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The Forbidden Alchemist

von

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Beziehungen

Alles war vorbereitet. Das tote kleine Lebewesen lag in der Mitte eines riesigen Kreises, gezeichnet mit Kreide, durchzogen von merkwürdigen Symbolen. Die Augen des Vogel waren verblasst und starrten leblos in die Ferne. Der Schnabel war geöffnet, wie um ein letztes Geräusch von sich zu geben. Unnatürlich auf dem Rücken liegend, mit angewinkelten Beinchen und einem Gewirr aus Feder, bot das Ganze einen grotesken, bemitleidenswerten Anblick. Vier Männer standen am Rande des Kreises, wie Trauernde, hoch konzentriert auf das tote Geschöpf zu ihren Füßen blickend. Dann knieten die Männer nieder, als wollten sie dem verflossenen Leben die letzte Ehre erweisen. Sie führten beide Handflächen flach gegeneinander, als wollten sie beten, jedoch nur einen kurzen Augenblick. Synchrone legten sie nun die Handflächen knapp über den Rand, des äußersten Kreidekreises. Sekunden später leuchtete die gesamte Kreidezeichnung in einem hellen Licht aus, das stetig heller wurde, so hell, das die Männer nicht sehen konnten was innerhalb des Kreises geschah. Doch genauso schnell wie das Licht gekommen war, verschwand es auch wieder. Gebannt starrten die vier Männer auf den Vogel, den Atem anhaltend, auf etwas wartend.

Das Herz begann erneut den Takt des Lebens zu schlagen, Lungen fühlten sich mit kostbarer, frischen Luft, die Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Die Farbe kehrte in die verblassten Augen zurück, die sogleich begannen, die Umgebung zu betrachten, um sich zu orientieren. Erste Gliedmaßen regten sich zögerlich.

Die Augen der Männer wurden immer größer, sprachlos beobachten sie das unglaubliche Schauspiel, welches ganz ihr Verdienst war.

Nun rappelte der kleine Vogel sich umständlich auf, ordnete seine Federn und gab erste zögerliche Laute von sich, wie als müsse er testen, ob er noch dazu in der Lage wäre. Neugierig hüpfte er munter hin und her.
 

Es war den Männer mittels Alchemie gelungen, dieses kleine, tote Tier wieder ins Diesseits zu holen. Sie hatten somit eine wirklich schwierige Aufgabe bewältigt. Ein Stück Metall in eine Waffe zu transmutieren war dagegen, dass reinste Kinderspiel. Der einzige Grund wieso sie nichts weiter als den toten Vogel gebraucht hatten, war das sie keinerlei Veränderung an der Masse des Vogels verändert hatten, schließlich konnte man Dinge in der Alchemie nur durch äquivalenten Tausch erschaffen und dieser ließ nun mal keine Veränderung der Maße oder des Wertes zu. Die nächste Schwierigkeit bei diesem Unterfangen bestand darin, als Erstes die Bestandteile des Ausgangsmaterials zu erkennen, in diesem Fall die Zusammensetzung des Vogels, dann diesen in einzelne Teile zu spalten und erneut in gleicher oder veränderter Form zusammenzusetzen.

Jedoch hatten sich die Alchemisten für ein exaktes Ebenbild des toten Vogels entschieden, um vergleichbare Messungen anstellen zu können. Obwohl es alles wie Magie wirkte, beruhte es doch letztendlich auf logischen, unumgänglichen Gesetzen, freigesetzt durch konzentrierte Energie und spezielle Fromel in Form von Symbolen.

Diesen Vogel zu erwecken war erst der Anfang eines langen, beschwerlichen Pfades, dessen Ziel eine menschliche Transmutation sein sollte. Oft versucht und immer missglückt war dies ein Rätsel dessen Lösung die ganze Welt bewegen würde. Die menschlichen Bestandteile waren schon so weit erforscht, das man recht genau wusste, aus was ein erwachsener Mensch bestand, das einzige Problem lag in der Frage: Was hat den gleichen Wert, wie ein Menschenleben?


 

Er packte ihn am Kragen und zog ihn mit Leichtigkeit nahe zu sich. „Ich könnte dich töten“, drohte er mit bedrohlicher Stimme und harten, angespannten Gesichtszügen. Der Blick des Anderen ließ die gleiche Härte erkennen, wie die Erde deren Farbe er trug. „Natürlich könntest du“, fauchte Matt ihn an, „aber würdest du das wirklich tun? Nur weil ich dir mal eine Sekunde nicht meine Aufmerksamkeit schenke, sondern jemand anderem?“ Einen Moment herrschte eine Pause zwischen den Fronten, dann entspannte sich die Situation. Die Gesichtszüge von Saikuron wurden wieder weich und seine stahlblauen Augen signalisierten Reue. „Nein, du hast Recht. Ich könnte dir niemals auch nur ein Haar krümmen, jedem Anderen, aber dir nicht.“ Der Andere wirkte noch immer verstimmt, deswegen lockerte er den Griff an seinem Kragen nur um ihn im nächsten Moment an sich zu drücken und ihm einen Kuss auf die Stirn zu hauchen genau zwischen die seidig schwarzen Strähnen. Matt konnte nicht anders, es war ihm nicht länger möglich Saikuron böse zu sein, obgleich er es sicherlich verdient hätte. Manchmal war es für Matt einfach sehr schwierig mit der besitzergreifenden, impulsiven Art seines Freundes klarzukommen.

Nie hätte Matt geglaubt, das Saikuron ihn eines Tages wirklich umbringen würde nur um es sofort danach zu bereuen und einen Weg zu suchen ihn wieder ins Leben zurückzubringen, wenn es sein musste auch als einen der Ihren. Ein künstlicher Mensch, geschaffen bei dem Versuch den Verstorbenen wieder zum leben zu erwecken, genaues Ebenbild dieses, doch ohne jegliche Erinnerung und die Gabe Alchemie zu wirken, obgleich jeder ein besonderes Talent besaß ersetzte das noch nicht einmal ansatzweise das Verlorene.

Wo waren bei ihnen diese sonst so allgegenwärtigen alchemistischen Prinzipien geblieben? Was nutzte ihnen ein Leben in dem sie alles verloren hatten, alles was sie je geliebt oder gehasst hatten, gefangen in der Schleife der Unendlichkeit, dazu verdammt anders zu sein. Gefürchtet, bewundert, verehrt, gejagt, gezwungen dazu, selbst alles zu verlieren was sie sich in der Lage wären aufzubauen. Saikuron hatte sich in diesem zweiten Leben lediglich an eine Person geklammert und er war entschlossen dazu wenigstens diese eine nicht zu verlieren, obgleich das der Fall war, er würde diesen Zustand durchbrechen und sich zurückholen was ihm am meisten am Herzen lag. Matt.

Ein ganz normaler Tag

Saikuron erwachte früh am Morgen, das Erste was er dachte, war, dass etwas fehlte. Verschlafen öffnete er sie Augen, wie er vermutet hatte war er alleine. Matt war schon aufgestanden, sein Teil des Bettes war leer und verwaist. Jedes Mal an einem solchen Morgen fühlte er sich verlassen. Er schlief mit einem wohligen Gefühl der Geborgenheit ein und erwachte meistens mit dem abgestandenen Gefühl der Einsamkeit, doch Matt weckte ihn auch absichtlich nicht. Er wusste das Saikuron ihn nicht gehen lassen würde, wäre er erst einmal wach und das konnte sich Matt nicht leisten, denn dann könnte er auch gleich aufhören zu arbeiten. Saikuron setzte sich auf und lauschte, nicht ein einziges Geräusch drang von unten hinauf. Resigniert seufzte er und ließ sich noch einmal in die weichen Kissen zurückfallen. Matt war offensichtlich schon weg, auch das hasste Saikuron. Seiner Ansicht nach arbeitete sein Freund viel zu viel.
 

Doch jetzt, wo er wach war, hielt er es nicht wesentlich länger im Bett aus. Schnell streifte er seine Sachen über und seine Füße fanden wie von alleine den Weg in die Küche. Wie an jedem dieser Morgende stand sein Frühstück abgedeckt auf dem Tisch, daneben ein Zettel auf dem meistens ein und dasselbe stand, nur immer wieder anders formuliert. „Einen wunderschönen guten Morgen, kleiner Langschläfer. Lass es dir schmecken und ich hoffe du hast einen schönen Tag. Matt“ Auf eine Art rührte es ihn, dass Matt sich diese Mühe jeden Morgen wieder machte, doch es regte ihn immer von neuem auf, das er das nie für Matt tun konnte, weil dieser irgendwie immer früher wach war als er. Manchmal zu dieser frühen Zeit kam ihm der Gedanke, einfach alle Vorgesetzten von Matt zu töten, damit er nicht mehr dauernd arbeitete, doch weil er wusste wie sauer und enttäuscht Matt dann von ihm wäre, ließ er es, denn es hätte ihnen beiden das Herz auf die ein oder andere Weise gebrochen.

Nachdem er sein Frühstück aufgegessen hatte, saß er da und starrte nachdenklich aus dem Fenster. Er überlegte krampfhaft was er tun könnte, um die Zeit tot zu schlagen, doch immer wieder blieben seine Gedanken an Matt hängen. Verzweifelt und verärgert raufte er sich die silberweiße Mähne, die dadurch nur noch wirrer aussah. Er hielt es hier alleine einfach nicht aus, er musste Matt sehen, jetzt!

Wie ein Wirbelwind verließ Saikuron ohne weiteres Nachdenken das Haus. Seine Füße folgten seinem Herzen und so landete er letztendlich vor dem dritten Forschungslabor. Völlig außer Atem, weil er so schnell gerannt war, stand er davor, allerdings etwas versteckt am Rande einer Menschenmasse und beobachtete wie die Leute ein und aus gingen.
 

Matts Team war gerade zu einem mehr oder weniger neuem Projekt übergegangen. Hierbei versuchten sein Team und er verschiedene Tiere wieder zu beleben, um die daraus gewonnenen Erkenntnisse vielleicht eines Tages bei Menschen anwenden zu können. Schon in der Vergangenheit hatten sie mit einigen Ansätzen versucht einen Menschen wieder zu beleben, jedoch hatte es verheerende Auswirkungen gehabt, weshalb sie diesen Ansatz sofort wieder verwarfen. Matt selbst, war aufgrund ihrer großen Anzahl glücklicherweise unbeschadet davon gekommen, doch ein guter Freund von ihm verlor dabei sein Leben. Noch heute fällt es Matt schwer, darüber zu reden, da er sich als leitende Instanz die Schuld an den Auswirkungen gab, obwohl ihm immer wieder gesagt wird, das ihn keine Schuld trifft. Sein Team vertraut ihm bedingungslos und um so was nicht zu wiederholen, fingen sie jetzt mit weniger gefährlichen Dingen an, die jedoch in etwa nach dem gleichen Prinzip verlaufen sollten.
 

Es war zwar ein eher kleiner Erfolg, doch seine Mitarbeiter freuten sich, als es ihnen endlich gelungen war einen kleinen Vogel ins leben zurückzuholen. Obwohl es lächerlich erschien, doch auf diesem Ansatz konnten sie weitere Transmutationen aufbauen, doch erst galt es jetzt den Vogel zu untersuchen auf eventuelle Auffälligkeiten, die vielleicht noch ausgemerzt werden mussten, ausfindig zu machen.

Als Matt dann gerade seinen Bericht zu dem gelungenen Experiment schreiben wollte, fiel ihm auf, dass er das Berichtsheft in seinem Büro hatte liegen lassen. Er entschuldigte sich für einen Moment und machte sich auf den Weg dieses zu holen.
 

Vor dem Büro blieb er stehen und kramte nach dem Schlüssel, anschließend öffnete er die Tür und trat ein. Als er keine fünf Schritte in dem Raum drin war, vernahm er das gedämpfte Schließen der Tür hinter sich. Überrascht und alles Grauen dieser Welt erwartend, drehte er sich langsam um, nichts ahnend was ihn gleich erwarten würde. Dann schwang seine Angst in Ärger um. An der Tür gelehnt stand doch tatsächlich Saikuron, sein Freund, aber auch derjenige der den westlichen Teil dieses Gebäudes völlig demoliert hatte und mit der Absicht gekommen war seinen Kollegen David zu töten. Er marschierte auf den größeren, freudig grinsenden Typen zu und holte tief und hörbar Luft. „Was zum Teufel machst du hier? Wenn dich jemand sieht! Wie oft habe ich dir schon gesagt du sollst nicht herkommen?!“, keifte Matt ihn an. Der Andere zog ihn völlig unbeeindruckt näher zu sich und presste seine Lippen auf Matts. Ihm ersten Moment gab er sich dem Kuss hin, doch dann setzte sein rationales Denken wieder ein und teilte ihm mit, dass das keine Entschuldigung für sein Auftreten hier war. Matt schob ihn bestimmt von sich, doch Saikuron schnappte sich Matts Arm und zog ihn wieder in seine Arme zurück und flüsterte ihm sogleich, „Ich habe dich vermisste und musste dich jetzt einfach sehen“, ins Ohr. Als er zu dem Größeren empor blickte hatte dieser wieder seinen reumütigen Blick aufgesetzt, der jedes Mal wieder Herz erweichend war.
 

Matt kannte diese Masche von Saikuron inzwischen und eigentlich sollte man meinen, das sie irgendwann nicht mehr zieht, aber dennoch verpuffte Matts Wut. „Du bist unverbesserlich“, murmelte er deswegen ergebend. Sofort tauchte ein breites Grinsen auf Saikurons Gesicht auf. „Also darf ich bleiben?“, fragte er, doch die Antwort erfolgte sofort mit einer Schärfe, die Matt nur selten verwendete, wenn er mit Saikuron sprach. „Nein, auf keinen Fall“, meinte er bestimmt und fügte erklärend hinzu, „Es wäre für keinen von uns hilfreich würde dich hier jemand entdecken, aber ich werde wohl dem Oberst Leutnant bitten mich auf irgendeine Mission zu schicken, weit weg von hier, dahin wo uns keiner kennt“, murmelte er genervt und wand sich geschickt aus Saikurons Armen, obwohl er gerne noch länger so nahe bei ihm verweilt wäre. „Am besten du gehst jetzt nach Hause und packst schon mal die Koffer“, schlug Matt vor, während er sich auf seinen Schreibtischstuhl sinken ließ und schnell etwas in ein kleines schwarzes Buch kritzelte. „Ich will aber bei dir bleiben“, schmollte Saikuron und nahm ihn von hinten in Beschlag, indem er seine Arme um ihn schlang und seinen Kopf auf dem des Kleineren ablegte. Dieser nahm Saikurons Hände in die seinen und drehte sich zu ihm um, zog ihn auf seinen Schoß und küsste ihn nun seinerseits. „Glaubst du mir geht es anders?“, fragte er vorwurfsvoll. Saikuron antwortete nicht, denn es war eine Frage auf die beide die Antwort kannten. „Aber vielleicht kann ich dich bestechen, mal sehn...“, meinte er plötzlich und überlegte, „Wie wäre es wenn ich dir heute Abend dein Lieblingsessen koche und na ja vielleicht...“ Matt grinste schelmisch. Saikuron verstand ihn auch ohne das er es aussprach und die Aufsicht darauf war schon ziemlich verführerisch. „hmm“, war die einzige Antwort die Matt von ihm bekam. Er strich ihm eine der silbrig-weißen Strähnen aus dem Gesicht und küsste ihn erneut, wobei er seine Hand zum Nacken des Größeren gleiten ließ. „Dann musst du jetzt aber einkaufen gehen, ja?“, flüsterte er anschließend. Letztendlich gab Saikuron nach und nickte. Daran merkte man doch schon wieder das Matt Saikuron inzwischen recht gut kannte, obwohl sie gerade mal einen Monat zusammen lebten, kam es ihm vor, als würden sie sich schon Jahre kennen und dennoch fand man immer wieder etwas Neues. Matt fasste um Saikuron herum und schrieb ein paar Sachen auf ein leeres Blatt Papier, welches er Saikuron dann zusammen mit etwas Geld in die Hand drückte.
 

Plötzlich klopfte es an der Tür, beide erstarrten. „Dr. Roberts?“, fragte eine beiden bekannte Stimme. Sofort schob Matt Saikuron von seinem Schoß und bedeutete ihm hinter den Vorhängen zu verschwinden, was dieser auch sogleich tat, wohlbemerkt keinen Augenblick zu früh, denn ihm nächsten Moment kam David zur Tür herein. Matt lächelte etwas nervös und fragte: „Was gibt es David?“ Der Andere musterte ihn kurz etwas verwundert und sah sich um. „Sind sie alleine?“, fragte David irritiert. Matt versuchte ruhig zu bleiben, aber eigentlich wurde er nur noch nervöser, denn wie sollte er es erklären, wenn ausgerechnet David Saikuron entdeckte? „Natürlich, ich mein wer sollte denn sonst noch hier sein?“, fragte er deshalb. Noch einmal wanderte der Blick von Dr. Grant durch den Raum, Matt Herz schien unglaublich laut zu schlagen und er war der Meinung das vielleicht alleine das reichte, um sie zu verraten. Glücklichweise zuckte David dann mit den Schultern und meinte nur: „Ich dachte ich hätte dich mit jemandem reden gehört, aber das muss wohl Einbildung gewesen sein. Eigentlich wollte ich nur sehen wo du solange bleibst, immerhin meintest du, du kommst gleich wieder“ Matt fiel wirklich ein Stein vom Herzen . „Ich komme“, meinte er kurz und schnappte sich das kleine schwarze Buch, welches ihm als Berichtsheft diente und verließ zusammen mir Dr. Grant sein Büro. Um Saikuron machte er sich keine weiteren Sorgen, er hatte die Tür zwar wieder abgeschlossen, aber immerhin war sein Freund auch irgendwie reingekommen, sicherlich würde er auf demselben Weg wieder hinaus gelangen.
 

Ich machte heute extra etwas früher Schluss um dem Oberst Leutnant noch einen Besuch abzustatten. Letztendlich würde uns beiden etwas Zweisamkeit nicht schaden und außerdem konnte ich es nicht riskieren, dass Saikuron noch mal im dritten Forschungslabor auftauchte, denn vielleicht würde es bei nächsten Mal nicht so glimpflich ausgehen wie heute. Ich lief den Weg zum Hauptquartier zu Fuß, immerhin war es nicht sonderlich weit. Außerdem hatte ich dann noch einen Augenblick länger Zeit mir eine passende Ausrede zurecht zu legen, um zu erklären wieso ich weg wollte. Mir kam die Strecke vom Labor zum Hauptquartier heute viel zu kurz vor, denn mir war bis dahin noch keine wirklich plausible Erklärung eingefallen. Resigniert seufzte ich und war schon dabei die Treppen zu dem Hauptsitz des Militär hochzusteigen. „Oh Dr. Roberts sie sind es. Sie wollen sicherlich zu Oberst Leutnant Mustang nicht wahr?“, fragte der Wachposten draußen. Er kannte mich inzwischen recht gut, da ich normalerweise immer mal wieder vorbeigeschneit kam. Ich nickte auf seine Frage. „Verstehe, der Oberst müsste jetzt eigentlich in seinem Büro sein“, erklärte der Wachposten und ich ging weiter, die Treppen hoch in den zweiten Stock wo sich besagtes Büro befand. Kurz stand ich noch unschlüssig davor, allerdings war der Oberst auch kein Unmensch, deswegen war ich davon überzeugt das es schon irgendwie schief gehen würde. Ich klopfte einmal und wurde auch sofort hereingebeten. „Doktor Matthew Roberts, was verschafft mir die Ehre?“, fragte der Oberst kaum das ich zur Tür herein war. Ich grinste. „Ach na ja ich dachte es könnte nicht schaden wieder mal vorbei zu kommen und bei der Gelegenheit wollte ich auch gleich mal meine Berichte vorbeibringen und fragen ob es in letzter Zeit wieder irgendwas Neues gibt, was vielleicht für mich von Interesse sein könnte?“, fragte ich während ich direkt auf Mustangs Schreibtisch zusteuerte und einen kleinen Stapel Berichte vor ihn legte. „An welche Art von Neuigkeiten hatten sie denn gedacht Doktor?“, fragte Mustang neugierig, da es eher etwas seltener war, das ich ihn nach Neuigkeiten fragte, meistens wartete ich einfach bis er mir wichtige Dinge von selbst erzählte. „Ich weiß nicht, deswegen frag ich ja, Herr Oberst“, versuchte ich seine Aufmerksamkeit wieder auf meine eigentlich Frage zu lenken. „Leutnant Hawkeye ist ihnen etwas bekannt?“, fragte er eine blonde Frau hinter sich. Diese dachte kurz nach. „Berichten zufolge sollen am Rande von East City mysteriöse rote Steine aufgetaucht sein, aber ich weiß nicht ob das etwas für sie wäre Doktor?“, meinte sie immer noch nachdenklich.
 

„Ach was...“, setzte ich gerade an, als mein Blick zum Fenster glitt, weil sich dort etwas bewegt hatte. Mein Herz begann zu rasen, teils aufgrund der erneut aufkommenden Wut und teils aus Nervosität. Saikuron hing Kopfüber von einem großen Ast herunter, direkt vor dem Fenster des Oberst und winkte. Die silber-weiße Mähne leuchtete auffällig zwischen dem Grün der Blätter. Mir war nicht direkt aufgefallen, dass ich so aus dem Fenster gestarrt hatte, dass selbst der Oberst jetzt fast im Begriff war den Kopf ebenfalls in Richtung Fenster zu drehen. Ich knallte meine flachen Hände lautstark auf die Schreibtischoberfläche des Oberst, um dessen Aufmerksamkeit wieder auf mich zu richten. „Herr Oberst Leutnant, bitte lassen sie mich das überprüfen, es könnte vielleicht wichtig sein“, bat ich ihn wohl etwas zu hysterisch. Der Kopf von Mustang zuckte ruckartig zurück zu mir. Er schien völlig verblüfft über diese Eindringlichkeit mit der ich ihn darum bat, da ich sonst ein eher unaufdringlicher, ruhiger Mensch war. Er schaute mich kurz etwas verwundert an, bevor er Grinste. „Was ist los Matt? Irgendwelche Probleme? Vielleicht mit einer Frau?“, spekulierte Mustang. Ich lachte kurz bewusst gekünstelt bevor ich scheinbar ergebend meinte : „Ja sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen, Herr Oberst.“ Der Oberst nickte verständnisvoll und Leutnant Hawkeye rollte mit den Augen. „Und verraten sie mir auch Einzelheiten, Herr Doktor, vielleicht eine Kollegin von ihnen?“, fragte Mustang nur all zu neugierig und Leutnant Hawkeye fasste sich schon an den Kopf. Mein Blick glitt kurz wieder zum Fenster, während ich abwinkte und erklärend hinzu fügte: „Ich möchte jetzt wirklich ungern darüber sprechen, alles was ich im Moment will ist, möglichst weit weg von Central City.“

Zu meiner Erleichterung war Saikuron zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr zu sehen, jedenfalls nicht aus meinem Blickwinkel. „Na ja vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt Herr Doktor?“, fragte er hoffnungsvoll. Ich lächelte etwas nervös und meinte nur kurz angebunden: „Vielleicht“ Damit schien er sich dann glücklicherweise erst einmal zufrieden zu geben, aber mir graulte es ehrlich gesagt schon vor diesem Gespräch. „Hiermit erteile ich ihnen jetzt auf jeden Fall offizielle den Auftrag mehr über diese mysteriösen roten Steine in East City in Erfahrung zu bringen“, sagte Oberst Mustang, bevor er fragte, „wollen sie vielleicht noch jemanden zur Begleitung mitnehmen? Mayor ...“ Viel weiter kam er nicht, da ich wieder abwinkte und fast vorwurfsvoll hinzufügte: „Vertrauen sie mir wirklich so wenig Oberst Mustang? Sie wissen doch ich bin ein Staatsalchemist, ich komme sehr gut alleine zurecht und wenn sie mich jetzt vielleicht entschuldigen würden, ich muss mich auf die morgige Reise vorbereiten. Auf Wiedersehen.“ Noch bevor er ein einziges, weiteres Wort sagen konnte, war ich schon zur Tür raus. Verdammt wütend stapfte ich um das Gebäude herum, doch als ich unter dem Baum stand, auf dem Saikuron gesessen hatte, war er nicht auffindbar.

Vielleicht war er schon nach Hause gegangen? Auf jeden Fall machte ich mich jetzt auf den Weg dort hin, denn selbst wenn Saikuron nicht da wäre würde er doch früher oder später auftauchen und dann konnte er sich auf gewaltigen Ärger gefasst machen. Mich doch tatsächlich zwei Mal an einem Tag in solch prekäre Situationen zu bringen, so was fiel wirklich nur ihm ein.
 

Gut eine viertel Stunde später war ich zu Hause angekommen und immer noch war ich fest entschlossen Saikuron erst mal den Hals umzudrehen, sobald ich ihn in meine Finger bekam. Sobald ich aufgeschlossen hatte riss ich die Tür regelrecht auf. Sofort tauchte ein Kopf aus der Küche auf, denn ich jedoch durch meinen vernichtenden Blick glich wieder in die Küche verschwinden ließ. Lautstark schmiss ich meine Arbeitstasche neben die Treppe und rauschte in die Küche. Saikuron stand weit Weg von der Tür hinter dem Küchentisch, sodass dieser genau zwischen ihm und mir war. Während er mich mit seinem typischen Grinsen begrüßte feuerte ich regelrecht kleine Blitze auf ihn ab, die jedoch völlig achtlos an ihm abzuprallen schienen. „Du bringst mich eines Tages noch um den Verstand“, meckerte ich vorwurfsvoll. Er schaute mich völlig unschuldig an, als wisse er von nicht. „Komm mir jetzt nicht wieder mit der Nummer, du weißt ganz genau wovon ich rede“, warnte ich ihn. „Ach komm schon das war doch lustig“, meinte er wieder grinsend. „ Ach ja meinst du? Gut, dann erzähle ich dir noch was lustiges, du wirst heute auf der Couch schlafen“, drohte ich ihm. Doch er zog nur eine Augenbraue hoch und sah mich abschätzend an. „Das glaubst du doch wohl selber nicht“, fragte er immer noch völlig ungerührt. „Klar und wenn ich dich eigenhändig an das Ding anketten muss“, fauchte ich. „Dazu müsstest du mich ja erst mal fangen“, reizte er mich weiter und das war der Moment in dem mir der Geduldsfaden platzte und ich auch ihn zurannte. Ich war so verdammt wütend, das es mir auch völlig egal war, das ich den ein oder anderen Stuhl umkippte während ich um den Tisch rannte, doch er blieb natürlich nicht einfach stehen, auch er rannte um den Tisch und nun aus der Küche raus, rüber ins Wohnzimmer. Nachdem ich wieder um den Tisch rumgerannt war folgte ich ihm. Als ich ins Wohnzimmer kam grinste er mich immer noch an während er hinter besagter Couch stand. Ohne Rücksicht auf Verluste steuerte ich direkt auf die Couch zu und sprang herüber, da hätte ich ihn schon fast gehabt, doch er war mir um ein paar Zentimeter entkommen. Das machte mich nur noch wütender. „Bleib sofort stehen, Sai“, brüllte ich wütend, während ich ihn weiter verfolgte. „Sicherlich“, meinte er ironisch.
 

Irgendwann als wir schon durchs halbe Haus gefegt waren, standen wir uns schwer atmend gegenüber. Es gab für ihn kein Entkommen mehr, da er in einer Ecke vor einem meiner vielen Bücherregale stand. „Jetzt hab ich dich“, meinte ich triumphierend und überbrückte die letzten paar Meter zwischen uns, doch wie ich es erwartet hatte versuchte er an der Seite durchzubrechen und mir letztendlich doch wieder zu entkommen, doch ich bekam noch sein Handgelenk zu fassen und zog ihn mit einem übermäßigen Schwung zurück zu mir, doch dabei fiel er zu Boden und riss mich mit und zu allem Überfluss stiegen wir so ungünstig gegen das Bücherregal das dieses auf uns viel und uns unter einem Berg aus Büchern begrub. Saikuron stöhnte unter mir schmerzhaft auf und beschwerte sich sogleich: „Du solltest dir wirklich leichtere Lektüre zulegen.“ „Vielleicht hast du Recht“, murmelte ich während ich mich aufsetzte und mir den schmerzenden Kopf rieb. Und ich bekam fast noch mehr Kopfschmerzen, als ich das Chaos um uns herum sah. „Ich schätzte wir sollten wohl erst mal aufräumen“, schlug ich vor und erhob mich. Auch er blickte sich kurz um und nickte dann zustimmend. Ich half ihm auf, aber hielt ihn einen Moment länger fest als nötig. „Damit ist diese Sache, aber lange noch nicht aus dem Weg geräumt, klar“, verdeutlichte ich und anschließend stellten wir das Bücherregal wieder auf seinen Platz und begannen die verstreuten Bücher hinein zu räumen.

Als ich gerade das letzte Buch aufheben wollte, fiel etwas heraus. Ich bückte mich noch einmal und hob es auf. Es war ein Foto von Saikuron und mir, wo man deutlich sah, das wir einander noch nicht sonderlich lange kannten. Ich lächelte und hielt es ihm unter die Nase. „Hier schau mal, erinnerst du dich noch daran?“, fragte ich ihn und stellte nebenbei das Buch zurück ins Regal. Er überlegte kurz bevor er nickte. „Ja doch glaub schon, das war ein paar Tage nach unserem ersten Treffen, oh mein Gott erinnerst du dich noch daran?“, fragte er kopfschüttelnd. „Wie könnte ich das je vergessen?“, beantwortete ich seine Frage mit einer Gegenfrage.

Erinnerung

Matt war fast der letzte der nach Hause ging, aber es war fast jeden Abend dasselbe, manchmal meinten seine Kollegen auch schon, das er viel zu viel Zeit mit seiner Arbeit verbrachte, er solle sich stattdessen lieber endlich mal eine Freundin suchen, doch merkwürdigerweise fesselte ihn seine Arbeit meistens mehr als alle Frauen die er bis jetzt kennengelernt hatte. Nicht das er sie irgendwie hasste oder so, aber die Arbeit die er tat erschien ihm einfach wichtiger als eine Freundin zu haben und auch erheblich stressfreier. Es war nicht so, dass es in Matts Forschungsteams keine Frauen gab, aber das Verhältnis zu diesen war nur freundschaftlich, obwohl sie nicht mal verheiratet waren.
 

Als er sich gerade auf den Weg Richtung Ausgang machte bemerkte er, das in einem der Büroräume noch Licht brannte, als er die Tür öffnete sah er David Grant, ein ebenfalls recht bekannten Alchemisten, der erst vor knapp einer Woche zu ihnen gestoßen war, sich aber wirklich gut einbrachte und mindestens genauso begeistert von seinem Job war, wie Matt selbst. „Hey David ich geh jetzt, mach nicht mehr so lange, es ist schon spät, hörst du?“, rief er ihm von der Tür aus zu. Der Angesprochene sah auf und lächelte. „Ja, ja werde ich schon nicht Dr. Roberts“ erwiderte Grant und wandte sich gleich wieder seiner Arbeit zu. Matt musste grinsen, denn Dr. Grant erinnerte ihn wirklich sehr an sich selbst, es ärgerte ihn nur das er ihn immer noch Roberts nannte, obwohl er ihm schon hundert Mal gesagt hatte, er solle ihn doch einfach Matt nennen. Immerhin war Matt gerade mal 18 Jahre alt und wenn man von der Tatsache absah, das er Leiter dieser Abteilung war, wirkte er auch noch sehr jung.
 

Als Matt dann gerade ein paar Meter aus dem Haus gegangen war, hörte er ein lautes Geräusch direkt hinter sich, das wie eine Explosion klang. Er drehte sich um und sah Staub aufsteigen, an der Seite des Labors, ganz in der Nähe der Büroräume. Aus Angst, das David etwas passiert sein könnte, stürmte er ins Haus zurück. Kaum war er durch die Eingangstür, sah er schon wie David aus dem Büroräumen gerannt kam, Todesangst in den Augen. Er sah sich nicht lange um, sondern kam direkt auf Matt zu. „Helfen sie mir, da ist ein...“, weiter kam er nicht, bevor wieder ein lautes Geräusch erklang, denn die Tür wurde weggeschleudert und ein junger merkwürdiger Mann trat heraus. Das Haar lang und silbrig-weiß, etwas größer als Matt und wahrscheinlich auch etwas älter. Er blickte die beiden Doktoren mit kalten blauen Augen an, in seinen Augen glitzerte Mordlust. Während der Fremde noch damit beschäftigt war sein neues Gegenüber zu mustern, war David endlich bei Matt angekommen und blieb stehen. „Laufen sie gefälligst weiter und holen sie Hilfe, ich werde schon mit dem hier klarkommen.“, meinte Matt festentschlossen dazu seinen Kollegen zu beschützen und blickte seinem Gegner in die Augen, der ihn nun hämisch angrinste. „Na wenn du dich da mal nicht täuscht, Kleiner“, meinte er amüsiert. „Werden wir ja sehen, wer sich täuscht“, erwiderte er kampflustig und fügte noch im ernsten Ton hinzu, „nun gehen sie doch endlich, David“ Denn der stand immer noch unschlüssig neben ihm, doch durch die wiederholte Aufforderung setzte er sich jetzt doch in Bewegung. Der Unbekannte wartete bis Dr. Grant das Gebäude verlassen hatte und das Zuschlagen der Tür mit einem lauten Knall durch die angespannte Stille hallte.
 

Wie auf ein Zeichen hin rannte der Fremde nun in seine Richtung, schnell führte Matt seine Handflächen zusammen, um zwischen ihnen einen Transmutationskreis zu bilden, dann legte er die eine Hand an die Wand und steinerne Säulen drängten sich in den Weg seines Angreifers, doch dieser wich ihnen mit einer unglaublichen Geschicklichkeit aus. Als er Matt schon gefährlich nahe war, erschuf dieser genau vor sich eine steinerne Wand und das genau im richtigen Moment, denn ansonsten hätte ihn der Schlag des Anderen getroffen, der sehr heftig ausfiel, da er die steinerne Wand wieder in ihre Einzelteile zerlegte. Scheinbar hatte Matt ihn unterschätzt, er war gefährlicher als er schien. Doch Matt blieb nicht viel Zeit um darüber nachzudenken, denn wieder schlug der Fremde nach ihm und diesmal musste er ausweichen, mit einem Sprung nach hinten. „Was willst du eigentlich?“, fragte er den Fremden ziemlich unverhofft. Während er schon wieder zu einem zweiten Angriff ansetzte antwortete er : „Im Moment wäre dein Tod schon mal ein Anfang“
 

Das verrückte Grinsen auf seinem Gesicht wurde breiter und er streifte mich mit etwas spitzem, was ich nicht weiter definieren konnte, da ich es nicht sah, denn ich verspürte einen leichten Schmerz an der linken Schulter, doch es folgte sofort der nächste Schlag. „Und dann?“, fragte ich weiter. Ich kannte solche Leute, es verwirrte sie wenn jemand ihre Ziele oder Absichten hinterfragte, obwohl er vielleicht durch ihre Hand sterben würde. Der Moment der Verwirrung war oftmals ein guter Zeitpunkt um zum Gegenschlag anzusetzen, so was nannte man allgemein psychologische Kriegsführung. „Dann bringe ich deinen Freund um, so wie es geplant war, nur das es erheblich mehr Spaß gemacht hat“, erklärte er frei heraus. „Und dann?“, fragte ich erneut während er auf mich zusprang ich wieder nach hinten auswich und er eine riesige Delle im Boden hinterließ. Für einen Augenblick rührte sich nichts, es war fast beängstigend still, dann hob er den Kopf und ich sah einen solch unbändigen Hass in seinem Blick, wie ich es noch nie bei einem Menschen gesehen hatte. Dieser Blick ging mir über in Mark und Knochen.
 

„Dann töte ich den Mann der mich zu dem machte, was ich jetzt bin“, stieß er mit rachelüsterner Stimme hervor und machte wieder einen Satz auf mich zu, doch ich hatte die kurze Verschnaufpause genutzt, um mir eine große Metallstange zu erschaffen, die mir als Waffe gegen ihn dienen konnte und als er auf mich zusprang, stieß ich auch sofort zu und traf ihn zu unserer beider Überraschung mitten in die Magengegend. Er keuchte auf und wich zurück. „Und wenn du diesen Mann getötet hast, was wird dann der Sinn deines Lebens sein, darüber hast du noch nie nachgedacht, oder?““, fragte ich und griff ihn nun meinerseits unaufhörlich an. Doch auch er wich meinen Schlägen geschickt aus, denn er war unglaublich schnell. „Ich werde“ , setzte er an, doch dann herrschte Schweigen, er dachte nach, also hatte ich mit meiner Vermutung scheinbar Gold richtig gelegen. Ich brachte etwas Abstand zwischen uns und senkte die Metallstange.

„Du solltest jetzt gehen, denn es dürfte nur noch ein paar Minuten dauern, bis hier alles voll ist mit Militärs, die dir nach dem Leben trachten“, erklärte ich ihm und schaute ihm fest in die Augen. Die meisten im Militär hätten ihn wohl ohne Zögern getötet, hätten sie eine solche Chance bekommen, aber ich war anders, obwohl ich mich als Staatsalchemist dem Militär gegenüber verpflichtet hatte, würde ich ihn jetzt fortschicken, denn meisten sterben solche Menschen eines sinnlosen Todes, obwohl sie lediglich einen kleinen Denkanstoß benötigt hätten, der sie unter Umständen wieder klarer sehen ließ und ihnen zurück auf den rechten Weg verhalf. „Geh jetzt“, sagte ich noch einmal mit Nachdruck und er ging tatsächlich. Schweigend, völlig in seine Gedanken vertieft, ließ er mich in dem demolierten Gang zurück. Ich atmete erleichtert auf und kaum dass er durch das riesige Loch in der Wand verschwunden war, kamen auch schon die Militärs zur Tür reingestürmt. Mit ganz vorne Oberst Leutnant Roy Mustang persönlich. Er entdeckte mich natürlich sofort und kam auf mich zugestürmt. „Geht es dir gut? Wo ist der Killer hin?“, fragte er sofort und musterte mich von oben bis unten, bevor er sich kurz umblickte, aber natürlich niemand gefährliches entdeckte. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass der Fremde mich doch das ein oder andere Mal mehr erwischt hatte, als ich gedacht hatte, denn ich war übersät von kleineren Schnittwunden und es fühlte sich so an als ob ein oder zwei Rippen gebrochen wären. Ich legte meine Hand vorsichtig auf die schmerzende Stelle an der Brust. Schon diese Berührung genügte um eine Welle des Schmerzes durch meinen Körper zu jagen. Ich verzog schmerzhaft das Gesicht und nahm eine etwas gebeugtere Haltung ein, in der Hoffnung, dass das den Schmerz etwas dämpfte. Mustang schaute mich mitfühlend an, denn ihm war dies nicht entgangen. „Den Unständen entsprechend“, meinte ich und zeigte dann den Gang entlang, „er ist da um die Ecke verschwunden, vielleicht erwischen sie ihn noch“ Ich schickte natürlich alle mit Bedacht in die falsche Richtung, denn für mich war klar, das jeder in seinem Leben eine zweite Chance verdient hat und er würde sicherlich über seine Zukunft nachdenken, das hatte er bereits getan, als er gegangen war.
 

Natürlich behielt Matt recht, Saikuron dachte über seine Zukunft nach, darüber was er tun wollte nachdem, er seinen Vater getötet hatte. Doch in seinem Kopf herrschte völlige Leere, er wollte natürlich nicht ewig so weiterleben wie jetzt, im Auftrag seines Adoptivvaters Hikari irgendwelche Menschen töten, die ihn eigentlich überhaupt nichts getan hatten. Seine Füße trugen ihn wie von alleine nach Hause, wo ihn seine Schwester Sui begrüßte und ihn fragte wie es gelaufen sei, doch er antwortete ihr gar nicht, sondern ging stumm in sein Zimmer und legte sich aufs Bett. Er machte in dieser Nacht kein Auge zu, sondern überlegte ernsthaft, was für einen Sinn sein Leben machte, wenn er seinen Vater getötet hatte. Er hatte sich bis jetzt alleine auf dieses Ziel konzentriert, das Einzige was ihn angetrieben hatte waren diese Rachegedanken und von den anderen Homunkuli hatte sich auch nie jemand die Mühe gemacht, ihn zum nachdenken zu bewegen. Er war durch seine Rachegedanken einfach viel zu leicht zu lenken gewesen, für sie. Auch als die Sonne schon aufging, war er immer noch zu keinem Entschluss gekommen. Doch irgendwann im Laufe des Vormittags kamen ihm dann die Erinnerungen an den glücklichen Teil seiner Kindheit in den Sinn und plötzlich war er dazu entschlossen ein Mensch zu werden und dann einfach ein ganz normales Leben zu führen, eine richtige Familie zu haben eine Familie in der jeder den Anderen so sehr liebte, dass er für ihn sterben würde, dieser Wunsch entsprang seinem verwirrten Herzen. Eigentlich widersprach das völlig seinen bisherigen Handlungen, aber es war trotzdem das was er sich am meisten wünschte, neben dem Verlangen seinen Vater zu töten, obgleich das vielleicht widersprüchlich erschein.
 

Wie als hätte er eine Eingebung gehabt, sprang er auf und lief die Treppe herunter zur Haustür, vorbei an Kaji seinem Bruder, der Auskunft darüber wollte, wohin er ging und vorbei an seinem verwirrten Adoptivvater, der gerade zur Tür hereinkommen wollte. Er lief und lief unglaublich schnell, spürte den Wind in den Haaren, während er in eine bestimmte Richtung eilte . Er lief immer weiter bis ihm plötzlich bewusst wurde, das er gar nicht zu sagen vermochte, wohin er lief. Er fühlte sich freier, obwohl sich augenscheinlich nichts verändert hatte, fühlte er sich wie von einer schweren Last befreit. Er wollte seinen Entschluss mit jemanden teilen, mit jemanden, der seine Freude über diese Erkenntnis mit ihm teilte. Doch seine Familie, bestehend aus anderen Homunkuli, würde ihn nur belächeln, da sie diesen Wunsch schon um einiges länger nachstrebten als er. Bis jetzt ist es ihnen noch nicht gelungen, vor allem ist die Tatsache, dass sie keine Alchemie benutzen können ein großes Hindernis für sie, er würde daran auch nichts verändern können. Es war ein Leichtes für Saikuron sich ihre sarkastischen Worte vorzustellen, doch das war nicht, was er wollte. Ohne es wirklich zu realisieren war er weitergegangen und in den Menschenmassen des Markplatzes gelandet. Als Bestandteil dieses geschäftigen Treibens wurde ihm bewusst, dass ihm etwas fehlte, etwas sehr Entscheidendes, auf das vor allem die Menschen viel Wert legten. Jemanden, der ihn verstand und der ihn so akzeptierte, wie er war, einen Freund. Betrübt senkte er den Kopf aufgrund der Erkenntnis, dass kein solcher Mensch bzw. Homunkuli in seinem Leben existierte, der den Anforderungen eines Freundes gerecht wurde.

Dann fing es zu allem Überfluss auch noch an zu Regnen, die Massen flohen ins schützende Trockene zu Menschen die auf sie warteten. Saikuron blieb alleine, völlig verlassen auf dem nun riesig wirkenden Marktplatz zurück. Tränen füllten seine Augen und liefen zusammen mit den Regentropfen sein Gesicht herunter. Er war alleine auf dieser Welt, völlig alleine. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Gedanken an Rache sein ganzes Denken bestimmt, sodass er diese endlose Leere nicht wahrnahm, die schon viel zu lange in seinem Inneren herrschte. Er spürte die Kälte in seinem Inneren und passend dazu die Kälte die der Regen auf seiner Haut hinterließ. Er machte einen wahrhaft verwaisten Eindruck, wie ein kleines Kind, das gerade sämtliche Verwandtschaft und Freunde verloren hatte.
 

Matt hatte an diesem Tag frei bekommen, da er seine gebrochenen Rippen schonen sollte, obwohl es ihm nicht recht passte, verstand er doch das es notwendig war. Er war gerade von der Apotheke gekommen als es plötzlich angefangen hatte zu regnen, doch glücklicherweise hatte er das einkalkuliert und einen Regenschirm mitgenommen. Er sah wie bei den ersten Regentropfen alle das Weite suchten, aber es verwunderte ihn nicht weiter, denn der Regen wurde schnell ziemlich heftig und er wollte eigentlich nur noch nach Hause ins Warme. Als er gerade den großen Marktplatz überqueren wollte, traf es ihn fast wie einen Schlag. Da stand doch tatsächlich dieser Typ der David und ihn gestern hatte umbringen wollen! Ihm ersten Moment überkam ihn eine unbändige Wut, doch dann registrierte er das heute irgendwas anders war. Diese Haltung war merkwürdig und wieso stand er hier ganz alleine ihm Regen? Er machte ja nicht mal die Anstalt sich zu bewegen, um ein schützendes Plätzchen vor dem Regen zu suchen. Die Wut, die in ihm im ersten Moment hochgekocht war verpuffte allmählich und wich seiner typischen Neugier. In gebührenden Abstand, scheinbar ohne das der Angreifer von gestern es bemerkte, ging er so um ihn herum, dass er sein Profil von der Seite aus sehen konnte. Zum wiederholten Male war er mehr als überrascht, die Augen des jungen Mannes waren gerötet, ganz so als würde er weinen. Matt schüttelte den Kopf. Das konnte doch unmöglich sein, oder? Konnte ein solcher Mensch wirklich weinen? Er hätte wohl nicht erwartet seinen gestrigen Angreifer so schnell wiederzusehen, vor allem nicht in einem solchen Zustand. Natürlich hatte er ihn gehen lassen, doch er war sich nicht sicher wie er sich jetzt verhalten sollte. Theoretisch könnte er einfach weggehen, aber der Silberhaarige sah wirklich so auf, als wenn er Hilfe gebrauchen könnte, immerhin gab er im Moment ein ziemlich jämmerliches Bild ab, heulend im Regen, völlig alleine. Bei diesen Gedanken regte sich etwas tief im Inneren von Matt. Als er noch klein war hatte er eine Phase in der es ihm oft genauso erging, die Folge eines eben solchen Regentages und Matts anhaltende Trauer hätten ihn fast das Leben gekostet. Mit Lungenentzündungen war wirklich nicht zu spaßen. Obwohl sich Matt keineswegs sicher war, ob es nicht wieder in einem Kampf enden würde, entschloss er sich dazu dieser Person zu helfen, vor allem weil er nicht wollte, das es jemandem erging wie ihm selbst. Nicht mal seinem schlimmsten Feind würde er es wünschen, an einer Krankheit, aufgrund von anhaltender Trauer oder Depression zu sterben. Vielleicht war er auch einfach zu gutherzig, aber Matt konnte einfach nicht anders.
 

Von einer auf die andere Sekunde tropfte der Regen plötzlich nicht mehr auf Saikurons Körper, dafür hörte er über sich, das Geräusch der Regentropfen, die auf irgendetwas anderes fielen. Überrascht blickte er auf und sah das Gesicht des Mannes vor sich, denn er gestern versucht hatte umzubringen. Er war nicht fähig auch nur ein einziges Wort zu sagen, denn dieser Typ lächelte ihn freundlich an und hielt seinen Regenschirm über ihn. „So holst du dir noch eine Erkältung, komm am Beste mit“, meinte der ihm völlig Fremde fast fürsorglich und nahm ihn bei der Hand. Saikuron entriss sie ihm sofort wieder. „Was soll das?“, fragte er lautstark, da er momentan Mental echt angeschlagen war. „Hab keine Angst, ich will dir nichts tun, vertrau mir einfach“, versuchte er beruhigend auf Saikuron einzureden. Wieder griff er nach dessen Hand, da er sich nicht sicher war, ob dieser ihm ansonsten folgen würde. Ganz wie ein kleines Kind führte er ihn durch die regennassen, verlassen Straßen zu einem Saikuron unbekannten Ziel. Wie sie so schweigend beide unter dem Regenschirm, dicht beieinander liefen, spürte Saikuron nicht nur die Wärme der Hand des Anderen, sondern auch sein Innerstes schien von diesem jungen Mann erwärmt zu werden und er war sich nicht wirklich sicher, aber es fühlte sich so an wie ein Gefühl aus längst vergangenen Tagen. Auf eine Art spürte er so was wie Angst, aufgrund der Ungewissheit, doch er hatte auch den Eindruck das es sich bei diesem Typen um eine verlässliche Person handelt, immerhin hätte er sich selbst gestern geopfert, damit sein Kollege entkommen konnte, wäre es soweit gekommen. Jetzt, im Nachhinein war er wirklich froh darüber, das es nicht geschehen war. Er kam nicht umhin zu denken, dass er alleine wegen dieser Tat Zuneigung zu der namenlosen Person empfand. Noch immer fühlte Saikuron sich außer Stande auch nur ein einziges Wort zu sagen, weder „Danke“ noch „Warum?“ kamen über seine Lippen, obwohl beides in seinem Kopf umherschwirrte, zusammen mit dem Gefühl der Zuneigung und der Verwirrung.
 

Vor einem unscheinbaren Haus blieben sie stehen. „Was...?“, wollte Saikuron gerade ansetzen als der Fremde ihn rüde unterbrach. „Warte bis wir drinnen sind“, murmelte er ernst. Sie passierten ein kleines Gartentor, neben dem rechts an der Seite ein Schild mir dem Namen Roberts hing, folglich musste er so heißen. Roberts, irgendwie kam ihm der Name bekannt vor, darauf schloss er, dass der Schwarzhaarige nicht gerade unbekannt war, auch wenn Saikuron sich nicht daran erinnerte in welchem Zusammenhang er den Namen schon einmal gehört hatte. Vor der Tür blieben sie wieder stehen, damit Dr. Roberts, denn das war er zweifelsfrei, seinen Hausschlüssel suchen konnte. Als er ihn gefunden hatte, schloss er die Tür auf und schob Saikuron vor sich ins Haus. „Zieh doch bitte die nassen Schuhe aus und stell sie an die Heizung“, wies der junge Doktor ihn an und schüttelte währendessen den Regenschirm draußen aus. Kurze Zeit später stand er wieder neben Saikuron und entledigte sich ebenfalls seiner nassen Schuhe. Er seufzte bei Saikurons Anblick.„Oje du bist wirklich durchgeweicht von oben bis unten“, murmelte der junge Doktor besorgt und wollte ihn wieder an die Hand nehmen, doch Saikuron war schneller und trat einen Schritt zurück. „Jetzt sind wir drinnen, also was soll das?“, fragte er misstrauisch und blickte sich nach versteckten Hindernissen um. Wieder seufzte der Doktor bevor er entnervt das Gesicht verzog und nun mit erstaunlicher Schnelligkeit Saikurons Hand packte. Sofort schrillten bei ihm alle Alarmglocken und sein Kopf schrie regelrecht, dass das alles nur eine Falle gewesen war und er Idiot darauf hereingefallen war, doch der Doktor zerrte ihn trotz Gegenwehr in ein Badezimmer, dort ließ er erst einmal völlig entspannt warmes Wasser in eine Badewanne laufen. Saikuron stand völlig verdutzt da, unfähig diese Situation zu begreifen, ohne weitere Erklärung ging der Doktor zu einem Schrank und öffnete diesen, er förderte darauf zwei Handtücher zutage, ein Großes und ein Kleines. Das Größere legte er sorgsam neben die Badewanne und das Kleinere legte er sich selbst um die Schultern. „Zieh am besten erst mal die nassen Sachen aus und geh baden, sonst wirst du wirklich noch krank, ich komm gleich wieder und bring dir was Trockenes zum anziehen“, meinte er und musterte ihn kurz, „es sollte wohl etwas sein was mir zu groß ist, ansonsten könnte es an einigen Stellen etwas knapp werden“ Mit diesen Worten schloss er den Wasserhahn und verließ anschließend das Badezimmer.

Wie aus einer Starre erwachend, realisierte Saikuron was der Andere gesagt hatte, das er tun solle. Er verstand die Welt nicht mehr. Was passierte hier gerade? Er sollte baden gehen? Hier bei dem Mann, den er versucht hatte zu töten, gerade erst gestern? Was dachte sich dieser Doktor nur dabei? Er wollte ihm gerade hinterher rennen und ihn zur Rede stellen, als er auch schon wieder zur Tür hereinkam. Er hatte sich umgezogen und trug nun ein weißes Hemd, welches er noch nicht zugeknöpft hatte, deswegen sah er sofort den Verband um den Brustkorb des Kleineren. Die wütenden, eine Erklärung fordernden Worte blieben ihm regelrecht im Hals stecken und wichen stattdessen Schuldgefühlen, immerhin versuchte der junge Doktor sich um ihn zu kümmern und er machte hier so ein Theater. Der Kleinere hatte ihm gerade den Rücken zugewandt um die frische, trockene Kleidung neben das Handtuch zu legen, als Saikuron fragte: „War ich das etwa gestern in meinem Rausch?“ Verwirrt drehte sich der Doktor um und folgte dem Blick des Größeren. Reue zierte heute sein Gesicht, er schien ernsthaft besorgt wegen der Verletzung des Doktors zu sein, deswegen schluckte er seine pampige Antwort herunter. „Ach das ist nichts Welt bewegendes mach dir keine Gedanken, bade in Ruhe und wenn du fertig bist hab ich sicherlich auch das Essen fertig“, winkte er deshalb lächelnd ab und verließ dann das Bad. Wie konnte er das einfach so hinnehmen? Es als Kleinigkeit abtun? Es war Saikuron unbegreiflich, doch weil er ihm nicht noch mehr Schwierigkeiten machen wollte, entledigte er sich seiner regenschweren Sachen und stieg in das angenehm warme Wasser. Er spürte richtig, wie die Wärme seine Muskeln entspannte und war in diesem Moment wirklich dankbar für die Gastfreundlichkeit des Doktors.
 

Matt nutzte die Zeit die Saikuron im Bad war, um das ganze Wasser aufzuwischen, das dieser hinterlassen hatte und machte sich im Anschluss daran ihnen beiden etwas warmes zu kochen, denn das konnten sie jetzt beide gut gebrauchen. Zwischendurch warf er auch noch Saikurons Sachen in die Waschmaschine, da sie so aussah, als hätte sie das mal wieder nötig.

Als Saikurons Haut schon völlig schrumpelig war, beschloss er die Badewanne zu verlassen, es dauerte nicht lange, dann hatte er die Sachen an, die der Doktor ihm gegeben hatte, sie passten glücklicherweise. Bevor er das Bad verließ, rubbelte er noch sein Haar halbwegs trocken und hängte das feuchte Handtuch neben ein Anderes. Nachdem er das Bad verlassen hatte, schaute er sich kurz suchend um, denn schließlich kannte er sich in dem Haus ja nicht aus, doch wenige Sekunden später hörte er jemanden vor sich her summen. Da das nur der Doktor sein konnte, folgte er dem Geräusch und noch bevor er die Küche betrat stieg ihm ein köstlicher Geruch in die Nase. Die Küche begrüßte ihn mit einer einladenden Wärme und dem Geruch von Essen. Der Doktor rührte fröhlich in einem Topf und summte dabei. Er schien so beschäftigt, dass er Saikurons Eintreten gar nicht bemerkte. In diesem Augenblick war Saikuron wieder über diesen jungen Mann verwundert, es war einfach dieses blinde Vertrauen, das der Doktor ihm entgegenbrachte, immerhin wäre es jetzt ein leichtes für Saikuron gewesen ihn hinterrücks zu töten, woran natürlich nicht ihm Traum zu denken war.

„Ähm Dr. Roberts ich bin fertig“, murmelte Saikuron verunsichert, immer noch in der Tür stehend. Der Angesprochene wandte sich um. „Schön, denn das Essen ist gerade fertig, setzt dich doch“, forderte er ihn freundlich auf und deutete auf einen kleinen Tisch. Zögerlich lief er durch die Küche, vorbei an dem Doktor ,nicht ohne diesen eingehend zu mustern, bevor er sich setzte. Zwei Minuten später stand ein Teller mit Reis und einer Art Eintopf vor ihm der einen wohlverheißenden Duft verströmte. Erst jetzt bemerkte er, wie hungrig er eigentlich war, denn er hatte schon seit gestern früh nichts mehr gegessen, doch er wartete noch bis der Doktor sich neben ihn setzte und sagte: „Na dann lass es dir schmecken“ Beide begannen zu Essen, doch Saikuron beherrschte sich noch so lange, bis er gesehen hatte wie der Doktor seinen ersten Bissen geschluckt hatte, denn er war immer noch etwas misstrauisch doch dann aß auch er und war positiv von den Kochkünsten des jungen Doktor überrascht, er verschlang das Essen regelrecht. Sein Teller war schon völlig leer, als der Doktor gerade mal die Hälfte gegessen hatte. Er grinste. „Willst du vielleicht noch mehr? Es ist noch genug da“, fragte Dr. Roberts und nahm Saikurons Teller, dieser nickte und schon bekam er noch eine Portion. Als sie beide fertig waren räumte der Doktor die Teller weg und begann sogleich damit abzuwaschen, es war ja nicht sonderlich viel. „Ich bin übrings Matthew Roberts, aber nenn mich doch bitte einfach nur Matt und wie ist deine Name?“, stellte er sich vor und unterbrach kurz seine Arbeit um sein Gegenüber anzuschauen. „Saikuron“, antwortete dieser kurz angebunden. „Ungewöhnlicher Name, woher kommst du?“, fragte er weiter mit dem Versuch ein normales Gespräch zu beginnen und wandte sich wieder dem Geschirr zu. Saikuron musste einen Moment überlegen was er ihm am besten darauf antwortete. Doch eigentlich würde die Wahrheit keine negativen Auswirkungen auf ihn haben und das Verhalten von Matt hatte ihn nur in seinem Glauben verstärkt, einen aufrichtigen Menschen vor sich zu haben, vor allem wenn er seine Tat gestern bedachte. Er hatte den Kampf doch tatsächlich abgebrochen, obwohl er eine solch gute Gelegenheit bekommen hatte Saikuron zu töten. Nicht das ihm das gelungen wäre, aber er unternahm ja nicht einmal den Versuch, stattdessen schützte er ihn sogar noch vor dem Militär. Vielleicht konnte man ihn als naiv bezeichnen, aber gutherzig passte einfach besser. Letztendlich hatte er das Gefühl Matt einfach vertrauen zu können und deshalb entschied er sich letztendlich für die Wahrheit. „Nun ja ich bin ein Homunkulus, ein künstlich erschaffener Mensch, mein Adoptivvater gab mir diesen Namen“, erklärte er ihm. „Du bist also wirklich ein Homunkulus“, stellte Matt fest. Saikuron sah Matt verwirrt an, das sah dieser natürlich und lächelte ihn wieder an bevor er erklärte: „Mir kam das Zeichen auf deiner Hand bekannt vor und deswegen habe ich ein wenig nachgeforscht und bin letztendlich bei deiner Art gelandet, wenn auch über viele Ecken“ Er hatte das Geschirr inzwischen schon wieder weggeräumt und setzte sich wieder an den Tisch.
 

„Du hast über das nachgedacht, was ich dir gestern sagte nicht wahr“, sagte Matt und es klang eher nach einer Feststellung als nach einer Frage. Plötzlich entwickelte Saikuron wieder einen gewissen Enthusiasmus. „Ja, das habe ich tatsächlich „, begann er dennoch etwas zögerlich,“ aber mir ist klar geworden, dass ich ein Mensch werden möchte “, erzählte er Matt scheu, fast wie ein kleines Kind, welches sich nicht sicher war, ob es richtig war was es sagte. Matt reagierte genauso wie Saikuron es sich von einem Freund gewünscht hatte. Er lächelte wieder dieses warme Lächeln und meinte: „Das freut mich sehr für dich, vielleicht kann ich dir ja sogar helfen diesen Traum war werden zu lassen, immerhin beschäftige ich mich sowieso mit grenzwertiger Alchemie und einen Homunkulus zu einem Menschen zu machen, fällt sicherlich auch in meinen Bereich“ Saikuron strahlte ihn richtig an, er war das völlige Gegenteil von gestern. „Also könnten wir Freunde sein?“, fragte Saikuron etwas zögerlich, da er sich nicht sicher war, ob es möglich war trotz dieser Vorgeschichte mit ihm befreundet zu sein, dennoch entsprach Matt bis jetzt am meisten den Vorstellungen eines Freundes, denn sich Saikuron inzwischen wirklich wünschte. „Ich denke schon“, erwiderte Matt ebenfalls etwas unsicher, aber dann lächelte er optimistisch und Saikuron sah es als ein gutes Zeichen an, welches auch seine Unsicherheit etwas beiseite wischte. Dann war es kurz still, weil beide ihren Gedanken hinterher hingen, bis Matt herzhaft gähnte. „Oh du bist sicherlich müde, vielleicht sollte ich jetzt lieber gehen“, murmelte Saikuron fast etwas enttäuscht und erhob sich. Eigentlich wäre er gerne noch länger bei seinem neuen Freund geblieben, aber er konnte diesen nicht seines kostbaren Schlafs berauben, denn er hatte heute schon genug für Saikuron getan.
 

„Warte“, rief Matt und sprang ebenfalls auf, „ich glaub nicht, dass das eine gute Idee ist“ „Was wieso?“, fragte Saikuron völlig überrascht und blieb stehen, wobei er Matt verständnislos und etwas verunsichert ansah. „Na ja ich mein deine Sachen sind noch völlig nass, genauso deine Schuhe und der Regen hat auch noch kein bisschen nachgelassen, wenn du jetzt wieder raus gehst wirst du ganz bestimmt krank“, erklärte Matt seine Bedenken. Saikuron war wirklich gerührt von der Besorgtheit seines neuen Freundes um ihn, doch dann tauchte da wieder die Warum Frage auf und er musste es jetzt einfach wissen. „Warum?“, fragte er Matt. Dieser schaute erst kurz etwas planlos drein, bevor er sich an einen Erklärungsversuch wagte. „ Na ja sie mal dieser ständige Wechsel von Kalt und Warm...“ „Das mein ich nicht. Warum tust du das alles für mich?“, fiel er ihm ins Wort, während die stahlblauen Augen ihn leicht resigniert anschauten. „Na wir sind doch jetzt Freunde“, war Matt völlig selbstverständliche, einfache Antwort. „Aber bis gestern waren wir das noch nicht. Wieso hast du mich gestern weggeschickt, immerhin wollte ich dich töten und habe dich sogar verletzt“, fragte Saikuron nun etwas aufgebracht, Freunde hin oder her, doch nur um gleich im Anschluss wieder reuemütig auf die Brust von Matt zu blicken. Es folgte eine angespannte Stille, Matt ließ sich Zeit mit der Antwort. „Es war einfach... wie erklärt man es am besten... ich hatte einfach nicht das Gefühl eine Person vor mir zu haben, der man nur Hass entgegenbringen kann...vielleicht oder... sicherlich mag dir das komisch erscheinen... nenn mich unvernünftig, verrückt, was immer du willst. Ich bin halt etwas anders“, versuchte er seine Beweggründe zu erläutern. Saikuron schaute ihn einfach schweigend an. Er war wirklich irgendwie anders, als alles anderen Menschen die er bis jetzt kennengelernt hatte, aber vielleicht war gerade das etwas was diese merkwürdige Freundschaft möglichen machen würde, immerhin war auch er anders, Homunkuli waren einfach anders.
 

„Ich würde einfach vorschlagen du übernachtest hier, vorausgesetzt du hast nichts dagegen und dein Adoptivvater schimpft nicht, wenn du mal eine Nacht nicht nach Hause kommst“, scherzte Matt und ging somit wiedereinmal seinem liebsten Hobby nach. Er provozierte Leute, wenn auch nicht immer bewusst, doch er merkte es schon wenn es zu viel wurde, denn eigentlich war er eher der Typ Mensch der sich Auseinandersetzungen stellte, diese aber nach Möglichkeit vermied. Verärgert baute Saikuron sich vor dem Kleineren auf und fragte ihn völlig entgeistert: „Für wie alt hältst du mich, zehn? Außerdem interessiert es da eh niemanden ob ich nun da bin oder nicht“ „Also bleibst du hier, ja?“, überging Matt die erwartete Reaktion von Saikuron einfach. „Das hab ich nicht gesagt...“, meinte Saikuron daraufhin sofort, doch es klang so als wolle er noch etwas hinzufügen. „Aber du bleibst trotzdem, nicht wahr?“, beendete Matt den Satz, ganz nach seinen Vorstellungen, für Saikuron. Da dieser nichts erwiderte nahm Matt es einfach als Zustimmung. Wie zur Bestätigung seufzte Saikuron und entspannte sich wieder. „Gehen wir jetzt schlafen?“, fragte Saikuron. „Willst du denn?“, stellte Matt die Gegenfrage. Er dachte kurz darüber nach, Matt war auf jedenfall ziemlich müde und er selbst hatte vergangene Nacht auch nicht geschlafen, wahrscheinlich wäre es das Beste, aufgrund dieser Überlegungen nickte er.
 

Das dritte Mal an diesem Tag nahm Matt in bei der Hand, allerdings wehrte er sich diesmal nicht dagegen und Matt führte ihn ins Obergeschoss, wo sich vier Räume anschlossen, doch Matt ging zielsicher auf die hintere Tür links zu. Er machte sie auf und zum Vorschein kam ein Schlafzimmer, in der Mitte thronte ein riesiges Doppelbett, zwei kleine Nachttische und ein riesiger alt wirkender Schrank auf dunklem Holz rundeten den Raum ab.

„Ich würde vorschlagen du schläfst hier bei mir, meine Couch unten ist nicht wirklich zum schlafen geeignet, glaub mir, diese Erfahrung hab ich auch schon des Öfteren gemacht“, erklärte Matt und fügte dann fragend hinzu, „es sei denn, es ist dir irgendwie unangenehm?“ Saikuron schüttelte den Kopf, eigentlich war es ihm völlig egal, aber natürlich war ein Bett eine wesentlich angenehmere Schlafmöglichkeit als eine Couch. „Gut das geh ruhig schon schlafen“, murmelte Matt schnell und ließ Saikuron erneut alleine im Raum zurück. Kurze Zeit später hörte er unter sich Wasser plätschern. Matt musste wohl im Bad sein, stellte Saikuron fest. Er ging nicht sofort ins Bett, er schaute sich vorher alles was in diesem Zimmer war genau an. Vor allem das Foto welches Matt mit seiner Familie zeigte, als er noch jünger war erregte seine Aufmerksamkeit und gleichzeitig warf es wieder neue Fragen auf. Wieso waren sie nicht hier? Lebten sie noch? Wie ist sein Verhältnis zu seiner Familie jetzt? Auf dem Bild schien er wirklich glücklich, doch jetzt hatte er etwas Einsames an sich. Das erkannte Saikuron nur, weil er selbst so war, denn Matt gab sich wirklich viel Mühe es zu verbergen, aber im Grunde seines Herzens war auch er einsam. Nachdem er sich dann einigermaßen im Raum umgesehen hatte, entledigte er sich des größten Teils der Sachen die er trug und kuschelte sich in die weiche, warme Decke. Keine zwei Minuten später kam Matt wieder, ebenfalls eher spärlich bekleidet. Er warf die sauberen Klamotten in eine Ecke und schaltete das Licht aus. Da es noch einen Moment dauerte bis sich Saikurons Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, hörte er nur wie Matt sich auf die andere Seite des Bettes legte. Er lauschte auf weitere Geräusche, doch er hörte nur die immer regelmäßiger werdenden Atemzüge des Anderen. Er schlief, ging es ihm kurz durch den Kopf und bald nahm auch ihn der Schlaf völlig für sich ein. Der letzte Gedanke den Saikuron hatte bevor er sich ins Reich der Träume begab, war das Gefühl der Geborgenheit, die er empfand, da er ganz genau wusste, das er jetzt nicht mehr alleine war.

Reise

„Nein, niemals!“, brüllte Saikuron lautstark durch die Tür. „Nun stell dich nicht so an. Du weißt wieso das nötig ist“, meinte ich ruhig. „Nein, das ist einfach zu erniedrigend. Lieber sterbe ich als so raus zu gehen“, brüllte er inzwischen fast hysterisch. Ich seufzte genervt. Wieso musste er auch so ein Drama daraus machen? „Nun komm doch erst mal raus“, forderte ich. Kurz war es still, doch hörte ich wie er die Tür aufschloss. Sekunden später stand er in der Tür und das Gesicht, das er zog, war einfach zu herrlich. Als er merkte das ich mir nur schwer das Lachen verkneifen konnte, knallte er die Tür wieder zu. „Siehst du? Ich hab doch gesagt, dass es absolut lächerlich aussieht, dass wird und niemand abkaufen“, meinte er beleidigt. „ Das war nicht der Grund wieso ich lachen musste. Du hast einfach ein zu komisches Gesicht gemacht. Ich hatte gar nicht genug Zeit um dich richtig anzuschauen, komm doch bitte wieder raus“, versuchte ich ihn zu besänftigen. „Ich würde zu gerne sehen, ob du ein anderes Gesicht machen würdest. Von mir aus können wir gerne tauschen“, meckerte er während die Tür ein weiteres Mal aufflog und er nun ganz heraustrat. „Du bist letztendlich selbst Schuld, deswegen solltest du auch wissen, dass das nicht geht“, erklärte ich ruhig und versuchte mich aufs Gesamtbild zu konzentrieren, statt auf das immer noch schmollende Gesicht. Kritisch musterte ich ihn von oben bis unten und bedeutete ihm sich zu drehen, dann nickte ich. „Nein, alles ist absolut perfekt. Niemand wird dich mehr erkennen“, meinte ich optimistisch bis mein Blick wieder auf das Gesicht und die silbrig-weißen Strähnen fiel. „Fehlen nur noch die Haare“, murmelte ich weiter und winkte ihn herüber zu mir. Seine Haare waren einfach zu außergewöhnlich als wenn man sie hätte so lassen können, folglich musste ich daran auch etwas herumbasteln.
 

Etwa eine Stunde später konnte man den jungen Doktor in Begleitung einer jungen blonden Frau sehen. Sie gaben ein etwas merkwürdiges Paar ab, weil die blonde Frau fast einen Kopf größer war als Matt, somit also etwas größer als normale Frauen, hinzu kam noch, das sie trotz ihres eher zierlichen wirkenden Körpers eine sehr selbstbewusste Art hatte aufzutreten. Ansonsten waren noch die bleiche Haut und die kaltwirkenden Blauen Augen auffällig, die jeden zu schweigen bringen könnten, wenn sie es wollten. Sie schien sich außerdem nicht gerne etwas sagen zu lassen, was sie einerseits herrisch erscheinen ließ, aber auch etwas egoistisch. Dennoch hatte sie etwas an sich was viele Männer um sie herum sich immer wieder zu ihr umdrehen ließ. Vielleicht lag es an dem jungfräulich wirkenden Körper der farblich passend von einem dunklen blauen Kleid umrahmt wurde in Kombination mit diesem selbstbewussten Charakter, der aufzeigte das es kein Kinderspiel werden würde ihr Herz zu erobern. Zugegeben sie bewegte sich auch nicht sehr damenhaft, aber das war etwas worüber die meisten einfach hinweg sahen. Keiner hatte die junge Frau bis jetzt jemals in Central City gesehen, doch jeder wollte wissen wer sie war und auch welche Verbindung zwischen ihr und dem Doktor bestand. Schnell kamen Gerüchte auf, das sie eine Adelige sei, aus einem weit entfernten Land, einzig und alleine gekommen, um den Doktor zu sehen. Allerdings waren das halt lediglich Gerüchte, nichts worüber die beiden sich ernsthafte Sorgen machen müssten. Gemeinsam steigen die junge Frau und der junge Doktor in den Zug nach East City auf der Suche nach Antworten und Abgeschiedenheit.
 

Als der Zug endlich los fuhr schmollte er immer noch. „Siehst du keiner hat etwas gemerkt. Alles hat ganz wunderbar funktioniert, sogar besser als erwartet, du scheinst ein ziemliches Interesse bei vielen Männer auszulösen, Samantha. „, flüsterte Matt leise, wobei er den Namen besonders betonte, bevor er grinsend hinzufügte, „ Außerdem steht das Kleid dir ziemlich gut, betont deine Augen, vielleicht solltest du öfters blau tragen?“ Diesmal war es Saikuron der mit den Augen kleine Blitze auf Matt abfeuerte. Wie konnte er es nur wagen ihn erst in ein solch schreckliches Ding zu stecken und sich anschließend darüber lustig zu machen und vor allem wieso zum Teufel machte er diesen Circus überhaupt mit? „Es ist ja nicht für lange“, versuchte Matt ihn wieder etwas milder zu stimmen. Er bekam nur ein unwilliges Knurren als Antwort. Dann, von einen auf den anderen Moment, stand ein edel angezogener Mann neben Saikuron der sich dem Aussehen nach in den mittleren Jahren befinden musste. „Mister, ich kann unmöglich zulassen, das sie diese entzückende Miss weiterhin unglücklich machen“, richtete er das Wort an Matt. Im ernsten Moment waren Saikuron und Matt völlig verblüfft und unfähig etwas zu erwidern, doch als Saikuron gerade zu sprechen beginnen wollte, kam ihm Matt zuvor. „Bei allen guten Absichten, die sie hegen mögen, aber ich kann ihnen versichern das ich nicht daran interessiert bin die Lady unglücklich zu machen, da wir ein ziemlich enges Verhältnis zueinander haben, wenn sie verstehen. Des weitern würde ich ihnen raten sich nicht in Angelegenheiten einzumischen zu denen sie keinerlei Bezug haben und somit außer Stande sind sich eine korrekte Meinung über den Sachverhalt zu bilden“, erklärte Matt ihm äußerst höflich. Der Mann war wie erstarrt, niemals hätte er mit einer solchen Antwort gerechnet, vor allem nicht das dieser junge Mensch in der Lage war sich in solch origineller Form auszudrücken. Im fehlten regelrecht die Worte, während der junge Mann in erwartungsvoll ansah. Er räusperte sich und setzte leicht verwirrt zu einer Antwort an: „Also... die junge Lady... ihr habt....sie scheint dennoch sehr verärgert und... ich... ihr solltet sie besser behandeln“ „Würdet ihr jetzt vielleicht die Güte haben uns wieder unserer Zweisamkeit zu überlassen?“, fragte Matt immer noch sehr höflich und ruhig. „Dieser Bitte kann ich leider nicht nachkommen solange ich nicht sicher bin, das der jungen Dame kein Übel droht“, verkündete er nun wieder gefasster. Wie gerne hätte Saikuron dem Typen in diesem Moment unmissverständlich klar gemacht, das er verschwinden solle, doch Matt hatte solange auf ihn eingeredet bis er ihm versprochen hatte sich zurück zu halten, um seine Rolle als Frau glaubwürdiger zu machen, doch wenn Matt ihn nicht bald verscheuchte würde er definitiv etwas unternehmen. „Mister, ich hab es wirklich auf die nette Art versucht, allerdings rate ich ihnen sich jetzt ganz schnell von hier zu entfernen ansonsten sorge ich an der nächsten Haltestation dafür das sie festgenommen werden, denn ich bin meines Standes nach Staatsalchemist und durchaus fähig verdächtige Individuen in Untersuchungshaft zu beordern, also wenn sie nicht scharf auf diese Erfahrung sind, gehen sie jetzt“, machte Matt ihm unmissverständlich klar und zog als Beweis seine silberne Taschenuhr aus der Tasche. Die Augen des aufdringlichen Mannes wurden immer größer. „Ich bitte vielmals um Verzeihung, Herr Staatsalchemist. Ich werde ihrer Bitte unverzüglich folge leisten“, entschuldigte er sich nervös und machte sich dann fast zu schnell davon, das ging sogar soweit das er gleich in den nächsten Wagon stieg.
 

Matt entspannte sich wieder. „Deinen Rang so auszunutzen sieht dir gar nicht ähnlich“, meinte Saikuron zur Abwechselung mal grinsend. „Ach ja meinst du? Allerdings was würde es denn für einen Sinn machen, sich dem Militär gegenüber zu verpflichten, wenn man nicht auch wenigstens den ein oder anderen Vorteil dabei heraus schlägt?“, antwortete Matt, wie es so typisch für ihn war mit einer Gegenfrage, die aber trotzdem klar werden ließ, wie er dachte. „Wieso bist du überhaupt Staatsalchemist geworden? Immerhin bist du ja nicht gerade der Typ Mensch der sich gerne Befehle erteilen lässt?“, fragte Saikuron einen Moment später. Matt schwieg einen Moment und starrte aus dem Fenster, völlig versunken in vergangene Erinnerungen, doch es dauerte nicht lange bis er Saikuron wieder direkt ansah und antwortete. „Hauptsächlich wahrscheinlich einfach, weil mein Vater mir damals Verbot Alchemie zu lernen und er noch mehr dagegen war als ich den Wunsch äußerte Staatsalchemist zu werden. Er sagte immer Alchemie sei Teufels Werk, wir stritten oft deshalb“, fing Matt an zu erklären und wurde zunehmend befangener, bei den Erinnerungen an seinen Vater. Saikuron gefiel es das Matt so offen mit ihm über seine Vergangenheit sprach, aber es gefiel ihm nicht, wie sich Matts Laune dabei zunehmen zu verschlechtern schien. „Obwohl ich die Alchemie nur verwendete um anderen zu helfen, brachte er mir dabei nichts als Verachtung entgegen, unsere Familienverhältnisse haben sehr darunter gelitten, das führte letztendlich soweit, das ich meine Familie verließ und selbstständig nach Central City ging, wo ich mich der Aufnahmeprüfung für Staatsalchemisten unterzog. Ich glaube ich hatte schon gut zwei Jahre keinen Kontakt mehr zu irgendwem aus meiner Familie“, während er das erklärte senkte er den Kopf und Saikuron sah wie Tränen in seinen Augen glitzerten, die er aber viel zu stolz war zu weinen. „Wieso hast du nie versucht wieder Kontakt mit ihnen aufzunehmen?“, fragte Saikuron nun und setzte sich neben Matt statt ihm gegenüber sitzen zu bleiben. Er hatte einfach das Gefühl das Matt etwas Nähe gebrauchen könnte, immerhin war er bis vor kurzen noch ein Kind gewesen, sicherlich war es eine schwere Entscheidung seiner Familie den Rücken zu kehren, auch für Saikuron war dies komisch gewesen, selbst unter den Umständen die zwischen ihnen geherrscht hatten. „Diese Frage habe ich mir auch schon oft gestellt, aber letztendlich glaube ich, dass ich dazu einfach zu feige bin, denn letztendlich sind es immer die Leute die einem am nächsten stehen, die einen manchmal am meisten verletzten. Genau davor habe ich Angst. Sicherlich hältst du mich jetzt für ziemlich erbärmlich“, murmelte er immer leiser, aber dennoch laut genug, damit Saikuron in verstand. Dieser schüttelte den Kopf. „Alleine sich diese Angst einzugestehen ist schon eine Leistung, aber vielleicht liegt hier drin meine Chance auch dir zu helfen. Vergiss niemals, egal was kommt ich werde ab jetzt immer an deiner Seite sein bis an unser Lebensende und darüber hinaus“, versprach Saikuron und zog ihn in seine Arme, was in dieser Verkleidung sehr komisch auf die anderen Leute wirkte. Immer wieder schauten sie auffällig zu den beiden rüber, aber Saikuron und Matt interessierte das überhaupt nicht, denn andere Dinge hatten jetzt vorrang. Matt ließ es sich nicht nehmen einen Moment in Saikurons Armen zu verweilen und das Gefühl zu genießen endlich wieder jemanden an seiner Seite zu haben. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst das dieses Gefühl etwas war, was ihm die vergangenen zwei Jahre wirklich gefehlt hatte. Doch mit Saikuron schien alles viel einfacher, er hatte einfach das Gefühl in ihm einen Seelenverwandten gefunden zu haben, er verstand es jedes Mal von neuem Matt aufzumuntern selbst wenn er tief traurig oder gefrustet war. „Ich danke dir“, murmelte Matt während er sich von ihm löste. „Es gibt keinen Grund sich zu bedanken, immerhin liebe ich dich und was wäre es für eine Liebe, wenn ich nicht einmal in solchen Situationen für dich da wäre? Außerdem tust du das selbe für mich“, erwidert Saikuron kopfschüttelnd. Der Rest der Zugfahrt verlief ohne weitere Probleme und erschien wie ihm Flug zu vergehen.
 

„Wieso muss ich eigentlich den Koffer schleppen?“, knurrte Matt und trug umständlich den großen Koffer mit sich herum. „Na wie würde es denn aussehen, wenn eine Frau einen solchen schweren Koffer hinter einem Mann hinterher trägt?“, erwiderte Saikuron schlicht. „Fängst du jetzt an deine feminine Seite zu mögen?“, entgegnete Matt und zog eine Augenbraue hoch. „Wer weiß?“, entgegnete Saikuron grinsend. Wieder wanderte Matts Augenbraue nach oben, doch er sparte sich jedes weiteres Kommentar, fragte sich jedoch wieso Sai am Anfang dann ein solches Drama daraus gemacht hatte. Kaum waren die beiden aus dem Bahnhofsgebäude raus machten sie sich auf den Weg zum äußersten Rand von East City. Dort in der Nähe würden sie sich zu aller erst eine Unterkunft suchen und dann würde Matt zusehen, das er schnell mehr über diese Steine in Erfahrung brachte, damit er den Rest seiner Zeit hier, wie im Urlaub mit Saikuron verbringen konnte. „Eigentlich könntest du das Kleid jetzt ausziehen“, murmelte Matt irgendwann, als sie gerade ins Zentrum von East City kamen. Noch bevor Sai antworten konnte standen auf einmal zwei riesige Typen vor Matt und schubsten diesen um. Er landete mitsamt dem Koffer unsanft auf dem staubigen Boden. Währendessen hatte ein ebenfalls großer, muskulöser Kerl seinen Arm von hinten um Saikuron gelegt. „Hey Kleine, hättest du nicht Lust mit uns mitzukommen?“, kam eine plumpe Anmache von dem scheinbaren Anführer, doch Sai hatte heute wirklich genug von komischen Typen gehabt, deshalb umfasste er den Arm des größeren Mannes mit seinen und hob ihn mit einer Art Hebeltechnik über seinen Rücken, sodass er vor ihm hart auf den Boden aufschlug. Die beiden Anderen die noch gar nicht wirklich mitbekommen hatten was passiert war, meinten ganz selbstverständlich. „Wir nehmen deine Freundin jetzt mit und vergnügen uns ein wenig mit ihr, Kleiner“ Dazu setzten beide ein verdammt dämliches Grinsen auf, doch als Matt sah, das Sai sich schon um den ersten gekümmert hatte musste auch Matt grinsen.„Das war aber nicht sehr weiblich Samantha“, rief er Sai zu, dieser drehte sich um genauso wie die beiden großen Typen. Diese Gelegenheit nutzte Matt und schlug die Hände flach gegeneinander um einen Transmutationskreis zu bilden. Einige Sekunden nachdem er beide Hände auf den Boden gelegt hatte, sanken die beiden Riesen bis zum Kinn in den Boden. „Sorry, aber der hat echt genervt“, murmelte Sai und kam zu ihm herüber. Matt stand auf und klopfte sich den Dreck von den Sachen, dann hob er den Koffer auf und kam Sai entgegen. „Du solltest das Kleid jetzt wirklich ausziehen, denn ich hab keine Lust darauf das noch mehr Irre auftauchen, die irgendwas von dir wollen“, seufzte Matt und sie setzten ihren Weg fort. „Ja wäre wahrscheinlich das Beste“, murmelte Saikuron und steuerte das nächste Café an. Dort zog er sich auf der Toilette um und sie nutzen die Gelegenheit gleich um etwas zu Essen, denn Matt war inzwischen halb vor dem Verhungern. Nachdem sich beide den Bauch vollgeschlagen hatten und Matt dafür gesorgt hatte, das Saikuron wieder seine normale Haarfarbe bekam, gingen sie weiter und nach einiger Zeit fanden sie ganz am Rande von East City eine Herberge und glücklicherweise gab es dort auch noch genug Platz. Natürlich nahmen sie ein Doppelzimmer, da bei zwei Einzelzimmer sowieso nur immer einer im Zimmer des Anderen gesessen hätte.
 

„Matt jetzt beeil dich doch ein wenig. Ich habe riesigen Hunger“, beschwerte sich Saikuron und zappelte dabei herum, wie ein kleines Kind. „Wenn du es so eilig hast, dann geh doch schon vor, ich komme gleich“, erwiderte Matt und kramte weiter in dem großen Reisekoffer auf der Suche nach seinem kleinen schwarzen Notizbuch. „Wie du meinst“, murmelte Saikuron und war keine Minute später zur Tür raus. Nach einigen weiteren Minuten des Suchen fand er das Buch endlich. „Vielleicht hätte ich die Tasche doch einfach auspacken sollen“, meinte Matt zu sich selbst als er den zerwühlten Haufen zu seinen Füßen betrachtete. Dafür war später aber noch Zeit, denn er bekam auch langsam wieder Hunger und sicherlich fragte Sai sich schon wo er blieb. Also ließ er das kleine schwarze Buch in seine Jackentasche verschwinden und schloss die Zimmertür hinter sich ab. Dann machte er sich auf den Weg nach unten, dabei bemerkte er eine ungewöhnliches Stille, die zur Abwechslung eigentlich recht angenehm, denn seit Saikuron in sein Leben getreten war, war es immer irgendwie laut und manchmal ziemlich anstrengend, dennoch könnte er sich ein Leben ohne seinen Freund nicht mehr vorstellen.

Matt blieb überrascht stehen als plötzlich völlig unvermittelt das Licht ausging. Da der Flur Fensterlos war, konnte man wirklich nur sehr wenig sehen in dem schwummrigen Licht das aus dem Treppenflur kam und zu diesem Zeitpunkt die einzige Lichtquelle darstellte. Dann nur einige Zentimeter von ihm entfernt starrten ihn rot leuchtende Augen an, nur einen kurzen Augenblick lang, sodass er sich nicht ganz sicher war, ob sie wirklich da waren oder ob seine Augen ihm einen Streich spielten, als das Licht dann wieder anging war niemand zu sehen, weder vor noch hinter ihm. Scheinbar hatte er sich diese Augen doch nur eingebildet. Er zuckte mit den Schultern und wollte seinen Weg gerade fortsetzten als Saikuron um die Ecke geschossen kam. Er schaute ihn etwas verwirrt an. „Wolltest du nicht schon vorgehen?“, fragte er ihn als er endlich neben ihm stand. „Ja schon, aber mir ist eben eingefallen das ich dir unbedingt etwas zeigen muss. Komm mit!“, forderte er Matt auf und führte ihn zurück in die Richtung aus der er gekommen war, aber sie blieben keineswegs vor ihrer Zimmertür stehen. Er führte Matt auf einem anderen Weg aus der Herberge und dann durch ein Gewirr von kleinen verlassen Straßen. Irgendwie überfiel ihn nach einigen Minuten ein komisches Gefühl. „Sai, wo bringst du mich hin?“, fragte er während er darauf achtete immer dicht bei Sai zu bleiben, denn sie waren so oft links oder recht abgebogen das Matt komplett die Orientierung verloren hatte. „Das wirst du gleich sehen, wir müssen nur noch ein wenig weiter“, murmelte er ausweichend und ließ weiter. Es wunderte Matt wirklich das er sich hier so erstaunlich gut auszukennen schien, vor allem da er gemeint hatte er sei das erste Mal in East City. Das mulmige Gefühl welches seine Magengegend befallen hatte wurde mit jedem Schritt intensiver bis er letztendlich stehen blieb, was Sai natürlich sofort registrierte und ebenfalls stehen blieb. „Was ist? Wieso bleibst du stehen?“, fragte er verwirrt. Matt rang nach Worten und verschränkte die Arme vor der Brust. „Irgendwas ist falsch, ich hab ein ungutes Gefühl Sai. Sag mir doch bitte endlich wo wir hin wollen“, forderte er letztendlich. „Na ja sagen wir so es gibt da jemanden, denn du kennen lernen solltest und ich möchte ihn dir gerne vorstellen und schau mal es ist auch gleich da drüben.“, erklärte er und zeigte auf ein kleines weißes unscheinbares Haus nur noch einige Schritte entfernt. Matt gab ein unwilliges Knurren von sich folgte ihm jedoch bis zu besagtem Haus. Sai klopfte und eine ungewöhnlich hübsche junge Frau öffnete. Matt war wie gebannt von ihren feinen Gesichtszügen, der lockerfallenden braunen Mähne und dem strahlend weißen bezaubernden Lächeln. Das Einzige was dieses nahezu perfekte Bild störte waren die kalten grünen Augen, die das Lächeln nicht zu erreichen schien. Sie machte eine einladende Geste und sie leisteten dieser Folge. Dann verschwand Sai einfach so vom Erdboden, er löste sich wortwörtlich in Luft auf und das letzte an was Matt sich erinnerte war ein starker Schmerz am Hinterkopf der alles andere um ihn herum schwarz werden ließ.

Konditionen

Das Erste, was Matt wahrnahm, war ein pochender Schmerz am Hinterkopf. Nachdem er die Augen geöffnet hatte, sah er eine kahle Wand mit einer Tür vor sich. Er wäre auch wirklich gerne zu dieser hingegangen und hätte sie aufgemacht, allerdings war er gefesselt, an einen Stuhl. Beide Hände, füreinander unerreichbar, jeweils an eine Seite der Rückenlehne und seine Beine waren ebenfalls an jeweils einem Stuhlbein festgebunden. So, wie es vermutlich jeder in seiner momentanen Situation gemacht hätte, versuchte Matt verzweifelt an den Fesseln herumzuzerren, doch sie schnitten sich dadurch nur noch mehr in seine weiche Haut an Hand- und Fußgelenken. Sein Puls begann mit jeder Minute mehr zu rasen und obwohl er bereits schmerzhaft das Gesicht verzog, zerrte er immer weiter an seinen Fesseln. Die Verzweiflung kroch immer weiter in seine Gedanken, machte ihm klar das er sich so nur selbst sinnlose Schmerzen zufügen würde, flüsterte ihm sein Schicksal in die Ohren, das er hier jämmerlich an diesen Stuhl gebunden sterben würde, weil er zu schwach war. Mit der Verzweiflung kamen auch die Zweifel an sich selbst und ebenso an seinem Freund. Wieso hatte er so darauf bestanden, alleine hier her zu kommen, wieso hatte er nicht einen der Majoren mitgenommen und wieso konnte er sich nicht selbst helfen, obwohl er ein verdammter Staatsalchemist war? Nur, weil er seine verdammten Hände nicht zusammen führen konnte, war er so hilflos wie ein Kind, völlig machtlos und dem Willen eines Unbekannten ausgeliefert. Aber das Schlimmste an dieser Sache war, das Sai ihn hier her geführt hatte oder es zumindest den Anschein erweckt hatte, darüber war sich Matt nicht völlig im Klaren, immerhin war er dann einfach so verschwunden, so als hätte er nie existiert. Er hatte Angst, große Angst sogar, diese Ungewissheit über seinen weiteren Verbleib machte ihn zudem fast wahnsinnig vor Angst. Sein Herz raste immer noch und er begann damit sich auf der Lippe herumzukauen und er hörte erst damit auf, als er den metallischen Geschmack von Blut schmeckte. Er war den Tränen nahe, doch noch nicht bereit, sich diesen hinzugeben. Das erste Mal seit seinem Erwachen versuchte er sich in dem Raum umzusehen, indem er den Kopf so gut wie möglich drehte, doch da war nichts. Er saß in einem völlig leeren Raum, das Einzige, was außer der Tür und ihm hier drin war, war die kleine schwache Lampe über seinem Kopf und ein ziemlich hohes Fenster, zumindest wenn man an einen Stuhl gefesselt war. Er suchte fieberhaft nach einem Weg sich zu befreien, doch ihm fiel nichts ein. Dann begann er, ohne genauer darüber nachzudenken, mit dem Stuhl hin und her zu wackeln, bis dieser letztendlich mit ihm nach vorne umkippte. Tränen flossen über sein Gesicht aufgrund des Schmerzes, der von seinen Knien ausging. Er fluchte laut und schloss für einen Moment die Augen. Er atmete schwer und betete, dass die Schmerzen nicht so lange anhalten mögen. Es war eine verdammt idiotische Idee gewesen mit diesem Stuhl umzukippen, der ungebremste Fall auf den harten, ebenfalls kahlen Betonboden hatte seinen Preis gefordert. „Du brauchst doch nicht gleich vor mir auf die Knie zu fallen“, drang plötzlich eine liebreizende Frauenstimme zu ihm herunter. In der Benebeltheit durch den Schmerz hatte er ihr Eintreten überhaupt nicht wahrgenommen und als er die Augen wieder öffnete, sah er schwarze, hochhackige Sandalen in denen winzige zierliche Füße steckten.
 

Saikuron saß unten im Restaurant-Bereich des Hotel und war gerade dabei ein saftiges Stück Fischfilet zu essen, doch während er aß erregte etwas seine Aufmerksamkeit. Völlig unverhofft war plötzlich irgendwo Musik angegangen, was an sich ja nicht weiter ungewöhnlich war, dennoch die intensive Frauenstimme die immer wieder „turn around“ sang, löste ein merkwürdiges Gefühl in ihm aus, eine innere Unruhe. Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her, wie als würde er auf Kohlen sitzen. Das Bedürfnis sich wirklich umzudrehen wurde immer stärker, also wieso tat er es nicht? Er wusste nicht was ihn erwarten würde, was ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Was war bloß los, hatte er jetzt schon Halluzinationen? Sein Atem kam schnell und teilweise stockend, da er auf irgendwelche verräterischen Geräusche lauschte. Totenstille. So wie als wäre niemand hier außer ihm, doch als er den Raum betreten hatte waren mindestens noch 3 oder 4 andere Personen im Raum gewesen, wieso gaben sie keinen Ton von sich?

Das Einzige was Saikuron hörte war sein eigener, viel zu lauter Atem und diese betörende, auffordernde Frauenstimme, die ihn mit jedem „Turn around“ mehr zu drängen schien.

Auch wenn sein Verstand ihm versuchte klar zu machen, dass das alles eine Überreaktion war und es keinen Grund gab auf Musik oder Stille so heftig zu reagieren.
 

Nach 20 weiteren Sekunden fasste er sich ein Herz und drehte sich angespannt um. Zu seiner Verwunderung befand sich wirklich niemand mehr in dem Raum, bis auf ihn, aber es gab noch etwas anderes was seine Aufmerksamkeit viel mehr auf sich zog. Ein Schrift in Rot auf dem Schaufensterglas. Die Frauenstimme war verklungen, doch das war in diesem Moment unwichtig. Die drei kleinen Worte die offensichtlich von Außen ans Fenster geschrieben worden waren, ließen seinen Puls rasen, sofort sprang er auf und rannte nach oben. „Fehlt nicht etwas?“ Saikuron war klar, dass das nicht bloß alles merkwürdige Zufälle gewesen sein könnten, alles musste von irgendwem genau so geplant worden sein. Während Sai die Treppe hoch rannte schlug ihm das Herz fast bis zum Hals und blieb doch fast stehen vor Angst. Angst etwas zu verlieren, was er sich geschworen hatte, niemals zu verlieren. Schwer atmend kam er vor ihrer Zimmertür an und wollte gerade den Schlüssel hervorkramen, aber diesen musste er wohl unten liegen gelassen haben. Völlig wahnsinnig vor Angst trat er mit solcher Wucht gegen die Tür das sie zur anderen Seite des Raumes geschleudert wurde und dort zersplittert liegen blieb. Endlich war sein Weg frei und er betrat das Zimmer sofort. Er war nicht da. Matt war einfach nicht da. Sofort schaute er nach ob er nicht vielleicht bloß im Bad war, doch auch dort war keine Spur von ihm. Als er wieder in das Schlafzimmer kam stand wieder etwas auf der Wand. „Keiner da?“ Sai war verdammt wütend auf denjenigen der dieses kranke Spiel mit ihm spielte und doch war er gleichzeitig krank vor Sorge was der Preis dafür sein könnte, sollte er es nicht mitspielen. Er versuchte tief ein- und auszuatmen um einen klaren Kopf zu bekommen, doch die Gefühle waren einfach zu übermächtig. Er durchwühlte das ganze Zimmer nach Hinweisen, irgendwas Hauptsache er erfuhr wo Matt steckte. Verwüstet wie nach einem Wirbelsturm verließ er den Raum Hals über Kopf und entdecke wieder eine Botschaft von dem Unbekannten gegenüber ihres Zimmers an der weißen Wand. Er war sich sicher, als er vorhin gekommen war, stand noch nichts an der Wand. Diesmal war die Botschaft länger.
 

„Das Licht ging aus,

ein Fremder verschwand

und ein Geliebter entstand.
 

Mit blindem Vertrauen

Am Stadtrand entlang

gingen sie Hand in Hand.
 

Sie trafen einen Drachen

Der sich biss in den Schwanz

Und der Geliebte verschwand.
 

Versteckt und gebunden,

wird der Doktor nie gefunden.

Einzig allein der Wind kann ihn befreien,

kommt dieser zur nächsten Brücke des Flusses Khain.“
 

Saikuron las es noch ein zweites Mal, aber aus diesem Gedicht heraus verstand er schon einiges mehr. Ihm war jetzt klar wer Matt, auf welche Weise auch immer, entführt hatte und gleichzeitig überlegte er ob es nicht einen anderen Weg gab, als wirklich dieser Aufforderung eines Treffens nachzukommen, jedoch erschien ihm die Aufgabe Matt alleine zu retten, in Anbetracht der Anzahl an wirklich gefährlichen Feinden, so gut wie unmöglich, vorausgesetzt die waren alle hier in East City. Würde er ihren Forderungen nicht nachkommen würde dies Matts Tod bedeuten, das wusste er genau, da gab es kein vielleicht, es war schlicht und ergreifend eine Tatsache, eine beängstigende Tatsache. Er raufte sich das Haar, während er vor der Nachricht auf und ab ging, zu nervös um auch nur einen Moment still zu stehen. Seine Gedanken spielten sämtliche Ansätze durch und landeten immer wieder bei dem gleichen nicht hinnehmbaren Ergebnis. Seine Hände waren schweißig vor Nervosität. Ihm war zwar bewusst gewesen, dass dieser Tag irgendwann einmal kommen würde, aber niemals hätte er gedacht, das sie ihn so bald benötigten würden, geschweige denn, das es ihn so unvorbereitet treffen würde. Während er jetzt doch einsah das es keine andere Möglichkeit gab, als zur besagten Brücke zu gehen, überlegte er, wer von ihnen wohl kommen würde und was sie von ihm wollen konnten. Egal was es war, er würde alles tun, wenn er dadurch diese eine, für ihn absolut wichtigste, Person beschützen konnte, selbst wenn er ganze Völker hätte auslöschen müssen. Matts Leben hatte für ihn höhere Priorität als jedes Andere. Sicherlich wäre das gegen seinen Willen, doch auch diesen Ärger und Hass seines Geliebten würde er auf sich nehmen, um ihn zu beschützen.
 

Als die Brücke in Sicht kam, war weit und breit keine Menschenseele zu sehen, obwohl das wohl auch nicht die richtige Beschreibung gewesen wäre, für denjenigen, den er erwartete. Vielleicht war das auch nur eine kleine Stichelei, um ihn noch weiter zappeln zu lassen, denn wie gerne labte sich der Ein oder Andere am Leid der unglücklichen Individuen, dessen Tragödie nicht selten bei ihnen ihren Ursprung fand. So oder so er konnte im Moment nur warten, warten und hoffen, dass er, was auch immer sie verlagen würden, schnell erledigen könnte, um seinen Geliebten bald wieder in die Arme schließen zu können. Sich den unverrückbaren Bedingungen ergebend, stellte er sich mit dem Rücken an das hölzerne Geländer und ließ die Augen von einer Seite der Brücke zur Anderen gleiten und zurück, immer wieder. Auch verteilte er sein Gewicht immer von einem Bein aufs Andere und zurück. Unbewusste beeinflusste er sogar den Verlauf des Windes um ihn herum, war er doch mit diesem durch ein unsichtbares, tiefgreifendes und unzerstörbares Band verbunden, so wehte er in sekündlich wechselnden Richtungen an ihm vorbei, scheuchte die Sandkörner zu seinen Füßen unaufhörlich hin und her, wie ein Rudel Raubtiere die versuchten ihre Beute zu erschöpfen. Auch Saikurons Silbrig-weißes Haar wurde von der ab- und zunehmenden Brise erfasst und wurde umhergetrieben wie die Wellen eines stürmischen Gewässers, nicht wissend wohin und warum. Innerlich wurde ihm immer wieder heiß, doch sogleich wurde diese Hitze wieder von dem frischen Wind gekühlt, sodass ein unaufhörlicher Wechsel erfolgte. Das war das erste Mal seit seiner Wiedergeburt, dass er sich so schrecklich fühlte.

Plötzlich spürte Saikuron eine Hand, die von seiner rechten Schulter über seinen Rücken rüber zur linken wanderte. Sofort drehte er den Kopf nach links, aber da war keine Hand, obgleich er sie deutlich spüren konnte. Einige Sekunden verwirrte ihn das, doch dann wurde ihm klar was das bedeuten musste und er drehte sich zum Wasser um. Der scheinbar ruhigen, unberührten, spiegelnden Fläche unter ihm. Er sagte nichts, sah sie einfach nur an, die Frau, dessen Spiegelbild direkt neben dem Seinen stand. Er wusste das es sinnlos wäre sich umzudrehen, um das greifbare Ebenbild ihrer zu suchen, es wäre nämlich nicht da. Dieses scheinbare Spiegelbild war eben nicht nur das, sondern gleichzeitig auch das Original. Es war ihre Fähigkeit, die ihr bei ihrer zweiten Geburt gegeben wurde.

„So schweigsam wie immer, Saikuron? Du könntest mich ja wenigstens anständig begrüßen, immerhin haben wir uns schon gut zwei, drei Monate nicht mehr gesehen“, meinte sie lächelnd, während sie ihm fast freundschaftlich durchs Haar fuhr. Seine Miene verfinsterte sich immer mehr, während er noch immer schwieg. „Und du trägst ja immer noch diese komischen weißen Handschuhe, nur um das wundervolle Mal unserer Verbundenheit zu verstecken? Dabei wissen die Menschen doch sowieso nicht, was es bedeutet, du siehst also, das es völlig unnötig ist“, erklang ihre glockenhelle Stimme. Ihr eigenes Mal war gut sichtbar auf ihrer Stirn, halb bedenkt von vereinzelten Haarsträhnen, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatten. Im Wasser konnte er beobachten wie sie seine Hände nahm und sich daran machte ihm die weißen Handschuhe auszuziehen.

Jeder der jetzt vorbei kam musste denken, Geister oder andere übernatürliche Kräfte wären am Werk, denn nicht nur sein Spiegelbild wurden die Handschuhe abgestreift, scheinbar wie von alleine glitten sie von seinen Händen, schwebten kurz in der Luft und landeten dann auf dem Boden. „Hör auf mit den Spielchen, Kagami! Trete mir gefälligst gegenüber, wenn ihr es schon wagt, ihn zu entführen!“, forderte Saikuron sie auf, während er sich nach seinen Handschuhen bückte um sie aufzuheben und erneut über zu streifen. Sekunden später kam Kagami von unten, hinauf auf die Brücke. „Spielverderber“, meinte sie während sie näher kam. Der Wind den Saikuron unbewusst erzeugte ließ die vereinzelten braunen Strähnen sanft umhertanzen, als sie näher kam. „Du scheinst nervös zu sein, mein Junge, aber eigentlich kein Wunder, was wir dir so hinterhältig genommen haben“, murmelte sie fast bemitleidend, „aber dein Vater war davon überzeugt, das du anders nicht das erledigen würdest, was du solltest, schließlich bist du ohne ein Wort gegangen. Hikari war wirklich sehr enttäuscht“ Saikuron senkte den Blick zum Boden, irgendwo war es wirklich seine Schuld, vielleicht hätte wenigsten sein Vater mit sich reden lassen, obwohl es sicherlich ein schwieriges Gespräch geworden wäre, da er immer krampfhaft versuchte die Familie zusammen zu halten und er hatte diese Bemühungen zerschlagen, einfach so. „Das ist halt die Lektion, die dein Vater dir erteilt, weil du so unartig warst“, erklärte Kagami weiterhin mit honigsüßer Stimme. „Er will ihn aber nicht töten, oder?“, fragte Saikuron nun wieder beängstigt, denn sein Vater konnte unberechenbar sein, wenn er Matt als Bedrohung ansah, wäre er schon so gut wie tot, egal was Saikuron tat oder nicht tat. „Nein, eigentlich nicht, wie du überhaupt darauf kommst, du weißt doch das er es nicht ertragen könnte, wenn einer von euch ihn für seine Taten hassen würde, allerdings weiß ich nicht, was die Anderen vielleicht mit ihm anstellen, wenn sie Langeweile haben, vor allem Kaji. Na ja du kennst ihn ja gut genug“, quasselte sie fröhlich im Plauderton weiter. „Kagami, bitte ich bitte dich, ihm darf nichts passieren. Er bedeutet mir einfach viel zu viel. Außer ihm wurde alles andere unwichtig. Ihm darf nichts geschehen, sein Tod wäre auch der Meine“, flüsterte er mit brüchiger Stimme und Tränen in den Augen. Er wusste nicht, ob sie seinem flehen nachgeben würde, sie war einfach zu unberechenbar. „Aber, aber du brauchst doch nicht gleich weinen, Sai“, meinte sie jetzt fast fürsorglich und wischte, die Tränen von seinem Gesicht, „sobald du brav deine Aufgabe erfüllt hast, bekommst du ihn doch wieder. Hikari hat gesagt es ist ein Versprechen und du weißt, das er Versprechen immer hält“ „Aber die Frage ist auch wie...“, entgegnete er und atmete schwer. „Ich sehe mal was ich machen kann, okay? Allerdings sollte dir auch klar sein, das ich vielleicht nicht in der Lage sein werde, ihn zu schützen, das hängt ganz von den Anderen ab“, erklärte sie bedauernd. „Vielleicht sollte ich mich einfach beeilen mit dem Auftrag, er ist nicht sicher bei euch und umso schneller ich ihn zurückbekomme umso besser. Was also soll ich tun?“, fragte er immer noch betrübt und nur halb bei der Sache, da seine Gedanken immer noch bei Matt hingen. Kaji hatte schon immer Spaß daran gefunden Menschen zu quälen, das wusste er genau, das Schlimme daran war, das er damals fast noch schlimmer gewesen war, es jagte ihm einen Schauer über denn Rücken, wenn er daran dachte, was er Matt vielleicht antun würde.

„Es gibt da diesen Mann, Paul Kebbing, er arbeitete bis vor kurzem für uns. Er ist Alchemist und stellte die roten Steine, die für uns so wichtig sind, her. Allerdings ist er geflohen, hat wegen irgendwas Angst bekommen. Hikari denkt er könnte vielleicht Dinge über uns Preis geben, die uns in einige Unannehmlichkeiten bringen könnten. Du solltest ihn eliminieren und andere vielleicht gefährliche Individuen“, erklärte sie. Er würde töten müssen, soviel stand fest. Wenn es schlecht ließ sogar Frauen oder Kinder, doch für seinen Geliebten würde er auch diese weiteren Sünden in Kauf nehmen, waren sie doch eh nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, der sich wie ein Berg vor ihm auftürmte, einzige und allein genährt mit seinen Sünden. „Wo wurde er zuletzt gesehen? Und wie sieht es aus mit einem Foto?“, fragte Saikuron inzwischen ungeduldig nach. Kagami zog aus ihrem Dekolleté ein Foto und reichte es Saikuron. Darauf war ein Mann mittleren Alters zu erkennen, mit brauen, langsam schütter werdenden, kurzen Haar einer etwas merkwürdig geformten Augen, begleitet von kleinen mausgrauen Augen, umrandet von einer silbrigen Brille. „Ich dachte schon du fragst nie danach“, meinte Kagami lächelnd und fügte zugleich hinzu,“ die Adresse steht hinten auf dem Bild.“ Sofort nach dem sie ihm das mitgeteilt hatte, besah er sich die enge, verschnörkelte Schrift auf der Rückseite des Fotos, die zweifelsfrei von seinem Vater stammte. „Das ist ein Scherz, der? Wie lange weiß Vater das schon“, fragte Saikuron ungläubig. „Seit etwa zwei Wochen und du weißt ziemlich genau, dass dein Vater bei solchen Dingen nicht zu Scherzen neigt“, erwiderte Kagami lässig. Saikuron raufte sich die Haare, das konnte doch nicht wahr sein! Hatte Hikari mit Absicht zwei Wochen gewartet? Vielleicht war das seine Art Saikuron seinen Schmerz spüren zu lassen, indem er ihm ähnliche psychische Schmerzen zufügte und Matt eventuelle sogar Physische. „ Kagami ich bitte dich noch einmal, versuche wenigsten ein bisschen auf ihn aufzupassen, ich bitte dich inständig“, waren die letzten Worte die er an sie richtete, bevor er die Teilchen in seinem Körper so aufspaltete, das er nahezu so leicht wie eine Feder wurde und vom Wind immer weiter nach oben getrieben wurde. Das Letzte was Saikuron von Kagami sah war ein mildes Lächeln, scheinbar als stumme Zustimmung auf seine Bitte. Dann flog er davon, nach West City, dem Ort der fast am weitesten von ihrem momentane Standort entfernt war. Es war eine sadistische Tat Saikuron in Anbetracht der Situation, zu einem derart entfernten Platz zu schicken, doch sicherlich eiskalt geplant, so wie alles was Hikari tat. Er würde den ganzen restlichen Tag und einen Teil der Nacht durchfliegen, um möglichst wenig Zeit zu vergeuden, deswegen drängte er die Winde zur Eile auf das sie ihn schnellstmöglich auf ihren Schwingen tragen mögen.

Absichten

Ein Schreckenslaut entfuhr Matt, als er samt Stuhl wieder hoch gerissen wurde, mit einer solchen Wucht, dass er fürchtete sofort wieder nach hinten zu kippen.

Vor ihm stand die junge Frau zu der die zierlichen Füße gehörten. Sie wirkte sehr zerbrechlich, so als würde sie bei dem kleinsten Windhauch in tausend Stücke zerspringen und hinfort geweht.

Matt sah sich nach der Person um, die ihn wieder aufgerichtet hatte, jedoch waren nur Matt selbst und die goldblonde Frau ihm Raum.

Er schaute sie verwirrt an und erntete ein verschmitztes Lächeln.

Allerdings wirkte sie nun wahrlich nicht, wie jemand der in der Lage wäre ein solches Gewicht mit spielender Leichtigkeit zu stemmen.

Dann entdeckte er jedoch das Oroboro-Tattoo auf ihrem linken Oberschenkel, was den Zusammenhang wahrscheinlicher wirken ließ und ihm ein wenig mehr offenbarte, nicht jedoch die Absicht oder die Art seiner Entführung.

„Hi Dok, schön Sie mal wiederzusehen“, begrüßte sie ihn.

„Wiederzusehen?“, klang es vom Doktor nach.

Die Verwirrung stand ihm offen ins Gesicht geschrieben.

Irgendetwas war zwar tatsächlich in den Tiefen seines Erinnerungsbewusstseins, doch ein schmerzhaftes Pochen versuchte ihm zu signalisieren, dass es über das gute Maß hinausgehen würde.

„Aber Herr Doktor Sie wollen doch nicht sagen, Sie hätten mich vergessen? Mich? Wo ich doch praktisch ihr eigenes Kind bin?“, fragte sie ungläubig.

Der Doktor blinzelte einen Augenblick heftig und zog die Stirn kraus.

Im physischen Sinne konnte diese Äußerung wohl kaum gemeint sein, wies sie doch keins der Merkmale auf, die er für sein Eigen betrachtete.

„Sie erinnern sich immer noch nicht, Herr Doktor?“, fragte sie vorwurfsvoll.

Aber inwiefern war dies im übertragenen Sinne gemeint? Er hatte nie irgendwelche Kinder betreut, die er wie eigene behandeln hätte können, war er doch selbst halb noch eins gewesen.

Obwohl die Vermutung nahe lag, dass er sie zu einem Homunkuli gemacht hat, schien ihm auch das völlig unmöglich, da ihm selbst keine Methode bekannt war diese rätselhaften Wesen zu erschaffen.

Oder wurden sie sogar geboren, wie andere Menschen?

Er wusste es nicht zu sagen, obwohl er nun schon lange mit Sai zusammen lebte, wusste er fast nichts über seine Rasse.

Nicht einmal, wie sie zu dem wurden, was sie sind, wusste er.
 

„Vielleicht hilft Ihnen der Name Richard Borau?“, fragte sie und für einen kurzen Moment verzog sich ihr Gesicht zu einer hämischen Grimasse.

´Richard`, hallte der Name in seinem Kopf nach und hinterließ einen dumpfen Klang, bevor ein wahrer Sturm darin hervorbrach.

Schmerzliche Erinnerungen überfluteten seinen Verstand mit grausamen Bildern und in dieses Chaos mischte sich Trauer gepaart mit Schuldgefühlen und Selbstzweifeln.

Sein ganzer Körper begann leicht, kaum merklich zu zittern unter den seelischen Belastungen denen er ausgesetzt wurde.

Sein Puls raste und sein Herz schlug ihm fast bis zum Hals.

Sein Kopf glühte regelrecht, während Hände und Füße eiskalt und dennoch schweißig wurden, obwohl es keine Temperaturschwankungen gab.

Jetzt wurde ihm nur allzu bewusst, wieso diese Erinnerung eine solche Warnung vorausgeschickt hatte.

Diese Qualen, die er durch die Vereinigung von körperlich und seelischen Schmerz spürte, war weitaus schlimmer, als alles andere, das den Weg in seine Vorstellung hätte finden können.

„Miriam Bordeaux?“, kam es kaum hörbar durch seinen halb geöffneten Mund.

Es war Matts Versuch seine Gedanken wieder in andere, weniger schmerzliche Bahnen zu lenken.

Matt atmete stockweise, als erneut ein Bild seines verstümmelten, toten Freundes vor seinem geistigen Auge erschien.

Blutüberströmt und blass, völlig leblos sah er ihn neben einer Ansammlung von Gliedmaßen liegen.

Entgegen der Toten, schienen einigen Teilen der Leichen plötzlich wieder neues Leben eingehaucht worden zu sein.

Diese Erinnerungen überforderten Matt mitleidslos, der Rand seines Blickfeldes wurde langsam schwarz, was nur noch größere Panik in ihm auslöste.

„Ich nutze diesen Namen zwar nicht mehr, da dieser Teil von mir endgültig tot ist, aber im Prinzip habt ihr Recht“, erklärte sie völlig ungerührt der Qualen die Matt erlitt.

Übelkeit rebellierte in seinem Magen und das Bedürfnis seinen kläglichen Mageninhalt zu entleeren drängte sich immer mehr seine Speiseröhre hinauf.

Er musste irgendetwas finden was ihn von diesen Bildern ablenkte, selbst wenn es nur eine Kleinigkeit war, nur irgendetwas worauf er seine Aufmerksamkeit richten konnte um alles weitere wieder in sein Unterbewusstsein zu verbannen.

Wie als hätte sie unbewusst auf diese stumme Bitte reagiert, hob sie die Hand und strich sich in einer eleganten Bewegung eine lose Strähne des seidigen Goldes aus dem Gesicht.

Doch diese unbedeutende Kleinigkeit diente ihm bereits als Ablenkung.

Er versuchte seinen Verstand zu überlisten, indem er es gedanklich einem wichtigen Geheimnis gleichsetzte.

Tatsächlich begann die Flut an Erinnerungen sich langsam wieder zurückzuziehen, zurückzufließen in die dunklen Höhlen aus denen sie hervorgebrochen waren.

„Der Name meines jetzigen Ichs ist Yuka, Dok“, fügte sie hinzu, wobei sie ihrem Namen eine besondere, fast liebreizende Betonung zudachte.

„ Aber wer hat dich wiedererweckt?“, fragte Matt geschwächt, obwohl ihm seine Frage, im Hinblick auf Yukas Aussage von vorhin ein wenig zwiespältig erschien.

Mittlerweile viel es ihm jedoch sichtlich schwer sich richtig aufrecht zu halten.

Diese Frage offenbarte ihm ihre blendend weißen Zähne in einem anmutigen Lachen.

„Wieso fragen Sie mich Fragen, auf die sie doch am besten die Antwort geben könnten?“, entgegnete sie und ein seltsames Glitzern lag dabei in ihrem Blick.

Matts Stirn legte sich erneut in Falten.

War dies ihr Versuch ihn zu verwirren, um seine Aufmerksamkeit von irgendeiner anderen wichtigen Tatsache abzulenken?

Doch wieso sollte sie so etwas versuchen?

Es gab keinen ersichtlichen Grund dafür, sie kannten sich ja praktisch überhaupt nicht, dies war das erste Mal, dass er mit dieser Frau ein paar Worte austauschte.

Doch vielleicht bereitete es ihr auch nur Vergnügen ihn erst so zu quälen um seinen Verstand danach in einem Haufen von Fragen auflaufen zu lassen.

„Was genau willst du damit andeuten?“, fragte er misstrauisch.

Sie seufzte theatralisch, besah kurz ihre Fingernägel und schaute ihm anschließend wieder direkt ins Gesicht.

„ Sie, Herr Doktor, sind derjenige dem ich diese zweite Existenz zu verdanken habe“, beendete sie das Versteckspiel.

Er schüttelte ungläubig den Kopf.

„Das kann unmöglich sein“, murmelte er leise, mehr zu sich selbst.

Wieder huschte ein Lächeln über ihre pfirsichfarbenen Lippen bevor ihre melodische Stimme ihn erneut schollt: „Nur weil Sie nicht verstehen, wie Sie es angestellt haben, bedeutet es nicht, dass es nicht gelungen ist. Eigentlich muss ich Sie sogar beglückwünschen, sind Sie doch einer der wenigen, dem es überhaupt gelungen ist einen Homunkulus zu erschaffen.“

„Dann erklär mir wie!“, verlangte Matt halb verunsichert, halb fordernd.

Er musste wissen wo sein Fehler gelegen hatte, denn er musste dafür sorgen das diesen Fehler nie wieder jemand wiederholte und sich diese Katastrophe nicht erneut ereignete.

Sie schüttelte den erhobenen Zeigefinger vor seinem Gesicht.

„Na, na Dok, das ist wirklich gefährliches Wissen, welches nicht für Menschen wie Sie geeignet ist. Gewiss würde dieses Wissen Sie entweder um ihren Verstand oder ihr Leben bringen, was sicherlich amüsant wäre, jedoch ist die Gefahr auch viel zu hoch. dass Sie uns damit schaden. Vater würde es sicherlich nicht gut heißen, wenn ich es Ihnen verrate. Allerdings verwundert es mich, dass Sie noch nie mit Sai darüber gesprochen haben, immerhin wäre er die perfekte Informationsquelle gewesen“, erklärte sie schulterzuckend und fuhr sich durchs Haar.

Sie hatte Recht, wieso hatten sie nie über derartige Dinge geredet?

Jetzt wurde Matt so klar wie nie zuvor, dass Saikuron allgemein sehr wenig über seine “Familie“ oder seine Vergangenheit sprach.

Er bekam dann immer diesen tiefen, verloren Blick, wenn seine Gedanken in diese Richtung geleitet wurden.

Immer mit seinem Ziel vor Augen seinen Vater zu töten, um ihn für alles büßen zu lassen.

Matt war sich noch nicht einmal sicher, ob er diese Absicht nicht sogar bis heute verfolgte.

Dennoch erhoffte sich Matt das es ihm vielleicht eines Tages möglich wäre, diese tiefe Wunde zu lindern, um Sai die Kraft zu geben, sie zu schließen, vorausgesetzt er kam aus diesem Zimmer lebend heraus, was bis jetzt noch völlig ungewiss war.
 

Doch ehe er länger darüber nachsinnen konnte, flog die Tür ohrenbetäubend laut auf und hinein trat ein junger rothaariger Kerl, der einen rauchig, verbrannten Geruch mitbrachte.

Sein Haar wirkte, als sei er gerade erst aufgestanden, doch seine bernsteinfarbenen Augen und sein energetisches Auftreten zeugten vom Gegenteil.

Schlagartig veränderte sich die ganze Stimmung in dem kleinen Raum.

Yukas Gesicht schien wie eingefroren, hart und kalt, Eigenschaften die ihr wirklich nicht gut standen.

Die Spannung, die sich in dem Raum aufbaute, ließ Matt für einen Moment die Luft anhalten. Er verfolgte gebannt ihren starren Blick der einzig und alleine auf diesem jungen Mann zu liegen schien.

Doch der Neuankömmling sah sie nur abschätzend an, bevor er eine Packung Zigaretten hervor zog.

Einige Sekunden herrschte Schweigen, dann beobachtete Matt wie Yuka ihre Hände zu Fäusten ballte, ganz offensichtlich war irgendetwas Gravierendes zwischen den beiden vorgefallen, doch es hing nur unausgesprochen im Raum.

„Du willst doch hier jetzt nicht rauchen, oder?“, fragte sie den Rotschopf völlig entgeistert.

Er grinste locker und meinte: „Wieso sollte ich nicht?“

Er steckte sich völlig unbeeindruckt die Zigarette in den Mund und hielt den Zeigefinger an das andere Ende.

Eine winzige Flamme erschien wie aus dem Nichts über seinem Zeigefinger und verschwand sofort wieder als die Zigarette glühte.

Matt glaube sich das im ersten Moment nur eingebildet zu haben und starrte deshalb blinzelnd auf den Zeigefinger des Jungen.

Wie hatte er das gemacht? Seine Körpergase gaben eigentlich nicht gerade die am besten geeigneten Brennstoffe ab. Natürlich kam ihm sofort der Gedanke, dass es sich um ein weiteres “Familienmitglied“ handelte, da er inzwischen von Sai wusste, dass sie alle ein besonderes Talent besaßen, das alchemistisch nicht zu erklären war.

„Kaji, mach sofort die Zigarette aus!“, forderte Yuka mit beängstigend ruhiger Stimme, die mindestens 3 Tonlagen unter ihrer Normalen lag.

Darin spiegelte sich eine solche Finsternis, die er dieser zierlichen Frau niemals zugetraut hätte.

Doch statt ihrer Aufforderung nachzukommen, nahm er einen tiefen Zug und blies ihr den Rauch mitten ins Gesicht. „Oder was?“, fragte er mit einer Gleichgültigkeit die nur so vor Überlegenheit strotzte.

Yuka presste ihre Finger inzwischen so stark zusammen, dass die Fingerknöchel so stark hervorstanden wie weiße Berge des blinden Zornes.

Es jagte ein kalter Schauer über Matts Rücken, während Kaji noch immer sehr entspannt schien.

„Oder ich werde dich genauso leiden lassen, wie du mich!“, drohte sie ihm.

Dies schien ihn allerdings nur unglaublich zu erheitern.

„Bitte, tu dir bloß keinen Zwang an, stell mit meinen Haarshampoo an was immer du willst“, meinte er noch immer grinsend und blies ihr erneut einen Schwall Rauch ins Gesicht. Scheinbar riss ihr dann der Geduldsfaden, sie warf mit einem theatralischen Seufzer die schmuckbehangenen Arme in die Luft und verließ lautstark den Raum.

Sie schlug die Tür mit einer solch übermäßigen Wucht zu, dass ein kräftiger Luftzug durch den Raum glitt, der ausreichte um Kajis Zigarette auszublasen und die Tür fürchterlich kreischen zu lassen.

Missmutig schaute der Rotschopf auf seine gelöschte Zigarette und dann zur Tür.

Genau in diesem Moment wurde die Tür erneut aufgerissen und Yuka stand in ihr. Ohne die Klinke loszulassen brüllte sie ihm wütend entgegen: „Und außerdem ist Rauch nicht gut für die Haut!“

Dann schlug die Tür wieder zu und hing schräg in den Angeln.

Kaji seufzte und ging zur Tür, was in Matt schon fast die Hoffnung aufkeimen ließ, dass er auch verschwinden würde, doch dem war nicht so.

Erneut schoss eine kleine Flamme aus Kajis Finger, mit der er das Metall der Tür dort erhitzte, wo es verbogen oder gerissen war.

Es dauerte nicht lange bis es sich immer mehr seinem flüssigen Aggregatzustand näherte, was für die hohe Temperatur des Feuers sprach.

Dann völlig unverhofft griff er mit der freien Hand nach dem weichen Metall und formte es wieder zurecht, als wenn es sich um Knete handelte und das ganz ohne eine Miene zu verziehen, trotz der unglaublichen Hitze die dieses Metall auf seiner Haut hinterlassen müsste.
 

Als er damit fertig war, zündete er seine Zigarette erneut an und schlenderte zurück zu Matt, während er seinen Blick musternd über ihn gleiten ließ.

„So, da Blondchen jetzt weg ist, gibt es nur noch uns beide“, stellte er mit grinsendem Gesicht fest.

Ein Gefühl sagte Matt, dass er in Yukas Gesellschaft wesentlich besser aufgehoben wäre als in der Seinigen.

Beim Anblick dieses undefinierbaren Glitzerns in Kajis Augen wurde ihm ganz anders.

Kalte Schauer jagten ihm über den Rücken und die ganzen kleinen Härchen auf Armen und Nacken stellten sich alarmierend auf.

Erneut nahm Kaji, scheinbar genießerisch, einen tiefen Zug von seiner Zigarette und blies es nun Matt mitten ins Gesicht.

Dessen Augen begannen zu tränen und als der Rauch seine Lungen erreichte, löste er einen Hustanfall aus, da seine Atemwege diesem giftigen Rauch nur sehr selten ausgesetzt waren, blieb seinen Körper fast nichts anderes übrig, als eine solch heftige Abwehrreaktion zu starten.

„Du bist also der Grund wieso Saikuron uns verlassen hat...interessant“, stellte er fest, während er erneut bewusst in Matts Richtung ausatmete.

Einen Moment lang herrschte wieder Schweigen im Raum, in dem kurz ein nachdenklicher Ausdruck auf Kajis Gesicht trat.

Doch bald schien er diese Gedanken abschütteln zu wollen und wendete sich fast ruckartig wieder Matt zu.

„Wie auch immer, wir werden sicherlich viel Spaß zusammen haben, Matt“, sagte Kaji voller Vorfreude auf das Kommende.

Matt hatte die üble Befürchtung, dass sie sehr unterschiedliche Ansichten von Spaß hatten, was ihn schwer schlucken ließ und er sich fragte wie sich das wohl äußern würde.

Als Kajis Zigarette nur noch ein Viertel ihrer ursprünglichen Länge besaß, presste er den Stummel kräftig auf Matts linken Handrücken.

Ein schmerzliches Keuchen entfuhr dessen rauen Lippen.

Aus natürlichem Reflex versuchte Matt die Hand zurückzuziehen, was ihm jedoch nicht gelang, aufgrund des Seiles, das seine Hände eisern umklammert hielt.

Es war, wie als hätte man Säure auf diese Stelle der Hand gekippt, denn der Schmerz fraß sich immer tiefer in sein Gewebe und löste heftige Impulse der Nervenzellen aus, die sich wie ein Lauffeuer durch seinen ganzen Arm verbreiten zu schienen.

Kaji stand da und ergötzte sich sichtlich an Matts schmerzverzogenem Gesicht.

Die Nervenimpulse ließen Matts Gedanken im Kreis drehen mit dem unsäglichen Schmerz im Zentrum, sodass alles andere nebensächlich wurde.

Er war von Kaji gebrandmarkt worden.

Denn diese kleine, rötliche Hinterlassenschaft würde sein Leben lang von seiner Einfältigkeit zeugen und ihn daran erinnern, dass nicht alles so real ist, wie es zu scheinen vermag.

Doch das reichte Kaji noch nicht.

Sein Peiniger entzündete seinen eigenen linken Unterarm mit der Leichtigkeit eines Streichholzes und verbreitete dadurch erneut den üblen Gestank der bald auch an ihm selbst haften würde.

Matts Augen weiteten sich in Anbetracht dieses Entsetzens.

Er schluckte schwer und Tränen schlichen sich in seine Augenwinkel, bloß auf einen weiteren Impuls wartend um auszubrechen.

"Nein, bitte...das", stotterte er flehend, doch das ließ Kaji kalt, er hielt es nicht einmal für nötig darauf zu reagieren.

Umso näher ihm die Quelle des Übels kam desto mehr verkrampfte sich jeder noch so kleine Muskel in ihm.

Sein Blick klebte an dem Feuer, das gierig um seine Quelle züngelte, einer Schlage gleich die nur auf ihr Opfer wartete.

Die Angst fesselte seine Zunge mit eisernen Ketten, die Matt verstummen ließen.

Überraschenderweise schien Kajis Arm auch dieses Mal nicht den geringsten Schaden zu nehmen, obwohl er völlig in Rot gehüllt war.

Dann schwebte das Flammenmeer, dessen Mittelpunkt Kajis Arm war, parallel über Matts rechten Arm und obwohl es noch einen guten Meter entfernt war, spürte er bereits die Hitze, die einem Windhauch gleich über seine Haut strich, fast liebevoll.

„Wirklich schade, dass Vater verboten hat, dich zu Tode zu quälen. Du gibst so ein wunderbares Spielzeug ab“, seufzte Kaji und nahm mit der rechten Hand Matts Kinn zwischen seinen Daumen und Zeigefinger, um dessen Gesicht zu drehen und zu wenden, ganz wie es ihm beliebte.

Er studierte den für ihn herrlich schmerzverzogen Ausdruck auf seinem Gesicht, während er den Arm bedächtig langsam senkte.

Es erschien Matt, als drehte jemand an einem Regler, der die Temperatur Stück für Stück erhöhte, solange bis es unerträglich heiß wurde.

Sein rechter Arm wand sich unter der Feuersbrunst soweit es die Fesseln zuließen, doch das nützte nichts.

Allerdings waren es nicht einmal die Flammen die sein Fleisch verzerrten, sondern noch bediente sich alleine die Hitze an ihm.

Schweißtropfen liefen ihm übers Gesicht, er atmete schwer und keuchend durch seinen staubtrockenen Hals und versuchte die Zähne zusammenzubeißen, um ihm nicht noch mehr Genugtuung zu verschaffen.

Obwohl er nur zu gerne um Erlösung gebeten hätte, kam kein Wort über seine Lippen, wusste er doch wie sinnlos sie sein würden.

Im schlimmsten Fall würden sie ihm vielleicht sogar Bestätigung verschaffen, was Matt natürlich auf keinen Fall wollte.

So nah an seinem Arm erschien diese rote Schlage regelrecht nach seiner Haut zu züngeln, ihn zu erkunden ohne bereits zuzupacken, ihm jedoch bereits versengende Küsse zu schenken, die die kleinen hellen Härchen auf seinem Arm schwarz werden ließen.

Doch alleine diese kaum wahrnehmbare Berührung schien seinen Körper mit einem unbekannten Gift infiziert zu haben, das nach und nach dafür sorgte, dass seine Haut am Arm sich rötlich verfärbte und gleichzeitig regelrecht flüssig zu werden schien.

Denn sein Körper versuchte diesem verbrennenden Prozess entgegenzuwirken, indem es die Stelle durch Schweiß kühlte, doch dieser verdampfte schnell wieder unter den hohen Temperaturen und auch das rötliche Gift breitete sich schleichend weiter aus.

"Es ist heiß, so verdammt heiß", flüsterte Matt völlig teilnahmslos, wie einen Singsang vor sich her.

"Ich steh drauf wenn es heiß ist", flüsterte Kaji ihn mit erhitzen Worten ins Ohr.

Langsam begann Matt zu hoffen, dass er seinen Arm doch endlich auf seinen niedersänken möge, denn dann wäre dieser Schmerz hoffentlich erst einmal überstanden.

Doch ihm vor dem eigentlichen Schmerz solche Qualen zuzufügen, das konnte nur ein wirklich sadistischer Mensch, der eine Menge Freude darüber empfand wenn er andere Hilflose quälen konnte.

Zu allem Überfluss bildeten sich jetzt auch noch kleine weiße Bläschen auf seinem Arm, die ihm immer mehr das Gefühl vermittelten seine Haut würde zerfließen.

Er biss sich so stark auf die Unterlippe, das sie begann zu bluten und in einem kleinen, dünnen Rinnsal sein Kinn und Hals hinunter lief, immer mehr seinem blütenweißem Hemd entgegen.

Er hoffte, dass er durch diesen Gegenschmerz etwas Ablenkung vom eigentlich Schmerz erreichen könne.

Er konnte beobachten wie Kajis Blick regelrecht hypnotisiert seinem Blut folgte.

"Wag es dich nicht", drohte Matt ihm, selbst obwohl er wusste, dass er es nicht verhindern konnte.

Doch sobald das Blut das Hemd befleckt hatte, beugte sich Kaji vor und fuhr mit seiner Zunge die Blutspur von unten nach oben nach.

Trotz der Hitze löste dies ein unglaubliches Zittern in Matt aus, es war die abstoßende Reaktion seines Körpers, denn er empfand einen solchen Ekel, wie er giftiger hätte nicht sein können.

Wäre es ihm möglich gewesen, hätte er ihm jetzt mit dem Kopf gegen seinen Kopf gestoßen, selbst auf die Gefahr hin, selber Schmerzen davon zu tragen, doch nicht einmal dies war ihm möglich, da Kaji sein Kinn noch immer in einem eisernen Griff fest hielt.

Ihn zu reizen wäre in seiner Situation sowieso das Dümmste gewesen, das er machen konnte.

Deswegen presste er mit Gewalt seine Lippen aufeinander, um keine der tausenden Beschimpfungen daraus hervorbrechen zu lassen.

Oben angekommen löste sich seine Zunge wieder von Matts Haut und er lenkte sich genießerisch die letzten Tropfen Blut von den Lippen.

"Ich glaube nicht das du in der Position bist Drohungen auszusprechen", hauchte er mit einem gefährlichen, dunklen Unterton, der Matt erneut erschaudern ließ.

Dass er dem allen einfach so völlig wehrlos ausgeliefert war, brachte ihn neben den Schmerzen beinnahe um den Verstand.

Er schloss die Augen, denn er konnte dies einfach nicht mehr mit ansehen, dieses regelrecht vor Freude erregte Gesicht seines Peinigers und diese unerträgliche Hitze.

Doch sobald er die Augen schloss, wurde ihm schwindelig.

Die ganze Schwärze vor seinen Augen schien in alle möglichen Richtungen zu wabbern.

Er musste stark mit sich kämpfen, um den Würgereflex zu unterdrücken, doch sehr viel länger ertrug er das alles nicht mehr.

Zwangsweise öffnete er die Augen wieder und traf sofort wieder auf den forschenden Blick des Rotschopfes.

Ein breites Grinsen folgte, bevor sein Kopf unsanft in Richtung des Feuers gedreht wurde.

„Ich werde dir jetzt ein kleines Kunststück zeigen, ich bin sicher, dass es dir ziemlich gut gefallen wird“, erklärte Kaji ihm in einem Ton den ein Zauberer einem kleinen Kind gegenüber wohl benutzen würde.

Das Feuer fing an sich von Kaji Arm zu lösen, zuerst sehr unförmig und unregelmäßig, doch nach und nach nahm es immer mehr Gestalt an.

Letztendlich blickte ihm eine Feuerschlange entgegen, die aber an ihrem Ende noch immer mit ihrem Erschaffer verbunden war.

Noch schlängelte sie etwas wackelig hin und her, aber es dauerte nicht sonderlich lange, bevor sie sich langsam gleitend um Matts ganzen Arm und die Stuhllehne schlängelte, jedoch immer noch ohne ihn direkt zu packen.

Matt war sprachlos und auf eine bizarre Art fasziniert und schockierte ihn dieses Schauspiel gleichzeitig.

Erst als sie sich bis über den ganzen Oberarm verteilt hatte, packte sie in einem alles versengenden, vernichtenden Stoß zu.

Obwohl er das geahnt hatte, dass dies gesehen würde, versetzte es ihm doch einen ähnlich Schock wie Schmerz.

Ein Schmerzensschrei brach nun doch aus ihm hervor, begleitet von den Tränen und dem kurz aufblitzenden Wunsch einfach nur noch sterben zu wollen, weil er dieses Leid nicht länger ertrug.

Es hörte einfach nicht auf zu brennen, der Druck wurde immer größer und brannte sich immer weiter vor durch seine Haut, ließ schon die dünne Fettschicht schmelzen, die darunter lag und würde nur noch Sekunden bis zu den Muskeln brauchen.

Die Nervenimpulse wurde so intensiv, dass es stark an beiden Schläfen pochte, richtig schmerzhaft dagegen drückend.

Die einzigen Geräusche die unregelmäßig über seine Lippen glitten, waren klägliche Schmerzenslaute.

Es begann zu flimmern vor seinen Augen, er stand am Rande der Bewusstlosigkeit, als sich die Tür öffnete und einen angenehm kühlenden Wind mit sich brachte.

Kurz bevor er in Dunkelheit versank, wurde der Schmerz gelindert. Mit Mühe besah er schwach seinen Arm. Das Feuer war verschwunden, doch er konnte das schwarze, pochende Gewebe sehen und den Einschnitt den das Flammentier hinterlassen hatte.

Erneut setzte der Würgereflex ein, als der süßlich-faulige und doch rußig-verbrannte Geruch in seine Nase stieg und sich schwer auf seiner Zunge und in seinem Rachenraum ablagerte.

„Kaji!“, ertönte eine herrscherische Frauenstimme aus einiger Entfernung.

Unter Aufbringung letzter Kräfte, konzentrierte er sich auf seinen Peiniger.

Dieser setzte sofort ein missmutiges Gesicht auf. Plötzlich kalt wie Eis, drehte er den Kopf zu ihr.

„Ja, Kagami?“, war seine missbilligende Antwort, auf eine unausgesprochene Frage.

„Vater will dich sehen, sofort“, erklärte Kagami mit Nachhaltigkeit in der Stimme, die keine Wiederrede zuzulassen schien.

Kaji seufzte schwer und sah bedauernd zu Matt nieder.

„Dann müssen wir wohl später weiterspielen, aber keine Sorge, ich komm wieder“, erklärte er ihm regelrecht liebevoll und fuhr kurz über Matts pechschwarze Haare, bevor er sich umdrehte und zur Tür ging.

Matt hätte nur allzu gerne erwidert wie sehr er sich wünschte ihn nie wieder zu sehen.

Allerdings kam ihm auch kurz der Gedanke ihm das Gleiche antun zu wollen, doch diesen verdrängte er schnell wieder.

Er war kein solches Monster!

Nachdem Kaji aus Matts Sichtfeld verschwunden war, stand die Frau noch einen Moment dort und sah zu ihm herüber.

Es erschien ihm fast wie ein mitleidiger Ausdruck der auf ihrem Gesicht lag, doch bevor er auch nur den Mund öffnen konnte übermannte ihn plötzlich doch die Schwärze und er sank herab, an einen Ort, wo er nichts mehr spürte, nichts mehr wahrnahm, einfach völlig leer und orientierungslos umherschwebte.

Feuerrot

Saikuron erreichte West City noch im Schutze der Nacht.

Ein kühle Briese strich liebevoll über die Stadt und spielte mit dem Staub auf den menschenleeren Straßen.

Es schien so friedlich, fast idyllisch, was ihm scheinbar auch der Sternenhimmel und der riesige Vollmond weismachen wollten.

Doch das alles war nur die Ruhe vor dem Sturm den er bald auslösen würde und damit diese fadenscheinige Unschuld verzerren, so wie das kühle Mondlicht in den dunklen Gassen, die Schatten verzerrte und sie tanzen ließ im Rhythmus des Winds.

Er landete weich und geräuschlos auf der Hauptstraße und machte sich auf die Suche nach dem zukünftigen Kern allen Übels.

Der Wind schmiegte sich wie ein treuer Freund an seinen schlanken Körper und ließ ihn leicht erschaudern unter seinen kühlen Fingern, doch irgendwie hatte es etwas Tröstliches.

Es war als wisse der Wind welche Bürde er trug, wie zwiegespalten er dieser gegenüber stand, es wirkte wie eine freundschaftliche Bekräftigung, die ihm ein müdes Lächeln über die Lippen gleiten ließ.

Der Wind war bereits seit ewigen Gezeiten sein stetiger Begleiter gewesen, er hatte niemals schlecht über ihn geurteilt und war immer da, selbst in den schwärzesten Stunden seines Seins.

Saikurons Verbindung mit ihm war tiefgründig und für die Ewigkeit gemacht, es war ein leise geflüstertes Versprechen.

Während er dem sachten Flüstern seines Begleiters lauschte, entdeckte er auf einem rostigen Blechschild den Straßennamen, den er gesucht hatte.

Er war einer weiteren Sünde nun nicht mehr fern.

Das Haus hatte im Schatten einen dunklen Grauton, es wurde beinahe in völlige Dunkelheit gehüllt von dem Haus gegenüber.

Kein Ton war aus ihm zu hören, alles war zur segenreichen, erholsamen Nacht gebettet, das Leben zog sich auf sein Existenzminimum zurück und war dabei so verletzlich wie zu keiner anderen Tagesstunde.

Doch jedes Mal von neuem nahmen sie das Risiko auf sich und ließen sich von den gemurmelten Versprechungen der Nachts ins Traumland führen, blind und taub für Gefahren und nicht wissend ob sie je wieder aufwachen würden.

Es war der Schwachpunkt der Gott den Lebewesen gab, denn für sie war Schlaf eine Notwenigkeit genauso wie Essen und Trinken.

Gott hatte zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um seine Schöpfung ihm selbst ähnlich zu machen, dennoch zog er es vor sie verletzlicher zu machen, als er selbst es war.

Ob wohl auch er Sorge um seinen Platz als Oberhaupt der Welt hatte?
 

Saikuron entdeckte im zweiten Stock ein halb geöffnet Fenster, für jeden Dieb stellte es schon beinahe eine Aufforderung da in dieses Haus einzudringen.

Höhe versprach Sicherheit, doch den Bewohner würde bald klar werden welcher weit verbreiteten Illusion sie erlegen waren.

Leichte Wehmut durchflutete seinen Körper, wie eine Welle spülte sie heran, wie er sie so selten Empfunden hatte, wenn er kurz davor war jemanden zu töten.

Es war die nun deutlich hervortretende Veränderung, die Matts Wesen mit sich gebracht hatte.

Der Gedanke an ihm jagte zwei weitere Wellen an den Rand seines Bewusstseins, die tiefe Liebe, die er für Matt empfand und die bodenlose Sorge, die ihn hierzu treiben würde.

Er spaltete abermals die Teilchen seines Körpers und schwebte federleicht zu dem Fenster hinauf.

Er schob es leise weiter auf und kletterte mit bedachter Ruhe hinein in den schwarzen Schlund, der ihn in sich aufzog und ihn umhüllte, so allgegenwärtig wie Wasser.

Er blieb noch einen Moment am Fenster stehen und ließ seinen Augen Zeit sich an die herrschenden Lichtverhältnisse zu gewöhnen.

Schnell verstand er in was für einem Raum er sich befand, es war ein Kinderzimmer.

Ein Gitterbettchen zentral an der Wand, mit einer winzigen sich unmerklich regenden Gestalt, die umhüllt war mit dicken Decken.

Mit der Stille des Todes trat er an das Kinderbettchen heran und betrachtete das Würmchen unter ihm.

Es war so winzig, hatte kaum Haare auf dem weichen Köpfchen und schlief mit der Segnung tausender Engel.

Dieses Kind war noch so rein und unschuldig, es hatte sein ganzes Leben noch vor sich, würde jedoch hineingezogen in den Mahlstrom des Lebens.

„Tut mir leid, kleiner Engel“, flüsterte er dem schlafenden Kind entgegen und betrachtete es noch einen Moment länger, bevor er sich von ihm abwendete und zur halb geöffneten Tür schritt.
 

Er hob sie noch einen Spalt breit weiter auf und schlüpfte hindurch.

Zu aller erst würde er schauen müssen, wie viele Personen in diesem Haushalt noch lebten außer Kebbing und dem Kind.

Er schritt leise durch den Flur, lauschte auf verräterische Geräusche und öffnete alle Türen die er fand.

Er durfte niemanden übersehen, wirklich niemanden. Auf dieser Etage entdeckte er noch ein Badezimmer und ein weiteres kleines Schlafzimmer, in welchem eine junge Frau ruhte, sicherlich war es die Mutter des Kindes, die noch nichts von alledem ahnte.

Als er eine weitere Tür öffnete entdeckte er ein kleines Atelier, voll mit Leinwänden und dem Geruch von Farbe und Wärme.

Ein wenig Mondlicht schien durch das großzügig geschnittene Fenster und hauchte einigen Bildern leben ein.

Am deutlichsten Erschien ihm ein Bild dessen Blickfang auf der Flamme einer Kerze ruhte, umgeben von schemenhaften Gestalten und das Licht das im Hintergrund durchs Fenster fiel, schien fast exakt im selben Winkel, wie es jetzt gerade in diesem Raum der Fall war.

Wer auch immer diese Bilder gemalt hatte, schien angefühlt mit den unterschiedlichsten Emotionen, die die Bilder so greifbar darstellten, das man sie beinahe auf der Zunge schmecken konnte.
 

Er schwebte die Treppe herunter und landete im Wohnzimmer, das sehr hell eingerichtet war mit der weißen oder vielleicht auch cremfarbenden Coach und dem Bücherregal aus sehr hellem Holz.

Daran angeschlossen fand sich eine offene kleine Küche, durch die man auf einen weiteren kleinen Flur gelangte, hinüber zu einem Arbeitszimmer.

Bisher keine Spur von Kebbing.

Langsam begann Saikuron sich zu fragen ob er sich wirklich im richtigen Haus befand, doch noch war eine Tür übrig hinter der sich seine primäre Zielperson verbergen könnte. Er öffnete sie bedächtig und fand, was er suchte.

Er war fast erleichtert darüber, das dieser Haushalt gerade mal drei Personen enthielt, dennoch war jedes dieser Leben etwas wert, doch unter den gegebenen Umständen einfach nicht genug, um das was nun folgen würde nicht zu tun.

Auch wenn hier drei Leben gegen eins standen und es moralisch richtig wäre sich für diese Drei zu entscheiden, anstatt für das Einzelne.

Homunkuli fühlten genauso wie Menschen und deswegen war Saikurons moralisch korrektes Bild auch durchtränk mit der gleichen Subjektivität wie bei allen anderen Menschen.

Für ihn war dieses eine Leben kostbarer als jedes andere, selbst kostbarer als sein Eigenes.

Selbst wenn die gesamte Menschheit zu Grunde ginge, wäre Saikuron doch glücklich wenn nur Matt überlebte, sicherlich wäre es kein lebenswertes Leben mehr für ihn, aber dieses übertriebene Denken spiegelte lediglich die schwere Bedeutsamkeit die dieses einzige Leben für ihn hatte wieder.
 

Während er bedächtig zur Ruhestätte von Kebbing schlich, schob er seinen weißen Mantel zurück und förderte darunter ein matt glänzendes Messer zu tage.

Der Griff lag schwer in seiner Hand und schien immer schwerer zu werden umso näher er seinem Opfer kam.

Die Klinge des Messers blickte kalt auf das warme Fleisch herab, es lauerte darauf endlich zustoßen zu dürfen, sich hinein zu bohren in die weiche Haut und den roten, warmen Lebenssaft zu lecken, den sein tödlicher Biss hervorquellen lassen würde.

Obwohl wieder eine Welle Mitleid in Saikuron aufstieg, blieb seine Hand hart und fest.

Es war die Hand, die diese Klinge schon so viele Male sicher geführt hatte, es war die Hand eines kaltblütigen Mörders.

Daran würde sich auch heute nichts ändern und auch in Zukunft nicht, denn es war ein beinahe automatisch ablaufender Prozess.

Ein sauberer schneller Schnitt, dann würde dieser Mann sein Leben für immer aushauchen.

Er senkte die Klinge nieder, immer tiefer bis sie fast das Fleisch am Hals berührte, sie verharrte dort einen Augenblick, wie um ihren Triumph zu genießen.
 

Kebbing regte sich, Saikuron sah wie sich seine Augen langsam öffneten.

Er bohrte das Messer tief hinein in die dünne Haut des Halses, stieß durch die dünne Festschicht, schnitt Luft- und Speiseröhre an und durchtrennte somit auch eine der wichtigsten Adern, die Halsschlagader.

Das Blut spritzte in einer gradlinigen Fontäne nach vorne und besudelte die Bettdecke mit einem Schwall Blut.

Ein röchelndes kaum einzuordnendes Geräusch presste sich mit Mühe die zerschnittene Kehle hinauf, die Augen waren stark geweitet und spiegelten das Entsetzen und die Todesqualen wieder.

Sie quollen beinahe aus ihren Höhlen, während das Rot die Bettwäsche bereits stark durchtränk hatte und sich neben dem Bett verteilte.

Todespanik stieg in Kebbing auf, sie vernebelte ihm die Sinne und ließ seine Arme hilflos durch die Luft schlagen, wobei er geräuschvoll einen Nachtisch umstieß.

Saikuron fluchte.

Konnte dieser Typ denn nicht wenigsten leise sterben?

Er sprang völlig hysterisch auf und der Blutstrahl traf fast Saikurons weißen Mantel, doch dieser sprang glücklicherweise früh genug zur Seite.

Kebbing presste jetzt die Hände auf den Hals, in dem Versuch die Blutung zu stoppen, stolperte dann über seine eigenen Füße und knallte hart auf dem Boden auf.

Das Blut bildete eine Lache auf dem Boden.

Kalte Augen blickten auf das erlegte Opfer, frei von jeglicher Reue, frei von Respekt, dem Leben gegenüber.

Kebbing versuchte wieder aufzustehen, doch er rutschte in seinem eigenen Blut aus, das Blut klebte ihm am Gesicht, verschmierte und tropfte an seinem Kinn herunter.

Es war ein jämmerliches Bild, doch etwas in ihm gebot Saikuron einfach zu warten, bis sich dieses Leben selbst aushauchte.

Wieder rutschte er aus und blieb dann irgendwann liegen, ein Brett knarrte oben.

Saikuron schaute zur Decke und lauschte.

Ob die Frau aufgewacht war?

Bei dem Lärm wäre es wohl kein Wunder, Mütter hatten einen leichten Schlaf, vor allem wenn die Kinder so jung waren.

Doch das stockende Röcheln, das immer unregelmäßiger wurde, war das einzige Geräusch, das er im Moment hören konnte.

Er wendete seine Aufmerksamkeit deshalb wieder dem Sterbenden zu, denn auf eine gewisse Art hatte dieses grausige Schauspiel eine unglaubliche Faszination.

Die Farbe in Kebbings Augen verblasste allmählich, wurde immer mehr ein grauer Abklatsch des Lebens mit denen sie vorher erfüllt waren.

Er war tot, endgültig und definitiv.

Saikuron ging zur Leiche und schloss die Augen, die noch immer hilfesuchend in die Ferne starrten.

Er hatte Respekt vor dem Tod, das Leben war ein Spiel, der Tod jedoch eine Unumstößlichkeit.

Obwohl keiner stattgefunden hatte, sah es so aus als wenn hier der wildeste Kampf getobt hätte, das dunkle kaum wahrnehmbare Rot war nahezu überall, auf Bett, Schrank, Wand und Boden.

Wie als hätte sich der Künstler des Hauses, völlig dem Wahn verfallen, ausgetobt und die Farbe des Todes im Tanz mit der Sense verteilt.

Der Tote wirkte so surreal inmitten dieses Chaos, das er fast zu einer Nebensächlichkeit wurde.

Er würde jedoch der Einzige sein, der dieses eindrückliche Kunstwerk jemals bestaunen würde, er, der es schon in so vielen Formen und Varianten gesehen hatte.

Es dauerte einige Sekunden, bevor er seinen Augen gebieten konnte, sich von dieser unnatürlichen Vertrautheit zu lösen und über das Leid und die Qualen hinwegzusteigen, es für immer hinter sich zu lassen, um es doch nie zu vergessen.
 

Er schlich zurück in den Flur und über die Küche ins Wohnzimmer, immer wieder auf verräterische Geräusche lauschend.

Als er am Fuß der Treppe stand und nach oben blickte, sah er einen Schatten am oberen Ende stehen und hinunter starren.

Er blinzelte, nicht sicher ob er bereits Schatten sah oder gar dem Wahn verfiel.

Doch dann hörte er es, das tiefe Geräusch von ausgestoßener Luft, die viel zu lange im Körper verweilt war.

Beide waren still, rührten sich keinen Millimeter, warteten darauf, das der andere den ersten Schritt machte.

Zwischen ihnen baute sich eine Spannung auf, die einer Notwenigkeit folgte, einer Reihe Dominos, die fallen würde sobald man den Ersten anstieß.

Irgendwann wurde es Saikuron zu viel, er ging in die Knie und die Frau rannte los.

Der erste Stein war gefallen und er wusste bereits, wo die Kette enden würde.

Saikuron drückte sich kräftig vom Boden ab und sprang die Treppe mit einem Satz hoch, während sie bereits im anschließenden Gang verschwand.

Er wusste ganz genau wo sie jetzt hinrennen würde.

Alles verlief in den erwarteten festen Bahnen, es gab kein Entrinnen.

Für Mütter war das aller heiligste auf dieser Welt ihr eigenes Kind und genau dieses würde sie um jeden Preis zu beschützen versuchen.

Sie, ihm Korridor vor sich, rennen zu sehen, weckte seinen animalischen Jagdinstinkt.

Er würde diese Beute fangen, noch bevor sie ihr Ziel erreicht hatte.

Sein Schicksal hatte das ihre gekreuzt und würde es in andere Bahnen lenken.

Er schoss hinter ihr hinterher, kam ihr immer näher und näher.

Als er ihr bereits ganz dicht auf den Fersen war, schaute sie sich um und stellte mit Entsetzen fest, das ihre Flucht gleich zuende wäre.

Sie sah den letzten Stein praktisch schon vor sich.
 

Er packte sie an ihrem Nachthemd und riss sie mit sich zu Boden.

Ein Schmerzensschrei entrang sich ihrer Kehle.

Es trieb ihr die Tränen in die Augenwinkel, doch sie spürte den Schmerz kaum.

Sie streckte den Arm nach vorne.

„Mein Baby“, flüsterte sie kläglich.

Sie zappelte unter ihm und konnte sich doch kein Stückchen bewegen.

Saikuron drehte ihren Kopf hart zur Seite und sah ihre Tränen.

Die Tränen einer Mutter die Angst um ihr Kind hat, nicht etwa um ihr eigenes Leben.

Diese Erkenntnis griff unglaublich tief in Saikurons Verstand, solche Aufopferung war wirklich unglaublich.

Es erweichte sein Herz, da er ihre Gefühle so gut nachempfinden konnte, bei ihm ging es praktisch auch um nicht anderes.

Deswegen flüsterte er : „Deinem Kind wird nichts geschehen. Ihm werde ich nicht ein Härchen krümmen“

Erst wirkte sie verwirrt, doch dann wurden ihre Gesichtzüge weich, sie schien fast erleichtert.

Sie hatte dieses instinktive Gespür für Gefahr und sie wusste um die Wahrheit seiner Worte, den trotz dieser grotesken Situation wich eine gewisse Spannung aus ihrem Gesicht.

„Oh Sara“, murmelte sie erleichtert.

Sie schloss die Augen und hörte auf zu zappeln, sie würde nicht mehr versuchen ihn davon abzuhalten sie zu töten.

Wenn sie mit ihrem Opfer ihr Kind retten konnte, dann würde sie auch ins Himmelreich hinauf fahren und von dort über ihr Kind wachen.

Mütter waren wirklich unglaublich und gleichzeitig so einfältig, eine Mischung die sonst nirgendwo unter den Menschen existierte.

Er stieg von ihr herunter und drehte sie um, stille Tränen strömten ihr übers Gesicht.

Sie traf ihre Wahl, selbst wenn diese sie ins Verderben führte, sie würde alle Schmerzen und alles Leid schweigend über sich ergehen lassen, wenn nur ihr Nachkomme überlebte.

„Bitte mach es schnell“, murmelte sie mit erstickter Stimme.

Er hatte Verständnis für diese Bitte.

Er hob das Messer und rammte es ihr genau ins Herz.

Ihre Augen wurden blass, doch noch während sie ergrauten konnte er die Zufriedenheit darin sehen.

Ihre letzten Gedanken galten ihrer Tochter und zauberten ein letztes Lächeln auf ihre blassen Züge.

Es war ein schneller Tod, denn Schmerz spürte man nur einige winzige Sekunde lang und dann wurde alles schwarz, noch schwärzer und dunkler als die finsterste Nacht.
 

Sie hatte gewusste das sie ihm nicht hätte entkommen können, dass er ein zu übermächtiger Gegner für sie gewesen war.

Dieses Bild, wie es sich ihm nun bot, war in seiner schönen grotesken Art noch impulsiver als das Vorangegangene.

Nie zuvor hatte Saikuron jemanden gesehen, der mit einem Lächeln im Gesicht starb, sein Leben, vor seiner Zeit, durch Gewalt Einwirkung lassen musste und trotzdem glücklich war.

Es war womöglich eine Fähigkeit, die nur Leuten gegeben war, die wussten, das sie mit ihrem Tod etwas wesentlich wertvolleres beschützen konnten, als ihr eigenes Leben.

Diese tote Frau weckte in ihm den Wunsch, genauso wie sie zu sterben.

Wenn er irgendwann sein Leben lassen musste, wollte er in dem Gewissen sterben können, Matt beschützt zu haben, denn dann würde auch er mit einem Lächeln auf den Lippen sterben können.

Er empfand ein gewisses Maß an Sympathie für die tote Frau, was ihn dazu treiben würde, das Kind, welches für seinen Auftrag unerheblich war, an jemanden zu übergeben, der in der Lage war sich darum zu kümmern.

Es wäre immerhin kein Verstoß gegen seinen Auftrag, denn das Kind stellte keine Gefahr für ihr Geheimnis da, es war zu jung um auch nur irgendeine Kleinigkeit über die Steine zu wissen.

Es hatte wirklich Glück, das es noch so klein war, obwohl Saikuron vielleicht selbst wenn es etwas älter gewesen wäre, über es hinweggesehen hätte.

Wahrscheinlich wäre es aber ein großes vielleicht gewesen, wenn das Leben des Kindes den Tod von Matt bedeutet hätte, hätte Saikuron sich das nie verzeihen können.

Matt war zwar kein Kind mehr, höchstwahrscheinlich sogar schon lange nicht mehr, doch Saikuron wünschte sich das Matt all seine verbleibende Lebenszeit in vollen Zügen genießen konnte und er selbst würde irgendwie dafür sorgen, das ihm ein sehr langes Leben beschert werden würde.
 

Matt wurde geplagt von Fieberträumen, halb zwischen wach und schlafend wandelnd und gepeinigt vom brennenden Schmerz und dem bösartigen Grinsen des Rotschopfes.

Er wälzte sich hin und her auf dem Stuhl, soweit es die Fesseln zuließen.

Matts Augenlieder flatterten wild, sein Geist wünschte sich so sehr endlich aus diesem Alptraum zu erwachen, doch noch hielt ihn seine eigene Angst in seinem dunklen Gefängnis.

Es war still um ihn herum, niemand war im Raum und auch draußen schien niemand zu sein.

Doch diese äußerliche unnatürliche Stille mischte sich mit den Geräuschen in seinem Kopf, seine eigenen Schreie, das Gelächter Kajis und das Knistern der Flammen, alles vermischte sich zu einem explosiven Gemisch und ließ ihn in einem stummen Schrei erwachen.

Der kalte Angst- und Fieberschweiß mischten sich und bildeten eine kalte, abgestandene Hülle, um seinen gesamten Körper.

Es fühlte sich widerlich an und ließ ihn sich wünschen, er könnte aus seiner Haut einfach hinausschlüpfen.

Doch ein gutes hatte der Schweiß, er kühlte seinen verbrannten Arm etwas und linderte den dumpfen leicht pochenden Schmerz.

Ihm wurde schon fast wieder übel, wenn er das verkohlte Fleisch nur ansah, deswegen wendete er den Blick auch gleich wieder ab, kaum das er ihn betrachtete.

Genau deswegen entging ihm auch eine winzige, aber dennoch wichtige Tatsache.

Eine Tatsache die er noch nicht einmal realisierte, als er sich eine lästige Haarsträhne aus dem Gesicht strich.

Er legte den verkohlten Arm nahe an seinem Körper ab, blickte jedoch an einen Ort, der weit entfernt war und nur in seinem Kopf projiziert wurde.

Erst als er sich wieder von diesem Traumbild löste wurde ihm endlich das Offensichtliche bewusst.

Sein rechter Arm war frei, nicht länger in der Gewalt der Fesseln gefangen, er starrte den Arm überglücklich an, stille Tränen des Glückes strömten über seine Wangen, auch wenn es nur ein kleiner Hoffnungsschimmer war, so eröffnete er ihm doch die lang ersehnte Möglichkeit zu fliehen.

Sein einfältiger Peiniger musste das Seil durchgeschmorrt haben, als er seinen Arm verbrannte, welch ein Glück das dann gleich diese Frau gekommen war, ansonsten hätte er es vielleicht gemerkt.

Jetzt war Eile geboten, denn er musste hier verschwinden bevor einer dieser Homunkuli zurückkam, denn in seinem Zustand war er nicht einmal annähernd in der Lage sich gegen sie zu wehren.
 

Auch wenn die Energie, die er gleich durch seinen Arm jagen würde, sicherlich verdammt schmerzen würde, ihm blieb nichts anderes übrig, als die Zähne zusammen zu beißen und die Transmutation durchzuführen.

Er ballte die Hände zu Fäusten und atmete noch einmal tief durch, bevor er die Hände zusammenschlug und sie auf den Stuhl legte um seine Fesseln an eine andere Stelle zu schicken.

Er biss sich auf die Lippe um jegliche Schmerzenlaute zu unterdrücken und schmeckte als Folge darauf sein metallisch schmeckendes Blut im Mund.

Doch jetzt war er frei, er musste nur noch hier raus.

Seine Finger zitterten leicht, er spürte wie erschöpft sein Körper war, doch der Fluchtwille würde ihm neue Kraft geben, irgendwie würde er es aus diesem Haus der Verdammnis hinaus gelangen.

Seine verkrampften Finger klammerten sich um das Holz des Stuhles und unter großem Protest seines Körper schob er sich langsam in eine aufrechte Position.

Jedoch fühlten sich seine Beine an, wie ein wackeliges Kartenhaus, das jeden Moment zusammenbrechen könnte.

Er fluchte leise.

Wieso konnte dieser dämliche Stuhl auch nicht an der Wand stehen, nein er stand mitten im Raum ohne auch nur die kleinste Möglichkeit sich an irgendwas festzuhalten.

Er fluchte nochmals, bevor er seine zittrigen Handflächen erneut zusammenführte und unter einem gepressten Schmerzenlaut einen Gehstock aus dem Stuhl machte.

Die alchemistische Energie mochte für einen gesunden Arm kein Problem darstellen, doch für einen Verletzten stellte es ein wirklich unangenehme Schmerzenquelle da, doch was blieb ihm anderes übrig?

So schnell es seine Beine zuließen, schleppte er sich mithilfe des Stockes rüber zum Fenster.

Er schaute hinaus in eine kleine, dunkle Seitengasse in der Niemand zu sehen war.

Sein schwerer Atem beschlug sie Scheibe, er schluckte und betete, betete dafür das seine Kräfte noch ausreichen mögen, diese letzte Transmutation zu vollbringen.

Er lehnte sich gegen die Wand und legte den Kopf gegen das kalte Gestein.

Er musste es einfach schaffen, er musste einfach!

Er durfte nicht in dieser wortwörtlichen Hölle bleiben.

Er schickte ein letztes Stoßgebet in den Himmel bevor er die Handflächen ein weiteres Mal zusammenführte, spürte wie der peitschende Schmerz gegen seine Wunden schlug und letztlich über ging in die Wand vor ihm.

Es entstand ein Loch in der Wand gerade groß genug, damit er durchpasste, er wollte nicht unnötig Kraft verschwenden.

Hinter dem Loch pragte jedoch kein Abgrund, sondern eine Art steinerne Rutsche, die ihm sicher nach unten verhelfen würde, deswegen ließ er sich mit dem Stock auf den Boden nieder und rutschte mit ein wenig Kraft seiner Arme diese Rutsche hinunter.

Der Anblick wäre wahrscheinlich sogar sehr komisch gewesen, wenn da nicht diese äußerst lebensbedrohliche Bande von Homunkuli gewesen wäre.
 

Am Ende der Rutsche angekommen fühlte Matt wie ein Teil der Angst von ihm abfiel, alleine die Tatsache aus diesem Haus entkommen zu sein erfüllte ihn mit Freude.

Er rappelte sich auf und wankte zum Ende der Seitenstraße.

Er blickte vorsichtig um die Ecke, niemand weiter war zu sehen.

Er ging nach links, sodass er nicht direkt vor dem Haus lang laufen musste, die Gefahr das er entdeckt wurde, war einfach zu groß, es musste nur zufällig einer von ihnen aus dem Fenster schauen und schon wäre seine Flucht beendet.

Er schleppte sich die Hauptstraße entlang, nicht annähern wissen wohin ihn dieser Weg führen würde, doch es war ihm egal, solange er nur weg von diesem Haus und diesen kranken Wesen führte.

Panik kroch langsam seine Kehle hinaus, als er merkte wie langsam er nur voran kam, er versuchte verzweifelt schneller zu laufen, doch das brachte ihn nur unnötig zum stolpern, glücklicherweise fing er sich rechtzeitig wieder.

Es erschien ihm wie als würde er Stunden brauchen, alleine um drei Häuser weiterzulaufen und noch immer war keine Hilfe in Sicht.

Was war bloß los in dieser Straße, es war helllichter Tag und absolut niemand war auf der Straße?

Wie konnte das sein?

Er blickte sich wieder verzweifelt um und immer mehr kroch die Hoffnungslosigkeit hinauf, trieb ihn bereits Tränen in die Augen, die sein Bild verschwimmen ließen.

Dann bog er um eine Ecke und da stand jemand, eine junge Frau.

Vielleicht war sie seine Rettung, er trieb sich selbst so gut an wie es ging.

Die schwarzhaarige Frau schien ihn nicht sofort zu bemerken, denn sie schaute sich gerade irgendetwas in einem Schaufenster an.

Er wusste nicht ob es an dem Tränenfilm in seinen Augen lag, aber sie schien komplett in blau gekleidet und selbst ihre dunkeln Haare schienen leicht blau zu glänzen.

Er streckte seine Hand hilfesuchend in die Luft, der aufgehenden Sonne entgegen.

„Ms., bitte, ich bitte sie, helfen sie mir“, krächzte er durch seine staubtrockene Kehle.

Die junge Frau wendete ihm ihr Gesicht zu, schien verwirrt, doch dann fiel er über seine eigenen Füße und landete hart auf dem staubigen Boden, was ihm ein trockenes Stöhnen entrang.

Mühsam versuchte er sich aufzurichten, doch es reichte einfach nicht mehr, seine Kraft reichte nicht.

Er sah schwarze Stiefel auf sich zukommen, das konnte nur die Frau sein.

„Bitte helfen sie mir“, flehte er mit gepresster Stimme.

„Aber sicher helfe ich ihnen, Doktor“, erklang eine höhnische Stimme von oben.

Es war aus, vorbei.

Sie konnte nur eine von ihnen sein.

Matts Körper zitterte unter der erneuten Furcht, Verzweiflung und dem Weinen.

Langsam wurde alles wieder schwarz, er bemerkte wie ihn die Schwarzhaarige vom Boden aufhob, doch er konnte sich nicht wehren, sie hielt ihn so eisern umklammert und er war so schwach, zu schwach.

Ein einziges Wort hallte durch sein erneut verklärtes Bewusstsein, er schrie nach ihm, seine Seele schrie nach ihm.

Saikuron
 

Saikuron hatte inzwischen das Blut von seinem Messer abgewaschen und es wieder in das Halfter an seiner Hüfte verschwinden lassen, nicht sichtbar für die Blicke Neugieriger.

Er würde sich alles Weitere einfach machen, es gab so einfache Möglichkeiten Leichen und gefährliches Gut alles auf einmal verschwinden zu lassen und dafür reichten schon winzige Flammen.

Er war erleichtert darüber diesen Auftrag so schnell erledigt zu haben, bald wäre er wieder bei seinem Geliebten.

Doch schnell folgte eine unangenehme Verknüpfung, Matt in Verbindung mit Feuer, sofort entstand das Bild seines Bruders Kaji in seinem Kopf, wie er Matt quälte.

Saikuron wusste das, das nicht gerade unwahrscheinlich war, selbst wenn Vater ihm verboten hätte Matt zu töten, so würde er sich doch niemals die Gelegenheit entgegen lassen ein wenig mit diesem neuen Spielzeug zu spielen, ganz auf seine eigene Art.

Der Gedanke daran machte Saikuron krank und ließ ihn unterbewusst die Hände zu Fäusten ballen.

Saikuron durchwühlte die Küche nach Streichhölzern und seine geduldige Suche wurde nur allzu bald belohnt, als er auf dem Regal eine ganze Schachtel, dieser kleinen nützlichen Feuerteufel fand.

Doch zuerst würde er dafür sorgen müssen, das niemand so einfach durch die Tür platzte, solange das Feuer sich noch nicht genug ausgebreitet hatte.
 

Er prüfte ob die Tür verschlossen war, der Schlüssel steckte, die Tür war definitiv zu.

Als nächstes schob er noch all die kleinen Kettchen und Riegel vor, die zusätzlichen Schutz bieten sollten, dann sah er sich suchend um und fand letztendlich was er suchte, ein großes schweres Bücherregal, welches er anhob und direkt vor die Tür wuchtete.

Alle Fenster die unten waren, kippte er an um den Flammen mehr Nahrung zu liefern und dann zündete er eins der Streichhölzer an und legte das alles verschlingende Feuer.

Er begann mit Gardinen und Holzmöbel und arbeitete sich weiter über Bettwäsche und Teppiche, er zündete einfach alles an was potenziell guter Brennstoff war.

Er spürte deutlich wie die Temperatur in dem Haus nach und nach stieg und sich das Flammenmeer immer weiter ausbreitete über die gesamte untere Etage.

Er schritt gemächlich die Treppe hinauf und betrachtete sein Werk von oben, er würde noch einen Moment warten, bis er auch die obere Etage anzündete.

Er wusste nur zu gut, dass das was er hier verbrannte nicht nur Möbel oder Menschen waren, es war viel mehr, er verbrannte Erinnerungen, Gefühle, ganze Leben, ausgelöscht durch die alles verschlingenden Flammen.

Alles was übrig bleiben würde, wäre die Asche, die als bald vom Wind hinfort geweht werden würde.

Er würde sie weitertragen hinfort in fremde Länder und an fremde Ohren, die der Geschichte lauschen konnten, wenn sie nur bereit waren dem Wind zuzuhören.

Er warf einen letzten Blick auf das Flammenmonster das gierig über die Etage züngelte und sein hungriges Maul in die ganze Einrichtung schlug.

Er entzündete nun auch noch das obere Bad, das Atelier und das kleine Schlafzimmer, dann beeilte er sich nun doch, um in das Zimmer, in dem das Kind nun bereits schrie, zu kommen.

Es musste spüren, das etwas nicht stimmte oder vielleicht hatte es auch nur der Krach geweckt, das laute Schmatzen des Feuers.
 

Er nahm das kleine Würmchen aus dem Bett und wickelte es vorsichtig in eine Decke ein, er streichelte ihr beruhigend über das kleine Köpfchen und flüsterte mit ruhiger Stimme: „Keine Sorge kleine Sara, bald ist das alles vorbei“

Als er das rot, flackernde Licht des Feuers bereits unter dem Türschlitz hindurch sehen konnte, entschloss er sich, dass das Warten jetzt ein Ende hatte.

Draußen stand bereits eine riesige Menge Schaulustiger oder Leute die Anweisungen gaben, welche die mit Wassereimern herumrannten und verzweifelt versuchten das Feuer zu löschen.

Saikuron grinste.

Zeit für einen filmreifen Auftritt.

Er riss das Fenster mit theatralischer Wucht auf und sprang hinunter, genau vor die Nasen der Masse, das weinende Kind dicht am Körper.

Er sprang der aufgehenden Sonne entgegen und dann spürte er etwas, die Ahnung

seines Namens, jemand rief ihn, er drehte sich zu dem in Flammen stehenden Haus um, noch während des Fluges.

Was konnte das gewesen sein?

Um es echter wirken zu lassen, strauchelte er und landete mit einiger Wucht seitlich auf dem Boden, das Kind natürlich so haltend, das es nicht den geringsten Kratzer abbekam.

Er konnte ein erstauntes Luftholen der Menschen ausmachen, als er am Boden aufkam.

Er setzte sich auf und stellte sicher, das es dem Kind gut ging.

Sofort strömten zahlreiche Frauen auf ihn zu, nahmen ihm sanft das Kind ab, fragen ihn ob es ihm gut ginge, was passiert sei oder klopften ihm anerkennend auf die Schulter und lobpreisten ihn als Helden.

Wenn sie wüssten was wirklich passiert ist.

Er lächelte freundlich und erzählte ihnen eine abenteuerliche Geschichte von einem offenen Feuer über dem Herd und wie der Professor und die Mutter des Kindes versucht hatten es zu löschen und sich dabei selbst verbrannten und wie er nach oben geeilt war um das Kind zu retten und dann todesmutig aus dem Fenster gesprungen war, weil ihm die Flammen jeglichen anderen Weg versperrt hatten.

Er sah die Bewunderung, die ihm für diese vermeintlich gute Tat entgegen gebracht wurde, doch er fühlte sich schuldig, schließlich war er erst der Auslöser des Ganzen.

Er lehnte freundlich alle Angebote von Hilfe ab und entschuldigte sich bei den freundlichen Damen, indem er ihnen erklärte, dass er wirklich gerne nach Hause gehen würden und bat sie darum sich um das Kind zu kümmern.

Er spürte das es sich in guten Händen befand, eine von ihnen würde sich dem kleinen Mädchen annehmen.

Dann ging er ohne ein weiteres Wort, sobald er um die Ecke gebogen war, begann er zu rennen, immer schneller, bis er außerhalb der Stadt war, dort teilte er noch während des Rennens, die Teilchen seines Körpers und ließ sich vom Wind immer höher tragen.

Vielleicht war es vorhin Matts Schrei gewesen?

Auf jeden Fall fühlte er das Bedürfnis ihn in den Armen zu halten immer drängender in sich aufsteigen.

Er ließ diese Stadt immer weiter hinter sich zurück und sie wurde hinter ihm immer kleiner und undeutlicher, ganz wie eine verblassende Erinnerung.

Wiedervereinigung

Dieses Gefühl, welches ihn vorhin kurz erfasst hatte, es schrie praktisch nach ihm.

Es breitet sich während des Fluges immer mehr in ihm aus und drängte ihn nur noch mehr zur Eile.

Es war als wenn Matts Herz nach seinem schrie und sein Eigenes nichts sehnlicher wollte, als diesem Flehen nach zu kommen, aber nun würde es nicht mehr lange dauern bis er ihn endlich wieder in den Armen halten konnte.

Er schwor sich ihn nie wieder loszulassen und wenn es sein musste nie wieder auch nur für eine Sekunde von seiner Seite zu weichen, wenn er so dafür sorgen konnte das er vor allem Übel dieser Welt, und insbesondere vor seiner verachtungswürdigen Familie, beschützt wäre.

Bald kam endlich wieder East City in Sicht und die furchtbare Unruhe in Saikuron wurde ein klein wenig gemildert, da er wusste das er seinem Geliebten nun nicht mehr fern war.

Kaum war er über der Stadt hörte er es auch schon, diesen Ton, denn nur seine Rasse in der Lage war wahrzunehmen.

Sie riefen ihn.

Sie offenbarten ihm ihren Aufenthaltsort und somit auch den von Matt.

Saikuron ließ sich einfach von seinem Gehör dahin führen wo er jetzt sein sollte.

Sein Herz schlug vor Aufregung immer schneller umso näher er dem Versteck kam.

Bald!

Bald würde er ihn endlich wieder haben!

Dann kam das Haus endlich in Sicht und Saikuron eilte auf den Boden davor zu, ungeachtet der Tatsache ob ihn irgendwer dabei beobachtete wie er am helllichten Tag durch die Gegend flog, denn es war ihm schlichtweg egal.

Für ihn zählte es jetzt nur Matt von diesen Monstern zu befreien.

Denn Staub stark aufwirbelnd landete er direkt vor der Haustür.

Er zögerte nicht lange und drückte die Klinke herunter.

Wie er erwartet hatte, war die Tür nicht abgeschlossen.

Sie erwarteten ihn bereits.

Und selbst wenn sie das nicht tun würden, bestand für sie nicht der geringste Grund die Tür zu verriegeln, denn jeder der es wagte freiwilligen einen Fuß in dieses Haus zu setzten, würde sowieso nur allzu bald feststellen in welch einer Hölle er sich befand und diese auch nicht wieder lebend verlassen.

Dafür würde spätestens Kaji sorgen, da war sich Sai mehr als sicher.
 

Sobald er über die Türschwelle trat versiegelte er alle seine Emotionen in seinem Inneren.

Sie sollten seine Schwäche, seine Angst nicht lesen können auf seinem Gesicht.

Er wollte ihnen das gleiche, kalte und emotionslose Gesicht zeigen, welches er so vielen seiner damaligen Opfer gezeigt hatte, um eindeutig klar zu stellen wie er nach dieser Sache zu ihnen stand.

Sie hatten es immerhin gewagt seinen geliebten Matt zu entführen und mit Sicherheit hatten sie ihm etwas angetan.

Er spürte es förmlich, allerdings wusste er auch, dass Kaji seine Finger nicht wirklich still halten konnte, sobald sich Fremde im Haus befanden.

Das machte sie unwiderruflich zu seinen Feinden!

Er unterdrückte das starke Bedürfnis seine Hände zu Fäusten zu ballen.

Am liebsten würde er sie alle hier und jetzt für dieses Vergehen in die Hölle schicken.

Allerdings war es mehr als frustrierend zu wissen das ihm das alleine nicht gelingen würde, keine Frage er war stark und konnte wirklich kaltblütig sein, aber das galt für die anderen ebenfalls.

Vor allem mit Hikari, ihrem und auch seinem sogenannten Vater, konnte sich Saikuron unmöglich messen.

„Verflucht sei dein verdammter Familiensinn, Hikari“, dachte er sich im Stillen.

Denn selbst wenn Kaji Matt etwas angetan hätte, wovon Sai schon fast ausging, würde Hikari es nicht zulassen, das Sai Kaji umbrachte, weil er seine Familie um jeden Preis beschützte, egal wie viel Mist sie bauten.

Doch er durfte jetzt nicht weiter darüber nachdenken, es würde ihn nur aufregen.
 

Saikuron bog um eine Ecke und sah die Treppe hinauf, da standen sie, alle miteinander.

Hikari geradezu, die Ruhe in Person, mit einem erfreuten Lächelnd auf dem Gesicht, geduldig wartend.

Yuka und Sui standen auf der linken Seite des Treppengeländers und sahen leicht angespannt aus, während Kagami und Kaji auf der rechten Seite standen.

Kagami sah leicht besorgt aus, während Kajis Gesicht ein breites Grinsen zierte.

Er kannte diesen Ausdruck und gegen seinen Vorsatz ballten sich seine Hände zu Fäusten.

In diesem Moment erweckte dieser Ausdruck in Kajis Gesicht das anschwellende Bedürfnis einfach nur mit voller Wucht auf sein Gesicht einzuschlagen.

Er atmete tief aus und versuchte diese unbändige Wut runter zu schlucken.

Er durfte jetzt nicht unbedacht Handeln, er musste unbedingt einen kühlen Kopf bewahren, wenn er Matt hier sicher raus bringen wollte, auch wenn ihm das nicht gerade leicht viel.

Bedächtig stieg er die Treppe hinauf, spürte die Blicke aller Anwesenden auf sich gerichtet, aber er würde ihnen standhalten, er würde stark sein, für Matts Wohl.

„Willkommen, mein Sohn“, sagte Hikari warm und breitet die Arme aus, um Saikuron zu umarmen zur Begrüßung.

Doch dieser blieb zwei Meter vor ihrem Vater stehen und sah ihn nur mit eiskaltem Blick an.

„Wo ist er, Hikari?“, fragte Saikuron mit möglichst ruhiger Stimme.

Mit einiger Genugtuung bemerkte er wie das väterliche Lächeln kurz von seinem Gesicht verschwand und obwohl Saikuron Hikaris Augen nicht hinter dessen Sonnenbrille sehen konnte, wusste er doch nur zu gut, dass sie sich jetzt verengten.

Doch das Lächeln kehrte schnell auf Hikaris Gesicht zurück.

Saikuron wusste nur zu gut, welchen Missmut er in Hikari auslöste wenn er ihn Hikari anstatt Vater nannte.

Denn Hikari bestand darauf von seinen Kinder „Vater“ genannt zu werden und normalerweise taten sie das auch alle, selbst Kaji, obwohl es eigentlich überhaupt nicht zu seinem aufmüpfigen Wesen passte.

Doch Saikuron wollte von Anfang an, klarstellen das auch Hikari eine Schwelle überschritten hatte, die er besser nicht hätte überschreiten sollen.

Kagami und die beiden Mädels hatten hörbar die Luft eingezogen, als Saikuron Hikaris Namen ausgesprochen hatte.

Jetzt konnte man die Spannung im Raum fast greifen, so deutlich konnte man sie spüren.
 

„Bevor ich dir diese Frage beantworte, mein Sohn, lass mich dir eine Frage stellen“, begann Hikari wiederum lächelnd, als Saikuron dem nicht wiedersprach fuhr er fort, „ Wieso hast du uns verlassen? Uns, deine Familie? Was könnte so viel wichtiger sein?“

Dabei machte er eine allumfassende Handbewegung, um nicht nur für sich sondern auch die anderen Homunkuli zu sprechen.

Saikurons kalter Blick schmolz plötzlich dahin und wurde weicher.

Er war sich nicht sicher ob Hikari es verstehen könnte, doch Sai war sich eigentlich fast sicher, das Hikari noch derjenige wäre, der ihm am ehesten verstehen würde.

„Liebe, Vater. Ich liebe Matt und er liebt mich“, sagte er mit fester, jedoch fast sanfter Stimme.

Kaji brach schräg hinter ihm in Lachen aus.

Saikurons Gesicht wurde wieder hart und wandte sich nun Kaji zu.

„Er liebt dich? Sei bitte nicht albern, Sai. Er spielt doch nur mit dir, so wie ich mit ihm gespielt habe“, brachte Kaji zwischen seinem heftigen Lachen hervor und wischte sich Lachtränen aus den Augenwinkeln.

Dann blieb ihm schlagartig die Luft weg und er wurde mit voller Wucht gegen die Wand geschleudert.

Ein hässliches Knacken ertönte als sein Körper gegen das Holz schlug.

Saikurons erhobene Faust, war in seine Richtung ausgestreckt, er hatte ihm mit Hilfe von gebündeltem Wind ordentlich eine verpasst.

Kaji krümmte sich keuchend am Boden vor der Wand zusammen und hielt sich die Brust.

Sein Atmen klang ganz und gar nicht gut, keuchend.

Saikuron schien ihm durch diesen Schlag die Lunge ein wenig mit eingequetscht zu haben, doch das würde schnell wieder heilen.

Saikuron Atmung war ebenfalls flach, aber vor Wut, es war einfach mit ihm durchgegangen.

Dieser Bastard hatte es doch tatsächlich gewagt Matt anzurühren, dafür würde er bezahlen!

Wie hatte er es nur wagen können Matts unschuldige, reine Seele mit seiner kranken Phantasie von Spaß zu beschmutzen?

Sein lodernder Blick haftete auf Kaji und er holte bereits zum nächsten Schlag aus, als sich Hikaris Hand, fest auf seine Schulter legte.

Es war wie als wenn die Welle der Wut plötzlich gegen eine unsichtbare Wand stieß.

Er ballte die Hände unglaublich fest zusammen, sodass seine Fingerknöchel bereits richtig weiß hervor traten, ließ jedoch die Hand langsam unter leichtem Zittern wieder sinken.

Mehr würde Hikari nicht zulassen und so wütend es ihn auch machte, er hatte keine andere Wahl als dieser Warnung nach zu kommen.

Mit fest aufeinander gepressten Lippen wandte er sich wieder Hikari zu.

Sein Blick war noch immer glühend vor Zorn, doch gleichzeitig auch so flehend, dass es sogar seinem Vater, für einen Moment, einen milderen Ausdruck aufs Gesicht zauberte.
 

„Er ist in dem Zimmer, ganz am Ende des Ganges geradezu“, sagte Hikari ruhig.

Diese Worte waren eine solche Befreiung für Saikuron, denn es bedeutet, dass sich Hikari erst mal nicht mehr zwischen ihn und Matt stellen würde.

Ohne einen weiteren Gedanken an Kaji zu verlieren, verschwand Saikuron in die angegebene Richtung.

„Wir hatten viel Spaß“, rief Kaji Sai keuchend hinterher, doch das beschleunigte ledig Saikurons Schritte, denn es vergrößerte Sais Angst, Matt in einem todesnahen Zustand vor zu finden.

Vor lauter Sorge blieb sein Herz fast stehen und raste doch gleichzeitig vor unterdrückter Wut.

Auf dem Weg zum angegebenen Zimmer hörte er kurze Zeit später ein heftiges Klatschen und einen Sekundenbruchteil fragte er sich auch was das gewesen war, doch er drehte sich nicht einmal um.

Es war jetzt wichtiger Matt endlich zu befreien!
 

Saikuron stürmte mit solcher Eile durch die Tür, das er beinahe über seine eigenen Füße stolperte, sodass er noch kurz abgelenkt war, um sein Gleichgewicht wieder zu finden.

Als er dann endlich zum Stehen kam, sah er wie sich Matts schlaff herunter hängender Kopf langsam, sehr langsam, kaum merklich hob.

Es schien ihm unglaubliche Mühe zu bereiten.

Das Bild welches sich Saikuron bot trieb ihm fast augenblicklich die Tränen in die Augen.

Alleine nach diesem Tag, sah er so schrecklich aus, als wäre er bereits eine komplette Woche unter Kajis Folter gewesen.

Sein rechter Arm war teils kohlrabenschwarz teils krebsrot, alleine vom hinsehen spürte Saikuron eine Art stechenden Phantomschmerz in seinem eigenen Arm, doch er wusste das er sich nicht annähernd Matts Schmerzen vorstellen konnte.

Matts Kleidung hing zum Teil in Fetzen, war versengt und sogar blut- und dreckverschmiert und sie schien an seinem Körper zu kleben.

Während er selbst, so unglaublich bewegungsunfähig wirkte, beunruhigend starr, anders konnte man es schon nicht mehr ausdrücken, er wirkte wirklich wie eine Puppe, die schlaff auf ihrem Puppenstuhl hing.

Nun bahnten sich die ersten Tränen, den Weg über Saikurons Wange und er sank hinunter auf die Knie vor Matt, der es noch immer nicht geschafft hatte den Kopf weit genug zu heben, um Saikuron ansehen zu können.

„Was hat er dir nur angetan, mein Liebster?“, schlurzte Saikuron und nahm Matts Hände vorsichtig in die seinen und drückte sie ganz leicht, aus Angst ihm vielleicht noch weitere Schmerzen zuzufügen.

Leere Augen starrten ihn von oben einen Moment an.

Vor Entsetzen hielt sich Saikuron eine Hand vor den Mund und die Tränen traten noch drängender aus seinen Augen hervor.

Er konnte es nicht fassen, alleine dieser eine Tag, hatte gereicht, um seinen Matt so zuzurichten?

Dann traten plötzlich auch Tränen aus Matts Augen und fielen still auf Saikurons Wange.

Wie Messerstiche stachen sie in sein Herz, es war so grausam Matt so zu sehen, denn alles was Saikuron je gewollt hatte, schon seit er ihn kannte, war ihn glücklich zu machen und nun?
 

Dann blinzelte Matt ein paar Mal und langsam schien wieder Leben in seine Augen zu kommen, seine Augen wurden groß, als er erkannte wer vor ihm kniete.

„Bis du es wirklich?“, flüsterte Matt noch fast ungläubig und versuchte Saikuron fast mit seinem Blick zu durchbohren, um sicher zu gehen, dass er sich nicht gleich wieder auflösen würde.

Saikurons Gesicht wurde unglaublich weich und er legte zärtlich eine Hand an Matts Wange.

„Ja, Liebster, ich bin es und ich werde dich von hier fort bringen“, flüsterte Saikuron ebenfalls.

Matt brach ein schwaches, aber doch unglaublich erleichtertes Seufzen hervor und lächelte vor lauter Befreiung, doch er konnte die nun beständig hervortretenden Tränen einfach nicht stoppen.

Jetzt war er wieder in Sicherheit!

Saikuron zog sich zu Matts Gesicht hoch und küsste ihn kurz.

„Jetzt brauchst du keine Angst mehr zu haben, Matt. Ich werde dich beschützen.“, flüsterte Saikuron beruhigend, während er sich daran machte Matts Fesseln zu lösen.

„Ich weiß“, brachte Matt mühsam hervor, aber Saikuron konnte regelrecht spüren, das langsam wenigstens etwas Lebenskraft in Matts Körper zurückkehrte und er nicht mehr ganz so puppenartig auf dem Stuhl hing.

Was ihn wenigstens ein klein wenig erleichterte.
 

Als Saikuron es dann endlich geschafft hatte, alle Fesseln zu lösen, stellte er sich seitlich neben den Stuhl und umfasste Matt vorsichtig um Rücken und um die Kniekehlen und hob ihn anschließend in seine Arme.

Was sich als nicht gerade leicht erwies, da Matt nicht so viel leichter war als Saikuron selbst und zudem noch wie ein nasser Sack in seinen Armen hing, aber Saikuron wusste ganz genau das Matt selbst nicht einmal annähernd in der Lage wäre zu laufen.

Er würde die Zähne zusammen beißen und ihn dahin bringen, wo man sich gut um seine Verletzungen kümmern würde.

Saikuron richtete sich zur vollen Größe auf mit Matt im Arm und schritt langsam auf die Tür zu, immer darauf bedacht möglichst ein Auge auf Matt zu haben, um dessen Zustand zu checken.

Dieser blickte ihn unverwandt an, er vermochte es einfach nicht den Blick von Saikuron zu wenden.

Das alles schien noch so surreal, wie als wenn man aus einem grausamen Alptraum aufwacht und sich nicht sicher ist, ob es wirklich nur ein Traum war, weil du die schwarzen Hände praktisch noch auf deiner Haut spüren kannst.

„Du musst erschöpft sein, Matt. Schlaf jetzt besser, ich komm schon klar“, murmelte Sai sanft während er durch die weit offene Tür trat zurück in den Flur.

Doch er merkte schnell, das Matt ihn nach wie vor anstarrte.

„Ich werde keine Sekunde mehr von deiner Seite weichen, also schlaf jetzt, Liebster“, sagte Saikuron mit etwas mehr Nachdruck in der Stimme.

Matts Blick klebte noch einen Moment länger forschend an seinem Gesicht, bevor sich seine Augen dann tatsächlich schlossen.

Kurz vor der Treppe war er bereits eingeschlafen, das alles musste ihn unglaublich mitgenommen haben, aber wie hätte es auch nicht?
 

Hikari stand noch genau an derselben Stelle wie vorher, das Gesicht hatte er jetzt jedoch wieder Saikuron und Matt zugewandt.

Seine Gesichtszüge wirkten ruhig und undurchdringlich, es war Saikuron nicht einmal ansatzweise möglich auch nur zu erahnen was er gerade dachte.

Keiner aus der Familie konnte Hikari vollkommen einschätzen, nicht einmal Kagami, obwohl sie von ihn allen schon am längsten mit ihm zusammen lebte, doch Hikari tat oder sagte immer mal wieder Dinge, die keiner von ihnen erwartet hatte, geschweige denn nachvollziehen konnte.

Als er aus dem Flur heraus trat und ans obere Ende der Treppe herantrat konnte er auch die anderen Homunkuli sehen.

Zuerst sah er Yuka die sich völlig geistesabwesend durch die Haare fuhr und dann plötzlich ihre Fingernägel unglaublich interessant zu finden schien.

Aber das war so typisch für sie, sie kontrollierte bestimmt hundert Mal am Tag ihr aussehen, ihre Schminke, den Sitz ihrer Kleidung, ihren Nagellack, einfach alles.

Sie war wahrlich besessen von ihrem aussehen.

Daneben stand, die fast unscheinbare Sui, komplett in blau gekleidet und folgte ihm mit ihrem kalten, emotionslosen Blick, doch er wusste das hinter diesen Augen eine unglaubliche Intelligenz verborgen lag, die sie jedoch nur selten nach außen durchschienen ließ.

Sie mischte sich nur sehr selten in die Angelegenheiten anderer ein.

Nach ein paar weiteren Schritten, schon fast auf der ersten Stufe konnte er auch Kagami und Kaji wieder sehen.

Kagami mit einer grüblerisch, düsteren Falte auf der Stirn, doch auch bei ihr war es eher schwierig einzuschätzen woher diese kam.

Sie sah zwar die ganze Zeit Matt in seinen Armen an, doch das musste bei einer wechselhaften Person wie Kagami auch nicht im Folgeschluss wegen Matts Verletzungen sein.
 

Jedoch Kajis Anblick verwunderte Saikuron am meisten, er hielt sich die linke Wange, die leicht angeschwollen schien und obwohl seine Hand halb drüber lag, konnte man deutlich einen roten Handabdruck erkennen.

Er schaute missmutig von Hikari zu Saikuron und wieder zurück.

Wagte sich jedoch auch nicht mehr etwas zu sagen.

Konnte das wirklich sein?

Hatte Hikari Kaji wirklich eine Backpfeife verpasst?

Das war wirklich äußerst ungewöhnlich für Hikari, er erhob wirklich sehr selten die Hand gegen seine geliebte Familie.

Aber Saikuron war sich sicher, wenn es irgendjemand der Anwesenden gewesen war, dann nur Hikari.

Denn Yuka hasste Kaji zwar, würde es jedoch niemals riskieren sich einen Nagel abzubrechen, bei dem Versuch Kaji zu schlagen.

Sui vermied Gewalt normalerweise und vor allem solch rohe Gewalt wie jemand mitten ins Gesicht zu schlagen, darin sah sie selbst überhaupt keinen Sinn.

Kagami fiel auch eher raus, denn sie war praktisch die Mutterfigur im Haushalt und welche Mutter schlug schon ihre eigenen Kinder?

Aber Kaji hatte es definitiv verdient.

Eigentlich verdiente er noch viel schlimmer Dinge, die ihm Saikuron nur liebend gerne persönlich zufügen würde und vielleicht würde er das auch eines Tages, doch das stand noch in den Sternen.
 

Bedächtig stieg er die Stufen hinunter ohne auch nur irgendeinem Mitglied seiner Familie weitere Beachtung zu schenken.

Unten angekommen blieb er jedoch stehen und drehte sich noch mal zur Treppe um.

Sein Gesicht nun wieder kalt wie Eis.

„Wagt es ja nie wieder ihn auch nur anzurühren, denn sonst schwöre ich euch werdet ihr es bereuen“, knurrte er mehr warnend als es wirklich zu sagen und dabei sah er noch einmal jeden der Anderen an.

Niemand erwiderte irgendetwas auf diese offene Warnung.

Doch sein Blick blieb einen Augenblick länger auf seinem Bruder Kaji ruhen als auf den Anderen, der ihm jedoch trotzig das Kien entgegenstreckte.

Er sah es scheinbar als offene Herausforderung, doch wenn er das wollte, sollte er das gerne haben.

Sollte er nur kommen, außerhalb des Einflussbereichs ihres Vaters, Saikuron wäre vorbereitet, vorbereitet darauf seinen Bruder im Blute zu töten!

Dann drehte sich Saikuron wieder um und wollte das Haus endgültig verlassen, doch da erhob Hikari noch einmal die Stimme.

„Aber vergiss nicht meinen Grundsatz, mein Sohn“, warnte Hikari Saikuron.

Saikuron blieb einen Moment lang stehen, drehte sich jedoch nicht nochmal um zu antworten.

„Werde ich nicht, Vater. Mal ganz abgesehen davon das ich dazu nicht einmal in der Lage wäre“, erwiderte Saikuron und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus, an dem so viele schmerzvolle Erinnerungen von Matt kleben mussten.

Im Stillen fügte Saikuron noch die Worte an: „Weil du es nicht zulassen würdest“

Erstaunlicherweise wusste Hikari nämlich immer genau darüber Bescheid, wenn irgendwo die Gefahr bestand, dass irgendjemand etwas über seine Familie herausgefunden haben sollte, was er besser nicht wissen sollte und noch viel weniger mit anderen teilen sollte.
 

Auf dem Weg ins Krankenhaus folgten ihm die Blicke von vielen Umstehenden.

Mit großen Augen starrten sie den jungen Mann in seinen Armen an, zeigten sogar ganz offensichtlich auf sie beide, und es gab viel Gemurmel um sie herum.

Ihre Gesichter wirkten entsetzt, geschockt oder auch unsicher, teilweise sogar angewidert oder auch besorgt.

Doch niemand schien sich wirklich zu trauen, Saikuron anzusprechen und zu fragen, ob er vielleicht Hilfe benötigte, denn Saikuron versuchte auch möglichst aufrecht zu gehen, er würde das auch ganz alleine schaffen.

Immerhin war er Matts Freund, wenn er das nicht für ihn tun konnte, dann wäre er nicht gut genug für Matt.

Auch wagte es sich niemand sich ihm in den Weg zu stellen, alle sprangen fast fluchtartig aus seinem Weg, wenn sie ihn erst zu spät bemerkten und entschuldigten sich mit leise gemurmelten Worten.
 

Doch ganz offensichtlich hatte sich dieses Spektakel bereits weit vor ihm ausgebreitet, denn als er endlich ins Sichtfeld eines Krankenhauses kam, standen bereits einige Schwestern am Eingang und hielten nach etwas Ausschau.

Dann entdeckten sie ihn plötzlich und alle zeigten aufgeregt in ihre Richtung und dann kam Bewegung in die Gruppe.

Zwei kräftige, in weiß gekleidete, Männer und eine Schwester kamen auf die beiden zugeeilt.

„Ich kann ab hier übernehmen“, meinte der Größere der beiden Sanitäter und kaum das Saikuron etwas erwidern konnte, hob er Matts schlaffen Körper auch schon aus seinen Armen.

„Ich…Sie …Bitte helfen sie ihm“, begann Saikuron etwas verwirrt, denn der Mann lief mit seinem Matt schon in Richtung Krankenhausgebäude davon.

„Keine Sorge, wir werden uns sofort um ihn kümmern“, versuchte die Schwester, die noch immer an seiner Seite stand, ihn zu beruhigen.

Doch da eilte Saikuron schon hinter den beiden Sanitätern her.

Diese legten Matt auf eine Liege, die bereits in der Eingangshalle bereit gestanden hatte und schoben ihn zielstrebig, durch die Gänge, gefolgt von Saikuron, der sie fast eingeholt hatte, wiederrum gefolgt von der Krankenschwester.

Saikuron wollte so lange wie möglich an seiner Seite bleiben, auch wenn es ihm schwer viel mit der Liege und den Sanitätern Schritt zu halten.

Seine Beine hatten fast sein doppeltes Gewicht bis hier her tragen müssen und schrien jetzt regelrecht nach einer Pause.

Dann erschien eine Tür über der OP stand und er wurde plötzlich kräftig von der Liege weggezogen.

„Tut mir leid, junger Mann, aber hier hin haben sie keinen Zutritt“, erklärte ihm die leicht keuchende Krankenschwester und stellte sich zwischen Saikuron und die Tür.

„Aber es wäre gut, wenn sie mitkommen würden und mir erzählen würden, was genau passiert ist, damit wir ihren…ähm…“, meinte sie und kam ins Stocken.

„Meinen Freund, wir wohnen zusammen in einer Art Junggesellen WG“, erklärte Saikuron, da es ja nicht gerade normal war für zwei Männer eine Liebesbeziehung zu führen, deswegen hatten sie sich darauf geeinigt, es möglichst vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.

Jetzt nahm sie ihn vorsichtig am Arm und begleitete ihn in eine Art Warteraum.

„Also jetzt erklären sie mir doch bitte einmal kurz was passiert ist“, forderte sie ihn ruhig auf, nachdem sich die beiden gesetzt hatten.

Erst jetzt merkte Saikuron wie erschöpf er eigentlich war und er viel etwas in sich zusammen.

„Wollen sie vielleicht erst mal ein Wasser?“, fragte die Krankenschwester fürsorglich.

Als er schwach nickte sprang sie auf und verschwand für einen Augenblick.

Einen Moment später kam sie mit einem Becher Wasser zurück, denn sie Saikuron freundlich reichte, dieser bedankte sich leise und trank das Wasser gierig in einem Zug aus.

Wie gut Wasser doch tun konnte.

„Was machen sie jetzt mit Matt?“, fragte Saikuron besorgt und schaute in Richtung Tür.

„Die Ärzte müssen chirurgisch die schwarzen Hautstellen entfernen, um eine Infektion der Wunde zu verhindern und die Verbrennung ausreichend säubern, das wird leider eine Weile dauern, aber keine Sorge unserer Ärzte tun ihr Bestes, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Aber sagen sie wissen sie wie wir Kontakt zu den Eltern des jungen Mannes aufnehmen können?“, fragte die Schwester, als sie ihre Erklärung beendet hatte.

Dies musste Saikuron jedoch verneinen, er wusste es nicht, den Matt selbst hatte ja schon gut zwei ein halb Jahre nicht mehr mit ihnen geredet, deswegen würde er das jetzt sicher auch nicht wollen.
 

Die nächsten drei Stunden verbrachte Saikuron damit Formulare auszufüllen und versuchte auch bei seiner Erklärung der Ereignisse möglichst nahe an der Wahrheit zu bleiben.

Er erzähle von der Entführung, doch das er nicht wisse, wer ihn entführt hatte und auch das er ihn zufällig wieder gefunden hatte und das es ihm irgendwie gelungen sein muss zu fliehen.

Das entsetzte die Krankenschwester sehr und sie führten ein intensives Gespräch über die psychischen Folgen dieser Entführung und wie sich Saikuron am besten verhalten sollte und sie bestand auch darauf seinen Arbeitgeber über die Situation zu informieren, was Saikuron ihr eigentlich ausreden wollte, da das für ihn selbst Probleme aufwerfen würde, wenn ihn jemand aus Central bei Matt sehen würde.

Sein Gesicht war in Central einfach zu bekannt, doch die Krankenschwester bestand darauf und tätigte auch umgehenden den Anruf, mit dem Ergebnis, dass das Militär zugesichert hatte gleich morgen jemand zu schicken, um Matt abzuholen.

Natürlich sehr zum Missfallen von Saikuron.

Nach drei Stunden kam endlich ein Arzt, der ihn zu Matt ließ.

Er war schon auf ein Zimmer gebracht worden und konnte erst kurze Zeit wieder wach sein.

Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf Matts Gesicht aus, als er Saikuron erkannte.

„Sai“, sagte Matt glücklich und streckte den unverletzten Arm nach ihm aus.

„Matt“, erwiderte Saikuron und ergriff Matts Hand mit seiner Eigenen.

„Ich lasse sie dann jetzt alleine“, erklärte der zufrieden lächelnde Arzt hinter ihnen und schloss die Tür.

„Wie fühlst du dich?“, fragte Saikuron besorgt und drückte leicht Matts Hand.

„Mit dir an meiner Seite schon tausend Mal besser“, erwiderte Matt schwach lächelnd.

Das entlockte nun auch Saikuron wieder ein Lächeln und dann beugte er sich übers Bett runter zu Matt und küsste ihn innig.

„Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das alles tut und …“, begann Sai nachdem er den Kuss gelöst hatte, doch Matt zog ihn wieder zu sich heran und erstickte seine Worte mit einem weiteren innigen Kuss.

„Ich kann dir gar nicht sagen wie froh ich bin wieder bei dir zu sein. Ich liebe dich, Sai“, flüsterte Matt und seine Augen glänzten vor lauter Zuneigung.

„Ich liebe dich auch, Matt“, flüsterte Saikuron zurück und sie küssten sich ein weiteres Mal leidenschaftlich.

Jetzt war ganz offensichtlich noch nicht die Zeit, um die Ereignisse gleich wieder hoch zu holen, Saikuron würde erst mal nicht nochmal ansprechen, sondern Matt seinen wohlverdienten Schlaf gönnen.

Aber den schien er auch dringend nötig zu haben, da er herzhaft Gähnte, als sich Saikuron einen Stuhl heranzog und sich neben das Bett setzte.

„Schlaf ruhig“, meinte er sanft und strich Matt ein paar wirre Strähnen aus dem Gesicht.

„Bleibst du bei mir?“, fragte Matt und rieb sich müde die Augen.

„Ja natürlich“, erwiderte Saikuron lächeln und nahm seine Hand.

Mit dieser Gewissheit konnte Matt beruhigt ins Land der Träume versinken.

Und kurze Zeit später wurde auch Saikuron von der Erschöpfung übermannt und hinein gezogen in die warme, dunkle , erholsame Welt des Schlafes.



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