und begierig zu mir zog. Sein Atem kitzelte mein erhitztes Gesicht und kühlte meine fordernden Lippen. Mein Atem hingehen war ruhelos. Edwards Hände fuhren unter meine Oberteile über meine Hüften und zogen beides, Shirt und Pullover, zusammen aus. Das Hemdchen klebte noch an meinem Oberkörper Er glitt mit seinem Kopf an mir herab und schob das seidene Unterhemd hoch. Seine Lippen berührten meinen Bauch, seine Zungenspitze strich kurz über meinen Bauchnabel, was mir die Hitze zu Kopf steigen ließ. Meine Finger krallten sich fest in seine weichen, im Kerzenschein glänzenden Haare. Mit den Fingern frimelte ich an meinem Unterhemd herum, bis ich es endlich schaffte, es auszuziehen und zur Seite zuwerfen. Mir war unglaublich heiß. Die Luft stand, die Hitze wabberte und die Kerzen räucherten. Draußen klatschte der Wind vor die Rollläden. Er fuhr nun mit geöffnetem Mund keuchend über meinen komplett freien Bauch hoch zu meinem Hals, den er mit tausend Küssen übersähte. Flammen der Leidenschaft loderten gierend in meinem Körper, die durchEdwards Kälte nur noch mehr entfachten wurden. Mein Atem raste in einem ungesunden Tempo. Edward hob den Kopf und blickte mir intensiv in die Augen. Die Sehnsucht lag in unser beider Augen. Meine Lippen fanden seine. Ich strich mit der Zunge über seine spiegelglatten Lippen. So weich, dass ich drohte mich darin zu verlieren. Ich glitt mit den Händen von seinen Hüften herab zu seinem Po, der von seiner Jeans bedeckt wurde. Ich öffnete den Gürtel, dann den Knopf, dann den Reißverschluss. Edward tat es mir gleich, während er mit der anderen Hand sanft über meinen Nacken strich. Ich strampelte die Hose ab. Er schob sich herunter und zog mein Höschen mit den Zähnen nieder. Ich lachte auf. Edward zog meine Träger über die Arme und den BH ein paar Zentimeter herunter auf meinen Bauch. Ich schlüpfte mit dem Armen heraus. Er fuhr mit den Lippen, er küsste nicht, sondern glitt mit geöffnetem Mund von meinem Bauch zu meinen Brüsten. Sein Atem hauchte meinem erhitzten Körper entgegen. Er glitt zuerst mit der Nase, dann mit der Oberlippe und schließlich mit der Zungenspitze über meine Brüste, was mich vor Erregung erschaudern ließ. Eine Hand Edwards öffnete nebenbei meinen BH und schmiss diesen zur Seite. Die sengende Hitze betörte mich. Mein Körper pulsierte und doch spürte ich seine Kälte kontrastierend überall – doch es kühlte mich nicht. Hastig atmend, zog ich ihn zu mir hoch. Mein Mund drängte nach seinem und meine Hände berührten jeden Zentimeter seines wunderschönen Oberkörpers. Er führte seine Lippen zu meinem Ohrläppchen, welches er küsste und danach zärtlich biss. Mit einer Hand fuhr er mit den Fingerkuppen ganz vorsichtig und sanft über meine Schamlippen. Ich hob erregt den Oberkörper an. Edward glitt mit seiner Hand darunter und zog mich hoch. Sein eisiger Atmen hauchte mir entgegen, dessen ich mich begierig nicht entsagen konnte und mich beinahe schwindelig machte. Unsere Lippen lagen regungslos bei geöffnetem Mund aneinander. „Ich liebe dich… so sehr“, flüsterte ich nach Luft ringend an seinen Lippen. Meine Arme hatte ich ausgestreckt über seine Schultern gelegt. „Ich liebe dich auch, mehr als mein Leben“, hauchte er im Gegenzug. Ich glitt herab und fasste an den Bund seinen Slips, welchen ich ihm, nachdem er mich sanft zurück in die Kissen gelegt hatte, schließlich entledigte. Im Gegensatz zu seinem glänzte ausnahmsweise mal mein Körper im flackernden Licht der Kerzen – ich war scheißnass. Er strich mit den Händen meine Konturen vom Hals abwärts nach und sah mich dann bedeutungsvoll an. Ich wusste was er wollte. Das tat er immer. Er wartete auf mein „okay“, welches er immer bekam – niemals würde ich es ihm verwehren. Ich grinste mit heftig sich hebender und senkender Brust und streckte die Hand nach seiner Brust aus, die ich mit wenigen Fingern berühren konnte. Ich legte die Oberschenkelaußenseiten einladend auf die Decke unter uns. Er beugte sich mit einem kleinen Grinsen über mich, küsste meinen Hals und drang ganz behutsam in mich ein. Ich stöhnte auf. Als würden unzählige kleine Nadeln meinen heißen Körper von innen pieksen. Er bewegte sich langsam auf mir, während meine Lippen nach seinem Mund stierten. Es war ein berauschendes Gefühl ihn so tief in mir zu spüren. Eiskalt presste sich sein Körper an meinen heißen, unmöglich an ihm zu kühlenden, Körper. Ich schob ihm das Becken leicht entgegen. Er legte eine Hand unter mich, auf meinen Rücken, und bewegte sich in mir. Ich krallte mich in sein Haar und zog fest daran. Ein Seufzer entfuhr vor Erregung meinen Lippen, während mein Atem raste und ich japste. Edward brach abrupt ab und blieb unbeweglich auf mir. Er sah mir tief in die Augen. Auch das kannte ich. Er bevorzugte eine geringere Atemfrequenz, was mich immer wieder schmunzeln ließ. Er war immer sehr vorsichtig, um mir nicht wehzutun, obgleich ich nicht zerbrechlich wie ein Mensch war. Ich zog ihn zu mir und schlang die Beine um seine Hüften. Irritiert bemerkte er die Wollstulpen an seinem Rücken und wir mussten beide kurz auflachen, was ich dann aber erregt sofort durch einen leidenschaftlichen Kuss erstickte. Ich begehrte ihn so sehr. Ich konnte niemals genug von ihm kriegen. Seine Berührungen, seine Küsse, seine Haut an meiner – alles löste in mir ein eiskaltes Feuer aus. Er streichelte über mein Dekolletee und massierte sanft und langsam meine Brüste, während meine Hände auf seinem glatten weichen Po ruhten. Meine Lunge zerbarst, als das höchste der Gefühle meinen Körper durchströmte und mich atemlos macht. Ich presste die Lider aneinander und drückte ihn an mich. Er stützte sich mit den Ellenbogen rechts und links von mir ab. Nichts was ein Wesen auf dieser Erde empfinden konnte, reichte an das heran, was ich in diesem Augenblick spürte. Die Gefühle überwältigten mich in Schwindel erregender Intensität, besonders, wenn meinem Körper das einverleibte, weswegen unsere gemeinsame Tochter lebte. Edward keuchte über mir. Sein süßer, betörender Atem wehte mir durch den Rauch der Kerzen und das draußen leiser werdende Prasseln entgegen. Sein Atem prickelte wie kalte Tropfen auf einer heißen Herdplatte auf meiner erregt roten Haut. Es war so einfach mit ihm. Wir brauchten keine Worte, kein Blick, um uns zu verständigen. Ich drückte ihn leicht zurück, sodass er sich auf den Rücken rollte und ich mich auf ihn setzte. Ich fuhr mit einer Hand durch meine an Gesicht, Nacken und Hals klebende Haare und beugte mich, ich stützte mich mit beiden Armen an seiner Brust ab, über ihn. Er funkelte mich leidenschaftlich an, legte die Hände an meinen Hals und zog mein Gesicht zu sich, zu seinem. Er schenkte mir heiße Küsse, indem seine glatten Lippen die meinigen liebkosten. Ich keuchte zwischen den Küssen und rang nach Luft, die so scharf durch meine Lungen glitt, dass es schon fast schmerzte. Ich neigte mich herab zu seinem makellosen, einzigartig schönen Körper. Ich küsste jede denkbare Stelle. Er glitt mit der einen Hand an meinem Rücken auf und ab, während die andere selbiges durch mein nasses Haar tat und mir die Strähnen aus dem Gesicht strich. Ich fuhr mit der Zunge über seinen Bauch, über seine Brust. Er stöhnte und zog mich am Kinn wieder zu sich hoch. Heftig atmend blickten wir einander innig an und er küsste mich liebevoll. Ich kuschelte mich an seinen kalten Körper, den Kopf legte ich an seinen Hals und stupste kraftlos mit der Nase an seinen Hals. Er schlang die Arme leicht um mich und legte mich dann direkt neben sich ab, sodass wir beide auf dem Rücken lagen. Er tastete nach meiner Hand und umschloss diese. Wir neigen die Köpfe zueinander, während wir unserem Atem, er schneller seinen als ich meinen, versuchten zu beruhigen. Wir sahen uns voller Leidenschaft in die Augen. In seinen blitze das flackernde Licht der Kerze auf und untermalte das warme Gold um die Iris. Er drehte sich wortlos auf die Seite und legte die Hand, die nicht in meiner lag auf, mit ausgestreckten Fingern auf mein Dekolletee, welches sich immer noch rasch hob und senkte. Stumm sahen wir einander an und ich genoss jeden Augenblick seiner Berührung, seiner Blicke. „War es so wie du es dir vorstellt hast?“, flüsterte er, nahm die Hand von mir, mein Atem hatte sich beruhigt, und streichelte mir über die erhitzt roten Wangen. „Besser… oder?“, hauchte ich kaum vernehmbar zurück. Mein Hals war trocken und die Luft stickig, doch das machte mir nichts aus. Es gab momentan nur ihn. „Besser.“ Er grinste mein allerliebstes schiefes Lächeln, langte dann nach der Decke und legte sie über uns bzw. über mich – vollkommen überflüssig, dachte ich. Sogleich öffnete er jedoch alle Fenster und zog die Rollläden hoch. Eisiger Wind erfüllte das Zimmer. Edward legte sich wieder zu mir und wir verharrten in derselben Position wie eben. Er berührte meine Oberkörper und küsste meine Schulter. Ich schloss die Augen und genoss die Kälte um mich herum – seine und die von draußen. Ich rutschte näher an ihn heran, legte mich ebenfalls auf die Seite und kuschelte mich an ihn. Er umfasste meinen nackten Rücken, drückte mich an sich, während ich den Arm um ihn legte. „Ich liebe dich“, hauchte er mir noch ins Ohr, bevor ich sanft in den Schlaf glitt. ----- Bin sehr gespannt was ihr sagt :):):) kuss fane Kapitel 29: Warten ------------------ Jaja ich weiß, ich weiß ich weiß, lang lang ist's her. Seht es mir bitte nach... viel spaß, freue mich über Kommis ;) lg fane ------- Im Endeffekt blieben wir ganze drei Wochen. Und wir taten nichts, abgesehen davon, dass wir jede Nacht versuchten eine perfektere zu verbringen, damit ich meiner Wiedergutmachung gerecht wurde. „Danke für die schöne Zeit Bella. Trotz anfänglicher Startschwierigkeiten“, wir kicherten beide, als wir vor meinem Haus standen, „war es wunderschön.“ Er drückte mich leicht gegen die Haustür und küsste mich leidenschaftlich. „Finde ich auch“, murmelte ich. „Aber jetzt muss ich zusehen, dass unsere Tochter mein Gesicht noch kennt“, witzelte er. „Und die Lernbücher meins. Obwohl… auch nicht so wichtig“, lachte ich, „warte kurz ich hole dir dein Handy.“ Ich schloss rasch auf und ging in die Küche. Edward war im Türrahmen stehen geblieben. Ich nahm seines aus der Schublade und schaltete meines mit der nächsten Handbewegung ein. Ich ging raus und gab Edward seines, während ich verwundert auf meinen Display blickte, der mehrmals aufblinkte. „Warum habe ich siebenhundertelf Anrufe von Emmett?“, fragte Edward irritiert. Ich sah auf und schnaubte. „Ich vermute er wollte sich für meinen Anruf letztens revanchieren“, lachte ich. Ich war mich sicher, dass ich ihn bei etwas gestört hatte… „Revanchieren?“ Edward zog die Augenbrauen weiter zusammen. „Lies das in seinen Gedanken demnächst selbst, ich denke nicht, dass er es verheimlichen wird…“, murmelte ich und starrte wieder auf meinen Display. „Was ist?“, fragte Edward, als er meinen Blick auffing. Ich sah mit zusammengezogenen Augenbrauen auf mein Handy. „49 Anrufe in Abwesenheit“, sagte ich tonlos, „alle von derselben Nummer… kennst du die?“ Ich zeigte sie ihm. „Nein, habe ich noch nie gesehen. Die ist von keinem, den wir kennen oder mal gekannt haben“, sagte er und das war auch so, wenn er das sagte (ich würde mich nie gegen ein Vampirgedächtnis stellen). Ich überlegte und brauchte ich nicht lange, bis ich es wusste. „Ich weiß von wem die ist“, sagte ich schließlich und nickte zu mir selbst. „Und?“, fragte Edward nach, als ich träumerisch weiter auf mein Handy starrte. „Phil“, antwortete ich ebenso tonlos. Edward runzelte die Stirn. „Phil? Woher sollte er deine Nummer haben? Das kann nicht sein, Bella, er-“ „Ich habe sie ihm gegeben“, unterbrach ich ihn, „ich habe ihm vor unserem Urlaub einen Brief geschrieben.“ Edward sah mich lange an und verschiedenste Gesichtsausdrücke huschten über sein Gesicht bis er sagte: „Bella du weißt, dass du nicht zu Gabriel und ihm kannst?“ „Ich weiß, aber ich musste ihm einfach schreiben“, sagte ich, sah Edward flehend an und blickte dann auf mein Handy herunter, „ich habe ihm meine Hilfe angeboten, wenn ich dafür nicht körperlich anwesen sein müsste… vermutlich gibt es etwas, was ich tun kann…“ Ich biss mir auf die Lippen. Ich hatte das Gefühl, dass es nicht um so etwas Einfaches wie Geld ging, weshalb ich zu nervös war, um jetzt zurück zu rufen. „Bella-“ „Ich tue nichts unüberlegtes, versprochen“, sagte ich rasch, als ich seine Sorgenfalten bemerkte, „Ich werde ihn später anrufen.“ „Okay, wir sehen uns dann, ja?“ Er küsste mich auf die Stirn. „Ja bis dann.“ Phil hatte angerufen. Mehrmals. Er wollte also mit mir reden. Ehrlich gesagt, hatte ich nicht daran geglaubt. Zumindest nicht nach der Notiz auf der Todesanzeige meiner Mutter. Unschlüssig saß ich lange mal hier und mal dort, machte mir dann halbherzig etwas zu essen, räumte ein paar Sachen rum, bis ich mir ein Herz fasste, mich auf den Esstisch setzte und Phil zurück rief. Es fühlte sich an, als pochte das Herz mir laut und kräftig gegen die Brust. „Ja? Bella?“ „Ja, ich bin’s. Hallo.“ Stille. „Bella…“, begann Phil langsam und sehr zögerlich, „ich hatte eigentlich nicht die Absicht mich je wieder bei dir zu melden…“ „Ich weiß“, sagte ich bloß und spürte die Bitterkeit in meiner Stimme, denn er hatte so recht. „Aber es geht hier nicht um mich, sondern um Gabriel“, sagte er schließlich. „Gabriel?“, stieß ich verwirrt hervor. „Renée hat ihm, egal was damals zwischen euch vorgefallen war, immer wieder von dir erzählt, dass er eine ältere Schwester hat und so… seit Renée tot ist, fragt er immer öfter nach dir und wir streiten uns sehr häufig, weil ich nicht weiß, wie ich ihm erklären soll, dass seine Schwester nichts von ihm wissen will, ohne, dass er direkt wieder in eine Depression verfällt-“, er brach ab und holte Luft. Edward musste es gewusst haben! Immerhin war er dort gewesen!, schoss es mir durch den Kopf, doch ich konnte momentan keinen weiteren Gedanken daran verschwenden. „Phil, ich-“ Der, sehr wohl berechtigte, Vorwurf brannte mir in der Brust. „Könntest du mit ihm reden?“, unterbrach er mich, „nur telefonieren. Und vielleicht mal mit ihm schreiben? Bitte Bella, es wäre mir- es wäre ihm sicherlich sehr wichtig.“ Ich atmete schwer und dachte nach. Ich versuchte es aus vampirischer, cullenscher, Sicht zusehen… was sprach dagegen mit meinem kleinem Bruder zu telefonieren? Wenn es ihm half... „Gut. Unter einer Bedingung“, sagte ich bestimmt (nicht, dass ich irgendwelche Forderungen zu stellen hatte, doch es musste sein), Phil lauschte, „du musst ihm verklickern, dass er mich nicht danach fragen darf, warum ich mich nicht bei euch gemeldet habe oder euch jetzt nicht sehen kann bzw., dass er darauf keine Antwort bekommt, wenn er es fragt.“ Ich wartete. Phil räusperte sich. „Einverstanden. Kann er sofort mit dir reden?“ „Sofort?“ War das eine gute Idee? Ich spürte wie Nervosität durch meine Glieder fuhr. „Am besten ja“, sagte Phil nur. „Ich… also ich- okay, ja gut“, murmelte ich irritiert. „Ich werde mit Gabriel eben reden und dich dann wieder anrufen ja?“ Was sollte ich ihm sagen? Ich lief auf und ab in meinem Wohnzimmer und hielt den Hörer umklammert. Was würde Gabriel mich wohl fragen? Und was sollte ich ihm antworten, falls er sich nicht an meine Bedingung hielt (was für einen Fünfjährigen nicht verwunderlich wäre…)? Es klingelte. Das Blut in meinen Adern schien zu pulsieren. Ich schüttelte heftig den Kopf und atmete tief durch. Was sollte die Panikmache?! Schließlich freute ich mich andererseits auch sehr… „Bella Cullen“, meldete ich mich anstandshalber. „Hier ist Gabriel, bist du’s Bella?“, erklang eine zaghafte Kinderstimme am anderen Ende. „Ja, ja Gabriel, ich bin’s Bella“, antwortete ich verunsichert und betont ruhig. Er sagte nichts. Ich wartete. Ich würde kein Gespräch beginnen, denn ich wusste nicht, was ich ihm erzählen bzw. sagen sollte. „Meine Mama hat immer von dir erzählt“, begann er, „warum warst du nicht bei uns?“ Ich hörte, dass Phil im Hintergrund anscheinend Anstalten machte, ihn von solchen Fragen abzuhalten, doch Gabriel ignorierte das. Stur. Ich verdrehte die Augen. „Gabriel, es tut mir leid, wenn ich so grob sein muss, aber das kann ich dir nicht beantworten. Wenn es das einzige ist, was du wissen möchtest muss ich dich enttäuschen“, sagte ich gefasst und schloss die Augen langsam. Es tat mir so leid. „Nein! Nein, nein! Ich möchte noch mehr von dir wissen!“, rief er fast ins Telefon, vollkommen aufgeregt. „Was möchtest du wissen?“, fragte ich liebevoll und öffnete die Lieder wieder. „Erzähl’ mir von dir und Mama. Erzähl mir alles von dir. Mama sagt du hast einen Mann und auch ein Kind? Stimmt das? Wie heißt das? Ist es so alt wie ich?“ Die zarte Kinderstimme überschlug sich förmlich vor Sehnsucht nach Antworten. Ich setzte mich auf die Couch und begann erleichtert, denn die Frage nach meiner Sonderbarkeit, kam die ganze Zeit nicht mehr auf. Wir werden uns heute nicht in der Uni sehen. Ich komme heute Abend zu dir. Ich liebe dich. Edward. Hm, dachte ich und ließ mein Handy sinken, während ich Ausschau haltend vor der Mensa auf ihn gewartet hatte. Normalerweise trafen wir uns montags immer hier, weil seine Seminare erst nach der Mittagspause begannen. Aber das hatte sich dann ja erledigt… Ich verzichtete auf ein ausgiebiges Mittagessen, kaufte mir ein Brötchen in der Cafeteria und setzte mich schon mal in den Raum meines nächsten Kurses aus dem Modul „Sexualität und Fortpflanzung“, obwohl die Vorlesung erst in zwei Stunden, nach der großen Mittagspause, begann. Merkwürdigerweise war ich nicht die einzige dort. Im Gegenteil… ich hatte scheinbar irgendetwas verpasst (kein Wunder, wenn man drei Wochen schwänzte, murrte ich in Gedanken). „Entschuldigung, was ist hier los?“, fragte ich eine Studentin, die gerade an mir vorbei heraushasten wollte. „Ähm, ein Gastdozent kommt und danach schreiben wir einen Test und danach bekommen wir die letzten Materialien für die Abschlussprüfungen und die Hausarbeiten, entschuldige mich“, ratterte sie herunter. Ich verstand Bahnhof. Einen Test? Abschlussprüfungen? Ende April? Hausarbeiten? Ich setzte mich verwirrt in eine Bank und sah dem regen Treiben kauend zu. Wäre Edward da gewesen, hätte er mal seine Fähigkeit für mich springen lassen können… warum war er eigentlich nicht da? Mein Blick schweifte zum Fenster. Es war bewölkt und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es gegen Nachmittag sonnig werden würde. Allerdings glaubte ich auch nicht, dass etwas geschehen war (außer es war Edwards neue Masche mir überhaupt nichts mehr zu sagen, um mich zu „beschützen“, nein… das glaubte ich nicht, er wäre sicherlich ehrlich). Ich wartete also verträumt bis es schellte und der, sowieso schon volle, Raum noch voller wurde. Ein Beamer wurde aufgebaut und der Gastdozent trat ein. Bei seinem Referatsthema rutschte mir das Herz ins die Hose und mir wurde schlecht. Er zählte mehrere Verhütungsthematiken auf und fügte letztlich hinzu: „-und zu guter letzt berichte ich Ihnen von der Sterilisation des Mannes und der Frau und die Chancen und Risiken es rückgängig zu machen.“ Ich spürte wie ich willentlich meinen Atem zügeln musste, damit ich nicht auf einmal keuchte. Mit zitternden Händen wartete ich. Ich wartete auf das Thema, weshalb ich seit Monaten hier saß, weshalb ich überhaupt erst angefangen hatte Medizin zu studieren. Er referierte zu einer neuartigen Wirkung der Pille, eher eine Weiterentwicklung, sagte etwas zur Hormonspirale, dann erläuterte er etwas zum Pearl-Index und dann- klingelte es. „Leider kommen wir nicht mehr zur Sterilisation. Ich lasse Ihnen ein sehr ausführliches Skript mit neuartigen Studien etc. dazu da, dort können Sie alles Relevante nachlesen. Mrs. Jimms übernimmt dann.“ Mein Hals war trocken, als ich, wie alle anderen nach vorne ging und das Skript nahm. Alle andere nahmen sich von Mrs. Jimms noch Bücher, die sie extra mitgebracht hatte und Merkzettel für die Prüfungen, während ich, als einzige, wieder zu meinem Platz stiefelte und stumm das Skript wegsteckte. Ich saß irgendwie auf heißen Kohlen. Ich wusste nicht, warum ich so nervös war, als es sechs Uhr wurde und nun – für mich zumindest – der „Abend“ begann. Ich wollte Edward von meinem Gespräch mit Gabriel berichten. Ich hatte den Kleinen richtig in mein Herz geschlossen, wie konnte ich das auch nicht? Es war herzzerreißend gewesen, wie er von Renée gesprochen hatte und von sich aus, ihren Tod beschrieben hatte. Ich glaubte, dass es das war, was er gebraucht hatte. Er hatte es gebraucht, alles jemandem sagen zu können, der Renée kannte, aber nicht so beteiligt war, dass derjenige zu emotional reagierte. Außerdem stand ich ihm nicht gegenüber, wir mussten uns nicht in die Augen sehen. Er sagte kein Wort, während ich ihm so ausführlich ich konnte und durfte, ich kam natürlich nicht ohne Lügen aus, seine wissbegierigen Fragen beantwortete. Und da war noch etwas… etwas, dass mich unterschwellig die ganze Zeit beschäftigte: Hatte Edward gewusst, dass Gabriel immer wieder nach mir fragte und Renée ihm, mehr als einmal, von mir erzählt hatte? Eigentlich war es keine Frage. Ich ging ins Schlafzimmer und räumte ein paar Uniunterlagen von rechts nach links, als mir das Skript von heute Mittag in die Hände fiel. Automatisch steigerte sich meine Nervosität, dass ich glaubte mir wurde schlecht. Ich schmiss es beiseite und räumte alle Kartons und Hefter wieder ins Regal. Ich zuckte zusammen, als es klingelte. Ich legte das Skript rasch auf die Kiste mit verschiedenen weiteren Zettelsammlungen, welche sich auf dem höchsten Brett des Regals befand und hastete die Treppen herunter. „Seit wann klingelst du?!“, fragte ich entsetzt, nachdem ich die Tür aufgerissen hatte. „Ich wollte dich nicht so überfallen wie letztens“, erklärte er sich und grinste kurz. Ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an und musterte ihn sekundenlang. Er wirkte normal. Keine Sorgenfalten, kein gequältes Gesicht, nichts. Es schien alles in Ordnung zu sein, aber er war auch ein grandioser Schauspieler, wenn er wollte… „Darf ich reinkommen?“, fragte er mit einem weiteren schiefen grinsen, da wir immer noch in der Tür standen. „Nicht, dass mir kalt werden würde, aber vielleicht dir“, er strich mit den Fingerspitzen über die Gänsehaut an meinem Arm. Ich trat zurück und schloss hinter ihm die Tür. Dann ging ich hinter ihm her ins Esszimmer, wo er angelehnt an den Tisch, stehen blieb. Er breitete die Arme aus und zog mich an sich. „Wie war dein Gespräch mit Phil?“, wollte er prompt wissen. „Gut. Also besser als erwartet“, schränkte ich ein, „ich habe nach dem Gespräch mit ihm noch mit Gabriel gesprochen-“ „Du hast was?!“, fuhr Edward mich erschrocken an und schob mich ein wenig von sich weg, um mir in die Augen zu blicken. „Was hast du?“, fragte ich mit zusammengekniffenen Augenbrauen. „Bella du kannst nicht einfach mit Gabriel reden!“ Er sah mich weiterhin geschockt hat. „Ach und warum nicht?!“, fragte ich schärfer als gewollt, denn so eine heftige Reaktion seinerseits hatte ich nicht erwartet. Er schob mich nun ganz von sich weg und setzte sich auf den Stuhl. Ich stand vor ihm. Er mied meinen Blick. „Bella ich kenne dich, es bleibt doch nicht bei einem Gespräch. Es kommt ein zweites hinzu, ein drittes und so weiter, bis du dieses Kind so liebst, dass du es besuchen willst, hab ich recht?“, er sah mich immer noch nicht an, „du spielst mit deinem Leben, wenn die Volturi nur den Hauch einer Spur-“ „Edward es kann nicht passieren“, unterbrach ich ihn fassungslos, „ich liebe Gabriel, vermutlich ja, wenn man das nach einem Telefonat kann, aber ich werde ihn niemals besuchen können. Zumindest ihm nicht unter die Augen treten. Ich weiß das und habe mich damit abgefunden“, das hatte ich wirklich und war von mir selbst überrascht wie erwachsen ich plötzlich damit umgehen konnte, „Ich werde mich bestimmt nicht mit den Volturi anlegen“, sagte ich mit fragendem Gesichtsausdruck, „Was ist los mit dir? Warum bist du so empfindlich?“ Er verbarg das Gesicht in den Händen. „Es tut mir leid.“ Es wirkte, als fiel eine Maske von ihm ab, ein Schleier seiner selbst. So hatte ich ihn noch nie gesehen. So… verletzlich. Ich strich ihm über den Rücken. „Was ist los?“, fragte ich leise und blickte ihn von der Seite an, nachdem ich mich neben ihn gehockt hatte. „Ich weiß nicht weiter… ich dachte es hätte sich in den drei Wochen vielleicht irgendetwas geändert, irgendetwas, aber es kommt mir beinahe noch schlimmer vor…“ Ich schob seinen Oberkörper, mit seinem Willen natürlich, sanft zurück, sodass er aufrechter saß und setzte mich seitlich auf seinen Schoß. Ich nahm ihm die Hände vom schmerzverzerrten Gesicht und hielt sie in meinen. „Nela, nicht wahr?“ Er sah mir tief in die Augen und nickte kraftlos. „Sie ist noch launischer und unnahbarer als sonst. In der einen Minuten flippt sie total aus, schreit herum und beschimpft- uns“, ich wusste, dass er „mich“ hatte sagen wollen, es zerriss mir das Herz, „und in der anderen ist sie fast fröhlich. Na ja fast. Und sie ist wieder nur an ihrem Laptop, den ganzen Tag. Nachrichten sieht sie mal mit uns oder isst im Wohnzimmer, aber das war’s. Ich bin ein grausamer Vater für sie.“ Seine Stimme war so matt und mechanisch, dass ich Mühe hatte, die Tränen runterzuschlucken. Ich kannte ihn nur stark, beherrscht, nicht angreifbar. Es tat so weh ihn so zu sehen. „Sag so etwas nicht“, ich schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihn fest an mich, „du bist der beste Vater, den man sich wünschen kann. Nela wird das irgendwann auch endlich verstehen. Nela ist scheinbar etwas pubertär momentan“, ich zuckte mit den Schultern, „du machst alles richtig und mehr kannst du nicht tun. Schließlich bist du weder an der Situation schuld, noch an Nelas Sturheit, fürchte ich“, flüsterte ich ihm ins Ohr, „glaub’ mir, sie liebt dich über alles und ist einfach nur wie ein kleines Kind in der Trotzphase.“ Ich sah ihm in die Augen und küsste dann seine hängenden Mundwinkel. „Bitte sei nicht mehr traurig.“ Ich legte wieder die Arme um ihn und wir verharrten eine ganze Weile in dieser Position. Mir brannte es auf der Zunge ihn zu fragen, warum er mir nicht erzählt hatte, dass meine Mutter mit Gabriel über mich gesprochen hatte, ihm von mir erzählt hatte… „Edward?“, fragte ich nach einer Weile. Ich umarmte ihn immer noch, mein Ohr lag an seinem. „Hm?“, machte er fragend, aber irgendwie kraftlos. Es war egoistisch ihn jetzt mit meinen Problemen zu nerven. „Nichts“, sagte ich stattdessen. Ich hörte ihn schnauben. Er schob mich an den Schultern von sich weg und küsste kurz mein verwirrtes Gesicht, bevor er sagte: „Du kannst mich immer alles fragen Bella, denk daran.“ Ich nickte nachdenklich und sagte nichts. „Los frag’ mich“, forderte er, „ich weiß worum es geht, also ich bin mir ziemlich sicher“, schränkte er lächelnd ein, während seine Hände sanft an meinen Hüften auf und ab glitten. „Warum hast du es mir nicht gesagt? Du wusstest, dass Mom Gabriel von mir erzählt hat“, fragte ich, nachdem ich ein und aus geatmet hatte. Er senkte den Blick und nahm meine Hände, die in meinem Schoß lagen, in die seinigen. Er strich zärtlich mit seinen Fingerkuppen meine Finger entlang. „Weißt du, ich mache immer wieder denselben Fehler“, begann er mit weiterhin geneigtem Kopf, „ich möchte dich schützen, indem ich dir etwas vorenthalte, was dir vielleicht weh tun könnte, weshalb ich beschlossen habe, dir es vorerst nicht zusagen, weil es dich in deiner Trauer um deine Mutter vielleicht nur noch mehr verletzt hätte.“ Er blickte auf und wartete meine Reaktion ab. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, denn diese Antwort hatte ich erwartet. Er wollte mich schützen. „Das ist lieb von dir-“, fing ich zögerlich an. „Du bist erwachsen, sehr erwachsen, in jeder Hinsicht“, unterbrach Edward mich und sah mich weiterhin an, „und ich bessere mich, versprochen, keine Heimlichkeiten mehr.“ Ich lächelte und lenkte sein Gesicht zu meinem, damit ich ihn küssen konnte. „Das ist okay, ich weiß, dass du es nur gut meinst und darum liebe ich dich so sehr“, flüsterte ich und berührte noch mal seine Lippen. „Und darum liebe ich dich so sehr“, wiederholte er und erwiderte meinen Kuss, „so und jetzt erzählst du mir mal richtig von deinem Gespräch mit Gabriel. Ist er genauso stur, liebenswert, zerstreut, sensibel“, zählte er auf, während ich die Augen verdrehte, „und selbst zerstörerisch wie du? Mit Hang zur Dramatik?“ „Mit Hang zur Dramatik?!“, lachte ich empört, „von wegen! Das darfst du dir selbst zu schreiben“, entgegnete ich und tippte ihm an die Stirn. Er grinste und sah mich erwartungsvoll an. „Er ist großartig“, schwärmte ich, „ich meine, wie er das alles verarbeitet und mit der ganzen Situation klar kommt… in dem Alter…“ „Das hat er von dir“, lächelte Edward und rieb seine Nase kurz an meiner. Ich ging gar nicht auf seine Lobeshymne ein und lächelte nur zurück, bevor ich sagte: „Er hat mir ihren Tod geschildert. Neutral, aber ehrlich, fast wie ein Nachrichtensprecher, aber als ich ihm dann von meiner Zeit mit Renée berichtete wurde er ruhiger und ich glaube er hat ab und zu geschluchzt. Er ist so ein tapferer kleiner Junge. Während des Gespräches habe ich zwischendurch gedacht, dass Nela sich eine Scheibe von ihm abschneiden könnte…“ „Tja, sie kommt anscheinend mehr nach dir, als er“, lachte Edward. „Soll das jetzt heißen, ich bin für ihren Dickkopf und das ganze Nachtragen dir gegenüber verantwortlich?!“, witzelte ich. „Hmmm“, Edward wackelte mit dem Kopf hin und her, als er wog er ab, „ich würde sagen du bist nicht ganz unbeteiligt“, lachte er und ich stimmte ein. Dann wurden wir beide nachdenklich und ich legte die Wange an seine Schläfe. „Wir schaffen das. Fünf Monate… nur noch fünf Gott verdammte Monate und dann ist alles vorbei, für uns beide, ganz sicher“, versuchte ich uns beide zu ermuntern. Er schloss mich wieder in seine starken Armen und nickte an meinem Hals. „Fünf Monate…“ 23. April Gabriel hat heute wieder angerufen. Er möchte mich jetzt jeden Tag nach dem Kindergarten anrufen. Ich habe nichts dagegen, allerdings habe ich eingeschränkt, dass ich vielleicht in der Uni bin und dann deswegen das Handy aus habe. Gabriel ist so ein fröhliches Kind, obwohl Phil mir von anderen Dingen berichtet hat, aber ich glaube er taut richtig auf und ich auch. Ich fühle mich plötzlich lebendig, obgleich ich mit ihm erst zwei Mal telefoniert habe. Phil und ich reden nicht viel. Es fühlt sich so an als wäre ich die böse Stiefmutter in seinen Augen, aber da er weiß, dass es Gabriel gut tut, lässt er es zu. Mal sehen was der Wurm mir morgen alles zu erzählen hat… Ich klappte das Tagebuch zu und legte mich schlafen. 20. Juni Edward und ich feiern seinen Geburtstag auf „Prince Edward Island“, ja das gibt es wirklich! Liegt östlich in Kanada. Edward war begeistert. Allerdings hoffe ich, dass er noch begeisterter sein wird, wenn er sein neues Auto heute Abend sieht. Das Motorrad haben wir Emmett geschenkt, er hat das bessere Verwendung für und letztendlich war das ja auch seine Absicht ;). Beim Autokauf hab ich diesmal auch nicht Emmett gefragt, sondern mich einzig und allein auf den Volvo-Verkäufer verlassen. Ob das ein Fehler war oder nicht, wird sich heute Abend zeigen… 7. September Einen Monat noch… noch genau ein Monat… doch ich kann schon lange an nichts anderes mehr denken. Ein Monat gegenüber knapp siebzehn Jahre ist nichts… und genau deshalb macht es mich nervös. Ich darf sie sehen und in die Arme schließen, endlich. 8. September Ich glaube ich drehe durch. Wenn ich an die nächsten Wochen denke, wird mir schlecht. Ich bin jetzt schon so nervös, dass ich kaum mehr ein Glas halten kann ohne, dass ich rum zappele und die Hälfte verkippe. Edward hat seine helle Freude an mir und meiner bis ins unermessliche gesteigerte Tollpatschigkeit, er amüsiert sich köstlich, aber ich bin mir sicher, dass er genauso aufgeregt ist wie ich – nur er versteckt das professioneller als ich. Mist. 13. September Ich habe heute das vierte Outfit für Nelas Geburtstag mit Alice zusammen gekauft. Und ich hab immer noch kein Geschenk für sie. Mir muss ganz schnell eine zündende Idee kommen… 19. September Es fühlt sich komisch an, vor Freude aufgeregt und nervös zu sein. Das Kribbeln ist lästig, aber schön. Bald sehe ich meine Tochter, sehe ich sie richtig… 20. September Ich habe mich heute exmatrikuliert. Was soll’s, das Skript, wenn ich nur daran denke kriege ich Bauchschmerzen, liegt im Regal und es hat sowieso kein Sinn weiter zu studieren. Edward war misstrauisch, hat aber mein Argument, dass ich erst mal nur Zeit für Nela haben will, eingesehen. 6. Oktober Morgen ----- Bin auf Kommis gespannt ;) lg fane Kapitel 30: Der lang ersehnte Tag --------------------------------- Soooooooooooo jetzt beginnt das - hoffentlich ^^ - grandiose Finish von Innermost... Sry wenn es jetzt mit den Kaps immer ne Woche dauert, aber erstens muss ich sie viel öfter korre lesen und ergänzen, weil ich jetzt innermost und teile von infinite zusammenführen muss und alles passen muss, zweitens sind die nächsten paar kaps sehr lang und drittens hab ich leider nur immer abends sehr wenig zeit zu schreiben :( Jetzt treffen Bella und Nela aufeinander^^ jetzt passiert das, worauf ihr seid dem ersten Kapitel wartet, ich hoffe ihr seid nicht enttäuscht ^^ viel spaß, freu emich über kommis ^^ Zwei Musikvorschläge zu diesem Kapitel: Ich liebe dieses Instrumental und finde es unheimlich inspirierend. Es passt zu vielen meiner Kapitel, aber zu diesem hier besonders wie ich finde: http://www.youtube.com/watch?v=hKLpJtvzlEI => Lux Aeterna, Clint Mansell Hinzu kommt dieses was etwas wichtiges bzgl. bellas gefühlen in diesem kapitel unterstreicht: http://www.youtube.com/watch?v=IAqLdY0kjxo&feature=PlayList&p=D3A258AD06618522&index=0&playnext=1 oder hier: http://www.youtube.com/watch?v=lFU_41QTaW0 => Kissing you, Des'ree (Soundtrack Romeo & Juliet, instrumental) Vielleicht habt ihr lust reinzuhören, ich liebe sie ^^ Genug der Vorrede, viel spaß: ----------- Ich legte das Tagebuch beiseite und rollte mich auf den Rücken, sodass ich zur Decke sah. Ich schwelgte in Erinnerungen… „Meinst du es wird ihr gefallen? Ich weiß nicht, ich meine, sie wird erst mal sauer sein und ihr das dann direkt vorzuschlagen-“, wog ich hektisch ab, während ich im Wohnzimmer auf und ablief. Edward war wie die anderen Tage auch, seitdem das letzte Semester zu Ende gegangen war, er hatte sich, wie ich, exmatrikuliert, am Morgen zu mir gekommen. Für Nela war er bei Vorkursen und Alice, die ebenfalls hier war, einkaufen. „Bella beruhige dich“, sagte Edward zum vierzigtausendsten Mal, „sie wird es bestimmt toll finden eine Reise zu machen, vorausgesetzt-“ „-sie verwandelt sich nicht und wenn doch, wird sie das Auto bestimmt toll finden“, ergänzte ich Augen verdrehend, da ich seine Ansprache schon kannte. „Wenn du jetzt nicht mal drei Sekunden, das meine ich wörtlich, still stehst, dann wird das mit dem Saum nichts“, murrte Alice, die, ich hatte es nicht bemerkt, dass die ganze Zeit hinter mir her gelaufen war. „’Tschuldige“, murmelte ich, während sie sich vor mich kniete. Ich hatte mich für einen cremfarbenen Blazer, eine blassrosafarbene Bluse und einen fliederfarbenen Rock entschieden. Ich fand, dass es schick war, aber nicht allzu übertrieben und lästig, wie es ein Kleid gewesen wäre. „Du wackelst!“, fuhr Alice mich gereizt an, „Hilft nichts, zieh ihn aus, ich geh’ nach oben.“ Ich war mir sicher, dass Alice’ geschickten Hände, den Saum ohne Probleme hätten bessern können, doch ich tat wie mir geheißen und Alice rauschte hoch. Edward legte die Arme um mich, während ich ihr ein wenig betrübt nachsah. „Immer noch wegen morgen?“, fragte ich. Er zuckte mit den Schultern. „Sie hasst es, wenn sie blind ist, wenn sie nichts sieht… und noch mehr hasst sie es, wenn sie nicht weiß warum.“ „Hey Kleine!“, kam es unverhofft von irgendwoher. Ich wand den Kopf in alle Richtungen und entdeckte Emmett, wie er ins Wohnzimmer spazierte. Mein Gesicht hellte sich sofort auf. „Frisch eingeflogen aus-“, doch ich hörte nicht mehr hin, woher er gekommen war, sondern warf mich „Emmett-rufend“ in seine Arme. „Na alles bereit für morgen?“, fragte er munter, „Bereit das Monster in ihr raus zu lassen?“ Er wartete keine Antwort ab und fuhr fort: „Aber denk daran, sie wird ein bisschen“, er zog das Wort absichtlich lang und zeigte einen geringen Abstand zwischen seinem Zeigefinger und Daumen an, „anders aussehen im Vergleich zu damals, kann ich dir sagen. Und sie ist mindestens genauso frech wie du!“ „Spinner“, stimmte ich in sein Lachen ein. „Ich muss auch leider wieder. Rose wartet draußen, ich wollte nur mal ‚Hallo’ sagen“, murmelte er schnell. Dann machte er kurz ein angestrengtes Gesicht, sah noch kürzer zu Edward und verabschiedete sich von mir. Ich wand mich zu Edward um. „Was hat er dir gesagt? Ich weiß, dass er dir etwas gesagt hat“, fügte ich streng hinzu, als er im Begriff war es abzustreiten. „Nichts wichtiges, nur-“ „Und was ist das ‚nicht wichtige’?“ Ich verdrehte die Augen. Ich kannte das. Er wollte mich wieder mal schützen… Edward grinste über meinen Gesichtsausdruck, rückte aber dann endlich mit der Sprache raus: „Er wollte nur nachfragen, ob er etwas für dich tun kann, ob er dir helfen kann, wie damals…“ Ich nickte. Wie lieb, dachte ich, aber das würde morgen ein Ende haben. Niemals wollte ich wieder den Menschen, die ich liebte Kummer bereiten. Keiner sollte sich mehr um mich sorgen. Ich legte mich auf den Bauch und das Gesicht in die Hände. Den Tag Revue passieren zu lassen war zwar, so glaubte ich, nicht hilfreich, aber unvermeidlich, wie ich nach ein paar Minuten, in denen ich versuchte an nichts zu denken, feststellte. Ich atmete langsam ein und aus. Ich spürte wie mein Körper vor Aufregung zu beben schien. „Meinst du sie wird dir morgen überhaupt zuhören?“, fragte ich wie so oft in den letzten Tagen und Stunden. „Ich hatte fast siebzehn Jahre lang Zeit und glaube die richtigen Worte gefunden zu haben, aber ich kann es dir trotzdem nicht sagen“, antwortete er ruhig, obwohl er mir das schon mindestens zwanzigmal erklärt hatte, „wir müssen abwarten wie sie auf dich reagiert. Vielleicht haben wir kaum Zeit und sie verwandelt sich, wenn sie dich sieht und sich mit dir identifiziert. Es ist nicht abschätzbar, was sie für dich empfinden wird.“ Das war die brutale Wahrheit. Morgen konnte alles im Chaos enden oder nicht. Eines war sicher: Die siebzehn Jahre ohne sie endeten. So oder so. „Bleibst du heute Nacht bei mir?“, fragte ich mit dünner Stimme. „Tut mir leid, aber ich möchte Nela noch sehen, bevor sie schlafen geht, damit sie keinen Verdacht schöpft, weil ich ihr gesagt habe, dass ich mit ihr noch mal reden wollte, obwohl sie sowieso auf Durchzug schalten und mich ignorieren wird“, er seufzte gewohnheitsmäßig, „aber ich kann dich ins Bett bringen wenn du willst“, bot er an und küsste mich aufs Haar, „etwas mehr Schlaf als sonst würde dir gut tun.“ „Ich hatte gar keinen“, seufzte ich an seiner Brust. „Eben“, lächelte er und zog mich an der Hand hoch in mein Schlafzimmer. Tja, das hatte nicht viel genützt. Ich war eingeschlafen und nach einer Stunde, als er bereits weg war, wieder aufgewacht. Nervöser als vorher… „Weinst du?“, fragte Edward. Wir lagen auf der Seite unter der warmen Decke in meinem Bett. Ich hatte mich mit dem Rücken an seinen Oberkörper geschmiegt. Einen Arm hatte er über meine Schulter gelegt, damit er meine Hände sanft streicheln konnte. Hin und wieder berührten seine Lippen mein Haar, meinen Nacken oder meinen Hals. „Nein es ist nur schrecklich windig hier drin, weshalb mir die Augen tränen“, wollte ich schnippisch entgegen, verkniff es mir aber. Ich nickte nur. „Hey Schatz“, sagte Edward, beugte sich leicht über mich und strich meine Haare zur Seite, damit er mein Gesicht sah, dessen Tränen das Kissen benetzen. „Ich hab solche Angst“, verzog ich das Gesicht und wandte es ins Kissen. Die ganzen letzten Stunden, Tage, Wochen war ich aufgeregt und nervös gewesen, unerträglich nervös. Jetzt war ich einfach nur ängstlich. Mein Eingeweide schienen sich so fest zusammen gezogen haben, dass sie nur noch einen schmalen Strich bildeten. Mein Hals war trocken und mein Atem stockend. Ich hatte so lange auf diesen Tag gewartet und erst jetzt verstand ich, dass es kein reiner Tag der Freude war – für niemanden. Mit einer Verwandlung war nicht zu spaßen und wenn es mir nicht gelang die Schuld von Edward abzuwenden- „Es wird alles gut, glaub mir“, flüsterte Edward mir ins Ohr, doch ich mochte es nicht glauben. Und wenn doch, dann würde es morgen nicht sofort gut werden, sondern erst später. „Ich an ihrer Stelle könnte mich nicht mit einer Frau identifizieren-“, begann ich schluchzend. „Schhh“, machte Edward, „Identität und Identifizierung sind keine bewussten Vorgänge Bella. Das kann Nela nur begrenzt bewusst steuern, wir können nur warten“, versuchte er mir wieder klar zu machen, „Vielleicht passiert auch gar nichts, es sind alles nur Vermutungen. Glaub mir, sie ist ein Dickkopf, aber sie wird dich sehr lieben. Ab morgen müssen wir nie mehr getrennt sein und falls doch, werde ich es zu verhindern wissen. Ab morgen hat unsere Familie eine Zukunft und wir sind eine Familie, hörst du?“ Ich nickte, presste die Lider aneinander, die weitere heiße Tränen über mein Gesicht liefen ließen und glitt in den Schlaf. Jetzt lag ich hier, wälzte mich hin und her und begutachtete, im von der Straßenlaterne matt einfallenden Licht, die Kleidungsstücke, die ich morgen tragen würde. Jeder Winkel meines Körpers zeigte mir nur zu gut, wie wichtig der morgige Tag war und, dass es mehr als berechtigt war, nervös zu sein. Ich schwitze auch schrecklich, obwohl ich mich längst abgedeckt hatte und die Heizung abgestellt war. Das würde wohl nichts werden mit „viel Schlaf“. Ich überlegte was ich zu ihr sagen sollte – was ich zu ihr sagen durfte. Durfte ich sie beispielsweise sofort in meine Arme schließen? Oder sollte ich besser warten? Vielleicht verwandelte sie sich sofort- Ich schluckte. Mein armes Kind. Hoffentlich würde sie normale Schmerzen habe, flehte ich, denn ich wollte nicht, dass ihr das passierte, was mir widerfahren war. Hoffentlich ging alles glatt. Ich dachte so intensiv wieder und wieder über alles nach, dass ich, als ich aufwachte, das Gefühl hatte nicht geschlafen zu haben. Doch die mickrigen Andeutungen von Erholung schienen mir das Gegenteil beweisen zu wollen. Es war jedoch ein extensiver Schlaf gewesen, Halbschlaf vielleicht. Ich rappelte mich auf, duschte mich, abwechselnd eisig kalt und heiß, ab und stocherte minutenlang träumend in meinem Müsli herum, der mir trocken im Hals kleben blieb. Ich spülte einen halben Liter Milch nach und ließ das Essen sein. Die Uhr zeigte halb fünf an. Um sechs würde Jasper mich abholen – den Grund, weshalb er es war und kein anderer, kannte ich zu gut –, da die Cullens nicht davon ausgingen, dass Nela sehr früh aufstehen würde. Es war alles abgesprochen: Edward würde ihr alles sanft beibringen und mich dann dazuholen. Ich würde ihr in die Augen blicken- Ich schüttelte Schwindel erregend schnell den Kopf, damit ich mich jetzt nur auf das Anziehen und fertig machen konzentrierte. Jasper lächelte mich schwach an, als ich einstieg. Ich ignorierte die Woge Ruhe, die durch meinen Körper glitt und kommentierte Edwards Fahrerwahl nicht. Die knapp zwei Stunden Fahrt nach Hinton kamen mir merkwürdig erträglich vor, weil ich mir ironischerweise wünschte, nie anzukommen. Ich hatte große Angst mich Nelas Vorwürfen, die sie bestimmt, in welcher Form auch immer, hegen würde, zu stellen. Ich hatte so lange gewartet und doch konnte ich in diesem Moment nicht behaupten, dass ich es nicht erwarten konnte. „Deine Tochter ist klug“, sagte Jasper plötzlich, ich sah zu ihm, er blickte auf die Straße, „ich bin mir sicher, dass-“ „Jasper?“, unterbrach ich ihn unhöflich. Nun sah er mich erwartungsvoll an. „Kannst du mir einen Gefallen tun und ihre Gefühle nachher nicht manipulieren? Sie soll fühlen was sie möchte, egal was. Bitte.“ Er nickte langsam und ich hoffte inständig, dass er es auch so meinte. Egal welche Gefühle sie, wenn sie mich sah, hegen würde, sie sollte sie zulassen dürfen, auch wenn die Möglichkeit, sehr wahrscheinliche Möglichkeit, bestand, dass sie verletzend sein konnten. Ich zitterte unglaublich und nahm alles wie in Trance wahr: Ankunft, herein gehen, Esmes Umarmung und den Glanz in Augen, als sie sagte: „Es ist soweit Liebes!“, Edward kurze Instruktionen bzgl. der Vorgehensweise, obgleich ich es schon auswendig kannte, und das warten. Warten. Warten. Ich stand mit dem Rücken an das Bücherregal gelehnt, welches als Raumteiler diente. Edward würde sich mit Nela auf die Couch setzen und ihr alles erzählen, während die anderen Cullens zusahen und ich mithörte. Dann würde Edward mich dazu rufen bzw. dazu nehmen und ich würde meine Tochter sehen. So war der Plan. Ich hoffte es gelang. „Sie steht auf“, bemerkte Edward, der mit mir hinter dem Regal stand, „es wird alles gut“, setzte er leise hinzu. Ich nickte nur. „Ich hoffe ihr habt nichts dagegen, wenn ich mich dem trautem Familienglück entziehe“, hörte ich Rosalie knurren. Eine Tür schlug zu, fester als normal. Edward hinderte mich nonverbal daran um das Regal zu schauen. „Vielleicht ist es besser so“, murmelte er zu sich selbst und sah dann zu mir hinab: „Sie geht ihn den Wald.“ Ich nickte wieder nur. Mein Hals fühlte sich so rau an, dass ich nicht wusste, ob ich vernehmbar sprechen konnte. Wenn mit Nela alles geklärt war und alles einigermaßen in geregelten Bahnen verlief, war sie meine nächste Baustelle: Rosalie. Ich musste mich mit ihr aussprechen und mich vor allem bei ihr entschuldigen. Ich hatte mich seid meiner Ankunft in Forks vor so vielen Jahren, seufzte ich innerlich und versuchte nicht daran zu denken, dass meine Eltern da noch lebten, sehr in das Leben der Cullens und somit auch in ihres gedrängt. Ja, mein langfristiges weiteres Ziel, neben einem Beziehungsaufbau zu Nela, würde es sein, mit Rosalie auszukommen. „Hast du keine anderen Probleme?“, murrte Alice, als sie meinen Plan gesehen hatte, obgleich sie hell erfreut schien, da sie wieder etwas gesehen hatte. Irgendetwas. Edward schnaubte kurz belustigt auf, als er eben dieses in ihren Gedanken sah. Dann lachte er lauter auf und verkniff es sich sogleich wieder. Ich sah ihn Stirn runzelnd an. Mein Fuß tippte die ganze Zeit unruhig auf den Boden. „Sie versuchte sich immer noch auf den Ausgang des heutigen Tages zu konzentrieren, aber sie sieht nichts. Stattdessen sieht sie nur ‚Müll’“, er lachte leise und fügte hinzu: „Nela ist im Bad fertig und zieht sich jetzt an.“ Ich sog stockend Luft ein und versuchte alles um mich zu beruhigen, doch nicht mal Edwards Zärtlichkeiten hinderten meinen Körper daran mir eindeutige Signale zu schicken: Ich starb fast vor Aufregung. „Sie kommt, ich werde mein bestens tun.“ Edward führte meine Hand zu seinen Lippen und küsste meinen Handrücken. Er sah mir kurz tief in die Augen und ging zu den anderen festlich gekleideten Cullens. Das erste was ich vernahm, nachdem die Tür aufgemacht wurde, war, dass meine Familie leise gluckste. Ich war irritiert, wagte aber keinen Blick um das Regal herum, sondern blieb dahinter hocken und rührte mich nicht. „Nela! Warum hast du nicht das Kleid angezogen, was wir zusammen ausgesucht haben?“, ertönte Alice’ empörte Stimme zuerst. „Alles Liebe zum Geburtstag, Schatz!“, kam nun Esme zu Wort und ich sah in der Scheibenreflexion sehr undeutlich, dass sie sie zu umarmen schien. Esme wich dann wieder zurück. „Ich finde das bequemer, außerdem verwandele ich mich heute oder?“, die Frage schien eindeutig an Edward gerichtet zu sein, „dann habe ich erstens zu große Schmerzen, um auf meine Kleidung zu achten und außerdem werde ich dann so hübsch, dass es egal ist, was ich anhabe“, erklärte sie matt. Das würde Alice anders sehen, dachte ich brummig, um mich abzulenken, denn jede Faser meines Körpers verkrampfte sich bei dem Gedanken, dass meine Tochter weniger Meter hinter mir stand, ich gerade ihre Stimme hörte, sie sich bald verwandeln könnte und ich sie in gezählten Sekunden leibhaftig sehen durfte! „Also los, erzähl’ mir alles über meine Mutter und verwandele mich dann. Schieß’ los“, drängelte Nela vorlaut. „Darf ich dir erst gratulieren?“, fragte Edward sanft. „Nein“, entgegnete Nela eiskalt. Ich kniff die Augen zusammen. Wie musste Edward sich nur fühlen? Edward pausierte ganz kurz, ich vermutete ob er darüber nachdachte weiterhin darauf einzugehen oder nicht, und sagte schließlich ebenso sanft: „Komm, wir setzen uns hierher.“ Ich hörte wenige Schritte und das leise Knatschen der Couch. „Los, worauf wartest du?“, murrte Nela kaum, dass sie wenige Sekunden in Stille saßen. „Nela, ich möchte, dass du mir vorher versprichst, dass du mich ausreden lässt und mir zuhörst. Kannst du mir dein Wort geben?“, steckte Edward den Rahmen ab. „Wie viele Bedingungen stellst du eigentlich noch?“, fuhr sie ihn an, allerdings nicht mit lauter Stimme, „Erst das Datum, dann-“, sie verstummte. Dann herrschte kurz Stille und sie sagte letztlich: „Gut, einverstanden.“ Manchmal sagte ein Blick eben mehr als tausend Worte, kam es mir in den Sinn, denn nur so oder so ähnlich konnte es gewesen sein, immerhin hatte niemand etwas gesagt. Meine Hände gruben sich in den Stoff des Rockes. Jetzt, jetzt würde Edward ihr alles erzählen, jetzt berichtete er ihr davon, von mir. Endlich, so lange habe ich darauf gewartet… „Bella und ich habe uns in Forks kennen gelernt, wie du weißt. Sie war ein Mensch und ich ein Vampir“, erklang Edwards ruhige weiche Stimme und ich wusste, wie lange er diese Rede nachgedacht haben musste, „deine Mutter wäre fast dabei umgekommen, als ein Vampir, der nicht so lebte wie wir, ihr nach dem Blute trachtete und ich ihr das Gift aussaugen musste, um eine Verwandlung-“ „Das kannst du dir sparen, dass habt ihr mir bereits-“ Wieder verstummte Nela urplötzlich. „Sie überlebte zwar, als Mensch, aber sie hegte seitdem den abstrusen Wunsch, zu werden wie wir. Wir waren nicht dazu bereit, sagen wir, ich war nicht bereit, ihr diesen Wunsch zu erfüllen und ihr das Leben zu nehmen. Bella allerdings war immer noch fest davon überzeugt.“ Ich wusste warum er so weit ausholte. Er wollte ihr die Umstände erklären und nicht sofort mit der Tür ins Haus fallen, damit sie verstand, wie es zu der Schwangerschaft, deren Problematik, die durch die Verwandlung bedingt war, und meiner Entscheidung letztlich gekommen war. Er wollte mich schützen, klar, aber er hatte die Rechnung ohne mich gemacht, denn das erste was ich tun würde, wenn ich sie sah, war, die Schuld von ihm zu nehmen. Schuld, die er nicht verdiente, die ganze Zeit nicht. „Nachdem Bellas Vater, dein Großvater, gestorben war, hatte sie nur noch die Verwandlung im Sinn, damit sie nicht mehr verletzlich war, oder den Tod und hat dafür die Gefährtin von James, desjenigen, der sie zuvor hatte umbringen wollen, aufgesucht. Victoria wollte sich an Bella rächen und somit konnte Bella sicher sein, dass sie sie anfällt.“ Ich hielt die Luft an. Es weckte grausige Erinnerungen in mir… ich war mich sicher, dass Edward Nela das nicht erzählt hatte. Edward fuhr fort: „Bella hat sie aufgesucht und Victoria hat sie gebissen – allerdings auf grausamste Weise. Sie hat ihren Arm mit vielen kleinen Bissen übersäht und ihr so wenig Gift initiiert, dass Victoria glaubte, sie würde an den psychischen bzw. psychosomatischen Folgen sterben bzw. sich selbst umbringen oder jemand anderen bitten oder zwingen. Zunächst schien es auch so, als würde das psychische Leid ihr zu sehr zu schaffen machen. Die Verwandlung dauert länger als erwartet und war schrecklicher als wir es je angenommen hätten. Sie verfiel immer wieder in verschiedene Wahrnehmungszustände, entweder hatte sie die typischen brennenden Schmerzen, spürte nichts als Leere oder verhielt sich normal. Immer und immer wieder. Die Verwandlung war zwar irgendwann abgeschlossen, aber sie empfand anfangs keinen Durst, konnte weinen und menschliche Nahrung zu sich nehmen, obgleich sie unsterblich war und beeindruckende Kräfte und Fähigkeiten hatte, die sie aber nicht kontrollieren konnte“, erholte Luft und ihn ahnte, dass jetzt Nela ins Spiel kam, „Als Bella damals schwanger wurde wussten wir nicht, dass sie zu dieser Zeit noch fruchtbar war, dass dieser Teil auch noch ‚unfertig’ war-“ „Augenblick“, unterbrach Nela ihn, „das heißt, meine Mutter war kein Mensch, als sie mich bekam? Das heißt sie ist nicht an meiner Geburt gestorben?“ Ihre Stimme war nur fragend, nicht aufgebracht oder wütend, was mich ein klein wenig beruhigte, dennoch beunruhigten mich die Fragen an sich sehr. „Hör mir zu“, sagte Edward unmissverständlich hart, „Bella Wahrnehmungszustände von ihrer Verwandlung übertrugen sich zeitweise wieder auf sie und sie erlangte immer mehr menschliche Eigenschaften zurück-“ „Also wurde sie doch wieder ein Mensch und starb dann?“, unterbrach Nela ihn wieder. Es schwang bislang nur Neugier in ihren Äußerungen mit. Edward sagte nichts. „’Tschuldige“, murmelte sie so leise und knurrig, dass ich es kaum verstand. „Sie wurde menschlicher um dich bekommen zu können, andererseits wurde ihre Verfassung, sowohl geistig, als auch körperlich, dadurch nicht besser, es wurde alles nur komplizierter, vor allem, weil wir nicht wussten, was du warst, ob du vielleicht auch so leiden müsstest wie sie und was wir tun oder vorbereiten konnten. Im Endeffekt konnten wir nur warten und nichts tun“, er machte eine Kunstpause, Nela sagte nichts, „nachdem du geboren warst, verfiel Bella in eine Depression, der sie vergleichsweise schnell entkam und sich dann voll und ganz auf dich konzentrieren konnte. Du warst ein Mensch, Bella schien sich nicht sofort ‚zurück zu verwandeln’ und folglich ging erst mal keine Gefahr aus, von keiner Seite. Allerdings erkannten wir schnell, dass du dich irgendwann verwandeln würdest und wenn du dich im Kleinkind bzw. Kindesalter verwandeln würdest, könnte das tödlich enden. Unsterbliche Kinder sind verboten, durch die Volturi.“ „Ich weiß. Das habt ihr mir mehrmals erzählt, weshalb ich nicht in die Nähe von Menschen sollte“, stellte Nela kühl fest. „Ja genau“, Edward atmete tief durch, ich hatte das Gefühl, als bliebe mein sowieso schon erstarrtes Herz noch einmal stehen, „und jetzt hör mir genau zu, was ich dir jetzt sage“, ich wagte nicht mehr zu atmen, geschweige denn mich in irgendeiner Weise, wie minimal es auch war, zu bewegen, „nachdem wir bei den Denalis mit dir zu Besuch waren-“ „Wir waren-“ „Nela“, unterbrach er sie scharf, aber leise. „Ja verdammt!“, murmelte sie finster. „Nachdem wir bei den Denalis mit dir zu Besuch waren“, begann er von neuem und ich spürte, dass ein Hauch, nur ganz gering, Nervosität darin lag, „ist Bella mit dir zu einer Krabbelgruppe gefahren, wo ausschließlich Menschen waren. Sie hat sich sehr wohl gefühlt, beinahe so wohl, dass sie unbewusst den Wunsch hegte ein Mensch zu sein und ein unbeschwertes Leben mit dir führen zu können. Dadurch kam kurzzeitig ihr Hörsinn wieder und wir mussten sie von dort abgeholen, weil wir befürchteten, dass sie sich wieder verwandeln, also vampirische Fähigkeiten erlangen könnte, was allerdings letztendlich vorerst nicht der Fall gewesen war. Durch diesen Vorfall haben wir aber verstanden was mit deiner Mutter und dir vermutlich passiert war und passieren wird.“ Ich presste die Lider aneinander und hatte das Verlangen mir die Ohren zuzuhalten. Ich wollte das alles nicht hören. Ich wollte das alles nicht noch einmal durchleben. Es sollte endlich ein Ende haben. „Der Wunsch vom Bella ein Mensch zu werden war damals halbherzig, ihr Wunsch weiterhin ein Vampir zu sein wie wir, viel größer, weshalb sie wieder menschlicher wurde. Verstehst du das Nela? Wir sind nicht dafür gemacht, dass man so werden will, dass man es sich wünscht. Ich weiß nicht, ob man das auf alle Kreaturen und alle Verwandlungen übertragen kann, aber auf Bella schon und wir vermuteten auch auf dich, weil du eben zu einem großen Teil genetisch wie sie bist und ich beispielsweise deine Gedanken auch nicht hören kann.“ Ich bewegte mich nicht mehr und blickte auf den Boden vor mich. Was würde sie denke? Was würde sie sagen? Er war nur noch einen Wimpernschlag davon entfernt es ihr zu sagen… dass ich lebte… „Sie wollte dich schützen“, sagte er und ging dann gar nicht mehr darauf ein und sagte stattdessen: „Wir vermuteten, dass wenn du so werden wolltest wie wir Vampire, dass du dich später erst verwandelst und vorerst menschlich bleibst“, er machte eine Pause, „wenn du dich aber mit Bella als augenscheinlich menschliches Wesen identifizierst und als Kind das alles noch nicht verstehst, was ich dir jetzt alles gesagt habe und in deiner Mutter einen Menschen siehst und dir wünschst, so zu sein wie sie… kannst du den Gedanken aufnehmen?“ Es herrschte kurz Stille. Meine Augen waren längst mit Tränen gefüllt. „Dann-“, begann sie nachdenklich, „dann würde ich mich als Kind verwandeln und getötet werden.“ „Genau. Deshalb hat deine Mutter eine Entscheidung getroffen“, ich umschlang mit den Armen meinen Oberkörper, als könne ich das innere Zittern damit besänftigen, „sie verzichtete darauf, dich zu sehen, bis du alt genug und in Sicherheit warst.“ „Was?“ Nelas Stimme war zart, hoch und ihr Entsetzen war ganz deutlich herauszuhören. „Nela, Bella wollte dein Leben retten und dich schützen. Bella lebt.“ „Sie- sie- sie- was?!“ Ihre Stimme wurde zunehmend lauter und hysterischer. „Schhh“, machte Edward zu Nela und plötzlich stand er neben mir, an der Kante des Regals und reichte mir seine Hand, in die ich mein legte. Er nahm mich bei der Hand, half mir einen festen Halt auf den Füßen zu finden und zog mich hervor. Er sah mich mit sanftem Gesichtsausdruck an. Ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit ging von diesem aus. Ich wandte mich langsam, wie mechanisch, in Richtung Couchgarnitur um, wo Nela stehen musste. Da stand sie. Mein Kind! Ach was Kind, eine junge Frau. Meine Nela, die nun aufgestanden war. Sie war so schön, sie sah Edward so ähnlich, obwohl er dasselbe von mir behaupten würde, kam es mir in den Sinn, obwohl von Fotos natürlich wusste, wie sie aussah. Ihr Mienenspiel verriet nichts. Sie sah einfach herüber. Ich presste die Lippen aneinander, während ich sie zu einem Lächeln hob und die Tränen sich über meinem Gesicht ergossen. Edward drückte sanft meine Hand. Es war vollkommen still, nur mein schluchzen war zu hören. Nela sah mich fassungslos an und rührte sich nicht. Wir warteten auf ihre Reaktion. Es war, als hielten alle den Atem an, den ich sowieso nicht mehr vermag zu haben. Plötzlich fuhr sie mit dem Kopf herum und sah zu allen Seiten. Sah Alice, Jasper, Emmett, Carlisle, Esme und schließlich Edward ins Gesicht. Mich ließ sie aus. „Das ist nicht wahr oder?“, wisperte sie leise, „Ihr- Ihr-“, ihr Atem raste, „IHR ERZÄHLT MIR MEIN GANZES LEBEN LANG MÄRCHEN?! LÜGEN NICHTS ALS LÜGEN?!“, ich zuckte zusammen, ihre Stimme überschlug sich, „IHR SPERRT MICH JAHRELANG EIN UND PRÄSENTIERT MIR AN MEINEM SIEBZEHNTEN GEBURTSTAG MEINE MUTTER?!?“, sie holte Luft, „ICH HASSE EUCH!“, schrie sie, „UND DU GLAUBST“, fügte sie atemlos und den Tränen nahe hinzu, während sie Edward fixierte und auf ihn zeigte, „MIT EIN PAAR SÄTZEN IST ES GETAN?!“ „Nela, du hast doch gehört was ich dir vorhin erklärt-“ „ICH WILL ES NICHT WISSEN!!“, kreischte sie und hielt sich die Ohren zu, während die Tränen über ihre Wange liefen, „LIEBER WÄRE GESTORBEN!!“ Es zerriss mir das Herz und ich war unfähig irgendetwas zu sagen. Sie atmete mehrmals ein und aus, bevor sie leiser, aber nicht weniger verächtlicher sagte: „Ihr habt mich mein ganzes Leben lang betrogen, mich immer wieder angelogen und jetzt will ich nicht mehr. Jetzt will ich sie nicht mehr!“ Sie zeigte auf mich und rannte schluchzend raus. Ich stand wie erstarrt da. Zu schwach um irgendwie zu reagieren. Ich stand nur da und ließ die Tränen meine Augen verlassen. „Nein!“, entfuhr es mir plötzlich, als Emmett und Edward Anstalten machten, ihr hinterher zu rennen, „nein lasst sie, lasst sie“, fügte ich leise hinzu und sah zu Boden. Ich hatte das Gefühl, dass es besser wäre, wenn jetzt niemand auf sie einredete, wenn sie erst einmal schluckte und Ruhe hatte, obgleich das nichts ändern würde, denn jedes Wort, das sie gesagt hatte, war wahr. Edward umschloss mich mit seinen Armen und sagte nichts. Ich schluchzte nicht mehr, nur die Tränen verließen stumm meine vor Entsetzen aufgerissenen Augen. „Verwandelt sie sich?“, brachte ich mit bröckelnder Stimme hervor, während mein Ohr Edwards Oberkörper lag. „Ja, wahrscheinlich. Wir haben gesehen, wie ihre Augen röter und ihre Haut bleicher wurden, schneller und deutlicher als letztes Mal. Es wird bald geschehen“, sagte Edward ruhig, aber seltsam tonlos. „Nicht jetzt und vermutlich nicht in den nächsten Stunden, aber bald.“ „Soll ich wirklich nicht jemand nach ihr sehen?“, fragte mich Esme, die scheinbar hinter mir stand, da eine weitere Hand über meinen Kopf strich. „Nein“, sagte ich nur. Ich würde es an ihrer Stelle nicht begrüßen. Bedrückt saßen wir auf der Couch und warteten. Tausend Gedanken rauschten mir durch den Kopf, während ich mit einem zerknüllten Taschentuch an der Sofakante saß und meine Tränen hin und wieder abwischte. Edward hatte sich ans Sofa angelehnt und streichelte meinen Rücken kreisend. Sie war bereits über eine Stunde lang weg, doch ich war mir sicher, dass es besser wäre, wenn sie zurück kam und niemand sie mehr oder minder gewaltsam zurückholte. Sie sollte nicht wieder das Gefühl haben zurück zu müssen, eingesperrt zu werden. Wie mochte sie sich nur fühlen? Jetzt und zuvor die Jahre? „Ist Rosalie in ihrer Nähe?“, fragte ich. Nicht hoffnungsvoll, ich wollte nur nicht, dass Nela ihr Vorwürfe machte. Diese galten mir. „Nein, ich höre sie auch nicht“, sagte Edward zu mir und strich von meinem Kopf bis zu meinem Steißbein hinab. „Alice?“, fragte ich ohne aufzusehen. Mein Blick galt dem nassen Taschentuch in meinen Händen. „Sie jagt weiter weg“, antwortete Alice, „von Nela sehe ich nichts“, beantwortete sie mir meine unausgesprochene nächste Frage. Ich nickte lediglich. „Bella Liebste, ich mach mir Sorgen, darf ich sie suchen gehen? Ich möchte nur wissen wo sie ist und dass sie in Sicherheit ist, es ist sehr kalt draußen“, gab Edward sanft zu bedenken. Ich nickte wieder, obgleich ich es absurd fand, dass er mich um Erlaubnis fragte. Wer war ich für Nela? Niemand. Ich hatte keine Beziehung zu ihr und würde niemals eine zu ihr haben… zu meinem eigenen Kind. Edward rutschte von der Couch, küsste meine Wange und rauschte raus. Emmett und Jasper hinter ihm her. Ich sagte nichts. Alice und Esme rutschte zu meiner rechten und linken an mich heran. Carlisle verschwand aus dem Raum. „Ich sehe zwar nichts, aber ich weiß, dass alles gut wird“, flüsterte Alice, die meinen Rücken tätschelte, während Esme mich zu sich gezogen hatte. Jetzt weinte ich richtig. „Ich habe alles falsch gemacht, von Anfang an. Alles. Mit meinem Vater, Victoria, Nela, meiner Mutter, mit euch. Das musste ja alles so enden“, schluchzte ich kaum der Stimme mächtig. „Sie war nur erschrocken, glaub’ mir, sie hat das nicht so gemeint wie sie es gesagt hat, ganz sicher“, wisperte Esme und ich weinte laut ihre kurze Strickjacke voll. Ich sah aus dem Augenwinkel wie Esme von einer weiteren weißen Hand, ohne Zweifel Carlisles, ein Glas angereicht bekam. Sie nahm es und gab es mir. Ich setzte mich auf und erkannte Carlisle neben dem Couchtisch mit einem sanftmütigen Gesichtsausdruck hocken. In dem Wasser sprudelt es, eine Brausetablette oder so etwas. Ich nahm das Glas und trank es aus. Ich sah Carlisle erwartungsvoll an. „Ein Beruhigungsmittel, sehr schwach dosiert, keine Sorge“, verstand er meinen Blick richtig, obwohl ich es ja sowieso schon getrunken hatte. Ich nickte, obwohl ich dachte, dass es sowieso nichts nützen würde. Blitzartig sausten Edward, Jasper und Emmett durch die Tür. Ich sah verwirrt auf. „Sie ist nirgends, keiner von uns konnte sie irgendwo in der Umgebung hören, sie ist weg“, sagte Jasper matt. Ich riss die Augen auf. „Weg? Weg- wie weg?“, fragte ich dümmlich. „Rose konnten wir bislang auch nirgendwo entdecken, auch Edward nicht“, fügte Emmett ebenso kraftlos hinzu, „Alice?“ Alice schüttelte neben mir den Kopf. Ich blickte Edward in die Augen. Sein Gesichtsausdruck war starr, wie eingemeißelt. Urplötzlich, von der einen auf die andere Sekunde, rauschte er aus dem Zimmer. Ich brauchte Alice nicht, um zu wissen, wo er hin wollte. Ich sprang auf und hastete ihm nach, die Treppen hoch, in Nelas Zimmer. Ich kam vielleicht eine halbe Minute nach ihm an, doch schon hatte er das Dachgeschosszimmer komplett verwüstet. Die Möbel waren umgestoßen und ihre Sachen durchgewühlt. „Wo ist sie?“, fragte ich panisch. Ich verstand nichts. „Keine Ahnung, ich weiß es nicht“, antwortete er ehrlich und dieselbe Panik schwang in seinen Worte mit, während er die Schublade aufriss, „wir haben in einem Radius gesucht, den sie niemals hätte bewältigen können…“ Ich setzte mich erschöpft auf ihren Schreibtischstuhl. Ihr Laptop stand nicht dort. „Suchst du ihren Laptop?“, fragte ich. „Ich weiß nicht was gerade geschieht, was mit ihr die letzten Monate passiert ist. Vielleicht finde ich dort antworten“, murmelte er verbissen suchend. Ich rutschte näher an den Schreibtisch und stieß mit dem Knie gegen irgendetwas. Ich sah unter den Tisch. Nelas Laptop klebte mit bestimmt einer ganze Rolle Paketband unter der Tischplatte. Edward bemerkte es und riss diesen davon ab. Oder das, was davon übrig war. Er war komplett durchgeschmort. Mit Absicht wie es aussah. Völlig funktionsuntüchtig. Wir starrten die Überreste fassungslos an. Was geschieht hier? „Wir müssen irgendwo anders Hinweise finden, irgendetwas…“, murmelte Edward. Ich verstand was er meinte. Er hatte wie ich im Gefühl, dass etwas nicht stimmte, dass wir etwas übersahen. „Die anderen sind sie suchen gegangen, doch Alice hat bereits gesehen, dass sie sie nicht finden werden“, erklärte Edward, während er suchte und ich überlegte, wo und nach was ich suchen konnte, „auf einmal sieht sie wieder…“, fügte er nachdenklich hinzu, doch ich machte mir keine Gedanken um absonderliche Fähigkeitsaussetzer von Vampiren. Ich fuhr mit der Hand über die Unterseite des Tisches, als mir eine Idee kam. Ich stand auf und ging in ihre ehemalige, von ihr zertrümmerte und nicht wieder hergestellte Laborecke. Ich klammerte mich an jeden erdenklichen Strohhalb und glitt mit der Hand die Tischunterseite entlang, bis ich das eckige Fläschchen Gift, das ich auch damals gefunden hatte, ertastete. Plötzlich glitten meine Finger über etwas Papierenes. Etwas, dass ebenfalls darunter klebte. Ich hockte mich hin und sah nach. Es war ein quadratisches weißes Stück Papier. Ich knibbelte vorsichtig das Klebeband ab, stellte mich dann wieder hin und drehte das Papier um. Ich erstarrte. Mein Körper und mein Geist schienen auszusetzen. Nein. Nein. Nein. Das erklärte alles, damit war alles klar. Nein, nein das durfte nicht sein! NEIN! NELA!, schrie alles in mir. „Edward“, formten meine Lippen schwach und sofort war er an meiner Seite und sah über meine rechte Schulter auf das Bild in meinen Händen hinab. Er versteifte sich augenblicklich, denn er erkannte dasselbe wie ich und schloss dasselbe wie ich. Auf dem Polaroid saß Nela in Langarmshirt im Schnee neben einem Berg Skikleidung – und neben Alec, von den Volturi. Sie lächelten vergnügt in die Kamera. Langsam, als wäre mein Körper eingerostet, sah ich ihn mit aufgerissenen Augen an und sagte so leise, dass ich kaum sprach: „Sie hat sich verliebt.“ Wir sahen einander an. Sekundenlang, als läsen wir des Anderen Gedanken, denn nun war alles klar, so eindeutig… Dass wir es nicht vorher verstanden hatten! „Was sollen wir tun?“, wimmerte ich, obgleich ich nicht weinte. Er nahm, ebenso gefasst wie ich, meine Hand und ging mit mir runter, die anderen waren bereits wieder da, wo ich das Bild wortlos in Esmes Hände gab. Die anderen scharrten sich um sie. Esmes Lippen verließen einen hauchdünnen spitzen Schrei. Ich hätte gerne geschrieen, doch ich fühlte mich stumpf. „Ja. Ja“, antwortete Edward auf die Gedanken der anderen, die ich nicht zu hören vermochte, „deshalb war sie krank in Österreich, deshalb waren wir überhaupt in Österreich, weil sie ihn sehen wollte und ihn vermutlich berühren wollte, ohne, dass eine zentimeterdicke Textilschicht sie trennte und was sie schließlich krank machte. Er war es mit dem sie geschrieben hat, nächtelang, tagelang.“ Sein Tonfall war bitter. Ich konnte nicht denken. Es war als führte jeder Gedankengang gegen eine Mauer, eine Wand, meterhoch, kilometerlang, unüberbrückbar. Ich sah das Ende nicht. „Nur wo ist sie jetzt?“, kam es nachdenklich von Carlisle, der Esme im Arm hielt. Die anderen waren nicht minder bestürzt. Ich stand da wie angewurzelt. Bewegungslos, regungslos, wie mein Gesicht, denn ich verstand die Worte, die ich gesagt hatte, die Edward gesagt hatte, zwar, aber ich konnte die Gefühle, die damit unweigerlich spüren musste, nicht spüren. Fühlt sich so ein Schock an? Gefühle, die einen anschreien, aber sich nicht fühlen lassen? „Hat er sie? Ist sie bei ihm?“, fragte ich, während ich teilnahmslos mit glasigen Augen geradeaus blickte. „Wir hätten gehört wenn jemand in der Nähe gewesen wäre oder Edward hätte sie gehört oder Alice sie gesehen“, schloss Jasper dies schlussfolgernd aus. „Vielleicht ist sie bei Rosalie, vielleicht hat sie in ihr jemanden gefunden, der genauso viel Hass für mich empfindet wie sie selbst“, sagte ich matt und ohne Betonung eines einzelnen Wortes. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass Edward den Mund öffnete, als wolle er widersprechen, doch er sagte nur: „Vielleicht.“ „Da kommt ein Auto“, murmelte Esme und alle Vampire um mich herum spitzen die Ohren. Alle sahen zu Alice, welche konzentriert in die Ferne sah und dann enttäuscht den Kopf schüttelte. Ich zuckte heftig zusammen, als die Türklingel schrill ertönte. Wir stürzten alle gleichzeitig darauf zu. Edward, als schnellster, öffnete. Ich seufzte laut vor Enttäuschung und fühlte mich eines Zusammenbruchs nahe, obgleich ich ihn nicht spürte, obgleich ich nichts spürte. Die Gefühle wurden mir nur vor Augen geführt. Wie Worte, die man sah, aber nicht las. Ein Mensch stand vor der Tür, der die Augen erschrocken aufriss, als er plötzlich sieben Leute an der Tür stehen sah. Es war ein Bote, ein Kurier. „B-Bitte“, sagte er und reichte Edward einen kleinen dünnen Umschlag und ließ ihn auf seinem Klemmbrett unterschreiben und verschwand eilends. Wir waren kaum im Wohnzimmer angekommen, schon hatte Edward den Umschlag aufgerissen und holte, vor unser aller Augen, das raus, was sich darin befand. Mein Atem setzte aus und es durchfuhr mich wie ein elektrischer Schlag. „Edward… ist-“ Ich konnte nicht weiter sprechen, denn mein Geist wusste was dieses Symbol darstellte: Das Wappen der Volturi. Am rechten Rand klebte ein Ring. Wir beobachteten, wie Emmetts Finger langsam zu eben dieser Stelle wanderten und seinen Ring neben diesen hielt. Es war Rosalies Ring. Meine Sinne schwanden. ----------- BIN GESPANNT AUF KOMMIS :) :-* kuss fane ^^ Kapitel 31: Biss zu deinem Schutz --------------------------------- *wink* Endlich Wochenende, endlich Zeit, endlich ein neues Kapitel! Woah, 15 Kommis (bislang) beim letzten Kapitel! DANKE! Die 200 insgesamt erreichen wir oder? ^^ Hier zwei (instrumentelle) Songtipps, die einfach, meiner Meinung nach, unerlässlich sind^^: Blasphemy - Immediate Music: http://www.youtube.com/watch?v=IffoFAVDX8c und Escape - Craig Armstrong: http://www.youtube.com/watch?v=Ae8Wlzt-lds (da gibt es viele versch./versch. lange versionen von...) Hier das neue Kapitel ;) viel spaß:) ----- Edward „Bella!“, rief ich, denn ihr Körper sackte vor mir wie ein Kartenhaus zusammen. Ich ließ den Zettel, den nur das Wappen der Volturi zierte, mit dem Ring fallen, eine weiße Hand fing ihn blitzschnell auf, nahm Bellas kraftlosen Körper hoch und brachte sie Windeseile zur Couch. Esme und Carlisle waren sofort bei mir. Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Emmett immer noch den Ring neben seinem sah. Alice und Jasper standen daneben Emmett und warfen sich besorgte Blicke zu. Rose? Sie haben Rose, war es in Emmetts Gedanken zu hören. Alice warf Jasper einen viel sagenden Blick zu und dachte: Oh bitte tu etwas, er verkraftet das nicht! „Schweine!“, entfuhr es Emmett. Ich gehe zu ihnen, sofort! Was werden sie ihr antun?! Was haben sie ihr schon angetan?!? ROSE! Ich sprang auf und stellte mich ihm in den Weg. Das alles war innerhalb von wenigen Sekunden geschehen. „Lass mich durch!“, schrie er mich an und schlug mit der Faust gegen meine Taille, sodass ich zur Seite katapultiert wurde. Doch das hatte ich erwartet. Ich rappelte mich sofort wieder auf und stellte mich mit nach rechts und links ausgebreiteten Armen in den Türrahmen. Er war stärker, keine Frage, doch keineswegs schneller. „Wenn du jetzt gehst, machst du alles nur noch schlimmer! Wir müssen alles wohl überlegen-“, versuchte ich ihn zu besänftigen, denn genauso brodelte es in mir auch, doch mein Verstand war stärker als meine Impulse – noch. „Ich scheiß auf reden!“, keifte er mich an, „Mich hält hier nichts!“ Er wies unmissverständlich auf hinter ihm, wo Bella lag. Alice und Jasper rauschten heran. „Du gefährdest Rosalie, wenn du jetzt gehst!“, knurrte ich, „Und Nela!“ „Darum geht’s dir wie?! Deine beschissene Familie! Was mit Rose passiert ist dir völlig egal!“, warf er mir vor und versuchte wieder an mir vorbei zu gelangen. Ich stieß ihn zurück. Sofort gingen wir beide in Angriffsstellung. Ich konnte nicht zulassen, dass sein überlegtes Handeln, alles nur noch schlimmer machte, obgleich ich ihn sehr gut verstehen konnte und meinen Trieben am liebsten nachgeben und ihm folgen würde. „Hört auf!“, schrie Esme, die mit Carlisle bei Bella hockte und sogleich kam Alice zu mir und Jasper zu Emmett. Doch Emmett stieß Jasper ebenso unachtsam zur Seite, er krachte in drei große weiße Vasen. Er kam auf mich zu und ich sah in seinen Gedanken, was er vorhatte und, dass Alice in Mitleidenschaft gezogen werden würde. Ich boxte sie zur Seite, hatte dadurch aber keine Zeit mehr, selbst auszuweichen. Emmett fiel mich an und bleckte die Zähne. „Rose kann bereits tot sein!“, blaffte er mich an und fügte in Gedanken hinzu: Du denkst nur an Bella und Nela! Wenn Bella nicht dort liegen würde und nur Nela gekidnappt worden wäre, dann würdest du hier keine großen Reden schwingen! In diesem Augenblick umfassten Carlisles und Jaspers Arme Emmetts Oberkörper und zogen ihn von mir weg. Wie in Trance blieb ich liegen, bis Alice mir unnötigerweise aufhalf. „Nein Emmett, auch dann würde jetzt noch hier sein“, murmelte ich, als mir klar wurde, dass es stimmte, denn ich war mir sicher, dass weder Rosalie noch Nela in akuter tödlicher Gefahr waren. Sie waren nur die Lockvögel, nicht die Opfer. Dessen war ich mir sicher. Emmett warf mir einen grimmigen Blick zu. Arschloch, knurrte er in Gedanken. Er befreite sich aus Jaspers und Carlisles Griffen, wand sich ab und platzierte sich im hinteren Teil des Wohnzimmers. Seine Mimik und Gestik vermitteln unmissverständlich, dass er keine Gesellschaft wollte. Ich ging zu Bella. Carlisle warf Emmett einen besorgten Blick nach und folgte mir. „Sie stand unter Schock, das war wohl alles etwas viel für sie, etwas viel auf einmal, sie braucht ein wenig Ruhe…“, erklärte Carlisle. Esme hatte ihr die Bluse ausgezogen und eine Decke über sie gelegt. Während Bella so reglos vor mir lag, rekapitulierte ich alles langsam und der Reihe nach. Ich musste meine Gedanken, Gefühle und derzeitigen Neigungen, einfach auf der Stelle bis nach Volterra zu rennen bzw. zu schwimmen, sortieren und manches erst mal unterdrücken. Bella hatte so viel um die Ohren gehabt, dass es nicht schwer gewesen war ihr das zu verheimlichen. Genauer gesagt hatte sie sich nicht gemerkte in welchen Räumen ich meine Kurse hatte, weshalb sie ebenso nicht bemerkt hatte, dass ich Medizin nur zur Hälfte, eher gar nicht, studierte und stattdessen Psychologiekurse belegt hatte. Ich seufzte innerlich. Ich wollte sie nicht belügen, aber ihr Schutz war meine größte Schwäche und immer wieder gab ich ihr nach. Ich wollte Nelas Rede, die ich schon seid Jahren immer wieder im Kopf durchging, perfekt durchplanen. Bella hätte sich nur noch mehr gesorgt, wenn ihr das erzählt hätte und das wollte ich nicht. Es sollte alles stimmen. Nela sollte verstehen, einsichtig sein und Bella dann willkommen heißen. Die Freude und die Erkenntnis, dass es richtig und beispiellos war, was Bella getan hatte, sollten überwiegen. Da ich wusste, dass es nicht leicht werden würde ihr alles schonend, aber deutlich und unmissverständlich getan, hatte ich mir Psychologie angeeignet – umsonst. Nichts hatte funktioniert. Und ich durfte mir nicht mal alles selbst zu schreiben, denn es lag auch daran, dass Nela einfach Nela war. Nichts was sie tat war vorhersehbar geschweige denn beeinflussbar. Mit keinem Psychologiestudium hätte ich etwas ändern können, dessen war ich mir sicher. Ich streichelte Bellas Wangen. Ich war mir so sicher, so trügerisch sicher, dass ich Nela überzeugen konnte, dass Bella keine Schuld trifft und sie das richtige getan hatte. Jedes mal, wenn sie mich vorhin unterbrochen hatte, reichte ein Blick, ein Handheben oder ein Wort, um sie zum schweigen zu bringen. Ich hatte einfach geglaubt, dass Nela es verstehen konnte, doch ich wusste andererseits genauso sehr, dass sie es verstanden hatte – nur sie wollte es nicht verstehen. Wie immer, wie damals. Das war typisch für sie… und es verletzte Bella so sehr. Ich vermag gar nicht daran zu denken, wie es ihr nun ergehen mag… Und dann noch das. Also ob es nicht schrecklich genug sein würde, dass alles so gelaufen war, kamen die Volturi noch dazu. Ich ballte die Hand zur Faust und spürte Hass in mir aufkommen. Jasper unterdrückte diesen. Ich seufzte. Es hat keinen Sinn Edward, ich weiß wie du dich fühlst, so fühlen wir uns alle, aber es hat keinen Sinn, wiederholte Jasper gedanklich, erst mal musst du jetzt für Bella da sein und dann werden wir sehen wie wir vorgehen, was wir tun können. Das alles wusste ich nur zu gut. „Ich verstehe es einfach nicht“, murmelte ich und Verzweiflung keimte in mir auf. Mit jeder Sekunde. Angst. Vor allem… wenn Nela sich verwandeln sollte? Wir hatten es so deutlich gesehen. Es war wie ein Entwicklungsschub. Das Rot in ihren Augen drang kurzzeitig durch und ein Schimmer dessen blieb zurück. Ihre Haut… bleich. Sie tut mir so leid, warum immer sie? Sie hat das nicht verdient… dachte Esme und es traf für beide zu. Nela und Bella. Ich werde ihr etwas zur Beruhigung spritzen. Wenn sie schläft, kann ich es ihr am besten verabreichen. Ich glaube nicht, dass sie es ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden noch lange aushält … Carlisle. Ich sah zu ihm, denn ich spürte seinen Blick im Nacken und seine Frage in meinem Kopf. Ich nickte stumm und küsste Bellas Stirn. Esme streichelte ihr weiter übers Haar. Ich blendete die Gedanken meiner Familie aus – soweit ich das konnte. Sie durchlitten alles genauso wie ich, nur, dass ich es durch sie viel heftiger zu spüren bekam. Ich liebte meine Familie für ihr Mitgefühl, doch im Augenblick hasste ich ihre Gedanken, die natürlich nur um eines kreisten… Ich hörte wie Carlisle die Spritze vorbereite. Wenn Bella wach wurde… was würde sie dann sagen? Was würde sie tun? Die Antwort war ganz einfach. Ihre Reaktion würde sich nicht allzu sehr von Emmetts unterscheiden. Sie würde nach Volterra gehen wollen – zu diesen Drecksschweinen. Hass brodelte in mir und durchfuhr meinen ganzen Körper bis in die Fingerspitzen. Das konnte ich nicht zulassen. „Ich halt’s nicht mehr aus, ich gehe!“, grummelte ich und stand auf. „Edward sei vernünftig, das ist absolut verantwortungslos!“, versuchte Carlisle mich zur Besinnung zu bringen, der das Zimmer gerade wieder betreten hatte. Denk doch mal an Bella! „Eben!“, knurrte ich, „Ich werde gehen, bevor sie wach wird-“ „Ach ne, auf einmal?!“ Emmett stand vom Stuhl auf und ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Seine Gedanken waren die schlimmsten und kamen meinen am nächsten, denn er war in derselben Situation wie ich. Es schmerzte sein Leid so nah neben meinem zu erleben. „Jungs! Hört auf mit dem Blödsinn! Ein für alle mal!“, schaltete sich Esme ein, die, Bellas Hand haltend, aufgestanden war. Ich will niemanden von euch verlieren!, flehte sie innerlich. „Niemand geht“, sagte Carlisle ruhig. Erstmal müssen wir sehen wie es Bella geht und dann entscheiden wir, ein überstürzter Aufbruch nützt niemanden etwas, am wenigsten Rosalie und Nela! Ich sah mit geschlossenen Augen zu Boden und kniete mich wieder zu Bella nieder. Ich musste Carlisle nicht gehorchen, doch was blieb mir anderes über? Er hatte so recht. „Ja, ja ihr habt recht. Tut mir leid, ich hatte mich einen Augenblick nicht unter Kontrolle“, nuschelte ich peinlich berührt über meine Reaktion. Es ist mir scheiß egal! Es ist mir scheiß egal verdammt! Ich kann hier nicht länger sitzen und auf ein Wunder warten, wenn Rose vielleicht bereits- „Ich gehe sie suchen“, keifte Emmett und war bereits heraus gerannt, ehe einer von uns reagieren konnte… oder wollte… denn wie konnte man es ihm verwehren seine Liebe zu retten? Das durfte niemand… eigentlich… Ich presste die Lider aneinander. Ich wollte das nicht hören, diese ganzen Eventualitäten... Ich hörte Alice und Jasper hinterher rauschen. Wir halten ihn auf und sehen dann an den umgebenden Flughäfen nach, war das letzte was ich aus Alice Gedanken erfuhr. Ich fühlte mich krank vor Sorge… wie konnten sie nur, wie konnten sie?! Carlisle legte die Hand auf meine Schulter. In der anderen hielt er die Spritze, die wir Bella gemeinsam verabreichten, da ihre Haut sehr fest war. „Sie haben sie einfach entführt! Selbst Nela… sie schrecken vor nichts zurück…“, murmelte ich. „Geht es ihr bald besser?“, fragte Esme ihren Mann. „Ihre Labilität ist bei einem Schock nicht von Vorteil, aber durch die Spritze dürfte sie bald aufwachen…“, erklärte Carlisle. Bella regte sich. „Sie haben sie einfach entführt! Selbst Nela… sie schrecken vor nichts zurück…“ „Geht es ihr bald besser?“ „Ihre Labilität ist bei einem Schock nicht von Vorteil, aber durch die Spritze dürfte sie bald aufwachen…“ Ich kniff die geschlossenen Augen zusammen und fand mich auf der Couch liegend wieder. Mein Kopf schmerzte, ein seltsamer Schmerz irgendwie. Kalte Hände glitten über meine Stirn. Ich öffnete die Augen und starrte in grelles Licht, welches mir die Tränen in die Augen trieb, doch nicht nur deswegen. „Hey“, sagte Esme zärtlich, „wie geht es dir?“ Ich richtete die Augen, nur die Augen, nach links zu ihr, welche neben die Couch gehockt saß und meine schweißnasse Stirn streichelte. Ich bemerkte Edward, welcher nach meiner Hand griff und neben meinen Oberschenkeln auf der Kante saß. Er lächelte sanft, doch es wirkte karg und aufgesetzt. „Sie ist wirklich weg? Rosalie auch?“, brachte ich so eben hörbar hervor. Edward lächelte nun nicht mehr, sondern senkte besorgt den Blick und nickte leicht. „Ja“, kam es ihm über die Lippen. Ich schaute ihn mit leerem Blick an. Meine hängenden Gesichtzüge fühlten sich an wie eingemeißelt. Ich richtete mich auf und spürte einen ziehenden Schmerz in meinem Oberarm. Reflexartig fasste ich mit der Hand daran und realisierte erst jetzt, dass ich keinen Blazer mehr trug und meine Bluse unter mir lag. Ich saß obenrum nur noch in weißem Top auf der Couch. „Wir haben dir eine Beruhigungsspitze verabreicht“, erklärte Edward matt. Ich ließ den Blick durch den Raum schweifen. Niemand war da. Nur Carlisle stand hinter mir, als ich „Wo sind alle?“ fragend murmelte. „Wie fühlst du dich?“, wollte Carlisle wissen und setzte sich auf den Couchtisch. „Suchen sie sie?“, ging nicht auf Carlisles Frage ein, denn genau genommen hatte ich sie gar nicht verstanden. Ich nahm merkwürdigerweise nichts Gegenwärtiges wahr, außer meinen Gedanken, die alle um Nela kreiste, was geschehen war… den Zettel, ihren Wutausbruch, den Ring- „Ja, sie sehen am Flughafen nach“, antwortete knapp wie zuvor. Ich vernahm kaum, dass Carlisle meine Stirn abtastete und Fieber misste. „Was ist passiert?“, fragte ich und deutete auf die Vasen. „Nichts von Bedeutung“, murmelte Edward, was ich ihm nicht abnahm und er setzte hinzu: „Ein Missgeschick.“ Ich nickte langsam und überlegte, was geschehen sein konnte, denn ich glaubte nicht, dass jemand, schon gar nicht ein Vampir, zufällig davor gelaufen wäre. Hatten sie sich etwa… angegriffen?! „Sie haben nichts gefunden“, nuschelte Edward nach ein paar Minuten und knüpfte an unseren Wortwechsel von vorhin an, „vermutlich sind die Volturi mit einem Privatflugzeug geflogen.“ Alice, Jasper und Emmett, dessen Gedanken er vorweggenommen hatte, rauschten herein. Ich sah es ihm sofort an, denn so einen Gesichtsausdruck hatte ich an Emmett noch nie gesehen, weshalb es mir auch so sehr auffiel. Kein Lächeln, kein Grinsen, keine Fältchen um die Augen, keine zuckenden Mundwinkel, kein Leuchten in den Augen – nur ein bekümmerter glasiger Blick, der in die Ferne gerichtet war und mir die Tränen in die Augen schießen ließ. Ich sprang ein wenig unbeholfen und mich schwindelig fühlend von der Couch, Edward machte einen sehr schwachen Versuch mit abzuhalten, rannte zu Emmett und reckte mich, um die Arme um seinen Hals schlingen zu können. Er reagiert schleppend, legte die großen Hände auf meine Seiten und senkte das Gesicht in mein Haar. „Es tut mir leid“, flüsterte ich in sein Ohr. Er küsste meine Schläfe und schüttelte an meiner Schulter wortlos den Kopf. In die Stille hinein ertönte plötzlich ein lauter, durchdringender Knall, der mich zusammen zucken ließ. Ich wand den Kopf ruckartig von Emmett nach hinten, wo ich die scheppernden Geräusche ortete. Alice wütete in der gegenüberliegenden Seite des Zimmers. Niemand hielt sie auf. Sie riss das Bücherregal, hinter dem ich vorhin, es kam mir wie Ewigkeiten vor, gekauert hatte, entzwei, schmetterte Blumenkübel, Stühle, Tische, den Fernseher, alles was ihr in die Finger kam, gegen die Wände oder andere Gegenstände. Nach mir endlos erscheinenden Sekunden hörte sie auf, hockte sich auf die Zehenspitzen und presste die Hände gegen den Kopf. Nun eilte Jasper zu ihr, während zuvor alle nur zugesehen und abgewartet hatten. War so etwas mit den Vasen vorhin auch passiert? Ich wusste es nicht und wollte mir darüber jetzt auch weiter keine Gedanken mehr machen. Ich ließ von Emmett ab, obgleich ich immer noch seine Hand hielt und wand mich zu Edward um. „Sie hat nichts gesehen. Weder den Geburtstag heute, noch, dass die Volturi hier in der Nähe waren, geschweige denn, dass sie Rosalie und Nela entführen“, erklärte Edward mir. Ich sah traurig zu Boden. Was war nur geschehen, dass alles aus dem Ruder lief und mir so surreal erschien? „Was tun wir? Gehen wir? Hast du schon etwas gebucht?“, fragte ich Edward überstürzt und redete, bevor ich nachdachte. „Ein Besuch bei den Volturi muss mehr als einmal durchdacht werden“, schaltete sich Carlisle ein, „wir brauchen einen Plan.“ „Gut“, sagte ich leichthin, „das ist einfach.“ Nun starrten mich alle sechs Augenpaare an. Selbst Alice hatte sich zu mir umgewand. Ich sah weiterhin zu Edward. „Beiß mich.“ Edward verzog keine Miene, während ich ihn todernst ansah und niemand etwas sagte. Dann sah ich Carlisle an und fragte: „Wie wahrscheinlich ist es, dass ich mich verwandele, wenn Edward mich beißt? Wie lange würde das anhalten?“ Schon während ich geredet hatte, hatte Edward mit dem Kopf geschüttelt, was ich gelinde ignoriert hatte. „Darauf lass ich mich niemals ein. Dieses Risiko gehen wir auf keinen Fall ein“, sagte er entschieden. Ich schüttelte nun meinerseits mit dem Kopf. „Was wollen die Volturi von Nela? Nichts, sie wollen mich! Sie wollen mich zu sich locken und den Gefallen werde ich ihnen verdammt noch mal tun! Umso länger wir hier stehen, umso schlechter kann es Nela und auch Rosalie ergehen! Entweder du verwandelst mich oder ich gehe als Fast-Mensch dorthin“, zeigte ich strikt auf. Edward wirkte sehr ruhig und murmelte mit gesenktem Blick: „Jaah, was wollen die Volturi von einer Siebzehnjährigen vermutlich bald Neugeborenen?“ Er sah mir eindringlich, aber auch nachdenklich in die Augen. „Du- du meinst-“ „Nela würde nicht widerstehen“, warf Edward ein, „sie könnten ihr das geben was sie als Neugeborene will und sie zu dem machen, was sie sind…“ „Und nebenbei haben sie die Chance an uns ranzukommen, an dich“, beendete Jasper den Satz. „Schön, sie können mich haben, aber nicht Nela!“ Meine Stimme wurde zunehmend hektischer. „Bitte Edward, egal wer“, ich sah mich fast panisch um und blickte in alle Gesichter, „bitte. Sonst gehe ich so, egal als was, ich gehe.“ Ich würde nicht locker lassen. Meine Tochter bekamen die Volturi nicht. Ich hatte siebzehn Jahre für ihr Leben gekämpft und das würde ich jetzt auch tun und wenn es mein eigenes Dasein kostete. „Das kann absolut ungeahnte Folgen haben, Bella, wir sollten nicht noch mehr in der Natur herumpfuschen“, gab Carlisle zu bedenken, sah jedoch meinen eindringlichen Blick und änderte seine Meinung, in dem er die Möglichkeit zumindest nicht gänzlich ausschloss: „Hast du dir das gut überlegt? Es gibt kein Zurück und es muss weiß Gott nicht glimpflich verlaufen-“ „Carlisle! Red’ ihr das nicht ein! Das ist keine Option!“, fuhr Edward Carlisle an. „Oh doch!“, mischte ich mich ein, „sie wollen mich, unter anderem“, wand ich ein, „also werde ich auch dorthin gehen, es ist mir gleich was du sagst und ob du oder ein anderer mich verwandelt oder nicht-“ „Bella verdammt! Es ist gar nicht sicher ob du dich verwandelst wenn ich dich beiße-“ „Schön! Dann können wir ja sofort aufbrechen!“, schrie ich beinahe. Carlisle erhob die Hand. „Nach der Reihe“, er blickte viel sagend von Edward zu mir und wieder zurück, „wir werden nicht drum herum kommen in ihre Falle zu tappen und zu ihnen zu fahren. Wir müssen hören, was sie wollen und zu sagen haben. Ich glaube nicht, dass sie allzu großes Interesse an Nela haben. Sie könnten irgendeinen anderen Neugeborenen Vampire entführen und ‚erziehen’, ich denke, dass es hier um Bella geht. Das sieht Aro ähnlich…“, nun wand sich Carlisle zu Edward, „und du musst bedenken, wenn wir nicht zu ihnen kommen, werden sie früher oder später hier auftauchen, wenn sie Bella wirklich wollen. Doch was haben sie in dieser Zeit schon mit Rosalie und Nela angestellt?“, fragte er rhetorisch, obgleich ich nicht genau wusste, in welche Richtung die Antwort zielen sollte. Ich sah Edward eindringlich an und hoffte, dass ihn diese Argumente überzeugten. Er hatte die Ellenbogen auf die Knie gestützt und den Kopf in den Händen. „Sie kann unmöglich als Mensch zu ihnen, unmöglich“, murmelte Edward. „Deswegen musst du-“ „Carlisle was für Konsequenzen kann das für sie haben?“, überging Edward mich und sah auf zu Carlisle. „Meine Theorie ist, dass sie sich rasch verwandelt, aber relativ schnell ihre menschlichen Fähigkeiten wieder durchdringen werden und ebenso schnell wieder menschlichere Gestalt annimmt“, erklärte Carlisle. „Risiken?“, fragte Edward gezielt. Carlisle wog ab, er neigte den Kopf von rechts nach links. „Schmerzen, die Zustände von damals könnte man auch in Betracht ziehen“, brachte er es auf den Punkt, „sie wird sich allerdings, vermute ich, in ihre jetzige Form ‚zurückverwandeln’.“ Edward legte das Gesicht wieder in die Hände und dachte nach. Man hätte eine Stecknadel fallen hören. „Bitte Edward“, flüsterte ich leise, „es wird vermutlich schneller gehen, als eine normale Verwandlung und ich komme so oder so mit.“ „Na schön“, murmelte Edward immer noch mit verborgenem Gesicht, „aber wir spritzen dir das Gift.“ Ich nickte. „Versucht die Konzentration sehr hoch zu halten, damit es noch schneller geht-“ „Das entscheide ich“, sagte Edward knapp und äußerst verdrießlich und stand auf. Wortlos ging Carlisle hinter ihm her. Ich setzte mich zu Esme, Emmett folgte mir. Niemand sagte ein Wort. Jasper saß, der Couch gegenüberliegend, gegen die Wand gelehnt und hielt Alice, die die Augen geschlossen hatte, im Arm, während er ihr sanft über den Kopf strich. Ich hielt Esmes und Emmetts Hand und bemerkte verwundert wie ruhig ich war, wie klar ich denken konnte und verstand wiederum auch, warum das so war. Ich spürte, dass ich mich damit abgefunden hatte, dass ich zu den Volturi gehen und für meine Tochter sterben würde. Es kam nichts überraschendes, ich wusste wie es ausgeht, weshalb ich ruhiger war, als in manch anderen Situationen. Natürlich würde ich das nicht Edward sagen, aber ich fühlte es. Es verlangte ein Opfer, ein Opfer, das ich annahm, denn wenn es mir nicht vergönnt war mit meiner Tochter zu leben, dann sei es so, doch sie sollte leben und damit meinte ich nicht das Dasein fristen, was die Volturi als „leben“ erachteten. Edward und Carlisle kamen nach gefühlten Stunden wieder und kamen zu mir. Carlisle legte den Koffer, den er bei sich trug, auf den Couchtisch und ich erblickte mehrere Spritzen. „Das wird jetzt unangenehm, weil ich dich nicht betäuben kann und wir die Spritze mit viel Kraft unter die Haut bringen müssen, weil deine Haut so hart ist. Vorhin warst du bewusstlos, da hast du es scheinbar nicht bemerkt, aber ich kann dich nicht betäuben, dazu müsste ich dir wieder eine Spritze geben“, sagte Carlisle mit ruhigem Ton zu mir. Ich nickte nur benommen. Ich fing Edwards Blick auf und sah ihm an, dass er mit dem, was hier geschah, ganz und gar nicht einverstanden war, doch scheinbar auch keine andere Lösung wusste und somit kein begründetes Recht zu einem Einwand hatte. „Wir werden versuchen, dir so viel und so schnell Gift wie möglich zu injizieren, damit die Verwandlung schneller wieder aufhört, allerdings weiß ich nicht ob uns sehr viele Spritzen hintereinander gelingen, wenn ich deine Haut bedenke und du wirst natürlich nicht still halten können“, grübelte Carlisle. Ich nickte nur. „Bereit?“, fragte Carlisle mich. Ich sah Edward in die Augen, wir tauschten einen intensiven Blick aus, und wand den Kopf dann zur anderen Seite, um nicht hinsehen zu müssen. Emmett hielt meine Hand. „Ja“, hauchte ich atemlos. Ich spürte ein scheußliches Reißen an meiner Haut und augenblicklich den ersten Tropfen in mir. Ich krümmte mich vor Schmerz, der mich überwältigte. Mehrere Hände hielten mich fest, doch so rasch wie der Schmerz gekommen war, schienen auch meine Kräfte wiedergekommen zu sein, sodass ich mich zu allen Seiten wand und die Spritze klirrend zu Boden fiel. Ich schrie lautlos. Wie brennende Flammen schoss das Gift durch meine Adern und doch war sich ein Teil in mir sicher, dass dies nur der Anfang war, denn bisher war nur sehr wenig Gift in meinen Körper gelangt. Urplötzlich ließen die vielen kalten Hände von meinem vermeintlich lodernden Körper ab. Ich hatte die Lider aneinander gepresst und nahm etwas seidig Kaltes an meinem Hals war und dann- Schmerz. Ich glitt mit den Fingern durch sein Haar und krallte mich fest in dieses. Es war nur Schmerz. Heiß lodernde Flammen in meinem ganzen Körper, die nach allem lechzten, was ihnen begegnete. Ich schrie und wehrte mich, denn viele Hände versuchten mich festzuhalten. Wer weiß, was ich sonst, wie in Trance, angestellt hätte? Doch ich hatte Glück, großes Glück, denn scheinbar war noch so viel Menschlichkeit in mir, dass ich vor Erschöpfung das Bewusstsein verlor bzw. verlieren konnte. Kein Mensch hätte diese Höllenqualen, psychisch wie körperlich, länger als ein paar Minuten ertragen können, sodass ich einen Teil der Verwandlung verschlief oder sagen wir, nur am Rande mitbekam, denn diese Qualen konnte niemand völlig ausschalten. Ich lag in Edwards Armen und zuckte wie ein Fisch an Land, zumindest, wenn ich das richtig wahrnahm. Ich fühlte mich, als läge ich in einem schwebenden Schlaf. Ich hörte und fühlte, doch ich konnte die Augen nicht öffnen, denn ich schlief. Durch dieses „schlafen“ nahm ich den Schmerz nicht vollkommen wahr, wie anfangs. „Ich hätte niemals einwilligen sollen“, hörte ich Edward sagen, wie so oft in den letzten Minuten (Oder Stunden? Oder Tage?). „Sie wacht gleich auf“, vernahm ich Alice leise Stimme. Jetzt, da sie es sah (Sie sah wieder?, fragte ein Teil meines Gehirn, der schnell unterdrückt wurde), bemerkte ich auch, wie der unterschwellige Schmerz immer mehr verebbte und ich am Bauchnabel, so fühlte es sich an, an die Oberfläche gezerrt wurde. „Bella“, hauchte die samtene Stimme ganz nah an mir und vier seidige Fingerkuppen glitten an meiner Wange entlang, bevor ich die Augen öffnete. Ich blickte nach links in Edwards Gesicht. Für den Bruchteil einer Sekunde fuhr ein Schrecken über sein Gesicht, welches sofort einem sanften Lächeln wich. Ich konnte mir denken warum… meine roten Augen hätten mich selbst erschreckt, wenn ich sie gehen hätte. Sehen… ich sah wieder, alles. Ich richtete mich auf. Als hätte ich die Umwelt zuvor unter einer Glasglocke wahrgenommen, prasselten alle Reize und Geräusche auf einmal und ungewohnt laut auf mich ein. Ich erkannte wo ich war. Ich lag auf den Rücksitzen unter einer Wolldecke in Carlisles Mercedes. Nach und nach wirkten alle Empfindungen auf mich ein. Das flüsterleise Brummen des Motors schrie mir förmlich entgegen, denn mir fiel mein phänomenaler Hörsinn auf. Ich strampelte die Decke weg und trat dabei gegen das Polster des anderen Sitzes. Es gab ein lautes Knirschen und sofort bildete sich ein tiefer Riss im Polster ab. Ich schlug erschrocken die Hand vor den Mund und zog zischend Luft ein. „Tut mir leid, tut mir leid, oh tut mir leid“, wisperte ich mit verzerrtem Gesicht. „Keine Sorge, Carlisle hatte sowieso schon mit dem neuen Mercedes geliebäugelt. Demolier’ ruhig wozu du Lust hast“, neckte Alice mich. Sie saß auf dem Beifahrersitz und hatte kurz nach hinten geblickt, während Carlisle fuhr und verhalten lachte. Ich realisierte alles erst schleppend. Das übermäßig gute Sehen, die Kälte meiner Haut und das Glitzern meiner Haut – zum ersten Mal. „Es- ich- bin ich-“, stotterte ich herum, als ich den Arm zum Fenster hielt, damit die schwachen Sonnenstrahlen meinen Arm berührten. „Scheinbar ist deine Verwandlung dieses Mal absolut komplett abgelaufen“, brachte Carlisle es auf den Punkt. Ich nickte und sah aus dem Fenster, während Edward immer noch im breiten Fußbereich hockte und mich musterte. „Hast du Durst Bella?“, fragte Edward über die Maßen vorsichtig. Ich wollte gerade den Blick zu ihm richten, als ich mein Spiegelbild in der abgedunkelten Scheibe erkannte: Pechschwarze Augen, nicht rot. Seltsam. Dann war Edward vorhin vielleicht nicht erschrocken gewesen, sondern verwundert? Ich wusste nicht, ob ich jetzt unter Wahrnehmungsstörungen litt oder nicht, doch explosiv, als schlüge der Blitz bei mir ein, spürte ich den brennenden Durst meine Kehle in mir hoch kriechen, nachdem er es erwähnt hatte. Ob ich ihn die ganze Zeit schon gehabt hatte, aber nicht vernommen oder ihn erst gerade bekommen hatte, wusste ich nicht. Ich erstickte ein Keuchen mit der Hand und wand mich entschuldigend zu Edward. Ich nickte. Edward streichelte mir über den Arm und griff hinter sich. Er reichte mir eine Blutkonserve mit einem Verschluss an einer Seite. Ich streckte die Hand aus, wich jedoch dann zurück. „Tierblut“, beantwortete Edward meine unausgesprochene Frage. Meine Kehle brannte und fühlte sich staubtrocken und kratzig an. Ich riss ihm die Tüte förmlich aus der Hand und schlang das Blut so hastig hinunter, dass es innerhalb eines Wimpernschlages leer war. Ich griff nach der zweiten Konserve in Edwards Schoss und tat selbiges damit. Japsend ließ ich die leere Tüte zu der anderen sinken. Mein Durst war einigermaßen gestillt, doch ich fühlte mich schäbig. Ich atmete langsam und starrte geradeaus, um Edward nicht anzusehen. Es war mir vor ihm peinlich, dass ich so wenig Selbstbeherrschung hatte, wo er und die anderen sich so sehr zusammenrissen. Doch Edward hatte seine ganz eigene Methode mir zu zeigen, wie wenig ihn mein bisheriges Verhalten als Vampir interessierte, denn er legte meinen Kopf in seine Hände und gab meinen eisigen Lippen einen heißen Kuss, der mich überwältigte. Ich erwiderte ihn stürmisch. Die Empfindungen brachten mich aus der Fassung. Man fühlte so als richtiger, echter Vampir anders, so intensiv… Als ich eine weitere Blutkonserve im Fußbereich liegen sah, überkam mich wieder dieses unbändige Verlangen, ich wies Edward zurück und langte danach. Ehe ich es geleert hatte, hatte ich ein furchtbar schlechtes Gewissen und schämte mich aufs äußerte. Wie sollte das erst werden, wenn wir bei den Volturi war? Konnte ich mich zusammen reißen, wenn ich Menschen roch? „Verblüffend“, sagte Carlisle in die peinliche Stimme, in der ich den Blick gesenkt hatte und vor Edward saß, „ihre Augen sind schwarz, entgegen der Regel und sie ist durstig, obgleich sie noch sehr viel menschliches Blut in sich trägt.“ Ich erwiderte nichts. Edward auch nicht. Alice ebenso. Eine zeitlang sagte niemand etwas. Ich hatte die Beine zum Bauch angezogen, während Edward zu meinen Füßen saß. Er blickte mich an, ich sah auf seine Hände. „Wohin fahren wir?“, fiel mir ein. „Wir fahren zu einem größeren Privatflughafen hinter Grande Cache, wo wir ein Flugzeug angemietet haben. Meines reicht nicht für sieben Personen“, antwortete Edward mir, „wir sind extra zeitig los gefahren, weil ich dachte es wäre in deinem Sinne möglichst schnell in Volterra-“ „Moment“, unterbrach ich ihn und sah von meinen Knien auf, „zeitig? Wie lange hat die Verwandlung denn gedauert?“ Edward zog die Augenbrauen hoch, verblüfft über meine Frage. „Was glaubst du denn?“ „Ein Tag, gut ein Tag, vielleicht zwei“, überlegt ich. Edward machte große Augen und schüttelte den Kopf. „Knapp eine Stunde.“ „Was- aber wieso-?“ „Du musst bedenken, dass du schon eine Verwandlung hinter dir hast und dich nicht, von Grund auf neu verwandeln musst. Es was absehbar, dass es schnell geht, aber so schnell hätte ich auch nicht gedacht“, gestand Edward. Ich fasste mir mit der Hand an die Stelle des Halses, wo er mich gebissen hatte, die nun jedoch seidig glatt war. „Dank dir“, murmelte ich und erinnerte mich sehr gut daran, wie er mich gebissen hatte, nachdem ich jegliche Giftzufuhr über Spritzen unwillkürlich verhindert hatte. Edward nahm meine Hand von meinem Hals weg und zog mich an dieser zu sich, um meine Lippen zu berühren. Er wusste, dass er mich damit gekonnt ablenken und auf andere Gedanken bringen konnte. Seine leidenschaftlichen Küsse raubten mir den Verstand. Wie gut, dass Jasper nicht hier war, dachte ich. „Bella…“, er sah mich lange an, „es wäre vielleicht besser, wenn du auch… menschliches Blut kostet, damit die Versuchung nicht zu groß wird, falls die Volturi etwas in die Richtung planen.“ Er nahm eine weitere Konserve aus dem gekühlten Behälter zum Vorschein. Ich hatte keinen Durst mehr, stellte ich fest und nahm stumm das Blut entgegen und überlegte. Ich sah auf und nickte zu mir selbst. Dann rannte das Blut meiner Kehle hinab. Köstlich, kein Vergleich, eine Wohltat, dachte ich unwillkürlich und war beschämt, von meiner Gier und dem Genuss bei dessen Befriedigung. Ich brachte es schnell über die Bühne, damit Carlisle, Alice und Edward es nicht allzu sehr rochen. Ich gab Edward stumm die leere Konserve zurück, die er sorgsam verschloss und verstaute. „Hörst du etwas?“, fragte er und ich brauchte einen Moment um zu verstehen, was er meinte. Dann schüttelte ich den Kopf. „Konzentrier dich mal darauf“, forderte er mich auf, „solltest du es wider erwartend kontrollieren können, wären wir im Vorteil und es könnte so ablaufen wie damals.“ Alles verneinen und weglaufen, ja, schön wär’s, dachte ich, doch bevor ich es erst versucht hatte, wusste ich bereits, dass es nicht klappen würde. Und das tat es auch nicht. Ganz leises Gemurmel, wenn ich es nicht mit den Motorengeräuschen verglich. Ich schüttelte mit gesenktem Blick den Kopf. Edward hob mein Gesicht an, sodass er mir in die Augen sehen konnte. „Wenn du etwas hörst, während wir bei den Volturi sind, versuch’ es dir nicht anmerken zu lassen und es kontrollieren zu können, denn dann haben wir vielleicht den rettenden Trumpf in der Hand“, versuchte Edward mich zu ermutigen, doch ich spürte, wie der Druck in meiner Brust hochstieg. Es könnte alles von mir abhängen und ich war mir sicher, dass ich es dann vermasselte. Carlisle schien genau das zu spüren und schaltete sich ein: „Verlange nicht zu viel von ihr. Sie ist quasi wieder eine Neugeborene und wenn wir Glück haben, bleibt das so, während wir bei den Volturi sind und sie verwandelte sich nicht bzw. auch nicht teilweise zurück. Ihre Fähigkeit zu hören und erst recht zu kontrollieren, ist etwas viel verlangt. Angesichts ihrer Vorgeschichte kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ihre Fähigkeit zurückkehrt“, brachte er es sachlich auf den Punkt. „Ich weiß“, murmelte Edward bitter und schenkte mir ein schwaches Lächeln. Wir schwiegen eine Weile, bis mir etwas einfiel: „Wie geht es Emmett?“ „Hm“, machte Edward mit zusammengepressten Lippen. Niemand wusste so gut wie er, wie Emmett sich gerade fühlte. Edward rang nach Worte. „Du musst mir gar nicht viel erzählen-“, warf ich ein. „Emmett sorgt sich natürlich“, sagte Edward, als hätte er meinen Einwand nicht gehört, „aber am meisten Angst hat er, dass sie schon tot ist… sind…“ Ich sah ihm tief in die Augen. Eine begründete Angst, die jetzt auch wieder in mir zum Vorschein kam und zuvor gut von den Eindrücken einer vampirischen Wahrnehmung verdeckt worden waren. Edward nahm mich in den Arm und küsste meinen Haaransatz. „Befürchtest du das auch?“, wollte ich leise wissen. „Nein, ich glaube das nicht“, sagte er ehrlich und ich war mir, aus irgendwelchen unempfindlichen Gründen, sicher, dass er die Wahrheit sagte, „aber Bella…“, er sah mir tief in die Augen, „wir müssen uns auf alles gefasst machen.“ Ich wusste, dass er mir keine Angst machen wollte, sondern es nur so aussprach wie es war: Ungewiss. Eines jedoch war gewiss: Ich würde mein Leben für Nela geben. Und es wahrscheinlich auch müssen. Wir liefen über die Flugbahn zum Flugzeug. Während des Fluges, Edward flog, waren alle Cullens im Cockpit um zuzusehen wie Edward das Flugzeug steuerte. Allein das reichte, damit sie es alle lernten und für den Notfall beherrschten (ich wusste nicht, was der Notfall war, doch eigentlich ich wollte es auch gar nicht wissen). Nur Emmett kniete im hinteren Teil des Flugzeugs und sah aus den länglichen Fenstern („Ich bin mit… Rose schon geflogen, ich weiß wie das geht“, hatte er zu Beginn gemurmelt). Er sah so bedrückt aus und ich konnte es ihm nicht verdenken, er sah schrecklich aus und musste sich auch so fühlen. Ich konnte ihn gut verstehen. Es zerbrach mir das Herz seine hängenden Mundwinkel zu sehen, das war nicht der Emmett, den ich kannte, den vorher vielleicht niemand gekannt hatte – außer Rosalie… Ich hockte mich hinter ihn und schlang die Arme um seinen Hals, sodass ich meine Hände vor seiner Brust ineinander legen konnte. Er neigte den Kopf ein paar Zentimeter zu mir und blickte mich aus dem Augenwinkel an. Er lächelte ein ganz kleines Lächeln und wand sich wieder dem Fenster zu. Er sprach nichts an und daher tat ich es auch nicht. Ich folgte mit den Augen die draußen Wolken an uns vorbeifliegen und konnte und wollte nicht verhindern, dass meine Gedanken in eine sehr nostalgische Richtung drifteten. Ich hatte es nie gewollt. Ich hatte nie das gewollt was ich bekommen hatte. Ich wollte nicht heiraten, nicht so bald, ich wollte kein Kind, zumindest nicht so früh. Doch ich hatte beides bekommen und ich würde nicht sagen, dass es nicht etwas erstrebenswert Schönes war, was ich liebte, mochte und zuschätzen wusste. Eines jedoch hatte mich die ganze Zeit, die ganzen Jahre gelehrt: Ich konnte damit nicht umgehen. Ich war einfach nicht dazu gemacht, das zeigten mir die ganzen Fehler, die ich machte. Ich atmete stotternd Luft ein. Ich bemerkte erst jetzt, dass etwas fehlte. Ich konnte nicht mehr weinen… Emmett blickte weiter gerade aus, doch er legte seine Hände auf den meinigen vor seinem Körper. Ich legte den Kopf auf seiner Schulter ab und schloss die Augen. Ich konnte ja doch nicht weinen… Ich nahm nicht wahr, dass wir zwischen landeten, warum wir das taten, dass der Pilot reihum getauscht wurde und wie lange wir flogen. Ich saß bei Emmett, während die anderen Absprachen bezüglich unseres Vorhabens trafen. Emmett konnte es sowieso hören. Ich zwar auch, doch ich wollte es nicht hören und versuchte mich taub zu stellen (was als Vampir ein schwieriges Unterfangen war). Nach der Landung, fuhren wir mit einem größeren Auto, wo wir alle mehr oder weniger Platz drin hatten, vom Flughafen aus weiter. Ich blickte schweigen aus dem Kleinbus. Wir kamen bei Nacht, na ja eher Dämmerung in Volterra an. Dadurch, dass der Himmel aber zugezogen und die Wolken tief hingen, kam es mir wie zu nächtlicher Stunde vor. Ich erkannte den Baustil, die Mauern und die Umgebung wieder. Es wirkte viel bedrohlicher, als es tagsüber der Fall war, fand ich. Unter gleißendem Sonnenlicht hatte es mir damals freundlicher, wenn gleich auch mystisch und antik, erschienen. Ich versuchte nicht meine Spiegelung an in der Fensterscheibe anzusehen. Ich wollte meine roten Augen nicht sehen, denn sie ließen mich gleicher werden mit den Volturi. Das wollte ich nicht wahrhaben. „Bella Liebes“, Edward strich mit den Fingerkuppen über meinen Ellenbogen und hatte sich neben mich gehockt, „bevor wir bei den Volturi reinplatzen-“ „Ich habe es hören können“, sagte ich nur, während ich weiter hinausblickte. So sehr ich es nicht hatte hören wollen, ich konnte meinen Hörsinn nicht einfach abschalten. Das ging nicht. Ich hatte mitbekommen, dass wir uns alle erst mal zusammenreißen sollten (Emmett und ich kamen dabei mit Sicherheit in die engere Auswahl) und Jasper notfalls eingriff. Wir sollten ganz diplomatisch erst mal mit ihnen reden. Ich schnaubte innerlich. Reden. Reden, was sollte das bringen? Es war nur die Vorstufe, bevor wir sie oder sie uns sowieso angriffen. Ich jedenfalls würde nicht lange zögern… Edward wusste das. „Wir müssen Ruhe bewahren und mit ihnen reden. Überstürzt erreichen wir gar nichts, außer dass sie uns vorzeitig zerfetzten“, er atmete tief ein, „wir haben keine Chance gegen sie, wenn Jane-“ „Ich werde nichts unternehmen“, sagte ich, mit immer noch nach draußen gerichtetem Blick, doch ich glaubte es mir selbst nicht. Edward auch nicht. Er führte mein Gesicht zu seinem und sah mir fest in die Augen. „Bella, eine unüberlegte Handlung und wir riskieren alles“, sagte er ernst. Ich erwiderte seinen Blick, was er wie ich als nicken deutete, und er küsste mich auf die Lippen. „Ihr hätte nicht mitkommen dürfen“, kam es mir in den Sinn. Ich hatte es einfach hingenommen, dass sie sich alle für meine Tochter opferten. Warum hatte ich sie nicht versucht abzuhalten? Warum mussten Esme, Carlisle, Alice und Jasper mitkommen? Sie hatten nichts mit dieser Sache zutun, das würden sie natürlich anders sehen, und setzten ihr Leben aufs Spiel. Dass Emmett mitgekommen war, konnte und durfte ihm niemand verwehren, aber die anderen… und Edward… Edward schüttelte nur mit einem schmalen Grinsen den Kopf, um mir zu signalisieren, dass ich erst gar keine Diskussion beginnen bräuchte. Wir hatten alle entschieden unser Leben vielleicht in Volterra zu lassen – für unsere Familie. „Seltsam“, murmelte Carlisle, „es ist äußerst untypisch, dass sie ihre ‚Gäste’ nicht in Empfang nehmen.“ Wir waren an der Stadtmauer ausgestiegen und liefen bereits, menschlich, wir wollten kein Risiko eingehen, eine Viertelstunde nach Volterra rein, ohne, dass wir einen Vampir sahen oder hörten. Edwards Fähigkeit eingeschlossen. „Wie kommen wir dann zu ihnen?“, flüsterte ich zu Edward mit panischem Unterton, „wissen wir denn dann wo-“ „Doch doch, Carlisle weiß wie wir zu ihnen gelangen“, wisperte Edward zurück. Ich nickte und wir folgten Carlisle. Carlisle warf Edward mit zunehmender Wegstrecke einen längeren Blick zu. „Es ist nicht mehr weit, nur noch ein paar Türen“, sagte Carlisle schließlich in Edwards Richtung. Dieser zog die Augenbrauen irritiert zusammen und schüttelte den Kopf. „Nichts, ich höre nichts.“ Was war hier los? Erst Alice, dann Edward- Carlisle öffnete knatschend die meterhohe Tür. Wir liefen vampirisch durch einen langen verlassenen Flur, der im schwachen Licht von draußen bestimmt sehr prunkvoll gewesen wäre, doch dessen Schönheit war selbst in der Dunkelheit mit Vampiraugen nicht anzumaßen. Allerdings interessierte es mich im Moment nicht im Geringsten. Jetzt hörten wir sie. Und sahen es. Ein helles Licht, weiter weg. Dort mussten sie sein. Wir eilten dorthin und wieder war es Carlisle, der die Hand gegen die schwere Tür presste um sie zu öffnen. Alle standen in dem runden, mir sehr wohl bekannten, Turmzimmer und warteten. Auf uns. Alle standen dort wie damals. Die Wachen am Rand des runden Turmzimmers, die Volturi auf dem Podest mit den Thronen. Markus hatte als einziger dort Platz genommen, alle anderen standen mit erwartungsvoller Miene davor. Doch das Bild, welches sich uns offenbarte, vielleicht auch erst beim näheren Hinsehen, war eines, das wir nicht erwartet hatten. Niemals. ---- Bin sehr auf eure Kommis gespannt^^ Danke fürs lesen ;) Kapitel 32: ------------ *schäm* hat so lange gedauert :( tut mir echt leid... ich habe dieses kapitel bestimmt 10x bearbeitet, weil es echt unheimlich schwierig ist... (was unheimlich schwierig war, schreib ich nach dem Kapitel, um nichts zu verraten ;) Songtipp(s): Absolutes Lieblingslied zu diesem Kapitel ist Russian Roulett von Rihanna (http://www.youtube.com/watch?v=nrR5L9VMPLs) das lied vermittelt genau die dramatik, spannung und angst, die ich in diesem kapitel favorisiere. Hier noch 3 Tipps für Instrumentallieder, die ich unheimlich passend finde (je nach Stelle im Kapitel: the vision - X-Ray Dog http://www.youtube.com/watch?v=WhTTHzlMGUA Armada - Two steps from hell http://www.youtube.com/watch?v=2ghw2b2GXzM&feature=PlayList&p=D9BACE47D84CD6C7&playnext=1&playnext_from=PL&index=11 a heroes only choice - Brand X Music http://www.youtube.com/watch?v=ZVFIg9ZjyVc&feature=PlayList&p=5027C7069F9563F5&playnext=1&playnext_from=PL&index=26 (ab 0:25 finde ich es am besten ;)) Genug der Vorrede... viel spaß beim lesen ^^ ------------------ -Kapitel 30: Verrat- Rosalie stand Hand in Hand neben Caius auf dem Podest. „Rose- du-“, Emmett brach ab. Wir starrten alle nach oben. Rosalies Grinsen wurde breiter. Es war von Anfang an geplant gewesen, schoss es mir durch den Kopf, während die Stille kalt und erdrückend war. Alles. „Was habt ihr?“, lachte sie plötzlich schallend. Caius stimmte mit ein. Die übrigen schmunzelten. Ich sah mit verbissenem Gesichtsausdruck zu Edward und merkte, dass die anderen Cullens bereits selbiges taten. Wir alle brauchten Versicherung… „Sie kann keine Volturi sein! Ich hätte es gesehen!“, rechtfertigte sich Edward verwirrt und sah mit verzerrtem Gesicht zu Boden. „Und was siehst du jetzt?“, fragte Rosalie bittersüß, „Nichts, nicht mal die Stimmen der anderen, deiner eigenen Familie“, gab sie selbst die Antwort, „nicht wahr?“ Ein höhnisches Lachen entfuhr ihr. „Wir wollen ja nicht, dass ihr im Vorteil seid“, kicherte sie. Wir starrten sie an. Das war alles… nicht wahr… „Rose- Rose bitte- du-“, stotterte Emmett fast flehend. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich geglaubt, dass er gleich zusammen brach – denn ich fühlte mich so. Rosalie schnaubte und sagte verächtlich: „Emmett bitte.“ Stille. Ich konnte nicht glauben, was ich sah und hörte… was hier geschah. Rosalie war eine- eine- Volturi?! Erst langsam verstand ich was das hieß… Sie hatte uns verraten?!? All die Jahre?! „Na ja wir müssen ja nicht sofort mit der Tür ins Haus fallen, nicht wahr?“, zwitscherte Aro, dass es mir das sowieso schon tote Herz erstarren ließ, „willkommen liebe Freunde. Herzlichen Dank für den Besuch-“ „WO IST MEINE TOCHTER?!“, schrie ich. Es fühlte sich an, als wäre ich aus der Trance der jüngsten Erkenntnisse erwacht und das, weshalb ich hier war, strömte augenblicklich über mich ein und überwältigte mit solch einer Heftigkeit, der meine Disziplin und Selbstbeherrschung nicht stand hielt. Aro lächelte freundlich. „Immer der Reihe nach liebste Bella. Wie ich sehe bist du wieder bei Kräften, ich bin entzückt.“ Ich starrte ihn an und war außer Stande etwas zu sagen. Das war alles nicht… wahr… nein… das durfte es nicht… Ich spürte wie mein Leben ganz langsam aus den Bahnen geriet, mein Weltbild vom Kurs abkam und ich den falschen Weg einschlug und doch nur zusehen konnte. Es war in Gang gesetzt worden, vor so vielen Jahren des Verrats und nun unaufhaltsam geworden. Ich war machtlos. „Liebste, erkläre es ihnen doch bitte, sie sollen nicht allzu lange warten“, flüsterte Aro Rosalie zu und streichelte über die Hand, die nicht in Caius’ lag, „ich möchte nicht, dass Edward und Alice denken, dass sie unfähig sind, sie sind es gewiss nicht.“ Ich blickte zu Edward und Alice. Alice hatte die Hände gegen die Stirn gepresst und hatte die Augen fest zusammen gekniffen, nun sah sie auf. „Ihr müsst wissen, Rose ist unser prächtigster und wohl auch schönster Schatz hier“, schleimte Aro und zwinkerte uns zu. Wir waren alle zu geschockt, um irgendeine Reaktion zu zeigen, und standen stocksteif da, denn es war einfach zu unwirklich, was wir hier sahen und hörten. Wir warteten alle auf den Witz an der Sache – zumindest tat ich das. Doch diese kam nicht. „Na schön“, Rosalie grinste frech, „Keine Sorge, eure Fähigkeiten, obgleich sie sehr läppisch sind, funktionieren weiter hin. Sagen wir, außer ich verhindere es“, sie war Caius einen schelmischen Blick zu, „ich bin Illusionistin und zwar von der allerfeinsten Sorte“, sie lachte. Niemand sagte etwas, während ihr lachen ertönte. Niemand amüsierte sich mit ihr. Nicht mal die Volturi, sie schienen großen Respekt vor ihr zu haben, stellte ich fest, als ich in ihre Gesichter sah. Wir warteten wie erstarrt. „Ich habe die Fähigkeit meine Gedanken vor anderen Gaben, seien sie körperlich wie die von Alice oder geistig wie Edwards, zu verschließen und ihnen darüber hinaus andere Gedanken, die ich will, dass sie sie von mir sehen, zu zeigen“, sie sah selbstzufrieden in die Runde, „meine neuste Errungenschaft, ich habe lange geübt, ist es allerdings, die Gedanken anderer vor anderen Gaben zu verschließen bzw. umzuformen, ohne, dass der Illusionierte oder der, dessen Gedanke ich kontrolliere, es merkt. Eine Projektion meiner Fähigkeit auf andere. Allerdings geht das zu meiner großen Enttäuschung nur bei Menschen, Vampire würden diesen Eingriff bemerken. Und leider kann ich die Gedanken Anderer auch nur in einem bestimmten Maß in eine Richtung lenken. Bei Menschen viel weit reichender, als bei uns. Unser Gehirn ist zu vielschichtig und braucht viel Anstrengung meinerseits“, seufzte sie, als wäre das entsetzlich grausam für sie, „Und momentan verhülle ich unser aller Gedanken hier im Raum. Auch eure. Nett nicht wahr?“ Esme sackte zu Boden. Sie kauerte am Boden, während Carlisle sich um sie kümmerte. Ein paar umstehende lachten. „Warum Rose?“, fragte Emmett, doch es war kaum ein Hauch. Sein Gesicht wirkte gräulich. „Warum was?“, fuhr sie ihn an und ihr Gesicht wurde hart und bitterernst. Sie sah zu Emmett herab, als wäre er Abschaum. Ich hätte ihn so gerne in den Arm genommen, doch ich glaubte mich nicht rühren zu können. Mein Körper fühlte sich an wie einzementiert. „Warum ich dich niemals geliebt habe? Warum ich bei euch war und die ganze Zeit nur Theater gespielt habe? Warum es mir egal ist, was aus euch heute geschehen wird, obwohl ich es, wie ihr auch, genau wisst? Warum ich jahrelang mit dir herumgereist bin, wo ich doch Nela und euer Versagen so gut weiter hätte beobachten können um den besten Zeitpunkt herauszufinden? Aus Liebe?!“, kreischte sie lachend, „Ich wollte einzig und allein lernen meine Fähigkeit unbegrenzt auszuweiten und das habe ich geschafft. Ich kann mein Netz gezielt auf Personen auf dem ganzen Globus projizieren. Ich hoffe ich habe es euch an dem Geburtstag gestern und die vielen Situationen davor nicht allzu schwer gemacht…“ Sie grinste triumphierend und blickte Edward und Alice an. „Aber Rose… wir-“, begann Emmett hilflos, dem Rosalie nun widerwillig wieder den Kopf zuwandte. Es war ein Gräuel ihm zuzusehen… wie er mit Worten rang, wie er das alles nicht verkraftete… wie wir alle. „ES GIBT KEIN WIR!“, schrie sie haltlos, „Ich empfinde nichts das Geringste für dich! Kapierst du das?! Du bist mir nicht wichtiger als irgendein Stein in diesem Gemäuer!“ Ich wusste, dass mir als Mensch die Tränen in die Augen geschossen wären. Wie konnte sie das sagen? Wie konnte sie ihn so verletzen und so herzlos sein? Ich konnte nicht anders, als zu Emmett zu eilen, der nun am Boden kniete und die Arme vor dem Bauch verschlungen hatte. Meine Beine trugen mich wie von selbst. „Wie kannst du so etwas sagen?! All die Jahre…“, begann ich und blickte Emmett verzweifelt an, welcher die Augen geschlossen hatte. „… habe ich nur gewartet, auf den heutigen Tag“, vollendete Rosalie meinen Satz, „ich habe den niemals geliebt.“ Emmett sah auf und ihr direkt ins eiskalte Gesicht. Als wollte Caius ihre Worte unterstreichen, legte er eine Hand um ihre Taille. Emmett knurrte und nicht mal den Bruchteil einer Sekunde später rauschte er auf Caius zu. Niemand konnte es ihm verdenken, doch Jasper und Edward reagierten vernunftgemäß um ihn abzuhalten. Denn es hatte keinen Sinn… „Reiß die zusammen! Wir wissen alle wie schwer das für dich ist!“, brummte Jasper ihm ins Ohr. Leise, sehr leise und doch natürlich für jeden vernehmbar. „NIMM’ DEINE DRECKIGEN FINGER VON IHR!!“, schrie Emmett Caius an, der seinen Griff noch verstärkte. Rosalie grinste hämisch, wand sich zu Caius, legte einen Finger an seine Wange und küsste seine Lippen leidenschaftlich. Edward und Jasper stemmten sich gegen Emmett, der lauthals protestierte. Ich hockte wie angewurzelt an der Stelle, wo eben noch Emmett gekauert hatte. Trotz vampirischer Sinne nahm ich das alles nur langsam war. Was hatte Rosalie gesagt?! Sie hatte es nur gespielt-?! „Wie kannst du ihm das antun?“, wisperte ich. Sie wollte etwas sagen, doch in diesem Moment schleuderten Jasper und Edward Emmett zurück, sodass er gegen die Wand flog, an ihr herabrutschte und am Boden, gegen die Wand gelehnt und mit gesenkten Kopf, völlig regungslos, sitzen blieb. Edward wandte den Kopf zu Rosalie. „Ja Rosalie, warum?“, knurrte er seltsam ruhig. „Warum? WARUM?!“, kreischte sie, „DAS FRAGST DU MICH?! AUSGERECHNET DU?! Ich verstand nicht. Und Edward und die anderen scheinbar auch nicht. Sie sahen genauso ratlos und fragend aus. „Edward ich habe dich geliebt!! Von der ersten Sekunde an! Ich habe dich vergöttert! Seit ich dir nach meiner Verwandlung zum ersten Mal in die Augen blickte!“, gestand sie hysterisch, „Und was machst du?! Du hast es mit Füßen getreten, es mir eiskalt ins Gesicht gesagt! Meine Gefühle waren dir egal! Ich war dir nicht gut genug!“, steigerte sie sich immer mehr rein und wandte sie dann zu mir um. „Und dieses verlogene Miststück! Ihr hast du alles gegeben, dieser hässlichen dämlichen Kröte! Mir nicht! Mich hast du ignoriert! Alles was ich immer wollte, ein Kind, eine Familie, alles, alles hast du ihr gegeben und sie wollte es nicht einmal!“, ihre Stimme hallte bedrohlich im hohen Turmzimmer, „Das ganze Glück was du ihr entgegen gebracht hast! Glaubst du ich konnte einfach so daneben stehen?!“ „Stattdessen gehst du zu den Volturi? Aus verletzter Eitelkeit?!“, entgegnete Edward mit erhobener Stimme, doch er wahrte die Fassung ungemein inbrünstig. Rosalie schnaubte. „Nach und nach erkannte ich meine Fähigkeit und testete sie weiter aus, ohne, dass du es bemerken konntest, schließlich war das meine Gabe. Und als ich Caius und Aro dann im Wald traf, weit draußen, während ich jagte, haben sie mir die nötige Anerkennung gegeben, die ich brauchte. Sie haben mir alles versprochen und nun habe ich alles!“ Sie blickte voller Stolz durch die Reihen. Sie widerte mich an. Schleppend realisierte ich was sie sagte. Sie liebte Edward? Und wegen einer Zurückweisung rächte sie sich nun auf diese Weise?? „Seitdem… seitdem also…“, murmelte Emmett mit unveränderter Sitzhaltung. „Seitdem liebe ich Caius und hatte nur ein Ziel, das hier“, lachte sie größenwahnsinnig und ließ wieder den Blick schweifen, „ich habe dich damals nur gerettet, um meinen Durst auf die Probe zu stellen, denn Aro und Caius wollten wissen, ob ich es durchhalten könnte, lange Jahre bei den Cullens zu bleiben, um sie für die Volturi auszuspionieren und schließlich meine Rache, bei geeignetem Zeitpunkt, verüben zu können. Aber deine Rettung hatte auch noch einen weiteren Vorteil“, setzte sie hinzu, „mit dir als vermeintlicher Partner war es glaubhafter, dass ich über Edward hinweg und nun ein braves Mädchen war.“ Rosalie lachte laut auf. „Endlich kann ich die sein, die ich bin und dem Geruch der köstlichen Menschen nachgeben“, sie tauschte mit Jane einen viel sagenden Blick aus, „Und ihr habt es geglaubt, all die Jahre“, wieder lachte sie hämisch. Ich fühlte mich seltsam leer, denn alle Gefühlsausbrüche und Emotionen, die ich sonst gehabt hätte, konnte ich nicht ausdrücken. Sie blieben mir verwehrt. Ich fühlte mich, als staue sich alles auf, als implodierte ich innerlich. Wie schrecklich musste sich Emmett erst fühlen? Unvorstellbar. Ich blickte angestrengt zu Boden. Es war ein kläglicher Versuch, ich wollte nichts unversucht lassen, meine Fähigkeit heraufzubeschwören und es gelang mir nicht im geringsten – bis mir einfiel, dass es vergebliche Liebesmüh’ war: Rosalies Fähigkeit würde selbst eine funktionierende Fähigkeit abhalten. „Aber endlich ist vorbei, Liebste“, sagte Aro und nahm wieder ihre freie Hand, „endlich bist du dort, wo du hingehörst. Dein Leid hat ein Ende und das haben wir nur einer zu verdanken, nämlich Bella.“ Er strahlte mich an. Völlig perplex sah ich fragend zurück, doch nicht Aro antwortete, sondern Rosalie: „Als du damals in Volterra warst, haben wir dich mit Absicht gehen lassen, als wir bereits dort erkannten, dass du schwanger warst. Deine alberne, nicht funktionierende Fähigkeit war nicht im Entferntesten an deiner gelungenen Flucht beteiligt, aber wir hatten kein gesteigertes Interesse mehr an dir. Wir wollten dich in dem Glauben lassen du wärst aus eigener Kraft entkommen und solltest dich in Sicherheit wiegen, denn unser Ziel warst nicht mehr du und deine Absonderlichkeit, sondern dein noch ungeborenes Kind. Seitdem forschten wir über die ganze Welt hinaus nach vergleichbaren Fällen, die bei den Völkern unter Mythen und Sagen fielen. Doch noch nie ist ein Kind geborenen worden, dass von einem Vampir ausgetragen wurde, einem äußerst desolaten Vampir muss ich zugeben“, sie schüttelte theatralisch den Kopf, „Ich stand mit Caius in Verbindung, aufgrund meiner Fähigkeit war das ein Kinderspiel. Das hättet ihr wohl nicht gedacht, wie?“, sie lachte spottend, „Rosalie ist nicht nur schön, schön war ich schon immer. Meine Gabe ist viel gerissener“, wieder lachte sie, „und nun haben wir was wir wollten. Ich habe meine Rache bekommen, indem euch das liebste nahm, und meine Familie ein äußerst starkes Wesen, wie man annehmen darf.“ „Was-?!“, stieß ich stockend hervor, „Wo ist sie?! Lasst sie gehen!! Bitte- Ich- Lasst-“ Meine Stimme überschlug sich. Sie hielten Nela hier gefangen! Mein Kind! Das durfte nicht sein!, brach es innerlich aus mir heraus. Ich stand wieder ohne es bemerkt zu haben. „Äußerst starkes Wesen?“, wiederholte Edward. „Ihr seid nicht nur dumm, sondern auch noch blind“, höhnte Rosalie, „Ihr habt nie ihre Besonderheit erkannt! Sie hat vampirische Gene seitens des Vaters und der Mutter. Es ist davon auszugehen, dass sie eine sehr starke Gabe entwickelt. Sie ist einmalig, nie zuvor gab es vergleichbares. Und ihr seid so dumm und glaubt, Nela von Bella fernhalten zu müssen und noch dazu behandelt ihr sie völlig falsch, sodass wir sie mit Leichtigkeit mit Alec ködern konnten.“ Nun stimmte Caius in ihr Lachen ein. Mein Atem raste plötzlich, denn die Panik überkam mich. Wir verstrickten uns immer tiefer und Nela war hier irgendwo – in größter Gefahr. „Was meinst du damit?“, schaltete sich Carlisle ein, der neben Esme, die das Gesicht in die Hände gelegt hatte und leise wimmerte, wie Alice es tat, hockte. „Wie gesagt, wir haben viele nicht unerhebliche Nachforschungen angestellt und vergleichbare Fälle gesucht. Wir suchten in allen Erdteilen nach Geschöpfen, die von Vampiren gezeugt, aber von normalen Frauen ausgetragen wurden, um überhaupt eine Vergleichsgrundlage zu haben, und…“, sie grinste hämisch in ihrer Kunstpause, „die Verwandlung solcher tritt dann ein, wenn das Alter der menschlichen Mutter erreicht ist. Älter kann das Kind nicht werden, weil die Entwicklung der Mutter nicht weiter reicht und dort dann die Verwandlung einsetzt.“ „Das heißt- das heißt-“, japste ich, denn ich konnte meinen rasenden Atem nicht länger zügeln, „DIE SIEBZEHN JAHRE WAREN UMSONST?!“, schrie ich. Ich konnte mich nicht länger zusammenreißen und rannte auf sie, um ihr an die Gurgel zu gehen. Doch wie bei Emmett wurde ich zurückgehalten – zu Recht, wusste ein sehr kleiner Teil von mir, dennoch sah der Großteil von mir das in diesem Augenblick nicht ein. „Bella“, murmelte Edward eindringlich und hielt mich fest. „Wie kannst du da so ruhig bleiben?!“ Die ganze Zeit war er bemekrenswert ruhig geblieben und hatte nicht den Hauch von Anspannung durchscheinen lassen. Dabei ging es hier um so viel… Edward warf mir einen schmerzerfüllten Blick zu. Er fühlte genauso wie ich und es sah in ihm sicherlich genauso brodelnd und zermürbt aus, wie in mir, doch er beherrschte sich besser. „Sie hat- sie hat das alles gewusst! Die ganzen Jahre!“, wimmerte ich. Edward nickte benommen. Ich hätte ihr gar nicht fernbleiben müssen!, schoss es mir durch den Kopf. Das heißt ich konnte weiterhin Kinder kriegen, dachte ein Teil von mir paradoxer Weise ganz kurz, welcher in mir nur eine geringe Priorität genoss, doch als Vampir konnte man so vieles gleichzeitig denken, dass es sich einfach aufdrängte. Es war abstrus und doch kam es in mir hoch… es war so präsent... und Rosalie hatte es gewusst, die ganze Zeit, kam es mir hallend in den Sinn. „So ist es“, antwortete Rosalie zuckersüß, „und du glaubst gar nicht was für eine Genugtuung es war, dich leiden, innerlich verrecken zu sehen“, Rosalie lachte auf, „ja so ist es…“, fuhr sie mit ihrer Erklärung fort, „sie verwandelt sich frühestens an ihrem siebzehnten Geburtstag, weil du selbst ja nur siebzehn geworden bist, allerdings fast achtzehn. Da Nela ja wie du, ein wenig… na ja, sonderbar ist, was man ja an eurer Unempfindlichkeit für Edwards Fähigkeit sieht, war zu erwarten, dass sie sich höchst wahrscheinlich an ihrem siebzehnten Geburtstag verwandeln wird, denn mit deiner These“, Rosalie nickte herablassend zu Carlisle, „hattest du nicht ganz unrecht. Ihr Wille hat einen Einfluss auf ihre Verwandlung, doch nicht so gravierend wie ihr annahmt. Es diente eher als Katalysator und beschleunigte ihre Verwandlung, allerdings nicht vor ihrem siebzehnten Geburtstag.“ Rosalie grinste befriedigt. „Und was ist mit ihrer ‚Beinahe-Verwandlung’, nachdem sie den Zettel gefunden hatte?“, verlautete Alice’ Stimme zum ersten Mal, „Ich habe sie bereits als Vampir gesehen und als sie dann bei uns war, haben wir alle die Veränderung ihrer Augen und ihrer Haut gesehen-“ „Wenn sie sich noch mehr reingesteigert hätte“, schnitt Rosalie ihr das Wort ab, „wäre sie vielleicht in Zwischenstadien gefallen, wie Bella damals, aber sie hätte sich niemals verwandelt“. Sie grinste schief als sie fortfuhr: „Und natürlich hast du ihre Verwandlung gesehen, denn ich wollte es so. Es ist doch ziemlich einsam auf dem Eifelturm oder nicht? Wir haben unsere Spitzel überall und dachten, dass euch so viel Glück nicht vergönnt sein soll. Na ja und Nela hatte doch auch etwas davon, findet ihr nicht?“ Rosalie zwinkerte mir zu. „WO IST SIE?! LASS MICH ZU IHR! ICH WILL SIE SEHEN!! WAS HAT ALEC MIT IHR GEMACHT?!“, kreischte ich und versuchte mich aus Edwards Arme zu winden, damit auf sie losgehen konnte, doch er ließ nicht locker (zum Glück, denn ich hätte alles nur noch schlimmer gemacht, doch meine Einsicht darin war weiter unter allem anderen in mir vergraben; ich konnte heilfroh sein, dass mein Mann sich selbst nicht so schnell entgleiten ließ und geschickter war als ich). Meine Bluse riss an den Ärmeln hier und da ein, doch daran störte ich mich kein bisschen. Augenblicklich und ohne die geringste Vorwarnung verlor ich die Sehkraft – die vampirische Sehkraft. Ich musste mehrmals blinzeln, weil alles plötzlich verschwommen, gräulich und irgendwie farblos wirkte. Nein, nein, nein, bitte nicht, flehte ich innerlich und versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Sie durften es nicht merken. Ich wäre leichte Beute für sie. Ich glättete mein kurz verzerrtes Gesicht und atmete langsam durch. Ich musste die Nerven bewahren, es würde schon alles gut gehen… hoffentlich. „Alec, jaja“, sagte sie gespielt grübelnd, „das war allerdings interessant, nicht wahr?“ Sie blickte nacheinander Aro, Markus und schließlich Caius grinsend, letzteren fast zärtlich, an. Alle stimmten ihr folgsam nickend zu und sie fuhr fort: „Es war so einfach eure Tochter um den Finger zu wickeln. Sie fraß Alec nach ein paar Worten einfach aus der Hand. Ein paar nette Worte, Verständnis, Aufmerksamkeit – all das was ihr ihr nicht geben wolltet. Sie ging sogar soweit Alec treffen zu wollen und nicht mal dann, als sie auf einmal nach Österreich wollte, habt ihr etwas bemerkt“, sie schüttelte lachend den Kopf, „sie wusste, dass Alec ein Vampir war und er hat ihr sogar erzählt, dass wir Menschen töten, um sich von ihnen zu ernähren, und trotzdem hat sie sich brennend für ihn und das Treffen interessiert. Ihr habt versucht sie zu schützen und alles richtig zu machen und doch habt ihr“, Rosalie sah zu mir und zog kurz die Augenbrauen hoch, „alles falsch gemacht und seht wo sie gelandet ist, wo ihr gelandet seid.“ Sie brach in Gelächter aus. „Du hast sie beeinflusst!!“, schrie ich sie an. Rosalie lachte nun mich aus. „Oh nein, das brauchte ich gar nicht! Und kann ich auch gar nicht – leider. Sie war zwar menschlich, doch das Risiko, dass sie es bemerken könnte, wollte ich nicht in Kauf nehmen. Immerhin besitzt sie unsere Gene. Wenn du ein richtiger Vampir wärst, könntest du das“, sagte sie abwertend, „ich kann sie nur für den gegenüber ändern, nicht jedoch die wahren Gedanken verändern, zumindest nicht bei Vampiren“, sie seufzte. „Sie wäre niemals mitgegangen“, entgegnete ich. Ich war fest davon überzeugt. Rosalie musste sie mittels ihrer Fähigkeit überzeugt haben. Nela wäre doch niemals- „Ach ja?“, Rosalie grinste schief, „Du weißt nichts über sie, Bella, und maßt dir an, ihr Verhalten zu kennen?“ Ihre Worte brannten mir in den Leib. Ich hasste sie, ich hasste sie seit dem Moment, indem sie mir anfangs eiskalt ins Gesicht gelacht hatte. Doch was sie sagte war wahr, so grausam wahr. Ich öffnete den Mund um etwas zu erwidern, schloss ihn allerdings wieder. Ich wusste nicht was ich sagen sollte und sah mit verzerrtem Gesicht zur Seite. „Tja“, sie zog die Augenbrauen kurz hoch, „siehst du? Sie hat gefunden, was sie gesucht hat. Jemanden der ihr Aufmerksamkeit schenkt und sie nicht in Lügengebäude einhüllt und wegsperrt. Ein Wort von Alec meinerseits nach eurer Zusammenkunft an ihrem Geburtstag und tat alles was ich wollte. Es war schon beunruhigend, wie leichtfertig und einfältig sie mir glaubte, ohne, dass ihr etwas erklären musste. Sie fragte nicht nach, sie wollte nur zu Alec.“ Jane kicherte. Rosalie warf ihr einen wissenden Gesichtsausdruck zu. Ihr dämliches Grinsen schien sich in ihr Gesicht eingemeißelt zu haben. „Liebste, genug der Erklärungen oder?“, mischte sich Aro ein und sah Rosalie fast zärtlich an, dass mir schlecht wurde, denn es lag so viel Gier in seinen Augen. „Wollen wir ihnen nicht vorher wenigstens unsere neuste Errungenschaft zeigen?“ „ERRUNGENSCHAFT?!“, kreischte ich. „Nichts lieber“, überging Rosalie mich. „Ich hole sie“, zwitscherte Jane und tippelte mit kleinen flinken Schritten heraus. „Ich bin gespannt, was sie zu dir sagen wird. Alec und sie waren auf der Jagd“, mein Herz rutschte mir in die Hose – wenigstens fühlte es sich so an, „sie hat nichts von all dem hier mitgehört.“ Es war still und blieb still. Ich ließ den Blick unbemerkt schweifen. Edward hatte seine Griffe gelöst und hielt nur noch, sehr fest, meine Hand. Emmett saß immer noch mit schlaff wirkenden Gliedmassen und aufeinander gepressten Lidern vor der Wand. Links neben uns hockte Esme unverändert mit den Händen vor dem Gesicht. Ihr Kopf hatte sich an Carlisles Oberkörper geneigt, der sie ohne Worte beruhigte, während er mit festem Gesichtsausdruck zu den Podesten schaute. Alice stand mittlerweile wieder, doch es wirkte, als stünde sie wie eine Statue da. Jasper war hochkonzentriert, das sah man ihm sofort an. Er versuchte ununterbrochen die Stimmung am Boden zu halten, doch ich wusste nicht, ob das aufgrund von Rosalies Fähigkeit überhaupt gelingen konnte bzw. in wie weit. Die roten Augen stierten uns gewinnend an, dass ich ihnen nicht standhalten konnte und zu Boden sah – bis ich sehr rasche Schritte, von sechs Füßen getragen, vernahm und den Kopf emporreckte. Wie Edward blickte ich in die Richtung der Geräusche, die große steinerne Tür, welche plötzlich und langsam aufschwang. Jane glitt hindurch, sie stand sofort wieder neben Rosalie, und nach ihr- nach ihr- Mir stockte der Atem. Fröhlich hüpfend kam Nela Händchen haltend mit Alec in den Saal. Sie war ein Vampir. Ihre roten Augen funkelten uns entgegen, obgleich sich damit nicht bestätigen ließ, dass sie gerade einen Menschen getötet hatte, kam es mir prompt in den Sinn. Sie war so wunderschön, wie sie es einst selbst vorausgesehen hatte und, so suspekt es klingen mag, sie sah glücklich aus. Sie schwebte anmutig in den Raum, mit einer Leichtigkeit wie ich sie nicht mal bei Alice beobachtet hatte. Sie trug allerdings nichts, was von ihrer inneren Schönheit ablenken könnte, sondern Jeans, Turnschuhe, einen violettes Dreiviertelarmshirt und ihre Haare locker zu einem Pferdeschwanz gebunden. Mein kleines Kind… an der Hand eines Volturis und so natürlich und strahlend – grotesk. Ihr Gesicht verfinsterte sich augenblicklich zu einen harten Maske, als sie mich sah. Eine Mimik, die ich nicht an ihr kannte, und, da war ich mir sicher, die übrigen Cullens auch nicht. Wo sie es gelernt hatte, war unübersehbar. „Falls ihr mich nach Hause holen wollt“, begann sie bissig, „könnt’ ihr euch eure Mühe sparen. Ihr solltet die Zeit hier nutzen, für einen gemeinsamen Urlaub. Italien soll sehr schön sein und einen netten Urlaub zu zweit“, sie sah abwechselnd zu Edward und mir, „kann man nach siebzehn Jahren Trennung bestimmt gebrauchen oder? Ach halt nein“, feixte sie theatralisch, „lasst mich raten, es ist bestimmt nicht euer erster Urlaub seit damals oder?“, sie wand sich Edward zu, „Schade um die vielen Kongresse und Seminare, wo du doch so viel hattest lernen wollen…“ Ich war bestürzt wie kühl sie war und setzte sofort zum Gegenschlag an, doch Edward gebot mir mit einer schnellen, aber unmissverständlichen Geste, Einhalt. „Nela, weißt du wer sie sind?“, fragte er sie langsam und zeigte seitlich auf die Volturi vor ihren Thronen, ohne hinzuzublicken. Seine betont ruhige Art brachte mich um den Verstand. Woher nahm er angesichts der Lage diese Stärke und innere Ruhe? Ich schrieb das nicht im Entferntesten Jasper zu und bewunderte ihn immer mehr für seine Gelassenheit und war froh noch immer seine Hand halten zu dürfen, denn es gab mir das Gefühl, als übertrüge es sich schleppend auf mich – doch genau das wurde mir zum Verhängnis. Ich riss schlagartig die Augen auf. Als mir diese äußere Reaktion bewusst wurde, versuchte ich es tunlichst zu unterlassen, doch es fiel mir sehr schwer: Meine Kräfte hatten auf einmal meiner früheren Menschlichkeit nachgegeben. Der Schmerz schlug wie ein Blitz ein, denn Edward hielt meine Hand für menschliche Kräfte viel zu fest. Ich biss die Zähne aufeinander und tat alles, um nicht aufzufallen. Ich unterdrückte ein Keuchen, denn es fühlte sich an, als war meine Hand zwischen zwei Betonplatten geklemmt. Doch ich dürfte es Edward nicht mitteilen, die anderen würden es mitkriegen. Ich müsste es beiläufig machen, ohne Aufsehen zu erregen… Und ich bekam eine Gelegenheit. Denn als Nela auf Edwards Frage schließlich „Meine Familie“ antwortete, sackte zu Boden, Edward ließ meine Hand los und ich verdeckte das zusammen gekniffene Gesicht mit den Händen. Diese zwei Worte reichten um mich völlig aus der Bahn zu werfen. Ich fühlte mich geistig überlastet. Ein Teil von mir versuchte den Schmerz zu rekapitulieren, ein anderer Teil versuchte verzweifelt nicht darüber nachzudenken, was passieren würde, wenn meine Rückverwandlung weiterhin so rasch zunahm und ein letzter großer Teil beschäftigte sich mit den aktuellen Vorkommnissen: Meine gefühlskalte Tochter. Ich wollte weinen und alles um mich herum vergessen, ohnmächtig werden, irgendwas von meinen Gefühlen ans Tageslicht bringen, doch das ging jetzt nicht mehr. Edward hockte sich neben mich und strich mir über den Rücken. „Nela sie sind Mörder. Sie sind gefühllos, schlachten Menschen ab, richten über uns wie Tiere und sind alles andere als eine ‚Familie’. Sie sind berechnend und leben für den Zweck Macht ausüben zu können. Zu solchen Wesen willst du gehören?“ Edward war sehr geschickt. Er versuchte vorwurfsfrei zu argumentieren und vor allem erst mal abseits von Alec, denn wenn sie ihn liebte und er direkt darauf ansprang, würde sie sofort dicht machen. Ich sah auf, um Nelas Reaktion wahrnehmen zu können. Die Lippen ihres leicht geöffnetem Mundes zitterten, als rang sie mit Worten. Sie rückte schutzsuchend ein Stückchen, so gering und doch so vernehmbar, an Alec heran. „Sieh ihm doch in die Augen, dann weißt du wer er ist“, flüsterte ich für alle in diesem Raum verständlich, „das hat nichts mit einer Verwandlung zu tun“, fügte ich hinzu, denn Nela und ich hatten beide ebenfalls leuchtend rote Augen. Sie wand den Kopf zu Alec und sah ihn mit einem so leidenschaftlichen Blick an, dass ich sie auf einmal verstand. So wie niemand mich damals verstanden hatte, als ich Edward liebte – vorerst nicht mal er selbst. Sie blickte zu uns zurück und es war, als hätte sie Tränen in den Augen (ich ignorierte derweil meine Schmerzen und versuchte die Hand so wenig wie möglich zu bewegen und vor allem sie nicht zu zeigen, denn ich befürchtete, dass sie grün und blau werden würde und auch könnte). „Es ist mir egal“, wisperte sie. „Nela er liebt dich nicht!“, warf ihr Edward mit erhobener fester Stimme an den Kopf, sodass sie zusammen zuckte. Doch ihr Gesichtsausdruck zeigte mir, dass sie keinen Zentimeter von ihrer Meinung über ihn dadurch abrückte. „Nicht eine Gefühlregung, nicht ein bisschen. Er empfindet nichts für sie?“, startete Edward einen neuen Versuch und nun sah ich, wie er, Jasper an. Jener sah ins Leere und schüttelte den Kopf und sagte mit monotonem Klang: „Nein Nela, nicht mal ein Funken positiver Gefühle für dich die über das Hinausgehen, was er kriegt, dadurch, dass du glaubst, dass er dich liebt: Ruhm und Anerkennung. Du kannst deinen Eltern glauben-“ „Eltern?!“, kreischte sie plötzlich, „Welchen Eltern?! Ihnen etwas glauben?? Pah, das sich nicht lache! Ich habe keine Eltern! Nur einen betrügenden Vater und eine selbstherrliche Mutter, aber keine Eltern! Ich habe niemanden gehabt, bis heute! Und das lasse ich mir nicht nehmen!!“, sie umfasste Alecs Hand um einiges fester, „Verschwindet! Verschwindet einfach nur! Ich brauche euch nicht!“ „Da hört ihr es“, mischte Rosalie wieder mit und giggelte vergnüglich, „wollt ihr noch mehr hören?“ Mir verschlug es die Sprache. Es tat so weh, dass alles vom eigenen Kind gesagt zu bekommen. Dieser Schmerz war um einiges schlimmer als gestauchte oder gebrochene Hände. Dieser Schmerz, der mir ins Herz stach, war unheilbar. Ich machte ihr keine Vorwürfe, nein, und doch tat es weh. „Sag mal Nela hast du eigentlich ein Rad ab?“, durchdrang Emmett Stimme unerwartet die Stille. Ich blickte zu Emmett hinter mir, welcher mimisch und gestisch immer noch in derselben Haltung verharrte wie zuvor. Nur seine Lippen hatten sich minimal bewegt. Nela wand den Kopf zu ihm und ihre Augen wurden ein Hauch schmaler. „Deine Eltern lieben dich und haben in den letzten Jahren ein Opfer nach dem anderen für dich gebracht, um dich zu schützen und du trampelst wahllos auf ihnen herum. Du hast eine Familie, die um dich kämpft? Und du nimmst freiwillig die Hölle?“ Keiner rührte sich, keiner sagte etwas. „Ich, Nela, und ich darf mir das alleine zuschreiben, ich wurde betrogen und hintergangen aus niederträchtigsten Motiven, nicht du Nela. Du kannst alles haben, alles, wenn du nur jetzt die richtige und einzig richtige Entscheidung triffst und endlich mit uns nach Hause zurückkehrst. Du willst jemanden Schuld geben? Dann Rosalie. Hätte sie ihr Wissen preisgegeben und nicht gegen uns verwendet, dann hättest du bis heute siebzehn glückliche Jahre mit deiner Mutter zusammen verleben können.“ Ich wollte Emmett danken, ihm um den Hals fallen, ihm zurufen, dass es mir Leid tut, doch ich konnte mich nicht rühren, obgleich mich der beißende Schmerz meiner Hand, den ich zeitweise fast vergessen konnte, nicht daran gehindert hätte. Mein Blick galt Nela. Ihre minimalen Gesichtsausdrücke offenbarten mir alles. In ihr schien ein innerer Konflikt zwischen Gefühl und Verstand, wie sehr ich das kannte, zu toben – und doch entschied sie sich für, in unseren Augen, das Falsche. Sie kniff die Augen zusammen, als würden ihr gleich die Tränen überlaufen, drehte sich zu Alec um und schlang eine Hand, während die andere noch in seiner lag, über seinen Oberkörper in seinen Nacken. Ihre Stirn ruhte an seinem Hals. Alec nahm mit der anderen Hand die ihrige. Sein Gesicht wirkte merkwürdig fahl und ausdruckslos. „Verschwindet“, hauchte Nela. „Ich denke wir brauchen hier keine langen Reden mehr schwingen“, schaltete sich Rosalie wieder ein, „ihr habt es gehört oder? Wie oft wollt ihr es noch hören?“ Sie blickte erwartungsvoll zu uns hinab und ich wusste genau, was sie wollte: Unsere Rückzug. Keiner von uns machte annährend Anstalten alsbald diesen Raum zu verlassen. Rosalie atmete tief und sah zu Jane, welche Alecs Blick auffing. Alec wie Jane wandten den Kopf zu Aro. „Aro?“, fragte beide gleichzeitig. Jane legte die Hand kurz auf Aros. Aro seufzte gekünstelt. „Ja… ja meine lieben, scheinbar geht es nicht anderes…“ Jane wand den Blick zu uns. Die anderen glitten in Angriffsstellung. Zögerlich blieben wir stehen. Wir werden alle sterben!, schrie es in mir, Und mein Kind würde genauso werden wie sie! Blutrünstig ohne Rücksicht auf Verluste! Gleichzeitig überwältigte mich eine innere Ruhe, die nichts mit Jaspers Gabe zutun hatte, denn es war die Gewissheit, dass es zu Ende war und ich nie mehr leiden musste. Nur der Schmerz, dass es meiner Tochter schlecht ergehen würde, brannte in meiner Brust. Meinen eigenen Tod hatte ich mit dem Aufbruch hierhin akzeptiert – und den der anderen egoistisch in Kauf genommen. Vielleicht würde Nela ja glücklich werden, sie scheint Alec wirklich zu lieben. Doch bevor Jane nur mit der Wimper zucken konnte, hörten wir eilige Schritte und alle erstarrten in ihren Mienen und Gestiken. Die Eisentür hinter uns, durch die wir gekommen waren, wurde aufgeschlagen und jemand ging mit festen Schritt hindurch und ein paar Meter in den Raum. Die Tür fiel laut krachend zu. Stille. „Schön dich wieder zu sehen. Aro.“ Elisabeths Stimme hallte im Turmsaal. ----- Die Schwierigkeit bei diesem Kapitel war es, alle Informationen, die den gesamten Plot von Innermost erklären, aufzuführenm, damit keine Situation im nachhinein unverständlich und unlogisch zurück bleibt. Und das alles sinnvoll und strukturiert zu erklären und trotzdem die Charaktere nicht außer acht zu lassen... dafür hab ich jetzt ca. 2 wochen gebraucht (mind.). Entscheidet selbst ob es mir erstes gelungen ist und zweitens wie euch die Auflösung/ Idee gefällt. Freue mich über Kommis :) :-* Kapitel 33: Gekränkter Stolz ---------------------------- *wink* Danke für diese vielen super tollen Kommis !!!! *verbeug* Ich bin beeindruckt ! :) DANKE! Songtipps zum neuen Kapi (Erklärungen nach dem Kap ^^): New Moon - Celica Westbrook http://www.youtube.com/watch?v=sIR_4YEFLQQ Love & Loss - Two Steps From Hell http://www.youtube.com/watch?v=YGvIg0m2_ZI Wieder ein "schweres" Kap. Bin gespannt was ihr sagt ^^ ----- Es war alles völlig konfus. Elisabeth? Was wollte sie hier? Und vor allem: Was wollte sie von Aro? Ich wand den Kopf zu Aro und riss die Augen leicht auf. Alec und Jane standen wie erstarrt da und sogen heftig Luft ein. Doch Aro irritierte mich noch mehr. Erwartungsgemäß hätte er sie mit offenen Armen und seinem schäbigen falschen Lächeln empfangen müssen, doch seine Miene blieb hart und nicht mal seine Mundwinkel zuckten. Was mich aber noch mehr irritierte war das, was ich, abseits von Verwunderung in seinen Augen sah… Was war es? Angst? War es Angst? Nein… „Elisabeth“, glitt es ölig über Aros Lippen. Es war keine Verachtung, die in seinen Worten mitschwang… nur was dann? Elisabeth wand den Blick ab und lächelte mich an. „Bella Liebes, schön dich wieder zu sehen. Obgleich zu so widrigen Bedingungen“, letzteres sagte sie mit einem harten Blick zu Aro, der nicht mal mit der Wimper zuckte. Mein Kopf gab meinen Gedanken so viel Raum, für Sorgen und Gedankengänge, dass ich gleichzeitig daran denken musste, obwohl es nur von kurzer Dauer war, warum ich damals bei ihr war… wenn Edward es mitbekam… wenn Rosalie Elisabeths Gedanken nicht verhüllte oder nicht so schnell verdeckt hatte und Elisabeth, wenn auch nur kurz, an damals, daran, gedacht hatte- „Was tust du hier?!“, polterte Elisabeth plötzlich los, weshalb ich keine Zeit mehr hatte mir darum Gedanken zu machen, „Erst Jane und Alec und jetzt die nächsten? Ganz zu schweigen von den vielen Opfern, die ich nicht mitbekommen habe?! Warum reißt du Familien auseinander?!“ „Du wusste von Jane und Alec?“, fragte Aro neutral, doch ich war mir nicht sicher, denn es klang beabsichtigt und aufgesetzt neutral. Elisabeth schnaubte. „Ich kann eins und eins zusammen zählen“, antwortete sie kühl. Edward regte sich neben mir und sah sie entsetzt an, scheinbar konnte er ihre Gedanken lesen und Rosalie verdeckte diese – noch – nicht. „Elisabeth-“, Edward brach ab und rang mit Worten. Elisabeth lächelte besänftigend in unsere Richtung und sah dann in mein fragendes Gesicht. „Aro ist der Mann der mich in meinem Menschenleben betrogen hat, Bella. Er ist der Mann von dem ich dir erzählt habe und der mich verwandelt hat. Und Jane und Alec noch dazu.“ „Wir wusste nicht, dass du noch lebst, geschweige denn, dass du verwandelt wurdest“, entfuhr es Jane, die viele Blicke mit Alec tauschte. Nela hatte sich aus der Umarmung gelöst und sah stumm von einem Gesicht zum anderen. Auch alle anderen Anwesenden fixierten nun Aro und Elisabeth. „Aro hat meine Schwester Adriana nach der Trennung aus Rache umgebracht, weil ich ihn mit Victoria verlassen habe. Die Kinder meiner Schwester, Jane und Alec, konnte er nicht umbringen, weil sie für ihn scheinbar zu wertvoll waren. Zwei kluge Kinder, nicht wahr?“, spottete sie. „Ich wollte damals keine Kinder töten“, versuchte Aro es, doch niemand in diesem Raum nahm ihm das ernsthaft ab. Es war merkwürdig zu sehen, wie Aro versuchte sich vor Elisabeth zu rechtfertigen und fast kleinlaut wurde. „Du hast nur deinen Vorteil gesehen, nichts anderes Aro, das wissen wir alle hier. Du hast es nicht ertragen, dass eine Frau dich demütigt“, ich nickte innerlich, „demütigen“, das war das richtige Wort, „und verlassen konnte. Wie kannst du nur andere Familien zerstören, obwohl du selbst immer eine Familie haben wolltest? Als du doch nicht so skrupellos warst…“, fragte sie erschüttert. Aro war sprachlos und lächelte nicht. Vielleicht das erste Mal in deinem Leben. „Du hast mir mein geregeltes Leben und Victoria genommen“, murmelte Aro nahezu beschämt. Wieder schnaubte Elisabeth. „Dein geregeltes Leben hast du dir mit dem Betrug an mir selbst zerstört. Und was Victoria betrifft… sie hat deine Lebensweise nach ihrer Verwandlung angenommen und es war ihre freie Entscheidung, ob sie mit dir ziehen will oder nicht. Sie hat es nicht gewollt und James vorgezogen. Es ist deine Schuld“, fügte Elisabeth ruhig hinzu. Das alles musste hunderte von Jahren her sein, kam es mir in den Sinn, so alt wie die Volturi waren… natürlich waren damals noch andere Mann-Frau-Verhältnisse als heute, doch Elisabeth schien sehr freiheitlich gewesen zu sein, wog ich ab. Aro schien es gar nicht zu behagen, dass er vorgeführt wurde. Seine Unsicherheit war fast beängstigend, denn ich wusste nicht wohin sie dieses Gespräch und die ganze Situation führen würden. „Kannst du dieses kleine Mädchen“, sie deutete mit dem Kinn in Nelas Richtung, welche absolut gar nicht folgen konnte (wie auch?), „nicht in Ruhe lassen? Musst du sie entführen und einschließen wie eine Gefangen?“ „Nein, das tue ich nicht!“, wehrte Aro sich verteidigend ab, „Nela Cullen ist völlig freiwillig und auf eigenen Wunsch hier. Sie wurde nicht gezwungen, nicht wahr Rose?“ „Ja, völligstens“, bestätigte sie, doch mir entging nicht, wie sie diese Situation verwirrte. „Schön“, sagte Elisabeth zuckersüß. Sie schritt auf Aro mit gestreckter Hand zu, die Wachen reagierten, doch Aro ließ Elisabeth gewähren. Aro berührte sie und Elisabeth übermittelte ihm in Bruchteilen von Sekunden etwas. Sogleich stand sie wieder dort, wo sie vorher gestanden hatte und wand sich mit dem ganzen Körper zu Alec und Nela. „Nela, ich kann mir einerseits denken, warum du hier bist und andererseits verstehe ich es doch nicht. Deine Mutter und ich hatten vor nicht wenigen Monaten viele gemeinsame Gespräche, die nur deinem Schutz galten“, ich spürte einen Stich, denn das stimmte nicht zu Hundertprozent, es war ein Thema gewesen, „Sie hat sehr unter den Umständen gelitten und bis zum heutigen Tag alles ertragen und die Würdigung dessen ist, dass du dich in die Hände dieser hier gibst?“, sie schweifte mit den Händen umher, „Ich weiß, welchen Reiz die Volturi ausüben, vor allem für jemanden in solchen Situationen wie du. Doch glaube mir, es ist falsch und niemand weiß das besser als ich, denn ich habe es am eigenen Leibe erfahren. Deine richtige Familie kämpft gerade für dich gegen sie. Wenn du jetzt nicht die richtige Entscheidung triffst und es gibt nur eine, wirst du bald genauso sein wie sie. Sieh dich doch um“, forderte sie Nela auf. Ich atmete nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Ich glaubte ohnmächtig zu werden, wenn ich einen Luftzug tätigte. Das Stechen in meiner Hand ließ nicht nach, doch ich nahm keine Notiz mehr daran. Ich konnte mich mittlerweile an körperlichen Schmerz jeglicher Art erschreckend schnell gewöhnen – nur der andere Schmerz verweilte heftiger werdend in mir. Nela sah tatsächlich umher. In jedes einzelne mürbe Gesicht der Volturi und zuletzt in das von Alec. Sehnsucht und Angst lagen in ihrem letzten stummen Blick. „Er liebt dich nicht“, sagte Elisabeth leise und versucht einfühlsam, „deine Mutter und dein Vater, alle Cullens lieben dich. Das was er für dich empfindet ist zweckmäßig und keine wahre Liebe.“ Nela sah mit einem leeren Blick zu Elisabeth und dann wieder zu Alec, dem sie lange und bewegungslos ansah. Nein bitte-, begann ich sie innerlich anzuschreien, doch hielt inne. Nicht... Mein Hörsinn war von jetzt auf gleich verebbt. Ich entging einem Keuchen nur, indem ich die Lippen fest aufeinander presste. Alles hörte sich wie unter eine Glocke an. Leise, hallend. Wie lange… wie lange würde es dauern bis sie es bemerkten? Bis vielleicht meine Augenfarbe sich änderte oder was weiß ich…, klagte ich innerlich verzweifelt. „Schluss jetzt mit dem Theater jetzt!“, fuhr Rosalie dazwischen, „Nela bleibt, sie hat es mehrmals gesagt. Es gibt nichts mehr zu bereden. Entweder ihr geht oder wir vernichten euch. Solltet ihr jedoch noch mal wieder kommen, wird es kein Angebot zur Güte geben“, feixte Rosalie. Aro machte eine Geste mit der Hand und die vielen Wachen zogen ab. Wir standen wie zuvor und sahen zu. Dann erhob sich Markus und die Volturi machten ebenso Anstalten den Raum zu verlassen. „Komm Nela“, knurrte Alec, als Nela wie angewurzelt stehen geblieben war. Er zog sie unwirsch am Arm. „LASS SIE IN RUHE!“, schrie ich und raste auf Alec zu, bevor Edward mich aufhalten konnte (das ging scheinbar noch). Ich rammte Alec halb kraftlos zur Seite, doch bekam gleichzeitig einen heftigen Tritt von Felix in die Magengegend, welcher mich gegen einen runden Pfeiler rauschen ließ. „Bella!“, rief Edward und war sogleich neben mir. Ich keuchte. Mein ganzer Körper brannte vor Schmerz, doch wenn ich wieder völlig menschlich gewesen wäre, hätten mich dieser Tritt und diese Wucht gegen das Gemäuer umgebracht. In mir war alles durcheinander, alles befand sie in einem Übergangsstadium und ich wusste nicht, wie lange dieses wenigstens noch anhielt. Ich sah nickend, dass es mir gut ging, zu Edward auf, und dann an ihm vorbei. „Komm du dumme Göre“, knirschte Rosalie mit den Zähnen und zog an Nela. „Wartet, nein…“, murmelte sie verstört. Alle Cullens waren augenblicklich in Angriffsstellung gegangen, denn sie erkannte wie ich, Nelas zögern, ihr zweifeln. Nur Emmett hatte sich nicht damit begnügt, sondern rannte auf Rosalie zu, langte nach Rosalies Hand an Nela und schrie „Lass deine dreckigen Finger von meiner Nichte- ARGH!“, was in ein Ächzen überging. Janes genugtuendes Giggeln erfüllte den Raum. „Emmett!“, rief Nela und hockte sich zu ihm. „Nela Liebling komm jetzt, lass diese Verräter doch-“, nuschelte Alec halbherzig und zog an ihrem Ärmel. „Nein, nein, nein ich will nicht“, brachte sie stockend über die Lippen und sah zu Alec herauf. „Liebst du mich? Hast du jemals irgendetwas für mich?! JEMALS?!“, kreischte sie nun. Rosalie stellte sich mit Caius vor Alec. Emmett zuckte immer noch am Boden. „Du hast dich bereits entschieden Nela. Du wurdest in diese Familie aufgenommen und hast deine Leibliche verstoßen und das war richtig so. Du hast das richtige getan“, säuselte sie affektiert. Als Nela nicht sofort reagierte und aufstand, riss Rosalie sie hoch und katapultierte Nela auf den Boden in Richtung Tür. Sofort waren Edward und ich auf den Beinen und auch die andere blieben in Position, doch Elisabeths Stimme durchflutete einschneidend den Raum: „ARO!!“ Wie ein Echo hallte es von allen Seiten und lies alle Anwesenden erstarren. „Nela ist freiwillig hier. Sie kann gehen, wenn sie will, nicht wahr?“ Ich beobachtete wie Aros Augen sich weiteten, als Elisabeth ihre Hand hob und ihn scheinbar an das erinnerte, was sie ihm gerade, was auch immer das war, erinnerte. Nebenbei nahm ich war, dass Esme und Carlisle zu Nela geeilt waren, weshalb ich nichts unternahm. Aro und Elisabeth sahen einander mit intensivem Blick an. Niemand wagte einen Atemzug. „Wir gehen“, zischte er leise, wand sich um und schritt voran. Folgsam gingen die anderen hinterher. „Die Kleine kommt mit!“, schrie Rosalie. „Wir gehen!“, entgegnete Aro bestimmt. „Ich habe nicht Jahrzehnte lang Theater gespielt, um diese Missgeburt jetzt gehen und ihren Eltern zu überlassen“, fauchte Rosalie und kauerte sich nieder, während Caius es ihr gleich tat. „Dann ist das dein Kampf, Liebste“, flötete Aro mit einem zuckersüßen Lächeln und verließ den Raum. Niemandem entging der strenge, ehrfürchtige letzte Blick auf Elisabeth. Ehrfurcht? War es Ehrfurcht, dass er die ganze Zeit für sie empfunden hatte? Alle anderen folgten ihm nach. Alec ging mit gerade ausgerichtetem Blick aus dem Raum. Ich sah Nelas gequälten Gesichtsausdruck, während sie ihm mit den Augen hinausfolgte. Rosalie funkelte uns an und fand sich nun in der Unterzahl wieder, was ihrer Motivation keinen Abbruch tat. Doch Caius stellte sich wieder aufrecht hin und sagte leise, aber bestimmt: „Rose es ist vorbei. Wir haben uns…“, ergänzte er murmelnd. Das war nicht Caius’ Art. Er war sonst der erste, der sich angriffslustig bereit machte. Doch scheinbar schien er Rosalie wirklich zu begehren, zumindest körperlich, denn ich glaubte nicht, dass auch nur einer der Volturi etwas wie Zuneigung, Freundschaft oder Liebe empfinden konnte. Rosalie glitt tatsächlich aus der Angriffshaltung, sie stand im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Rücken zur Wand, machte mit finsterem Gesicht auf dem Absatz kehrt und stolzierte Caius hinterher. Kaum hatten wir eine Sekunde aufgeatmet, machte Rosalie eine übermäßig rasche Bewegung, fasste Nela am Hals und schleuderte sie mit einem heftigen Aufprall hoch empor gegen die Wand, an der Nela hinunterrutschte. „Wagt es nicht noch einmal herzukommen, sonst bring’ ich euch alle eigenhändig um“, knurrte sie. Die Tür schlug hinter Rosalie und Caius zu. „Nela!“, schrie ich und war zeitgleich mit den anderen bei ihr. Sie stand wie ferngesteuert auf und ging wie durch uns hindurch auf Elisabeth zu, welche bereits durch die andere Eisentür geschritten und nicht mehr zu sehen war. Schweigend gelangten wir außerhalb der burgartigen Räume der Volturi und schließlich auch von Volterra. Wir beeilten uns, denn die Sonne ging auf. Nela ging hinter uns her, hinter ihr noch Elisabeth, während Carlisle mit Alice, Jasper, Emmett und Esme vorging. Ich wechselte mehrere Blicke mit Edward während Edward meine schmerzende Hand wieder fest umklammert hielt. Es fühlte sich gut an seine Haut zu berühren, doch ich traute mich nicht zu sagen, welche Qualen er mir zufügte und, dass ich mich bereits teilweise zurück verwandelt hatte, denn die Angst, dass die Volturi noch irgendwo in Hörweite waren, überwog. Ich sah ihm an, dass er nicht bei der Sache war. Sein Gesicht war hart und schien hochkonzentriert zu sein. Mir war klar, dass er etwas wusste, was ich nicht wusste oder aber er hatte etwas anderes herausgefunden, und ich ahnte was es sein konnte, denn die Gedanken der Volturi hatte er nicht hören können… Nicht ein Funken Erleichterung machte sich in mir breit, obwohl mein Verstand mich anherrschte mich gut fühlen zu müssen, erleichtert zu sein, doch das war nicht so. Meine Gefühlswelt sendete keine positiven Botschaften. Scheinbar empfand sie kein Anlass. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Ich wagte kein Blick zurück zu Nela. Wir erreichten sehr schnell das Flugzeug, welches Elisabeth dankend mit uns bestieg. Nela setzte sich in eine der wenigen Reihen stumm ans Fenster, während Jasper und Alice das Cockpit ansteuerten. Emmett war bereits außerhalb meiner Sichtweite verschwunden. Sobald ich ein paar Schritte ins Flugzeug gemacht hatte, keuchte ich laut, hielt meine rechte Hand unbewegt und versuchte mit der anderen Edwards Arm ohne Worte weg zu schieben, denn ich glaubte schreien zu müssen, wenn ich meinen Mund öffnen müsste. „Bella! Oh Gott!“, entfuhr es Edward, der endlich verstand. Ich krümmte mich vor Schmerz. Meine Hand war angeschwollen und tiefblau verfärbt. „Warum hast du nichts gesagt? Ich hätte-“ „Ich konnte es dir nicht sagen. Die anderen hätten es mitgekriegt. Ich höre und sehe auch nicht mehr“, sagte ich Kopf schüttelnd. Edward nickte registrierend. Um mich herum standen bereits Carlisle, Esme und Elisabeth. Alice und Jasper hatten das Flugzeug sogleich in die Luft befördert. Umso eher wir hier wegkamen, umso besser. Esme machte das Licht heller und Carlisle legte ganz vorsichtig meine Hand auf seine und tastete sie behutsam ab. Mir war die ganze Aufmerksamkeit, die mir galt, gar nicht recht. Es gab so viel Wichtigeres. Doch ich hatte es nicht zurück halten können. „Setz’ sie mal dorthin Edward“, sagte Carlisle und sogleich half mir Edward auf – nicht ohne mich hart am Rücken anzufassen. Reißender Schmerz prasselte unerklärlich heftig auf mich ein. Edward ließ sofort von mir ab. „Es tut mir leid!“, wisperte fast panisch, „Bella, was-“, er legte meinen Rücken frei. „Carlisle sieh“, sagte Edward nach wenigen Sekunden nüchtern. Carlisle legte meine Hand in Esmes, es kühlte ungemein, während Elisabeth mit einem warmen Lächeln neben Esme hockte, und ging um mich herum. Ich hörte ihn ganz leise, ich war verblüfft, dass ich es überhaupt hatte hören können, stockend Luft einatmen. „Bella dein Rücken ist blau unterlaufen“, teilte Carlisle mir sachlich mit, „und ich kann nicht ausschließen, dass etwas gebrochen ist. Tut dir an einer Stelle etwas besonders weh?“ Ich war überrascht über seine Frage, denn vor Edwards nicht absichtlich so festen Berührung, hatte ich gar nichts gespürt und jetzt auch nicht, was ich ihm auch sagte. Die blauen Flecken konnten unmöglich von Edwards Berührung eben kommen. Mir wurde klar, dass sie aus dem Turmzimmer waren, doch ich spürte keinen Schmerz. „Hm, ich werde mich mal notdürftig um deine Hand kümmern“, sagte Carlisle dann, verschwand kurz und kam mit seinem Arztkoffer wieder. Schweigend verband er mir die Hand so fest und stabilisierend er mit seinen wenigen Mitteln konnte und gab mir ein paar Kühlakkus zusätzlich. Esme und er setzte sich auf die andere Seite der Sitzreihen, während Elisabeth um etwas Ruhe bat und in einen der kleinen Räume im hinteren Teil des Flugzeugs ging. Edward half mir, ganz vorsichtig und sanft, auf. Ich schritt aus dem Vorraum heraus zu den Sitzen und blieb stehen. Nela saß mit dem Rücken zu mir und sah stumm aus dem Fenster. Sie rührte sich kein bisschen. Ich spürte das Verlangen zu ihr zu gehen, sie in den Arm zu nehmen, zu küssen, ihr alles zu erzählen, ihr zu sagen, wie sehr ich sie liebte, alle die Jahre vermisst hatte- Edward streichelte über meine verletzte Hand und lächelte mich zärtlich an. Er hob die Augenbrauen und nickte zu Nela. „Ich traue mich nicht“, formten meine Lippen, welche er las, wortlos. Er strich eine Strähne zurück und ließ sie hinter mein Ohr gleiten. Er öffnete den Mund, doch ich schüttelte eindringlich den Kopf. Schließlich war Nela ein vollständiger Vampir und würde alles, was ich hören konnte, erst recht hören. Edward verstand, lange neben sich auf die Ablage nach Zettel und Stift und schrieb in Windeseile: Sie ist dein Kind und wird es immer sein. Sie liebt dich und das weiß sie auch. Glaub mir. Ich seufzte. Wenn ich ihm doch nur glauben könnte, denn ich wollte es so sehr, doch ich hatte Angst vor ihrer Reaktion. „Na los“, kam es ihm tonlos über die Lippen und schubste mich in Nelas Richtung, welche immer noch bewegungslos wie eingemeißelt da saß. Ich atmete tief ein und aus, fasste mir ein Herz und ging zu ihr. Sie reagierte nicht, als ich mich nervös neben sie setzte. Ich wartete, denn ich wollte nicht schon wieder einen Fehler machen. Ich fand es angemessener, wenn sie die Richtung zuerst vorgab. Ganz langsam wand sie den Kopf, mit gesenktem Haupt, zu mir und blickte mich dann an. Es war elektrisierend ihren Blick wahrzunehmen. Mein Kind, hallte es in mir. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder, da ich nicht wusste was ich sagen und vor allem wie ich beginnen sollte. Nela wand den Blick ab und besah sich ihre Hände, die auf ihren Knien lagen. „Es tut mir leid, dass du all die Jahre belogen werden musstest“, rutschte es mir raus und ich war froh, dass mein Instinkt unbewusst den Anfang gemacht hatte, „es muss schrecklich für dich gewesen sein, nie Antworten bekommen zu haben.“ Meine Stimme wurde zunehmend leiser. „Warst du oft mit Papa zusammen?“, wollte Nela wissen. Sie sah mich nicht an und ihre Stimmfarbe klang belegt. „Nicht sehr oft. Er war meist sehr spät abends bei mir oder wenn du nicht zu Hause warst. Ich habe ihn auch in der Uni getroffen“, blieb ich bei der Wahrheit. Jede Lüge würde sie nicht mehr verkraften. Jede Lüge war unschöner als die Wahrheit selbst. „Warst du immer bei uns, wenn ich in Denali oder mit irgendjemandem weg war?“, fragte sie weiter und verharrte in ihrer abgewandten Position. „Nicht immer nein, weil ich meinem Studium auch nachging, aber sehr oft.“ Ich spürte plötzlich einen undefinierbaren Ruck in der Brust – oder darunter? Ich war mir nicht sicher, ob ich es richtig Orten konnte und ignorierte es, da das Gefühl sogleich wieder nachgab. „Warum hat Rosalie das getan? Hasste sie mich so sehr? War das der Grund weshalb Rosalie mit Emmett immer verreist ist? Weil sie dich nicht leiden konnte wegen mir? Sie ertrug meine Anwesenheit nicht…“ Nelas Tonfall wurde trauriger. Ich ballte die Hände zu Fäusten und senkte den Blick. „Rosalie hat mich gehasst und ist nur mit Emmett verreist, um ihre Fähigkeit zu ihrem Vorteil zu trainieren. Das hat nichts mit dir zu tun Nela.“ Das war die Halbwahrheit, denn Rosalie hatte ihren Unmut über Nela deutlich geäußert, doch dieses rührte von mir her. Wieder dieser drückende, pressende Ruck, bemerkte ich. Dieses Mal etwas oberhalb meiner Brust. Mein Hals kribbelte. „Wie konnte ich mich nur auf ihn und sie“, ich kam zu dem Schluss, dass sie Alec und Rosalie meinte, „einlassen?“, murmelte Nela und vergrub das Gesicht, ihre Ellenbogen waren auf den Oberschenkeln aufgestützt, in den Händen. Ich wollte gerade ihre Schulter mit der Hand berühren und sie besänftigend streicheln, einen zaghaften Annäherungsversuch wagen, als mich der Ruck heftig erwischte und wie an der Brust hochriss. Ich presste die nicht verbundene Hand auf den Mund, nuschelte etwas Unwirsches und rannte suchend zur Toilette, während ich alle Blicke an meinem Rücken heften spürte, und übergab mich. Ich erschrak, als ich sah, dass sich das Klo rot – blutrot – färbte. Ich spie das ganze Blut, welches ich vor Stunden gierig in mich eingeflösst hatte, aus. Ich spürte Edward hinter mir. Er hielt mir die Haare aus dem Gesicht, während ich die Klobrille umklammerte. Der Blutschwall schien nicht enden zu wollen. Mir wurde schlecht, obgleich ich nichts hätte auswürgen können. Ich keuchte und rang nach Luft. Bluttropfe perlten von meinen Lippen ins Klo und machte ein laut und durchdringend wirkendes Tropfgeräusch. Ich nutzte die Gelegenheit um rasch abzuziehen (so viel Blut würde allerdings im ganzen Flugzeug zu riechen sein), verharrte jedoch über der Klobrille. Als nach Minuten der Stille nichts mehr meinem Munde entwich, lange ich tastend nach den Papiertüchern und wischte mir den Mund ab, nachdem ich ihn über dem Waschbecken mehrmals ausgespült hatte. Ich stützte mich kraftlos und der Erschöpfung nahe auf dem Waschbecken ab. „Wie geht’s dir?“, fragte Carlisle, der in der Tür stand, bevor Edward etwas sagen konnte (ich hatte im Spiegel gesehen, dass er im Begriff gewesen war, gleiches oder ähnliches zu fragen). „Bella?“ Ich fuhr hoch, denn es war Nelas Stimme. „Ich bin hier“, würgte ich mit arg dünner Stimme hervor. Sie stand nun auf Zehenspitzen hinter Carlisle und sah an ihm vorbei. Edward und Carlisle sahen mich derweil noch erwartungsvoll an. „Alles okay“, murmelte ich, „das scheint es wohl gewesen zu sein.“ Ich hielt den Arm gegen das runde kleine Fester, aus dem die Sonne schien. Nichts. Edward und Carlisle nickten synchron. Esme war noch hinter Carlisle aufgetaucht. Wir verließen die Toilette und gingen zurück zu den Sitzreihen. „Nela“, sagte Edward sanft, sie wand sich zu ihm um, „es war kein Geburtstag wie du ihn dir vielleicht gewünscht hast und das tut mir sehr leid-“ „-was ja auch meine eigene schuld war“, brummte sie mit gesenktem Blick. „Und eines deiner Geschenke haben wir nicht mal hier“, fuhr Edward ohne darauf einzugehen fort (er meinte unweigerlich das Auto), „aber ich denke, und da werden mir alle zustimmen, wir haben etwas Ruhe und Abstand bitter nötig, womit wir bei deinem zweiten Geschenk wären. Wäre es für dich in Ordnung, wenn wir nicht sofort nach Kanada zurück fliegen?“ Nela blickte einen Hauch verwirrt auf und zuckte dann nickend mit den Schultern, bevor sie sich wieder als Fenster setzte und mit leerem Blick stumm hinaussah. Ich sah ihr bedrückt nach. Edward legte, betont umsichtig, einen Arm um meine Taille und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe. Ich startete keinen weiteren Versuch bei Nela. Mir kam der Rückflug viel länger als der Hinflug vor, was aber auch daran liegen konnte, dass erstens tausend Fragen und Sorgen in meinem Kopf herum kreisten und zweitens, dass ich mich von der Rückverwandlung erholte (Edward sagte, dass sie noch nicht ganz abgeschlossen sein konnte, denn meine Augen waren noch pechschwarz – Blut war ja nicht mehr in mir drin). Auf Edwards Bitte suchte ich Emmett nicht auf. Er würde nicht angemessen reagieren, glaubte er (na ja, sagen wir „wusste“ er). Emmett brauchte jetzt vor allem eines: Zeit. Wie wir alle. ------ Hoffe alles ist verständlich gewesen ;) Bin gespannt was ihr sagt, öhm schreibt :D^^ Zu den Songs: Na ja zu Love & Loss muss ich, denk ich, nicht so viel sagen, aber zu dem anderen Lied, dass ich abgöttisch liebe ^^ Habe es wg. der melancholisch-traurigen Stimmung nach der "Rettung" ausgesucht und wg. "new moon" = Neubeginn, Neuanfang Ich liebe dieses Lied :):):) Kuss Fane :) Kapitel 34: Ankunft in der Ewigkeit ----------------------------------- So. "Ende." Das ist das letzte Kapitel von Innermost abgesehen von dem Epilog (der aber sehr wichtig sein wird, wie bei Infinite, quasi die Einleitung/ der Aufhänger für den dritten Teil "Incomplete" => der "Nachsatz" fehlt noch ^^). Ich hab aber auch noch etwas "Bonusmaterial", sprich Outtakes :) @ Yue-No-Yo Bella verwandelt sich nicht zurück, weil sie, wie damals immer noch ein Vampir werden will und bei ihr ja das gegenteil eintritt, wird aber in dem Kap auch noch mal angesprochen Songtipp(s): Patrick Park: Life is a song http://www.youtube.com/watch?v=tt4REiGB_-w&feature=PlayList&p=70166798703AC309&playnext=1&playnext_from=PL&index=6 Vega 4: Life is beautiful http://www.youtube.com/watch?v=KVrwcG3PV1w&feature=PlayList&p=4D6FC49EEED883A4&playnext=1&playnext_from=PL&index=38 und, ich liebe dieses Instrumental ^^^^^^ Immediate Music: Serena Immortale http://www.youtube.com/watch?v=1HtCquBppTc&feature=PlayList&p=65AB5973A58925CD&playnext=1&playnext_from=PL&index=37 ... und es passt vom titel her auch so super :) Viel Spaß dabei... ^^ ------------------ „Wo landen wir?“, fragte Nela von sich aus nach einer Weile mit einem matten Gesicht. „Sei nicht so neugierig“, sagte Edward lächelnd und zwinkerte ihr zu. Sie presste die Lippen aneinander und sah wieder aus dem Fenster. Ich lag mit dem Kopf auf Edwards Schoß. Mein übriger Körper erstreckte sich über drei umgeklappte Sitze. Ich grinste ihn wissend an. Nela würde Hawaii sicherlich genauso gut gefallen wie mir damals. Edward gluckste leise und schüttelte den Kopf. Ich kniff verwirrt die Augenbrauen zusammen und stütze mich auf. Ich öffnete den Mund, um danach zu fragen, doch Edward wisperte nur: „Nein“, er grinste mich an und fügte schelmisch hinzu: „Planänderung.“ Ich legte mich wieder hin und seufzte. Nicht Hawaii? Typisch. Edward neigte den Kopf zu mir herunter und berührte meine Lippen mit den seinigen. Rasch griff ich nach seinem Gesicht, bevor er es wegziehen konnte, fuhr mit den Fingern durch sein weiches Haar und küsste ihn leidenschaftlich. Plötzlich verharrten seine Lippen und er sah, nur mit den Augen, nach links. Nela saß in derselben Reihe wie wir, nur auf der gegenüberliegenden Seite. Ich folgte seinem Blick und sah gerade noch, wie sie den Kopf rasch von uns wegdrehte. Ich zog die Augenbrauen hoch. Es musste ein komisches Bild für sie sein… eine ungewohnte Situation. Edward grinste und küsste mich wieder. Ich erwiderte ohne zu zögern beides. Nach wenigen Minuten, ich lag immer noch bei Edward, stand Nela auf und stellte sich zögerlich, unglaublich zögerlich eigentlich, wie mir bewusst wurde, vor unsere Sitzreihe. Sie blickte Edward mit zusammengepressten Lippen an. „Fliegen wir nach Hause?“, fragte sie direkt. „Nein“, antwortete Edward schlicht. Nela nickte tief ein und aus atmend und sagte dann, es wirkte als müsse sie ihren ganzen Mut zusammen nehmen: „Bitte, ich möchte zuerst nach Hause. Geht das bitte?“ Ich ließ mir nichts anmerken, aber irgendwie wirkte alles an ihr, ihr Tonfall, ihr Gesichtsausdruck, ihre Haltung, merkwürdig, aufgesetzt und falsch. Edward schien gleichermaßen perplex von ihrem Auftreten und ihrer Bitte zu sein wie ich, denn ich hatte ihn selten mit Worten kämpfen müssen hören. „Ja… ja, ich meine ja, klar, in Ordnung. Wenn dir das so wichtig ist…“ Nela nickte und setzte sich wieder auf die andere Seite. Edward warf mir einen viel sagenden Blick, aus dem ich bestätigt bekam, dass er nicht minder überrascht war wie ich, und ging nach vorne ins Cockpit, nachdem ich mich aufgerichtet hatte. Ich wollte nicht zu viel über alles nachdenken, da ich glaubte, dass sich das mit Nela im Laufe der Zeit ergeben würde, und doch tat ich es trotzdem… Jetzt begann die Zeit auf die ich so lange gewartet hatte und ich durfte es mir mit ihr nun nicht mehr verscherzen. Ich hatte zu viel versäumt und wollte versuchen es teilweise wieder gut zu machen. Als Edward wieder kam und sich gesetzt hatte, deutete ich stumm auf meine Augen bzw. meinen Augapfel und nickte in Nelas Richtung. Edward verstand was ich meinte, zuckte allerdings mit den Schultern. Nela hatte bisher keine großartigen Anzeichen einer Neugeborenen gemacht. Zum Glück? Alice setzte das Flugzeug sanft auf die Landebahn auf und wir verließen das Flugzeug. Wir warteten im Schatten der Maschine. Erst als Edward Nela an Ärmel fasste, als sie dem Fahrzeug, das uns abholen sollte, entgegen lief, verstand ich das ganze Theater: Die Sonne. Es war morgens und die Sonne war in diesen kalten Gefilden längst aufgegangen. Ich hatte keinen Gedanken an die Abnormalitäten eines Vampirs verschwendet – Nela scheinbar auch nicht. Wir stiegen in den verdunkelten Jeep ein und wurden erst von der Landebahn gefahren und dann durch die Tiefgarage nach draußen. Jasper gab dem Fahrer mehrere große Scheine und übernahm das Steuer. Ich warf einen verstohlenen Blick zu Emmett. Er hatte sich den ganzen Flug über zurückgezogen. Elisabeth hatte das ebenfalls getan, doch Emmett ging es richtig dreckig. Elisabeth hatte, als sie kurz vor der Landung zu uns kam, fröhlich gewirkt, sich zum Schluss noch angeregt mit Esme über dies und das unterhalten und sogar das eine oder andere Wort mit Nela gewechselt. Emmett nicht. Ich hatte seine Stimme seit wir bei den Volturi gewesen waren nicht ein einziges mal vernommen (und das lag nicht an meinen menschlichen Ohren). Er saß mit glasigem Blick in der Ecke und wimmelte jede Art von Kontakt ab. Ich neigte verschämt den Kopf herab. Wie durfte ich jetzt Freude auf die kommende Zeit empfinden? Zu Hause. Es war mein wirkliches zu Hause. Jetzt endlich, kam es mir in den Sinn, als Jasper vor dem Haus hielt und wir ausstiegen. Ich seufzte lautlos mit einer ungewollten Nostalgie und ließ die Autotür ins Schloss fallen. Ich blieb vor dem Haus stehen und atmete tief ein, während ich beobachtete, wie meine Familie ins Haus ging, nach und nach das Licht angeschaltet und Türen geöffnet wurden. Edward strich mir über den Arm, lächelte sanft und ging dann hinter Nela auch rein. Er hatte mittlerweile ein gutes Gespür dafür, was ich brauchte und in diesem Augenblick brauchte ich einen kurzen Moment für mich. Ich bemerkte, wie Elisabeth sich neben mich stellte und ebenfalls aufs Haus blickte. Sie schwieg. Ich wand den Kopf zu ihr. „Ich habe mich noch gar nicht bei dir bedankt“, begann ich leise, „Danke. Wirklich. Du hast dein Leben riskiert um meine Familie und mich zu retten. Danke.“ Ich lächelte sanft. „Es tat gut ihn mal wieder zu sehen“, sagte sie mit einem Seufzer in der Stimme, „obwohl ich ihn immer noch verachte. Na ja und Jane und Alec zu sehen…“ Ich nickte mit Blick aufs Haus. „Nun geh schon“, sagte Elisabeth. Ich blickte sie irritiert an. Sie gluckste leise. „Geh zu Nela, du musstest so lange warten, du brauchst jetzt nicht hier bei mir zu stehen-“ „Nein, nein“, unterbrach ich sie rasch. „Können wir später reden? Ich meine… woanders?“ „Sehr gerne Bella. Darf ich eines eurer Autos nehmen? Ich muss ein Bedürfnis befriedigen“, sagte sie und ich erkannte den dunklen Glanz ihrer Augen. „Natürlich. Der Schlüssel steckt“, wies ich hin und ging langsam ins Haus, während hinter mir ein Motor gestartet wurde, dessen Auto sich rasch entfernte. Ich ging ins Wohnzimmer, wo ich die Cullens vorfand. „Ist sie oben?“, fragte ich Edward direkt. Er nickte. Esme und Carlisle hatten sich auf die Couch gesetzt, Alice und Jasper räumten das Chaos auf, welches wir unserer Abreise zurück gelassen hatten – ich erschauderte. Ich machte mir Sorgen. Seit wir die Volturi verlassen hatten, hatte sie kaum ein Wort gesprochen und wirkte in sich gekehrt und verschlossen. „Sie ist total eingeschüchtert, findest du nicht auch?“, offenbarte ich ihm meine Sorgen, bewegte allerdings nur die Lippen. „Soll ich mal mit ihr reden?“, bot Edward an. Ich überlegte kurz und streckte ihm dann meine Hand entgegen. „Komm wir gehen zusammen hoch“, konnte er meinen Lippen ablesen. Er nahm sie breitwillig und wir stiefelten die Treppen gemeinsam hoch. „Ist Emmett draußen?“, wollte ich wissen, bevor wir bei Nela ankamen, denn ich hatte ihn nach der Autofahrt nicht mehr gesehen. „Ja“, antwortete Edward tonlos und öffnete Nelas Tür, nachdem er geklopft hatte und wir kein Wort von drinnen vernehmen konnte. Nela saß gegen die Wand gelehnt neben ihrem Kleiderschrank. Sie hatten den Kopf daran gelehnt und das Gesicht zu einem vom Schmerz verzerrt. In der Hand hielt sie eine CD. Scheinbar war diese CD der Grund gewesen, weshalb sie vorerst nach Hause wollte, überlegte ich. Sie hatte die Lider aufeinander gepresst. Es war als weinte sie ohne Tränen. Die Tränen, ihre Tränen, schossen mir in die Augen und ich hatte Mühe die Haltung zu wahren. Ich wollte nicht, dass sie nun noch litt. Edward zog mich an der Hand zu ihr, nachdem ich nur passiv da gestanden und sie angestarrt hatte, und wir hockten uns vor sie. Edward sah mich erwartungsvoll an. Ich wandte den Kopf zu Nela und öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder. Ich traute mich nicht etwas zu sagen, aus Angst, es könnte falsch und unangemessen sein, und sah Edward bittend an. „Nela Liebes, was ist mit dir?“, fragte er sanft. Nela schluchzte merkwürdig tief (Konnte man als Vampir richtig schluchzen?, ging es mir durch den Kopf), die Augen hielt sie geschlossen. Kaum vernehmbar wisperte sie: „Er hat mich nie geliebt. Es war alles nur gespielt. Er hat mich ausgenutzt.“ Es zerriss mir das Herz, sie so leidend zu sehen und doch blieb ich regungslos neben ihr sitzen. Edward strich ihr mit der Hand eine Haarsträhne hinters Ohr und streichelte ihr über die Wange. Nela legte an ihrer Wange eine Hand auf seine. Nach ein paar Wimpernschlägen öffnete sie die Augen und neigte den Kopf zu Edward. Sie sah mich nicht an. Ihre roten Augen glitzerten gefährlich. Es passte nicht. Es war alles absurd und durcheinander, fand ich. „Hier. Du kannst es dir ansehen“, murmelte sie und deutete auf die CD in ihrer Hand, „da ist alles drauf, was er mir geschrieben hat. Ich konnte-“, sie atmete stockend ein und aus, „ich konnte es nicht löschen, aber ich kann es mir auch nicht mehr ansehen. Du kannst es dir ansehen“, wiederholte sie mit zitternder Stimme und legte Edward die CD in die Hand, die nicht immer noch an ihrer Wange lag. Sie sah Edward kurz innig an und stürzte sich dann in seine Arme, das Gesicht gegen seine Schulter gedrückt. Edward legte sie Arme erst zögerlich, dann fester um sie. Ich fühlte mich wie das dritte Rad am Wagen – überflüssig. Ich senkte den Blick kurz, sah dann jedoch wieder auf, als Edward Nela etwas von sich weg schob und sagte: „Dein Mutter würde gerne mit dir reden.“ Nelas Blick haftete an Edward. „Nicht jetzt“, sagte sie nur, entglitt der Umarmung und stand auf. Sie hatte es zwar nur aufgeschoben, aber ich war ihr nicht so wichtig, als dass- Ich atmete durch. Nein, das durfte ich nicht denken. Es ging ihr einfach schlecht momentan. Ich durfte das nicht persönlich nehmen. „Bist du durstig?“, wollte Edward wissen. Es schwang ein Hauch Verwirrung mit. „Nein. Ich habe meinen Durst schon gestillt gehabt“, erklärte sie, während sie bedacht langsam aus dem Zimmer schritt, „Tierblut“, ihre Stimme stotterte, „er ist sogar meinem Wunsch“, sie japste kurz, „entgegen gekommen und hat selbst-“ Nun rannte sie raus und war nicht mehr in Sichtweite. Ich stand schnell, um ihr hinterher zu laufen, doch Edward hielt mich am Arm fest. „Sie hat noch ‚Lasst mich bitte allein, ich bin bis zum Abend wieder da’ gesagt“, teilte Edward meinen menschlichen Ohren mit. Ich sah geknickt zur Seite. Sie hatte mich gänzlich ignoriert… „Bella-“ „Nein ist schon okay. Sie braucht Zeit. Ist klar, dass sie mir nicht gleich in die Arme fällt und wir beste Freunde sind“, erwiderte ich tonlos, doch mein Herz war sich dessen nicht bewusst. Es fühlte sich verletzt an. Wir gesellten uns zu den Cullens im Wohnzimmer, wo es merkwürdig still war. Stiller als sonst. Emmett war nicht da, Nela ebenso nicht und gleiches galt für Elisabeth. Es war als platzten wir alle vor Redebedarf, doch niemand sagte ein Wort. Niemand wollte ein Gespräch beginnen. Nelas Auto stand noch verpackt in der Garage, die Reise traten wir vorerst nicht an und die Stimmung war bedrückend. Wie konnten wir auch an Alltag geschweige denn feiern, das Wort allein in Gedanken zu hören machte mir Bauchschmerzen, denken? Ich lag in Edwards Armen und horchte unfreiwillig in mich hinein. Es pocherte unter meiner Haut. Ich spürte wie jegliches Vampirische in mir abnahm und versiegte. Edward beugte sich runter und küsste mein Lied. „Braun?“, riet ich. „Ja, so schokobraun, warm, fließend und tiefgehend wie immer“, flüsterte er und strich mit seiner Nasenspitze an meinem Nasenrücken entlang. Wie wir es erwartet hatten. Ich hatte mich wie damals zurückverwandelt, weil sich – tief in meinem Inneren – nichts an meinem Wunsch, ein Vampir zu werden, verändert hatte. „Tja, meine Tochter hat mir jetzt einiges voraus“, seufzte ich sehr leise. Edward schmunzelte. Es war schon irgendwie komisch. Sie war kaum jünger als ich, menschlich gesehen, aber wesentlich stärker und kräftiger. Es war alles irgendwie… bizarr. „Elisabeth kommt wieder“, sagte Edward dann. Ich richtete mich auf der Couch auf und blickte aus dem Fenster. Es dämmerte bereits leicht. Das Auto hielt und Elisabeth war wenige Augenblicke später bei uns. Sie stand in der Tür und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Ohne etwas zu sagen oder mimisch oder gestisch darzustellen setzte sie sich an den Esstisch und wir folgten ihrem Beispiel automatisiert. „Ihr fragt euch sicher, wie ich davon erfahren habe und… wie ich Aro davon überzeugen konnte kein Massaker anzurichten“, begann Elisabeth von sich aus und sah in die Runde. Unsere Blicke verrieten genau diese Fragen. „Durch Bellas Besuch bei mir im letzten Jahr wusste ich von Nelas datierten Verwandlung an ihrem Geburtstag. Ich wollte euch besuchen und Nela kennen lernen. Als ich ankam fand ich nur ein Durcheinander vor und den geknüllten Zettel mit dem Wappen…“, sie hielt kurz inne. „Durch eure Gerüche gelangte ich zu dem kleinen Flughafen. Es war kein Problem ein Flugzeug zu bekommen. Ich ahnte, dass Aro seine Finger im Spiel hatte und nutzte die Gelegenheit – verzeiht mir – um ein klein wenig Vergeltung zu üben und die Situation – verzeiht mir–“, sagte sie wieder, „für meine Zwecke mit zu nutzen. Ich bin zwar nicht mehr verletzt, die Sache ist zu lange her, aber ich konnte nicht dulden, dass er Leben zerstörte, wo er es schon bei dem von Victoria, Jane und Alec, mir und meiner Schwester Adriana getan hatte, geschweige denn von den vielen vielen anderen, von denen ich nichts weiß.“ Ich konnte sie gut verstehen. Elisabeth war eigentlich eine besonnene Person, doch die Impulsivität bei den Volturi hatte gezeigt, wie nahe ihr das letztendlich doch gegangen war. Mit ruhiger Stimme fuhr sie fort, wir lauschten neugierig: „Ich muss zugeben, dass es riskant war, was ich getan habe. Es hätte eure Situation auch verschlimmern können, denn ich habe Aro eine sehr lange Zeit nicht gesehen und durfte eigentlich nicht prinzipiell davon ausgehen, dass er noch derselbe war. Zum Glück oder leider ist er das aber“, sie schnaubte, „Aro hat einen Schwachpunkt-“ „Welchen?“, entglitt es mehreren Mündern, unter anderem auch meinem. Elisabeth lächelte schmal. „Sein Stolz. Aro ist ein unheimlich stolzes Wesen. Es hat ihn sehr gekränkt, dass ich vor so vielen aus dem Nähkästchen geplaudert habe. Er hatte Angst ich könnte mehr sagen und das habe ich ausgenutzt. Allerdings hätte auch das schief gehen können, denn Nela musste mitspielen…“ Elisabeth blickte mich fast entschuldigend an. Ich wollte etwas einwenden, doch sie sprach weiter: „Es waren glückliche Fügungen und ich bin nicht gerade stolz darauf, dass mein Plan auch ganz leicht wie ein Kartenhaus hätte zusammenfallen können und ich es trotzdem probiert habe.“ „Mit Erfolg“, wand ich ein. Elisabeth entgegnete nichts, sondern zuckte nur leicht mit den Schultern. „Dann hast du Aro mit weiteren Details gedroht? Als du zu ihm gegangen bist und ihn berührt hast?“, ging Edward auf etwas anderes ein und kannte die Antwort schon bevor sie es ausgesprochen hatte und nickte zu sich selbst. „Ja. Ich glaubte genug zu haben, um ihn weiter vorführen zu können und scheinbar hat ihm das auch gereicht. Scheinbar war es ihm diese Schmach wert gewesen, Nela und euch laufen zu lassen“, sie machte ein bitteres Gesicht, sah dann jedoch auf. „Aber bitte erzählt mir, was es mit dieser blonden Frau und dem anderen Vampir auf sich hatte…“ Carlisle und Edward fühlten sich eindeutig angesprochen. Sie erzählten. Ich hörte nicht wirklich hin, genau genommen versuchte ich wegzuhören, und hielt Edwards Hand einfach nur in meiner. Durch die Aussprache und Zusammenfassung dessen, was geschehen war, wurde es uns allen bewusst und realer als vorher. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken. „Armer Kerl“, resümierte Elisabeth, als Carlisle schließlich geendet hatte. Ich sah Elisabeth mit einem Drängeln im Blick in die Augen. Es war gespenstisch, wie sie meinen Blick fast zu lesen schien. Sie erhob sich, stellte den Stuhl ran und fragte in meine Richtung: „Möchtest du einen Spaziergang machen?“ Ich nickte knapp und folgte ihr raus. Wir liefen ein ganzes Stück, bis Elisabeth meinte, dass wir für Vampirohren weit genug weg waren (bis dahin hatte ich mich gefragt, ob sie nachdachte oder wollte, dass ich begann). „Ich fühle mich total hilflos“, sagte ich, als sie mich erwartungsvoll ansah und mir damit bedeutete, mein Herz auszuschütten. „Ich möchte so gern auf sie zu gehen, aber ich traue mich nicht, weil ich sie in ihrem jetzigen Zustand nicht verletzten will, aber wenn ich ihr jetzt nicht näher kommen glaubt sie vielleicht, dass ich kein Interesse habe-“, sprudelte es aus mir heraus. „Bella, Bella, stopp“, fiel mir Elisabeth rasch ins Wort, „du setzt viel zu hohe Ansprüche an eure Beziehung. Du darfst nicht zu viel erwarten. Sie kriegt eine Mutter vorgesetzt, verzeih meinen Ausdruck“, wand sie ein, „und hat eben erst erfahren, dass ihre erste große Liebe nur mit ihr gespielt hat. Sie kann sich jetzt erst mal nicht auf dich einlassen, weil sie kein Vertrauen zu jemand neuem schöpfen will und vielleicht auch momentan gar nicht kann.“ Ich nickte mit gesenktem Blick, während wir sehr langsam, fast Fuß an Fuß, über das Dickicht liefen. Das Unterholz knirschte geräuschvoll unter meinem Gewicht. „Ich weiß nicht wie ich es machen soll, ohne etwas falsch zu machen. Ich weiß gar nicht, was ich zu ihr sagen soll… sie hat mich total ignoriert…“, setzte ich mit schwacher Stimme hinzu. „Hör’ auf dein Herz. Du bist ihre Mutter und hast bislang keinen Fehler gemacht, glaub mir. Das versteht sie vielleicht jetzt noch nicht, aber wenn sie erst einmal ihre Trauer überwunden hat, wird sie sich ganz dir öffnen können. Ich bin mir sicher. Sie hat dich sehr vermisst, glaub mir“, versuchte sie mich zu ermutigen und strich mit der Hand über meinen Rücken. Ein ganz anderer Gedanken geisterte seid Beginn dieses Gesprächs in meinem Hinterkopf herum. Die Sterilisation bzw. das Rückgängigmachen dessen. Hatte sie daran gedacht? Wusste Edward das? Konnte ich sie darauf ansprechen, dass ich nur deswegen versucht hatte Medizin zu studieren? Ich sah sie von der Seite an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann wieder und besann mich eines Besseren. „Wir haben nur über mich geredet“, ich hob die Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln, „wie geht es dir? Wie kommst du mit allem klar? Ich meine-“ Elisabeth schnaubte belustigt auf und sah gerade aus, weshalb ich abbrach. „Ich weiß nicht, ob Edward es in meinen Gedanken gesehen hat, denn ich habe leider das ein oder andere Mal unabsichtlich daran denken müssen. Es tut mir leid, ich bin nicht sonderlich geübt darin.“ Sie lächelte entschuldigen zu mir herab. „Wo- Woher-“, formten meine Lippen stotternd, während ich sie fragend ansah. Elisabeth kicherte verhalten. „Manchmal, liebe Bella, sagen deine Augen mehr als deine Lippen.“ Nein, man konnte ihr nichts vormachen, ich zumindest nicht. (War Empathie vielleicht eine weitere Gabe von ihr?, fragte ich mich kurz.) „Dann weiß er es also“, resümierte ich niedergeschlagen. Das sollte er nicht wissen... nicht jetzt, nein gerade nicht jetzt und eigentlich gar nicht… vorerst nicht… „Nein, ich weiß es nicht. In dem ganzen Durcheinander kann er auch vielleicht nicht darauf geachtet haben“, wand Elisabeth ein. „Hmmm“, machte ich nachdenklich. Ich hoffte einfach darauf. „Komm wir gehen zurück“, schlug sie vor, nachdem wir eine Weile lang noch schweigend im stillen Wald herumgelaufen waren, „es wird dunkel. Hast du etwas dagegen wenn ich dich trage?“ Ich grinste unfreiwillig und ließ mich von ihr hochheben. Elisabeth setzte mich vor dem Haus ab, sodass wir zusammen das Haus und dann das Wohnzimmer betraten. „Ist Nela noch nicht zurück?“, fragte ich prompt in Edwards Richtung, welcher auf mich zu kaum und mir einen Kuss auf die Lippen drückte. „Carmen hat angerufen, obwohl Alice es schon gesehen hatte, Nela ist zu ihnen gelaufen. Esme hat mir ihr telefoniert. Es geht Nela soweit gut. Sie hat bislang nicht viel gesagt und um etwas Ruhe gebeten“, erzählte mir Edward ohne Umschweife. „Sie ist den ganzen Weg- ach ja“, unterbrach ich mich selbst. Ach ja, meine Tochter… ein Vampir. „Bist du auch der Meinung sie alsbald dort zu besuchen?“, holte Edward meine Meinung ein. „Ja“, stimmte ich zu, „aber besser du alleine. Mich will sie bestimmt nicht sehen-“ „Ach Bella“, Edward drückte mich an sich und küsste mich aufs Haar, „natürlich wird sich dich sehen wollen, auch wenn sie es nicht zeigt oder zeigen kann.“ „Hm“, machte ich nur. Ich wollte ihr meine Gegenwart nicht künstlich aufdrücken. Edward grinste. „Das kann ja nichts werde mit euch.“ „Ist Emmett aufgetaucht?“, erkundige ich mich und überging seine Anspielung, denn im Wohnzimmer waren nur Esme und Carlisle. „Suchen Alice und Jasper ihn?“ „Nein, sie sind jagen. Es hat keinen Sinn nach Emmett zu suchen. Wir müssen ihn jetzt in Ruhe lassen-“ „Aber er braucht uns doch!“, entgegnete ich einen Hauch zu energisch. „Er frisst doch alles in sich rein“, sagte ich und doch wusste, dass ich es genauso getan hätte. Edward beugte sich zu mir runter und legte an meine Schulteraußenseiten jeweils eine seiner großen starken Hände. „Bella, Nela braucht uns jetzt erstmal. Emmett schafft das alleine und muss das auch alleine schaffen. Er wird auch nichts anderes zulassen. Nela kann das viel schlechter verarbeiten als er, obwohl das nicht heißt, dass es weniger schlimm für ihn ist. Bitte denk nicht, dass ich egoistisch bin und nur an uns denke, aber das letzte was Emmett jetzt braucht ist aufgezwungenes Mitleid, dessen sind wir uns alle einig.“ Er nickte in Esmes und Carlisles Richtung. „Was er erlebt hat ist schrecklich und doch würden unsere Worte nichts nützen. Durch unser Mitleid würde Emmett sich nur noch angegriffener fühlen“, argumentierte er wie immer ohne doppelten Boden. „Wann willst du los?“, resignierte ich. „Wir“, verbesserte er mich, obgleich ich diese Wortwahl nicht beabsichtigt hatte, da er das wusste, grinste er. „Ich denke wir sollten morgen früh aufbrechen. Dann kannst du schlafen und ich kann ein paar Sachen aus Edmonton holen, was hältst du davon?“ Bei dem Wort „schlafen“ war ich abgelenkt worden. Ich fühlte mich merkwürdig. Wie nichts Halbes und nichts Ganzes. Konnte ich schlafen? War ich bereits wieder ein verletzlicher Mensch? Meine Hand war gut verheilt und wieder sehr beweglich, doch das war früher auch so gewesen: Meine Haut war zwar verletzbar, hatte aber ein paar vampirische Heilungsprozesse behalten. „Woran denkst du?“, wollte Edward wissen. Ich bemerkte erst jetzt, dass er meinen Gesichtsausdruck die ganze Zeit beobachtet hatte. „Ich schau mal ob ich schlafen kann…“, sagte ich lediglich und insgeheim hoffte ich, dass ich es nicht konnte – ich wollte nicht schwach sein… und schlafen empfand ich eindeutlich als solches. Schlaf machte mich unterlegen und verletzlich. Edward stieg noch kurz zu mir ins Bett, bevor er sich auf den Weg machte. Ich wusste gar nicht, warum mich das Thema „Schlafen“ so sehr beschäftigte, auch vor dem Einschlafen noch. Ich glaubte im Nachhinein, dass es mich nur noch mehr daran erinnerte, wie schwierig es mit Nela werden würde, wenn wir so unterschiedlich waren, wenn die Rahmenbedingungen von vornherein nicht harmonierten. Als ich aufstand, sah ich bereits viele Kisten in unserem Schlafzimmer liegen. Ich ging zur ersten und sah einige Bücher darin liegen. In der Nächsten waren meine vielen kleineren Kisten mit den Unimaterialien. Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Schlagartig wühlte ich darin herum und stellte erleichtert fest, dass es nur die unteren Kisten im Regal in Edmonton gewesen waren. Nicht die oberen – wo das Skript lag. Daran hatte ich nicht gedacht und ich seufzte erleichtert auf. Ich wollte gerade aus dem Zimmer gehen, um mich waschen und umziehen zu gehen, als mein Blick auf eine Kiste neben der Tür fiel. Oben auf lagen die Tagebücher, sowohl das Schwarze, als auch das Goldene. Schwach lächelnd hob ich sie heraus und blätterte durch. Ich erinnerte mich an jede Zeile genau, als wäre es gestern gewesen und als hätte ich die Situation, in der ich die Zeile verfasst hatte, eben erst erlebt. Ich atmete tief ein und aus und schritt zu dem schmalen Bücherregal. Ich nahm die Hälfte der Bücher heraus, stellte die beiden Tagebücher quer an die Wand und die anderen Bücher davor. Das war alles Geschichte. Wir verabschiedeten uns von Elisabeth, die sich wieder nach ihrem gewohnten Umfeld sehnte, nicht aber, ohne uns zu versprechen in Kontakt zu bleiben. Ich war ihr immer noch unendlich dankbar – für so vieles. „Hat Esme oder jemand anderes noch mal mit den Denalis telefoniert?“, fragte ich nach, als wir in Edwards Volvo saßen und bereits einige Kilometer zurückgelegt hatten. „Carmen hat vorhin kurz angerufen und nachgefragt, wann wir kämen. Tanya wollte nicht unbedingt zugegen sein“, schob er den Grund nach, „allerdings ist Eleazar auch nicht da, irgendwo zu Besuch.“ „Was wollen wir ihr eigentlich sagen?“, wechselte ich das Thema. Natürlich meinte ich Nela. „Was würdest du ihr sagen wollen?“, drehte Edward meine Frage um. Ich zuckte mit den Schultern und sah aus dem Fenster. Meine Augen verfolgten die Bäume, die dich am Fahrbahnrand standen. Ich wusste nicht viel über sie und „Hast du dir eigentlich mal die CD von ihr angesehen?“, fragte ich betont beiläufig, während mein Blick immer noch der Umgebung außerhalb des Autos galt. „Ja habe ich. Du kannst es dir auch ansehen.“ Er machte eine Bewegung, die ich nur im Augenwinkel sah, mich aber neugierig machte. Ich wandte mich um und sah, dass er mit der Hand nach hinten langte und den Laptop von dem Sitz hinter mir nahm. Er legte ihn mir auf den Schoß. „Sie hat es dir erlaubt“, erinnerte ich ihn und schob den Laptop symbolisch ein wenig von mir weg. „Bella.“ Edward verdrehte die Augen, doch ich nahm so etwas sehr ernst. Sie hatte Edward angesprochen – nicht mich. „Warum hast du den überhaupt mit?“, lenkte ich ab. „Na ja, ich war mir nicht sicher, ob wir das nicht vielleicht gebrauchen können, wenn wir mit ihr reden. Vielleicht wäre es gut, wenn sie nicht vor dem wegläuft, sondern-“ Ich seufzte ein wenig zu laut, sodass Edward abbrach und mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. „Das wird sie nicht wollen“, sagte ich, während ich den Laptop stur auf die Rückbank zurücklegte. „Steht was… besonderes drin?“, fragte ich trotzdem. „Na ja, Rosalie hatte in diesem Punkt recht. Sie hat das bekommen, was sie gesucht hat: Bestätigung und Aufmerksamkeit. Sie war ein leichtes Opfer für ihn“, meinte Edward leise. „Ich mache ihr nicht den geringsten Vorwurf“, murmelte ich und blickte hinab auf meine Hände. „Das war mir klar“, sagte Edward ebenso leise nach ein paar Atemzüge. Ich spürte das Grinsen in seiner Stimme und konnte es nicht länger verkneifen. Wir kamen gegen Abend in Denali an, eine Strecke dauerte selbst bei Edwards Tempo einen halben Tag und wurden prompt von Carmen und Kate empfangen. Sie entschuldigten sich auch sofort für Tanya und Irina, die nicht da wären. Warum, war mir mehr als einleuchtend: Tanya… na ja, es war nur verständlich. Irina hatte eigentlich nichts gegen mich oder Nela oder uns überhaupt, zumindest hatte Edward mir das gesagt, aber sie hatte eine enge Beziehung zu Tanya und unterstütze sie in allem, weshalb sie vermutlich auch nun zu ihr hielt und mit ihr für kurze Zeit wegging. Eleazar besuchte einen Freund im Süden, war aber, als er hörte, was geschehen war, sofort dort abreist. „Nela ist ganz hinten durch im Wohnzimmer. In der runden Essecke.“ „Danke Carmen“, sagte ich zu beiden, „für immer und für alles.“ Sie nickte. „Gerne“, formten ihre Lippen. „Bella ich denke, dass es an der Zeit ist, dass du dich mit Nela von Grund auf aussprichst“, sagte Edward zu mir, als wir an der Tür zum Wohnzimmer angekommen waren. Ich wusste was das übersetzt hieß: Ich sollte alleine gehen. Ich nickte tief einatmend. „Du schaffst das, ihr schafft das beide, glaube mir.“ Er machte einen Schritt auf mich zu und küsste meine Stirn. Sein Lächeln war ermunternd, doch ich hatte trotzdem Angst. Langsam, wie auf dem Weg zum Henker (welch absurder Vergleich, seufzte ich innerlich), schritt ich das lange Wohnzimmer hindurch. Nela saß mit angezogenen Beinen auf der sehr niedrigen Fensterbank und blickte hinaus in die trübe Dunkelheit. Ich ging zu ihr und war einen kurzen Augenblick ratlos, was ich tun sollte, doch dann setzte ich mich neben ihre Füße, ebenso auf den kleinen Vorsprung, und blickte durch die breite Glasfront. Verstohlen sah ich im Augenwinkel zu Nela hinüber und konnte es mir nicht verkneifen sie ausgiebig zu mustern und „mein Kind… meine Tochter“ zu denken. Ich traute mich nicht etwas zu sagen. Wie vorhin auch, doch das konnte nicht so weiter gehen. Irgendjemand würde den Anfang machen und das würde ich sein. „Nela, ich würde gerne mit dir reden. Über alles was in den letzten Tagen geschehen ist und was du erfahren hast“, begann ich. Nela wand ganz langsam den Kopf zu mir und sagte, mit kaum einer Lippenbewegung, aber umso mehr Wehmut darin: „Warum hast du dich nie gemeldet? Warum hast zugelassen, dass ich bis jetzt nichts von dir wusste?“ „Nela ich durfte nicht zu dir. Wir wussten nicht, dass du dich vor dem gestrigen Tag nicht hättest verwandeln können und sind von mir ausgegangen. Wir haben von mir auf dich geschlossen, was ein Fehler war… aber wir ich hatten Angst. Ich hatte Angst um dich“, sagte ich nachdrücklich. „Erzähl mir alles bitte. Erzähl mir alles von Anfang an. So viel du willst, ich werde keine Fragen stellen.“ Mit in die Ferne gerichteten Blick schwieg sie von dort an und lauschte nur meinem endlos erscheinenden Bericht. Ich versuchte nichts auszulassen, zu beschönigen oder zu verfälschen. Ich berichtete ihr ausnahmslos alles – abgesehen von meiner zermürbten, geschädigten Seele. Das brauchte sie nicht zu wissen, fand ich. Sie sah mich mit einem tiefer gehenden Gesichtsausdruck an, als ich geendet hatte. „Das war ziemlich schlimm für dich, oder?“, fragte sie leise. Ja. Es war schlimm. Es war teilweise die Hölle. Vor allem am Anfang. Aber ja, eigentlich die kompletten siebzehn Jahre waren eine Zeit mit wenigen Lichtblicken. „Nein. Es war gut zu wissen, dass es dir gut ging und dass du lebtest“, entgegnete ich wider meinen vorherigen ersten Reaktionen. Denn jetzt wo die Jahre vorbei waren konnte ich nicht mehr so finster daran zurück denken, je länger ich zurückblickte, da es bereits durchlebt war. Ich hatte keinen Tag, den ich nicht bei Nela war, bereut. Im Nachhinein sah man ja oft vieles anders und jetzt denke ich, dass es sich gelohnt hatte und es die richtige Entscheidung war, obgleich unnötig, wenn ich an Rosalies- Nein, daran durfte ich denken. Ich hatte die Informationen nicht gehabt und vor diesem Hintergrund, war es richtig gewesen. Wenn ich die Jahre Revue passieren ließ, erschienen mir die schwarzen Stunden auch irgendwie nichtiger, da ich an die schönen Erlebnisse dachte und mich an sie mehr erinnerte. Doch ich schränkte mein konsequentes „Nein“ etwas ein: „Es war genauso schlimm für dich. Es tut mir leid. Wenn ich gewusst hätte, dass dir nie Gefahr gedroht hätte, dann hätte ich niemals so ein Lügengebäude um dich aufgebaut.“ Mir schossen die Tränen in die Augen. Ich versuchte zu widerstehen. Es musste ihr so schlecht ergangen sein… so schlecht, dass sie leichtsinnig wurde – äußerst leichtsinnig – und sie sich Alec hingab. Ich hatte sie genau genommen da erst reingetrieben- „Es tut mir leid, dass ich so undankbar war und auch noch mit Rosalie mitgegangen bin“, sagte sie einem Zittern in der Stimme und solch einschneidender Melancholie, wie sie nur ein Vampir aufbringen konnte, dass ich fast zusammen gezuckt wäre. Mein erster Impuls war es, ihre Hand zu nehmen, über ihre Wange zu streicheln, sie in den Arm zu nehmen und nie wieder los zu lassen – doch ich tat es nicht. Sie tat es. Sie legte beide Arme um meinen Hals. Ich spürte wie vorsichtig sie war. Wie zaghaft, als wäre ich eine Porzellanpuppe. Die Tränen perlten von meinen Wimpern ab. „Es wird alles gut“, flüsterte ich mit stockender Stimme und schloss die Augen, um den innigen – ersten – Moment mit meinem Kind genießen zu können. „Ja, bestimmt… Mama.“ Ich war da angekommen, wo ich hingehörte. Wo wir alle hingehörten. Edward, Nela und ich. Doch ankommen hieß auch, dass ein weiter Weg vor uns lag. Es hieß, dass wir alle am Anfang waren – und der Weg hieß Ewigkeit. -------------------- *verbeug* Vielen Dank für die Kommis, den Support, euer Interesse und die ENS' ab und zu. Bin total gespannt, was ihr zu diesem Kapitel sagt... schreibt :) kuss fane :):) noch was: Was sagt ihr zu diesem PHÄNOMENALEN cover!??!?!?! Ich finde es super!!!! Es passt total gut, findet ihr nicht auch?? thx tokam Kapitel 35: Outtakes/ Specials ------------------------------ Soooo und die versprochenen "Outtakes" hinterher ^^ Zuvor: Ich hab auch mal ein paar Seiten aus meinem "Notizbuch Innermost" gescannt. Da trage ich alle Ideen, Dialoge etc. ein, die dann hinterher vllt. in den FF kommen und so sieht das Buch von außen aus: http://img705.imageshack.us/img705/985/notizbuchinnm1.jpg Zwischendurch habe ich auch Seiten von innen gepostet ^^ ................................ 1. Nach der Ankunft in Kanada. Bella weint. „Na meine schönen Lieblingsfrauen“, grinste Edward und nahm uns beide in den Arm. „Sie ist eine Heulsuse“, sagte er zu Nela und nickte zu mir. „Hör auf, erzähl ich gefälligst nur gutes über mich“, grinste ich und streckte ihm die Zunge raus. passte leider von der Stimmung her nicht in den ff ^^ .................................. Bella will 2 Karten für ein Konzert von Hr. Hutton haben, er stellt jedoch Bedingung… es ginge seinen Kollegen nicht um Geld… Ich habe an dieser Stelle zwei mögliche Handlungsstränge gemacht. Entweder den, der jetzt auch wirklich in Innermost ist, oder den kommenden. Bei dem zweiten wäre das so abgelaufen, dass Mr. Hutton ein Volturi-Spitzel ist und mit Rose zusammenarbeitet und alles viel früher, nach Paris, eskaliert. Ich entschied mich jedoch dagegen, weil ich weihnachten und das mit juli noch schreiben wollte und das "datum" der verwandlung, den geburtstag, letztlich auch erhalten wollte. Die kommenden zeilen ist die andere version des gespräches, wie es auch hätte verlaufen können Hier sind auch Notizen in meinem Notizbuch dazu, die ich dann aber, weil ich sie verworfen habe, durchgestrichen habe. http://img706.imageshack.us/img706/8828/notizbuchinnm4.jpg Ich wartete, doch er verharrte in seiner auf den Bürostuhl abgestützten Hände. Ich schluckte und redete weiter: „Worum geht es dann?“ „Ein nettes Abendessen, ein Theaterbesuch, einen schönen Abend… danach…“ Sein Gesicht war ernst und erwartungsvoll. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. „Gut, dann kommt das für mich nicht in Frage“, sagte ich trocken und langte nach dem Flyer, doch mit einer schnellen Bewegung hielt er den Flyer fest. „Warten Sie. Ich habe zwei Karten“, er sah mir direkt in die Augen, dass mir ein Schauer über den Nacken lief, ich traute ihm nicht, „die ich nicht brauche.“ „Und was wollen Sie dafür?“, fragte ich misstrauisch. Er richtete sich zeitlupenartig auf und fixierte mich lange, dann wand er mir den Rücken zu. „Kennen sie meine Nichte Leni Cenedy?“ Ich zog unwillkürlich Luft ein und spürte ein Gefühl, wie ein Schlag in die Magengrube. „Ja“, krächzte ich mit schlagartig trockenem Hals. „Leni ist mit meiner Schwester und Familie jetzt nach Frankreich gezogen und sie hat Sie oft erwähnt, nicht in besten Tönen muss ich hinzufügen“, meine Lippen waren trocken und ich hatte Mühe meinen Atem unter Kontrolle zu kriegen, „ich finde es bemerkenswert wie jemand bereits viele Semester studieren konnte und trotzdem noch so jung aussieht. Aber Pässe fälschen wird ja heutzutage immer einfacher…“, fügte er gemurmelt hinzu. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wünschte mir jetzt Carlisle her oder Alice oder irgendwen, der die Sache sachlich schlichten konnte. Wie kam ich da raus? Er wusste zu viel… „Was wollen sie?“, versuchte ich es neutral raus zu bringen und überging das vorherige. „Ich habe schon einmal so welche wie sie erlebt, aber keine Sorge, ich habe keine bösen Absichten nur eine Bitte.“ Er machte eine Pause. „Können Sie das hier an die darauf stehende Adresse in Paris einwerfen?“ Er schob einen Umschlag auf dem Schreibtisch näher zu mir. Ich runzelte die Stirn. „Wollen Sie mich in krumme Geschäfte verwickeln?“ Mr. Hutton lächelte schmal und legte zwei, schwer nach Konzertkarten aussehende, kleine Zettel darauf. „Würde Sie ihre Geschäfte als krumm bezeichnen?“ Ich kniff die Augen misstrauisch zu und nahm nach kurzem Zögern beides an mich. „Gut“, er wartete, doch als ich nichts sagte und mich auch nicht rührte, nickte er, „richten sie Mr. Cullen schöne Grüße aus.“ Edward? Was- Erst jetzt fiel mir ein, dass Carlisle ja hier arbeitet und ich unterdrückte ein Schaudern. Ich nickte und schritt langsam heraus, um, sobald die Tür geschlossen war, zu rennen. Was war das denn?, schoss es mir durch den Kopf, als ich die Geldtüten sorgfältig in das Handschuhfach zurück legte. Als hätte er auf mich gewartet, als wäre das beabsichtigt gewesen… aber… wieso sollte es? Zufall. Er hätte jeden anderen auch beauftragen lassen können. Er würde wohl genug Geld haben, jemanden extra dafür nach Paris fliegen zu lassen. Aber immerhin hab ich die Karten, dachte ich und betrachtete die Karten. Ich würde den Umschlag einfach einwerfen und gut, da war ja nichts bei. Vielleicht sollte Edward davon nichts wissen… na ja zumindest nicht bevor wir im Konzert waren, Edward würde sonst vorzeitig von den Karten erfahren. Ich tastete den DIN A4 großen Umschlag ab. Es schien sich nur Papier darin zu befinden. Nichts Aufregendes. Ich hielt ihn ins Licht, konnte aber keine Schrift erkennen. Wie auch immer… ich stopfte den Umschlag in meine Tasche und fuhr schnell zurück zur Uni, damit Edward keinen Verdacht schöpfte. ......................... Wenn Nela nicht darum gebeten hätte, zuerst nach Hause zu fahren: Ursprünglich sollten die Cullens direkt in den Urlaub fliegen. Habe mich dann aber umentschieden, weil ich fand, dass sie zu Hause die Zeit erst einemal "aufarbeiten" sollten. Die "XX"e sind beabsichtigt, da ich euch den ort ja nicht verraten will, schließlich fahren die da noch hin ^^ Elisabeth war am Flughafen in ein anderes Flugzeug umgestiegen. Sie entschuldigte sich mehrmals bei mir, dass sie nicht blieb und wir miteinander reden konnten, doch sie musste das alles erst einmal verarbeiten. Im gleichen Atemzug hatte sie mich herzlich und jederzeit zu sich nach Forks eingeladen. „Wir setzten euch nachher ab oder? Ihr kommt nach?“, vergewisserte sich Esme, als Alice auf das Flugzeug sanft auf der Landebahn aufgesetzt hatte und das Flugzeug verließen. „Ja“, antwortete Edward nur. Wie Esme vorhin gesagt hatte, setzte sie uns an einer Straße ab. Ich blickte zum Himmel. Bewölkt. Nach gerade einmal einer guten Stunde Fahrt. Ich war mir sicher, dass das alles beabsichtigt war (Alice, dachte ich Augen verdrehend). „Verrätst du uns jetzt wo wir sind?“, wollte ich wissen. „Jetzt gerade in XX und vorhin in XX. Dementsprechend XX“, erklärte Edward nüchtern und Nela und ich rissen beide bei offenem Munde die Augen auf. Edward lachte, legte einen Arm um Nela und einen um mich und lief die Straße entlang. Es war wie ausgestorben. Keine Menschenseele, obgleich die Straße auch nur eine paar Hände voll Häuser rechts und links besaß (ich war mir sicher, dass das nicht die Innenstadt von XX war, wenn man das so nennen konnte). Und um eines war ich mir auch sicher: Er hatte das alles ganz bewusst so geplant, damit Nela nicht in Kontakt mit Menschen kam. Sie hatte bisher kein Durst gezeigt, doch ihre Augen waren rot und sie würde mit Sicherheit schnell in Versuchung geraten. Wie er das geschafft hatte, dass niemand zu gegen war, wusste ich allerdings nicht. Ließ sich im Nachhinein allerdings schnell klären. Wir blieben vor einem Geschäft stehen, vor dessen Eingangstür ein großes Plakat rankte. Mein gebrochenes Spanisch aus der Schule reichte um zu verstehen, dass irgendwo anders, vielleicht sogar in Stadtmitte, ein Fest gefeiert wurde. Und es stand irgendetwas von einem Heiligen dort. Ich seufzte, als Edward meinen musternden Blick bemerkte. Edward wand sich nach links um, ich tat es ihm gleich und entdeckte Nela mit großen Augen vor der Fensterscheibe stehen. Erst jetzt registrierte ich vor was für einem Geschäft standen: Eigentlich kommt da noch etwas, aber diese Szene wird in Edmonton in Incomplete vorkommen und daher kann ich sie leider noch nicht posten ^^ ................................... Das ist eine Seite "Struktur". Hier bekommt ihr mal einen Einblick wie ich das mit den Tagen und dem Datum mache ohne durcheinander zu kommen. Ich überlasse nichts dem Zufall und so komme ich auch nicht durcheinander ;) es soll ja authentisch wirken nicht wahr ;) http://img704.imageshack.us/img704/4052/notizbuchinnm5.jpg .................................... Zwei weitere Seiten aus meinem Notizbuch: http://img705.imageshack.us/img705/1377/notizbuchinnm6.jpg]Notizbuch Seite 1 http://img21.imageshack.us/img21/555/notizbuchinnm7.jpg]Notizbuch Seite 2 => Das mit den Entfernung und der Zeitverschiebung, vor allem bei Flügen (!) is immer am nervigsten -.- ^^ ------------- So^^ ich hoffe ihr mochtet das bisschen Extra-Material und den kleinen Einblick in mein Heiligtum *räusper* Notizbuch :wolke7: ;D:D^^ Bis(s) zum dritten Teil ^^ kuss fane Epilog: Epilog -------------- Mein vorgezogenes Nikolaus-Geschenk für euch: Das letzte Kapitel von Innermost ! Kurz-Info zum dritten Teil: Ich schreibe am vierten Kapitel von "Incomplete". Ich denke das erste Kapitel werde ich Anfang nächsten Jahres posten, je nachdem. Musiktipp für den Epilog: Within Temptation - Utopia http://www.youtube.com/watch?v=oEIvlihb2Ms ----- Edward und ich fuhren noch in derselben Nacht zurück nach Hinton. Nela wollte nicht gleich zurück. Alles würde sie an ihn- daran- an alles- erinnern, hatte sie gestottert (ich musste gedanklich kurz durchatmen) und wir hatten sie nicht weiter bedrängt. Edward war es gar nicht recht, dass ich mit ihm zurückging. Er hätte es besser gefunden, wenn ich bei Nela geblieben wäre, doch ich war anderer Meinung. Nela und ich hatte uns ausgesprochen und jetzt brauchte sie Ruhe und Schonung. Vielleicht würde sie dort etwas Ablenkung erfahren und Luft zum Atmen. Mir ging es genauso. Die Geschehnisse nagten an mir. Das Unangenehme war jedoch, dass ich nicht mal wusste, was ich fühlen sollte. Hass? Trauer? Wut? Mitleid? Ich fühlte das alles zwar schon, doch was blieb war ein schales Magengefühl. Es war, als wenn man viele bunte, kräftige Farben zusammen mischte und letztlich doch immer grau-braun rauskommt. „Warum wolltest du eigentlich so schnell zurück?“, fragte ich ihn, als wir ein paar Kilometer zurückgelegt hatten. Edward hatte es merkwürdig eilig gehabt, wurde mir bewusst, als ich so darüber nachdachte. Es war nicht unbedingt Edwards Art sich nicht ein paar schöne Tage zu gönnen, zumal Carmen mit ziemlicher Sicherheit nichts dagegen gehabt haben dürfte. Ich erkannte schon an Edwards starr auf die Straße gerichtetem Blick, dass es sehr wohl einen Grund gab – und mit Sicherheit auch einen sehr guten. Was er dann sagte, bestätigte nur meinen Verdacht: „Ich muss mit Jasper reden. Mit euch allen eigentlich. Und das du dabei bist, ist eigentlich von Vorteil. Nun, wo Nela ein Vampir ist, ist es nicht mehr so einfach ein paar Minuten zu bekommen, ohne, dass sie es hören kann.“ Seine Miene blieb hart und undurchdringlich, sodass ich nicht weiter fragte. Er würde mir später erzählen, was ihn beschäftigte, sagte ich meinem unguten Gefühl in meiner Brust und verschlief den Rest der nächsten Fahrt. Die Cullens waren nicht minder überrascht, als wir so frühzeitig, am darauf folgenden Morgen, wieder in Hinton eintrafen. Ich berichtete rasch von meiner Aussöhnung mit Nela, Esme war zutiefst gerührt, sodass mir wieder die Tränen kamen (ich war in letzter Zeit sehr nah am Wasser gebaut, musste ich feststellen), doch Edwards angestrengte Miene machte mich nervös. Ich wollte wissen, was los war. Stumm versammelten sich alle im Wohnzimmer – bis auf Emmett. Ich wagte nicht zu fragen, wo er war. „Ich muss mit euch reden, denn Rosalie hat auch ihre Schwächen“, begann Edward geheimnistuerisch, während sie alle um ihn – uns, denn ich hielt seine Hand – herum standen. „Ihr illusionäres Schild aufrecht zu erhalten kostet sie viel Kraft. Je nach Entfernung und Anzahl der Personen, die sie verhüllt. Ich war noch in Hörweite, nachdem wir ihre Gemächer verlassen hatten, als sie vorschnell ihre Illusion fallen ließ. Ich bekam einen kurzen Moment Einblicke in die Gedanken der Volturi.“ Wir blickte alle Edward gespannt an, doch ich hatte einfach nur Angst. Es konnte einfach nichts Gutes kommen. Dafür kannte ich ihn zu gut. „Es war abscheulich. Aro, Caius und Markus… stolz auf Rosalie, ihren ‚Fang’. Sie haben sich zurück erinnert an die erste Begegnung mit Rosalie im Wald. Zuerst sah Sempre sie als viel versprechende Neugeborene und dann sind sie hergeeilt und haben sie angeworben – erfolgreich wie wir wissen.“ Edwards Stimme war verächtlicht und einschneidend kalt. Esme schüttelte mit in den Augen wirkenden Tränen den Kopf und schluchzte: „Der arme Emmett.“ Ich lehnte den Kopf an Edward an. Nicht auszudenken, wie es ihm ergehen mochte... „Ich weiß nicht, wie er darüber hinwegkommen soll…“, murmelte Esme. Wir schwiegen ein paar lange Minuten. Als Edward wieder begann, war ich mir sicher, dass das nicht das einzige war, was er uns mitteilen wollte. Ich behielt zu meinem Bedauern recht. „Und ich muss euch noch was anderes erzählen, genauer gesagt mit euch besprechen.“ Er wand sich unerwartet Jasper zu, der irgendwie wissend nickte. „Ich wusste, dass du mich darauf ansprechen würdest“, sagte Jasper mehr zu sich selbst. Mehr sagte er allerdings nicht. „Ich muss es einfach wissen, du musst es aussprechen“, sagte Edward eindringlich, während wir ihn einfach nur fragend ansahen und ich seine Hand fester drücken zu versuchte. „Genauso kurz wie ich die Gedanken von Aro, Caius und Markus las, konnte ich auch Alecs sehen. Er…“., Edward holte Luft und sein Gesicht formte einen verbissenen Ausdruck. „Er hat Nela nachgetrauert. Er hatte- er hatte wirklich positive Gefühle für sie, so schien es-“, er brach ab und blickte Jasper an. „Stimmt das? Sag mir, stimmt das?“ Ich sah in Jaspers Augen und das „Ja“, was sie ausstrahlten, war ohne jegliche Gewissheit zu erkennen. „Ja, es stimmt“, sagte Jasper nur. „Nein“, hauchte ich. Auch Edward war zu geschockt und versteifte sich neben mir, obgleich er es natürlich längst in Jasper Gedanken gelesen hatte. Vielleicht hatte er gehofft, dass Jasper log, in seinen Gedanken log. Endlich sprach Jasper weiter: „Ich war höchst irritiert, als Rosalie die Illusionen beendete, denn auch meine Fähigkeit ist davon betroffen, und ich positive Gefühle aus Richtung der Volturi vernahm, weshalb ich mich stärker darauf zu konzentrieren versuchte und ja, ich bin mir sicher, dass es nur Alecs sein konnten. Sie passten zu keinem anderen. Der ‚Klang’ diese Gefühle passte nur zu ihm.“ „Hat er sie geliebt?“, fragte ich ihn atemlos. „Er hat alles sehr gut versucht zu verstecken, sodass es sehr schwer war, sie überhaupt auszumachen“, antwortete Jasper, bevor Edward etwas sagen konnte, „Ich glaube nicht, dass es Liebe war, wie wir sie kennen, aber es war eine Form von Zuneigung und Beziehung, die keiner der Volturi jemals in dieser Art und Weise empfunden hat, dessen bin ich mir sicher.“ Ich war geistig sprachlos. Ich vermochte nicht mehr zu denken… Alec- er- „Ich habe in Aros Gedanken lesen können, dass er von diesen Gefühlen auf Seiten Alecs wusste – und er hat sie begrüßt. Er glaubte, dass er dann umso authentischer seine Rolle spielen konnte“, monologisierte Edward verdrießlich. „Dieses Drecksschwein. Aro schreckt vor nichts zurück. Widerlich.“ „Was sollen wir tun? Wenn Alec Nela liebt-“, begann ich verzweifelt mit einem Anflug von Panik. „Er wird sie nicht aufsuchen“, ergriff Carlisle das Wort. „Niemals würde Alec sich gegen Aro bzw. die Volturi stellen und sie hintergehen.“ „Alec selbst hat sich bereits damit abgefunden gehabt“, fügte Edward hinzu. „Stimmt ihr mir zu, dass Nela das besser nicht erfahren sollte?“ „Sie wieder anlügen?!“ Meine Stimme war hoch und piepsig. „Ihr etwas vorenthalten“, entgegnete Edward kühl und setzte hinzu, als er meine Entrüstung sah. „Bella ich weiß, dass du sie nicht mehr anlügen willst, aber wenn sie das jetzt erfährt, würde sie Alec und sich eine Chance geben. Eine Chance, die in der Realität nicht existieren kann und es auch niemals wird. Wir täten ihr nur noch mehr, indem sie sich zum zweiten Mal falsche Hoffnungen macht.“ Ich nickte. Das sah ich ein… aber mein Bauchgefühl sprach andere Worte. Edward ließ den Blick schweifen. „Das darf Nela niemals erfahren.“ ----- Why does it rain... down on utopia? Ich fand das dieser Satz sehr gut passte, weswegen ich das oben gennante Lied ausgesucht habe. ;) Ich freue mich immer so sehr, wenn ich sehe, dass wieder jemand was gepostet hat. Daher bin ich jetzt auch sehr gespannt was ihr zu der Story insgesamt, die Musiktitel allg. wenn ihr mögt, die Story im vergleich zu infinite und dieses letzte kap an sich bewerten würdet. Mich würde auch sehr interessieren ob ihr eher "Team Infinite" oder "Team Innermost" seid :D ...also was ihr lieber mögt :P^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)