Paper Plane von KingKibum (Eine Blume ohne Sonnenschein, ist bestimmt zu sterben...) ================================================================================ Kapitel 1: Nummer 212 --------------------- Wo war ich hier nur hingeraten? Dunkel und schmutzig, ein Ort der von Gewalt bestimmt wurde. Was oder wer man war zählte hier nicht. Nicht einmal meinen Namen durfte ich behalten. Den Namen den mir meine Eltern einst gaben war hier nicht mehr relevant. Ich war nicht mehr Len, nein“ Hier war ich die Nummer 212, einer von vielen Insassen. Ein Gefängnis. Hier war ich also hingeraten. Und ich war auch noch selbst dran schuld. Was ich getan hatte war egal, ich wurde so oder so mit all den Mördern, Dieben und Betrügern gleichgestellt. Wie lang ich wohl schon hier war? Ich wusste es nicht. Aber wen wunderte es? In einer Zelle eingesperrt, ohne je die Sonne zu sehen, da verlor man jegliches Zeitgefühl. Plötzlich vernahm ich ein lautes Klopfen an meiner eisernen Zellentür. Ich zuckte zusammen, gab aber nicht einen laut von mir. Egal was ich sagte, man nahm es nicht war. Es war als würde ich gegen eine kalte, harte Wand reden. Die Tür öffnete sich und gleich zwei dieser großen Wärter traten in die kleine Zelle, packten mich an den Armen und rissen mich von meiner kleinen Pritsche. Was sie vor hatten, das wusste ich nicht. Und vielleicht wollte ich es auch gar nicht wissen. Sie sprachen kein Wort, so wie sie es immer taten. Gewaltsam holten sie mich aus meiner dunklen Zelle und schleiften mich die langen Flure entlang. Nur mühsam schaffte ich es den Männern zu folgen. Wir waren an einem großen eisernem Tor angelang und einer der beiden Wärter ließ mich los um dieses Tor zu öffnen. Was dahinter lag konnte ich nur erahnen weil ich plötzlich von einem sehr hellen Licht geblendet wurde. Sonnenlicht? Konnte das wirklich wahr sein? War ich frei? Durfte ich endlich hier raus? Tausend fragen und Gefühle schossen durch meinen Körper. Zum ersten Mal verspürte ich so etwas wie Hoffnung, dieser Hölle zu entfliehen. „Du bekommst heute mal etwas Auslauf, Köter!“, lachten die Männer in einer fiesen und herablassenden Tonart wie ich sie hier schon so oft wahrgenommen hatte. Als wären wir nichts wert, Tiere die eingesperrt waren und mit denen sie tun und lassen konnten was sie wollten. Ja, das waren wir. Doch ehe ich weiterdenken konnte wurde ich schon in den kalten nassen Matsch geworfen. Es war mir egal, denn ich war endlich hier draußen. Ich konnte die Sonne, den Himmel, die Vögel und all das was dazu gehörte sehen. Ein leichtes Lächeln zierte mein von Dreck verschmiertes Gesicht. Auch wenn es blendete, sah ich in den großen gelben Feuerball der am Himmel stand. Einige Momente rührte ich mich nicht, doch als das schwere Eisentor hinter mir einen lauten Donnernden Schlag tat raffte ich mich zusammen und stand langsam auf. Nur grob wischte ich mir den Matsch von meiner blauen Gefangenenkleidung. Es war egal wie ich aussah, wer würde mich hier schon so sehen außer die Wachen die hier ab und an vorbeiliefen? Niemand. Ich war alleine doch zum ersten Mal seit langer Zeit verspürte ich ein Gefühl von Freiheit. Nun begann ich mich näher umzusehen. Hier war nichts. Gar nichts, was auch nur ansatzweise an Leben erinnerte. Nach und nach entfernte ich mich etwas von dem großen Tor das mich so eben noch in meine „Freiheit“ entlassen hatte. Der Boden wurde trockener, was es mir erleichterte zu laufen. Immer wieder musste ich hinter mich blicken um auch sicher zu gehen, dass keine Wachen mir gefolgt waren um mich gleich wieder einzusperren. Langsam erblickte ich den großen Zaun der mir ein wenig von meiner Freiheit nahm. Er war mit Stacheldraht verkleidet, so dass es auch ja kein Mensch wagte ihn nur zu berühren. Doch ich musste mich erst selbst davon überzeugen, ging immer näher und näher zu dem Zaun, bis ich schließlich direkt davor stand. Man konnte hindurchsehen. Es war keine Wand oder ähnliches, nur ein Zaun. Die weiten grünen Wiesen die ich dahinter sah waren so schön, dass ich einfach nur zu ihnen wollte. Ich wollte mich einfach nur in das Gras legen, die Wolken im Himmel beobachten und hin und wieder an einer der wunderschönen Blumen schnupper. Wie sie wohl rochen. Kurz schloss ich meine Augen und versuchte es mir vorzustellen, doch so weit reichte meine Fantasie nicht. Ehe ich mich versah streckte ich eine Hand in die Richtung meiner Traumwelt aus. Doch ich wurde schnell aus meinen Gedanken gerissen denn einige der eisernen Stacheln hatten sich in meine Hand gebohrt. Nur ein leises Zischen schlich über meine Lippen ehe ich die Hand schnell wieder zurückzog. Ich traute mich nicht, auf meine Hand zu sehen. Zu schön waren noch die Bilder die ich von meiner Traumwelt im Kopf trug. Doch der Schmerz wischte langsam all das Schöne an das ich denken konnte weg und so öffnete ich meine Augen und blickte auf meine vor Schmerz pochende Hand. Blut rann meine Hand entlang. Doch die rote Flüssigkeit mischte sich mit dem Matsch der noch immer an mir klebte. Es brannte und ich unterdrückte ein Jammern. Schließlich war ich ein Mann, ich durfte keinen Schmerz zeigen. Wer hier Schmerz oder Gefühle zeigte hatte schon verloren, das hatte ich schnell gemerkt. Langsam sah ich an mir herunter. Meine Hose, die mir eh immer zu lang gewesen war, das war die Idee. Kurzer Hand hatte ich die Hosenbeine abgerissen – zum Glück war die Hose so alt und voller Löcher gewesen, was das Ganze erleichterte - und machte mir dann aus diesen Stofffetzen eine Art verband. Das der Stoff voller Dreck und Matsch war, war hier nicht relevant. Was mich nicht umbrachte, machte mich stärker, so musste ich denken. Ich wickelte den dünnen Stoff um meine verletzte Hand und band ihn mit Hilfe meiner Zähne gut fest so, dass er nicht abging. Einige Momente saß ich einfach nur da und versuchte wieder an meine Traumwelt zu denken, was nun schwerer war als ich mir je hätte träumen lassen. „Dort hinten ist er ja!“, hörte ich schon die Männer rufen. Nur kurz drehte ich mich zu ihnen um, doch etwas anderes hatte meine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Eine Person. Nein, nicht nur irgendeine Person. Ein Mädchen, mit einem wunderschönen weißen Kleid. Sie trug einen großen Hut, mit einer rosafarbenen Schleife, der ihr Gesicht verdeckte. Doch ich hätte schwören können, dass ihr Gesicht dem eines Engels glich. So rein und wunderschön, dass man es kaum in Worte fassen konnte. Doch ehe ich dieses Mädchen näher betrachten konnte wurde ich schon wieder an den Armen gepackt und einige Meter von dem Zaun weggerissen. „Nein! Lasst mich los! Ich will hier bleiben!!“, rief ich laut und stemmte mich gegen die beiden Männer. Sie waren um einiges stärker als ich, so war es für mich fast unmöglich zu entwischen. Die Männer lachten, schon wie sie es zuvor getan hatten und zogen mich noch etwas weiter von dem Stacheldraht weg. Nur aus dem Augenwinkel sah ich wie das Mädchen sich in meine Richtung drehte. Ihre großen blauen Augen waren für mich wie das Blau des Himmels nach dem ich mich immer gesehnt hatte. Ich war wir gebannt von dem Anblick der sich mir bot, konnte nicht wegsehen oder etwas sagen. Es war als würde das leblose Herz in meiner Brust wieder beginnen zu schlagen. Dieses Mädchen hauchte mir wieder Leben ein. Absurd wenn man bedachte, dass ich sie nicht kannte. Ich wusste weder ihren Namen noch irgendetwas anderes von diesem engelsgleichen Wesen. Erst als einer der Wächter mir eine Ohrfeige verpasste sah ich von ihr ab. Mein Blick war zu Boden gerichtet, ich traute mich nicht aufzublicken. Die Angst noch einmal geschlagen zu werden war einfach zu groß, als das ich mich nun wehren würde. „Hör gefälligst zu wenn man mit dir redet, wie es sich gehört!“, schrie einer der beiden mich an, worauf hin ich nur nickte. Sie hatten mit mir geredet? Selbst wenn dem wirklich so war, ich hatte nicht ein Wort mitbekommen. Zu sehr war ich auch das Mädchen fixiert, doch nun traute ich mich nicht mehr zu ihr zu sehen. Zu groß war meine Scham. Ohne mich zu wehren ging ich wieder mit den Männern zurück zu dem großen Tor. Ich würde sie wohl eh nie wieder sehen. Sie hatte sich sicher verlaufen, denn wer würde schon freiwillig zu so einem Ort kommen. Mit einem lauten Knarren war das Eisentor geöffnet so, dass wir hindurch gehen konnten. Noch einen letzten Blick wagte ich hinter mich, nur um nicht ganz zu vergessen wie die Welt dort draußen aussah. Doch plötzlich entdeckte ich einen kleinen weißen Fleck in der Ferne. Sie war noch da? Ja, das war sie! Natürlich! Niemand anders konnte das gewesen sein. Vielleicht würde sie morgen wieder hier sein. Es gab mir Hoffnung und sogar ein kleines Lächeln legte sich auf meine Lippen. Den ganzen Weg über zu meiner Zelle musste ich an ihre eisblauen wunderschönen Augen sehen. Mein größter Traum war es, diese Augen wieder zu sehen. Die Nacht über konnte ich kaum schlafen, immer und immer wieder dachte ich an unsere Begegnung und daran, dass ich sie wieder sehen würde. Es musste so sein, das spürte ich. Zumindest würde ich die Hoffnung nicht aufgeben… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)