Schwarze Sonne von Glasfluegelchen ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3: Ironiel ----------------------------- Kapitel 3: Ironie „Lauf…“ „Lauf so schnell du kannst, ehe dich die Klauen der Erinnerung packen und sich aus deinem schlafenden Bewusstsein winden…Flieh! Und wenn du schnell genug bist… vielleicht wachsen dir dann Flügel… und du wirst fähig sein abzuheben und auf all die Dinge herab zu blicken die so surreal wirken, dass sie niemals dir passiert sein können.“ Ja, ich will fliegen. Ich will meine Flügel weit spreizen… und vielleicht… vielleicht werde ich mit der Leichtigkeit eines Schmetterlings davon schweben ohne zu wissen wer ich jemals gewesen bin. Und einen Flügelschlag später bin ich zuhause. „..andraaa….“ Was war das? „S…dra… du…musst...auf…eeehn“ Was ist das für eine seltsame Stimme? Was passiert mit mir? NEIN! Ich will nicht zurück! NEIN! Ich falle! Hilfeeeeee! „SANDRA!“ „Uaaaaaaaah! MAMA?!“ stieß ich hervor. Beinahe wären wir zusammengestoßen. Vor lauter Schreck sprang ich auf und saß kerzengrade im Bett. Verdammt. Musste sie mich unbedingt aufwecken. Mir war gerade so leicht ums Herz. Ich hätte schwören können ich schwebe und nur durch ihr nervöses Geschreie bin ich wieder auf den harten Boden der Realität gefallen. Wieso kann sie mich nicht einfach schlafen lassen. „Steh auf Sandra“ drängelte Mama „da steht jemand an der Tür für dich. Ich habe ihm gesagt das er sich einen Moment gedulden soll“ Verschlafen blinzelte ich in die Sonne die durch die Vorhänge blitzte. „Ähm, Mama? Hättest du ihm nicht sagen können, dass ich noch schlafe. Und überhaupt, wer ist ER?“ „Na hör mal Fräulein. Es ist fast Mittag und du liegst noch immer faul im Bett. Außerdem meinte der junge Mann er kennt dich und er muss dir etwas wichtiges sagen. Also los du Schlafmütze. Nun steh schon auf und geh an die frische Luft. Sie wird dir bestimmt nicht schaden“. Ich konnte gar nicht so überrascht, genervt, oder verschlafen aus meinen Augen blicken als das sie mich zufrieden gelassen hätte. Und zur Bestätigung riss sie die Vorhänge mit einem lauten Ratschen auf. „mwaaah, Mamaaaa“ jammerte ich lauthals los „das tut weh, die Sonne ist so hell, du weißt doch, dass ich Lichtempfindlich bin“ „Jaja, wenn du nur einmal nichts zu jammern hast. Los! Raus aus den Federn!“ Ich schnaubte und schälte mich schwerfällig aus dem Bett. Es hatte keinen Sinn. Wenn Mama wollte, dass ich aufstehen muss, dann musste ich das. Es half kein Jammern und kein Flehen. Noch nicht einmal wenn ich krank war kam ich aus. Ich musste mich zumindest einmal kurz blicken lassen. Und danach war es besser sich irgendwo aufzuhalten wo sie nicht auf die Idee kam zu suchen. Man musste sich versteckt halten um nicht von ihrem Putzwahn mit eingespannt zu werden. So entpuppte sich das Dach als der einzig, sichere Ort. Ob ich nun krank war, es mir schlecht ging oder ich einfach nur meine Ruhe wollte, das Dach war der einzige Ort an dem sie mich nie erreicht hatte. Mein einziges Zuhause. Ich schlich zum Kleiderschrank. Es war schon wirklich erstaunlich. Innerhalb des letzten halben Jahres hatte ich sämtliche helle oder farbige Kleidungsstücke aus dem Schrank verbannt, denn ich brauchte keine Farbe um ich selbst zu sein. In diesem heillosen Chaos griff ich mir die ersten beiden Teile die mich zu steinigen drohten. Ein schwarzes Rollkragen-T-Shirt geziert mit einem Steinchen besetzten Schmetterling der sich gerade aufmacht, in die Weiten des düstren Himmels zu sausen und ein schwarzer Faltenmini der an der rechten Seite mit zwei silbernen Zierschnallen besetzt war. Ein wahrhaft seltsamer Mix, aber ich hatte es mir zur Regel gemacht immer genau das anzuziehen, wonach ich als erstes griff. Und wenn die Auswahl auch noch so schräg schien, ich wollte sie ausbaden. Zum krönenden Abschuss wählte ich noch meine hochhackigen, kniehohen Schnürstiefel aus. Wenn mein Outfit selbst schon nicht der Brüller war, so sollten wenigstens die Schuhe dazu passen. „Ich geh dann mal“ rief ich während ich am Wohnzimmer vorbei schlürfte und mich mit meinem Handy bewaffnete. Dieses kleine Ding war so winzig das ich es mir getrost in den Stiefelschaft schieben konnte ohne befürchten zu müssen es hätte keinen Platz. So konnte ich mir lästige Anhängsel wie Handtaschen oder nervige Jacken ersparen. „Möchtest du nicht wenigstens eine Kleinigkeit essen? Wann kommst du wieder? Vergiss nicht dein Handy mitzunehmen“ „Nein Mama, ich habe keinen Hunger und das Handy hab ich schon eingesteckt. Keine Ahnung wann ich wieder da bin.“ Noch bevor sie eine weitere Frage stellen konnte ging ich die Tür hinaus und zog die Tür hinter mir zu. Diese Familienidylle war nicht zu ertragen. Mama war stundenlang damit beschäftigt penibel jeden kleinen Staubkrümel zu entfernen den sie fand. Sie war eine fanatische Hausfrau. Und Papa… tja Papa.. er ging seinem Lieblingshobby nach. Wenn er nicht gerade in der Arbeit war oder Nachts durch die Straßen zog um das letzte bisschen Freiheit zu genießen das er hatte, dann verbrachte er Zeit im Garten und redete auf seine geliebten Pflanzen ein. Seine wunderschönen Rosen. Ich wünschte, er würde sich nur ein einziges Mal so um mich kümmern. „Bin weg Paps, bis dann“ „Was denn, kaum aufgestanden und schon unterwegs. Na dann bis später meine Kleine.“ Keine Sekunde hatte er mich beachtet. Ein kurzes, flüchtiges Lächeln, aber er fragte niemals danach was ich vor hatte. Im Gegensatz zu Mama schien er nicht weiter daran interessiert zu sein was ich dieses mal vor hatte oder worüber sich die Nachbarschaft das Maul zerriss. Er lebt nur für seine eigene Welt. Und so spielte es für ihn auch keine Rolle ob sie mich **** oder kleines Flittchen nannten. Für diese Spießer war ein gepflegtes und braves Erscheinungsbild das A und O. Alles was aus der Reihe tanzte, hatte seinen Stempel weg. So auch ich. Ich schenkte Papa keine weitere Beachtung mehr und schlenderte zum Gartentor. Großer Gott, hätte ich diesen Idioten der sich auf der anderen Straßenseite auf den Boden gesetzt hatte doch nur übersehen können. Ich schwöre, ich wäre weitergelaufen ohne auch nur ein Wort zu verlieren. „Hey. Hey du! Fängt das schon wieder an?! Muss ich dich erst steinigen damit du mir Beachtung schenkst?“ Entrüstet sah ich ihn an. Bedauerlicher Weise musste ich auf seine Seite wechseln. Ich wollte in die Stadt gehen und die Schaufenster auf die neuesten, modischen Querschläger untersuchen. Vielleicht würde ich heute etwas finden, was die Nachbarschaft endgültig zum Amok laufen bewegen würde. Wer weiß. Aber IHN wollte ich nun nicht mit dabei haben. „Was willst du denn schon wieder?! Ich kann mich nicht erinnern, dass wir neuerdings Freunde sind… Marek?!“ Demonstrativ verschränkte ich die Arme und würdigte ihn keines Blickes „Nun komm schon Sandra, ich bin gekommen um mich zu entschuldigen und nicht um mit dir zu streiten. Du bist mir sympathisch, weißt du? Und ich wollte gerne Frieden schließen.“ „Jajaaaa“ unterbrach ich ihn barsch „und nächstes mal versuchst du gleich mich zu vergewaltigen oder?! So eine Frechheit!“ „Ich sagte doch, es tut mir Leid“ Ohne auf meine Reaktion zu warten schnitt er mir den Weg ab und stellte sich vor mich „Es tut mir wirklich Leid. Können wir das ganze nicht vergessen und nochmal von vorne anfangen? Dieses mal benehme ich mich auch.“ Kalt starrte ich ihm in die Augen und verharrte einen Augenblick. Seine braunen Augen waren seltsam matt und undurchdringbar. „Jaja. Würdest du mir bitte endlich aus dem Weg gehen?“ schnauzte ich „Nur wenn du mir verzeihst Dachprinzesssin“ „Mwaaaaah! Hör endlich auf mich so zu nennen! Ich heiße Sandra und nicht Dachprinzessin. Geh mir endlich aus dem Weg!“ Barsch schob ich ihn auf die Seite und stapfte wütend voraus. Die ersten Schaufenster blitzten scharf im Sonnenlicht. Wenn dieser Idiot nur endlich verschwinden würde. „Komm schon Sandra. Ich gebe zu, es war kein feiner Zug von mir dich einfach so zu küssen. Aber ich beobachte dich schon eine ganze Weile. Und deine unterkühlte Art zieht mich einfach an“ „Achja? Du stalkst mich also?!“ Hätten Blicke töten können, würde er jetzt wohl mit dem Rückgrad aufgespießt an einem Gartenzaun hängen. Er musterte mich auffällig, verlor kein Wort. „Ist ja schon gut! Wenn du aufhörst mich zu nerven verzeih ich dir“ Was blieb mir anderes übrig. Wenn ich nicht nachgeben würde, würde er wohl niemals aufhören mir wie ein Dackel hinterher zu rennen. „Juhuuuuuuuuuuu, Sandraaaaaaaaaaaaaaaaaaa“ Nanu. Wer war denn das nun wieder. Diese Stimme schien mir so unheimlich vertraut und doch wusste ich sie nicht einzuordnen. Ab die Gestalt… moment mal… blondiertes, pink gesträhntes Haar, eine schmale und doch kurvenreiche Gestalt… das konnte nur… war das wirklich…? „Jacky? Bist du das?“ Das hübsche Mädchen rannte auf mich zu. Wäre sie nur ein bisschen schneller gewesen, hätte sie mich wohl von den Füßen gerissen. „Heyheyhey, Jacky“ grinste ich „du musst mich doch nicht gleich flach legen“ Ausgelassen lachte sie. Es war eine Ewigkeit verstrichen seit wir uns das letzte Mal begegnet waren. Marek wich noch immer nicht von mir. Er sprach keinen Ton. Beobachtete und lauschte. Es war, als wäre er ein Spion. Oder eine Kamera die jede Bewegung aufzeichnete, jeden Ton auf Band festhielt auf das man irgendwelche Beweiße für irgend einen Umstand finden kann. Auf eine seltsame Art und Weise machte mir seine Gegenwart Angst. Aber ich dachte nicht weiter darüber nach. Jacky und ich genossen den Tag. Wir rannten durch die Läden, probierten ausgefallene Dinge an. Marek war irgendwann verschwunden. Nicht, das ich das bereut hätte. Aber irgendwie tauchte dieser Kerl ständig unvermittelt auch und verschwand genauso rätselhaft wieder. Ich hätte ihn schon des öfteren beobachtet wie er im Garten stand. Regungslos und immer auf die gleiche Stelle fixiert. Ich fragte mich, was ihn wohl so fesselte das er stundenlang auf der selben Stelle stehen konnte ohne auch nur einen Finger zu rühren. Jacky und ich ließen den Tag mit einer ordentlichen Pizza und einem Glas Wein beim Italiener ausklingen. Es war so wie früher. Was wir auch unternommen haben, wohin wir auch gegangen sind, wir teilten alles. Ganz so als wären wir Schwestern. Irgendwann, als es schon dunkel war, liefen wir zu mir nach Hause und ich konnte sie überzeugen mit mir auf das Dach unseres Hauses zu klettern. Sie war überwältigt von der Aussicht und wie wunderschön die Sterne glänzten. Ich wünschte, ich hätte für immer in diesem Augenblick verharren können. Ich hatte es so sehr vermisst einen Freund um mich zu haben der mich kennt. Auch ohne Worte. Jacky war die einzige, richtige Familie die ich hatte. >Patsch< „…u da….fwachen…“ >Patsch< „Hey! Aufwachen hab ich gesagt!“ „Aaaaaah!“ ich musste wohl eingeschlafen sein „was machst DU schon wieder hier?!“ Mareks Haar streifte mein Gesicht. Er hatte sich direkt über mich gebeugt. „Wo ist Jacky?“ Ich versuchte mich abzuwenden und ihn von mir zu schieben. „Jacky ist… gegangen… sie meinte… ich soll dir ausrichten das sie den Tag genossen hat und darauf hofft dich bald wieder zu sehn.“ „Warum hat sie mich denn nicht gewe…“ Gerade als ich mich richtig setzen wollte drückte er mich zurück und zwang mich in die Horizontale. „Was soll das?! Lass mich sofort los!“ Er reagierte nicht. Und jetzt wusste ich auch was mich so sehr an ihm störte. Es war dieser Blick der mich verängstigte. Ein gieriger, verzehrender Blick. Wie der, eines Raubtieres der sein Opfer ausgiebig musterte um auf jede Reaktion im Moment des Angriffs gefasst zu sein. Der Mond hatte eine blutrote Färbung angenommen. Ich startete einen weiteren Versuch mich aufzurichen, doch er ließ es nicht zu. „Du gehörst miiir“ flüsterte er. Und doch klang sein flüstern mehr wie ein giftiges zischen das sich in meine Ohren bohrte und meine Alarmglocken schrillen ließ. Lauf! Lauf so schnell du kannst! mahnte mein inneres. „Verdammter MISTKERL! NIMM DEINE DRECKIGEN HÄNDE VON MIR!!!“ Zu spät. Er hatte bereits meine Handgelenke über meinem Kopf fixiert und dachte nicht daran mich loszulassen. Mit aller Kraft versuchte ich nach seinen Weichteilen zu treten, doch irgendwie gewann er wieder die Kontrolle über meinen windenden Körper und setze sich auf meinen Unterleib. Verdammt! Es soll aufhören! Es muss aufhören! Das ist alles nur ein böser Traum! „Lass mich los… bitte… lass mich los… lass das sein“ wimmerte ich. Doch er ließ nicht von mir ab. Sein schmutziger Atem floss über meinen Hals. Wieder glitt seine Hand unter mein T-Shirt. „So meine Kleine… und jetzt schön still halten, dann tut es auch gar nicht so weeeh“ er lachte. Sein lachen, so leise es auch war, schallte tausendfach in meinem Kopf wieder. Warum konnte ich nicht einfach in meiner Welt versinken…. Ins Koma fallen…. Noah…. Steh mir bei…. Er versetzte mir einen heftigen Schlag ins Gesicht. Die Welt um mich herum vibrierte und ich war das leblose Objekt darin das nicht weiter kämpfen wollte. Gewaltsam presste er meine Oberschenkel auseinander und er würde nicht aufhören ehe er mit mir fertig war..... Man hatte mir alles genommen… Meine Liebe… Meinen Stolz… Und jetzt auch noch meine Ehre… Ehe er verschwand schlug er noch einmal mehrmals auf mich ein… Wann er verschwunden war… ob er noch mehr an mir verbrochen hatte und ob er wieder kommen würde…. Das wusste ich nicht… denn irgendwann, nach unzähligen harten Schlägen die meinen Körper beutelten, hüllte mich eine tiefe Dunkelheit ein. Und noch nicht einmal die Sonne die mir diese Finsterniss vorgaukelte strahlte Licht aus…. Die Schwarze Sonne hielt mich fest… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)