Spiegelbild von KyokaiKodou (Das etwas andere Paar) ================================================================================ Kapitel 1: Flashback -------------------- Ich weiß nicht einmal so recht, wo ich anfangen soll. Du bist ... ganz anders, als ich wohl jemals erwartet hätte. Groß, blond, Bassist und du bist ... ein Mann, wie ich. Ich bin klein, blondgefärbt und Vocal. Macht doch nichts? Sicher, im Normalfall nicht, doch Normalfall nenne ich den Umstand, wenn man wenigstens aus der gleichen Band stammt. Ich bin nicht wie Takanori, elegant, gutaussehend, gesund und narbenfrei. Eigentlich ... bin ich das genaue Gegenteil davon und trotzdem stehe ich jetzt in deiner Wohnung, oder besser, ich sitze. Deine Wohnung ist das reinste Chaos, überall Kisten und Klamotten, teilweise so durcheinander, dass da nur du durchblickst, aber gut, ein anderer muss da auch gar nicht durchsteigen. War Toshi früher auch so? Wenn ich mich recht entsinne, dann ist er sogar jetzt noch eine ziemliche Schlampe, muss wohl son Bassistengen sein. Ich drücke die Zigarette in dem kleinen Aschenbecher vor mir auf dem Boden aus und greife wieder nach meiner Kaffeetasse, während mein Blick ein weiteres mal durch dein Zimmer schweift. Aus dem Bad höre ich noch immer die Dusche und stell mir vor, wie das Wasser über dein Gesicht perlt und schon schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen. Morgen muss ich wieder fahren, das ist also unser letzter Abend, dann werden wir wieder für eine Weile getrennte Wege gehen. Du mit deinen Jungs, ich mit meinen. Wir sind noch nicht lange zusammen, doch du hattest mein Interesse schon eher geweckt. Schon verrückt, was Gefühle so für Wege gehen können ,,, Ich werd es nie vergessen, wie ich dich das erste mal traf. Daisuke und Yuu kannten sich schon vorher, ich weiß auch nicht wie, ich hab eh nie verstanden, wie unsere Bands Kontakt zu einander aufbauen konnten. Jedenfalls hatte mich Dai mitgeschliffen auf diese Veranstaltung, die mich mal so gar nicht interessiert hat, doch das hatte auch keinen von euch interessiert. Dai und Yuu waren im Gespräch, Gitarristen unter sich eben, bis Yuu meinte, dass er noch jemanden mitgebracht hätte, doch sich dieser wohl verspätete. Plötzlich standest du in der Tür. Es war ... wie sagt man? Liebe auf den ersten Blick? Naja, seien wir mal realistisch, Liebe kann es auf den ersten Blick nicht geben, vielleicht ne Schwämerei, doch ich würde lügen wenn ich behaupten würde, dass mich dein Eintreten kalt gelassen hätte. Du hattest blaue Kontaktlinsen drin, jedenfalls in dem Auge, was nicht von deinem Pony verdeckt war. Ich kannte dich von Bildern, hab dich eher kritisch beäugt, weil ich den Tick mit diesem Stoff über der Nase nie verstanden habe, doch das war plötzlich nebensächlich. Deine Augen glitten in meine Richtung und du hast gelächelt, aber kein typisches Lächeln, sondern mehr son Grinsen, irgendwas Fieses. Doch heute weiß ich, dass es alles andere als was Fieses gewesen war. An dem Tag unserer ersten Begegnung hatten wir nicht wirklich viel gesprochen, doch ich hab dich immer wieder gemustert und gesehen, dass auch in deinem Blick Interesse lag, doch ich weiß bis heute nicht, auf welcher Ebene. Wahrscheinlich nicht auf meiner... Wie dem auch sei. Nach ein paar Wochen fingen wir an zu schreiben. Und schon nach wenigen Nachrichten wurde uns wohl beiden klar, dass wir auf einer Wellenlänge lagen und das hatte uns beide gleichermaßen verblüfft. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, doch mein Interesse an dir wuchs stetig und ich konnte es nicht mehr wirklich kontrollieren. Keiner ahnte etwas und ich habe es auch keinem erzählt, jedenfalls nicht in der ersten Zeit. Ich wollte allein damit fertig werden und eigentlich hatte ich mich schon damit abgefunden, das niemals mehr als eine Bekanntschaft oder Freundschaft sein würde und auch nicht sein dürfte. Schon allein aus dem Grund, weil du damals noch einen Partner hattest ... Wie auch immer du das neben deiner Karriere geschafft hast, doch vielleicht war das auch der Grund, wieso genau diese Partnerschaft nicht mehr lange gehalten hatte. Und ich bin immer davon ausgegangen, dass ich eh nie bei dir ankommen würde. Du warst einer von den Glamour-Rockern, ich war nur für meine Selbstzerstörung bekannt. Und niemand ahnte, dass so eine zerstörerische Natur auch in dir wühlte. Der Abend, als du mir das erzählt hast, hatte für mich klargemacht, dass ich meine Finger nicht von dir lassen würde. Und wie man heute sehen kann, hab ich damit Recht behalten. Unser nächstes Treffen war ziemlich ... gefühlsbetont. Alle waren anwesend doch auch hier hatte keiner was geahnt, obwohl wir eine Weile allein unterwegs waren. Zu diesem Zeitpunkt wusstest du bereits, dass mein Interesse über eine Freundschaft hinaus ging und ich wusste, dass es bei dir nicht so war. Mitlerweile warst du wieder Singel ... Das hatte mir Hoffnung gemacht und gleichzeitig hatte ich mich für dieses blauäugige Verhalten gehasst. Mein Körper war das reinste Schlachtfeld gewesen. Trotzdem hattest du mich an diesem Tag geküsst ... du hattest extra dein Nasenband abgenommen und ich werde wohl nie das Gefühl deiner Lippen vergessen. Ein paar Wochen später hatte ich Stress mit Kaoru. Er hatte es mitbekommen und einfach nicht gut geheißen. Doch als er ansetzte gegen dich zu sprechen, hatten wir uns richtig in den Haaren und ich war kurz davor gewesen, Dir en grey hinzuschmeißen. Bis zum dritten Treffen begannen wir regelmäßig zu telefonieren. Ich begann deine Stimme zu genießen und mich in sie zu verlieben, sie machte geradewegs süchtig. Telefonate kotzen mich an und ich hab selten Bock drauf, doch mit dir habe ich immer gerne gesprochen und zwischen den Sätzen schwiegen wir gemeinsam und ich konnte deinem Atem lauschen. Wir vertrauten uns und meine Mauer riss ein, ebenso deine. Wir waren wie offene Bücher zueinander und wir brauchten selten viel sagen und verstanden uns auch mit wenigen Worten. Dabei scheinen wir auf den ersten Blick so vollkommen unterschiedlich wie Tag und Nacht, doch wir sind das perfekte Beispiel für die Tatsache, dass Menschen nicht immer so sind, wie man auf den ersten Blick glaubt. Du hattest angefangen, mehr für mich zu fühlen, doch du warst dir nicht sicher und du hattest Schiss. Den hatte ich auch und mein Körper hatte unter diesem Zustand immer mehr gelitten, doch deiner auch, wie ich im Nachhinein mitbekommen hatte. Dann war das dritte Treffen und eigentlich waren nur Shinya, Yuu, Uruha, Kai und du da. Yuu hatte mitlerweile so einen Vermittlerposten zwischen uns gehabt und Shinya mich immer wieder versucht zu beruhigen. Doch es reichte mir. An diesem Abend hatte ich die Schnauze voll. Nachdem ich mir Mut angetrunken hatte, hatte ich dich zu einem Gespräch gezwungen und dir eine Entscheidung abverlangt. Ein Fehler, denn du sagtest nein. Fuck, tat das weh und du warst so neben dir, dass du einfach nur da standest und nicht wusstest, was du tun solltest. Irgendwann lagen wir uns in den Armen, doch es war nur für einen Augenblick. Dann war ein paar Tage Stille, doch ich bekam dich nicht los und war für meine Band absolut unerträglich, ständig schlecht drauf, gereizt ohne Ende und ein Arbeiten mit mir war unmöglich. Es konnte so nicht weitergehen, das wusste ich, also raffte ich mich auf und sagte dir, dass es mich fertig macht, was du abziehst. Überraschenderweise ging es dir nicht anders und sofort war ich wieder milde gestimmt. Noch am kommenden Wochenende fuhr ich zu dir. Du hattest mich am Bahnhof abgeholt, umarmt, geküsst. Die erste Nacht war ereignislos, ich habe nur deine Nähe genossen, deinen Duft aufgenommen, deinem Schlaf gelauscht, deinem Schnarchen, dich immer wieder angesehen und dein schlafendes Gesicht einfach genossen und mit meiner Gier nach deiner Nähe gekämpft. Ich hasse Nähe. Um jeden Preis versuche ich sie zu fremden Menschen zu meiden, manchmal auch zu meinen Jungs. Eine Berührung löst in meinem Kopf einen unwahrscheinlichen Denkprozess aus, für andere nicht nachvollziehbar, für mich nicht einfach abschaltbar. Bei dir war es anders. Schon in der ersten Nacht wollte ich, dass du mich berührst und ich wollte dich berühren, doch es geschah nichts, Anders in der zweiten Nacht. Du hattest schon geschlafen, doch ich reiße dich ja von Zeit zu Zeit gern aus dem Schlaf, so auch in dieser Nacht. Ich weiß noch genau, dass Vollmond war, weil er so penetrant auf dein Bett schien und alles in kaltes Licht tauchte. Sex ist für mich keine große Sache und ich denke dabei nicht oft nach, meist vergesse ich auch, mit wem ich schon geschlafen hab, weil es mir einfach nichts bedeutet. Bei dir war ich nervös, meine Arme haben gezittert. Durch meine Halsküsse bist du nicht wachgeworden, doch wenn ich gebissen hatte, dann schon und du hast so süßlich unter mir aufgekeucht, dass ich wusste, nicht aufhören zu können. Deine Augen waren noch völlig schlaftrunken, doch während ich dich küsste, wurdest du wach, kralltest dich in mein Haar und zogst mich fester an dich. Das kam für mich überraschend. Ich hab um Beherrschung gerungen, um Fassung, versucht es wegzuschlucken, doch es ging einfach nicht, also sah ich dir im Halbdunkeln in die Augen und sagte: "Ich will mit dir schlafen ... jetzt." Du hast geblinzelt und dann formten sich deine Lippen zu einem Lächeln. "Okay." Das war alles was du sagstest und als du mein ungläubiges Gesicht sahst, weitete sich dein Lächeln zu einem Grinsen, wie man es aus Interviews mit dir kennt. Doch dieses hier gehörte nur mir. Was danach geschah war atemberaubend und ich denke auch heute noch oft und gern zurück. Ich habe dich geküsst, gestreichelt, geschmeckt und du mich ebenso. Die Umrisse deines Körpers zeichneten sich ganz deutlich vor dem Mondlicht in deinem Zimmer ab. Deine Augen waren so klar, so wach und aufmerksam. Ich dachte immer, Bassistenhände wären grob, doch nicht deine. Sie waren überall und ich habe jede deiner Berührungen genossen. Wir versuchten uns gegenseitig zu halten und lehnten die Stirn aneinander. Dein Keuchen auf meinen Lippen gehört zu diesen Sachen, die ich nicht vergessen kann, ebenso, wie du mich angesehen hast, durch deine blonden Strähnen hindurch, als wölltest du keine meiner Reaktionen verpassen und ich hab sie dir zu gern gezeigt, gegeben, geschenkt. Wie gern hätte ich deinen Körper und deine Nähe nochmal so gespürt, doch das war das erste und bisher einzige mal. Leider. Dabei gibt es für mich nichts Schlimmeres als zu langer Entzug von körperlicher Nähe. Paradox, weil ich Nähe hasse? Richtig, doch nicht die Nähe zu dem Menschen, den ich am tiefsten in mich gelassen habe, in mehrerer Hinsicht. Dessen Zuwendung brauch ich einfach. Eine Zeitlang kann ich dieses Bedürfnis zurückhalten, sicher, doch irgendwann wird es mit mir durchgehen, So wie heute, Ich bin jetzt schon ein paar Tage bei dir, weil es mein Terminplaner gerade mal zulässt. Demnächst seid ihr wieder auf Tour, also wollte ich nochmal zu dir. Doch bis jetzt ist nie wieder etwas dergleichen passiert. Du hast am Anfang der Woche gesagt, dass es dir körperlich nicht gut geht, doch dass du es mich wissen lässt, wenn du dich wieder fit fühlst. Nun ist Freitag und es kam immer noch nichts von dir. Ich weiß, dass du mich auf Abstand hälst, ich weiß seit letzter Nacht auch wieso, doch du weißt nicht, dass ich es weiß. Der Kaffee ist mitlerweile nur noch lauwarm, also trink ich ihn einfach ein wenig schneller. Ich sollte aufhören zu träumen. Mein Blick gleitet zu deinem Bass. Wenn ich er wäre, würdest du mich dann häufiger berühren? Ich kenne die Anhänglichkeit zum Bass von Toshi, der wollte sich früher nie weiter als 20 m von dem Ding entfernen. Die Dusche ist mitlerweile verstummt. Verlange ich vielleicht zu viel? Bin ich zu triebgesteuert? Hormonverseucht? Ist es denn verkehrt, sich nach dir zu sehnen? Ich stelle die leere Tasse auf den Boden, neben den Aschenbecher und rücke auf dem Bett noch ein Stück nach hinten. Dann kann ich hören, wie sich die Tür öffnet und wenig später trittst du ein, siehst mich an und lächelst. Dein Lächeln lässt mein Herz höher schlagen. Du bückst dich zu mir und hauchst mir einen Kuss auf die Lippen und für diesen Augenblick verschwindet alles andere um uns herum. Wir sehen uns kurz in die Augen und schmunzeln uns wie zwei bekloppte Teenager an. Dann wendest du dich kurz ab und suchst dir eine Zigarette. Deine Haare sind noch feucht und hängen dir strähnig über der Stirn. "Kyo ... hast du mein Feuer gesehen?" "Nimm meins..." Ich schieb es dir über den Boden und beobachte dann, wie du dir den Glimmstängel zwischen die Lippen klemmst und ihn anzündest. "Reita?" "Hm?" Deine Augen schauen mich fragend an und du hast wieder diesen Gesichtsausdruck drauf, der einem weiche Knie beschert. Und schon ist mein Kopf wieder leer. "Ach, nichts." Ich winke ab und lächel und auch wenn du zögerst, lächelst du zurück und beugst dich erneut zu mir, küsst mich wieder und ich genieße es ein weiteres mal. Und wieder einmal spreche ich es nicht an. Verdammt aber auch. Shinya sagte, dass ich geduldiger werden soll. Aber Geduld is echt ne Scheißsache, wenn man glaubt, keine Zeit mehr zu haben, oder wenn man denkt wie ich und fast jeden Tag davon ausgeht, es könnte was Unvorhergesehenes passieren und man verreckt. Doch ich weiß, dass auch du daran denkst. Wir denken oft das gleiche, doch wieso in genau solchen Dingen nicht? Seufzend senke ich den Kopf und dreh die Kaffeetasse auf dem Boden. "Willst du noch einen?" Höre ich dich fragen, doch ich schüttel den Kopf. "Rauch auf und dann pennen." murmel ich und dreh mich nach hinten, schieb mich unter die Bettdecke und blicke Richtung Fenster. Und auch diese Nacht werde ich wieder neben dir liegen, entweder du in meinem Arm oder ich in deinem. Und wieder wird es weggeschlafen, totgeschwiegen und frisst sich tiefer in mich. Wenige Augenblicke später schiebst du dich an mich und legst deinen Arm um meine Hüfte. Zufrieden lächelst du kurz und siehst mich noch einmal an, ehe ich dich noch mal küsse. "Schlaf gut, Babe." "Du auch, Honey." Es ist in Ordnung, ich muss geduldig sein, ich muss mich zwingen, so wie ich dich zwinge, Gefühle zu zeigen. Irgendwann wirst du es von dir aus wollen .. bis dahin bleibt mir noch die Selbstbefriedigung. Wir sind ein ungewöhnliches Paar, unsere Beziehung ist außergewöhnlich, doch ebenso .. einmalig und um nichts in der Welt möchte ich sie eintauschen. Der sanfte Macho, der ein Arschloch sein kann und der abgebrühte Ritzer, der sich erstmals richtig in einem anderen Menschen verloren hat, Und das paradoxe an dieser Beschreibung ist, nur wir beide wissen, dass wir das eine, wie auch das andere sind und wir selbst manchmal nicht wissen, wer eigentlich kranker ist, doch das ... bleibt unser kleines Geheimnis. Geheimnisse können in Vergessenheit geraten? Nein, unseres nicht, denn jeder Blick in den Spiegel erinnert uns und zeigt uns, dass wir wir sind. Und auch die Bedeutung dieser Beschreibung ist unser Geheimnis. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)