Digimon Destiny von Kiripurin (season 6) ================================================================================ Kapitel 46: Die richtige Einstellung ------------------------------------ Honoka, Nayuta und Yukiko befanden sich bereits wieder in Idos Haus. Gestern waren sie nach dem ersten Durchgang des Hindernisparcours und der nachfolgenden Besprechung wieder nach Hause gegangen. Ido hatte gemeint, dass sie dann einfach am nächsten Vormittag wieder kommen sollten, doch die Digi-Ritter hatten um eine persönliche Abholung gebeten. Einerseits weil sie nicht wussten, ob sie den Weg zum Tor auch alleine gefunden hätten, andererseits weil sie noch etwas Angst davor hatten, das Tor alleine zu passieren. Die drei hatten festgestellt, dass sie in der verlorenen Welt nicht in der Lage waren, Schmerzen zu empfinden. Ihre beanspruchten Muskeln hatten sie erst gespürt, als sie wieder in der realen Welt angelangt waren. Auf dem heutigen Programm stand, das gestrige Gelernte, umzusetzen. Ido hatte nicht nur Honoka das Geheimnis verraten, sondern den anderen zweien auch, nachdem auch sie gescheitert waren. Yukiko hatte es jedoch von allen am weitesten gebracht. „Also ich bin bereit!“, verkündete Honoka motiviert und auch Gissimon wirkte startklar. „Willst du wieder den Anfang machen?“, fragte Ido nach, obwohl es eh eindeutig schien. „Na klar!“, gab sie entschlossen zurück und machte sich schon auf den Weg zum Transporter, hielt dann aber doch noch einmal an und drehte sich um, „Ach ja, Sie schulden uns noch eine Antwort.“ „Tue ich das?“, erkundigte er sich mit hochgezogenen Augenbrauen. „Ja, Sie haben uns noch immer nicht verraten, wie weit Rico beim ersten Mal gekommen ist“, erklärte sie ernst. „Stimmt, das hab ich euch noch verschwiegen“, gestand er und zupfte nachdenklich an seinem Bart, „Rico hat es, soweit ich mich erinnern kann, fast bis ans Ziel geschafft.“ „Ja?“, fragte das Mädchen überrascht und auch Yukiko und Nayuta waren verwundert. „Ja, du kannst mir glauben“, entgegnete der alte Mann leicht lächelnd, „Rico ist aber in einer körperlich besseren Verfassung als ihr es seid, dass muss man schon dazu sagen. Als ich ihm dann den Trick dahinter verraten habe, hat er den Parcours mit Leichtigkeit geschafft.“ „Das schaff ich auch!“, bemerkte Honoka zuversichtlich und blickte dann zu Gissimon hinunter, „Ehm … ich meinte, das schaffen wir auch!“ Honoka empfand Ricos gute Leistung nicht als deprimierend, sondern als Ansporn. Wieso sollte sie das nicht auch schaffen? Sie würde beweisen, dass sie das auch drauf hatte. Sich selbst, Ido und Rico. Wenn sie sich anstrengte konnte sie alles schaffen! Für Rico! Motiviert eilte sie also mit Gissimon zum Transporter und wartete bereits wenige Augenblicke später, bis der Countdown das Startsignal gab. Das Mädchen versuchte sich während des Durchlaufens des Parcours an alles zu erinnern, was Ido ihnen gesagt hatte. Sie hatte das Gefühl, dass ihr manches entfallen war … doch sie würde es auch so schaffen. „Ma?“, fragte Shunichi, als er vorsichtig die Tür zum Krankenzimmer seiner Mutter öffnete, „Bist du wach?“ Er wartete ab, ob ihm etwas entgegnet wurde, doch es blieb still. Trotzdem trat er ein und schloss die Tür leise hinter sich. Der Junge ging auf das Bett zu, um zu sehen, ob sie wirklich schlief. Zu seiner Überraschung drehte sie sich aber genau ihn dem Moment, als er bei ihr angelangt war mit geöffneten Augen auf seine Seite. „Hallo, Ichi“, begrüßte sie ihn, während sie ihn anlächelte, „Schön dich zu sehen.“ „Hi, wie geht’s dir?“, erkundigte er sich und schnappte sich gleich einen Stuhl, um sich hinzusetzen. „Mir geht’s gut“, erwiderte sie und streckte sich, „Ich hab gut geschlafen.“ „Ich hab dir was mitgebracht“, erklärte er und holte aus einer Tragetasche eine Plastikbox hervor, „Hime hat deine Lieblingskekse gebacken und mich gebeten, sie dir zu überreichen. Sie wäre ja selbst gekommen, aber sie hat heute keine Zeit. Sie haben die neuen Wohnzimmermöbel bekommen und da sind alle ganz eifrig beim Aufbauen. Du kennst sie ja.“ „Das ist aber nett von ihr, danke“, gab sie zurück, woraufhin der Junge die Box auf ihrem Nachtkästchen abstellte. „Ich hab mich von Yui getrennt.“ „Ja?“, fragte sie etwas verwundert und mit erhobenen Augenbrauen, „Wie hat sie reagiert?“ „Besser als ich angenommen hatte“, antwortete er, wirkte aber etwas geknickt, „Sie hat gemeint, dass sie es soundso schon geahnt hat, aber geweint hat sie trotzdem. Sie hat mir so leid getan.“ „Aber du hast das Richtige gemacht“, redete sie ihm gut zu und legte ihm eine Hand auf den Oberschenkel, „Ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht für dich war, aber so ist es auch für sie besser.“ „Ich weiß …“ „Weiß Hime es schon?“ „Nein, das ist das nächste Problem“, gab er zurück und spielte nervös mit seinen Fingern, „Ich hab nicht Angst davor, es ihr zu sagen, aber davor, was sie dann von mir erwartet. Ich fühl mich immer noch nicht bereit auf ihr Geständnis zu antworten …“ „Das ist doch selbstverständlich, immerhin sollte man nicht gleich von einer Beziehung in die nächste springen. Lass dir so viel Zeit, wie du brauchst, nur nimm auch Rücksicht auf Hime und sag ihr hin und wieder, dass du dich noch immer nicht entschieden hast.“ „Du hast Recht, wenn ich die Dinge übereile, hat niemand etwas davon“, sah er es ein und erhob sich dann von seinem Sessel, „Fühlst du dich gut genug für einen Spaziergang durch den Wintergarten?“ „Soll das ein Scherz sein?“, fragte sie empört, während sie sich aufsetzte, „Alles ist besser, als in diesem deprimierenden Bett zu liegen.“ „Weißt du schon irgendetwas Neues vom Arzt?“, wollte er wissen, als sich seine Mutter gerade ihre Schuhe anzog. „Nein, er hat nur gemeint, dass meine Symptome alle nicht zusammen passen, oder irgendetwas in der Art, was weiß ich …“, erwiderte sie und stand auf. „Das hört sich aber nicht gut an“, bemerkte der Junge, woraufhin er sie sofort besorgt anblickte. „Das hört sich nach gar nichts an“, widersprach sie und harkte sich bei ihm ein, nachdem sie ihren Mantel angezogen hatte, „Na los, gehen wir.“ „Okay …“ Nayuta stand nervös am Anfang des Parcours und blickte hin und wieder zu Kirbymon hinunter. Sport war noch nie seine Stärke gewesen. Es war nicht so, dass er sich nicht bemühte – er gab jedes Mal sein Bestes – aber irgendwie wurde es trotzdem nicht besser. Der Junge zweifelte daran, dass er jetzt weiter kommen würde, als beim letzten Mal. Honoka hatte es zwar viel weiter geschafft als gestern, aber irgendwie glaubte er nicht, dass es bei ihm genauso gut funktionieren würde. An Rico wollte er schon gar nicht denken, sich mit ihm zu messen, wäre soundso nur deprimierend. Plötzlich nahm er Kirbymons Gepiepe und kurz darauf auch schon Idos Stimme wahr. Beide forderten ihn auf sich in Gang zu setzen und sich zu konzentrieren. Erst jetzt bemerkte Nayuta, dass der Countdown schon bei Null angelangt war und sein Partner bereits zwei Meter losgeschwebt war. Noch immer etwas neben der Spur, setzte sich der Junge dann in Bewegung. Warum machte er das eigentlich? Ido hatte doch gesagt, dass er nur das Training mitmachen sollte und er dann entscheiden konnte, ob er die anderen unterstützen wollte, oder nicht. Ja, er war hier, mehr war doch nicht erforderlich. Er wusste soundso schon, dass das nichts für ihn war. An seiner Einstellung hatte sich schließlich nichts geändert. Wieder wurde er von Kirbymon aus den Gedanken gerissen, der ihn ermahnte, sich auf den Parcours zu konzentrieren. Nayuta entschuldigte sich nur, machte es aber nachher nicht viel besser. Er konnte nicht nachvollziehen, wieso sein Digimon so motiviert war. Es hatte doch genauso wenig wie er kämpfen wollen. Hatte es sich etwa von Idos Ansprache beeindrucken lassen? Nayuta war klar, dass es ursprünglich acht Digi-Ritter waren und auch jetzt wieder dieselbe Anzahl zu kämpfen hatte, doch er glaubte nicht, dass es so einen großen Unterschied machte, wenn er mithalf. Was konnte er schon ausrichten? Kirbymon war doch im Gegensatz zu den anderen Digimon viel zu schwach, weil es so lange nicht gekämpft hatte und er war nicht der Richtiger „Trainer“ für so etwas. Außerdem konnte er die ganze Kämpferei grundsätzlich nicht gutheißen … Was gestern passiert war, hatte ihn noch mehr abgeschreckt, als er soundso schon war. Das D-Hue hatte das arme Digimon einfach getötet und das konnte er nicht noch einmal mit ansehen. Vor allem wenn er daran dachte, dass das auch Kirbymon zustoßen könnte … Plötzlich spürte er wie seine Beine unter ihm nachgaben und er kurz darauf am Boden lag. Kirbymon hatte angehalten und ließ sich nun neben ihm nieder. Es fragte, ob eh alles okay war und stupste ihn dabei am Rücken an, was wohl sein Versuch war, ihm aufzuhelfen, was aber natürlich nicht viel Wirksamkeit zeigte. „Nein, tut mir leid“, meinte der Junge keuchend, „Ich kann nicht mehr.“ Als er versuchte, seine Arme zu bewegen, regten sie sich kaum. Was war nur los? Der Parcours war ja gestern noch besser gegangen … Anscheinend war er mit dem Kopf heute wirklich völlig wo anders. Er wollte nicht mehr. Am liebsten würde er jetzt einfach hier liegen bleiben und ihm Erdboden versinken. „Nayuta“, ertönte auf einmal wieder die Stimme von Ido, „Du bist gleich wieder bei uns.“ Kurz darauf fing unter ihm schon der Boden an hellblau zu leuchten und wenige Augenblickte später, lag er auf dem kalten Parkett, wo sich auch Ido, die zwei Mädchen und ihre Digimon befanden, nur stehend. „Okay, Yukiko, Takomon, ihr seid an der Reihe“, erklärte der alte Mann, ohne den Jungen weiter zu beachten. „Kann los gehen“, gab sie zurück, warf aber noch einen Blick zu Nayuta hinüber. Er tat ihr leid, wie er da so am Boden lag. Am liebsten würde sie zu ihm hingehen und ihn trösten, aber erstens, musste sie jetzt den Parcours machen und zweitens, wusste sie, dass sie das soundso nie machen würde, weil sie zu feige war und nicht wusste, was genau sie sagen sollte. Aber es machte sie traurig, ihn so zu sehen … Dann wechselte auch sie den Ort und fand sich von einer Sekunde auf die andere beim Trainingsparcours wieder. Sofort warf sie die deprimierenden Gedanken ab und war entschlossen, jedes Hindernis zu meistern. Sie musste sich nur konzentrieren und dieses Band mit Takomon herstellen. Nayuta lag noch immer am Boden und starrte deprimiert zur Decke hinauf, als ihm plötzlich eine Hand hingestreckt wurde. Der Junge verfolgte den Arm und stellte fest, dass sie Ido gehörte, der ihn anlächelte. Nayuta hatte eigentlich gedacht, dass er jetzt böse auf ihn sein würde, doch anscheinend fand er es halb so wild. Er konnte sich dazu aufrappeln, seinen Arm hochzunehmen und Idos Hand zu ergreifen. Mit seiner Hilfe stand er dann wenige Zeit später wieder auf den Beinen. Ohne etwas zu sagen trat der alte Mann zur Glasscheibe, durch die er Yukiko beobachten konnte und winkte dann Nayuta zu sich her. Der Junge folgte brav und trat neben ihn. Nun beobachtete auch er das Mädchen, während sie die Hindernisse des Parcours überwand. Sie wirkte sehr konzentriert und entschlossen, so auch Takomon. Er dachte daran zurück, welche Probleme die beiden anfangs gehabt hatten und wie harmonisch sie jetzt aussahen. Irgendwie war er stolz auf sie. „Du siehst, was ich meine?“, fragte Ido, woraufhin Nayuta Ido nur überrascht ansah, „Die beiden machen das sehr gut. Sie konzentrieren sich auf jedes Hindernis und sind komplett bei der Sache. Ich würde ihnen zutrauen, dass sie den Parcours sogar jetzt schon schaffen. Und das obwohl Takomon nicht leicht zu verstehen ist.“ „Ja, die zwei sind toll“, bemerkte er, als er sich ihnen wieder zugewandt hatte. „Komm mit, Nayuta“, forderte Ido ihn auf einmal auf, nachdem er sich von der Scheibe weggedreht und sich in Bewegung gesetzt hatte, „Lass uns einen kleinen Spaziergang machen.“ „Was? Wollen Sie ihr nicht weiter zusehen?“, fragte der Junge verwundert und blickte ihm hinterher. „Das schaffen sie schon alleine“, gab er nur zurück, ohne sich umzudrehen. Nayuta zögerte und sah noch einmal zu Yukiko hinunter. War es nicht unfair ihr gegenüber, wenn Ido nicht da war? Außerdem wollte er ihr eigentlich zuschauen … Aber was sollte er denn tun? Ido hatte bestimmt einen guten Grund, wenn er ihn bat, mitzukommen. „Warten Sie!“, rief er ihm nach, als er schon um eine Ecke gebogen war. Er fing an ihm hinterherzulaufen und auch Kirbymon hängte sich an seinen Partner. Honoka die von dem Gespräch nicht viel mitbekommen hatte, blickte den dreien nur verwirrt hinterher, tat es aber schulterzuckend ab und machte sich keine weiteren Gedanken darüber. Ryan kam bei der Eingangstür seines Restaurants herein und machte sich gleich auf den Weg in sein Zimmer. Er war mit Alice auf einem Date gewesen. Wäre es nach ihm gegangen, hätten sie die Nacht heute gemeinsam verbracht, doch sie hatte gemeint, dass sie schon müde wäre. Sonst lief es eigentlich ziemlich gut. Es hatte den Anschein, als ob er nie etwas tun würde, dass sie verärgern würde. Aber wahrscheinlich lag das daran, dass er immer Tipps von onetimegirl bekam. Zwar war ihm das etwas unheimlich, dass sich seine Chatpartnerin so gut ihn Alice hinein versetzen konnte, doch das lag mit ziemlicher Sicherheit eh nur daran, dass sie auch ein Mädchen war, die tickten doch soundso alle gleich. In seinem Zimmer angekommen, ließ er Baluamon aus seinem D-Maak und legte sich anschließend in sein Bett. Er schnappte sich die Fernbedienung und drehte den Fernseher auf. Nirgends spielte es etwas Interessantes, trotzdem ließ er irgendeine Realityshow laufen, von der wenigstens sein Digimon fasziniert war. Ein paar Minuten konzentrierte er sich auf den Fernseher, doch schon bald war er mit seinen Gedanken wo anders. Ihm wurde immer mehr bewusst, wie sehr er sich eigentlich verändert hatte. Nicht erst, seit er Alice im Auge hatte, schon davor, hatte sich an seiner Einstellung etwas geändert. Das hatte er onetimegirl zu verdanken. Er hatte das Gefühl, als ob sie aus ihm einen besseren Menschen gemacht hätte. Nicht dass er sich darüber freuen würde, aber böse war er deswegen auch nicht auf sie. Es war eben passiert. Manche Menschen veränderten sich eben. Eigentlich war onetimegirl die einzige, die ihn je verstanden hatte. Er hatte nie Bedenken gehabt, ihr etwas zu erzählen. Vielleicht lag es auch daran, dass sie keine Vorurteile ihm gegenüber gehabt hatte und ihn nur durchs Schreiben kannte. Sie war etwas Besonderes, daran zweifelte er nicht. Sie war für ihn etwas Besonderes, ganz anders als jedes andere Mädchen. Wenn sie echt wäre, wenn sie wirklich eines Tages vor ihm stehen würde, wäre er sogar vielleicht in der Lage, so etwas wie Liebe für sie zu empfinden, zumindest war sie die einzige, bei der er sich das vorstellen konnte. Er war mit Alice zusammen, aber irgendwie fühlte er sich noch nicht so gebunden an sie, wie er es eigentlich tun sollte. Sie besaß schon einen gewissen Reiz, aber es war nicht dasselbe wie bei onetimegirl. Klar, es war nicht fair gegenüber Alice, so zu denken, doch was sollte er tun? Er hatte sie weder jemals als Freundin bezeichnet, noch hatte er ihr gesagt, dass er sie liebte oder dergleichen. Natürlich würde es ihm etwas ausmachen, wenn sie jetzt plötzlich nicht mehr da wäre, aber er würde es überleben. Wobei es bei onetimegirl anders aussah. „Wie fühlst du dich?“, fragte Ido, als er neben Nayuta und seinem Digimon durch eine Parkanlage marschierte. Der Junge war noch immer fasziniert davon, wie hier alles aussah. Die Anlage schloss gleich an das Haus an, also hatten sie es nicht verlassen müssen, um hierher zu gelangen. Die Pflanzen waren denen in der realen Welt ähnlich, aber trotzdem merkte man, dass sie anders waren. Diese graue Farbe, in die hier alles getaucht schien, deprimierte ihn irgendwie … „Geht so …“, antwortete er, während er betrübt zu Boden sah. „Ich mach kein Geheimnis daraus, was ich mit dir besprechen will, du weißt es ja ohnehin schon“, bemerkte der alte Mann lächelnd. „Ja, so in etwa“, gab er zurück und steckte die Hände in seine Hosentaschen, „Es tut mir leid, Sie werden nie einen echten Digi-Ritter aus mir machen können.“ „Ich muss keinen aus dir machen, du bist schon längst einer“, erklärte der alte Mann, woraufhin Nayuta aufsah, „Du wirst überrascht sein, aber auch bei den ersten Digi-Rittern hat es jemanden gegeben, der sehr stark an sich gezweifelt hat und bei dem große Überredenskünste notwendig waren, um ihn davon zu überzeugen, dass er besser geeignet ist, als er anfangs dachte.“ „Wirklich?“, erkundigte er sich verwundert, gab sich dann aber wieder weniger beeindruckt, „Naja, dann wissen wir ja, wessen Nachfolger ich bin …“ „Ja, das hab ich mir gleich gedacht“, lachte er. Nayuta wunderte sich etwas über Idos Verhalten. Als er ihn das erste Mal gesehen hatte und auch als er die Geschichte der alten Digi-Ritter erzählt hatte, hatte er auf ihn einen ernsten und humorlosen Eindruck gemacht. Doch jetzt wo er so unter vier – oder besser gesagt sechs, wenn man Kirbymons auch mitrechnete - Augen mit ihm sprach, wirkte er viel empathischer. Wie ein fürsorglicher Vater. „Ich kannte Yukihiro zwar nicht persönlich, weil ich zu der Zeit, wie du ja weißt, bereits in der verlorenen Welt war“, begann er, woraufhin Nayuta nun aufmerksam zuhörte, „aber was ich so mitbekommen habe, war er ein sehr netter junger Mann. Er hatte nicht viele Freunde, aber dafür gute und er konnte es einfach nicht ertragen, jemanden leiden zu sehen, egal welcher Spezies dieses Wesen auch angehörte. So ähnlich wie du also.“ „Hört sich fast so an“, musste er gestehen und lächelte sogar etwas dabei, „Ist das bei den anderen auch so? Dass sie den alten Digi-Rittern so ähneln, meine ich.“ „Manche mehr, manche weniger“, erklärte er und man merkte richtig, dass er stolz auf seinen Fund der neuen Acht war, „Ryan und Honoka zum Beispiel sind wie Nachkommen ihrer Vorgänger. Aber Rico und Yukiko wiederum gleichen ihren nur in wenigen Merkmalen. Du siehst also, dass es doch gute Gründe gibt, wieso ich gerade euch acht gewählt habe.“ „Klingt einleuchtend, ja“, erwiderte er und senkte anschließend wieder seinen Kopf, „Trotzdem hilft mir das nicht viel weiter, auch wenn es jemanden gab, der ähnlich wie ich war, heißt das nicht, dass ich mich genauso wie er entwickle.“ „Das ist ein gutes Argument. Du hast Recht, ihr seid nicht genau wie die alten Digi-Ritter und das sollt ihr auch nicht sein. Ihr seid einfach nur ihr. Ich glaube nicht, dass ich dich überzeugen kann, weil die anderen es bei Yukihiro auch geschafft haben. Ich glaube, dass ich dich überzeugen kann, weil ich schon einmal tief in dein Herz gesehen habe.“ „Und was haben sie da so Großartiges gesehen?“ „Lass mich dir eine Frage stellen, Nayuta“, ignorierte er seine Frage einfach, „Was würdest du tun, wenn Kirbymon bei einem Kampf verletzt am Boden liegt, aber trotzdem noch weiter angegriffen werden würde?“ „Ich … ich würde ihm helfen wollen …“, antwortete er unsicher, „Aber vielleicht hätte ich auch so Angst, dass sich meine Füße nicht bewegen würden und davor fürchte ich mich. Ich bin zu schwach und ängstlich für so etwas, körperlich genauso wie mental. Natürlich würde ich es um jeden Preis beschützen wollen, aber ob ich das auch schaffe, weiß ich nicht. Ich hasse das Kämpfen, mir tun die bösen Digimon auch irgendwie leid. Und deswegen denke ich nicht, dass ich ein guter Digi-Ritter wäre.“ „Du bist eben unsicher, das ist eine ganz gewöhnliche menschliche Eigenschaft. Aber schau dir mal Yukiko an. Glaubst du denn, dass es bei ihr anders ist? Oder glaubst du, dass es den anderen Spaß macht, zu kämpfen und die Digimon so zu verletzen? Es ist für keinen einfach, vor allem jetzt wo sie wissen, was auf dem Spiel steht.“ „Das kann schon sein, aber trotzdem hilft mir das wenig bei meinem Problem weiter.“ „Ich weiß, dass ist alles leichter gesagt, als getan. Aber ich bitte dich nur, dich auf das Training einzulassen. Bemüh dich, dann wird es auch funktionieren“, bat er, woraufhin Nayuta ihn nachdenklich ansah, „Wenn du dich schon von Anfang an dagegen sträubst, kann es ja nichts werden. Wenn ich dich nicht davon überzeugen kann, dass du es schaffen kannst, dann hat es soundso keinen Sinn, zwingen kann ich dich schließlich nicht.“ „Ohne mich geht es ja nicht, also bin ich schon irgendwie gezwungen“, widersprach er, immer noch nicht überzeugt. „Wenn jemand eine Sache machen will, muss man ihn nicht zwingen und ich will dich dazu bringen, dass du es machen willst“, redete er sich hinaus und blieb dann stehen, „Also? Tust du mir den Gefallen?“ Nayuta blieb ebenfalls stehen und die beiden standen sich nun gegenüber. Ja, er konnte es versuchen, dagegen sprach ja nichts. Aber das änderte trotzdem nichts an der Tatsache, dass er das Kämpfen hasste. Er wusste ja, was es ausmachen würde, wenn er sich weigerte, ein Digi-Ritter zu sein. Wäre es nicht so, hätte er ja keine Schuldgefühle. „Ja, mir bleibt ja eh nichts andres übrig“, erwiderte er schulterzuckend. „Und Kirbymon?“, fragte Ido, woraufhin es ein Pipsen von sich gab. „Es ist auch einverstanden“, übersetzte Nayuta automatisch. „Danke, aber ich verstehe schon, was es sagt“, lachte er heute schon zum zweiten Mal und blickte dann auf eine große Uhr, die mitten in der Anlange zu stehen schien, „Yukiko sollte bald fertig sein, gehen wir zurück.“ Yukiko saß, völlig aus der Puste, am Boden und lehnte sich gegen eine Wand. Der Parcours war echt nicht ohne und auch Takomon hatte neben ihr Platz genommen, weil das Fliegen für es zu anstrengend war. Aber die Mühe war es wert gewesen. Ido beobachtete sie zufrieden durch die Glasscheibe und Nayuta und Honoka waren verblüfft über die Leistung des Mädchens. Sie hatte es tatsächlich geschafft. Sie hatte das Ziel beim zweiten Versuch erreicht. Die Inoues saßen noch immer am Boden im Wohnzimmer, beim Versuch, die neuen Möbel richtig zusammen zu bauen. Bereits am Vormittag hatten sie angefangen und jetzt war es schon später Nachmittag, sodass es draußen schon zu dämmern begann. Es läutete an der Tür. Alle sahen auf und Herr Inoue wollte schon aufstehen, um den Gast zu empfangen, doch Hime kam ihm zuvor. „Ich mach schon“, erklärte sie und marschierte anschließend zur Tür. Das Mädchen erwartete eigentlich niemanden und war deswegen umso überraschter, Shunichi auf der Türschwelle vorzufinden. Zuerst hatte er noch zu Boden geschaut, doch jetzt blickte er ihr direkt in die Augen. „Hi“, begrüßte sie ihn, wobei sie aber die Türklinke nicht losließ, damit die Tür nicht weiter aufgehen konnte, da soundso schon genug kalte Luft ins Haus drang, „Wie geht’s deiner Mum? Hat sie sich über die Kekse gefreut?“ „Alles okay, ja hat sie“, antwortete er, während er seine Hände in der Jackentasche vergrub, „Kann ich kurz mit dir reden?“ „Ja, natürlich, komm doch rein“, meinte sie und wollte schon zur Seite treten, doch der Junge hatte noch etwas hinzuzufügen. „Nein, unter vier Augen, wenn’s geht. Es dauert nicht lange, ich bin gleich wieder weg.“ „Okay?“, erwiderte sie nur verwirrt, „Ich hol nur meine Jacke.“ Das Mädchen verschwand kurz aus Shunichis Sichtfeld und kam wenige Augenblicke später mit einer Jacke bekleidet zurück. Sie schloss hinter sich die Tür und wartete dann ab, was er ihr zu sagen hatte. „Ich hab es gestern getan“, fing er an zu erklären und Hime verstand sofort, wovon er sprach, „Ich hab mich von Yui getrennt.“ Viele Gefühle kamen auf einmal in dem Mädchen hoch. Er hatte das, was zwischen ihnen gestanden hatte, endlich hinter sich gelassen. Natürlich freute sie sich darüber, doch das hieß noch lange nicht, dass er auch schon bereit für sie war. „Und wie geht’s dir jetzt?“, erkundigte sie sich einfühlsam und ließ sich ihre Freude dabei nicht allzu anmerken. „Gut, es ist okay, immerhin hab ich sie ja nicht geliebt“, erklärte er, sprach aber trotzdem mit trauriger Stimme. „Und wie hat sie reagiert?“ „Besser als ich dachte. Sie ist nicht ausgerastet, hat nur geweint und gemeint, dass sie es versteht.“ Hime war überrascht das zu hören. Sie hatte erwartet, dass sie austicken und über sie schimpfen würde. Und vor allem, dass sie Shunichi nicht so leicht gehen lassen würde. Aber das zeigte nur, dass sie Yui eigentlich gar nicht kannte. Ihr Bild von ihr, wurde durch ihre Gefühle für Shunichi nur vermiest. Dabei war sie bestimmt netter, als sie annahm. „Hast du sie eh brav getröstet?“, fragte sie. „Ja, natürlich, ich bin so lange bei ihr geblieben, bis sie aufgehört hat zu weinen“, gab er zurück und blickte ihr dann entschlossen in die Augen, „Aber ich wollte dir nur sagen, dass ich leider noch keine Antwort auf deine Frage habe.“ Natürlich hatte er das nicht und das hatte sie auch nicht von ihm erwartet. Sie lächelte schwach, um ihm mitzuteilen, dass es schon okay war. Aber sie war froh, dass er es wenigstens noch nicht abgelehnt hatte. „Ich hab schon viel darüber nachgedacht. Dabei hab ich mich daran erinnert, als ich dich gefragt habe, in wen du verliebt bist“, fuhr er fort, „Ich konnte ja nicht ahnen, dass du mich meintest. Das musste sicher schwer für dich gewesen sein, einfach so zu tun, als wären wir nur befreundet, obwohl du eigentlich in mich verliebt warst. Aber jetzt musst du nicht mehr so tun, jetzt weiß ich es ja … Aber wie gesagt, ich brauch noch Zeit. Ich will nichts überstürzen. Ich muss mich erst einmal wieder darauf einstellen, nicht mehr mit Yui zusammen zu sein, erst dann kann ich dir eine Antwort geben.“ „Ist schon okay“, meinte sie und lächelte wieder, „Lass dir nur Zeit, ich kann warten.“ „Okay, dann werde ich wieder gehen. Lass deine Eltern schön von mir grüßen.“ „Mach ich.“ Shunichi beugte sich zu Hime vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Doch dieser Kuss fühlte sich anders an als sonst. Das Mädchen hatte das Gefühl, als würde er sie jetzt nicht mehr als Schwester sehen, sondern endlich als eine junge Frau, deren Gefühle er respektierte. Und das freute sie. „Darf ich dich nur fragen, wie lange du schon in mich verliebt bist?“, erkundigte er sich, nachdem er sich wieder von ihr entfernt hatte. „Noch nicht so lange“, antwortete sie ihm und blickte verlegen zur Seite, „Ungefähr eineinhalb Monate erst.“ „Okay, danke“, entgegnete er und setzte sich dann in Bewegung, „Wir sehen uns.“ „Ja, bis dann.“ Das Mädchen blickte ihm noch so lange hinterher, bis sie ihn nicht mehr sehen konnte. Gedankenverloren, blieb sie noch eine Weile draußen stehen, bis sie dann wieder ins Haus ging. Sie musste sich noch eine Ausrede für ihre Eltern einfallen lassen, was Shunichi gewollt hatte. Die mussten ja nicht wissen, was derzeit zwischen ihnen lief. Es wird viel trainiert! Auch wenn ich das jetzt und auch später dann nicht so viel beschreibe, weil es bestimmt nicht so interessant zu lesen ist, es sollte von der Handlung her auch was weiter gehen =P Kiripurin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)