Tränen verbinden von Kiajira (... und Tränen können Geheimnisse aufdecken ...) ================================================================================ Kapitel 5: Sumpfgras -------------------- Kapitel 5: Sumpfgras Als der Gong ertönte, begannen alle Schüler zu jubeln. Endlich Wochenende! Am Montag würden zwar die ZAGs beginnen, doch den heutigen Nachmittag würden alle draußen auf den Ländereien verbringen. Nur Ginny freute sich nicht. Sie hatte gestern noch nachgeschlagen, wo und wie man Sumpfgras ernten konnte. Es war eine schöne Sauerei. Man musste ein Stück in den See hineinwaten, an einer schattigen Stelle, und es dann mit der Hand vom Seegrund pflücken. Mit Magie ging es nicht, das Gras war zu empfindlich. Ginny schüttelte sich. Und das ausgerechnet ein paar Tage vor den ZAGs! Sie hatte besseres zu tun! Doch sie wusste auch, das Widerstand zwecklos war. Wer widersprach schon gerne einem Professor Snape? So machte sie sich nach dem Abendessen auf den Weg zum See hinunter. Sie beschwor einen Eimer herauf, den sie ans Ufer stellte. Dann zog sie Schuhe und Strümpfe aus und watete in den See, bis ihr das Wasser bis übers Knie ging und die Grasbüschel sie an den Beinen kitzelten. Ginny seufzte und machte sich an die Arbeit. Während sie das Gras pflückte, wanderte ihr Blick über die vielen Schüler, die hier draußen spielten, sich unterhielten oder einfach die warme Sonne genossen. Wie gerne wäre sie eine von ihnen gewesen! Aber nein, Snape war der Meinung, dass ihr kleiner Besuch im verbotenen Wald immer noch nicht ausgemerzt war. Ginnys Blick wanderte zum Quidditchfeld, als sie wieder ein Grasbüschel in den Eimer warf. In weiter Entfernung konnte sie ein paar Gestalten auf Besen herumflitzen sehen. Eine der Gestalten ging gerade in einen halsbrecherischen Sturzflug. In Ginnys Hals bildete sich ein Kloß. Das war Harry. Niemand anders flog so wie er. Eine zweite Gestalt schlug die ganze Zeit vor Harry Haken und schnitt seine Flugbahn, um ihn aufzuhalten. Die langen schwarzen Haare flatterten hinter ihr im Wind. Das musste Cho sein. Ohne es zu merken, zerdrückte Ginny das Grasbüschel in ihrer Hand. Sie musste schlucken, doch die Tränen kamen trotzdem. Was gäbe sie dafür, wenn Harry niemals fremdgegangen wäre und sie jetzt an Chos Stelle mit ihm über den Platz jagen könnte! Plötzlich zerrte etwas mit einer ungeheuren Wucht an Ginnys Knöchel. Sie schrie auf und landete mit einem lauten Platschen im Wasser. Kleine Hände mit langen Fingern hatten ihre Beine umklammert und zerrten sie weiter in den See. "Grindelohs", schoss es ihr durch den Kopf. Ginny zog ihren Zauberstab und wollte auf die Wesen zielen, doch bevor sie einen Zauber abfeuern konnte, packten weitere lange Finger das Stück Holz und entrissen es ihr. Sie schnappte nach Luft. "HILFE!!!", schrie sie. Immer weiter zogen die Grindelohs sie ins Wasser. Sie strampelte und trat, doch jedes Mal, wenn sie dachte, endlich frei zu sein, kam ein neuer Grindeloh und packte sie wieder. Sie schnappte wieder nach Luft. Jetzt, wo sie keinen Boden mehr unter den Füßen hatte, zogen die Viecher sie senkrecht nach unten. Ginny ruderte wild mit den Armen, schluckte Wasser, kam wieder an die Oberfläche, spuckte und hustete, wurde wieder nach unten gezogen... Ihre Kleider hatten sich voll Wasser gesogen und zogen schwer an ihr, doch sie schaffte es nicht, sie auszuziehen. Und noch immer zogen die Grindelohs sie unbarmherzig in die Dunkelheit. Diesmal bekam sie keine Luft mehr in den Mund, sondern nur noch Wasser, bevor der See sich über ihr schloss. Sie strampelte und ruderte noch energischer, doch sie erreichte die Oberfläche nicht mehr. Sie presste die Lippen fest aufeinander, um nicht noch mehr Wasser in die Lungen zu bekommen, und kämpfte weiter. Doch ihre Kraft ließ nach. Schließlich hörte sie auf, sich zu wehren, und blickte nach unten. Den Boden konnte sie nicht entdecken. Nur Schwärze... und die Grindelohs, die sich an ihren Beinen festgeklammert hatten. 'Meine Güte, sind die hässlich!', dachte sie noch, dann gab sie auf. Ihr wurde schwindelig und das Wasser presste auf ihre Ohren. Ihr Blick trübte sich. Es war vorbei. Doch dann schossen helle Strahlen durch das Wasser und trafen die Grindelohs. Sie ließen sofort von Ginny ab. Sie merkte nicht mehr viel davon. Sie spürte nur noch, wie zwei dünne Arme sich um ihre Brust schlangen und sie nach oben zogen. °°**°°**°°**°°**°°**°° Luft. Licht und Luft. Ohne ihr Zutun riss Ginny den Mund auf und pumpte Luft in ihre Lungen. Dann begann sie zu husten. Sie hatte einiges an Wasser in die Lungen bekommen. Jemand hielt sie fest und klopfte ihr in regelmäßigen Abständen auf den Rücken, um ihr das Abhusten zu erleichtern. Langsam öffnete Ginny die Augen. Sie kniete am Ufer des Sees, von einem dünnen Arm aufrecht gehalten. Als sie nicht mehr husten musste, wandte sie sich langsam um. Und zuckte erschrocken zusammen. Ihr Retter war niemand anderes als - Professor Snape! Er blickte Ginny einen Augenblick besorgt an und fragte fast sanft: "Geht es wieder?" Sie nickte stumm. Sofort schob sich wieder eine Maske über Snapes Gesicht und löschte jede Gefühlsregung aus. "D-danke, P-professor..." murmelte Ginny verwirrt. Snape machte eine wegwerfende Handbewegung. "Nicht der Rede wert", meinte er mit der üblichen Teilnahmslosigkeit und zog seinen Zauberstab. Mit einem Schnippen waren sie beide wieder trocken. Ein weiteres Schnippen, und Ginnys Zauberstab kam aus dem See geflogen und landete vor ihr im Gras. Snape begutachtete jetzt den Eimer mit dem Sumpfgras. "Gute Ernte. Das ist mehr, als ich brauche." Er stand auf und packte den Eimer. Dann griff er noch einmal in seinen Umhang. "Hier, für Sie. Sie wollten doch wissen, wer Ginevra ist." Er drückte ihr ein Foto in die Hand und rauschte davon. Ginny blickte Snape einen Moment lang verblüfft hinterher, dann warf sie einen Blick auf das Bild. Und schnappte nach Luft. Ginevra sah genauso aus wie sie! Vielleicht ein paar Jahre älter als sie jetzt war, doch ansonsten glich sie Ginny aufs Haar. Nein, nicht ganz. Ginevra hatte grünblaue Augen, Ginny hatte dunkelbraune. Trotzdem... Ginevra hätte Ginnys Zwillingsschwester sein können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)