The Forbidden Alchemist von Himikario ================================================================================ Kapitel 5: Absichten -------------------- Ein Schreckenslaut entfuhr Matt, als er samt Stuhl wieder hoch gerissen wurde, mit einer solchen Wucht, dass er fürchtete sofort wieder nach hinten zu kippen. Vor ihm stand die junge Frau zu der die zierlichen Füße gehörten. Sie wirkte sehr zerbrechlich, so als würde sie bei dem kleinsten Windhauch in tausend Stücke zerspringen und hinfort geweht. Matt sah sich nach der Person um, die ihn wieder aufgerichtet hatte, jedoch waren nur Matt selbst und die goldblonde Frau ihm Raum. Er schaute sie verwirrt an und erntete ein verschmitztes Lächeln. Allerdings wirkte sie nun wahrlich nicht, wie jemand der in der Lage wäre ein solches Gewicht mit spielender Leichtigkeit zu stemmen. Dann entdeckte er jedoch das Oroboro-Tattoo auf ihrem linken Oberschenkel, was den Zusammenhang wahrscheinlicher wirken ließ und ihm ein wenig mehr offenbarte, nicht jedoch die Absicht oder die Art seiner Entführung. „Hi Dok, schön Sie mal wiederzusehen“, begrüßte sie ihn. „Wiederzusehen?“, klang es vom Doktor nach. Die Verwirrung stand ihm offen ins Gesicht geschrieben. Irgendetwas war zwar tatsächlich in den Tiefen seines Erinnerungsbewusstseins, doch ein schmerzhaftes Pochen versuchte ihm zu signalisieren, dass es über das gute Maß hinausgehen würde. „Aber Herr Doktor Sie wollen doch nicht sagen, Sie hätten mich vergessen? Mich? Wo ich doch praktisch ihr eigenes Kind bin?“, fragte sie ungläubig. Der Doktor blinzelte einen Augenblick heftig und zog die Stirn kraus. Im physischen Sinne konnte diese Äußerung wohl kaum gemeint sein, wies sie doch keins der Merkmale auf, die er für sein Eigen betrachtete. „Sie erinnern sich immer noch nicht, Herr Doktor?“, fragte sie vorwurfsvoll. Aber inwiefern war dies im übertragenen Sinne gemeint? Er hatte nie irgendwelche Kinder betreut, die er wie eigene behandeln hätte können, war er doch selbst halb noch eins gewesen. Obwohl die Vermutung nahe lag, dass er sie zu einem Homunkuli gemacht hat, schien ihm auch das völlig unmöglich, da ihm selbst keine Methode bekannt war diese rätselhaften Wesen zu erschaffen. Oder wurden sie sogar geboren, wie andere Menschen? Er wusste es nicht zu sagen, obwohl er nun schon lange mit Sai zusammen lebte, wusste er fast nichts über seine Rasse. Nicht einmal, wie sie zu dem wurden, was sie sind, wusste er. „Vielleicht hilft Ihnen der Name Richard Borau?“, fragte sie und für einen kurzen Moment verzog sich ihr Gesicht zu einer hämischen Grimasse. ´Richard`, hallte der Name in seinem Kopf nach und hinterließ einen dumpfen Klang, bevor ein wahrer Sturm darin hervorbrach. Schmerzliche Erinnerungen überfluteten seinen Verstand mit grausamen Bildern und in dieses Chaos mischte sich Trauer gepaart mit Schuldgefühlen und Selbstzweifeln. Sein ganzer Körper begann leicht, kaum merklich zu zittern unter den seelischen Belastungen denen er ausgesetzt wurde. Sein Puls raste und sein Herz schlug ihm fast bis zum Hals. Sein Kopf glühte regelrecht, während Hände und Füße eiskalt und dennoch schweißig wurden, obwohl es keine Temperaturschwankungen gab. Jetzt wurde ihm nur allzu bewusst, wieso diese Erinnerung eine solche Warnung vorausgeschickt hatte. Diese Qualen, die er durch die Vereinigung von körperlich und seelischen Schmerz spürte, war weitaus schlimmer, als alles andere, das den Weg in seine Vorstellung hätte finden können. „Miriam Bordeaux?“, kam es kaum hörbar durch seinen halb geöffneten Mund. Es war Matts Versuch seine Gedanken wieder in andere, weniger schmerzliche Bahnen zu lenken. Matt atmete stockweise, als erneut ein Bild seines verstümmelten, toten Freundes vor seinem geistigen Auge erschien. Blutüberströmt und blass, völlig leblos sah er ihn neben einer Ansammlung von Gliedmaßen liegen. Entgegen der Toten, schienen einigen Teilen der Leichen plötzlich wieder neues Leben eingehaucht worden zu sein. Diese Erinnerungen überforderten Matt mitleidslos, der Rand seines Blickfeldes wurde langsam schwarz, was nur noch größere Panik in ihm auslöste. „Ich nutze diesen Namen zwar nicht mehr, da dieser Teil von mir endgültig tot ist, aber im Prinzip habt ihr Recht“, erklärte sie völlig ungerührt der Qualen die Matt erlitt. Übelkeit rebellierte in seinem Magen und das Bedürfnis seinen kläglichen Mageninhalt zu entleeren drängte sich immer mehr seine Speiseröhre hinauf. Er musste irgendetwas finden was ihn von diesen Bildern ablenkte, selbst wenn es nur eine Kleinigkeit war, nur irgendetwas worauf er seine Aufmerksamkeit richten konnte um alles weitere wieder in sein Unterbewusstsein zu verbannen. Wie als hätte sie unbewusst auf diese stumme Bitte reagiert, hob sie die Hand und strich sich in einer eleganten Bewegung eine lose Strähne des seidigen Goldes aus dem Gesicht. Doch diese unbedeutende Kleinigkeit diente ihm bereits als Ablenkung. Er versuchte seinen Verstand zu überlisten, indem er es gedanklich einem wichtigen Geheimnis gleichsetzte. Tatsächlich begann die Flut an Erinnerungen sich langsam wieder zurückzuziehen, zurückzufließen in die dunklen Höhlen aus denen sie hervorgebrochen waren. „Der Name meines jetzigen Ichs ist Yuka, Dok“, fügte sie hinzu, wobei sie ihrem Namen eine besondere, fast liebreizende Betonung zudachte. „ Aber wer hat dich wiedererweckt?“, fragte Matt geschwächt, obwohl ihm seine Frage, im Hinblick auf Yukas Aussage von vorhin ein wenig zwiespältig erschien. Mittlerweile viel es ihm jedoch sichtlich schwer sich richtig aufrecht zu halten. Diese Frage offenbarte ihm ihre blendend weißen Zähne in einem anmutigen Lachen. „Wieso fragen Sie mich Fragen, auf die sie doch am besten die Antwort geben könnten?“, entgegnete sie und ein seltsames Glitzern lag dabei in ihrem Blick. Matts Stirn legte sich erneut in Falten. War dies ihr Versuch ihn zu verwirren, um seine Aufmerksamkeit von irgendeiner anderen wichtigen Tatsache abzulenken? Doch wieso sollte sie so etwas versuchen? Es gab keinen ersichtlichen Grund dafür, sie kannten sich ja praktisch überhaupt nicht, dies war das erste Mal, dass er mit dieser Frau ein paar Worte austauschte. Doch vielleicht bereitete es ihr auch nur Vergnügen ihn erst so zu quälen um seinen Verstand danach in einem Haufen von Fragen auflaufen zu lassen. „Was genau willst du damit andeuten?“, fragte er misstrauisch. Sie seufzte theatralisch, besah kurz ihre Fingernägel und schaute ihm anschließend wieder direkt ins Gesicht. „ Sie, Herr Doktor, sind derjenige dem ich diese zweite Existenz zu verdanken habe“, beendete sie das Versteckspiel. Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Das kann unmöglich sein“, murmelte er leise, mehr zu sich selbst. Wieder huschte ein Lächeln über ihre pfirsichfarbenen Lippen bevor ihre melodische Stimme ihn erneut schollt: „Nur weil Sie nicht verstehen, wie Sie es angestellt haben, bedeutet es nicht, dass es nicht gelungen ist. Eigentlich muss ich Sie sogar beglückwünschen, sind Sie doch einer der wenigen, dem es überhaupt gelungen ist einen Homunkulus zu erschaffen.“ „Dann erklär mir wie!“, verlangte Matt halb verunsichert, halb fordernd. Er musste wissen wo sein Fehler gelegen hatte, denn er musste dafür sorgen das diesen Fehler nie wieder jemand wiederholte und sich diese Katastrophe nicht erneut ereignete. Sie schüttelte den erhobenen Zeigefinger vor seinem Gesicht. „Na, na Dok, das ist wirklich gefährliches Wissen, welches nicht für Menschen wie Sie geeignet ist. Gewiss würde dieses Wissen Sie entweder um ihren Verstand oder ihr Leben bringen, was sicherlich amüsant wäre, jedoch ist die Gefahr auch viel zu hoch. dass Sie uns damit schaden. Vater würde es sicherlich nicht gut heißen, wenn ich es Ihnen verrate. Allerdings verwundert es mich, dass Sie noch nie mit Sai darüber gesprochen haben, immerhin wäre er die perfekte Informationsquelle gewesen“, erklärte sie schulterzuckend und fuhr sich durchs Haar. Sie hatte Recht, wieso hatten sie nie über derartige Dinge geredet? Jetzt wurde Matt so klar wie nie zuvor, dass Saikuron allgemein sehr wenig über seine “Familie“ oder seine Vergangenheit sprach. Er bekam dann immer diesen tiefen, verloren Blick, wenn seine Gedanken in diese Richtung geleitet wurden. Immer mit seinem Ziel vor Augen seinen Vater zu töten, um ihn für alles büßen zu lassen. Matt war sich noch nicht einmal sicher, ob er diese Absicht nicht sogar bis heute verfolgte. Dennoch erhoffte sich Matt das es ihm vielleicht eines Tages möglich wäre, diese tiefe Wunde zu lindern, um Sai die Kraft zu geben, sie zu schließen, vorausgesetzt er kam aus diesem Zimmer lebend heraus, was bis jetzt noch völlig ungewiss war. Doch ehe er länger darüber nachsinnen konnte, flog die Tür ohrenbetäubend laut auf und hinein trat ein junger rothaariger Kerl, der einen rauchig, verbrannten Geruch mitbrachte. Sein Haar wirkte, als sei er gerade erst aufgestanden, doch seine bernsteinfarbenen Augen und sein energetisches Auftreten zeugten vom Gegenteil. Schlagartig veränderte sich die ganze Stimmung in dem kleinen Raum. Yukas Gesicht schien wie eingefroren, hart und kalt, Eigenschaften die ihr wirklich nicht gut standen. Die Spannung, die sich in dem Raum aufbaute, ließ Matt für einen Moment die Luft anhalten. Er verfolgte gebannt ihren starren Blick der einzig und alleine auf diesem jungen Mann zu liegen schien. Doch der Neuankömmling sah sie nur abschätzend an, bevor er eine Packung Zigaretten hervor zog. Einige Sekunden herrschte Schweigen, dann beobachtete Matt wie Yuka ihre Hände zu Fäusten ballte, ganz offensichtlich war irgendetwas Gravierendes zwischen den beiden vorgefallen, doch es hing nur unausgesprochen im Raum. „Du willst doch hier jetzt nicht rauchen, oder?“, fragte sie den Rotschopf völlig entgeistert. Er grinste locker und meinte: „Wieso sollte ich nicht?“ Er steckte sich völlig unbeeindruckt die Zigarette in den Mund und hielt den Zeigefinger an das andere Ende. Eine winzige Flamme erschien wie aus dem Nichts über seinem Zeigefinger und verschwand sofort wieder als die Zigarette glühte. Matt glaube sich das im ersten Moment nur eingebildet zu haben und starrte deshalb blinzelnd auf den Zeigefinger des Jungen. Wie hatte er das gemacht? Seine Körpergase gaben eigentlich nicht gerade die am besten geeigneten Brennstoffe ab. Natürlich kam ihm sofort der Gedanke, dass es sich um ein weiteres “Familienmitglied“ handelte, da er inzwischen von Sai wusste, dass sie alle ein besonderes Talent besaßen, das alchemistisch nicht zu erklären war. „Kaji, mach sofort die Zigarette aus!“, forderte Yuka mit beängstigend ruhiger Stimme, die mindestens 3 Tonlagen unter ihrer Normalen lag. Darin spiegelte sich eine solche Finsternis, die er dieser zierlichen Frau niemals zugetraut hätte. Doch statt ihrer Aufforderung nachzukommen, nahm er einen tiefen Zug und blies ihr den Rauch mitten ins Gesicht. „Oder was?“, fragte er mit einer Gleichgültigkeit die nur so vor Überlegenheit strotzte. Yuka presste ihre Finger inzwischen so stark zusammen, dass die Fingerknöchel so stark hervorstanden wie weiße Berge des blinden Zornes. Es jagte ein kalter Schauer über Matts Rücken, während Kaji noch immer sehr entspannt schien. „Oder ich werde dich genauso leiden lassen, wie du mich!“, drohte sie ihm. Dies schien ihn allerdings nur unglaublich zu erheitern. „Bitte, tu dir bloß keinen Zwang an, stell mit meinen Haarshampoo an was immer du willst“, meinte er noch immer grinsend und blies ihr erneut einen Schwall Rauch ins Gesicht. Scheinbar riss ihr dann der Geduldsfaden, sie warf mit einem theatralischen Seufzer die schmuckbehangenen Arme in die Luft und verließ lautstark den Raum. Sie schlug die Tür mit einer solch übermäßigen Wucht zu, dass ein kräftiger Luftzug durch den Raum glitt, der ausreichte um Kajis Zigarette auszublasen und die Tür fürchterlich kreischen zu lassen. Missmutig schaute der Rotschopf auf seine gelöschte Zigarette und dann zur Tür. Genau in diesem Moment wurde die Tür erneut aufgerissen und Yuka stand in ihr. Ohne die Klinke loszulassen brüllte sie ihm wütend entgegen: „Und außerdem ist Rauch nicht gut für die Haut!“ Dann schlug die Tür wieder zu und hing schräg in den Angeln. Kaji seufzte und ging zur Tür, was in Matt schon fast die Hoffnung aufkeimen ließ, dass er auch verschwinden würde, doch dem war nicht so. Erneut schoss eine kleine Flamme aus Kajis Finger, mit der er das Metall der Tür dort erhitzte, wo es verbogen oder gerissen war. Es dauerte nicht lange bis es sich immer mehr seinem flüssigen Aggregatzustand näherte, was für die hohe Temperatur des Feuers sprach. Dann völlig unverhofft griff er mit der freien Hand nach dem weichen Metall und formte es wieder zurecht, als wenn es sich um Knete handelte und das ganz ohne eine Miene zu verziehen, trotz der unglaublichen Hitze die dieses Metall auf seiner Haut hinterlassen müsste. Als er damit fertig war, zündete er seine Zigarette erneut an und schlenderte zurück zu Matt, während er seinen Blick musternd über ihn gleiten ließ. „So, da Blondchen jetzt weg ist, gibt es nur noch uns beide“, stellte er mit grinsendem Gesicht fest. Ein Gefühl sagte Matt, dass er in Yukas Gesellschaft wesentlich besser aufgehoben wäre als in der Seinigen. Beim Anblick dieses undefinierbaren Glitzerns in Kajis Augen wurde ihm ganz anders. Kalte Schauer jagten ihm über den Rücken und die ganzen kleinen Härchen auf Armen und Nacken stellten sich alarmierend auf. Erneut nahm Kaji, scheinbar genießerisch, einen tiefen Zug von seiner Zigarette und blies es nun Matt mitten ins Gesicht. Dessen Augen begannen zu tränen und als der Rauch seine Lungen erreichte, löste er einen Hustanfall aus, da seine Atemwege diesem giftigen Rauch nur sehr selten ausgesetzt waren, blieb seinen Körper fast nichts anderes übrig, als eine solch heftige Abwehrreaktion zu starten. „Du bist also der Grund wieso Saikuron uns verlassen hat...interessant“, stellte er fest, während er erneut bewusst in Matts Richtung ausatmete. Einen Moment lang herrschte wieder Schweigen im Raum, in dem kurz ein nachdenklicher Ausdruck auf Kajis Gesicht trat. Doch bald schien er diese Gedanken abschütteln zu wollen und wendete sich fast ruckartig wieder Matt zu. „Wie auch immer, wir werden sicherlich viel Spaß zusammen haben, Matt“, sagte Kaji voller Vorfreude auf das Kommende. Matt hatte die üble Befürchtung, dass sie sehr unterschiedliche Ansichten von Spaß hatten, was ihn schwer schlucken ließ und er sich fragte wie sich das wohl äußern würde. Als Kajis Zigarette nur noch ein Viertel ihrer ursprünglichen Länge besaß, presste er den Stummel kräftig auf Matts linken Handrücken. Ein schmerzliches Keuchen entfuhr dessen rauen Lippen. Aus natürlichem Reflex versuchte Matt die Hand zurückzuziehen, was ihm jedoch nicht gelang, aufgrund des Seiles, das seine Hände eisern umklammert hielt. Es war, wie als hätte man Säure auf diese Stelle der Hand gekippt, denn der Schmerz fraß sich immer tiefer in sein Gewebe und löste heftige Impulse der Nervenzellen aus, die sich wie ein Lauffeuer durch seinen ganzen Arm verbreiten zu schienen. Kaji stand da und ergötzte sich sichtlich an Matts schmerzverzogenem Gesicht. Die Nervenimpulse ließen Matts Gedanken im Kreis drehen mit dem unsäglichen Schmerz im Zentrum, sodass alles andere nebensächlich wurde. Er war von Kaji gebrandmarkt worden. Denn diese kleine, rötliche Hinterlassenschaft würde sein Leben lang von seiner Einfältigkeit zeugen und ihn daran erinnern, dass nicht alles so real ist, wie es zu scheinen vermag. Doch das reichte Kaji noch nicht. Sein Peiniger entzündete seinen eigenen linken Unterarm mit der Leichtigkeit eines Streichholzes und verbreitete dadurch erneut den üblen Gestank der bald auch an ihm selbst haften würde. Matts Augen weiteten sich in Anbetracht dieses Entsetzens. Er schluckte schwer und Tränen schlichen sich in seine Augenwinkel, bloß auf einen weiteren Impuls wartend um auszubrechen. "Nein, bitte...das", stotterte er flehend, doch das ließ Kaji kalt, er hielt es nicht einmal für nötig darauf zu reagieren. Umso näher ihm die Quelle des Übels kam desto mehr verkrampfte sich jeder noch so kleine Muskel in ihm. Sein Blick klebte an dem Feuer, das gierig um seine Quelle züngelte, einer Schlage gleich die nur auf ihr Opfer wartete. Die Angst fesselte seine Zunge mit eisernen Ketten, die Matt verstummen ließen. Überraschenderweise schien Kajis Arm auch dieses Mal nicht den geringsten Schaden zu nehmen, obwohl er völlig in Rot gehüllt war. Dann schwebte das Flammenmeer, dessen Mittelpunkt Kajis Arm war, parallel über Matts rechten Arm und obwohl es noch einen guten Meter entfernt war, spürte er bereits die Hitze, die einem Windhauch gleich über seine Haut strich, fast liebevoll. „Wirklich schade, dass Vater verboten hat, dich zu Tode zu quälen. Du gibst so ein wunderbares Spielzeug ab“, seufzte Kaji und nahm mit der rechten Hand Matts Kinn zwischen seinen Daumen und Zeigefinger, um dessen Gesicht zu drehen und zu wenden, ganz wie es ihm beliebte. Er studierte den für ihn herrlich schmerzverzogen Ausdruck auf seinem Gesicht, während er den Arm bedächtig langsam senkte. Es erschien Matt, als drehte jemand an einem Regler, der die Temperatur Stück für Stück erhöhte, solange bis es unerträglich heiß wurde. Sein rechter Arm wand sich unter der Feuersbrunst soweit es die Fesseln zuließen, doch das nützte nichts. Allerdings waren es nicht einmal die Flammen die sein Fleisch verzerrten, sondern noch bediente sich alleine die Hitze an ihm. Schweißtropfen liefen ihm übers Gesicht, er atmete schwer und keuchend durch seinen staubtrockenen Hals und versuchte die Zähne zusammenzubeißen, um ihm nicht noch mehr Genugtuung zu verschaffen. Obwohl er nur zu gerne um Erlösung gebeten hätte, kam kein Wort über seine Lippen, wusste er doch wie sinnlos sie sein würden. Im schlimmsten Fall würden sie ihm vielleicht sogar Bestätigung verschaffen, was Matt natürlich auf keinen Fall wollte. So nah an seinem Arm erschien diese rote Schlage regelrecht nach seiner Haut zu züngeln, ihn zu erkunden ohne bereits zuzupacken, ihm jedoch bereits versengende Küsse zu schenken, die die kleinen hellen Härchen auf seinem Arm schwarz werden ließen. Doch alleine diese kaum wahrnehmbare Berührung schien seinen Körper mit einem unbekannten Gift infiziert zu haben, das nach und nach dafür sorgte, dass seine Haut am Arm sich rötlich verfärbte und gleichzeitig regelrecht flüssig zu werden schien. Denn sein Körper versuchte diesem verbrennenden Prozess entgegenzuwirken, indem es die Stelle durch Schweiß kühlte, doch dieser verdampfte schnell wieder unter den hohen Temperaturen und auch das rötliche Gift breitete sich schleichend weiter aus. "Es ist heiß, so verdammt heiß", flüsterte Matt völlig teilnahmslos, wie einen Singsang vor sich her. "Ich steh drauf wenn es heiß ist", flüsterte Kaji ihn mit erhitzen Worten ins Ohr. Langsam begann Matt zu hoffen, dass er seinen Arm doch endlich auf seinen niedersänken möge, denn dann wäre dieser Schmerz hoffentlich erst einmal überstanden. Doch ihm vor dem eigentlichen Schmerz solche Qualen zuzufügen, das konnte nur ein wirklich sadistischer Mensch, der eine Menge Freude darüber empfand wenn er andere Hilflose quälen konnte. Zu allem Überfluss bildeten sich jetzt auch noch kleine weiße Bläschen auf seinem Arm, die ihm immer mehr das Gefühl vermittelten seine Haut würde zerfließen. Er biss sich so stark auf die Unterlippe, das sie begann zu bluten und in einem kleinen, dünnen Rinnsal sein Kinn und Hals hinunter lief, immer mehr seinem blütenweißem Hemd entgegen. Er hoffte, dass er durch diesen Gegenschmerz etwas Ablenkung vom eigentlich Schmerz erreichen könne. Er konnte beobachten wie Kajis Blick regelrecht hypnotisiert seinem Blut folgte. "Wag es dich nicht", drohte Matt ihm, selbst obwohl er wusste, dass er es nicht verhindern konnte. Doch sobald das Blut das Hemd befleckt hatte, beugte sich Kaji vor und fuhr mit seiner Zunge die Blutspur von unten nach oben nach. Trotz der Hitze löste dies ein unglaubliches Zittern in Matt aus, es war die abstoßende Reaktion seines Körpers, denn er empfand einen solchen Ekel, wie er giftiger hätte nicht sein können. Wäre es ihm möglich gewesen, hätte er ihm jetzt mit dem Kopf gegen seinen Kopf gestoßen, selbst auf die Gefahr hin, selber Schmerzen davon zu tragen, doch nicht einmal dies war ihm möglich, da Kaji sein Kinn noch immer in einem eisernen Griff fest hielt. Ihn zu reizen wäre in seiner Situation sowieso das Dümmste gewesen, das er machen konnte. Deswegen presste er mit Gewalt seine Lippen aufeinander, um keine der tausenden Beschimpfungen daraus hervorbrechen zu lassen. Oben angekommen löste sich seine Zunge wieder von Matts Haut und er lenkte sich genießerisch die letzten Tropfen Blut von den Lippen. "Ich glaube nicht das du in der Position bist Drohungen auszusprechen", hauchte er mit einem gefährlichen, dunklen Unterton, der Matt erneut erschaudern ließ. Dass er dem allen einfach so völlig wehrlos ausgeliefert war, brachte ihn neben den Schmerzen beinnahe um den Verstand. Er schloss die Augen, denn er konnte dies einfach nicht mehr mit ansehen, dieses regelrecht vor Freude erregte Gesicht seines Peinigers und diese unerträgliche Hitze. Doch sobald er die Augen schloss, wurde ihm schwindelig. Die ganze Schwärze vor seinen Augen schien in alle möglichen Richtungen zu wabbern. Er musste stark mit sich kämpfen, um den Würgereflex zu unterdrücken, doch sehr viel länger ertrug er das alles nicht mehr. Zwangsweise öffnete er die Augen wieder und traf sofort wieder auf den forschenden Blick des Rotschopfes. Ein breites Grinsen folgte, bevor sein Kopf unsanft in Richtung des Feuers gedreht wurde. „Ich werde dir jetzt ein kleines Kunststück zeigen, ich bin sicher, dass es dir ziemlich gut gefallen wird“, erklärte Kaji ihm in einem Ton den ein Zauberer einem kleinen Kind gegenüber wohl benutzen würde. Das Feuer fing an sich von Kaji Arm zu lösen, zuerst sehr unförmig und unregelmäßig, doch nach und nach nahm es immer mehr Gestalt an. Letztendlich blickte ihm eine Feuerschlange entgegen, die aber an ihrem Ende noch immer mit ihrem Erschaffer verbunden war. Noch schlängelte sie etwas wackelig hin und her, aber es dauerte nicht sonderlich lange, bevor sie sich langsam gleitend um Matts ganzen Arm und die Stuhllehne schlängelte, jedoch immer noch ohne ihn direkt zu packen. Matt war sprachlos und auf eine bizarre Art fasziniert und schockierte ihn dieses Schauspiel gleichzeitig. Erst als sie sich bis über den ganzen Oberarm verteilt hatte, packte sie in einem alles versengenden, vernichtenden Stoß zu. Obwohl er das geahnt hatte, dass dies gesehen würde, versetzte es ihm doch einen ähnlich Schock wie Schmerz. Ein Schmerzensschrei brach nun doch aus ihm hervor, begleitet von den Tränen und dem kurz aufblitzenden Wunsch einfach nur noch sterben zu wollen, weil er dieses Leid nicht länger ertrug. Es hörte einfach nicht auf zu brennen, der Druck wurde immer größer und brannte sich immer weiter vor durch seine Haut, ließ schon die dünne Fettschicht schmelzen, die darunter lag und würde nur noch Sekunden bis zu den Muskeln brauchen. Die Nervenimpulse wurde so intensiv, dass es stark an beiden Schläfen pochte, richtig schmerzhaft dagegen drückend. Die einzigen Geräusche die unregelmäßig über seine Lippen glitten, waren klägliche Schmerzenslaute. Es begann zu flimmern vor seinen Augen, er stand am Rande der Bewusstlosigkeit, als sich die Tür öffnete und einen angenehm kühlenden Wind mit sich brachte. Kurz bevor er in Dunkelheit versank, wurde der Schmerz gelindert. Mit Mühe besah er schwach seinen Arm. Das Feuer war verschwunden, doch er konnte das schwarze, pochende Gewebe sehen und den Einschnitt den das Flammentier hinterlassen hatte. Erneut setzte der Würgereflex ein, als der süßlich-faulige und doch rußig-verbrannte Geruch in seine Nase stieg und sich schwer auf seiner Zunge und in seinem Rachenraum ablagerte. „Kaji!“, ertönte eine herrscherische Frauenstimme aus einiger Entfernung. Unter Aufbringung letzter Kräfte, konzentrierte er sich auf seinen Peiniger. Dieser setzte sofort ein missmutiges Gesicht auf. Plötzlich kalt wie Eis, drehte er den Kopf zu ihr. „Ja, Kagami?“, war seine missbilligende Antwort, auf eine unausgesprochene Frage. „Vater will dich sehen, sofort“, erklärte Kagami mit Nachhaltigkeit in der Stimme, die keine Wiederrede zuzulassen schien. Kaji seufzte schwer und sah bedauernd zu Matt nieder. „Dann müssen wir wohl später weiterspielen, aber keine Sorge, ich komm wieder“, erklärte er ihm regelrecht liebevoll und fuhr kurz über Matts pechschwarze Haare, bevor er sich umdrehte und zur Tür ging. Matt hätte nur allzu gerne erwidert wie sehr er sich wünschte ihn nie wieder zu sehen. Allerdings kam ihm auch kurz der Gedanke ihm das Gleiche antun zu wollen, doch diesen verdrängte er schnell wieder. Er war kein solches Monster! Nachdem Kaji aus Matts Sichtfeld verschwunden war, stand die Frau noch einen Moment dort und sah zu ihm herüber. Es erschien ihm fast wie ein mitleidiger Ausdruck der auf ihrem Gesicht lag, doch bevor er auch nur den Mund öffnen konnte übermannte ihn plötzlich doch die Schwärze und er sank herab, an einen Ort, wo er nichts mehr spürte, nichts mehr wahrnahm, einfach völlig leer und orientierungslos umherschwebte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)